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Ein Mord in Alanville bringt Detective Caine ganz schön ins Schwitzen. Der Mörder hat keine Spuren hinterlassen und Caine verdächtigt Cynthia Sinclair, die Tochter des Opfers. Diese Frau ist umgeben von einer Menge Geheimnisse und es fällt ihm immer schwerer sich ihrem Einfluss zu entziehen. Ist sie tatsächlich eine eiskalte Mörderin oder steht ihm sein verletzter Stolz einfach nur im Weg?
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Seitenzahl: 617
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cynthia Sinclair fühlte sich erleichtert und elend zugleich, als sie das große Gebäude verließ. Dieser große graue Kasten brachte die Stimmung eines jeden Menschen auf den Tiefpunkt. Diese Einrichtung war ein grauenhafter Ort. Sie war froh endlich diese bedrückende Atmosphäre, mit den vergitterten Fenstern und den verbitterten Gefangenen hinter sich lassen zu können. Es schien ihr, dass sie nun endlich wieder frei atmen konnte, nachdem sie durch das Ausgangstor getreten war. Wie eine zentnerschwere Last hatte dieses beklemmende Gefühl ihr den Brustkorb eingedrückt, so dass sie glaubte ersticken zu müssen. Unwillkürlich fuhr sie mit ihrer Hand an ihren Hals und rieb darüber bis das Gefühl verschwunden war. Gedanken und Bilder der Vergangenheit, schwirrten wie böse Geister in ihrem Kopf umher. Erschöpft strich sie sich eine Strähne ihres langen, braunen, lockigen Haares aus dem Gesicht, die ihre braunen Augen zu verdecken drohte. Sie war ein zierliches Persönchen, aber mit durchtrainiertem Körper. Bei genauerer Betrachtung konnte man die kräftigen Muskeln, die sich unter ihrem T-Shirt spannten, sehen. Für ihren Vater war sie immer die kleine Prinzessin gewesen, der niemand etwas antun durfte. Von ihm hätte sie alles bekommen können, wenn sie es gewollt hätte, doch dann war sie in die Pubertät gekommen und alles hatte sich verändert. Ihre Beziehung war kompliziert geworden. Dann war auch noch ihre Mutter gestorben und William Sinclair war plötzlich alleine mit seinen beiden Kindern und seiner Werkstatt. Er brauchte eine Frau im Haus, die ihm ein paar Arbeiten abnahm und das machte er ihr nur allzu oft und allzu deutlich klar. Doch davon wollte sie nichts wissen. Sie wollte genau wie ihr zehn Jahre älterer Bruder Bryce an Autos rumschrauben um sie schneller und besser zu machen. Bryce war einfach cool und er führte sie an einige verbotene Dinge heran. Mit Kleinigkeiten hatte das Ganze angefangen, ohne das ihr Dad je etwas davon erfahren hatte. Die erste Zigarette hatte sie mit 13 geraucht. Im gleichen Jahr hatte sie von Bryce Alkohol bekommen, weil sie ihn solange angebettelt hatte, bis er lächelnd nachgab. Mit 14 wusste sie bereits wie man ein Schloss knackt und das kam ihr hin und wieder sogar zu Gute, wenn ihr Vater sie zur Strafe in ihr Zimmer sperrte. Als sie 15 war hatte sie mit einem von Bryce Freunden ihren ersten Sex. Sie fühlte sich geliebt und wie im siebten Himmel. Diese Leichtigkeit, die sie in sich fühlte ließ sie blind vor Liebe werden. Dieser Freund brauchte nur mit den Fingern zu schnippen und sie tat was er wollte. Später bat er sie sogar darum mit einem seiner Kumpels zu schlafen, da er anscheinend kein Mädchen abbekam. Sie ließ sich tatsächlich erweichen und erst als sie mit jedem aus der Clique geschlafen hatte wurde ihr klar was sie gemacht hatte. Deshalb bat sie ihren Bruder um Hilfe. Sie konnte unmöglich alleine mit den drei jungen Männern fertig werden. Doch Bryce lachte sie nur aus. Schließlich hatte sie sich dieses Problem selbst eingebrockt. Niemand hatte sie gezwungen sich zu prostituieren. Als sie wütend nach ihm schlug, packte er sie und schlug sie zusammen. Von da an war ihr Bruder-Schwester-Verhältnis unwiederbringlich zerbrochen. Da sie sich mit ihrem Problem auch nicht an ihren Vater wenden konnte, ging sie in einen Selbstverteidigungskurs und lernte wie man sich gegen unliebsame Verehrer wehrte. Aufgeben gab es in ihrem Wortschatz nicht. Als sie das erste Mal nein zum Sex sagte, lachten die Kumpels ihres Bruders noch, doch als der erste eine gebrochene Nase und der zweite eine heftige Schwellung zwischen den Beinen hatte ließen sie von ihr ab. Cynthia drohte ihnen zur Polizei zu gehen, wenn sie sie nicht in Ruhe ließen und diese Ansage wirkte. Sie hatten immer nur ihren Spaß mit ihr haben wollen, aber deswegen Ärger mit der Polizei zu kriegen lag nicht in ihrem Interesse. Immerhin gab es noch andere junge Mädchen mit denen sie leichteres Spiel hatten. Seit diesem Vorfall waren Bryce und seine Kumpels kaum noch auf dem Werkstattgelände anzutreffen. Als Cynthia sah wie ihr Bruder sich zunehmend zum schlechteren veränderte, erwachte ihr Ehrgeiz. Sie wollte auf gar keinen Fall so werden wie er. Jetzt erst erkannte sie was für eine Art Mensch er geworden war. Drogen nehmen und saufen war alles was er zustande brachte. Plötzlich bemühte sie sich ihrem Vater zu helfen wo sie nur konnte, denn er war der einzige, der ihr von ihrer Familie noch geblieben war. Cynthia ließ geräuschvoll die Luft entweichen. Irgendwie bedauerte sie es, dass die Beziehung zu ihrem Bruder zerbrochen war. Doch daran ließ sich nichts mehr ändern. Sie musste nach vorne schauen, einen neuen Lebensabschnitt beginnen. Ein Neuanfang war immer eine gute Idee. Schnellen Schrittes lief sie an dem Schild mit der Aufschrift „Jail“ vorbei, sichtlich bemüht keinen Blick zurück zu werfen, da das ja bekanntlich Unglück brachte. Und sie hatte weiß Gott schon genug davon gehabt. Vielleicht war sie an vielem auch selbst schuld gewesen, denn mit ihrer aufbrausenden Art hatte sie sich selten Freunde gemacht. Krampfhaft versuchte sie die vergangenen Monate zu verdrängen. Es fiel ihr unheimlich schwer dieses Leid auszublenden. Ihr bisheriges Leben schien eine einzige Qual gewesen zu sein, obwohl sie doch einfach nur in Frieden leben wollte, aber es gab immer wieder Menschen, die das nicht zuließen. Nicht nur, dass ihr Vater tot war, nein man hatte sie des Mordes bezichtigt. Diese Zeit war wirklich schlimm für sie gewesen. Wie einen Film spulten sie die Erinnerungen zurück und ließ sie noch einmal Revue passieren.
„Wie kannst du es überhaupt nur in Erwägung ziehen unsere Werkstatt zu verkaufen!“, schrie Cynthia ihren Vater an. „Es ist meine Werkstatt und ich mache damit was ich will!“, brüllte William Sinclair ungehalten. Er konnte es nicht ausstehen, wenn seine Tochter ihm gegenüber aufmüpfig war. Er sah immer noch das süße kleine Mädchen in ihr, das immer bei ihm huckepack reiten wollte. Doch das war sie schon lange nicht mehr. Vor ihm stand eine erwachsene junge Dame, schlank wie eine Tanne mit guten Kurven, die jedem Mann den Kopf verdrehten. Doch das tolle Aussehen brachte ihr nicht viel ein. Sobald sie mit einem Mann einmal ausgegangen war, sah sie ihn nie wieder. Sie konnte es nicht verstehen, er schon. Cynthia hatte ein ziemlich aufbrausendes Wesen und hielt selten mit ihrer Meinung zurück. Trotz dieser schlechten Eigenschaft hatte sie es geschafft zwei Männer vor den Traualtar zu schleppen. Beide Ehen waren allerdings kurze Zeit später gescheitert. Sie brauchte einen Mann an ihrer Seite, der sich von ihr nichts gefallen ließ, dann erst würde sie glücklich werden. William war es leid diese Aufgabe zu übernehmen. Auf Dauer machte das auch ihn mürbe. „Sieh lieber zu, dass du die Abrechnungen bis morgen fertig hast!“ Darauf antwortete sie gar nicht erst, da sie diese Arbeit schon längst erledigt hatte. Unbeirrt schimpfte sie weiter. „Die Werkstatt ist schon seit Jahrzehnten in unserem Familienbesitz und wir sind finanziell immer gut zurechtgekommen. Ich versteh nicht was diese Scheiße soll!“, schimpfte sie. William machte eine wegwerfende Handbewegung, marschierte kurzerhand zu seinem Barfach und holte eine Flasche Whisky heraus. Es hatte einfach keinen Sinn mit einem Dickkopf zu diskutieren. Cynthia war genauso stur wie ihre Mutter und hatte sich bereits genauso viele Fehltritte geleistet wie sie. Mit den Zähnen entstöpselte er die Flasche und spuckte den Stöpsel genervt auf den Boden. Ehe er die Flasche an den Mund führen konnte war Cynthia bei ihm und riss sie ihm grob aus der Hand. „Du willst dich wohl lieber zu Tode saufen als dich mit mir auseinanderzusetzen!“ „Pass lieber auf wie du mit mir sprichst“, fauchte William, entriss ihr den Whisky und hob drohend seine Hand gegen sie. Cynthias Gesicht verdüsterte sich schlagartig. „Du willst mich schlagen? Dann los. Was anderes kannst du doch gar nicht mehr, alter Mann! Vater des Jahres wirst du jedenfalls nicht!“ William ließ seine Hand sinken. Es brachte nichts seine Zeit mit diesem undankbaren Kind zu vergeuden, dass ihm bei der erstbesten Gelegenheit ein Messer in den Rücken jagen würde. Stattdessen drückte er sich die Whiskyflasche an den Mund um sich das goldgelbe Getränk gierig in den Hals zu schütten. Er rülpste laut und wischte sich mit dem Ärmel den Mund ab. Seine Tochter stand noch immer auf dem gleichen Fleck und starrte ihn ungläubig an. William hielt diesem Blick stand, denn er alleine würde entscheiden, was am besten für die Werkstatt war. „Auch wenn du versuchst mich mit deinen Blicken zu töten, das ändert nichts. Ich werde mein Eigentum verkaufen und daran kannst du nichts ändern. Ende der Diskussion!“ „Verdammter Dickschädel, ich werde nicht zulassen, dass du unser Familienunternehmen verkaufst!“, fuhr sie ihn an und verließ mit wehenden Fahnen den Wohnraum ihres Vaters, der gleich über der Werkstatt lag. Sie verstand einfach nicht wie er es auch nur in Erwägung ziehen konnte die Werkstatt zu verkaufen. Die Kunden waren immer zufrieden mit ihren Leistungen und an manchen Tagen gab es so viel zu tun, dass sie den beiden Angestellten sogar zur Hand gehen mussten. Eigentlich war Cynthia nur für die Buchhaltung zuständig, da ihr Vater nicht wollte, dass sie mit den beiden Männern arbeitete. Verstehen konnte sie das allerdings nicht. Charlie und Nils waren beide sehr liebe Menschen, die keiner Fliege etwas zu Leide tun würden. „Arrgh!“, machte Cynthia und stieg stinksauer in ihren Wagen. Mit quietschenden Reifen brauste sie davon. Es hatte einfach keinen Sinn gegen eine Mauer zu reden. Vielleicht hätte sie dem Beispiel ihres Bruders folgen und einfach die Flucht ergreifen sollen, dann wäre ihr sicher vieles erspart geblieben. Doch so einfach aufgeben wollte sie nun auch wieder nicht, da ihr die Werkstatt alles bedeutete. Hier hatte sie laufen gelernt und mit ihrer Mutter die schönste Zeit ihres Lebens verbracht. Mit ihrem ersten richtigen Freund hatte sie heimlich in einem der alten Wagen geknutscht und dort mit ihm Sex gehabt. Es gab so viele und wundervolle Erinnerungen, die ihr Vater anscheinend mit Gewalt aus ihrem Gedächtnis reißen wollte. Nachdem ihre Mutter dann bei einem Autounfall gestorben war hatte ihr Dad sich sehr fürsorglich um sie und ihren Bruder Bryce gekümmert. Bryce geriet trotz allem in die falsche Gesellschaft und irgendwann kam niemand mehr an ihn heran. Er kassierte bei seinen krummen Geschäften einen guten Batzen Geld, ohne sich großartig in Arbeit stürzen zu müssen und das war für ihn das ideale Leben. Er ließ sich grundsätzlich von niemandem vorschreiben was er zu tun und wie er sein Leben zu gestalten hatte. Er war sein eigener Herr und so würde das auch bleiben. Mit der Zeit sah Bryce allerdings immer mehr aus wie ein Verbrecher. Er hatte sich lange Haare wachsen lassen, die ihm in Locken schmierig über die Schultern fielen. Sein Nasenring und seine Tattoos waren ebenfalls nicht zu übersehen. Und seine vergammelte Lederkluft rundete das Erscheinungsbild des perfekten Verbrechers ohne weiteres ab. Ihr Vater hatte immer gewollt, dass Bryce die Werkstatt übernehmen sollte, obwohl Cynthia ihm in nichts nachstand. Sie konnte ein Auto genauso gut reparieren wie jeder Mann, zusätzlich machte sie die Buchführung und hielt den Laden in Schuss. Doch anscheinend konnte sie es ihrem Vater einfach nicht recht machen. Schließlich war sie ja nur eine Frau, kein vollwertiges Familienmitglied. Zumindest fühlte es sich so an. Ihr Bruder war immer das Lieblingskind gewesen. Egal was er auch angestellt hatte, es wurde stets toleriert oder kommentarlos ausgebügelt. Sie durfte sich stattdessen ständig irgendwelche Moralpredigten anhören. Das tut ein Mädchen nicht. Das ist nicht anständig. Nimm dir ein Beispiel an deinem Bruder usw. Es war wirklich entmutigend immer nur die zweite Wahl zu sein. Warum setzten Eltern zwei Kinder in die Welt, wenn sie doch nur eines davon lieben konnten? Allerdings empfand Bryce die Aufmerksamkeit die er bekam auch nicht besonders toll. Ständig hing sein Dad ihm in den Ohren, dass er die Werkstatt übernehmen solle. Irgendwann hatte Bryce die Schnauze voll gehabt von dem Druck, den sein Vater auf ihn ausübte und rannte von zuhause weg. Lediglich einen Zettel ließ er auf dem Küchentisch liegen, auf dem zu lesen war: „Ich komm nicht mehr wieder. Bryce.“ Das war für seine Verhältnisse mehr als man von ihm erwarten konnte, im Allgemeinen legte er keine Rechenschaft ab. Für ihren Dad brach eine Welt zusammen. Er konnte sich nur sehr schwer damit abfinden nun auch noch seinen Sohn verloren zu haben. Er fing an seinen Kummer in Alkohol zu ertränken. An sie dachte er dabei überhaupt nicht. Sie war gerade mal 24 Jahre alt und musste sich plötzlich um ihn und um die Werkstatt kümmern. Nachdem sie sich aufopferungsvoll Tag für Tag um jede Kleinigkeit gekümmert hatte, kam er dann plötzlich auf die glorreiche Idee die Werkstatt verkaufen zu wollen. Und das machte sie so unglaublich wütend. Ehe Cynthia in ihrer Wohnung ankam hatte sie bereits etliche Verkehrsregeln gebrochen, doch ihre Wut hatte sich in ein erträgliches Ärgernis verwandelt. Mürrisch parkte sie den Wagen vor ihrem Haus, mit einem Reifen auf dem Bürgersteig. Ihr musste schnellstens eine Lösung zu ihrem Problem einfallen. Sie wollte die Werkstatt unter allen Umständen behalten und dazu war ihr jedes Mittel Recht.
William ließ sich schwer in seinen alten, braunen Sessel fallen, der parallel zum Fernseher stand. Erschöpft fuhr er sich mit einer Hand durch sein schütteres, bereits angegrautes braunes Haar. Das war alles Cynthias Schuld. Ihretwegen hatte er sich immer und immer wieder die Haare gerauft und nach und nach waren sie ihm dann ausgefallen. Er hatte einen kleinen Teufel großgezogen, der immer alles besser wusste. Wütend setzte er erneut die Flasche an den Mund und trank ein paar Schlucke. Es gab nichts Besseres als Whisky um seinen Kummer zu ertränken. Mit dem Hemdsärmel wischte er sich über den Mund und suchte anschließend nach der Fernbedienung. Irgendwo musste dieses blöde Ding doch sein. Sein glasiger Blick huschte über den Wohnzimmertisch aus Glas auf dem ein voller Aschenbecher stand und jede Menge Müll lag. Mit einer Hand wischte er die Sache auf den Boden, doch die Fernbedienung war nicht dabei. „Scheiße!“, brüllte er. Zornig trat er so heftig vor den Tisch, dass dieser umkippte. Er nahm noch einen Schluck aus seiner Flasche und rülpste kurz darauf um die Luftansammlung aus seinem Inneren zu vertreiben. Dann kam ihm die Idee, dass er vielleicht auf der Fernbedienung saß. Mit wackeligen Beinen stand er auf und blickte auf den alten Sessel. Tatsächlich lag dort die Fernbedienung eingequetscht zwischen der Sessellehne und dem Sitzkissen, gleich neben der Fernsehzeitung, die ihn aber nicht sonderlich interessierte. Grinsend nahm er sich die Fernbedienung und fläzte sich wieder in den Sessel. „Da hast du also gesteckt“, lallte er und drückte auf den Knopf um den Fernseher einzuschalten. Auf ACN kamen gerade die neusten Nachrichten. Das waren die Alanville Channel News. Der einzige lokale Sender, den es in dieser Großstadt gab. Aktuell gab es eine Meldung über einen Drogenboss. Man hatte ihn hochnehmen wollen, aber er war ihnen leider entkommen. Dafür hatte man sein Kokain im Wert von 24 Millionen Dollar beschlagnahmt und ein paar Dealer dingfest gemacht, dessen Aussagen noch aufgenommen werden mussten. William hoffte das Bryce nicht festgenommen worden war. Seit er abgehauen war hatte er sich einem sehr hinterlistigen Menschen angeschlossen. Doch daran trug sein Sohn keine Schuld. William hatte damals mit diesem Mann Geschäfte gemacht und sich dabei die Finger verbrannt. Zu spät hatte er erkannt, dass dieser schmierige Typ über Leichen ging. Seine Frau und seine Tochter liebten diesen Mann, weil er es immer wieder schaffte ihnen etwas vorzugaukeln. Doch wenn er ehrlich war, war es ihm anfangs ähnlich ergangen. Ein flott aussehender Mann, immer mit Anzug bekleidet und einem ständigem charmanten Lächeln im Gesicht. Er wusste mit Worten umzugehen und konnte die Menschen mit seiner Art wunderbar umgarnen. William hatte ihm damals sein Auto repariert und war danach fürstlich entlohnt worden. Die Rechnung für die Reparatur war eher klein gewesen, aber das Trinkgeld betrug fast das Vierfache des Betrages. Später stellte sich heraus, dass dieser Mann dafür auch eine Gegenleistung verlangte. William konnte ihm diese Bitte nicht abschlagen, da er das Geld bereits ausgegeben hatte und nicht zurückzahlen konnte. Damals waren seine Geschäfte eine Zeitlang nicht besonders gut gelaufen und deshalb ließ er sich darauf ein Nummernschilder zu fälschen. Ihm war klar, dass es sich dabei um eine illegale Sache handelte, aber er hatte es nicht geschafft nein zu sagen. So nahm das ganze Drama seinen Lauf. Ständig kam dieser Verbrecher zu ihm, flirtete mit seiner Frau und seiner minderjährigen Tochter. Anstand schien ihm ein Fremdwort zu sein. William bereute es zutiefst sich jemals auf diese verbrecherischen Geschäfte eingelassen zu haben. Dadurch hatte er erst seine Frau und dann seinen Sohn verloren. An dieser Werkstatt klebte viel Blut und das ließ sich nicht so einfach abwaschen. Aber wenn er sie an die Stadt verkaufte konnte er vielleicht einen Teil seiner Schuld wieder gut machen. Cynthia konnte das nicht verstehen, denn sie kannte die Hintergründe nicht und er würde den Teufel tun ihr davon erzählen. Sie sah ihrer Mutter so ähnlich und manchmal ertappte er sich dabei wie er sie heimlich beobachtete nur um einen Moment in der Vergangenheit zu schwelgen als sie noch eine glückliche Familie waren. William spürte Tränen über seine Wangen laufen. Er vermisste seine geliebte Laura und manchmal wünschte er sich einfach bei ihr zu sein. Er hob die Flasche wieder an den Mund und ließ sich eine Menge der braunen Flüssigkeit in den Rachen laufen. Er konnte diese Trauer und seine Schuldgefühle einfach nicht mehr aushalten und deshalb betäubte er sich regelmäßig mit Alkohol. Der einzige Ausweg, der ihm blieb. Plötzlich hörte er hinter sich ein Geräusch oder hatte er sich das nur eingebildet? Wie in Zeitlupe drehte er den Kopf, doch er war zu besoffen um zu erkennen ob da jemand war. Kurzerhand hob er die Flasche in die Höhe und grinste. „Nur hereinspaziert“, lallte er. „Es ist genug für alle da.“ Er kicherte über sich selbst und wollte die Flasche erneut ansetzen, als er das bersten von Glas hörte. Schockiert starrte er auf den Flaschenhals in seiner Hand. Sein guter Whisky tränkte nun den Boden. „Ey was soll das? Die war noch halbvoll.“ William versucht aufzustehen, doch eine behandschuhte Hand drückte ihn zurück in seinen Sessel. Die gleiche Hand entriss ihm den Flaschenhals, den er immer noch festhielt. William kniff die Augen zusammen um zu erkennen wer da vor ihm stand. „Ach du bist es“, grunzte er. „Komm sei nett und hol mir ne neue Flasche aus dem Schrank.“ Er zeigte mit seinem Arm in die entsprechende Richtung. Plötzlich spürte er eine warme Flüssigkeit über seinen Arm laufen und als er seinen Blick senkte erstarrte er förmlich. Entsetzt starrte er auf das Blut, das wie eine Minifontäne aus seiner Pulsader schoss und sowohl Teppich, wie auch den Fernseher mit kleinen Spritzern und Sprenkeln versah. Ungläubig starrte er nach oben und sah wie ein Messer auf ihn niedersauste. Sein Herzschlag setzte für einen Moment aus und er hob reflexartig seinen gesunden Arm. Mit einem fast präzisen Schnitt wurde ihm auch dort die Pulsader durchtrennt. „Wir können doch übel lalles reden“, keuchte er mit angstgeweiteten Augen und versuchte erneut aufzustehen. Als er sich mit der Hand an der Sessellehne abstützte um sich hochzudrücken, fühlte er den scharfen Schmerz nur allzu deutlich. Er spürte wie sein Lebenssaft aus ihm rauslief, wie Batteriesäure aus einer defekten Batterie. „Ich geb dir Geld und dann is die Sache vom Tisch.“ Er schnappte nach Luft, weil ihm schwindelig wurde. „Bitte ruff einn Arzt… ich verblute… sonst.“ William spürte bereits wie ihn seine Kräfte verließen, zu schnell floss das Blut aus ihm heraus und vermischte sich mit dem Whisky auf dem Boden und bildete dort eine kuriose Spirale. Eine Antwort auf seine Bitte erhielt er nicht. Sein Mörder stand regungslos vor ihm und gab ihm keine Möglichkeit zu entkommen. Er schien nur darauf zu warten, dass er endlich starb. William blickte in die kalten und unbarmherzigen Augen und versuchte erneut sich zu erheben, doch diese Kraft hatte er nicht mehr. „Warum“, hauchte er und seine braunen Augen verloren nach und nach ihren Glanz. William spürte wie die Kälte Besitz von seinem Körper ergriff und das Zimmer vor ihm zu einem Matsch aus Farben wurde. Sein Kopf fiel nach hinten und seine leeren Augen starrten leblos auf den Mörder auf dessen Gesicht ein zufriedenes Lächeln erschienen war. William spürte nicht mehr, dass ihm eine Hand seine Kette vom Hals riss. Der Mörder nahm die Fernbedienung und zappte ein wenig herum, bis er einen Musikkanal erwischt hatte. Sein Daumen rutschte automatisch auf die Taste für die Lautstärke. Kurze Zeit später dröhnte laute Musik aus dem Fernseher und tauchte dabei den Toten in ein bizarres buntes Licht.
Am späten Abend klingelte es an Cynthias Tür. Sie konnte sich beim besten Willen nicht erklären wer sie um diese Zeit noch besuchen wollte, aber vielleicht gab der Besucher ja auf, wenn sie ihn nur lange genug ignorierte. Krampfhaft starrte sie auf das Buch in dem sie gerade gelesen hatte, konnte sich aber nicht darauf konzentrieren, da das Klingeln immer lauter zu werden schien. Genervt warf sie ihr Buch auf den Tisch und stürmte zur Tür. „Wehe wenn das nicht wichtig ist!“, fauchte sie und riss mit einem Ruck die Tür auf. „Was ist?“, knurrte sie und funkelte den gutaussehenden Fremden dabei böse an. Muskulöse Figur und ein kantiges Gesicht, mit zwei türkisblauen Augen, die unergründlich zu sein schienen. „Spreche ich mit Cynthia Sinclair?“, fragte der Mann vor der Tür, der so rote Haare hatte, dass er einem Feuerlöscher Konkurrenz machen konnte. „Mit wem auch sonst, sie haben schließlich bei mir geklingelt“, fuhr sie ihn an. Für einen Moment herrschte Stille. Offensichtlich bemühte der Mann sich darum die Fassung zu bewahren, was sich an seinem zuckenden Wangenmuskel gut erkennen ließ. „Detective Grisswald Caine vom Polizeirevier Alanville.” Er hielt ihr seine Marke vor die Nase und wartete darauf, dass sie ihn endlich hereinließ. Doch die junge Frau hatte nicht vor ihn hereinzubitten. Es war schon spät und sie wollte einfach nur ihre Ruhe haben. „Was kann ich für sie tun?“, fragte sie immer noch sichtlich genervt. „Darf ich für einen Moment hereinkommen, ich möchte das nicht auf der Straße besprechen.“ Cynthia blickte stirnrunzelnd umher, denn mitten in der Nacht war in diesem Viertel niemand mehr unterwegs. Dennoch gab sie seufzend die Tür frei und führte den Detective ins Wohnzimmer. Grisswald bewunderte die moderne und geschmackvolle Einrichtung. In einem kunstvoll verzierten Regal aus Buchenholz standen gut sortiert eine Menge Bücher über Autos, Politik und Wissenschaft und der Teppich sah so flauschig und sauber aus, dass Grisswald sich kaum wagte draufzutreten. Die weiße Sofalandschaft in der Mitte des Raumes rundete das Gesamtbild fabelhaft ab. Ihm fiel auf, dass nicht ein einziges Bild an der Wand hing, dafür lag auf einem Sideboard ein Bilderrahmen mit dem Gesicht nach unten. Was wohl der Grund dafür war? Vielleicht hatte sie mit der Person Streit gehabt. Warum sonst würde man das tun? „Sagen sie mir jetzt endlich was sie wollen oder glotzen sie weiter meine Möbel an?“, unterbrach Cynthia grob seine Begutachtung. Genervt stemmte sie ihre Arme in die Hüften und spießte ihr Gegenüber mit Blicken auf, die hätten töten können. Grisswald bemühte sich um ein halbwegs freundliches Lächeln. „Ich muss ihnen leider eine schlechte Nachricht überbringen.“ Er behielt die junge Frau gut im Auge, immer darauf bedacht sie langsam an die Tatsache heranzuführen. Doch anscheinend konnte man die Dame überhaupt nicht aus der Ruhe bringen, also fuhr er fort. „Heute Nacht wurde ich aufgrund einer Ruhestörung zu der Werkstatt ihres Vaters gerufen.“ „Was hat dieser Säufer nun wieder angestellt?“, knurrte sie und verschränkte missmutig ihre Arme vor der Brust. Grisswald fragte sich inzwischen warum er sich so viel Mühe gab, wenn er doch ständig nur auf Ablehnung stieß. Er hatte sich seinen Abend auch anders vorgestellt, aber manche Dinge mussten eben getan werden. „Es tut mir leid ihnen mitteilen zu müssen, dass wir ihren Vater tot in seiner Wohnung aufgefunden haben.“ „Was?“ Sichtlich entsetzt ließ Cynthia ihre Arme wieder sinken. „Ich habe doch vorhin noch mit ihm gesprochen. Sie müssen sich irren.“ Tröstend strich Grisswald ihr über den Arm. Er konnte sich ungefähr denken was sie gerade fühlte. „Leider nicht. Mein herzliches Beileid.“ „Ich möchte ihn sehen, bitte bringen sie mich zu ihm.“ Grisswald schüttelte den Kopf und drückte die junge Frau auf das große Sofa. „Sie können ihn morgen identifizieren, heute geht das nicht mehr.“ Tränen kullerten über Cynthias Wangen und sie schlug sich schluchzend die Hände vors Gesicht. „Ich habe doch vorhin noch mit ihm geredet. Er kann einfach nicht tot sein.“ Grisswald machte ein bekümmertes Gesicht und nahm die junge Frau in den Arm um sie tröstend hin und her zu wiegen. Er konnte es einfach nicht mitansehen wie sie von ihrer Trauer übermannt wurde, egal wie zickig sie ihm auch begegnet war. Ihm fiel auf wie gut sie roch, ein Parfüm, das seine Sinne streichelte. Irgendwie passte dieser sanfte Geruch nicht zu dieser Wildkatze, die er im Arm hielt. Sanft strich er ihr über den Rücken und er spürte wie sie merklich ruhiger wurde. Als sie sich endlich wieder gefasst hatte rückte sie ein wenig von ihm ab und blickte ihm in die Augen. „Ich will ihn sehen.“ „Das geht nicht, er wird noch obduziert“, sagte Grisswald vorsichtig, da er wusste wie so eine Nachricht ankam. Niemand hörte es gerne, das ein Familienangehöriger aufgeschnitten wurde. „Wie bitte?“, schnaubte Cynthia. „Dazu haben sie kein Recht!“ „Doch das haben wir, denn ihr Vater ist ganz offensichtlich ermordet worden Miss Sinclair.“ „Nein, das ist völlig unmöglich!“ Sie sprang auf und tigerte nervös umher. „Mein Vater konnte keiner Fliege etwas zuleide tun. Er hat immer allen geholfen, die seine Hilfe benötigten. Es gab überhaupt keinen Grund ihn zu töten. Wie kommen sie nur darauf, dass es ein Mord war?“ Grisswald räusperte sich verlegen und fuhr sich mit einer Hand nervös durch die Haare. Trotz seiner langjährigen Berufserfahrung fiel es ihm immer noch schwer den Hinterbliebenen derartige Details mitzuteilen. Es würde ihnen ihr Leid nur unnötig erschweren. Doch verwehren konnte er ihnen die Wahrheit auch nicht. Jeder hatte schließlich ein Recht darauf zu erfahren was geschehen war. „Er hatte Schnittverletzungen an den Armen“, sagte Grisswald und hoffte, dass er nicht weiter ins Detail gehen musste. „Sie meinen er hat sich die Pulsadern aufgeschnitten?“, fragte sie überrascht. Ungläubig starrte sie den Detective an. Wollte er sie vielleicht verarschen? Er sprach von Mord obwohl das Offensichtliche gleich vor ihm lag. „Dann war es wohl eher Selbstmord“, erwiderte Cynthia aufgebracht und funkelte ihn böse an, als könnte sie dadurch erreichen, dass er ihr zustimmte. Stirnrunzelnd betrachtete Grisswald die junge Frau. Es kam ihm eigenartig vor wie gefasst sie war. Für jemanden der trauerte erschien sie ihm etwas zu scharfsinnig und berechnend zu sein. Außerdem hatte sie ihn nicht wirklich danach gefragt wie ihr Vater umgekommen war. Das hatte sich nur irgendwann aus dem Gespräch ergeben. Nur der Mörder konnte wissen wie der Mann getötet worden war und der würde diese Frage natürlich nicht stellen. Grisswalds Instinkt riet ihm der Dame mal auf den Zahn zu fühlen. Schließlich musste er alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. Oft genug hatte es aufgrund von Familienstreitigkeiten einen Mord gegeben. „Wo waren sie eigentlich heute Nacht gegen halb zwölf?“, fragte er geradeheraus und achtete akribisch auf jede kleinste Regung und Bewegung. Empört stemmte Cynthia erneut ihre Arme in die Hüfte. Langsam ging ihr dieser Bulle tierisch auf die Nerven. „Verdächtigen sie mich etwa?“, kreischte sie ungehalten. „Das ist ja wohl die Höhe! Verschwinden sie aus meinem Haus und lassen sie sich nie wieder hier blicken!“ Grisswald ignorierte den ausgestreckten Arm und fuhr unbeirrt fort. „Wenn sie mir nicht sagen können wo sie zur Tatzeit waren, muss ich sie leider vorläufig festnehmen. Drehen sie sich bitte um und legen sie die Hände auf den Rücken.“ Ehe er ihr auch noch ihre Rechte erklären konnte hatte sie wutentbrannt ausgeholt und ihm eine gescheuert. „Wie können sie es wagen!“, schrie sie zornig und hob erneut ihre Hand. Grisswald hatte nun langsam genug von diesen Spielchen. Kurzerhand packte er ihren Arm, drehte ihn ihr grob auf den Rücken und ließ die Handschellen erst über der einen und dann über der anderen Hand zuschnappen. „Tätlicher Angriff gegen einen Polizeibeamten bringt ihnen eine saftige Geldstrafe ein, wenn nicht sogar Gefängnis.“ „Leck mich!“, brüllte Cynthia und bemühte sich darum freizukommen, doch es brachte alles nichts. Die Handschellen saßen eng auf ihren Handgelenken und schnitten ihr unangenehm ins Fleisch je mehr sie versuchte sich zu befreien. Sie verfluchte diesen dreckigen Bullen und für diese grobe Behandlung würde sie sich garantiert revanchieren. Grisswald störte sich nicht weiter daran, sondern las ihr ihre Rechte vor und zerrte sie zu seinem Dienstwagen. Er war fest entschlossen zu beweisen, dass diese Frau ihren Vater ermordet hatte.
Grisswald brachte die junge Frau in den Verhörraum des Reviers. Ein paar Mal hatte sie versucht ihn zu treten und zu beißen. Sie war ihm während der Fahrt schon auf die Nerven gefallen, weil sie ohne Unterbrechung wie ein Rohrspatz geschimpft hatte. Langsam hatte er dieses Verhalten satt. „Es reicht!“ Grob zerrte er sie am Arm hinter sich her und drückte sie fast schon brutal auf einen der Stühle. „Mit ihrem Verhalten machen sie sich ziemlich verdächtig!“ Cynthia sprang wieder auf. „Verdammter Scheißbulle! Ich will sofort telefonieren!“ „Erst unterhalten wir uns!“, knurrte Griss und drückte sie zurück auf den Stuhl. „Wenn sie nochmal aufstehen, dann kette ich sie hier an! Haben sie mich verstanden?“ Mürrisch verzog sie ihren Mund. „Dämliches Arschloch!“ Trotzdem blieb sie sitzen. Solange sie die Hände auf dem Rücken gekettet hatte konnte sie sich sowieso nicht richtig wehren, also bemühte sie sich ein wenig ruhiger zu werden. Sie würde schon noch eine Gelegenheit bekommen sich für diese Polizeigewalt zu revanchieren. „Ich will telefonieren“, fauchte sie. „Vorher sage ich gar nichts.“ „Ganz wie sie wollen. Ich habe das recht sie eine Weile festzuhalten und sobald ich die Beweise gefunden habe, die ich brauche wandern sie von hier aus gleich in den Frauenknast. Kommen sie.“ Er packte ihren Arm und zog sie hinter sich her. Da Cynthia glaubte nun endlich telefonieren zu können, folgte sie dem Detective freiwillig. Doch da irrte sie sich. Grisswald schob sie in eine der Ausnüchterungszellen und schloss sie ein. „Hey, was soll das? So war das nicht abgemacht.“ „Wir haben überhaupt nichts abgemacht. Wenn sie bereit sind zu reden unterhalten wir uns weiter. Ich wünsche ihnen eine angenehme Nacht“, sagte Grisswald ironisch und ging pfeifend davon. Cynthia rief ihm noch eine Menge Schimpfwörter hinterher, doch als sie merkte wie sinnlos das war setzte sie sich auf die Pritsche. Dieser hinterhältige Idiot hatte ihr nicht mal die Handschellen abgenommen. Wie sollte sie denn so schlafen? Wenn sie hier rauskam würde sie ihm die Hölle heiß machen. Es war eine Unverschämtheit sie so zu behandeln. Cynthia setzte sich auf die Pritsche und zog und zerrte solange an ihren Armen, bis sie sie unter ihren Beinen hindurch nach vorne gezogen hatte. Völlig erschöpft legte sie sich hin und fiel in einen unruhigen Schlaf.
Knapp 24 Stunden hatte Cynthia in Untersuchungshaft gesessen, ehe dieser Bulle sie endlich telefonieren ließ. Wutentbrannt riss sie dem grinsenden Detective den Hörer aus der Hand und wählte die Nummer ihres Ex-Mannes Paul. In kurzen Sätzen erzählte sie ihm was geschehen war und bat ihn darum sie aus dem Knast zu holen. Grisswald lachte verächtlich, denn so einfach würde er sie nicht gehen lassen. Er war von ihrer Schuld überzeugt und mit dem entsprechenden Durchsuchungsbefehl würde er das auch beweisen können. Kein Anwalt der Welt würde daran etwas ändern. „Ab Marsch zurück in ihre Zelle.“ Forsch packte er ihren Arm und zog Cynthia hinter sich her um sie anschließend in ihre Zelle zu schieben. „Richten sie sich ruhig gemütlich ein, der Aufenthalt wird sicher länger dauern.“ Grisswald genoss seine Überlegenheit, vor allem, da dieses Weib sich ständig so arrogant verhielt, aber das würde er ihr schon austreiben.
Verächtlich zog Cynthia die Nase hoch, spuckte Grisswald ins Gesicht und blickte ihn hasserfüllt an. „Sie sind echt das Letzte! Ich kann es kaum erwarten ihre dumme Fresse nicht mehr sehen zu müssen!“
„Dieser Wunsch erfüllt sich sobald wir sie ins Staatsgefängnis überführt haben“, knurrte Griss und wischte sich mit einem Taschentuch den Rotz vom Gesicht. „Solche wie sie essen die dort zum Nachtisch.“
Wütend trat Cynthia vor die Zellentür und funkelte den Detective giftig an. „Ich werde der Presse davon berichten was hier abgeht und dann haben sie gar nichts mehr zu melden.“
Plötzlich meldete sich eine scharfe und dominante Stimme aus dem Hintergrund zu Wort. „Das lässt du schön bleiben Darling sonst erschwerst du mir nur meine Arbeit.“
Grisswald blickte sich nach dem Sprecher um und erkannte den Captain. „Captain Franklin was verschafft mir die Ehre ihres Besuches?“ Die Männer reichten sich die Hände und der Captain klopfte dem Detective freundschaftlich auf die Schulter. „Ich bin hier um Miss Sinclair auf freien Fuß zu setzen.“
Grisswald klappte der Mund auf und sämtliche Farbe wich aus seinem Gesicht. Sekundenlang starrte er den Captain völlig perplex an. Er konnte einfach nicht glauben, was er gerade gehört hatte. „Das können sie nicht machen. Ich habe in der Zwischenzeit eine Menge Anhaltspunkte gesammelt. Miss Sinclair hat für die Tatzeit nicht einmal ein Alibi und sie hatte kurz vor dem Mord einen heftigen Streit mit dem Opfer. Ihr Bruder wurde enterbt und sie ist Alleinerbin des Vermögens ihres Vaters. All das spricht gegen sie. Außerdem verweigert sie die Aussage und das ist mehr als verdächtig.“
„Da gebe ich ihnen zwar Recht, aber das macht niemanden zu einem Mörder. Haben sie an dem Opfer irgendwelche Spuren gefunden, die diese Festnahme rechtfertigt?“
Griss schüttelte entmutigt den Kopf. Er wünschte er hätte was gefunden, aber an der Leiche gab es weder Stofffasern noch DNS Spuren.
„Haben sie schon in der Nachbarschaft gefragt, ob jemand etwas gesehen hat?“
„Ja“, brummte Griss. „Aber angeblich hat niemand etwas gesehen.“
„Ehe die Beweislage nicht komplett abgeschlossen ist wird hier niemand festgehalten. Zunächst muss die Leiche obduziert werden, vielleicht handelt es sich ja doch um einen Selbstmord. Sie wollen doch nicht wegen eines Verfahrensfehlers einen Mörder frei herumlaufen lassen oder aufgrund falscher Anschuldigungen ihren Job verlieren?“
Grisswald antwortete nicht auf diese rhetorische Frage und starrte seinen Chef nur finster an. In seinen Augen hatten sie den Mörder längst gefasst und wenn er Miss Sinclair jetzt gehen ließ bestand die Möglichkeit einer Flucht. „Bitte Captain Franklin geben sie mir noch ein bisschen mehr Zeit, dann werde ich die entsprechenden belastenden Beweise vorlegen. Wenn sie sie jetzt rauslassen haut sie ab und kommt mit einem Mord davon.“
„Caine sie sind einer meiner besten Detectives und sie wissen aus Erfahrung, dass man nicht so vorschnell urteilen sollte. Die Dinge sind nicht immer wie sie scheinen. Sollte es sich tatsächlich um einen Mord handeln, dann wird Miss Sinclair ihre Aussage nachholen. Also walten sie ihres Amtes.“
„Was ist mit dem tätlichen Angriff den sie auf mich verübt hat?“, unternahm er einen letzten Versuch.
„Ich könnte mir vorstellen, dass Miss Sinclair sich ungerecht behandelt gefühlt hat und im Eifer des Gefechts sind ihr die Nerven durchgegangen. Sie wird sich bestimmt gerne bei ihnen entschuldigen.“
Cynthia kannte Paul gut genug und wusste, dass sie ihm in diesem Punkt entgegenkommen musste. Trotzdem hatte sie den Sieg davongetragen. Zähneknirschend schloss Grisswald die Zellentür wieder auf. Er konnte einfach nicht glauben, wie blind Liebe machte. Wahrscheinlich war diese Frau eine Kanone im Bett, doch diese Vermutung behielt er lieber für sich. Mit Captain Franklin war nicht zu spaßen. Aber eines war für Griss klar. Er würde dieser Frau den Mord nachweisen und dann konnte der Captain sich ebenfalls auf eine Anklage gefasst machen. Niemand sah es gerne wenn korrupte Polizisten mit Mördern gemeinsame Sache machten.
Cynthia schlenderte lässig aus der Zelle und entschuldigte sich mit einem zuckersüßen Lächeln auf den Lippen. Dann ging sie zu Paul, stellte sich auf die Zehen und gab ihm einen Kuss auf die Lippen. „Danke für deine schnelle Hilfe Liebling. Ich bin mir sicher ihr findet den Mörder meines Vaters noch, falls es überhaupt Mord war. Ich weiß überhaupt nicht wie der da überhaupt auf die absurde Idee gekommen ist, dass ich meinen geliebten Vater ermordet haben könnte.“ Sie zeigte mit ihrem Daumen hinter sich ohne Caine anzusehen, denn sie war immer noch hochgradig sauer auf ihn.
„Soll ich dich nach Hause fahren Darling?“ Pauls streng dreinblickenden, grünbraunen Augen bohrten sich tief in ihren Blick. Das war etwas was ihr an ihm besonders gefiel. Genauso unnachgiebig wie sein Blick war auch sein Charakter. Deswegen hatte er es auch nie geschafft irgendeinen Kompromiss in ihrer Beziehung einzugehen. Sein ganzes Leben war genauestens geplant und da war nun mal kein Platz für Abweichungen. Das war auch der Grund warum ihre Ehe gescheitert war.
Cynthia winkte ab. „Ich gehe zu Fuß, vielen Dank, mein Held.“ Viel zu lange war sie in dieser stickigen und engen Gefängniszelle eingesperrt gewesen. Sie brauchte jetzt dringend ein Gefühl von Freiheit. Grisswald öffnete ihr die Tür und blickte sie kalt an. „Da die Werkstatt ein Tatort ist, können sie da vorerst nicht hinein. Ich komme morgen mit meinem Team vorbei und dann nehmen wir die Bude komplett auseinander.“
Entrüstet stemmte Cynthia die Arme in die Hüften und wollte zu einer weiteren Beschwerde ansetzen, als der Detective ihr einfach die Tür vor der Nase zuknallte. Wütend ballte sie ihre Fäuste. Dieser Bulle war wirklich das Letzte! Mit schwelender Wut im Bauch stampfte Cynthia nach draußen und stolperte prompt in eine Horde von Reportern. Sofort wurden ihr Mikrofone unter die Nase gehalten und von allen Seiten sprach man auf sie ein. „Haben sie ihren Vater ermordet?“, fragte jemand und sie wollte gerade zu einer patzigen Antwort ansetzen, als ihr die nächsten Fragen zugeworfen wurden. „Wieso sind sie wieder auf freiem Fuß?“ Sie drehte sich zu dem Sprecher um, als jemand von hinten an ihrem Arm zog. „Geben sie mir ein Exklusiv-Interview?“
Zornig befreite sich Cynthia aus der Umklammerung und funkelte den Reporter böse an. „Hören sie auf mich zu belästigen!“, fauchte sie ungehalten und hob drohend ihre Faust. Sofort gab es ein Blitzlichtgewitter und ein besonders frecher Reporter schob ihr erneut ein Mikrofon vors Gesicht. „Was wollen sie dann tun? Bringen sie uns dann auch um?“
Grisswald Caine, ein gutaussehender, muskulöser Mann mit einem kantigen Gesicht, türkisblauen Augen und feuerroten Haaren. Er war in der Schule oft wegen seiner Haarfarbe und seiner dünnen, schlaksigen Figur gehänselt worden und hatte deshalb fast immer eine Prügelei angefangen, die er aber so gut wie nie gewann. Er konnte es schon damals nicht ausstehen, wenn man ihn von oben herab behandelte. Jeder Mensch war nun mal anders. Aber das war noch lange kein Grund um gleich gemein zu werden. Er war gut behütet in einem Vorort namens Renn aufgewachsen. Dort gab es knapp fünftausend Einwohner und schon als kleiner Junge hatte er gewusst, dass genau wie sein Vater später einmal Polizist werden wollte. Ab und zu hatte sein Dad ihn mit auf Streife genommen und ihm gezeigt was in seinem Beruf wichtig war. Irgendwann war sein Dad dann zum Detective befördert worden und das hatte den jungen Griss besonders stolz gemacht. Damit bewies es sich, dass es auch ein rothaariger Mensch zu etwas bringen konnte. Diesen Weg wollte er auch einschlagen. Seine Klassenkameraden würden es irgendwann bedauern, dass sie ihn nur wegen seines Aussehens gehänselt hatten. Vielleicht bekam er sogar die Genugtuung einen von ihnen festzunehmen, weil er etwas verbrochen hatte. Schlechte Charaktereigenschaften blieben oft penetrant an einem Menschen haften, wie das Harz von einem Baum. Eines Tages würden seine Schulkameraden erwachsen sein und Gut und Böse nicht mehr auseinanderhalten können und dann würde er zuschlagen. Er konnte jetzt schon spüren wie seine Handschellen förmlich danach lechzten so einen Menschen zu fesseln. Die Zeit lief zu seinen Gunsten, denn er war einer von den guten, der immer bemüht war anderen Menschen zu helfen. Deshalb hatte er es sich das Ziel gesetzt vom einfachen Polizisten zum Detective befördert zu werden. Später, nach genug Arbeitsjahren wollte er dann Captain werden. Dieses Ziel hielt er sich immer vor Augen. Er würde es allen zeigen und niemand würde sich jemals wieder über ihn lustig machen. Diese Wut kochte auch heute noch in ihm, denn die Schikanen von damals ließen sich nicht so einfach mit ein bisschen Wasser und Seife abwaschen. Zu tief saß dieser Schmerz. Wie besessen hatte er als Jugendlicher täglich seinen Körper trainiert, bis aus dem schmächtigen Jungen ein wahrer Athlet geworden war. Er erinnerte sich noch gut daran wie seine Mutter ihm liebevoll über den Kopf gestreichelt und ihm Mut gemacht hatte, den eingeschlagenen Weg beizubehalten. Sie hatte genau wie sein Vater immer hinter ihm gestanden, bei allem was er vorhatte. Er liebte seine Eltern und er musste bald mal wieder Zeit finden sie zu besuchen. Seine Mutter war eine wundervolle Frau, die nach ihrer Schwangerschaft nicht mehr arbeiten gegangen war, weil sie sich um ihre kleine Familie kümmern wollte. Sein Dad hatte sich im letzten Jahr, nach einem Bandscheibenvorfall in den Innendienst versetzen lassen, was ihm wirklich schwergefallen war. Sein Beruf war immer sein Leben gewesen. Er liebte es den Spuren zu folgen, sie auszuwerten und anschließend den Verbrecher zu überführen. Mit ein wenig Glück besserte sich sein Gesundheitszustand irgendwann und er konnte wieder in den Außendienst zurück. Grisswald glaubte nicht so recht daran. Realistisch gesehen war die Wahrscheinlichkeit gleich null. Doch das konnte er seinem Vater unmöglich sagen, das würde ihm höchstwahrscheinlich das Herz brechen. Oft hatte er sich selbst schon Gedanken darüber gemacht, ob er damit leben konnte, wenn ihm das passiert wäre. Mit der passenden Frau an seiner Seite wäre das durchaus möglich. Vielleicht würde er dann sogar freiwillig andere Arbeitszeiten anstreben. Er sehnte sich nach einer eigenen kleinen Familie, die ihn abends erwartete, wenn er nach Hause kam. Bisher hatte er jedoch nicht sehr viel Glück mit Frauen gehabt. Im College hatte er seine erste Freundin kennengelernt mit der er gerade Mal zwei Jahre zusammen war, als ihr plötzlich einfiel, dass er gar nicht ihr Typ war. Kurzerhand tauschte sie ihn gegen einen blonden Schönling aus reichem Hause ein. Diese Trennung war ihm schwergefallen und er hatte nächtelang um sie geweint. Tagsüber ließ er sich davon allerdings nichts anmerken, da er nicht als Mittelpunkt für Klatsch und Tratsch herhalten wollte, nur weil er auch eine weiche Seite hatte. Er zog sich innerlich mehr und mehr zurück und schaffte es schließlich gar nicht mehr eine feste Bindung einzugehen. Hier und da ging er mal mit einer Frau nach Hause, doch nach einer wilden Nacht voller Sex schlich er sich ohne eine Nachricht zu hinterlassen davon. Nie wieder wollte er sich von einer Frau so sehr verletzen lassen. Erst wenn er das Gefühl hatte einen außergewöhnlichen Menschen vor sich zu haben würde er einen zweiten Versuch starten. Seinen Familienwunsch hatte er inzwischen sogar auf Eis gelegt und deshalb kniete er sich regelrecht in seine Arbeit. Sie war das einzige was einer logischen Konstante folgte. Seine Arbeit war größtenteils berechenbar.
Als Cynthia am nächsten Morgen auf das Gelände der Werkstatt zufuhr, war die Polizei bereits vor Ort. Genau wie die lästige Presse. Allerdings hatte man das Gelände weiträumig abgesperrt, so dass sich niemand hineinschleichen und unerwünschte Fotos machen konnte. Ein Reporter klopfte an ihr Fenster und schoss auch gleich ein paar Fotos. „Was haben sie gefühlt, als sie auf ihren Vater eingestochen haben? Ging es um einen familiären Streit?“ Neugierig und fordernd sah er sie an, doch sie verzog nur angewidert ihre Mundwinkel. Sie konnte diese Parasiten auf den Tod nicht ausstehen. Pressefreiheit hin oder her, sie hatte schließlich auch Rechte. Was war mit ihrer Privatsphäre? Hatte sie nicht auch die Freiheit zu wählen wem sie was erzählte? Ihrer Meinung nach mussten diese Blutsauger nicht immer alles wissen. Wenn sie einfach unbefugt ein Privatgelände beträte, konnte ihr eine Geld- oder sogar Freiheitsstrafe drohen, aber ihre eigene Privatsphäre durfte man verletzen nur weil sie und ihre Werkstatt öffentliches Aufsehen erregt hatten. Cynthia war froh, dass es eine Absperrung um die Werkstatt gab, so konnte wenigstens kein Reporter etwas Verbotenes machen. Doch auch sie bekam die Auswirkungen der Absperrung deutlich zu spüren. Ein junger Deputy hielt sie an und wollte sie sofort an der Weiterfahrt hindern. „Entschuldigen sie Ma’am, aber diese Werkstatt bleibt vorerst geschlossen. Das hier ist ein Tatort.“ „Gehen sie mir aus dem Weg!“, fuhr sie ihn giftig an. „Das ist meine Werkstatt und ich bleibe solange ich will!“ Eingeschüchtert und hilflos blickte Daniel Farnsworth sich um. Er war noch nicht sehr lange im Dienst und wusste nicht wie er sich verhalten sollte. Zu seinem Glück kam Detective Caine bereits schnellen Schrittes auf sie zu. „Sie können gehen Farnsworth, ich regle das hier schon.“ Sichtlich erleichtert schlich der junge Deputy davon. Er war es nicht gewohnt von hübschen Frauen angeblafft zu werden. In der Schule hatten die Mädchen ihn einfach ignoriert ohne je ein Wort mit ihm zu wechseln. Und auch in seiner Ausbildung war es ihm nicht besser ergangen. Sie hielten ihn ganz einfach für einen Nerd. Begreifen konnte er das nicht. Er war nicht der schönste Mann, aber hässlich war er auch nicht, höchstens ein wenig zu dünn. Aber war das ein Grund gleich so grob zu werden? Beleidigt blickte er noch einmal zurück und sah mit Genugtuung wie Detective Caine die hübsche Lady zusammenstauchte. Cynthia stieg missmutig aus ihrem Wagen und baute sich demonstrativ vor Caine auf. Sie war fast einen Kopf kleiner als er, aber das störte sie überhaupt nicht. Sie war wie ein Pitbull, der wenn er die Fährte aufgenommen hatte nicht mehr locker ließ. Grisswald hielt ihrem Blick ohne weiteres stand. Er hatte öfters mit sturen Menschen zu tun und er wusste wie er sie zu nehmen hatte. „Sie haben kein Recht meinen Deputy so anzufahren, er macht hier nur seine Arbeit, schließlich ist hier ein Tatort.“ Grisswalds Stimme war scharf wie ein frisch geschliffenes Messer und Cynthia spürte jeden Schnitt davon als würde er über ihre Haut fahren. Das durfte sie ihm auf gar keinen Fall durchgehen lassen. Dieses Bullenschwein sollte nicht glauben, dass er sie einschüchtern konnte. „Ich will in meine Wohnung“, knurrte sie ungehalten und machte bereits Anstalten ins Haus zu gehen. Grob packte Grisswald ihren Arm und zog sie ein Stück beiseite um aus dem Blickfeld der Kameras zu kommen. Doch das gelang ihm nicht. Cynthia schnaubte entrüstet und zog ihren Arm heftig aus der Umklammerung. Plötzlich blitzen Kameras auf und Fragen wurden in ihre Richtung geschrien, doch darauf reagierte sie gar nicht erst. Sie hatte nicht vergessen was Paul ihr gesagt hatte. „Ich will in meine Wohnung!“, knurrte sie und funkelte den Detective giftig an. „Das ist immer noch die Wohnung ihres Vaters und ich lasse sie sicher keine Beweise vernichten.“ „Das ist wirklich der Gipfel der Unverschämtheit! Ich will nur…“ „Es reicht!“, donnerte Griss. „Wir sind hier bei der Arbeit und ihnen liegt doch angeblich so viel daran, dass wir ihre Unschuld beweisen! Und da sie hier nicht einmal Überwachungskameras haben müssen wir uns die Beweise auf andere Art und Weise beschaffen! Also stehen sie uns nicht weiter im Weg, sonst verhafte ich sie wegen Behinderung der Justiz!“ „Sie können mich mal!“, schrie Cynthia und stampfte wütend zu ihrem Auto. Wieder wurde sie vom Blitzlichtgewitter begleitet. Mit quietschenden Reifen brauste sie davon. Im Rückspiegel sah sie noch wie Caine triumphierend grinste. Wütend krallte sie sich an ihrem Lenkrad fest und presste ihre Lippen so fest zusammen, dass sie nur noch einen dünnen Strich bildeten. Sie hatte solche Lust diesem Idioten die Fresse zu polieren. Vielleicht sollte sie ein paar Schläger engagieren, damit die diese Aufgabe übernahmen. Schön wäre es auch noch, wenn sie das filmten und ihr eine Kopie davon gaben, damit sie sich immer und immer wieder daran sattsehen konnte. Ihr Hass auf den Mann floss wie glühende Lava durch ihren Körper und ließ ihren Zorn nicht eine Minute abkühlen. Dieses Gefühl brannte in ihr und leckte mit seinen gierigen Zungen jedwede Vernunft weg. Als sie schon fast zuhause war hatte ihre Wut die Oberhand gewonnen und mit einer gefährlichen hundertachtzig Grad Wendung bretterte sie plötzlich die ganze Strecke wieder zurück. Auf gar keinen Fall ließ sie sich von so einem Stiefellecker Vorschriften machen. Sie würde ihn vor all seinen Leuten runterputzen bis er vor Ärger aus der Haut fuhr. Ja, sie wollte sehen wie er sich ärgerte. Er sollte kleinlaut um Verzeihung bitten und ihr soweit in den Arsch kriechen bis er ihr aus dem Mund wieder raus kam. Sie würde ihn fertigmachen! Als sie erneut auf das Gelände zuraste, sprangen die Reporter, sowie der junge Deputy erschrocken beiseite. Doch dieses Mal machte Daniel Farnsworth nicht den Fehler sie aufhalten zu wollen. Mit großen Schritten rannte er los und rief seinen Vorgesetzten, damit der sich um dieses wiederkehrende Problem kümmern konnte. Cynthia ließ ihren Wagen an der Straße stehen und marschierte geradewegs auf das Gebäude zu. Ehe sie allerdings auch nur einen Fuß in die Wohnung setzen konnte, stand Grisswald wie ein Mahnmal vor ihr und blickte sie düster an. „Was ist eigentlich ihr Problem Lady? Habe ich mich vorhin nicht klar genug ausgedrückt? So lange wir noch Spuren sichern haben sie hier nichts zu suchen.“ „Von diesem Geschäft hängt meine Existenz ab, also sehen sie zu, dass sie mir einen Arbeitsbereich zur Verfügung stellen“, rief sie ungehalten. Wütend stemmte sie ihre Arme in die Hüften und funkelte Grisswald so böse an, dass er darauf reagierte. „Schalten sie mal einen Gang runter ehe ich ihnen eine Tracht Prügel verpasse!“ Für einen Moment blickte Cynthia ihn schockiert an, dann öffnete sie den Mund um ihn zurechtzuweisen, doch Caine fuhr ihr eiskalt über den Mund. „Es ist mir völlig egal ob sie jetzt gleich wieder ihren Ex-Mann anrufen, anscheinend hat er es versäumt sie richtig zu erziehen!“ Griss trat bedrohlich näher und Cynthia wich verwirrt zurück. Sie konnte nicht begreifen wie dieser Bulle sie so schnell mundtot gemacht hatte. Ein wenig Angst er könne seine Drohung wahr machen hatte sie allerdings auch. Nachdem wie sie sich hier aufgeführt hatte würde es sicher niemanden geben, der auf ihrer Seite war und als Zeuge aussagte, wenn er sie schlug. Selbst die Reporter waren zu weit weg, als dass sie davon etwas mitbekommen konnten. Also drängte sie ihre Wut zurück und versuchte es ein wenig freundlicher. Sie musste sich jedoch dreimal räuspern, ehe sie fähig war zu sprechen. „Es tut mir leid, wenn das falsch rüber kam“, sagte sie immer noch viel zu hochnäsig, doch für ihre Verhältnisse war das wohl mehr als er erwarten konnte. „Sie nennen mir einfach einen ungefähren Zeitraum, wann ich meine Werkstatt wieder benutzen kann und damit ist alles erledigt.“ Grisswald verengte ein wenig die Augen. Das hatte sich definitiv nicht nach einer Bitte angehört, eher nach einem Befehl und er ließ sich grundsätzlich nichts von zu Überheblichkeit neigenden Zivilisten sagen. „Nehmen sie sich doch ein paar Wochen Urlaub und entspannen ein wenig. Danach sehen wir wie weit wir gekommen sind“, erwiderte Grisswald mit zuckersüßer Stimme und genoss den Anblick ihres wütenden Gesichts. Normalerweise war er nicht besonders nachtragend, weil ihm die Menschen stets mit Respekt begegneten. Jedem konnte mal ein blöder Kommentar herausrutschen und jeder Mensch wurde auch mal sauer, weil er eine völlig andere Meinung hatte, aber diese Frau hatte die Bösartigkeit gepachtet und das trieb ihn zu radikalen Mitteln. Ungläubig starrte Cynthia ihn an. Man konnte förmlich sehen wie ihr Gesicht einen immer tieferen Rotton annahm. „Wollen sie mich verarschen!? Sie sind doch nicht mehr ganz dicht! Ich beschwere mich über sie und dieses Mal fliegen sie garantiert! Sie hören noch von mir!“ „Da bin ich mir sicher“, brummte Grisswald und machte sich wieder an seine Arbeit. Wütend stürmte sie davon. Sie würde Paul davon überzeugen, dass dieser Bulle seinen Job nicht beherrschte, genauso wenig wie den Umgang mit Menschen. Dann blieb ihm nichts anderes mehr übrig als ihn zu feuern.
Paul hatte sich Cynthias sehr umfangreiche und farbenfrohe Darstellung angehört und war zu dem Schluss gekommen die beiden Kampfhähne voneinander fernzuhalten. Er wusste wie aufbrausend seine Ex-Frau war und er nahm es Caine nicht übel, dass er sich dagegen gewehrt hatte. Dennoch hatte er ihm nahegelegt sich auf keine weiteren Wortgefechte mit ihr einzulassen, da er sonst wirklich noch eine Strafe verhängen musste. Grisswald sah ein, dass er seine Position zu sehr ausgereizt hatte und nahm sich vor ein wenig besonnener zu agieren. Vor allem nachdem die Spurensicherung keinen Hinweis auf den Täter gefunden hatte. Die einzige Bestätigung die er erhalten hatte war der Mord. William Sinclair war eindeutig ermordet worden. Die Schräglage der Schnitte zeugte davon, dass er mit seinen Armen versucht hatte sich vor dem Messer zu schützen. Außerdem waren kleine Glassplitter in den Schnittwunden. Gemäß Bericht hatte der Täter zuerst die Whiskyflasche mit dem Messer zerschlagen und kurz darauf dem Opfer die Pulsadern aufgeschnitten. Die Tatwaffe hatten sie jedoch nicht gefunden. Laut dem kriminaltechnischen Labor handelte es sich dabei um ein sehr teures, zweischneidiges Fleischermesser, das man nur in bestimmten Läden bekam. In der Küche der Werkstatt gab es leider nicht einmal einen Messerblock. So hätte man auf Anhieb sehen können welches die Tatwaffe gewesen sein könnte. Die Messer lagen bedauerlicherweise alle in einer Schublade und niemand konnte sagen ob eines fehlte. Deshalb hatte Grisswald einen seiner Deputys beauftragt ihm alle Läden in der Umgebung rauszusuchen, die solche Messer verkauften. Vielleicht hatte Miss Sinclair ja mit Karte bezahlt oder ein Verkäufer erinnerte sich noch an sie. Wenn sie bei jedem Menschen ein so aggressives Verhalten an den Tag legte würde es ein leichtes sein sie zu überführen. Er ließ sich auch nicht davon abhalten diese Frau weiterhin zu beschatten, denn er war von ihrer Schuld felsenfest überzeugt. Mit ein wenig Geduld würde er das auch beweisen. Cynthia merkte allerdings sofort, dass sie beobachtet wurde. Endlich hatte sie mal ein wenig Ruhe von den Reportern und dann meinte dieser dämliche Bulle sie nerven zu müssen, aber diese Freude würde sie ihm verderben. Sie würde ihn bis aufs Blut reizen, damit er merkte was geschah, wenn man sich mit ihr anlegte. An einem besonders heißen Tag nahm sie sich vor diesen blöden Bullen in den Wahnsinn zu treiben. Gemütlich schlenderte sie von einer Eisdiele zur nächsten und genoss stundenlang das schöne Wetter während sie ihre kalte Speise aß. Sie schäkerte hier und da mit einem Mann und warf immer wieder prüfende Blicke in Caines Richtung, um sich an dem Anblick seiner sauertöpfischen Miene zu ergötzen. Sie hatte gesehen, dass er keine Klimaanlage im Auto hatte und genoss es wie er sich in der Hitze quälte. Sie würde ein Brathähnchen aus ihm machen, wenn er es darauf anlegte. Grisswald saß währenddessen in seinem Auto und verfluchte dieses verdammte Weib, während er in seinen Sitz schwitzte. Er war sich hundertprozentig sicher, dass sie ihren Vater ermordet hatte und das wollte er mit allen Mitteln beweisen. Früher oder später würde sie sich verraten und dann war er am Zug. Mürrisch zog er sein Taschentuch aus der Hosentasche und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Wenn er noch länger in diesem verdammten Auto saß würde er noch einlaufen wie eine zu heiß gewaschene Socke. Wütend pfefferte er das feuchte Tuch auf den Beifahrersitz und stieg zornig aus seinem Auto. Er hatte die Schnauze endgültig voll. Wutentbrannt stürmte er zum Eiscafé und funkelte die junge Frau giftig an. „Sie halten sich wohl für besonders schlau!“, fauchte er ungehalten. „Ich weiß genau, dass sie ihren Vater ermordet haben und das werde ich auch beweisen, selbst wenn ich ihnen bis ans Ende ihrer Tage folgen muss!“ Wütend wedelte er mit seinem Zeigefinger vor ihrem Gesicht herum und versuchte sie mit seiner bloßen Anwesenheit einzuschüchtern. Allerdings war er da an der falschen Adresse. Cynthia ließ sich von niemandem so herablassend behandeln. Sie spürte wie die Wut langsam in ihr hochkochte. Es fühlte sich an als würde sich ein Lavastrom hungrig über einen Waldboden bewegen und die Äste und Zweige, die auf dem Boden lagen knisternd in Brand setzen. Diese gewaltige Kraft baute sich wie ein Vulkanausbruch in ihr auf und verstärkte sich zunehmend je länger sie Caine ansah. Cynthia spürte die Blicke aller Anwesenden wie Feuer auf ihrer Haut brennen, aber das konnte sich mit der Hitze, die in ihrem Inneren loderte nicht messen. Mit einer einzigen hitzigen Bewegung fegte sie seine Hand aus ihrem Blickfeld und funkelte ihn mit zornglühendem Blick an. „Nehmen sie ihren Scheißfinger aus meinem Gesicht und lassen sie mich endlich in Ruhe! Diese Verleumdung lasse ich mir nicht länger gefallen! Sie rennen mir schon seit Tagen wie ein läufiger Hund hinterher und das reicht mir jetzt endgültig! Es gibt hier ausreichend Zeugen, die bestätigen können, dass sie mich in aller Öffentlichkeit belästigen! Das kostet sie ihren Job, das verspreche ich ihnen!“ Cynthias Gesicht war von Wut verzerrt und leuchtete in einem unnatürlichen dunkelrot. Wie eine Furie rannte sie an ihm vorbei, um ihre Beschwerde sofort an die richtige Stelle zu leiten. Schließlich konnte dieser Idiot sie nicht wie ein Stalker verfolgen. Jeder Mensch hatte Rechte. Energisch stieg sie in ihren Wagen und brauste mit quietschenden Reifen davon. Paul würde das mit Sicherheit für sie regeln. Einen Nutzen musste es ja haben, wenn man mit dem Captain befreundet war. Ex-Mann hin oder her, hier war Vitamin B angesagt. Kaum war sie vor dem Polizeirevier angekommen, stürzte sie aus ihrem Wagen und lief mit wehenden Fahnen in Pauls Büro. Seine Sekretärin versuchte gar nicht erst sie aufzuhalten, da sie Cynthia gut genug kannte und wusste dass dies zwecklos war. Paul blickte von seinen Unterlagen auf und seufzte innerlich. Es konnte nichts Gutes bedeuten, wenn seine Ex-Frau so forsch in sein Büro stürmte. In den zwei Jahren die sie verheiratet gewesen waren, war das ziemlich oft vorgekommen. Mal war es der Postbote der sie lüstern angesehen hatte oder der Milchmann, der ihr nachspionierte, dann glaubte sie von einem Spanner verfolgt zu werden und so weiter. Irgendwann war es Paul zu viel geworden und er hatte sich scheiden lassen. Auf Dauer konnte das keiner aushalten. „Was hast du diesmal für ein Problem Cynthia? Sind dir die Cornflakes ausgegangen?“ Er verdrehte die Augen und seufzte genervt. „Spar dir deinen Zynismus. Dieser Detective Caine stalkt mich schon eine ganze Weile, doch jetzt ist das Maß voll. Er hat mich in der Öffentlichkeit des Mordes beschuldigt und mir gedroht mich solange zu verfolgen bis er mir etwas nachweisen kann. Ich will das du ihn rauswirfst!“ „Süße das kann ich nicht.“ „Du willst nicht, das ist alles“, keifte Cynthia. „Wirf ihn raus oder ich spreche mit der Presse!“ Zornig donnerte Paul seine flache Hand auf den Schreibtisch und sprang auf. Er konnte es partout nicht leiden, wenn man ihm drohte. „Jetzt reicht‘s! Ich lasse mich von dir nicht erpressen! Caine ist mein bester Mann und den setze ich nicht einfach auf die Straße! Ich sorge dafür, dass er dich nicht mehr belästigt, aber lass die Finger von der Presse sonst helfe ich dir nicht mehr!“ Diese Ansage wirkte. Cynthia genoss es nämlich Paul immer mal wieder bei der Arbeit zu stören und ihn ihre Probleme lösen zu lassen und sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er seine Drohung wahrmachte. „Also gut, dann sag deinem Detective er soll mich nie wieder aus einer Laune heraus verfolgen sonst vergesse ich mich.“ Sie drehte sich um und schwebte hoheitsvoll hinaus. Am liebsten hätte sie es natürlich gesehen, wenn Caine degradiert worden wäre, aber das war wohl nicht möglich. Schade eigentlich, aber die Hauptsache war, dass dieser Idiot sie endlich in Ruhe ließ. Paul ließ sich seufzend in seinen Stuhl sinken und wählte Caines Nummer. Gleich nach dem ersten Klingeln hob der Detective ab. „Ja Sir?“ „Kommen sie doch mal in mein Büro, sobald sie mit ihrer Observierung fertig sind.“ „Sie war schon bei ihnen, hab ich recht?“ Paul nickte am Telefon und fuhr sich mit einer Hand über die Augen. Er war es so satt für Cynthia immer wieder die Eisen aus dem Feuer zu holen. „Kommen sie einfach vorbei und wir finden gemeinsam eine Lösung für dieses Problem.“ Grisswald wollte diese Diskussion nicht am Telefon führen und versprach so schnell wie möglich vorbeizukommen. Captain Franklin war im Grunde ein guter Mann und trotzdem ließ er sich von so einer Mistfliege auf der Nase herumtanzen. Aber wenn er diese Mörderin erst mal überführt hatte, würde alles wieder seinen gewohnten Gang gehen und der Captain hatte ein Problem weniger um das er sich kümmern musste.
Bald schon vergaß Cynthia die Angelegenheit, da Paul es eindeutig geschafft hatte seinen besten Mann zurückzupfeifen. Selbst die Presse hatte er irgendwie unter Kontrolle bekommen. Endlich gaben die Reporter Ruhe und belästigte sie nicht mehr mit falschen Anschuldigungen. So konnte sie sich endlich auf ihre Arbeit in der Werkstatt konzentrieren. Sie liebte es mit ihren beiden Angestellten zu arbeiten. Charlie und Nils waren treu und zuverlässig und sie verstand sich ausgezeichnet mit ihnen. Manchmal kochte sie den beiden sogar etwas zum Mittagessen, weil es ihr einfach Spaß machte ihnen eine Freude zu bereiten. Sie taten immer alles was sie ihnen auftrug und murrten nie, deshalb hatten sie auch eine solche Behandlung verdient. Cynthia wusste, dass die meisten Menschen sie für eine Schreckschraube hielten, weil sie geradeheraus ihre Meinung sagte, aber das war ihr egal. Und Paul? Tja, der hatte sie in all den Jahren nicht wirklich ernst genommen. Ständig glaubte er sie litte an Verfolgungswahn und deshalb hatten sie auch häufig miteinander gestritten. Er hatte ihr vorgeworfen sie bringe seinen ganzen Lebensplan durcheinander. Nach dem Ehe Aus waren sie sich noch ein paar Mal über den Weg gelaufen und hatten festgestellt, dass eine Freundschaft eine annehmbare Sache war. Cynthia schüttelte die Gedanken der Vergangenheit ab und konzentrierte sich wieder auf ihre Buchführung. Die durfte sie auf keinen Fall vernachlässigen. Ihr Vater war viel zu schlampig mit diesen Dingen umgegangen. Wenn einer mal knapp bei Kasse war reparierte er ihm kostenlos seinen Wagen oder er vergaß ganz einfach eine Rechnung zu schreiben. Dass er ebenfalls Unkosten hatte zählte für ihn nicht. Cynthia klappte seufzend ihr Kassenbuch zu und drückte eine Hand auf ihren Magen, der gerade laut und vernehmlich geknurrt hatte. Ein Blick auf die Wanduhr verriet ihr, dass es bereits nach eins war. Nun wurde es aber höchste Zeit endlich etwas zu essen. Vielleicht hatten die Jungs auch Hunger, dann lohnte es sich wenigstens zu kochen. Als sie auf den Hof trat war es unnatürlich still. Nicht einmal das Klappern der Werkzeuge war zu hören und von Charlie und Nils war weit und breit nichts zu sehen. Nachdenklich runzelte Cynthia die Stirn. Irgendetwas stimmte hier nicht. Mit einem unguten Gefühl im Magen machte sie sich auf den Weg zum hinteren Teil des Werkstattgeländes. „Hey Jungs ist alles in Ordnung?“ Keine Reaktion. Entschlossen schritt die junge Frau um die Ecke um nach ihren Angestellten zu sehen. Vielleicht hatten sie gerade Kundschaft und konnten ihr nicht antworten. Deshalb wollte sie der Sache auf den Grund gehen. Als sie jedoch durch die Tür trat traf sie ein Schlag im Nacken und sie stürzte zu Boden. Benommen drehte sie sich um und erblickte zwei maskierte Muskelmänner, die jeweils einen Baseballschläger in der Hand hielten und sich damit angeberisch in die Hand klatschten. Ein Stück hinter den Typen lagen die Jungs geknebelt und gefesselt auf dem Boden. Jetzt dämmerte es ihr warum ihr niemand geantwortet hatte. Als sie Anstalten machte aufzustehen hielt ihr einer der Typen seinen Schläger vor die Nase. „Unten bleiben Süße, sonst bekommt dein Gesicht eine neue Form.“