Schöne Menschen haben mehr vom Leben - Frank Naumann - E-Book

Schöne Menschen haben mehr vom Leben E-Book

Frank Naumann

0,0
7,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wir bekennen uns zu edlen Werten: zu Aufrichtigkeit, Charakterstärke und Intelligenz. In Wahrheit faszinieren uns Schönheit, Stärke, Jugend, Charme und Statussymbole. Doch darüber redet keiner. Frank Naumann bricht dieses Tabu. Er offenbart, wie der schöne Schein uns blenden kann, aber auch, wie wir unser individuelles Schönheitspotenzial am besten zur Geltung bringen. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 274

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Frank Naumann

Schöne Menschen haben mehr vom Leben

Die geheime Macht der Attraktivität

FISCHER E-Books

Inhalt

EinleitungDie Macht des schönen ScheinsWas dieses Buch enthülltWarum eine hübsche Fassade schlaue Argumente ganz schön blass aussehen lässtZählt das Äußere nur am Anfang, später aber die inneren Werte?Schönheit oder Klugheit – was bietet mehr Lebenserfolg?Wie sich eine schöne Fassade bezahlt machtWas ist eigentlich körperliche Schönheit?Liefert der goldene Schnitt ein universelles Schönheitsideal?Die Maße des klassischen SchönheitsidealsWie erstrebenswert ist dieses Ideal?Vom Nutzen der SchönheitMacht Schönheit einsam?Wie Schönheit uns blendetSchöne sind netter – nur ein Vorurteil?Warum Jugend mehr Sehnsüchte weckt als Weisheit und ReifeWieso gibt es keinen Alterskult?Warum das Mittelmaß verjüngtIst das Kindchenschema sexy?Wie jung sind Frauen am schönsten?Macht jung sein glücklich?Leiden Männer unter einem Lolita-Komplex?Warum wollen wir unbedingt jünger wirken als wir sind?Lohnt es, sich künstlich zu verjüngen?Je dünner, desto jünger?Warum diese Gier nach jugendlichem Aussehen?Warum der Sexappeal immer noch die schärfste Waffe der Frauen istKarrieren durch körperliche Reize – früher und heuteWie entsteht die Liebe auf den ersten Blick?Schauen treue Männer weniger auf Äußerlichkeiten?Was geht in einem Mann vor, der eine sexy Frau erblickt?Was unterscheidet Schönheit von Sexappeal?Sexappeal beginnt im GesichtTypisch weiblich, typisch männlichErotische Ausstrahlung hat viele GesichterWas der Sexappeal über die Gesundheit verrätWarum Körperkraft uns stärker fasziniert als ein kluger KopfSport ist uns teurer als Kunst und KulturWarum ausgerechnet Fußball?Wie Fußballresultate die Arbeitsmotivation beeinflussenWas ist männlich?Echte Männer sind große MännerWarum Frauen lange Kerle bevorzugenWas Politiker groß machtSind große Männer tatsächlich stärker?Was Männer an Männern schön findenSteigern Testosteronspritzen die Männlichkeit?Wenn Sport Mord istWarum Kleider Leute machen und Frisuren über den ersten Eindruck entscheidenWarum tragen wir kein Fell?Wie nackte Haut als erotisches Signal wirktWas Kleidung leistetWarum Frauen trotz voller Schränke nichts anzuziehen habenDas Aschenputtel-SyndromWas ist Mode, was ist Stil?Wie Sie Ihren persönlichen Stil findenAls Friseure mehr verdienten als ein MinisterWas tote Haare über lebende Körper aussagenWarum Blondinenwitze so beliebt sindWie Frisuren Charakterurteile bestimmenWie die Haarfarbe den Charakter prägtZwischen Blond und Brünett liegen WeltenWarum Statussymbole mehr sind als bloße AngebereiWie erstrebenswert ist ein Leben in Luxus?Bringen Statussymbole irgendeinen Nutzen?Ist der Charakter wichtiger als die soziale Stellung?Was Frauen an Männern beeindrucktWarum Erfolg sexy machtDie Statussymbole der AnfängerDie Statussymbole der ArriviertenWarum Männer im mittleren Alter noch so verdammt attraktiv sindDas Dilemma: Erfolgreich – aber zu alt zum KinderzeugenStatussymbol ArbeitStatussymbol ZeitWarum ein tolles Image schneller zum Durchbruch verhilft als Fleiß und KonzentrationWenn das Image den Menschen ersetztDas Sein ist das DesignDas Prinzip der InformationsökonomieDer Nimbus-EffektDer Schritt aus der Anonymität ins RampenlichtGlaubhaft andersUnique Selling PropositionDie AIDA-FormelImagetransferSteter Tropfen höhlt nicht nur den SteinWie Netzwerke das Wiederholungsprinzip noch toppenWarum Charme uns bezaubert, Zuverlässigkeit nur langweiltAlle Blicke auf sich ziehen – nichts leichter als das!Warum ein Lächeln das Gesicht verzaubertDer Stoff, aus dem Charmeure sindWovon es abhängt, ob ein Glas halb leer oder halb voll aussiehtTaten entzünden das innere FeuerWarum Opfer ihre Ausstrahlung verlierenIst Charisma mit Wagemut gleichzusetzen?Die Leidenschaft des Hier und JetztWas ein Selbstsicherheitstraining bringtFünf Wege führen auf das SiegertreppchenWarum wir einem höflichen Betrüger eher vertrauen als einem ehrlichen FlegelHeiratsschwindler und HochstaplerDie Weltsprache der GefühleWie gut können wir Lügner durchschauen?Wie erlangt man einen unbestechlichen Blick?Was wir von Vögeln und Fliegen lernen könnenWarum ist es gut, belogen zu werden?Höflich oder lieber ehrlich?Weshalb 100 Prozent Ehrlichkeit nicht zu ertragen sindDas Schmieröl der AlltagsdiplomatieWarum Filmheldinnen so schön aussehen, wenn sie weinenWarum Schönheit mächtiger ist als IntelligenzDie Grenzen der IntelligenzWoran wir Menschen unsere Mitmenschen erkennenWie verlässlich ist die intuitive Menschenkenntnis?Wann Äußerlichkeiten Vertrauen erzeugenSchlussbemerkungLiteraturtipps

Einleitung

Nur Dumme urteilen nicht nach dem, was sie sehen. Das wahre Geheimnis der Welt ist das Sichtbare, nicht das Unsichtbare.

 

Oscar Wilde

Bis vor einigen Jahren lehrte ich an einer Universität praktische Kommunikation. Ich unterrichtete Studenten in Rhetorik, Körpersprache und sozialer Kompetenz. Eines Nachmittags – das Semester lief bereits vier Wochen – trat eine bildhübsche Studentin auf mich zu und fragte: »Ich habe leider jetzt erst von Ihrem Seminar erfahren. Kann ich bitte noch in Ihren Kurs einsteigen?«

Sie schien direkt aus einem Modemagazin in mein Seminar gesprungen zu sein. Lange, seidige, blonde Haare. Schlank und dennoch deutliche Kurven. Blaue Augen, Grübchen und ein verführerisches Lächeln … Reiß dich zusammen, befahl ich mir. Der Raum war bereits überfüllt. Ein Teil der Studenten saß auf Fensterbänken oder hockte zwischen den Tischen. Ich zeigte mit der Hand nach hinten: »Sie sehen ja, was hier los ist.«

»Oh, bitte. Es ist sehr wichtig für mich. Mir genügt ein Stehplatz da hinten an der Wand.«

Unter diesen Umständen nein zu sagen, ging über meine Kraft. Eine Frau zusätzlich wird meinem männerdominierten Seminar gut tun, beruhigte ich mich. Und was für eine! Sie stellte einen erfreulichen Farbtupfer dar zwischen all den Jeans- und T-Shirt-Typen. Durfte ich meinen Augen nicht mal etwas Angenehmes gönnen? Ich sollte meine Entscheidung nicht bereuen. Sie sah nicht nur gut aus. Sie arbeitete auch eifrig mit. Sie stellte clevere Fragen, mit denen sie Einfühlungsvermögen und Intelligenz bewies.

Am Ende des Seminars fragte ich sie nach den Gründen für ihr Interesse. Sie erzählte mir eine erstaunliche Geschichte. »Am Wochenende gehe ich manchmal in die Disco vom Hilton. Das Publikum dort ist sehr interessant. Junge Banker und Start-up-Unternehmer. Schon einige haben mich gefragt, ob ich ihnen nicht ein paar Privatstunden in Sprecherziehung und Rhetorik geben könnte. Nun, Sprecherziehung habe ich im Studium gehabt, aber Rhetorik … deswegen besuche ich Ihren Kurs.«

»Diese Männer wollen wirklich nur Stimmschulung und Aussprache bei Ihnen lernen?«

»Und Rhetorik.« Dann begriff sie, was ich meinte, und lachte auf. »Oh, was das betrifft … mit 16 habe ich Bademoden vorgeführt. Seitdem weiß ich, wie man mit so was umgeht. Ich verwarne jeden nur einmal. Wer dann immer noch nicht seine Hände bei sich behalten kann, muss sich eine andere Lehrerin suchen.«

Beneidenswert. Sie hatte es nicht nötig, Zeitungen auszutragen oder nachts Briefe zu sortieren, um ihr Studium zu finanzieren. Davon war ich restlos überzeugt, als wir einige Minuten später das Gebäude verließen. Sie schritt auf einen neuen Audi zu. Aus eigenen Ersparnissen finanziert, berichtete sie mir stolz.

»Dann steht Ihnen wohl eine Blitzkarriere als Kommunikationstrainerin bevor«, meinte ich.

»Mein ganzes Leben lang Karrieretypen ordentliches Sprechen beibringen?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich möchte lieber in die Forschung. Mal sehn, wie es klappt …«

Die Macht des schönen Scheins

Ich weiß nicht, ob sie ihr Ziel erreicht hat. Nach Ende des Semesters entschwand sie so plötzlich, wie sie gekommen war. Wenn sie ihre Professoren mit den gleiche Mitteln beeindruckte wie mich und ihre Jungunternehmer? Dann dürfte sie kaum auf Schwierigkeiten gestoßen sein. Ihre weniger attraktiven Kommilitonen wären froh gewesen, nach ihrem Studium so einen Traumjob als Trainer zu ergattern! Sie mühten sich jahrelang ab mit Praktika und erniedrigendem Klinkenputzen, um wenigstens einen halbwegs sicheren Job zu finden.

Der erste Eindruck hängt zu 55 Prozent von der äußeren Wirkung, zu 38 Prozent von der Stimme und nur zu sieben Prozent vom Inhalt des gesprochenen Wortes ab. Der Amerikaner Albert Mehrabian, Professor für Psychologie an der University of California in Los Angeles, hatte diese Zahlen schon Ende der sechziger Jahre in einer Studie ermittelt. Das Aussehen entscheidet zu mehr als der Hälfte, ob wir beim Kennenlernen sympathisch wirken oder nicht. Wir sind uns dieser Zusammenhänge auch bewusst. Jeder kennt Leute, die ihre Karriere eher ihrem Aussehen als ihren Fähigkeiten verdanken. In vielen Büros kursieren Geschichten von Mitarbeiterinnen, die ihren Chef becircen, um ihre Karriere zu beschleunigen. Von Männern, die mit dem Charme eines Casanova die Chefsekretärin auf ihre Seite ziehen, um über diesen Umweg das Ohr ihres Vorgesetzten zu gewinnen. Wir wissen, dass die Stasi »Romeos« einsetzte, um über das Herz der Vorzimmerdamen an brisante NATO-Dokumente zu gelangen. Und erst im Privatleben! Da ist die junge, hübsche Geliebte, die den Männern in der Midlife-Krise die Ehefrau und Mutter ihrer Kinder abspenstig macht. Der Charmeur, dem alle Frauenherzen zufliegen – trotz Schulden, Alkoholexzessen und notorischer Untreue –, während sein stiller, solider und fleißiger Kumpel seit Jahren solo leben muss. Ja, sogar als ich für dieses Buch einen Verlag suchte, gestand mir ein (männlicher!) Lektor, dass ihm seine Ausstrahlung in seiner Laufbahn zumindest nicht geschadet habe.

Das Grundproblem ist schnell skizziert. In allen Umfragen rangieren Freundschaft und Selbstverwirklichung vor Äußerlichkeiten wie Haus, Auto und hohem Einkommen. Trotzdem dreht sich das Alltagsleben der Befragten hauptsächlich um diese materiellen Dinge. Die meisten von uns hoffen trotzdem, dass sich langfristig die edlen Werte durchsetzen. Also Treue, Freundschaft, solide Bildung, Ehrlichkeit und Tugend. Schwindeleien und schöner Schein mögen zwar eine Zeit lang die kritische Vernunft übertölpeln, aber am Ende sollten Wahrheit und Anstand den Sieg davontragen. Diesen Glauben haben wir quasi mit der Muttermilch eingesogen. Hörten wir nicht schon als Kind Sprichwörter wie »Wer schön sein will, muss leiden« oder »Lügen haben kurze Beine«? Wer dann in den Nachrichten hört, dass wieder einmal ein Anlagebetrüger im Gefängnis oder ein Supermodel in einer Entzugsklinik gelandet ist, kann sich beruhigt zurücklehnen: Bei den Blendern und Schönen dieser Welt steht auch nicht alles zum Besten.

Nun wird nicht jeder unglücklich, der seinen Erfolg hauptsächlich seiner Schönheit verdankt. Nur über die Gegenbeispiele spricht kaum jemand. Wie viele Frauen und Männer, die ihre Karriere ihrem Aussehen, ihrer Jugend und anderen äußerlichen Attributen verdankten, lebten glücklich und in Wohlstand bis ins hohe Alter! So wie die vielen Schauspieler und Schauspielerinnen, die Jahr für Jahr einen Oscar für ihr Lebenswerk erhalten. Dass Fleiß und Intelligenz uns weiterbringen als Schönheit und Charme, ist bis heute eine unbewiesene Annahme. Sie hat aber gravierende Auswirkungen auf unsere Lebensplanung. Denn von ihr hängt ab, mit welchen Mitteln wir unsere Ziele zu erreichen versuchen. So manches fleißige Bienchen strampelt sich ab, um seine Tüchtigkeit unter Beweis zu stellen. Doch niemand nimmt seine Leistungen wahr, solange es im Stillen vor sich hin ackert. Sein Mitstreiter, der nur über mittelmäßige Talente verfügt, setzt dagegen seine beschränkten Fähigkeiten geschickt in Szene und schmeichelt sich nach oben. Wer von beiden handelt klüger?

Ich habe versucht, bei Personalchefs, Partnervermittlern, Casting-Agenturen und Headhuntern einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Nach welchen Kriterien wählen sie aus, wer wofür geeignet ist? Einige weigerten sich grundsätzlich, Auskunft zu erteilen, und beriefen sich auf ihr Firmengeheimnis. Andere gaben durchaus zu, neben der fachlichen Qualifikation auch auf persönliche Eigenschaften zu schauen. Einige legten Wert auf Kreativität, andere auf gute Umgangsformen und flüssiges Sprechen. Sobald ich aber nach dem Aussehen fragte, ging der Vorhang herunter. Später, beim Kaffee unter vier Augen, gestand der eine oder andere ein, dass er unansehnliche Kandidat(inn)en mit der Begründung ausmusterte: »Passt nicht in unser Team«. Oder eine junge hübsche Anfängerin mit sanften Augen lieber engagierte als eine resolute Dame im fortgeschrittenen Alter. Aber wehe, ich würde ihn zitieren!

Diese Geheimnistuerei ist nicht verwunderlich. Ein Bewerber, der wegen seines Aussehens gescheitert ist, kann den unwilligen Personalchef vor Gericht verklagen. Freilich ist solch ein Verdacht so gut wie nie zu beweisen. Für manche Benachteiligte (Behinderte, Ausländer, allein erziehende Mütter) hat der Gesetzgeber Sonderregelungen geschaffen, um Diskriminierungen auszuschließen. Wer aber dick oder hässlich ist, muss außer dem Schaden oft noch den Spott mit in Kauf nehmen.

Was dieses Buch enthüllt

»Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!« Mit diesem Goethevers ermahnten uns die Lehrer, auf die inneren Werte zu schauen. Der Schulhofalltag rückte die Dinge wieder zurecht. Vier Wochen lang Hausaufgaben abschreiben lassen brachte nicht halb so viel Aufmerksamkeit ein wie das neueste Paar Nikes an den Füßen innerhalb eines Augenblicks.

Appelle gegen die Oberflächlichkeit verlocken uns nur, mit gespaltener Zunge zu reden. Wir loben Familie, Liebe, Intelligenz, Reife, Fleiß und selbstloses Handeln. In Wahrheit faszinieren uns aber Anmut, Stärke, Jugend, Statussymbole, lange blonde Haare, elegante Schuhe und ein bezauberndes Lächeln – kurz, der schöne Schein. Wir loben edle Charaktere, lassen uns aber nur allzu gern von einem angenehmen Äußeren blenden.

Eine schöne Fassade wirkt genauso unwiderstehlich wie ein schönes Essen. Mehr noch: Wer ebenmäßigen Gesichtszügen, Schlankheit und Jugend vertraut, beweist praktisches Urteilsvermögen. So wie Millionen von Frauen, die viele Euros in Kosmetik, Kleidung und Anti-Aging investieren. Wie die Männer, die auf Kraftmaschinen und an Gewichten schwitzen, um ihre Muskeln aufzublähen. Warum lernen sie nicht lieber eine Fremdsprache oder lösen mathematische Rätsel? Die Antwort ist simpel. Weil man im Leben mit einem knackigen Body oft schneller und sicherer vorwärts kommt als mit langwierigem Streben nach Wissen und logischem Denkvermögen.

Wenn Sie zu den Menschen gehören, die sich schon einmal

vor dem Spiegel die Haare rauften, weil sie einfach nicht so schlank und gefällig aussehen wie die Kollegin aus der Nachbarabteilung,

geärgert haben, weil die neue Sachbearbeiterin beim Chef mit einem Augenaufschlag erreicht, was er Ihnen selbst nach vier Wochen Tag-und-Nacht-Schufterei nicht gewähren will,

gefragt haben, wieso sich nur deswegen keiner nach Ihnen umdreht, weil Ihnen an der entscheidenden Stelle ein paar Zentimeter fehlen,

wünschten, unter lauter Blinden zu leben, damit sich endlich mal jemand für Ihre Worte statt für Ihre Kurven interessiert,

dann werden Sie in diesem Buch nicht nur eine Reihe von Antworten lesen. Sie erfahren außerdem, wie Sie in Zukunft unbefangener und gezielt Ihre äußeren Vorzüge zum Einsatz bringen, wenn Sie Freunde, Kollegen, Vorgesetzte oder Ihre große Liebe von sich überzeugen wollen. In den letzten Jahren haben Forscher den Schleier über dem Geheimnis von Schönheit und äußerer Wirkung gelüftet. Allerdings ist dieses Wissen nicht ohne weiteres zugänglich. Das meiste liegt in verstreuten Fachartikeln vor, viele davon nur in Englisch und Französisch. In diesem Buch habe ich die Einzelheiten zu einem Gesamtbild zusammengefügt, damit Sie die neuen Erkenntnisse leicht verstehen und für sich nutzen können.

Schönheit und Charakter haben mehr gemeinsam, als es auf den ersten Blick scheint. Für beide »Talente« hat uns die Natur mit genetischen Voraussetzungen beschenkt – die einen mehr, die anderen weniger. Und in beiden Fällen hängt es von Ihrem Geschick und Ihrem Fleiß ab, ob Sie etwas daraus machen oder Ihre Stärken ungenützt verkümmern lassen. Der wichtigste Unterschied: Schönheit fällt sofort auf, ein guter Charakter erst nach längerem Kontakt. Was von beiden setzt sich wohl schneller durch?

Warum eine hübsche Fassade schlaue Argumente ganz schön blass aussehen lässt

»… haben wir nicht schon oft erfahren, dass uns Bekenntnisse einer schönen Seele nicht interessieren, wenn sie aus einem hässlichen Körper kommen?«

 

Harald Schmidt

Eine Journalistin fragte die TV-Moderatorin und ehemalige Chefin des Musikkanals MTV Christiane zu Salm in einem Interview: »Sie sind weiblich, blond, langbeinig – eröffnen sich Ihnen dadurch mehr Chancen?«

Sie antwortete: »Sicher. Aber mit dem Bonus des guten Aussehens ist es schnell wieder vorbei, wenn hinter der Fassade nichts steckt. Ich war nie der Typ, dem alles zuflog, habe immer hart gearbeitet.«

Für die große Mehrheit der Models und Schauspielschüler dürfte sich das wie blanker Hohn anhören. Sie arbeiten genauso hart und bekommen nie eine erste Chance.

Zählt das Äußere nur am Anfang, später aber die inneren Werte?

Wer Erfolg hat, möchte nicht gern daran erinnert werden, dass in seinem Schatten viele Talente verkümmern, die ebenso fleißig und begabt sind wie er selbst. Doch auch wir Normalsterblichen glauben gern, Äußeres und innere Werte seien zwei grundverschiedene Dinge, zwischen denen keinerlei Verbindung besteht.

Sie können nicht die Gedanken Ihrer nächsten Bekannten lesen. Woher kennen Sie ihre inneren Werte? Sie achten auf das äußerlich wahrnehmbare Verhalten. Wer bei keiner Ihrer Verabredungen mehr als fünf Minuten zu spät kommt, den halten Sie für »pünktlich«. Hält er jeden Termin ein, gilt er Ihnen als »zuverlässig«. Haben Sie bei ihm bisher keinen unkontrollierten Zornesausbruch erlebt, nennen Sie ihn »freundlich« und »ausgeglichen«.

Kurz, Sie schließen von wiederholten Beobachtungen ähnlichen Verhaltens auf innere Werte. Meistens zu Recht. Wir alle neigen zu Verhaltensweisen, die für uns typisch sind. Ihre Gesamtheit nennen wir »Charakter«. Umso größer die Überraschung, wenn jemand sich plötzlich anders als gewohnt verhält. Wenn etwa einer, der bislang seine Rechnungen eher zu früh als zu spät bezahlte, sich mit einer größeren Summe aus dem Staub macht. Wenn ein bislang stiller Kollege auf einmal mit der Faust auf den Tisch haut.

Äußeres und innere Werte – das ist keine Frage der Reihenfolge. Sie laufen parallel. Wir hören nicht auf, Aussehen und Verhalten zu beurteilen, nur weil wir jemanden seit längerem gut kennen. Und umgekehrt: Wir versuchen vom ersten Moment einer Begegnung an, die Persönlichkeit der neuen Bekanntschaft einzuschätzen. Und zwar aufgrund der wahrnehmbaren Äußerlichkeiten. Denn andere Informationen stehen uns in den ersten Sekunden noch nicht zur Verfügung. Sogar Männer, die einer Frau in den Ausschnitt starren, erfreuen sich nicht bloß an ihrem schönen Dekolleté. Sie stellen sofort Überlegungen an – wenn auch zum Teil unbewusst –, wie selbstbewusst, kommunikativ, gesund und vital die Dame ist. Das Erstaunliche ist: Dieser erste Eindruck ist weitaus zuverlässiger, als wir üblicherweise annehmen. Das konnten wissenschaftliche Studien zeigen, die ich Ihnen in diesem Buch noch vorstellen werde.

Wir sind also auf die Wirkung des Äußeren angewiesen, um unsere Mitmenschen einzuschätzen. Jede Frau, die vor dem Ausgehen eine Stunde vor dem Spiegel verbringt, ist sich dessen bewusst. Sonst würde sie die Zeit nutzen, um an ihrer Charakterbildung zu arbeiten. Aber vielleicht gilt das nur für den ersten Eindruck? Erweisen sich die inneren Werte wenigstens als überlegen, wenn es um den langfristigen Lebenserfolg geht?

Schönheit oder Klugheit – was bietet mehr Lebenserfolg?

Alle Jahre wieder wenden im Herbst die Forscher und Schriftsteller der Welt ihre Blicke nach Schweden. Die Königliche Akademie verkündet die Gewinner der von Dynamiterfinder Alfred Nobel gestifteten Preise. Geehrt werden bis zu drei Personen, die im abgelaufenen Jahr auf den Gebieten Physik, Chemie, Medizin, Literatur und Frieden das meiste für die Menschheit geleistet haben. So hat es Nobel in seinem Testament verfügt. Seit 1969 gibt es zusätzlich Nobelpreise für Wirtschaftswissenschaftler. Den Ausgezeichneten winkt nicht nur Ehre, sondern auch ein siebenstelliger Scheck. Jeder der fünf Nobelpreise war zuletzt mit 1,1 Millionen Euro dotiert.

Eine schöne Stange Geld? Als zur Zeit der Verleihung der Nobelpreise von 2003 die Action-Komödie »Mexican« in der ARD ihre deutsche Free-TV-Premiere hatte, verrieten die Fernsehzeitungen, dass Julia Roberts als Gage 20 Millionen Dollar kassiert hatte, Brad Pitt »nur« die Hälfte, also zehn Millionen. Einer der seltenen Fälle, in denen die Frau mehr Geld verdiente als der Mann. Doch selbst seine Gage betrug noch fast das Zehnfache des Nobelpreises! Aber es geht noch teurer. Für die Rolle der Kunstgeschichtslehrerin Katherine Watson in »Mona Lisas Lächeln«, der im Januar 2004 in die deutschen Kinos kam, erhielt Julia Roberts 25 Millionen. Das war die höchste Gage, die eine Schauspielerin bis dahin jemals bekommen hatte. Mit gutem Grund: Ihre erfolgreichsten Filme schwemmten allein in den USA weit mehr als eine Milliarde in die Kassen. Auch der neue Film sprang wieder an die Spitze der Kinocharts.

Grandiose, von keiner anderen erreichte Schauspielkunst? Ihre Begabung allein genügt nicht, um ihren Vorsprung vor allen anderen Talenten zu erklären. Sie führte außerdem ein verrücktes, chaotisches Privatleben, das sie immer wieder in die Klatschspalten brachte und so für ihre Filme warb. Ihr entscheidendes Plus liefert jedoch ihre äußere Erscheinung. Es ist vor allem das breite Lächeln von Julia Roberts’ großem Mund, das die Zuschauer in Scharen vor die Leinwand lockt. Im Film »Mary Reilly« – einer Neuauflage der Story von Doktor Jekyll und Mister Hyde – hatte sie als unscheinbare Haushälterin in keiner Szene was zu lachen. Es wurde ihr größter Flop.

Diese Summen für eine schöne Hauptdarstellerin sind in Hollywood keine Ausnahme. Sharon Stone erhielt zum Beispiel für die Fortsetzung von »Basic Instinct« 14 Millionen. Nicht für ihren IQ von 154, sondern weil sie auf der Leinwand eine gute Figur abgibt. Demi Moore erhielt für »Striptease« 12,5 Millionen. Der Film erwies sich als Riesenflop. Wer noch Zweifel haben sollte, dass die Honorare etwas mit dem Aussehen der Showbiz-Millionäre zu tun hat, werfe einen Blick auf die Models. Eva Herzigova war 1994 die erste »Miss Wonderbra« und erhielt dafür 7,5 Millionen Dollar. Sieben Millionen brachten Cindy Crawford fünf Jahre Revlon-Werbung ein. Für weniger als 10000 Dollar am Tag würde sie gar nicht erst aus dem Bett steigen, hatte Supermodel Linda Evangelista einmal gesagt. Und das Beste – auch eine Newcomerin kann schon richtig abkassieren, wenn sie bei einer renommierten Agentur unterkommt. Die amerikanische Agenturbesitzerin Eileen Ford erzählte: »Einer Anfängerin winkt ein Dreijahresvertrag, der mit einer viertel Million Dollar dotiert ist. Besser als Babysitting, nicht wahr?«

Wie sich eine schöne Fassade bezahlt macht

Halten Sie die Superhonorare für ungerecht? Sie folgen streng den Gesetzen der Marktwirtschaft. Nach Schönheit besteht eine höhere Nachfrage als nach Wissen. In einer raffiniert organisierten Werbekampagne bringen die Models ein Vielfaches von dem ein, was sie kosten.

Wenn die Werbeagenturen prominente Sportlerinnen für ihre Anzeigen fotografieren – weshalb wohl wählen sie ausgerechnet Franziska van Almsick und Katharina Witt aus? Warum keine andere Schwimm- oder Eiskunstlaufweltmeisterin? Im Interview behauptete Katharina Witt: »Die innere Haltung und Erfahrung, die er ausstrahlt, machen einen Menschen schön.« Sollte ihr Promistatus und ihr Vermögen von über 150 Millionen Euro nichts mit ihren körperlichen Vorzügen zu tun haben?

Glaubt irgendwer, Britney Spears und Christina Aguilera hätten die Hitparaden gestürmt, weil sie besser singen können als andere? Sängerinnen haben ein komfortables Leben, wenn sie sich über Sex verkaufen, sagte die junge und schöne Soulsängerin Alicia Keys im Sommer 2005 bei einem Fotoshooting für die Zeitschrift Brigitte. »Probleme bekommst du, wenn du Stereotypen durchbrechen willst.«

Schauspielerin Catherine Zeta-Jones enthüllte in einem Interview, wie sie 1998 den Sprung von einer TV-Serie zum Hollywoodstar schaffte: »Je ungepflegter, desto seriöser im Beruf? Größeren Bullshit als dieses Kunst-Klischee habe ich nie gehört. Ganz im Gegenteil hatte ich zu Beginn meiner Hollywood-Zeit einen Agenten, der mir riet, kein Make-up zu tragen und ein wenig verwahrlost zu Castings zu erscheinen. Ich tat, wie mir geheißen – und erntete nur schiefe Blicke statt eines einzigen Jobs. Also feuerte ich den Agenten. Und bekam kurz danach die Rolle in ›Zorro‹. Mit Make-up und Bombenfrisur.«

Neben ihrer Filmkarriere modelte sie für den Kosmetikkonzern Elisabeth Arden. Von Marilyn Monroe bis Sharon Stone, von Uma Thurman bis Milla Jovovich – zahllose weibliche Stars verkauften zuerst ihr schönes Aussehen an Fotoagenturen, bevor ihnen der Sprung zum Film gelang. Männer ebenso. Mark Wahlberg begann als Unterhosen-Model für Calvin Klein. Es folgten Filme wie »Der Sturm« und »The Italian Job«. Arnold Schwarzenegger begann als »Mr. Universum«. Bereits Sean Connery warf sein Aussehen in die Waagschale, um nach Hollywood zu gelangen. Er versuchte sich zuerst als Profifußballer und Bodybuilder. Auch er erreichte im Wettbewerb um den Titel »Mr. Universum« einen der vorderen Plätze. Das war 1950. Als singender Seemann gelangte er wenig später zum Film. Seither wurde er für seinen Sexappeal bewundert und noch mit 59 Jahren vom People Magazine zum Sexiest Man Alive gewählt.

Die Spitzengagen erreichen freilich nur wenige. Aber das gilt auch für die Nobelpreise. Schlimmer noch: Wenn ein Wissenschaftler den Nobelpreis erhält, krönen die Juroren ein 40 Jahre oder länger währendes Forscherleben. Dem so Geehrten bleiben meist nicht mehr viele Jahre, um sein Glück zu genießen. Die Schönen erhalten ihre Auszeichnungen in jungen Jahren. Sie dürfen sich noch viele Jahrzehnte ihres Ruhmes und ihrer Millionen erfreuen. Ist es da ein Wunder, wie viele Teenager von einer Model-, Schauspiel- oder Sängerkarriere träumen? Und wie wenige von einem weißen Kittel und einem sterilen Labor?

Was ist eigentlich körperliche Schönheit?

Liegt Schönheit nicht allein im Auge des Betrachters? Keine Frage, die Geschmäcker sind verschieden. Stellen Sie sich zwei Männer vor, die über Schönheit diskutieren. Der eine steht auf mollige Blondinen, der andere auf schlanke, schwarzgelockte Brasilianerinnen. Trotzdem versteht jeder der beiden, was der andere meint, wenn er das Wort »schön« ausspricht. Es muss also hinter den verschiedenen Geschmäckern etwas Gemeinsames stecken.

Der Philosoph Immanuel Kant schrieb schon 1796, Schönheit beruhe auf dem Mittelmaß. Und wie findet man dieses mittlere Maß heraus? Auch darauf hatte Kant eine Antwort. Indem man sich daranmacht, »… ein Bild gleichsam auf das andere fallen zu lassen, und, durch die Kongruenz der mehreren von derselben Art, ein Mittleres herauszubekommen wisse, welches allen zum gemeinschaftlichen Maße dient«.

Aus Einzelbildern ein Durchschnittsbild erstellen! Kant hatte noch keine Möglichkeit, seine Idee praktisch zu überprüfen. Das gelang erst Francis Galton, einem Cousin Darwins, im Jahre 1878. Der unkonventionelle Privatgelehrte hatte auf vielen Gebieten Neuland beschritten. Er verglich als Erster Zwillinge mit einzeln Geborenen, um erbliche Unterschiede in der Intelligenz zu erforschen. Ihm verdankt die Kriminalistik die Kunst, Menschen durch Fingerabdrücke zu identifizieren. Und er nutzte die damals neue Technik der Fotografie, um menschliches Mittelmaß zu erzeugen. Zu diesem Zweck belichtete er mehrere Porträtaufnahmen übereinander und erhielt ein verwaschenes Durchschnittsbild, das sowohl attraktiver als auch vertrauenswürdiger wirkte als die Ausgangsfotos.

Kam der verschönernde Effekt vielleicht bloß durch die Unschärfe zustande? So wie in einem berühmten Loriot-Cartoon? Da sieht ein extrem kurzsichtiger Mann, wie sich neben ihm auf seiner Bank die Umrisse eines weiblichen Wesens niederlassen. Er setzt seine Brille auf und erblickt eine griesgrämige Witwe Bolte. Erschrocken reißt er sich die Brille von der Nase. Angesichts der wieder verschwommenen Gestalt entspannen sich seine Gesichtszüge.

Zum Glück erlaubt die moderne Computertechnik heute Durchschnittsbilder herzustellen, die genauso scharf und lebensecht aussehen wie die Originale. Claus Marberger, Martin Gründl, Christoph Braun und Christoph Scherber von der Universität Regensburg haben die Sache überprüft. Sie fotografierten 64 Frauengesichter und 32 Männergesichter, 17 bis 29 Jahre alt. Unter ihnen acht Fotomodelle. Diese Bilder und aus ihnen erzeugte Durchschnittsgesichter legten sie rund 500 Versuchspersonen und einer Modelagentur zur Beurteilung vor. Dabei fanden sie heraus:

Künstliche Durchschnittsgesichter wirken in der Tat attraktiver als die fotografierten Einzelgesichter. Je mehr Einzelgesichter in das Kunstgesicht eingehen, desto schöner wirkt es. Der Grund: Unregelmäßigkeiten in den Gesichtsproportionen, aber auch der Haut (Falten, Pickel) verschwinden.

Das klappt nicht nur bei unauffälligen Leuten wie vielleicht Sie und ich. Auch die Attraktivität von Ausnahmeschönheiten lässt sich so noch steigern. Die Forscher machten sich den Spaß, aus den 22 Endrunden-Kandidatinnen der »Miss Germany«-Wahl 2002 am Computer ein Durchschnittsgesicht zu bilden. Ergebnis: Nicht die Gewinnerin des Wettbewerbs, Miss Berlin, sondern das künstliche Wesen der Regensburger Softwarebastler war die schönste. Und zwar mit Riesenvorsprung. Kein einziger der 47 Beurteiler setzte eine der realen Missen auf Platz 1. Auf einer Skala von 1 für hässlich bis 7 für makellos schön errang die künstliche Durchschnittsschöne 6,2 Punkte. Die Miss Germany aus Berlin kam nur auf Platz 2 mit lediglich 2,8 Punkten.

Die Experten von der Modelagentur sollten entscheiden, welches von allen vorgelegten Gesichtern für eine Karriere als »Beauty« infrage käme – ohne zu wissen, welches der Fotos ein echtes und welches ein künstliches Durchschnittsgesicht abbildete. Nur 2 der 16 ausgewählten Schönheiten existierten in der Realität. Die übrigen 14 waren künstlich!

Es ist nicht die Symmetrie allein, die ein schönes Antlitz erzeugt. Zwar machen starke Unregelmäßigkeiten ein Gesicht hässlich. Aber die Umkehrung gilt nicht: Hohe Symmetrie ist noch kein Garant für Schönheit. Einige sehr regelmäßige Gesichter wirkten nicht besonders attraktiv. Stattdessen fielen den Beurteilern immer wieder einzelne Schönheiten auf, die trotz einiger Asymmetrien ausgesprochen anziehend wirkten.

Es genügt also nicht, alle individuellen Unterschiede zum Verschwinden zu bringen. Was auch logisch ist. Sonst gäbe es ja nur ein einziges wahrhaft attraktives Gesicht, das mit dem absoluten Mittelmaß identisch ist. Wir kennen aber mehr als ein berühmtes Supermodel, das als makellose Schönheit gilt. Unterschiedliche Epochen und Kulturen haben zudem unterschiedliche Frauentypen verehrt. Mal waren sie dünn und groß, mal klein und wohlbeleibt. Auch die berühmte Kleopatra soll nach heutigen Maßstäben eher füllig und gerade mal 1,50 Meter groß gewesen sein. Das fanden Experten des British Museum in London bei der Zuordnung von Statuen heraus, die Ägyptens bekannteste Herrscherin darstellen. Andererseits gilt uns das Gesicht ihrer Vorgängerin Nofretete immer noch als Verkörperung ewiger Schönheit. Auch die Venus von Milo aus dem Pariser Louvre würde wohl kein Mann von der Bettkante stoßen, wenn sie plötzlich leibhaftig in seinem Schlafzimmer auftauchte.

Das konnte der Psychologe Michael Cunningham von der Universität von Louisville in Kentucky im Experiment bestätigen. Mit drei Kollegen ließ er Angehörige verschiedener Völker Porträtfotos nach ihrer Schönheit einschätzen. Asiaten, Schwarze und Weiße zeigten eine große Übereinstimmung in ihrem Urteil, welche Frauen aller drei Rassenkreise gut aussahen und welche nicht.

Auch Kant ahnte bereits, dass mehr dazu gehört als Ebenmäßigkeit. Er schrieb: »Das Mittelmaß scheint das Grundmaß und die Basis der Schönheit, aber noch lange nicht die Schönheit selbst zu sein, weil zu dieser etwas Charakteristisches erforderlich wird.«

Liefert der goldene Schnitt ein universelles Schönheitsideal?

Ideale werden nur selten verwirklicht. Dennoch ist ihre Wirkung enorm. Das kennen wir vom Einkaufen. Nur weil Sie eine Vorstellung vom idealen Preis einer Ware haben, können Sie einschätzen, ob der reale Preis am Regal angemessen ist oder nicht. Ähnlich steht es mit der Schönheit. Nur weil wir ein Idealbild im Kopf haben, können wir Abweichungen erkennen. Zuerst haben bildende Künstler der Antike ideale Proportionen für ihre Statuen vermessen. Später ergänzten Maler wie Leonardo da Vinci oder Albrecht Dürer diese Angaben durch anatomische Studien. Computerauswertung und verfeinerte Messungen haben das überlieferte Wissen ergänzt.

Jetzt kommt der entscheidende Schritt. Die zwanzigste Zahl addieren Sie nicht mehr, sondern teilen Sie durch die zuvor erhaltene neunzehnte Zahl. In unserem Beispiel wäre das: 66663 geteilt durch 41200. Das Ergebnis lautet 1,6180339805 … Mit welchen Zahlen Sie die Rechnung auch starten und wie lange Sie auch addieren, bevor Sie Ihre letzte durch die vorletzte Zahl teilen: Stets erhalten Sie eine unendliche Dezimalzahl von nicht ganz 1,62 – die goldene Zahl Phi.

Der Legende nach soll sie als Erster der griechische Mathematiker Hippasos von Metapont um 450 vor Christus mit dem eben genannten Verfahren errechnet haben. Seine Entdeckung hat die Schüler des Pythagoras so erzürnt, dass sie Hippasos aus Rache im Meer ertränkten. Denn nach der Lehre der Pythagoräer durfte es nur natürliche Zahlen (1, 2, 3, 4 …) geben und deren Brüche wie ⅓, die als regelmäßige unendliche Dezimalzahlen (0,33333 …) geschrieben werden können. Die Entdeckung der Zahl Phi war in ihren Augen ein Sakrileg. Sie besaß unendlich viele Stellen nach dem Komma, die sich nicht wiederholten. Der schlimmste Frevel aber war: Hipparsos hatte als Ausgangszahlen die Längen der Diagonalen und Seiten des fünfzackigen Sterns – des Pentagramms – gewählt, dem heiligen Erkennungszeichen der Pythagoräer.

In der Natur finden Sie den goldenen Schnitt auf Schritt und Tritt. Zum Beispiel stehen die Knotenpunkte der Stängel von Pflanzen in diesem Abstand zueinander. Wenn wir die Zahlen unseres Rechenbeispiels zugrunde legen, heißt das: Ist die Pflanze 7,9 Zentimeter hoch und hat vier Stängel, so entsprießt einer nach 0,8, einer nach 1,1, der nächste nach 3 und der letzte nach 4,9 Zentimetern. Auch im schneckenähnlichen Gehäuse des urtümlichen Tintenfisches Nautilus haben Forscher den goldenen Schnitt wiedergefunden, ja sogar in Hurrikans und entfernten Galaxien.

Zahlreiche Architekten haben die Proportionen ihrer Gebäude nach der Zahl Phi entworfen. Leonardo da Vinci soll sie in den Gesichtszügen seiner Mona Lisa berücksichtigt haben. Sein Freund Luca Pacioli veröffentlichte 1509 eine dreibändige Abhandlung über den goldenen Schnitt.

Stephen R. Marquardt, Experte auf dem Gebiet der plastischen Chirurgie, hat für Schönheitschirurgen ein Modell des idealen Gesichts nach den Regeln des goldenen Schnitts erstellt.

Die Maße des klassischen Schönheitsideals

Der goldene Schnitt ist jedoch nicht alles. Zum klassischen weiblichen Schönheitsideal gehören unter anderem auch:

Die Länge des Kopfes beträgt ein Siebtel der gesamten Körperlänge.

Die Beine sind halb so lang wie der ganze Körper.

Das Verhältnis der Taille zur Hüfte sollte 0,7 zu 1 betragen.