Scarlet Cheeks: Verhängnisvolle Hingabe - Alexis Kay - E-Book

Scarlet Cheeks: Verhängnisvolle Hingabe E-Book

Alexis Kay

4,9

Beschreibung

Alain entführt Irina auf einen Kurztrip nach London – die Stadt seiner experimentierfreudigen Studentenzeit. Obwohl Irina sich geschworen hat, die wilde Vergangenheit ihres Liebsten ruhen zu lassen, gibt es in der Metropole ein Kapitel, das noch allzu präsent scheint. Wenn auch in einem Moment der Schwäche Irinas Eifersucht an die Oberfläche dringt, schweißt das uneingeschränkte Vertrauen, das Alain ihr entgegenbringt, beide noch enger zusammen. Doch zurück in der Heimat wird Irinas Leben gnadenlos aus den Fugen gerissen: Der kleine Eindringling, der sich unter ihrem Herzen eingenistet hat, verstößt grundsätzlich gegen Alains Prinzipien. Noch bevor Irina den Mut aufbringen kann, Alain damit zu konfrontieren, werden beide von der Vergangenheit ihrer Eltern eingeholt … Überarbeitete Neuauflage von Teil 2 des "Scarlet Cheeks"-Zweiteilers.

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Alexis Kay

Scarlet Cheeks 2: Verhängnisvolle Hingabe

© 2015/2021 Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamour.de

[email protected]

© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg

(www.art-for-your-book.de)

© Coverfoto: Shutterstock.com

ISBN Taschenbuch: 978-3-86495-518-1

ISBN eBook: 978-3-86495-519-8

Sämtliche Personen in diesem Roman sind frei erfunden. Dieses eBook darf weder auszugsweise noch vollständig per E-Mail, Fotokopie, Fax oder jegliches anderes Kommunikationsmittel ohne die ausdrückliche Genehmigung des Verlages oder der Autorin weitergegeben werden.

Widmung

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Epilog

Autorin

Widmung

Im Jahr 2020 sind Mutter und Sohn zusammen 47 Jahre alt …

Ojemine!

Langsam komme ich in ein Alter, in dem man nicht mehr so gerne offen und ehrlich darüber spricht. Also verschone ich euch, meine treuen Leser*innen, mit dieser Matheaufgabe …

Och, wie schade?

Natürlich!

Jetzt hätte das Altersrätsel einen gewissen Reiz …

Ich hoffe, die Fortsetzung von Scarlet Cheeks kann euch über die fehlende Rechnung hinwegtrösten …

Viel Vergnügen!

Apropos Rechnung:

Alex,

Prolog

Ich schlage meine Augen auf und bin zunächst etwas orientierungslos.

Es ist stockdunkel.

Nacht.

Wo bin ich?

Meine Hand streicht übers seidig weiche Laken den Rand des Bettes entlang …

Nicht meine gewohnte Seite! Nicht mein Bett!, stelle ich in einem Anflug von Panik fest. Wessen Bett ist das? Und wie bin ich überhaupt ins Bett gekommen?

Ich drehe mich auf den Rücken und vernehme nah an meinem linken Ohr regelmäßige tiefe Atemzüge, durchzogen von leisen Schnarchlauten.

Unverkennbar … Alain.

Beim erleichterten Aufatmen steigt mir auch ein vertrauter Geruch in die Nase: sein Aftershave. Als ich meinen Kopf ins Kissen betten, meinen Arm um ihn schlingen will, um friedlich weiterzuschlummern, denn bei ihm fühle ich mich sicher und geborgen, zieht sich Schmerz durch meine linke Gesichtshälfte. Ich zische auf, rolle mich wieder auf die andere Seite. Tastend suche ich nach einer Lampe auf dem Nachttisch, finde einen Schalter und endlich flutet Licht den Raum.

Es ist Alains Zimmer! Gott sei Dank!

Zerstreut sehe ich mich um. Alain schläft tief und fest neben mir. Die rechte Hand, die, wie’s scheint, verarztet wurde, ist umwickelt mit einer sauberen weißen Bandage und liegt neben seinem Kopf auf dem Kissen.

Was ist passiert? Wie hat er sich verletzt?

Ein lautes Grunzen. Bourbon. Der Husky pennt an seinem gewohnten Platz auf dem Teppich vor meiner Betthälfte, denn sein Herrchen lässt ihn partout nicht ins Bett, und da ich das schwächere Geschlecht bin, dem Hund vieles durchlasse, ihn laut Alain gar verhätschele, hält dieses gerissene Vieh sich vielmals an mich und kocht mich mit seinen Huskyaugen weich. Wie aufs Stichwort öffnet Bourbon die Augen, hebt den Kopf von den Vorderpfoten und blickt mich erwartungsvoll an.

„Pssst. Nächstes Mal bei mir daheim“, flüstere ich mit dem Zeigefinger auf dem Mund, und Bourbon bettet schnaubend den Kopf wieder auf die Pfoten, als hätte er meine Worte verstanden. Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen und da durchzuckt mich abermals Schmerz. Sachte schmiege ich meine linke Hand an meine Wange, fühle die erhitzte Haut und wie es unter meiner Handfläche drängend pocht.

Knall auf Fall kehrt die Erinnerung zurück. Ich sehe Ryans Gesicht vor mir, wie er schmierig grinste, sich gierig die Lippen leckte, als ich mich vor ihm entblößen musste. Ich bilde mir ein, seine schwieligen Hände noch immer irgendwo auf meinem Körper zu spüren und das Nikotin, das an seinen Fingern haftete, auf meiner Zunge zu schmecken …

Übelkeit wallt in mir auf. Ich begebe mich ins angrenzende Bad, versuche, den Brechreiz erst einmal wegzuatmen, jedoch vergeblich. Trockenes Würgen erschüttert meinen Körper, denn das Fünf-Gänge-Menü hat bereits im Hotel den Rückweg angetreten.

Ich putze mir die Zähne und verspüre das dringende Bedürfnis zu duschen. Alains Shirt, das er mir wohl übergezogen hat, während ich geschlafen habe, landet durchgeschwitzt auf dem Boden, und noch bevor mir kalt wird, stelle ich mich unter den Wasserstrahl. Das lauwarme Wasser plätschert über meinen Kopf, träufelt in meinen Mund und ich genieße es, wie es nach und nach meinen Körper einhüllt. Gewöhnt sich meine Haut an die Temperatur, schiebe ich den Hebel der Armatur weiter nach links, regle das Wasser noch etwas wärmer. Grad für Grad. Eine Spielerei, die mir eine Gänsehaut nach der anderen über die Haut jagt. Ob sie vom Schmerzreiz herrührt, der ins Nervensystem geleitet wird, oder vom Wohlgefühl, weiß ich nicht …

Ich stehe bestimmt schon fünf Minuten unter der Dusche, als plötzlich Alain verschlafen durch den Türspalt linst. „Irina. Darf ich reinkommen?“

„Natürlich … Sorry. Habe ich dich geweckt?“

Er schüttelt den Kopf und tritt ein. „Ich habe mir Sorgen gemacht. Das Wasser rauscht schon seit einer Weile. Bist du in Ordnung, Liebes?“

„Ich … ich musste einfach duschen … Es war wie ein Zwang … Ich wollte mich abkühlen …“

Alain nähert sich, bleibt unmittelbar vor der begehbaren Glasdusche stehen und streckt die unverletzte Hand nach dem Wasserstrahl aus, zieht sie aber sofort zurück. „Nach einer Abkühlung fühlt sich das nicht an. Das Wasser ist zu heiß, Irina. Dein Rücken ist feuerrot. Du verbrühst dich doch.“ Kurzerhand dreht er das Wasser ab. „Soll das eine Art Ritual sein? Willst du dich reinwaschen? Dich selbst durch Schmerz zurückholen?“ Er betrachtet mich argwöhnisch.

„Alain. Bitte. Interpretier da nichts hinein. Es ist bloß eine blöde Angewohnheit, die ich mir als Kind angeeignet habe, um zu sehen, wie viel ich ertragen kann …“ Ich beginne zu schlottern, meine Zähne klappern, da ich der Wärme beraubt wurde. Die Raumtemperatur fühlt sich arktisch kalt an im Vergleich zum Duschwasser, das mich vor Sekunden noch umgeben hat.

Alain hüllt mich in seinen Bademantel, drückt mich an sich und hält mich einfach nur fest. An seine Brust gepresst kann ich sein kräftiges Herz schlagen hören, seine Körperwärme fühlen … Er schenkt mir Geborgenheit. Seine Sanftmut dringt tief in mein Innerstes, erwärmt mein Herz und es scheint mir, als würde sich mein Herzrhythmus seinem anpassen, eins mit ihm werden …

Doch ich will mehr! Auf eine andere Art eins mit ihm werden … will vergessen …

Alain küsst mich auf die Stirn und ich sehe zu ihm auf.

Sind das Tränen auf seiner Wange oder stammen die Tropfen von meinen nassen Haaren?

Seine belegte Stimme deutet auf Ersteres. „Irina. Bitte sprich mit mir darüber, vertrau dich mir an …“

Doch mir ist nicht nach Reden zumute. „Bitte, Alain, zeig mir, wie sehr du mich liebst. Ich will deine sanften Hände auf mir spüren, will, dass du mich überall berührst, mich von dem Gefühl seiner schwieligen Klauen auf meinem Körper befreist … Ich brauche dich, Alain, lass mich vergessen … liebe mich!“

Alain hebt mich auf seine Arme, doch wider mein Erwarten trägt er mich nicht ins Bett, sondern zur Badewanne. Er hat meine Worte völlig falsch interpretiert.

„Alain. Nein. Ich habe doch gerade geduscht …“

Die frei stehende Badewanne wurde bereits mit Wasser gefüllt.

Ach, deshalb wurde mein Duschwasser allmählich immer kälter. Also muss er sich auch nicht wundern, dass ich nachregeln musste …

Alains Zimmer duftet jetzt herrlich nach Rosen und ein Hauch von Rhabarber fließt mit ein.

Er lässt mich sachte zu Boden gleiten. „Vielleicht wirst du dich besser fühlen, wenn ich dich wasche. Und glaube mir, ich mache meine Sache gründlich.“ Ein verheißungsvolles Grinsen schleicht sich auf seine Lippen.

Er hat mich also doch verstanden, wird mit mir schlafen …

„Ich werde dir auf diese Art zeigen, wie sehr ich dich liebe, indem ich mich um dich kümmere, dich verwöhne … Jedoch schlafen werde ich mit dir heute Nacht nicht. Du brauchst Zeit, um das alles zu verarbeiten … Ich werde meine Liebe lediglich in Worte fassen …“

Ich streife den Bademantel ab, steige schmollend in die Wanne. Das Wasser hat genau die richtige Temperatur, mollige 37 Grad zeigt das Thermometer an, und sein Duft entführt mich in einen Rosengarten. Ich schließe die Augen, entspanne mich allmählich … und nur wenige Sekunden darauf spüre ich, wie sich Tränen ankündigen. Sie finden einen Weg unter meinen geschlossenen Augenlidern heraus und kullern über meine Wangen.

Alain nimmt mich in den Arm, hält mich einfach nur fest. „Irina. Endlich. Es hat mir richtig Angst gemacht, wie du das Geschehene im ersten Moment verdrängt hast. Liebes. Du kannst mir vertrauen. Ich bin für dich da, wenn du Probleme hast, wenn du reden möchtest. Ich bin da, um dich zu stützen, dir zu helfen, wenn du nicht mehr weiterweißt. Ich liebe dich, Irina.“

Ich öffne meine Lider und versinke in seinen gletscherblauen Augen, die entgegen der Farbe der Iriden pure Wärme ausstrahlen. „Ich liebe dich auch“, wispere ich.

Obwohl wir in dieser Nacht keinen Sex haben werden, könnte sie nicht vollkommener sein, denn sein Liebesschwur berührt mein Herz. Trotz seines anfänglichen Skrupels ist er in der Lage, eine Beziehung zu führen, und dieser steht jetzt nichts und niemand mehr im Wege.

Ich liebe diesen Mann über alles und möchte ihn in meinem Leben nicht mehr missen.

Für mein Glück brauche ich nur ihn.

Durch ihn bin ich vollkommen.

Kapitel 1

Ryan ist hinter Schloss und Riegel. Die Aussage gegen ihn kostete mich einiges an Überwindung, aber mit Alains tatkräftiger Unterstützung, mit ihm an meiner Seite, ist es mir gelungen, die äußerst unangenehme Angelegenheit ohne größeren emotionalen Schaden abzuwickeln.

Aufatmen ist angesagt!

Eigentlich sollte unserem Glück jetzt nichts mehr im Wege stehen, möchte man meinen, doch seit einer geschlagenen Woche hat Alain mich nicht mehr angerührt. Kaum zu glauben, dass folgende Worte noch vor Kurzem in meinem Kopf herumspukten: Obwohl wir in dieser Nacht keinen Sex haben werden, könnte sie nicht vollkommener sein … Ich möchte mich selbst dafür ohrfeigen! Wie konnte ich nur so blauäugig sein? Wenn ich von vornherein gewusst hätte, dass noch acht weitere keusche Nächte folgen würden, hätte ich das wohl nicht behauptet.

Verdammt! Ich hungere nach ihm, nach seinem Körper, nach seiner Zuneigung. Zärtlich ist Alain nach wie vor und äußerst einfühlsam, aber ich verzehre mich danach, seine starken Hände, seine feuchte, warme Zunge auf meinem Körper zu spüren, noch mehr dürste ich nach der Reizüberflutung, die eintritt, wenn sie im Zusammenspiel jede noch so kleine Pore erkunden. Ich vermisse Alains Liebesgeflüster, das Piksen seines Dreitagebarts auf meiner Haut, seine Liebesbisse, das neckische Knabbern an meinen Ohrläppchen, an meiner Unterlippe, an meinem Hals, an den empfindlichen Knospen meiner Brüste und an meiner Klit. Mir fehlt sein lüsterner Blick, in dem sich sein Hunger und seine Gier nach mir widerspiegeln. Eine unstillbare Glut, die mir das Gefühl gibt, die begehrenswerteste Frau der Welt, noch besser, des ganzen Universums zu sein. Wie könnte er es angemessener ausdrücken als mit einer Erektion, die er an mir reibt, die er tief in mir versenkt …

Allein die Gedanken daran und die Vorstellung erregen mich schon ungemein, verursachen dieses verheißungsvolle Kribbeln in meinem Unterleib und lassen ein drängendes Pochen zwischen meinen Schenkeln entstehen … sorgen für manch feuchtes Höschen. Künstlich schüre ich meinen Hunger, bausche ihn immer weiter auf … ein verdammter Teufelskreis!

Doch anstatt meinem Sehnen nachzukommen, anstatt dieses Feuer, das wild in mir tobt, zu löschen, packt Alain mich in Watte!

Irina. Ich möchte dir Zeit lassen, das Geschehene zu verarbeiten. So hat er es ausgedrückt, als ich wiederholt einen Versuch startete, mit ihm zu schlafen. Die Abweisung tat weh, und seither habe ich es nicht mehr probiert, das heißt, nicht mehr mit offensichtlichen Avancen, sondern mit kleinen Leckerbissen wie einem Negligé, neckischen Dessous, Strings, ja sogar nackt habe ich mich ins Bett gelegt. Statt Alain hat sich dann plötzlich Bourbon an mich gekuschelt. Der Husky hatte wohl Angst, ich könnte mitten in einer schwülen Sommernacht erfrieren. Doch das übertriebene Kauen und das Geschmatze des Hundes machten mich stutzig, und tatsächlich fand ich am Morgen danach Krumen auf dem Kissen, Überbleibsel eines Leckerlis.

Na warte, Alain! Die Quittung dafür wirst du noch bekommen, den armen Hund als Liebestöter zu gebrauchen.

Aber diese verzweifelte Tat und das unentwegt rauschende Duschwasser nebenan zeigen mir auch, wie sehr er mit sich zu kämpfen hat …

Mein Umfeld hüllt sich in eisernes Schweigen. Es wägt jedes einzelne Wort sorgfältig ab. Nur Travis lässt sich von seinem besten Freund keinen Maulkorb verpassen. Unsere Telefonate sind weiterhin relativ unverblümt, und vor allem habe ich ihn mit meinem Verdacht konfrontiert …

Dem Büro hätte ich, laut Alains Ansage, mindestens eine Woche fernbleiben sollen. Seine freudigen Luftsprünge blieben aus, als er mich dienstags nach seiner Kaffeepause, wo ich dachte, er wäre außer Haus, am Schreibtisch vorfand. Alains einzige Bemerkung dazu: ein Augenrollen, das so viel bedeutete wie: Genauso gut hätte ich Bourbon von einem Cervelat fernhalten können, der gepellt zu Hause auf dem Esstisch liegt,und auch ungeschält, gar noch in Folie verpackt, hätte er ihm nicht widerstehen können. Ganz nach dem Sprichwort: Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch! Tatsächlich fiel Alains Blick auf den Husky im Hundekorb hinter dem Bürotisch, der im Schlaf geschmatzt hatte, weil er wohl von einer leckeren Wurst träumte …

Nichtsdestotrotz werde ich das Gefühl nicht los, dass Alain mit dieser kurzfristig geplanten Reise sein schlechtes Gewissen mir gegenüber beruhigen möchte, und tief in mir hege ich Hoffnung, dass er spätestens auf neutralem Boden meinen noch etwas unausgereiften Verführungskünsten erliegt. Doch die Reise geht nicht in die Stadt der Liebenden, nach Paris, sondern nach London, die Stadt von Alains experimentierfreudigem Studentenleben, und somit ist sie keineswegs neutral …

So sitze ich hier mit ihm in einer Limousine auf dem Weg ins Hilton London Metropole.

„Ich fass es nicht. Ich bin in London.“ An der getönten Fensterscheibe drücke ich mir die Nase platt. Sekunden später falle ich Alain überschwänglich um den Hals und bedanke mich bestimmt zum tausendsten Mal mit einem verzückten Kuss. Meine Euphorie ist nicht zu bremsen.

„Überraschung gelungen?“, murmelt er an meinen Lippen. Seine blauen Augen, umgeben von feinen Lachfältchen, strahlen mich an.

„Und wie! Was machen wir heute noch?“, frage ich aufgekratzt, während sich meine Finger in seinem Nackenhaar vergraben und ihn zärtlich kraulen. Alain bekommt eine Gänsehaut.

„Gegen 20 Uhr gehen wir essen“, antwortet er nüchtern.

„Und die vier Stunden davor?“ Ich schmiege mich aufreizend an ihn. „Wir könnten uns doch …“ … im Hotelbett vergnügen.

Aber meine Hoffnung darauf wird mit folgenden Worten einfach zerschlagen: „Ich hab mit den Jungs noch was Geschäftliches zu klären …“

Nichtwahr!

Schmollend gebe ich ihn aus der Umarmung frei, rutsche von seinem Schoß und blicke gekränkt aus dem Fenster. Meine Stimmungsschwankungen in letzter Zeit stehen seinen in nichts nach.

„… doch morgen und übermorgen gehöre ich dir“, versucht er mich zu besänftigen, streichelt mit dem Daumen zärtlich über meinen Handrücken.

Wer’s glaubt!, schnaube ich innerlich. Ich wage einen kurzen unauffälligen Blick zum Augenwinkel heraus und lasse mich von seinem treuen Hundeblick, mit dem selbst Bourbon nicht mithalten kann, erweichen. Resigniert seufze ich auf.

Alain Foster, versprich nicht etwas, was du nicht halten kannst!

Die Koffer liegen ausgebreitet vor uns auf dem Hotelbett. Meine Klamotten verfrachte ich stapelweise in den Schrank. Alain ergreift seinen Kulturbeutel und mein Reisenecessaire und räumt beides ins Bad.

„Zimmerservice?“, frage ich Alain, als es plötzlich klopft.

„Ich habe nichts bestellt“, ertönt seine gedämpfte Stimme aus dem Bad.

Bestimmt ist es, aufgeregt öffne ich die Tür, Travis.

Doch es sind nicht Travis’ smaragdgrüne Augen, die mich anstrahlen. Es steht eine wunderschöne und schlanke Blondine im Türrahmen. Dem berühmt-berüchtigten Londoner Wetter entsprechend, hat sie sich einen grauen Trenchcoat angezogen. Ein schwarzes Seidentuch schlingt sich um ihren Hals, was ich persönlich nur trage, wenn ich etwas zu verbergen habe, zum Beispiel einen Knutschfleck. Die Fremde lächelt freundlich, sodass ihre blauen Augen funkeln. Der blonde Pony bedeckt ihre Stirn, ihr Zopf ragt über die linke Schulter und die Sommersprossen auf ihrer Nase fallen einem sofort ins Auge, vor allem wenn sie sie, wie jetzt gerade, vor Verwunderung krauszieht.

„Schatz, wer ist … Liz?“ Alain schreitet mit schnellen Schritten auf diese Femme fatale zu und drückt ihr einen Kuss auf die Wange.

Ich bin geplättet vom vertrauten Umgang der beiden und fühle tief in meinem Innern Eifersucht aufkeimen. Ihr Name ist mir geläufig, aber trotzdem sollte er mich endlich mit der Dame bekannt machen.

Ein ungutes Gefühl beschleicht mich, dass mir mit dieser Reise vielleicht mehr offenbart wird, als mir lieb ist. Dass ich Gefühle kennenlerne, die ich bisher ganz gut unter Kontrolle hatte und die jetzt plötzlich drohen, an die Oberfläche zu dringen …

„Irina. Darf ich vorstellen, Liz Stone, Daniels Freundin. Liz, Irina Meyer, meine Freundin.“

Ich reiche ihr die Hand.

Das ist also die Frau, deren Knebel und Hogtie ich getragen habe? Dans Sub. Alain habe ich jedoch über mein Wissen noch nicht in Kenntnis gesetzt.

„Freut mich, dich kennenzulernen, Irina.“ Liz schenkt mir ein aufrichtiges Lächeln.

Im ersten Moment bin ich überrascht, dass sie die deutsche Sprache so einwandfrei und akzentlos beherrscht. Sie spricht Hochdeutsch. Doch da kommt mir die Unterhaltung mit Daniel wieder in den Sinn. Er hat davon gesprochen, dass seine Freundin halb Deutsche, halb Engländerin ist …

„Ich freue mich auch, Eliz…“

Liz lässt mich nicht ausreden. „Meine Mutter ist Sissi-Fan, also nix mit Queen Elizabeth … Sie ist die Einzige, die mich bei vollem Namen ruft oder die verhasste Abkürzung Sissi verwendet. Boah! Selbst wenn ich es ausspreche, schüttelt’s mich durch. Das hört sich für mich so an, wie wenn jemand mit den Fingernägeln über Tontöpfe kratzt. Also bitte, bitte nenn mich Liz“, fleht sie mich an.

Schon allein beim Gedanken an Fingernägel und Blumentöpfe bekomme ich eine unangenehme Gänsehaut. „Liz“, wiederhole ich, reibe mir nebenbei die nackten Arme, bis der Schauder von mir ablässt.

Sie lächelt zufrieden und ihre strahlend weißen Zähne blitzen hervor.

„Wo ist Daniel? Ich dachte, wir treffen uns alle erst später zum Essen?“ Alain klingt skeptisch.

„Mas…“ Liz fühlt sich von Alains kaltem Blick eingeschüchtert, gerät ins Stocken und korrigiert sich. „Daniel wartet unten im Wagen. Er findet, dass ich Irina ein wenig Gesellschaft leisten könnte, während ihr euch euren Geschäften widmet.“ Verschwörerisch zwinkert sie mir zu, deutet mit dem Kinn zur Jacke.

Es geht raus! London, ich komme!

„Das ist ja toll.“ Entschlossen nehme ich meinen schwarzen Trenchcoat vom Garderobenhaken. Ich bin Feuer und Flamme, Alain hingegen scheint von der Idee nicht begeistert, noch weniger, als er rafft, dass es nach draußen geht.

„Wo willst du hin?“

„Mir mit Liz die Zeit vertreiben.“

„In diesem Outfit?“ Er zeigt auf den kurzen Mini, mit dem ich ihn damals in der Bar überrascht habe, und reibt sich provokativ die Hände. Sein Blick sagt: Bei wie viel sind wir wohl stehen geblieben?

Ich denke an seine Worte zurück: Beim nächsten Mal, wenn du so einen kurzen Rock anziehst, werden es zwei Hiebe sein und das Mal darauf drei … Und immer so weiter … Ich kann deinem hübschen Hintern einfach nicht widerstehen. Also, wenn du die Züchtigung nicht scheust, reize mich nur weiter mit solch breiten Gürteln …

„Alain. Wir gehen nur in die Mall. Shoppen“, versucht Liz ihn zu besänftigen.

Alain hat das Nachsehen, steigt mit uns in den Lift und lässt es sich nicht nehmen, dass Daniels Wagen uns zur Mall fährt. Die Begrüßung mit Dan fällt relativ kühl aus, wahrscheinlich die besagte Ruhe vor dem Sturm. Ich möchte nicht wissen, was die beiden diskutieren, wenn wir aus dem Wagen steigen. Wird wohl ziemlich hitzig werden, vermute ich, denn Dan hat Alains Pläne gnadenlos durchkreuzt und so was kann mein Kontrollfreak gar nicht leiden.

Ich setze mich Alain gegenüber in die Limousine, schlage ladylike die Beine übereinander und wundere mich über Liz’ Haltung. Sie sitzt Daniel anmutig mit leicht geöffneten Schenkeln gegenüber, die Hände auf den Knien. Wenn sie kein Höschen tragen würde, hätte Daniel freie Sicht auf ihre Scham.

Ach herrje! Mir wird heiß und ich fächere mir mental Luft zu.

Daniel bemerkt meine Verlegenheit, haben mich doch meine tiefroten, erhitzten Wangen verraten. Er grinst schelmisch und fragt äußerst scheinheilig: „Irina. Wie war der Flug?“

„Ähm …“ Ich ordne meine Gedanken und schiebe das gerade Gedachte weit nach hinten. „First Class. Ich bin schon einmal mit meinen Eltern nach Paris geflogen, jedoch Economy, und das ist etliche Jahre her“, antworte ich wahrheitsgetreu, aber heiser.

„Paris?“ Dan versucht, mich in ein Gespräch zu verwickeln.

„Disneyland.“ In Erinnerungen schwelgend lächle ich. „Ich war neun Jahre alt. Der Besuch bei den Großeltern und meinem Patenonkel war eher Nebensache … Und dann, mit fünfzehn, war ich noch einmal in der Stadt der Liebe, jedoch lediglich auf Klassenfahrt. Wir reisten mit dem TGV, dem Hochgeschwindigkeitszug, nach Paris und haben die Sehenswürdigkeiten, insbesondere den Louvre, besichtigt …“

„Du hast Verwandte dort?“ Alains Augen blitzen erstaunt auf. „Du bist zum Teil Französin?“

„Zu einem Viertel. Oma, mütterlicherseits. Du hast auch deine kleinen Geheimnisse, Alain Foster …“ … und ich bin gerade dabei, die letzten Puzzleteile zusammenzufügen!, ergänze ich in Gedanken und zwinkere ihm zu.

„Darauf werden wir noch zurückkommen, Mademoiselle Meyer“, bemerkt Alain und grinst spitzbübisch.

Ich weiß genau, worauf er anspielen möchte, und befeuchte lasziv meine Lippen.

„So, Ladies. Wir sind da.“ Daniels Stimme unterbindet unseren Flirt.

„A plus tard, ma chérie!“ Mit diesen Worten, begleitet von einem Augenzwinkern, verabschiedet sich mein sprachbegabter Freund von mir.

„Eh! Falsche Sprache, Kumpel …“, empört sich Dan.

„Bis später, Schatz.“ Ich drücke Alain einen scheuen Kuss auf den Mund und steige aus.

Nach einem kurzen ernsten Blickwechsel mit ihm, wohl eine stumme Warnung, folgt mir Liz und hakt sich bei mir unter. „Lass uns Spaß haben und bei Ann Summers vorbeischauen!“

Die Mall, ein Shopping-Paradies für Frauen. Etliche Geschäfte und Restaurants auf etwa fünfundzwanzig Fußballfeldern verteilt. Jedoch liebäugelt Liz nur mit einem Laden.

„Oh.“ Meine einzige Bemerkung, als ich mit hochrotem Kopf und wild klopfendem Herzen den Sexshop betrete. Ich blicke mich verstohlen um. Doch niemand scheint sich für die peinlich berührte Touristin, die den allerersten Fuß in eine echte Sexboutique setzt, zu interessieren. Huch! Gedanklich wische ich mir den Schweiß von der Stirn.

Ach herrje! Irina! Benimm dich nicht wie ein verklemmtes Huhn!

„Komm! Hier gibt’s exquisite Lingerie.“

„Natürlich, unter anderem“, bemerke ich sarkastisch.

„Du tust ja gerade so, als wäre dies dein erster Besuch in …“ Sie verstummt und sieht mich prüfend an. Ihre blauen Augen weiten sich vor Erstaunen. „Ach du meine Güte! Du bist Alains Freundin!“

„Was hat das eine mit dem anderen zu tun?“, frage ich schnippisch.

„Ach nichts. Lass uns den Laden erkunden.“ Liz ergreift meine Hand und zieht mich von Regal zu Regal.

Etwas Passendes ist bald gefunden: ein Torselett in Beige und Schwarz, mit Spitzen-Ornament über dem Bauch, ein Höschen mit Schleifchen und Rüschchen und natürlich halterlose Strümpfe.

Liz führt mich weiter zu den Sextoys. Einige Dinge schrecken mich ab, andere hingegen wecken schon beim Betrachten ein leises Kribbeln in meinem Unterleib. Nichtsdestotrotz wird mein Gesicht noch eine Nuance röter, als Liz einen verpackten, wie ein S-geschwungenen Vibrator in den Farben Fuchsia und Violett in meinen Einkaufskorb legt. „Den will ich dir wärmstens ans Herz legen, falls Alain einmal nicht zur Stelle sein sollte.“

„Liz!“ Ich schnappe empört nach Luft. Doch die quirlige Blondine fährt munter fort und geleitet mich zum nächsten Regal.

Mich trifft fast der Schlag. Alle Farbe weicht aus meinem Gesicht. Handschellen, Handfesseln und Fußfesseln im Set. Es geht mir nicht darum, was ich alles sehe, sondern … Etwas gröber als beabsichtigt ergreife ich ihr Handgelenk. Ein verwirrter, beinahe erschrockener Ausdruck liegt auf ihrem Porzellangesicht. „Wie intim kennst du meinen Freund, Liz?“

Erst blickt sie mich entsetzt an und schluckt trocken, ob aus Furcht vor mir oder vor Alain, der ihren Verrat bestimmt nicht ungesühnt lässt, weiß ich nicht. Doch gleich darauf legt sie mir selbstbewusst ein Paar schwarze Ledermanschetten mit lilafarbenem Leopardenfutter, eine Schlafmaske und Kondome in den Korb.

Oh Scheiße! Die Erkenntnis trifft mich wie ein Faustschlag in die Magengrube.Eine Antwort erübrigt sich.

Ich weiß nicht, welcher Teufel mich geritten hat, die Sachen zu kaufen und mich mit Liz in ein Café zu setzen, um zu reden.

Kein Teufel, die Vernunft!

„Es ist nicht, wie du denkst, Irina.“ Sie blickt mich betrübt an.

„Ja, klar …“, wende ich spöttisch ein. Mit zitternder Hand führe ich das Glas mit dem nach Zimt duftenden Chai Latte zum Mund. Doch ich fühle mich eingeschnürt. In meiner Brust brodelt es. Wenn ich jetzt einen Schluck davon trinken würde, käme alles retour. Ich stelle das Glas wieder ab und atme tief durch.

„Irina. Ich kann dir leider nicht alles haarklein erläutern, aber wenigstens so viel zum Thema: Dan und ich sind seit mittlerweile acht Jahren ein Paar. Ich liebe ihn. Ich gehöre ihm.“ Liz löst den Knoten ihres Seidentuchs. Wie ich vermutet habe, hat sie darunter tatsächlich etwas versteckt. Ein goldenes Halsband kommt zum Vorschein. Sehr extravagant.

Allerdings überrascht mich das Schmuckstück nicht, da ich doch über die Art Beziehung der beiden im Bilde bin. „Ich kenne die Bedeutung. Ich habe in einem Roman darüber gelesen …“ Die Trockenheit meines Mundes verlangt nach einem Schluck Tee.

„Natürlich. Lektüre aus diesem Genre ist zurzeit der Renner. Aber was ich sagen wollte, Dan und ich, wir beziehen auch andere in unsere Sessions mit ein, wie zum Beispiel Ala… Travis! Schön, dich zu sehen.“

„Beauty, Liz!“

Beauty. Dieses Kosewort, das Travis für mich verwendet, verursacht bei mir jedes Mal eine Gänsehaut. Ein Wunder, dass Alain das duldet. Aber Travis, dieser Schuft, macht das bestimmt nur, um mich zu necken …

Doch hier habe ich ihn nicht erwartet. Ich zucke zusammen. Erschrocken stelle ich mein Glas Tee einen Tick zu laut auf den Tisch und drehe mich langsam zu der dunklen Stimme um, die ich die letzten Tage nur übers Telefon etwas verfälscht wahrgenommen habe.

„Travis“, räuspere ich mich. Er hat unser Gespräch belauscht.

„Ich lass euch dann mal kurz allein.“ Liz entschuldigt sich und zieht sich diskret zurück.

„Was machst du denn hier?“, frage ich verwundert.

Travis bedenkt mich mit einem Lächeln und setzt sich auf den von Liz vorgewärmten Stuhl.

„Ich dachte, Alain, Daniel, James und du, ihr hättet was Geschäftliches miteinander zu bereden.“

„Ich schwänze. Alain wird nicht begeistert sein, wenn er“, Travis guckt auf die Uhr, „in genau zwanzig Minuten bemerkt, dass ich nicht auftauchen werde. Irina. Nach dem Telefonat mit dir, als du mich verzweifelt gebeten hast, dir die Wahrheit zu sagen …“

Doch ich unterbreche ihn: „Travis. Ich weiß, du willst Alain nicht in den Rücken fallen, aber du musst zugeben, ihr vier seid euch in gewissen Dingen schon frappierend ähnlich.“

Er lehnt sich gelassen zurück, umfasst mit Daumen und Zeigefinger sein stoppeliges Kinn, lässt mich zappeln. Wohl die Strafe dafür, dass ich ihn nicht ausreden ließ.

„Sag doch was!“, flehe ich. „Ich will doch nur wissen, ob ich Alain genüge. Wir hatten seit geschlagenen zehn Tagen keinen Sex mehr.“ Der letzte Satz kam nur noch flüsternd daher.

Travis seufzt, als könne er mein Dilemma nachempfinden. „Zerbrich dir nicht deinen hübschen Kopf darüber. Alain liebt dich, das weiß ich mit Sicherheit, und was den Sex angeht, will er dir vermutlich Zeit lassen, Ryans Übergriff zu verarbeiten.“

„Aber genüge ich ihm oder braucht er eine Frau wie … Liz?“ Endlich ist es raus!

„Ach. Daher weht der Wind! Alain braucht dich, Irina, und was bei dominanten Menschen noch hinzukommt, die Kontrolle. Er braucht die Kontrolle über dich, aber er ist keineswegs sadistisch veranlagt. Glaub mir, Beauty, ich weiß, wovon ich rede. Wie ich hat auch Alain während der Studienzeit viel experimentiert. Er hat an einigen Sessions teilgenommen …“

Wieder falle ich ihm ins Wort. „Lässt sich das klar abgrenzen? Das mit den Handschellen kommt doch nicht von ungefähr, und was hatte er mit Liz am Start?“

„Alain hat bald gemerkt – und wir auch –, dass er nicht so tief in der Tinte steckt, wie wir anderen, gelinde gesagt. Was die Sessions anbelangt, Liz liebt es zu spielen, Sex jedoch …“

„Mein Schmuckkästchen bleibt allein Master Daniel vorbehalten.“ Liz lächelt zuckersüß und setzt sich zu uns an den Tisch. „Wie lange noch, Travis?“

„Fünf Minuten“, antwortet dieser knapp.

„Was ist in fünf Minuten?“, frage ich neugierig.

„Alains Frist läuft ab …“

„Welche Frist?“, unterbreche ich ihn, sichtlich verwirrt.

„Irina. Du musst lernen, die Leute erst ausreden zu lassen. Ich wollte es dir eigentlich zuvor schon erklären. Ich habe Alain nichts von unseren Telefonaten erzählt, auch nicht, dass du weißt, dass die Utensilien, die dieser Dreckskerl Ryan benutzt hat, aus Daniels Gepäck stammen. Ich habe ihm sozusagen die Pistole auf die Brust gesetzt, er solle dir doch endlich von unserem …“

Mein Handy klingelt. Scheiße! Ich stelle es auf Vibrieren und bitte Travis, fortzufahren.

„Geh ran! Das wird Alain sein. Die Frist ist noch nicht um. Er wird wissen wollen, ob ich hier bin.“ Travis wirkt unbeeindruckt.

Ich nehme den Anruf mit einem scheinheiligen „Ja?“ entgegen.

„Liebes, ist Travis bei dir?“, kommt es wie aus der Pistole geschossen.

„Jaaaa“, antworte ich etwas gedehnt.

Alain atmet tief durch. „Hör zu! Meine Freunde zu Hause und gar meine Familie wissen nichts davon …“

„Schatz. Wovon sprichst du?“

„Gut. Travis hat es dir also noch nicht verraten … Vertraust du mir, Kleine?“

„Ja. Das tue ich.“ Dennoch bricht mir der kalte Schweiß aus, denn das, was er mir offenbar sagen möchte, erhält durch seine belegte Stimme und sein Zögern bleiernes Gewicht. Es ist also verdammt ernst.

„Und ich vertraue dir.“

Es herrscht eine bedrückende Stille und ich beginne, unruhig auf dem verchromten Bistrostuhl hin und her zu rutschen. Bald halte ich es nicht mehr aus und hake nach: „Alain, dich bedrückt doch etwas. Du weißt, dass wir deine Vergangenheit hinter uns lassen. So war es abgemacht.“

Heuchlerin! Zuvor hast du Liz noch eine Szene gemacht.

„Dieses Kapitel gehört nicht meiner Vergangenheit an, Irina. Es ist noch präsent.“

„Oh.“ Ich spüre, wie mir alle Farbe aus dem Gesicht weicht. Das Rot vom Besuch im Sexshop und der Schmuckkästchendiskussion mit Travis und Liz verblasst.

„Ich werde dich heute Abend einweihen, dich in eine etwas andere Welt entführen.“

„O…okay“, stottere ich und mir wird flau im Magen.

„Erinnerst du dich an die Anspielung, die ich über deine Ballettstange gemacht habe?“

„Hmmm. Du dachtest an Poledance, Tabledance.“ Ich gebe Liz und Travis ein kurzes Zeichen und suche mir eine ruhige Ecke, denn es wird wohl eine Aussprache folgen … Obwohl ich bei Travis kein Blatt vor den Mund zu nehmen brauche, Liz eigentlich auch sexuell relativ aufgeschlossen ist, habe ich dennoch noch etwas Mühe, mit ihr warm zu werden …

„Wärst du bereit, für mich zu tanzen? Für mich allein, versteht sich.“

„Hmmm.“ Ich sehe mich verstohlen um, und erst als ich mir sicher bin, dass mich niemand belauscht, frage ich: „Werden wir danach Sex haben?“

Alain kichert ins Telefon. „Du fragst mich das so unsicher. Warum?“

„Weil du Nein sagen könntest. Die ganze Woche über hast du mich verschmäht …“

„Irina. Ich wollte dich doch bloß schonen.“

„Ich dachte, du findest mich nicht mehr begehrenswert.“

„Wie kommst du auf so etwas Absurdes?“

„Montagnacht trug ich ein schwarzes Negligé, Dienstag rote Reizwäsche … Herrgott noch mal, Freitag lag ich nackt da und du hast Bourbon mit Leckerlis zwischen uns aufs Bett gelockt und bist ins Badezimmer verduftet …“, rede ich mir meinen Frust von der Seele.

„Und als ich wiederkam, hast du selig geschlafen. Du hast so friedlich ausgesehen. Die ersten Nächte nach dem Übergriff wurdest du von Albträumen geplagt.“

„Alain. Ich habe mir nichts sehnlicher gewünscht, als dass du mich in den Arm nimmst und mich leidenschaftlich liebst. Ich wollte dich!“

Meine Worte entringen ihm einen tiefen Seufzer. „Du kriegst mich! Heute Nacht! Ich will uns beide nicht länger quälen.“

„Keine kalten Duschen mehr?“

„Liebes. Halte mir nichts vor. Ich konnte deine Wonne, dein Stöhnen heut am Morgen unter der Dusche bis ins untere Stockwerk hören.“

Ich ziehe scharf Luft in meine Lungen. „Ich … ich dachte, du müsstest kurz ins Büro“, sage ich dennoch erstickt. Ich war derart aufgeladen, besonders nach dem erotischen Traum, der mich letzte Nacht heimgesucht hat, dass ich einfach nicht mehr widerstehen konnte und mir selbst Erlösung verschaffen musste, weil Alain mich ja unbedingt schonen wollte. „Ich … ich hab dabei an dich gedacht …“ Mit ihm vor meinem inneren Auge und dem Klang seiner Stimme in meinem Kopf hat mein Orgasmus nicht lange auf sich warten lassen …

„Dad ist mir im Fahrstuhl begegnet und hat die Akten gleich mit sich genommen, darum war ich auch gar nicht weg … Irina. Ich nehm dir das Solospiel nicht übel und du brauchst dich dafür auch nicht zu schämen … Ich würde gerade zu gern dein Gesicht sehen, deine roten Wangen streicheln … Eigentlich hätte ich dir ja liebend gerne unter die Arme gegriffen, doch ich wollte dich diese Erfahrung, sozusagen bewusst, machen lassen. Wie war’s?“

Alain spielt auf meinen feuchten Traum an, der mich in der ersten Nacht in meinem neuen Daheim regelrecht überfallen hat. Ich habe ihm gestanden, dass er darin die Hauptrolle spielte und ich mich im Schlaf selber zum Orgasmus gestreichelt habe …

„Bei Weitem nicht so schön, wie wenn du es tust“, flüstere ich verschämt.

„Das will ich aber hoffen … Also, kleine Planänderung, Liebes. Das Essen fällt aus, besorgt euch einen Snack. Liz und Travis werden, was dich betrifft, einige Anweisungen erhalten. Hinterfrage sie nicht. Dan, James und ich holen euch in einer Stunde ab. Und, Irina, lass dir von Travis nicht die Überraschung verderben.“

„Werd ich nicht.“ Mein Herz schlägt vor Vorfreude einen Takt schneller. Ich lege auf und begebe mich wieder zu Travis und Liz an den Tisch.

„Also, Beauty, wo war ich stehen geblieben? Alain …“

„Travis. Lass gut sein. Ich will nichts davon hören.“

„Ich hab’s nur gut gemeint, Irina. Er sollte endlich dazu stehen …“

„Und du, Travis, bekenn dich endlich zu Hannah!“, blaffe ich ihn an.

Travis sieht mich verdattert an. Liz’ Augen werden groß. Doch keiner sagt ein Wort. Die Stille wird durch das Klingeln ihrer Handys unterbrochen.

Die prophezeiten Anweisungen!

Liz und Travis entschuldigen sich und nehmen ihre Gespräche entgegen. Mein Handy vibriert ebenfalls.

Alain, 18. Juni, 20:35

Evanescence - Bring me to Life

Im ersten Moment weiß ich nicht, was er mir mit dieser Nachricht sagen möchte, doch dann wird mir klar, dass es das Lied ist, zu dem ich heute Nacht für ihn tanzen werde … Die ersten Klänge des Piano-Intros spuken schon in meinem Kopf herum und bescheren mir eine Gänsehaut …

Bibbernd, nicht nur vor Kälte, weil ich unter meinem Trenchcoat lediglich noch Reizwäsche trage – keine von Alains Anweisungen, meine eigene spontane Idee –, sondern auch vor Nervosität, stehe ich zwischen Liz und Travis draußen. Eine schwarze Stretch-Limousine, wie man sie aus diesen berühmten amerikanischen Abschlussball-Filmen kennt, fährt vor und ist unser Taxi zur nächsten Station.

Aber wo genau geht’s hin?

Daniel öffnet die Wagentür und winkt uns herein. Drinnen erwarten mich ein geräumiger Innenraum, ausgestattet mit luxuriösem Interieur: Bar, Flatscreen, anthrazitfarbene Lederpolster, hellgraue Teppiche, und ein nach Nähe und Zärtlichkeit hungernder Alain. Er zieht mich direkt auf seinen Schoß, küsst mich so heiß und begierig vor angestautem Verlangen, dass mir beinahe schwindlig wird und ich fast all die Fragen vergesse, die ich mir in meinem Kopf bereitgelegt habe …

Es dauert einen Moment, bis ich mich fange, wieder zu Atem komme. „Alain, was verbirgst du vor mir?“ Ich schlinge meinen Arm um seinen Nacken, mein Blick bohrt sich in seinen. Er kann mir nicht ausweichen. Aber anstatt endlich mit der Sprache herauszurücken, drückt er mir noch einen Kuss auf den Mund.Allerdings gewähre ich ihm diesmal keinen Aufschub mehr, löse mich kurz darauf wiederum von seinen Lippen. „Alain. Komm schon. So schlimm kann’s doch gar nicht sein. Jedenfalls nicht schlimmer, als mit drei Vollblutsadisten einen Wagen zu teilen, sei es auch eine Limo.“

Alain sieht mich einen Augenblick lang entgeistert an.

Der Innenraum füllt sich mit Liz’ Gekicher. „Irina. Der war gut … und bei den drei Exemplaren hier im Wagen hast du voll ins Schwarze getroffen, jedoch behalte im Hinterkopf, nicht jeder Dominante ist gleich Sadist … Steck sie bitte nicht alle in dieselbe Schublade … Das beste Beispiel hast du vor d…“

Travis räuspert sich und Liz verstummt. Dennoch nehme ich mir ihre Erklärung zu Herzen und werde die Worte nächstes Mal bedachter wählen … Alain torpediert Travis und Liz mit bitterbösen Blicken. Er nimmt wohl an, dass seine Freunde ihn verraten hätten.

Zeit, die Farce aufzulösen!

„Hey, Schatz.“ Ich umfasse Alains Gesicht mit beiden Händen und zwinge ihn, mich anzusehen. „Lass mich erklären: Bei Travis ist es mir, wie du weißt, unfreiwillig zu Ohren gekommen, als er Hannah im Hotelzimmer nebenan gespankt hat. Wahrscheinlich bin ich bei unserem ersten Zusammentreffen, dem Vorstellungsgespräch, noch zu naiv gewesen, um seine Neigung zu erkennen. Ich dachte lediglich an einen strengen Klavierlehrer mit Zollstock …“ Ein kleinlautes, scheues Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, als ich Travis dabei ansehe.

„Gar nicht so abwegig, Beauty.“ Anerkennung schwingt in Travis’ Stimme mit und er ermutigt mich, fortzufahren …

„Bei Dan fiel mir das Puzzleteil per Zufall in den Schoß. Die Fesselung und der Knebel, die Ryan benutzt hat, stammten aus Dans verschwundenem Koffer. Ryan ließ es sich nicht nehmen, damit zu prahlen, bevor …“ Ich schlucke, breche ab und sehe schüchtern rüber zu James. „Bei James hab ich mich gerade nur sehr weit aus dem Fenster gelehnt“, umschreibe ich es vorsichtig. Wahrhaftig habe ich die Erregung in seinem Blick gesehen, geschweige denn, die Beule in seiner Hose übersehen, als er in den Fitnessraum gestürmt ist. Erst nach und nach im Traum, wo sich der ganze Horror immer wieder abgespielt hat, ist mir die Szene letztendlich bewusst geworden. An Prestons schuldbewusstem Gesichtsausdruck lässt sich erkennen, dass es nicht bloß Einbildung war. Kein Hirngespinst meiner Fantasie. Meine Nackenhärchen richten sich auf, mein Gefahrensensor, den ich nicht außer Acht lassen sollte, der mir sagt: Halt dich von dem Typen fern!

Ich reiße mich von James und den düsteren Gedanken los und blicke liebevoll zu Alain. „Und jetzt zu dir, Liebster.“ Ich küsse ihn zärtlich auf den Mund. „Bei dir, Schatz … Du besitzt gewisse Züge, doch sind sie bei dir nicht so ausgeprägt wie bei den anderen. Jedoch stellst du sie mit deinem autoritären Verhalten alle in den Schatten.“

„Darauf würde ich nicht wetten, Beauty“, fordert Travis mich heraus.

Alain lacht laut auf. „Fühlst du dich in deiner Ehre verletzt, White? Liebes, du hast den Master noch nie in Action erlebt … und mit Travis zu wetten, ist gefährlich, also lass dich bloß nicht dazu hinreißen.“

„Sorry.“ Ich lächle verlegen. „Also, was genau habt ihr Jungs miteinander zu schaffen?“

„Ganz schön tough, die Kleine“, meint James.

„Alain, Süßer. Rück endlich mit der Sprache raus!“, stachelt Liz ihn an.

Alain gesteht mir nach einem tiefen Atemzug: „Irina. Ich besitze Anteile an einem Club im Londoner Vergnügungsviertel.“

Herrje! „Ooookay. Ich nehme mal an, wir reden nicht von einer Disco?“ Ich mustere einen nach dem anderen und bleibe an Alains bedeppertem Gesichtsausdruck hängen. „Bei einer Dreiviertelmehrheit kann ich mir schon denken, um was für eine Art Club es sich handelt. Also lag ich falsch. Es gibt freilich etwas Schlimmeres. Ein ganzer Club voll …“ Wähle die Worte mit Bedacht! „… Dominanter und Master.“ Woher nehme ich bloß den Mut? Oder ist es Leichtsinn? Ich lache hysterisch auf.

„Irina. Du vergisst den Gegenpart.“ Liz verbeugt sich.

„Beauty. Der Club ist, der britischen Rechtslage wegen, geheim, privat und nur für Mitglieder zugänglich. Mach dir also keine Gedanken. Es herrschen strikte Regeln.“

„Ihr fahrt aber jetzt nicht etwa mit mir dorthin?“ So leicht stecke ich es dann allerdings nicht weg. Das Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich will mich schon von Alains Schoß stehlen, doch er ergreift meine Hände, hält sie auf seiner Brust gefangen.

„Irina, Liebes. Vertrau mir.“ Er sieht mich bittend an. Ein winziger Hoffnungsschimmer flackert in seinen Augen auf und bannt mich.

„Ich vertraue dir“, flüstere ich. Daraufhin lässt er meine Hände los.

„Ich werde dich nicht enttäuschen … Liz, deinen Seidenschal, bitte … Travis? … Kleines, ich lasse dir die Augen verbinden, um dich nicht zu überfordern.“

„Alain. Ich bin nicht …“ … aus Zucker … Glas … was auch immer!,versuche ich zu widersprechen, aber er erstickt meine Widerworte mit einem unendlich zärtlichen Kuss. Alain hält mich fest umschlungen, presst seinen Mund auf meinen, versucht, mich milde zu stimmen. Jedoch als Travis mir dann unerwartet die Augen verbindet, gebe ich einen erschrockenen Laut von mir.

„Schsch, Beauty. Vertrau deinem Liebsten, er wird auf dich achtgeben.“

Ich merke, wie mir Hitze über meinen Hals hinauf in die Wangen steigt. Mein Herz pocht wie wild in meinem Brustkorb, und doch hat das alles irgendetwas Erregendes, nicht zu wissen, was auf einen zukommt.

„Irina. Du weißt, wie besitzergreifend ich sein kann, also mach dir keine Gedanken darüber, dass dich ein anderer unsittlich anfassen könnte …“

„Man wird mich auslachen, mit der Augenbinde …“, jammere ich kläglich.

„Irina.“ Travis redet mit einer beruhigenden Stimme auf mich ein und ergreift meine rechte Hand. „Glaub mir, die Augenbinde wird dort keine Aufmerksamkeit erregen, sondern einzig und allein deine Schönheit.“

Seine Worte zaubern mir zwar ein scheues Lächeln auf die Lippen, erhitzen mich aber noch mehr.

„Sei nicht so schüchtern. Heb dein Kinn. Ein wenig Haltung, Süße.“ Die Worte müssen von James stammen.

Wenn Alain nicht in diesem Moment meine Lippen versiegelt hätte, meine Mundhöhle mit seiner Zunge erkunden würde, hätte ich mich gegen Preston aufgelehnt.

„Wir sind da!“, lässt Liz aufgeregt verlauten.

Die Limousine hält und es dauert nicht lange, da schlägt mir frische Luft entgegen. Alain nimmt meine Hände und hilft mir, den Wagen unbeschadet zu verlassen. Etwas zittrig stehe ich auf meinen Beinen und klammere mich an meinen Freund, meinen Rettungsanker.

„Mr Preston, Mr Parker, Mr White, Mr Foster, Miss Stone and Miss Meyer …“ Eine furchtbar tiefe Stimme heißt uns willkommen und stammt wahrscheinlich vom Türsteher. Fehlt nur noch ein dunkles, markerschütterndes Muahahahah, und ich hätte das Gefühl, mich im Entrée einer Geisterbahn zu befinden. Mein Puls erreicht ungeahnte Höhen. Meine Knie werden noch weicher …

„Vorsicht, Stufen.“ Alain schlingt den Arm um meine Hüften und führt mich die Treppe hinunter, direkt in die Hölle …

Der Duft von Holz, Leder und Opiumräucherstäbchen kriecht in meine Nase. Es ist warm, um nicht zu sagen höllisch heiß. Die Musik ist nicht besonders laut und man kann sich ohne zu schreien verständigen. Ich vernehme englische Gespräche, gar ein leises Glöckchen und sonstige undefinierbare, gedämpfte Geräusche.

Ein Glöckchen? Wo zum Teufel sind wir? Ich hab eine verdammte Katzenallergie!

Ich fasse mir an den Hinterkopf und mache mich am Knoten zu schaffen. Meine Hand jedoch wird abgeblockt, aber nicht von Alain, denn der hält mich noch immer fest umschlungen. Seine Hände auf meinem Körper zu spüren, vermitteln mir ein Gefühl der Sicherheit …

„Geduld, Irina!“, knurrt Travis.

„Ich bin neugierig …“

„Liebes, wir werden uns später an der Bar einen Drink genehmigen. Lass mich dir deinen Mantel abnehmen.“ Alain löst einen Knopf nach dem anderen.

Aber erst nach drei Knöpfen werde ich mir meiner Freizügigkeit wieder bewusst und wehre seine Hand ab. „Nicht doch! Ich trage lediglich Reizwäsche.“

Seine Hand schlüpft unverfroren unter meinen Trenchcoat und schmiegt sich an meinen nackten Rücken. Mit einem Ruck presst Alain mich an sich und flüstert mir verführerisch ins Ohr: „Liebes. Ich muss in dir sein. Ich kann nicht länger warten, sonst verliere ich den Verstand. Zehn Tage sind definitiv zu lange. Reine Folter!“

„Na, na, nicht so ungeduldig!“ Ich wackle mit dem Zeigefinger, und das hoffentlich vor seiner Nase. „Du hast um einen Tanz gebeten und ich fürchte, die paar Minuten wirst du noch durchhalten müssen.“

„Freches Luder!“

Ich kreische auf, als ich aus dem Nichts den Boden unter den Füßen verliere und plötzlich über seiner Schulter baumle. Mein verfluchter Neandertaler trägt mich mit schnellen Schritten fort. Sein Atem kommt stoßweise. Vor Anstrengung oder vor Erregung? Wahrscheinlich Letzteres, und vor noch ungestillter Vorfreude. Eine Tür fällt ins Schloss und ich bin mit meinem Höhlenmenschen, so hoffe ich doch, allein.

Alain stellt mich auf ein Podest. Er schält mich ratzfatz aus dem Mantel, führt meine rechte Hand zur Poledance-Stange und ehrt mich mit einem anerkennenden Pfiff durch die Zähne: „Ein bezaubernder Anblick!“

„Darf ich die Augenbinde abnehmen?“ Ungeduld schwingt in meiner Stimme mit.

„Warte auf die Musik, Liebes.“

Gespannt verharre ich und lausche. Ich warte und warte, werde immer zappeliger … Was macht er bloß?

Die ersten Klänge von Bring me to Life erfüllen den Raum und all die kleinen, feinen Härchen auf meinen Armen richten sich auf. Vorsichtig löse ich den Seidenschal und finde mich auf einem beleuchteten Podest wieder, im Rücken die Poledance-Stange.

Alain sitzt mit nacktem Oberkörper vor mir auf einer großen, roten, halbrunden Ledercouch, keine zwei Meter entfernt.

Wie lange wird er wohl auf dem Polster ausharren können, ehe er vom Verlangen übermannt wird und seine Lust an mir stillen muss? Bestimmt hält er nicht bis zur Hälfte des Songs durch, denn die Gier in seinen Augen ist unverkennbar …

Ich lasse meinen Blick durch den Raum schweifen. Schwere barocke Spiegel zieren die Wände, gedimmtes Licht flutet das Zimmer, doch alles, was mich interessiert, ist: Sind wir wirklich allein?

Tatsächlich! Nur er und ich!

So fange ich an, mich äußerst verführerisch zur Musik zu bewegen, lasse sie auf mich wirken und verliere mich in ihr. Ich lehne mich gegen die Stange. Das kühle Metall folgt meinem Rückgrat, lässt mich erschaudern und beschert mir eine Gänsehaut. Ich strecke die Arme hoch, berühre die Eisenstange und meine Finger schließen sich drum. Waren meine Hände zuvor noch kalt vor Nervosität, so erhitzen sie sich rasch und es quietscht unter den feuchten Flächen, als ich in die Hocke rutsche.

Lasziv spreize ich die Beine und genieße Alains begehrlichen Blick, der mir sagt, dass meine Bewegungen eins zu eins rüberkommen … Ich gönne ihm aber nur eine kleine Kostprobe und ziehe mich wieder hoch. Meine linke Hand hält das Sportgerät fest umschlungen, und mit ein wenig Schwung, sexy Hüftbewegungen tänzle und schlängle ich mich herum.

Die Stange in der Kniekehle, beide Hände fest verankert, biege ich den Rücken durch und werfe sinnlich den Kopf in den Nacken. Ich sehe Alain nun auf den Kopf gestellt … Er sitzt nicht mehr so lässig da. Die Arme auf den Knien abgestützt beugt er sich nach vorn. Blanke Begierde spiegelt sich auf seinem Gesicht wider, was wahrscheinlich auch daran liegt, dass mein Busen bei dieser Pose zur Geltung kommt.

Sein lüsterner Blick spornt mich an. In einer fließenden Bewegung ziehe ich mich wieder hoch, nur um mich ruckartig noch tiefer fallen zu lassen. So tief, dass ich seinen stockenden Atem vernehme, meine Haarspitzen sacht mein Kreuz kitzeln und mir das Blut in die Wangen schießt.

Ich richte mich abermals auf, gleite um die Stange und gehe in die Hocke. Die Kälte zwischen meinen Schenkeln entfacht meine Lust, zieht sich prickelnd durch mein Geschlecht, das sich mit lustvollen Kontraktionen und Nässe darauf vorbereitet, mich mit ihm zu vereinen. Erregt lasse ich den Kopf in den Nacken fallen und ein leises Stöhnen tritt aus meinem leicht geöffneten Mund, als kribbelnde Vorfreude meinen Körper durchflutet …

Ich verharre einen Augenblick, bevor ich mich, die geschwollene Scham fest an die Eisenstange gepresst, darunter das begierige Pochen meiner Klit, die endlich Reizung erfahren möchte, daran hochschmiege, mich drumherum schlängle und vor Alain schwer atmend wieder in die Hocke gehe, das kalte Metall nun wiederum im Rücken.

Ich kann es kaum noch erwarten … Mein Verlangen treibt mich an, lässt mich jede Zurückhaltung vergessen …

Meine Hände befinden sich auf meinen Schenkeln. Ich übe etwas Druck aus und öffne mich ihm, spreize meine Beine. Meine Lider flattern zu, während ich mit den Fingerspitzen sachte meine bedeckte Spalte entlangstreichle, die Hitze und die Nässe, die in mein Höschen gesickert ist, auf den Kuppen spüre. Stöhnend stoße ich mich nach oben ab. Als ich wieder aufrecht stehe, die Lider öffne, blicke ich direkt in Alains mit Lust getränkte Augen, keine zehn Zentimeter von mir entfernt.

Ganze zwei Minuten hat er ausgehalten! Diese Erkenntnis erfüllt mich mit Stolz.

Unerbittlich nagelt Alain mich mit seinem Körper an die Stange. „Ich. Kann. Nicht. Länger. Warten“, presst er stoßweise hervor.

Keine zehn Sekunden später trage ich nur noch das Höschen. Wieder und wieder saugt er sich an meinem Hals fest und neckt mich mit köstlichen Liebesbissen, die mein Innerstes in Aufruhr versetzen, mir wohlige, genüssliche Laute entlocken, als sie sich, als stimulierende Impulse getarnt, durch meine Nervenbahnen schleichen und sich pulsierend zwischen meinen Schenkeln bündeln. Sie wecken den Drang in mir, mich Alain entgegenzurecken, mehr zu fordern, indem ich meine Arme um ihn schlinge …

„Behalt die Hände oben!“, raunt er mir ins Ohr und führt meine Hände über dem Kopf zusammen. Sein Mund wandert zu meinem Busen. Warm und sachte umschließen seine weichen Lippen die rechte Brustwarze, die sich ihm schon gierig entgegenreckt. Während er an der einen saugt, reibt er die andere zwischen Daumen und Zeigefinger und zupft sie neckisch.

Ich werde noch feuchter und das verlangende Pochen meiner Klit nimmt erst noch an Intensität zu, als er die erigierte Knospe mit den Zähnen zu traktieren beginnt. Die Liebkosung gelangt so tief, dass ich aufkeuche und versuche, meine erhitzten Wangen, mein Gemüt am kalten Metall der Poledance-Stange zu kühlen.

Abermals dränge ich mich Alain entgegen, in der Hoffnung, diese Glut in meiner Mitte zu stillen. Er sieht schmachtend zu mir auf. Nur seine beinahe schwarzen Augen verraten mir, wie sehr er sich zügeln muss. Davon angetan vergesse ich die Aufforderung, meine Hände oben zu behalten, umarme ihn gierend nach seiner Nähe und stehle mir einen Kuss …

Doch aus seiner Kehle dringt ein Knurren. „Du lässt mir keine andere Wahl. Ich muss dich fesseln …“

Als hätte er tatsächlich darauf verzichten können!

Alain greift hinter seinen Rücken, holt die schwarz-pinken Ledermanschetten hervor, die er wohl, wie ein Polizist seine Handschellen, am Gürtel aufbewahrt hielt.

Weich umschließen die gepolsterten Manschetten meine Handgelenke. Alain fixiert meine Hände über meinem Haupt, indem er die lange Verbindungskette einmal klirrend um die Eisenstange schlingt, und hakt den Karabiner in die zweite Manschette ein. Meine Hände befinden sich nun wieder am ursprünglichen Ort, nur diesmal widerwillig, washeißkalte Schauer meinen Rücken entlangrieseln lässt.

„Du wirst mir doch sagen, wenn es dir zu viel wird?“ Alains bohrender Blick beharrt auf meine Zustimmung, die er durch ein bedächtiges Nicken meinerseits bekommt. „Und zu guter Letzt …“ Er lässt das elastische Band der Schlafmaske um den Zeigefinger schweifen und zieht sie mir dann vorsichtig über den Kopf.

Ich murre gespielt, doch Alain bedeckt meine Lippen mit einem leidenschaftlichen Kuss und stimmt mich milde. Seine Hände gleiten von meinem Becken aufwärts, streicheln über meinen Bauch, den Busen, den Hals und über die Arme bis zu den Fingerspitzen. Meine Haut prickelt unter seiner sachten, tief dringenden Berührung. Der warme Atem an der Kuhle hinter meinem Ohr beschert mir eine Gänsehaut und schürt meine Sehnsucht, denn ich möchte ihn noch ganz woanders spüren. Seine Liebkosung sowie sein Kuss wirken auf mich viel intensiver, als wenn ich im Besitze all meiner Sinne wäre.

„Irina. Du bist wunderschön und tapfer“, wispert er mir ins Ohr, bevor sein Mund nach unten wandert, als hätte er meine Gedanken gelesen. Seine raue Zunge leckt über die Sehne meines Halses, über meine harten Nippel und zieht eine feuchte Spur zu meinem Bauchnabel. Zeitgleich gleiten seine Hände über meine Flanken, was mich erzittern lässt, denn ich bin furchtbar kitzlig, und bleiben schlussendlich an meiner Taille ruhen. Ich vermute, er hält sich an mir fest, um vor mir auf die Knie zu sinken.

Ich spüre Hitze durch den Stoff meines Höschens sickern … Bläst er dagegen?

„Ich kann deine Erregung wittern, Irina. Du riechst betörend und ich werde gleich von dir kosten …“

Seine Worte, sein rauer Atem jagen ein Kribbeln durch meinen Körper. Schiere Vorfreude. Sie lässt mich erbeben, meine Lippen vor Spannung bibbern, und das Herz in meiner Brust flattert vor Aufregung und Erregung.

Alains Finger haken sich in mein Höschen und streifen es mir von den Hüften. Er hilft mir, mich davon zu befreien, fädelt meine High Heels durch die engen Schlaufen. Sein warmer Atem prallt gegen meine Scham und zieht sich prickelnd und kühlend durch jede noch so kleine Furche meines erhitzten Geschlechts. Ich verspüre ein unbändiges Verlangen, von ihm berührt, geleckt zu werden, und recke mich ihm fordernd entgegen.

Ich höre, wie er einen tiefen Atemzug nimmt, wohl den Duft meiner Erregung auf sich wirken lässt. Mit den Daumen legt er meine geschwollene Perle frei und ich heiße seine gierige Zunge mit einem spitzen Schrei willkommen. Blitze schießen durch mich hindurch, wecken elektrisierend jede noch so kleine Zelle meines Körpers. Gespannt warte ich auf den nächsten Zungenschlag, doch es bleibt bei einer Kostprobe. Ungeduldig dränge ich Alain meinen Schoß entgegen, aber er umfasst meine Hüften und presst meinen Arsch zurück gegen die kühle Stange, was mich nach Luft schnappen lässt.

Ich höre die Ungeduld aus seinen Worten heraus. „Ich kann mich nicht länger zurückhalten. Ich muss in dir sein!“, knurrt er und die Gürtelschnalle schlägt auf dem Boden auf.

Ich vernehme ein mir bekanntes Geräusch. Das Reißen von Folie.

Hmmm! In zwei Wochen werden wir die lästigen Kondome womöglich los sein. Nächste Woche habe ich einen Termin beim Gynäkologen, um mir die Pille verschreiben zu lassen. Vielleicht ein weiteres Eingeständnis seinerseits? Noch habe ich ihn nicht eingeweiht.

„Schwarz? Eine interessante Farbwahl. Zu schade, dass du nicht sehen kannst, wie gut sie mir steht. Ich glaube, die zusätzliche Stimulation mit den Noppen hättest du dir sparen können, so erregt und nass, wie du schon bist.“ Seine Worte bringen meine Wangen zum Glühen. „Knie dich hin!“

Ich tue mich schwer, seinem Befehl nachzukommen. Mit beiden Händen versuche ich die Stange zu umfassen, doch die Kette lässt mir zu wenig Spielraum und es gelingt mir nur mit einer Hand. Noch dazu nimmt mir die Maske den Mut, um mich einfach so fallen zu lassen. „Alain. Bitte. Hilf mir. Es geht so nicht.“

Seine Hände schmiegen sich an meine Taille und ziehen mich langsam auf seinen Schoß. Sein erigierter Penis zuckt unter meiner Scham und ich verzehre mich danach, ihn in mir zu spüren. Meine inneren Muskeln ziehen sich aufs Köstlichste zusammen und ich fühle, wie Feuchtigkeit aus mir heraussickert, sich auf seiner Länge verteilt …

Alain führt meine Beine hinter seinen Rücken, wo ich auch seine vorfinde. Er kniet. Ich lehne mich gegen die Stange und kann es mir nicht verkneifen, ihm einen neckischen Schubser gegen seinen Knackarsch zu verpassen. Was so viel heißen soll, wie: Ich bin bereit!

Er knurrt, richtet sich unter mir auf und dringt mit einem einzigen heftigen Stoß in mich ein. Ich stöhne auf, benebelt von der Lust, die mich erobert, zusammen mit seinem harten Schaft, der mich so herrlich ausfüllt, mein Sehnen endlich stillt.

Alains Stöhnen flaut zu einem Zischen ab, als er die Zähne zusammenbeißt und um Beherrschung ringt. „Ich will, dass du mich dabei ansiehst“, presst er hervor. Er reißt mir die Maske vom Gesicht und mein Blick trifft auf die wohl schwärzesten und hungrigsten Augen, in die ich jemals gesehen habe. Die Pupillen verschlucken beinahe alles vom eisigen Blau der Iriden. Alain umfasst mein Kinn, er presst seinen Mund auf meinen und küsst mich unersättlich, reagiert sich auf diese Weise ab, denn seine Hüften hält er still.

Sein Kuss heizt mir ein, doch ich brauche mehr. So kann ich dem Drang nicht mehr widerstehen und fange an, mich auf ihm zu bewegen. Ich reibe mich an ihm, besonders die kleine pochende Perle zwischen meinen Schenkeln erfährt die raue Struktur der Härchen, die seinen Schwanz umgeben, und wird mit Reizen überflutet.

Alain vergräbt seine Finger in meine Schenkel, hält mich in Position und beginnt, mich von unten herauf zu stoßen. Jedoch im Gegensatz zum Hunger in seinem Blick, zum Peitschen seiner Zunge in meinem Mund, sind seine Stöße eher bedächtig. Er hält sich im Zaum.

„Halt dich nicht zurück, Alain. Gib mir mehr …“, keuche ich wollüstig.

Ein Grollen dringt aus seiner Kehle. Es hört sich an wie das Grollen eines wilden Tieres, das entfesselt wird. Alain kommt die Beherrschung abhanden. Er stillt mit einer unbändigen Gier sein Verlangen an mir, nimmt mich hart und unerbittlich, katapultiert mich mit seiner schier ungezügelten Art meiner Erlösung entgegen.

Ich halte mich an der Eisenstange fest, um seiner Wucht standzuhalten und dem Gefühl entgegenzuwirken, das schon jetzt meinen Körper mit einem Kribbeln zu erobern versucht …

Ich will auf ihn warten!

Alain schließt die Augen und ergibt sich mit einem animalischen Schrei seiner Lust. Meine Lider flattern auf und ich beobachte fasziniert, wie der Orgasmus über ihn hereinbricht. Ich kann mich gar nicht an ihm sattsehen. Sein Kopf liegt im Nacken, der Mund von seinem Schrei noch leicht geöffnet. Mein Blick wandert über seinen verschwitzten, bis zum Bersten angespannten Körper, zu der Stelle, wo wir eins werden … Alain steckt in den letzten Zügen seines Höhepunkts und verdammt tief in mir. Seine Finger vergraben sich ins weiche Fleisch meines Hinterns und er hält mich fest an sich gepresst, während er sich pulsierend in mir entlädt.

Sein Anblick ist hocherotisch und befördert auch mich über die Klippe. Jede Faser, jeder Muskel fängt unwillkürlich an zu zucken und scheint zu zerbersten. Kleine lustvolle Detonationen erobern jeden Winkel meines zitternden und schwitzenden Körpers, powern mich aus.Ich stöhne seinen Namen, während ich bebend meinen Höhepunkt erlange.

Die Kette klappert gegen die Eisenstange, als meine zusätzliche Stütze, mein Griff erschlafft. Alain hält mich fest, löst einen der beiden kleinen Karabinerhaken und drückt mich beschützend gegen seine Brust. Er streichelt mir liebevoll übers Haar. Sein Geruch, seine Zärtlichkeit und sein Herzschlag fangen mich auf. Ich liege schwer atmend in seinen starken Armen und genieße zusammen mit ihm den letzten Funken, das Nachglühen eines unglaublichen Orgasmus.

„Kleine. Ist alles in Ordnung? Bist du okay?“ Alain nimmt mein verschwitztes Gesicht in seine Hände und bringt mich dazu, ihn anzusehen. „Habe ich dir wehgetan? Ich hatte mich nicht …“

Meine Lider flattern auf und ich blicke in seine eisblauen Augen, die mich voller Sorge und schuldbewusst mustern. Doch ein gekeuchtes „Alain, ich liebe dich!“ zaubert ihm ein zufriedenes Lächeln auf die Lippen, die mich anschließend mit einem innigen Kuss belohnen.

„Bereit? Du darfst mich alles fragen, Liebes, und wenn du gehen möchtest, dann scheu dich nicht, mir das zu sagen.“ Alain streichelt zärtlich meine gerötete Wange, während er mich mit einem liebevollen Blick bedenkt. Ich nicke stumm, zittere innerlich vor Aufregung. Er beäugt mich noch einmal kurz, äußerst argwöhnisch, und rückt mir den seidenen schwarzen Kimono zurecht. Ich sehe ihn mit zusammengekniffenen Augen an, wundere mich über sein so plötzlich sittsames Verhalten. „Ich bin immer noch derselbe, Irina.“ Und bestärkt dies mit einem besitzergreifenden „Alles meins“, welches er mir ins Ohr knurrt und damit mein Innerstes kurzerhand in Schutt und Asche legt.

Seine Worte, ein wahrer Brandbeschleuniger!

Erst als der Kimono richtig sitzt, öffnet Alain die Tür.

Ach, daher weht der Wind. Seine Kontrollsucht bricht mal wieder durch, diesmal gespickt mit etwas Eifersucht.

Wir spazieren einen langen, menschenleeren Korridor entlang. Die Wandleuchten flackern und geizen mit Licht. Die schweren Holztüren sind wie Hoteltüren mit goldenen, geschwungenen Zahlen gekennzeichnet. Der bordeauxrote Teppich unter meinen High Heels verschluckt das sonst so laute Klacken meiner Absätze. Alain nimmt mich bei der Hand, um mir Halt zu geben, und stößt die mächtige Tür am Ende des Gangs auf.

Die verruchte Atmosphäre raubt mir beinahe den Atem. Der Raum wird dominiert von einer großen Bar, die sich über die gesamte rechte Seite erstreckt.

Äußerst treffende Wortwahl, Irina! – dominiert … dominant …

Aber noch besser würde diese Bezeichnung zu dem bulligen Typen passen, der neben Travis am Tresen steht.

Himmel Herrgott! Was futtert der Kerl? Koteletts zum Frühstück? Und wie hält er sich fit? Mit Sklavinnen stemmen?

Unbewusst bin ich stehen geblieben, starre unverblümt auf das Muskelpaket in schwarzer Lederhose und Shirt mit abgetrennten Ärmeln, das seine geballte Kraft noch unterstreicht.

Travis hat meinen erschrockenen Blick bemerkt, versucht kläglich, ein Grinsen zu unterdrücken, und rammt seinem Nebenmann den Ellbogen in die Seite.

Bestürzt und voller Bange reiße ich mich von seinem Anblick los. „Alain. Bitte lass es uns an einem Tisch gemütlich machen.“ Hastig hake ich mich bei meinem Rettungsanker unter und ziehe ihn auf das Podest mit den Tischen und den mit rotem Leder überzogenen Bänken und Stühlen.

„Nimm Platz, Liebes.“ Alain deutet auf die Bank und setzt sich neben mich. „Travis wird uns später bestimmt noch Gesellschaft leisten.“