Saramee 4: Saramees Nacht - Dirk Wonhöfer - E-Book

Saramee 4: Saramees Nacht E-Book

Dirk Wonhöfer

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Beschreibung

Inyad, ein junger Flüchtling, kommt mit zwei guten Freunden nach Saramee, um dort endlich in Freiheit leben zu können. Doch in der fremden Stadt werden schnell dunkle Gestalten auf das Trio aufmerksam, und ehe Inyad und die anderen sich versehen, wurde ihnen erneut die Freiheit genommen… Protagonisten in dem Roman Einleitung In der Nassen Feder (Autor: Christoph Weidler) Die Natter (Hauptfigur) Kara (Hauptfigur) Morgan (Nebenfigur) Sidonie (Nebenfigur) Selvo Turan (Nebenfigur) Saramees Nacht (Autor: Dirk Wonhöfer) Ardy (Hauptfigur) Inyad (Hauptfigur) Hanya (Hauptfigur) Kaspay (Nebenfigur) Ivaz Depano (Nebenfigur) Dragesz Malone (Nebenfigur) Gret (Nebenfigur) Balesh Ram (Nebenfigur) Gorg (Nebenfigur) Wren Kollem (Nebenfigur) Ramon Craw (Nebenfigur) Enrogue (Nebenfigur) Bofacht, der Alleshändler (Nebenfigur)

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Veröffentlichungsjahr: 2014

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Dirk Wonhöfer

Saramee 4: Saramees Nacht

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Saramees Nacht

 

Saramee - Stadt der Vertriebenen

 

Saramees Nacht

Autor: Dirk Wonhöfer

Saramee Band 4

Einleitung – In der Nassen Feder

Einleitung – In der Nassen Feder

Christoph Weidler

Morgan schaute gedankenversunken in seinen fast leeren Krug. Wenn es weiter so gut läuft, dann habe ich in einem Jahr genügend Geld zusammen, um mit Silja Saramee endgültig verlassen zu können und woanders ein sicheres und sorgenfreies Leben zu beginnen.

»Mein alter Freund Morgan!« Kara unterbrach Morgans Gedanken und stützte sich schwer auf seiner Schulter auf, als er versuchte, den hohen Hocker am Tresen neben ihm zu erklimmen.

»Kara, mein Freund. Kann es sein, dass dir der Wetah heute mal wieder besonders gut schmeckt?« Er zwinkerte dem Geschichtenerzähler zu.

»Guter Wetah ist wie eine gute Frau. Man kann zu beiden nur schwer nein sagen!«, lachte Kara. »Aber wo du es erwähnst, ich könnte noch etwas vertragen.«

Morgan schüttelte lachend den Kopf und winkte Selvo, den Wirt, herbei. »Selvo, füllst du bitte für mich und den alten Mann noch einen Krug?«

»Morgan, du weißt, was ein alter Mann braucht. Ich danke dir, aber das war es nicht, was ich von dir wollte.«

»Nicht?« Morgan schmunzelte. »Sag bloß, du willst mit mir deine Flausen über die Natter weiterspinnen?«

Kara drehte sich vorsichtig zu dem Tisch hinter ihnen um, an dem zwei Söldner immer noch über den geheimnisvollen Mörder diskutierten. »Nein, das sind Dinge, die nur noch jene interessieren, der neu in der Stadt sind. Du und ich, wir wissen, die Natter ist ein Geschöpf Saramees, und solange die Stadt existiert, wird auch die Natter in der einen oder anderen Gestalt weiterleben.« Seien Augen glänzten, als er nun doch ins Schwadronieren geriet. »So etwas wie die Natter gab es schon seit der Geburtsstunde der Stadt und wird es ewig geben. Wer weiß, vielleicht ist die Natter ja ein Dämon, der seit Urzeiten in unterschiedlichen Gestalten sein Unwesen in Saramee treibt?«

Morgan blickte den alten Geschichtenerzähler nachdenklich an. »Ja, wer weiß das schon.«

»Wie auch immer ... Was ich dich fragen wollte: Du betreibst doch seit dem Tod von deiner Frau Sidonie, die Götter mögen ihrer Seele gnädig sein, euren Kräuterladen weiter? Ich kenne jedenfalls in Saramee niemanden außer den Xer, der sich mit Kräutern und daraus gewonnenen Tränken so gut auskennt wie du.« Kara bewegte den Kopf verlegen hin und her. »Jedenfalls … Ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste und seit kurzer Zeit habe ich da ein kleines Leiden.«

»Was für ein Leiden?« Morgan bedachte den alten Geschichtenerzähler mit einem überraschten Ausdruck. »Das ist das erste Mal, dass du zu mir mit so etwas kommst. Also wie kann ich dir helfen?«

Kara wand sich weiter. »Es ist mir nicht ganz angenehm darüber zu sprechen, aber im Alter ist nicht mehr alles so, wie es sein sollte. Als ich neulich in … Als ich mich neulich rein zufällig in Noras Eck verirrte und eine Frau kennen lernte, welche mich auf ihr Zimmer einlud, natürlich rein freundschaftlich, da klappte es nicht so ganz mit … du verstehst?«

Morgan hatte während der stockend vorgetragenen Schilderung des Alten die Lippen zusammenpressen und sich auf die Zunge beißen müssen, damit seine Belustigung unbemerkt blieb.

»Es gibt entsprechende Kräuter, die dir helfen können. Du wirst sie nur regelmäßig nehmen müssen, und es dauert ein paar Tage, bis ich die Kräuter zusammen habe«, erklärte er nun mit allem Ernst, den aufzubringen er imstande war.

»Ich danke dir. Und bitte erzähle es niemandem weiter. Es ist mir schon unangenehm genug.«

»Keine Sorge, Dein Geheimnis ist bei mir in guten Händen. Aber ich möchte dafür etwas von dir erfahren.«

»Wenn ich kann.«

»Ich habe gehört, das Westliche Imperium will eine feste Botschaft in Saramee einrichten, und Gerüchten zufolge soll es vor kurzer Zeit einen Aufstand in der Nähe der Stadt gegeben haben. Angeblich soll es ein geheimes Bergwerk im Tal geben? Weißt du etwas darüber?«

»Also über einen angeblichen Botschafter des Westlichen Imperiums weiß ich auch nicht mehr als Du, aber es wäre ungewöhnlich, wenn sie wirklich eine feste Vertretung in Saramee aufbauen wollen. Mir persönlich ist das Ganze nicht ganz geheuer, das Imperium war nie sehr gut auf Saramee zu sprechen.« Er bemerkte die Enttäuschung in Morgans Gesicht und beeilte sich fortzufahren. »Aber zum Aufstand und dem Bergwerk kann ich dir in der Tat einiges erzählen. Es war ein Adyra, der mir folgende Geschichte erzählte …«

Verlockendes Saramee

Verlockendes Saramee

Dirk Wonhöfer

»Wartet«, stieß Inyad abrupt, beinahe ehrfürchtig aus. Seine beiden Gefährten - sein bester Freund Ardy und dessen junge Frau Hanya - unterbrachen ihre Unterhaltung, blieben stehen und sahen ihn an. Inyads Blick glitt von ihnen zu dem kleinen Stadttor, an dem zwei Wächter sich im kühlenden Schatten eines Verschlages lungerten und sich die Zeit mit einem Würfelspiel vertrieben, über die ersten, gedrungenen Häuser des westlichen Saramees. Ebenso wie die Gebäude, die immer größer und prachtvoller wurden, je weiter Inyad seinen Blick zum Innern der Stadt schweifen ließ, so wuchsen auch seine Aufregung und Freude.

»Was ist?«, fragte Ardy kurz angebunden, und Hanya deutete mit dem Kopf ein Nicken an. Sie wollten weitergehen, wollten nun endlich die Stadt betreten, wegen der sie eine so lange Reise auf sich genommen hatten, die sie alle sogar nachts in ihren Träumen verfolgte.

»Ich denke, wir sollten ein wenig mehr Respekt zeigen«, sagte Inyad. »Wenn wir über diese Schwelle treten – diese Wächter passieren – sind das die ersten Schritte in unsere wirkliche Freiheit. Unsere Unabhängigkeit. Saramee spiegelt all das wieder. So viele Hoffnungen! Ich habe so lange darauf gewartet, und nun … möchte ich mich darauf besinnen, bevor ich weitergehe.«

»Dann besinn dich schneller«, versetzte Ardy spöttisch und duckte sich unter dem vorwurfsvollen Blick seiner Gefährtin.

Inyad atmete schwer. »Habt ihr nicht auch dieses Gefühl, als würde Saramee uns rufen? Ich kann sie deutlich hören … eine ganz leise Stimme. So verlockend, dass ich nicht widerstehen kann.«

»Dann komm endlich.«

Inyad zögerte noch einen Moment, dann fasste er mit Ardy und Hanya Fuß, die bereits voraus gegangen waren. Die Torwächter registrierten müde ihre Ankunft, kümmerten sich aber nicht weiter um die drei nichtmenschlichen Wanderer. Angehörige von unterrepräsentierten Völkern, die mit dem Schiff aus irgendeinem entfernten Land kamen, um hier ihr Glück zu finden, waren ihnen längst zur Gewohnheit geworden.

Während sie unter dem Torbogen hindurch schritten, dachte Inyad an Zuhause. Plötzlich erschien es ihm ebenso weit weg wie einst Saramee, fast wie ein Hirngespinst oder die Erinnerung an einen alten Traum.

Er dachte an seine Familie. Selbst die beste Überredungskunst hatte sie nicht davon überzeugen können, mit ihm zu kommen. Inyad empfand einen leichten Stich von Trauer, der die Freude über ihre Ankunft in der neuen Stadt ein wenig dämpfte. Die Gayra – jenes Volk, das in den Hochebenen lebte und die Adyra seit Jahrhunderten unterjochte, mochten auch hier in Saramee leben, daran bestand gar kein Zweifel. Aber wir waren nicht seit Anbeginn der Zeit ihre Sklaven!, dachte Inyad hitzig. Irgendwann waren wir einmal frei!

Und hier in Saramee hatten sie keine Macht mehr über ihn. Hier kamen nicht jeden Drittmond ein paar von ihren schwerbewaffneten Geldeintreibern, um einen viel zu hohen Anteil von allem, was das Dorf während des Jahres erwirtschaftet hatte, zu stehlen. Und zwar ganz ohne Gegenleistung!, meldete sich die flüsternde Stimme hinter Inyads Stirn, die ihn auch dazu getrieben hatte, seine Heimat zu verlassen. Sie plündern uns aus, und alles, was wir dafür bekommen, sind noch härtere Strafen, noch ungerechtere Sanktionen, falls wir einmal nicht genug Geld und Getreide aufbringen!

Die Erinnerung verblasste, und auch der Zorn, den er gegenüber den Gayra empfand, schwand, als seine Augen sich nicht länger dem fast hypnotischen Anblick der Stadt entziehen konnten. Wie schon auf so viele Einwanderer vor ihm, die aus kleinen Städten, Dörfern oder Siedlungen kamen und zum ersten Mal eine solche Metropole betraten, begann Saramee seinen einzigartigen, berauschenden Zauber zu wirken.

Inyad öffnete den Mund – und verblieb sprachlos. Dies war nicht das, was er sich unter dem Begriff Grenzstadt vorgestellt hatte. Er hätte nicht genau sagen können, wie Saramee in seinen unzähligen Tagträumen ausgesehen hatte … aber als die Realität auf seine Fantasie prallte, spürte er, wie das Abbild in seinem Kopf zerbröckelte und eine nicht enden wollende Masse von Eindrücken auf ihn ein prasselte.

»Es ist gigantisch«, murmelte Ardy irgendwo neben ihm.

Die Straßen waren gefüllt mit den unterschiedlichsten Gestalten. Zwischen den Bürgern Saramees buhlten Bettler in schmutzigen Kitteln um Aufmerksamkeit, die krankheitsgezeichneten Hände flehentlich nach vorn gestreckt. Armut herrschte vor. Die Gerüche von Speisen, die ein fahrender Händler rechter Hand neben den Wanderern feilbot, wurden von Ausdünstungen von Urin, Kot und Schweiß übertüncht. Trotzdem schien niemand an dem Gestank Anstoß zu nehmen. Die Wanderer entdeckten Kinder, die auf der schmutzigen Straße mit hölzernen Tieren spielten und Händler, die trotz des alles überschattenden Geruchs ihre Speisen verkauften.

Während er das bunte Treiben um sich beobachtete, wurde Inyad eine Wahrheit über das Leben in der Großstadt bewusst: Diese Leute bemerkten den Gestank nicht einmal mehr. Sie arrangierten sich damit und trugen zumeist wohl auch noch dazu bei.

Nicht viel später sollte er heraus finden, dass der Gedanke eine Wahrheit über das Leben selbst war: Man konnte sich an alles gewöhnen. Folter und der damit einhergehende Schmerz, Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit … all das vermischt sich irgendwie zu einem grauen Einheitsbrei, der das Leben im Kopf ersticken mag, nicht aber das Leben im Körper.