Scheinverlobt mit dem Playboy - Karen Booth - E-Book

Scheinverlobt mit dem Playboy E-Book

Karen Booth

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Beschreibung

"Was machen Leute, nachdem sie sich Verlobungsringe gekauft haben?", fragte er. Sie haben Sex? Es klingt alles so harmlos: Nur eine Woche lang soll Lily die Verlobte ihres Playboy-Bosses spielen, damit er für einen wichtigen Deal seriös wirkt. Aber mit Noah Locke zum Schein verlobt zu sein, stellt sich als ganz und gar nicht harmlos heraus! Jede seiner Berührungen weckt in Lily eine heiße Sehnsucht nach mehr. Und als er sie - nur zur Probe - auf dem Rücksitz der Limousine sinnlich küsst, ist sie rettungslos verloren! Wird Lily diese Woche mit Noah überstehen, ohne danach zu verzweifeln?

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Seitenzahl: 210

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IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2018 by Karen Booth Originaltitel: „Between Marriage and Merger“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 2063 - 2019 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Roswitha Enright

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 01/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733724740

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Lily Foster liebte die abstrakte Idee einer Hochzeit. Zwei Menschen versprachen sich, ihr ganzes Leben zusammenzubleiben, weil sie ohne einander nicht sein wollten.

In der Praxis jedoch hasste sie Hochzeiten und hätte sich auch vor dieser am liebsten gedrückt. Doch das war unmöglich. Und so stand sie hier in einem New Yorker Standesamt neben der Braut. Obwohl Charlotte weder eine opulente bodenlange Robe trug noch der Hochzeitsmarsch gespielt wurde, musste Lily ihre ganze Kraft aufwenden, um nicht davonzulaufen, so schnell ihre High Heels es zuließen. Ihr brach der kalte Schweiß aus. Sie trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Ihr Chef Noah Locke hatte sie zu der Hochzeit seiner Schwester eingeladen. Und da Lily alles für ihn tun würde, ja, ihn geradezu anhimmelte, war ihr keine Wahl geblieben. Sie hatte kommen müssen.

Auch wenn ihr dabei elend zumute war, weil unweigerlich all die alten fürchterlichen Erinnerungen an ihren eigenen Traumtag wieder hochkamen, der alles andere als der schönste Tag ihres Lebens gewesen war. Denn was gab es für eine Frau Schlimmeres, als direkt am Altar sitzen gelassen zu werden? Egal, aus welchen Gründen es dazu kam, keine Frau würde es je vergessen.

„… erkläre ich Sie zu Mann und Frau. Sie können jetzt die Braut küssen.“

Lily presste die Lippen zusammen, als ein Gefühlsgemisch aus Eifersucht, Neid und Sentimentalität sie zu überwältigen drohte. Der unverschämt attraktive Bräutigam Michael nahm Noahs Schwester Charlotte in die Arme und küsste sie leidenschaftlich.

Und in diesem Augenblick spürte Lily, wie sehr die beiden sich liebten, und ihr kamen unwillkürlich die Tränen. Charlotte in einem kniekurzen weißen Kleid legte ihrem Michael einen Arm um den Nacken und ließ die andere Hand zärtlich auf ihrem fünf Monate alten Babybauch ruhen.

So sehr Lily ihr auch dieses Glück gönnte, sie musste den Blick abwenden. Kurz sah sie zu Noah hinüber, der neben Michael stand. Zu ihrer Überraschung beobachtete auch er nicht das Paar, sondern blickte gelangweilt auf seine Schuhe, Schuhe, die so schön und teuer und luxuriös waren wie alles in seinem Leben. Noah war Junggeselle – und ein notorischer Playboy, was ihn zum beliebten Thema einschlägiger Illustrierten machte. Mit Hochzeiten hatte er nichts am Hut, das war mehr als deutlich.

Seit zwei Jahren arbeitete sie nun für ihn und hatte ziemlich erfolgreich trainiert, sich ihre Leidenschaft für ihn nicht anmerken zu lassen. Er war der Mann ihrer Träume, da machte sie sich nichts vor: groß und schlank, das dunkelblonde Haar relativ kurz geschnitten und sorgfältig auf unordentlich gestylt. Und seine grünen Augen! Lily durchfuhr es jedes Mal wie ein Blitz, wenn er sie direkt ansah. Was er immer mal wieder tat …

Aber er war ihr Chef und deshalb tabu für sie. Denn sie liebte ihren Beruf, und sie machte ihre Sache gut. Noch besser war, dass Noah und sein Bruder Sawyer das ebenfalls wussten.

Charlotte sah Lily und Noah an. „Danke, dass ihr unsere Brautzeugen wart. Michael und ich haben uns sehr darüber gefreut. Vor allem, weil alles so plötzlich kam. Aber wir wollten nicht länger warten.“

Michael nickte und küsste Charlotte auf den Scheitel. Wieder konnte Lily nur mit Mühe die Tränen unterdrücken. Die beiden passten so wunderbar zusammen. Und sie musste daran denken, dass sie auch einmal geglaubt hatte, den Mann ihres Lebens gefunden zu haben. Ein großer Irrtum, wie sich dann herausstellte.

„Das war doch selbstverständlich.“ Noah trat vor, küsste Charlotte auf die Wange und reichte Michael die Hand. In diesem Augenblick klingelte Charlottes Telefon. Mit einem entschuldigenden Lächeln griff sie nach Michaels Arm, und beide gingen in den Flur. Wahrscheinlich irgendein berühmter Gratulant. Familie Locke war in der ganzen Stadt bekannt.

„Wollen wir noch was trinken gehen? Es schon fast fünf, da hat es keinen Sinn mehr, ins Büro zurück zu gehen.“

Er fragte das so, als sei es keine große Sache, einfach nur ein After-Work-Drink unter Kollegen, und etwas anderes würde er wohl auch nie in ihr sehen. Sie war schon ein paarmal mit ihm zu eher offiziellen gesellschaftlichen Ereignissen gegangen, und sie hatten sich bei diesen Gelegenheiten immer gut verstanden. Aber hinterher kam für sie regelmäßig der große Katzenjammer; Nächte, in denen sie sich nach ihm verzehrte, die wildesten Träume hatte und am Morgen schweißgebadet aufwachte. Das durfte sie sich nicht mehr antun.

„Danke, das ist nett von dir, aber ich fahre lieber nach Hause. Ich muss unbedingt diese Schuhe loswerden und setz mich lieber mit einem guten Buch auf die Couch.“

„Es ist doch Freitagabend. Aber wenn du nicht willst … Wie heißt noch die Buchhandlung, in die du so gern gehst?“

Lily wurde rot. Peinlich, ihm sagen zu müssen, dass sie am liebsten Liebesromane las. „Liebe und Leidenschaft“, murmelte sie. „Du kennst wohl all meine Schwächen?“

Er lachte. „Wieso Schwächen? Ja, ich versuche, meine Mitmenschen und ihre Vorlieben kennenzulernen, das stimmt.“

Dabei sah er sie bedeutungsvoll an, und Lilys Herz schlug wie verrückt. Sie konnte den Blick nicht von ihm lösen, war wie hypnotisiert von seinen grünen Augen. Wenn doch die Zeit stehen bliebe! Und sie sich stundenlang ansehen könnten, immer wieder unterbrochen von heißen Küssen … „Dann rede ich wohl zu viel über mich selbst“, sagte sie lächelnd.

„Aber nein!“ Noah senkte kurz den Blick und räusperte sich. „Vielen Dank, dass du gekommen bist. Du warst Charlotte eine große Hilfe, auch bei den Vorbereitungen. Jetzt mit dem Baby hat sie so viel andere Sachen im Kopf. So eine Hochzeit erfordert einen Riesenaufwand, und dann ist doch alles so schnell vorbei. Nichts für mich.“

„Für mich auch nicht.“ Noah hatte keine Ahnung, dass sie das alles schon mal durchgemacht hatte. Und das würde er auch nie erfahren.

„Gut. Dann sehen wir uns am Montag.“

„Ja, schönes Wochenende.“ Lily nickte ihm freundlich zu, drehte sich um und ging. Und das Herz wurde ihr schwer und schwerer, je weiter sie sich von ihm entfernte.

Was seine Zusammenarbeit mit Lily betraf, waren die Montage immer am schlimmsten. Zwei volle Tage war Noah dann von ihr getrennt gewesen, und es fiel ihm jedes Mal verdammt schwer, sich zusammenzunehmen. Heute war es irgendwie besonders schwierig. Er wagte kaum, sie anzusehen.

„Für einen Montag bist du ja erstaunlich früh dran“, sagte sie mit ihrer heiteren Montagsstimme. Sie stand in der Tür zu seinem Büro und sah wieder umwerfend aus.

„Ja, wir haben eine Eilsitzung anberaumt wegen des Deals mit den Hannafort Hotels. Auch Charlotte kommt. Ich weiß nicht, ob sie es dir erzählt hat, aber sie wird sich um die Vermietung und den Verkauf kümmern.“ Noah war sofort aufgefallen, dass Lily ihren blauen Pulli trug. Den blauen Pulli, der nicht nur ihre Kurven betonte, sondern auch ihre blauen Augen besonders leuchten ließ.

„Ach so. Kein Problem. Ich lege eben rasch meine Sachen ab, guck kurz in die E-Mails und komme dann rüber.“

„Gut.“ Als wäre der Pullover nicht schon schlimm genug, hatte sie auch noch dieses verführerische Parfum aufgelegt, das weiter im Raum schwebte, nachdem sie sich zum Gehen wandte. Hm, er musste heute wohl besonders auf der Hut sein, um seine Konzentration nicht zu verlieren.

„Es sei denn, ich kann vorher noch etwas für dich tun.“ In der Tür drehte sie sich um und sah ihn fragend an, während sie die zierliche Hand an den Türrahmen legte.

Unwillkürlich stellte er sich vor, wie sie mit ihren schlanken Fingern sein Hemd aufknöpfte und ihm über die heiße Haut strich … Himmel, das musste aufhören! „Danke, nein. Lass dir Zeit.“

„Okay.“ Lily zog die Tür hinter sich zu. Noah setzte sich in seinen Schreibtischsessel und atmete tief durch. Das Ganze war wirklich unmöglich. Die Situation wurde immer unerträglicher.

Selbst nach zwei Jahren der Zusammenarbeit wusste er noch nicht, wie er zu ihr stand. Jeden Morgen freute er sich, sie zu sehen. Sie strahlte eigentlich immer und hatte die seltene Gabe, auch in angespannten Situationen im ganzen Büro gute Laune und Gelassenheit zu verbreiten. Aber er hasste, dass allein ihre Gegenwart ausreichte, ihn in einen hilflosen Idioten zu verwandeln. Besonders schlimm war es in engen Räumen, etwa dem Aufzug, wo er seine ganze Kraft zusammennehmen musste, um ihr nicht zu sagen, wie gern er sie küssen würde. Denn das kam nicht infrage. Er musste diese Anwandlungen untedrücken, was normalerweise überhaupt nicht seine Art im Umgang mit Frauen war.

Doch wenn es eine Frau gab, die für ihn tabu war, dann Lily. Sie war der Traum eines jeden Arbeitgebers, intelligent und kompetent, hatte eine schnelle Auffassungsgabe und erledigte alle Aufgaben absolut perfekt. Für Locke and Locke war sie einfach zu wertvoll, als dass die Firma, die Noah und seinem Bruder Sawyer gehörte, auf sie verzichten könnte. Er versuchte immer wieder, sich mit anderen Frauen von dieser unerfüllbaren Leidenschaft abzulenken, aber es half nicht viel.

„Da bin ich schon wieder!“ Lily kam fröhlich durch die Tür und fing sofort an, die Papiere auf Noahs Schreibtisch nach Wichtigkeit zu ordnen. Das tat sie, ohne dass er etwas dazu sagen musste, einfach fantastisch.

„Schönes Wochenende gehabt?“, erkundigte er sich beiläufig, während er sie verstohlen beobachtete. Sie hatte ihr goldblondes Haar in einem sehr lockeren Knoten im Nacken zusammengefasst, was die zierliche Halslinie noch betonte. Er mochte es, wenn sie sich wie eine kesse Bibliothekarin zurechtmachte. Wenn sie ihn jetzt noch über eine Lesebrille streng mustern und den Kopf schütteln würde, wäre es sicher mit seiner Selbstbeherrschung vorbei.

„Das übliche.“

„Hast du den Freitagabend wieder in deiner Lieblingsbuchhandlung verbracht?“

„Ja. Ich kann da Stunden abhängen und mich in die Liebesgeschichten vertiefen.“

Dass Lily Bücher liebte, gefiel ihm sehr. Auch er las gern, allerdings eher Sach- und Fachbücher. Am liebsten geschichtliche Werke und Biographien. Er war kein unheilbarer Romantiker wie Lily, aber wahrscheinlich fand er gerade diese Eigenschaft an ihr so entzückend und anziehend. Denn er selbst war Pessimist, was die Liebe betraf. Es hatte ihn gerührt, dass Lily bei der eher nüchternen Trauung seiner Schwester die Tränen gekommen waren. Er selbst freute sich für Charlotte, aber die Zeremonie ließ ihn kalt. Hochzeiten gingen ihm auf die Nerven.

Vom Flur her hörte er Charlottes Stimme. „Da ist sie ja schon.“ Leise seufzend stand er auf und trat hinter dem Schreibtisch hervor. Im Vorbeigehen musterte er Lily in ihrem schmalen schwarzen Rock, obgleich er sich das verkneifen sollte …

Er begrüßte seine Schwester im Vorzimmer. Seit sie mit dem Deal der Hannafort Hotels zu tun hatte, kam sie hin und wieder mal ins Büro, aber selten so früh und meist zur Lunchzeit.

„Hat Sawyer mit dir über das Video gesprochen“, platzte sie heraus, während sie sich hektisch den Mantel aufknöpfte und das lange blonde Haar mit Schwung zurückwarf.

„Sawyer spricht gerade mit Mr. Hannafort“, warf Lily schnell ein. „Er hat mir einen Zettel auf den Schreibtisch gelegt. Möchte nicht gestört werden.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich weiß allerdings nicht, wie lange.“

In diesem Augenblick öffnete sich Sawyers Bürotür. Noahs Bruder hatte das Jackett bereits ausgezogen, seine Hemdsärmel waren aufgerollt, und er sah aus, als sei er schon stundenlang bei der Arbeit.

„Hast du Noah schon von den neuesten Entwicklungen erzählt, Charlotte?“

„Ich hatte noch keine Gelegenheit …“

Noah runzelte die Stirn. „Sie ist gerade erst gekommen. Kann mir mal jemand verraten, was los ist?“

„Hannafort hat das Video gesehen. Er ist darüber nicht besonders glücklich.“ Sawyer sprach immer noch in Rätseln.

„Oh, nein!“ Charlotte stürzte in Sawyers Büro.

„Möchtest du das mit anhören?“ Noah sah Lily fragend an. Er hatte immer noch keine Ahnung, worum es ging. Aber Sawyer und er schätzten es, wenn Lily bei wichtigen Besprechungen dabei war.

„Ja. Aber ich will erst noch die Hannafort-Unterlagen fertig machen. Die braucht ihr doch sicher für euer Treffen.“ Sie warf Noah ein strahlendes Lächeln zu. Diese weißen Zähne, die rosa Lippen … Ihn überlief es heiß. Wie sollte er nur diesen Tag überstehen … „Geh nur schon vor. Ich komme gleich nach.“

Noah betrat Sawyers Büro. „Was ist denn nun eigentlich los?“ Er setzte sich in einen der beiden Besucherstühle. Charlotte hatte bereits auf dem anderen Platz genommen. Die helle Frühlingssonne schien durch die Bleiglasfenster, ein schöner Tag, wenn auch für Noahs Geschmack noch etwas zu kühl.

Sawyer räusperte sich. „Charlotte hat mich heute Morgen angerufen.“

„Ich habe dann versucht, dich zu erreichen, Noah“, erklärte seine Schwester. „Warum nimmst du meine Gespräche nie an?“

Noah hasste sein Smartphone. Sehr oft stellte er es einfach aus oder ließ es absichtlich in einem anderen Zimmer. Er fand es schrecklich, ständig erreichbar zu sein, fühlte sich wie in einer Falle. „Entschuldige. Also, was gibt’s?“

Charlotte zog ihr Telefon aus der Tasche. „Ich habe den Link gespeichert.“

Doch Sawyer drehte seinen Laptop zu ihr und Noah um. „Ich habe es hier auf dem Computer. Lyle Hannafort hat es mir geschickt.“

Die Website sah aus wie die einer digitalen Klatschillustrierten. Das war nicht Noahs Ding. Wenn er ins Internet ging, war er nur an Sportnachrichten oder den aktuellen Börsenkursen interessiert. „Was soll das?“ Er war ratlos.

„Sekunde.“ Sawyer scrollte tiefer und drückte dann auf einen Pfeil in der Mitte des Bildschirms. Das Video begann.

Sowie Noah seinen eigenen Namen, von einer verführerischen Frauenstimme gehaucht, vernahm, hatte er das Gefühl, als ob ihm der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Der bekannte New Yorker Geschäftsmann Noah Locke von der Hotelholding Locke and Locke war in den letzten Monaten sehr unternehmungslustig, was die New Yorker Damenwelt betrifft. Man könnte sogar von einer extremen Aktivität sprechen.

Noah lief es eiskalt den Rücken hinunter. Er war an allerlei Geschichten in den Klatschblättern gewöhnt, aber dies hier war anders. Dies waren Videomitschnitte, die zeigten, wie er Bars, Restaurants und Apartmentgebäude betrat und wieder verließ, jedes Mal mit einer anderen Frau. Dabei wurde laut mitgezählt, eins, zwei, drei … bis fünfzehn! Noah wurde übel.

Während sein Bruder Sawyer und seine Schwester Charlotte schließlich ihr unstetes Leben aufgegeben haben, scheint Noah Locke den zweifelhaften Ruf der wilden Lockes aufrechterhalten zu wollen. Sein Vater James Locke ist nicht nur zum vierten Mal verheiratet, ihm werden auch allerlei Liebschaften mit Damen der New Yorker Society nachgesagt. Sieht so aus, als träte der mittlere Sohn genau in seine Fußstapfen.

Normalerweise war Noah nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen, aber das war zu viel. Er sprang auf und schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. „Eine Unverschämtheit! Ich rufe sofort unseren Anwalt an. Das ist Rufmord!“

„Tatsächlich? Ist das alles gelogen?“ Sawyer drehte den Laptop wieder zu sich um, zu Noahs Erleichterung. Sieht so aus, als träte der mittlere Sohn genau in seine Fußstapfen. Das war ja nun wirklich nicht der Fall.

„Und?“ Charlotte sah ihn fragend an. „Du hast Sawyers Frage noch nicht beantwortet.“

Noah ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen und stützte den Kopf in die Hände. Ja, was war falsch an den Behauptungen? War er wirklich so mies? Er sah Sawyer an. „Nein, nicht eigentlich. Ich meine, ich bin mit all diesen Frauen ausgegangen. Aber das ist doch ein freies Land. Seit wann darf ein unverheirateter Mann nicht mehr mit einer unverheirateten Frau ausgehen?“

„Oder mit fünfzehn Frauen“, warf Charlotte ein.

„Ich weiß wirklich nicht, was das Ganze soll“, versuchte Noah sich zu verteidigen. Oh, wie er diesen ganzen Klatsch hasste! „Es gibt doch wahrhaftig andere Themen, die wichtiger sind.“

„Allerdings. Aber die Leute lieben so etwas. Geschichten von reichen Männern mit hübschen Frauen“, bemerkte Charlotte. „Das solltest du mittlerweile wissen.“

Klar, das wusste er auch. Aber bisher war Sawyer immer das Ziel der Angriffe gewesen, oder die Klatschreporter hatten sich auf Charlotte, das Partygirl, fokussiert. Doch diese Zeiten waren vorbei. Seit die beiden in festen Händen waren und Nachwuchs erwarteten, richtete sich die Aufmerksamkeit der bunten Blätter auf Noah. „Und das Video hat Hannafort gesehen? Wie konnte das geschehen?“

Sawyer zuckte mit den Schultern. „So etwas verbreitet sich im Internet wie ein Lauffeuer. Hannafort ist darüber natürlich nicht sehr glücklich. Und du weißt, wie wichtig der Deal für uns ist. Der alte Hannafort fackelt nicht lange. Und er war von Anfang an misstrauisch gegen jeden, der den Namen Locke trägt. Du weißt selbst, wie schwer es war, ihn davon zu überzeugen, dass wir anders als Dad sind.“ Lyle Hannafort hasste den alten Locke, was auf Gegenseitigkeit beruhte. Die beiden waren erbitterte Rivalen. Zwar hatte Lyle sich schweren Herzens durchgerungen, mit den Locke-Söhnen zusammenzuarbeiten, aber es war durchaus möglich, dass er nun die ganze Sache abblies.

„Ja, ich weiß, es war sehr schwierig.“

„Eben.“ Sawyer sah seine Bruder durchdringend an. „Er hat gesagt, er will eigentlich nicht gern Geschäfte mit jemandem machen, der nicht weiß, wie man Frauen behandelt.“

Wieder sprang Noah auf. „Nun mal halblang. Wenn man mit einer Frau zum Essen geht, bedeutet das doch nicht, dass man sie schlecht behandelt. Ich bin immer ein Gentleman, das kannst du mir glauben.“

„Ja, aber vielleicht wechselst du ein bisschen zu oft.“ Charlotte lächelte leicht sarkastisch. Er hätte durchaus gegenhalten können, schließlich kannte Charlotte sich in der Männerwelt New Yorks bestens aus, er tat es aber nicht, weil er nicht hässlich zu ihr sein wollte.

„Ich weiß, dass du ein guter Kerl bist, Noah“, sagte Sawyer beschwichtigend. „Und Charlotte ist ganz sicher auch dieser Meinung. Aber Hannafort ist ein absoluter Familienmensch. Und da er fünf erwachsene Töchter hat, hat er sicher mit jungen Männern schon so einige schlechte Erfahrungen gemacht. In dem Punkt ist er absolut altmodisch. Er und seine Frau kennen sich schon aus der Schule.“

„Tatsächlich?“ Noah war verblüfft, dass es Paare gab, die es so lange miteinander aushielten. Wie schafften die das bloß? In seiner Familie gab es dafür kein Beispiel. Sein Vater war schon zum vierten Mal verheiratet und hatte außerdem viele feste Freundinnen gehabt. Zwischen Noah und seinem Vater gab es allerdings einen großen Unterschied. Noah hatte es nie zur Ehe kommen lassen und den Frauen in diesem Punkt auch nie etwas vorgemacht.

„Wie ist Hannafort denn nun verblieben?“

„Na ja, bisher waren beide Seiten von dem Deal absolut überzeugt. Während jetzt die eine Seite neu nachdenken will, wie man das wohl nennt.“

„Ernsthaft? So schlimm?“

Sawyer nickte. „Leider ja. Hannafort hasst negative Publicity, vor allem, wenn sie leicht hätte vermieden werden können.“

„Wie hätte ich sie denn vermeiden können?“ Noah sah seinen Bruder verblüfft an. „Auf einen solchen digitalen Großangriff war ja keiner vorbereitet.“ Er ließ sich wieder auf den Stuhl sinken. Und da hatte er heute mit einem ruhigen Arbeitstag gerechnet. Keine Sitzungen, keine Telefonkonferenzen. Nur ein paar Projektgespräche mit Lily. Darauf hatte er sich gefreut, auch wenn es ihm immer schwerfiel, in ihrer Gegenwart sachlich zu bleiben.

„Er ist wohl der Meinung, dass so etwas nie passiert wäre, wenn du nicht einen solchen Frauenverschleiß hättest.“

Noah lachte kurz auf. „Wenn ich nicht so wie Dad wäre, meint er in Wahrheit.“ Und das bin ich nicht. Noah war mehr als frustriert. Denn dass er mit so vielen Frauen ausging, hatte eher mit Lily zu tun, auch wenn er das nie zugeben würde. Die Abende allein zu Hause waren schwer zu ertragen. Er konnte sich weder aufs Fernsehen noch auf ein Buch konzentrieren. Ständig kreisten seine Gedanken um Lily. Was sie gesagt oder getan, wie sie gelächelt hatte … Aber Sawyer hatte in diesem Punkt unmissverständlich Stellung bezogen: Lily ist die beste Assistentin, die wir je hatten, einfach perfekt. Halte dich zurück. Wir brauchen sie dringend und können sie nicht an einen Herzensbrecher wie dich verlieren.

Kapiert. Lily war tabu.

„Aber wie können wir Mr. Hannafort davon überzeugen, dass Noah ganz anders als Dad ist?“ Charlotte hob ratlos die Schultern.

Sawyer grinste. „Noah muss heiraten oder sich wenigstens verloben.“

„Aber das müsste sofort geschehen. Am besten, bevor wir zu der Hochzeit von Hannaforts Tochter gehen.“

„Im Idealfall ja.“

Charlotte und Sawyer starrten grübelnd vor sich hin, während Noah sie empört anfunkelte. Wie kamen sie bloß auf die Idee? Von all den Frauen, mit denen er ausgegangen war, kam keine für eine Ehe infrage, keine Einzige!

Es klopfte. Lily trat ein, vier schwarze Mappen unter dem Arm. „Hier sind die Unterlagen über die Gewinnerwartungen von Hannaforts Team. Ich habe sie mit unseren eigenen verglichen.“

„Danke“, sagte Sawyer.

Lily verteilte die Ordner, und Noah stand auf. „Hier, Lily, setz dich.“

Sie setzte sich und sah lächelnd zu ihm hoch. „Danke, nett von dir.“

Noah musste schlucken, wandte sich schnell ab und öffnete seinen Ordner. Unmöglich, jetzt alles durchzulesen, aber aus der Zusammenfassung, die Lily obenauf gelegt hatte, ging hervor, dass Locke and Locke mit diesem Deal viel Geld verdienen würde. Und nur wegen seines Lebensstils sollte das alles verloren gehen? Das würden ihm Charlotte und Sawyer nie verzeihen oder erst nach langer Zeit.

„Donnerwetter“, meinte Sawyer, während er in dem Ordner herumblätterte, „die Zahlen sind wirklich eindrucksvoll.“

„Das kann man so sagen.“ Charlotte klappte ihren Ordner zu. „Das können wir uns nicht entgehen lassen.“

„Nein, auf keinen Fall.“ Noah sah hoch. Aber wie?

Charlotte musterte ihn kurz, dann wandte sie sich zu Lily um. „Kann ich Sie etwas fragen?“

„Ja, selbstverständlich.“

„Hätten Sie Lust, mit uns allen zu einer Hochzeit zu gehen? An diesem Wochenende? Ich weiß, das ist sehr kurzfristig, und vielleicht haben Sie schon etwas anderes vor.“

Noah verstand sofort, was dahintersteckte. Sie wollte ihn verkuppeln. Mit Lily. Mit der Frau, für die er eine derart überwältigende Leidenschaft empfand, dass er Mühe hatte, sich im Zaum zu halten. Er warf Charlotte einen wütenden Blick zu, aber seine Schwester lächelte nur sanft.

„Eine Hochzeit? Sie meinen die von Annie Hannafort?“

Charlotte nickte, als sei ihr Vorschlag die selbstverständlichste Sache der Welt. Noah fielen spontan tausend Gründe ein, die dagegen sprachen. Er wollte etwas sagen, aber sie ließ ihn nicht zu Wort kommen.

„Ja, genau. Wir würden uns freuen, wenn Sie als Noahs Date mitkämen.“ Sie lachte kurz. „Na ja, eigentich noch etwas mehr. Meinen Sie, Sie könnten so tun, als seien Sie mit ihm verlobt?“

2. KAPITEL

Lily gefror das Lächeln auf dem Gesicht. Sie blinzelte kurz. In ihrem Kopf wirbelte alles durcheinander. Was war das eben gewesen? Hatte Charlotte Locke sie wirklich dazu aufgefordert, so zu tun, als sei sie mit Noah verlobt? Und das auch noch auf einer Hochzeit? Das war Albtraum und süße Fantasie zugleich.

„Ist das Ihr Ernst?“ Kaum hatte sie das gesagt, wurde ihr klar, wie schrecklich ihre Frage auf Noah wirken musste. Andererseits brauchte sie Klarheit und konnte darauf keine Rücksicht nehmen.

„Ich weiß, das hört sich etwas seltsam an“, erwiderte Charlotte schnell. „Aber es gibt sehr wichtige Gründe dafür. Und Sie würden der Firma sehr helfen.“

Noah setzte sich auf eine Schreibtischecke und sah Lily verlegen an. Der Vorschlag war ihm offensichtlich sehr peinlich. „Kein Mensch kann dich zwingen, das für die Firma zu tun“, beschwor er sie leise. „Das gehört nicht zu deiner Arbeitsplatzbeschreibung.“

Lily zog die schmalen Brauen zusammen. Sie konnte beim besten Willen nicht sagen, ob er sich damit nur selbst einen Gefallen tun wollte oder ob er dabei an sie dachte und ihr einen Ausweg anbieten wollte.

„Wir würden dir die Extrazeit natürlich bezahlen“, meldete sich jetzt Sawyer zu Wort. „Über die Summe haben wir noch nicht gesprochen. Vielleicht kannst du uns sagen, was du für drei Tage erwartest.“

„Für drei Tage, in denen ich die Rolle von Noahs Verlobter spiele?“

„Ja. Es gibt ein unerfreuliches Video von Noah, das über die Website verbreitet wird. Und wir bemühen uns um Schadensbegrenzung. Mr. Hannafort befürchtet, dass die Lockes seinem Ruf in der Öffentlichkeit schaden könnten, wenn er sich mit uns einlässt.“

„Ein unerfreuliches Video?“ Lily brauchte nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, worauf Charlotte anspielte.

„Möchten Sie es sehen?“

Noah brummelte etwas Unverständliches und ließ die Schultern sinken. „Nein, zeig es ihr nicht. Es ist erniedrigend und könnte unser Arbeitsverhältnis stören. Ich möchte nicht, dass sie so von mir denkt.“

Charlotte lehnte sich zu Lily hinüber. „Es geht um die eindrucksvolle Zahl von Frauen, mit denen er in letzter Zeit zusammen war.“