Die Kunst der Diplomatie - Frank Naumann - E-Book

Die Kunst der Diplomatie E-Book

Frank Naumann

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Beschreibung

Diplomatie – ein Relikt aus alten Zeiten? Ganz im Gegenteil. Wenn zu viele Rambos auf dem gesellschaftlichen Parkett einander die Waffen aus der Hand schlagen, bricht die Stunde der entwaffnenden Freundlichkeit an. Ob beruflich oder privat, wer sich um jeden Preis durchsetzen will, erzeugt nur Gegenwehr, denn noch immer gilt, dass nicht die Krieger auf den Schlachtfeldern, sondern die Diplomaten die Früchte der Siege einsammeln. Die Kunst der Diplomatie, die die sanften Sieger bis in die Fingerspitzen beherrschen, findet kreative Umwege, ungewöhnliche Lösungen in festgefahrenen Konflikten und verhilft mitmenschlicher Gemeinsamkeit zum «Sieg» über individuelle Gegensätze. Diplomatisches Geschick kann jeder erwerben. Es ist keine Naturgabe, die eine gute Fee nur wenigen Auserwählten in die Wiege gelegt hat. Sie brauchen nur zwanzig Gesetze zu befolgen, mit denen Sie Mitmenschen, Mitarbeiter und Gegner für sich gewinnen. Nun können Sie Ihre Ziele durchsetzen mit Unterstützung der anderen und nicht gegen sie.

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Frank Naumann

Die Kunst der Diplomatie

Zwanzig Gesetze für sanfte Sieger

Inhaltsverzeichnis

DIPLOMATISCHES GESCHICK – GEFRAGT WIE NIE!

Die Wiedergeburt gewinnender Menschenführung

Durchsetzungsstark und beliebt zugleich

Finesse statt Rambo-Manieren

GESETZ 1

ZEIGEN SIE SICH NACHGIEBIG IM STIL, ABER HART IN DER SACHE

Stabil ist nur der Wandel

Schritt 1: Definieren Sie klare Ziele!

Schritt 2: Finden Sie kreative Wege!

GESETZ 2

BEWEISEN SIE MEHR GEDULD ALS IHR GEGENÜBER

Langer Atem schlägt Blitzkrieger

Die Tugend der Hirsche

Herr Tollpatsch gegen Familie Diplomat

GESETZ 3

STIFTEN SIE FRIEDEN, BEVOR DER KONFLIKT ESKALIERT

Die vier Formen des Konfliktgesprächs

Die Trennung von Sach- und Beziehungsebene

Unfaire Angriffe entschärfen

GESETZ 4

HELFEN SIE ALLEN BETEILIGTEN, DAS GESICHT ZU WAHREN

Vorsicht Achillesferse!

Sagen Sie Ja zum Nein

Gefahrenzone Fauxpas

GESETZ 5

SAMMELN UND PFLEGEN SIE INFORMATIONEN UND KONTAKTE

Knüpfen Sie ein Netz, bevor Sie abheben

Die vier Schritte professioneller Beziehungspflege

Vom Nutzen feindlicher Kontakte

GESETZ 6

ÜBERNEHMEN SIE DIE GESPRÄCHSFÜHRUNG MIT DER INTERVIEW-METHODE

Wer argumentiert, der verliert

Antworttendenzen: Sechs sind gut, zwei sind besser

Das Prinzip der verständnisvollen Führung

GESETZ 7

SEIEN SIE EHRLICH, ABER GEBEN SIE NUR INFORMATIONEN PREIS, DIE MAN VON IHNEN ERWARTET

Entscheiden Sie über Spannung und Langeweile

Die Regeln offensiven Informationsmanagements

Der Vorzug entwaffnender Ehrlichkeit

GESETZ 8

UNTERBREITEN SIE VORSCHLÄGE STATT FORDERUNGEN

Vier Verbotsschilder, die jeder kennen sollte

Warum Drohungen und Co. nicht funktionieren

Sanfte Initiativen gesucht

GESETZ 9

FAHNDEN SIE NOCH IM SCHÄRFSTEN GEGENSATZ NACH DER VERBINDENDEN GEMEINSAMKEIT

Sammeln Sie Übereinstimmungen

Was Gegner verbindet

Jedermann ist großzügig – wenn Sie seine Ansichten teilen

GESETZ 10

ERKLÄREN SIE SICH ZUM VERBÜNDETEN, EGAL WIE HART MAN SIE ATTACKIERT

Die Beziehung verrät mehr als Worte

Sanft gekontert ist doppelt gewonnen

Lieber kurze Allianz als langer Krieg

GESETZ 11

WENN SIE IN DEN CLINCH GERATEN, KÜNDIGEN SIE EINEN BEFRISTETEN RÜCKZUG AN, BEVOR SIE AUS DER ROLLE FALLEN

Einen Punkt abgeben, um zwei zu gewinnen

Was wir von Pokerspielern lernen

Steigen Sie auf das Gefühlskarussell

GESETZ 12

BIETEN SIE ALTERNATIVEN AN, ABER GEBEN SIE SIE SELBST VOR

Stellen Sie die Weichen, bevor Sie losfahren

Das Entweder-oder-Spiel

Viele laufen los, doch nur wenige kommen ins Ziel

GESETZ 13

MOTIVIEREN SIE IHRE PARTNER DURCH DIE AUSSICHT AUF TRAUMHAFTE GEWINNE

Träume verkaufen: der sicherste Weg zu echtem Reichtum

Zehn Traumgewinne, die jeder gerne haben möchte

Lebendige Visionen statt toter Zahlen

GESETZ 14

ZERHAUEN SIE KEINE GORDISCHEN KNOTEN, SONDERN SETZEN SIE AUF SALAMITAKTIK

Nichts ist beständiger als das Vorläufige

Fünf Scheiben ergeben eine Wurst

Einwände als Chance

GESETZ 15

ÜBERWINDEN SIE DENKBARRIEREN DURCH PROBEWEISES DURCHSPIELEN ALTERNATIVER SZENARIEN

Wirklichkeit kommt von «wirken»

Halten Sie nicht an jedem Bahnhof

Vorsicht Blockierer! Abwehrtaktiken gegen Bremsklötze

GESETZ 16

STREBEN SIE NACH KREATIVER EINIGUNG, NICHT NACH DEM KOMPROMISS AUF HALBER STRECKE

Das Ritual der goldenen Mitte

Eins und dennoch zwei: Individuelle Spielräume erlaubt

Neuland erkunden: die «dritte» Lösung

GESETZ 17

SCHENKEN SIE IHREM PARTNER DIE URHEBERSCHAFT AN IHRER EINIGUNG

Zwischen Eitelkeit und Nachgiebigkeit

Ich zweifle, also gewinne ich

Wann es lohnt, auf halbem Weg innezuhalten

GESETZ 18

BEGLÜCKWÜNSCHEN SIE IHR GEGENÜBER ZU SEINEM SIEG, AUCH WENN SIE DIE NASE VORN HABEN

Kreuzzug ohne Schwert und Feuer

Das Wir-Prinzip

Wenn zwei sich streiten, freut sich der Diplomat

GESETZ 19

ÜBEN SIE SICH IN DER KUNST DER KLEINEN GESTEN

Setzen Sie ein Zeichen

Die hohe Kunst der kleinen Gaben

Vorsicht, bestechende Angebote!

GESETZ 20

PFLEGEN SIE IHREN GUTEN RUF ALS STARKER, VERSTÄNDNISVOLLER PARTNER

Chamäleon mit Prinzipien

Flexibel und verlässlich

Mediation: Vermittler gesucht

LITERATUR

DIPLOMATISCHES GESCHICK – GEFRAGT WIE NIE!

In einer internationalen Diplomatenschule traten die Studenten des letzten Semesters zur Abschlussprüfung an. Alle waren hervorragend vorbereitet – wie es sich gehört für künftige Staatsdiener, die nach den höchsten Ämtern streben. Sie bewiesen ihren Lerneifer durch korrekte Antworten auf Fragen nach exotischen Regierungsformen, staatsrechtlichen Problemen und konsularischen Pflichten. Doch am Ende brachte der Professor die Kandidaten mit folgender Frage in Verlegenheit:

«Stellen Sie sich vor, Sie kommen zu später Stunde in Ihr Hotel zurück, nachdem Sie mit Ihrem Gesprächspartner kräftig gebechert haben – im Auftrag Ihrer Regierung, versteht sich. Versehentlich steigen Sie ein Stockwerk zu früh aus dem Fahrstuhl, ohne Ihren Irrtum zu bemerken. Komisch, Ihr Zimmer ist nicht abgeschlossen, doch schon sind Sie über die Schwelle getreten. Genau vor Ihnen erblicken Sie eine entzückende junge Dame, die gerade aus dem Bad tritt, mit schreckgeweiteten Augen und nichts anderem bekleidet als ihren Haaren. Was sagen Sie, bevor sie anfängt loszuschreien? Wie ziehen Sie sich elegant aus der Affäre?»

Der englische Prüfling: «Für mich als Gentleman ist Diskretion oberstes Gebot. Wo man nicht gewinnen kann, ist ein schneller Rückzug keine Schande. Ich murmele ein knappes ‹Excuse me› und bin in null Komma nichts wieder draußen – bevor sie sich von ihrer Überraschung erholt hat.»

Der französische Kandidat setzte auf Charme und Delikatesse. Er entschärft die Situation mit einem Trommelfeuer von Komplimenten: «O, là, là! Madame sind die schaumgeborene Venus in Person. Entzückend! Wie glücklich preise ich mich wegen meiner kleinen Verwechslung der Zimmertür. Erlauben Sie mir, Sie mit dem Ausdruck größter Bewunderung zu einem Glas Champagner einzuladen?»

Beide Antworten wurden von der Prüfungskommission mit beifälligem Gemurmel aufgenommen. Die beste Note erhielt jedoch ein Student aus einem entlegenen Kleinstaat. Sein Vorschlag:

«Ich lasse meine Augen etwas unstet durch den Raum wandern und sage dann so emotionslos wie möglich: ‹Ist hier jemand? Verzeihen Sie, würden Sie mich zu meinem Zimmer bringen? Ich bin nämlich blind.›»

Die Wiedergeburt gewinnender Menschenführung

Diese Geschichte geht auf ein altes Chanson zurück, das ich im Radio gehört habe, als ich selbst noch Student war. Sie spielt in einer Zeit, als diplomatisches Talent in hohem Ansehen stand. Als kluges Taktieren hinter den Kulissen die einzige Waffe der Schwächeren war, um sich gegen die Machtgelüste der Großen und Mächtigen zu behaupten.

Von Alexander dem Großen über Napoleon bis Hitler – so schnell, wie die unersättlichen Kriegsherren ihre Riesenreiche zusammengeräubert hatten, zerfielen sie wieder. Alexander raffte nach seinem Indienfeldzug ein Fieber dahin. Hitler flüchtete vor der Rache seiner Opfer in den Selbstmord. Napoleon erwischten sie lebend. Sie schickten ihn in die Verbannung auf die karge Insel Sankt Helena, und Diplomaten verteilten die Beute auf dem Wiener Kongress bei Tanz und Festgelagen.

Im 20.Jahrhundert verlor diplomatische Gewandtheit zeitweise an Bedeutung. Völkerrecht und Bündnisverträge traten an ihre Stelle. Seitdem regiert bei internationalen Kontakten das Protokoll. Es schreibt Staatsmännern und ihren Botschaftern jeden Schritt bis ins kleinste Detail vor. Es schützt sie vor internationalen Eklats – und verwandelt Staatsempfänge in eine langweilige Angelegenheit.

Seit einigen Jahren erleben wir eine Trendwende, genannt «public diplomacy». («öffentliche Diplomatie»). Die Damen und Herren Botschafter verlassen die Geborgenheit ihrer stark bewachten Festungen und präsentieren sich dem Publikum ihres Gastlands. Sie organisieren Events und treten vor die Kameras. Sie werben um Touristen und Investoren. Vorbei die Zeit der Geheimverhandlungen, schwarzen Koffer und brisanten Akten in dreifach gesicherten Tresoren. Nicht mehr das Sammeln vertraulicher Informationen, sondern die Imagepflege ihres Landes ist ihr Hauptgeschäft geworden.

Mit ihren neuen Aufgaben erlebt die alte Kunst der gewinnenden Menschenführung eine Wiedergeburt. Aber nicht nur dort! Überall, wo unterschiedliche Interessen aufeinander stoßen und Menschen um Unterstützung werben, hat die Nase vorn, wer über Gewandtheit und Finesse verfügt.

In diesem Buch möchte ich Sie in die Geheimnisse einer wieder aufblühenden Kunst einweihen: in den erfolgreichen Umgang mit Ihren Mitmenschen. Werden Sie Diplomat! Mit dem Wort «Diplomat» bezeichne ich keinen Beruf, sondern jede Frau und jeden Mann, der mit Geschick die 20Gesetze der sanften Sieger anwendet.

Durchsetzungsstark und beliebt zugleich

Stellen Sie sich folgende alltägliche Situation vor: Es ist ein schöner Sommertag. Sie und Ihr Partner haben frei. Sie haben Lust, sich aufs Fahrrad zu schwingen und mit ihm zum nächsten See zu radeln, um ein paar Stunden lang in der Sonne zu liegen und zu schwimmen. Er aber will zu Hause bleiben und ein «wichtiges» Fußballspiel sehen, das am frühen Nachmittag live im Fernsehen übertragen wird.

Wie kommen Sie zu Ihrem Ausflug, ohne dass er sauer reagiert? Wie setzen Sie sich durch und festigen zugleich das Band zwischen Ihnen, statt es sich mit ihm zu verscherzen?

Ob im Job, in der Familie oder unter Freunden und Bekannten: Wer die Kunst der Diplomatie beherrscht, findet eine Lösung, weil er sich an eines (oder mehrere) der folgenden Gesetze erinnert. Und die Übrigen?

Sie schimpfen, argumentieren oder reagieren eingeschnappt. Die vergiftete Atmosphäre nach dem Machtkampf sorgt dafür, dass der Gewinner nicht viel Freude an seinem Sieg haben wird.

Sie folgen der Empfehlung des englischen Kandidaten aus der Diplomatenprüfung und machen einen schnellen Rückzieher. Lieber verzichten sie auf ihre Chancen, als Sympathien aufs Spiel zu setzen.

Sie versuchen es wie der Franzose mit Schmeichelei und gutem Zureden. Im Einzelfall werden sie damit vielleicht durchkommen. Auf Dauer erwerben sie sich den Ruf eines Schleimers. Sympathie verwandelt sich nach und nach in Misstrauen, und die Taktik wirkt nicht mehr.

Die hohe Kunst der Diplomatie greift zu klügeren Mitteln. Der Student aus dem Kleinstaat fand einen Weg, wie er und die junge Frau ihr Gesicht wahren konnten: indem er die Situation so umdefinierte, dass sie ihre Peinlichkeit verlor.

Alte Adelsfamilien behaupteten einst, diese Gewandtheit sei ihr natürliches Erbteil. Wer nicht mit vornehmem Stammbaum geboren sei, könne sie nie erwerben. Das ist natürlich genauso unsinnig wie die Legende vom blauen Blut. Es handelt sich lediglich um eine eifersüchtig gehütete Tradition, erfunden, um Privilegien zu rechtfertigen. Sie scheuten keine Kosten, damit ihre Nachkommen sie von frühester Kindheit an, quasi mit der Muttermilch, in sich aufsogen – durch das Vorbild ihrer Eltern, durch Hauslehrer und auf Elite-Internaten.

Schauen Sie mit mir hinter die Kulissen! Lassen wir uns nicht länger vom Nimbus des Rätselhaften und der adligen Gene den Blick vernebeln! Ich habe für Sie historische Aufzeichnungen und die Erkenntnisse von Kommunikationspsychologen durchforstet, die sich bemühten, hinter die Geheimnisse der Genies des gesellschaftlichen Parketts zu kommen. Dabei fand ich zwei Dinge:

In welchem Lebensbereich man sich auch umschaut – gelungenes diplomatisches Verhalten folgt stets denselben zwanzig Gesetzen.

Die Kenntnis und Anwendung dieser Gesetze trennt Erfolgreiche von Erfolglosen. Zwar können Sie – falls Sie über ein herausragendes Talent und Fleiß verfügen – mit etwas Glück sich auch so als Shooting Star nach oben katapultieren. Aber Sie werden genauso fix wieder in der Versenkung verschwinden, wenn Sie nicht über diplomatisches Geschick verfügen, mit dem Sie Ihre Stellung festigen.

Finesse statt Rambo-Manieren

Wir leben in einer Wettbewerbsgesellschaft. Täglich streben wir danach, uns gegenüber unseren Mitmenschen auszuzeichnen. Unsere Stärken– Begabungen, charakterliche Qualitäten, bisherige Erfolge – bilden eine wesentliche Quelle unserer Selbstachtung.

Doch wie erringen Sie Anerkennung? Arbeiten bis zum Umfallen? Mit Geld, Status und Macht auftrumpfen? Jeder, der über etwas Lebenserfahrung verfügt, weiß, dass offen zur Schau getragene Ellenbogenmentalität in eine Sackgasse führt. Wer sich allzu ungeniert vordrängelt, macht sich unbeliebt. Er weckt keine Bewunderung, sondern Abneigung oder Neid. Doch es gibt einen Ausweg. Wo zu viele Rambos einander die Waffen aus der Hand schlagen, bricht die Stunde der entwaffnenden Freundlichkeit an.

Wenn Sie sich in den Chefetagen deutscher Unternehmen umschauen, werden Sie viele tüchtige und durchsetzungsfähige Vorgesetzte finden. Sie werden respektiert – aber beliebt sind die wenigsten. Manche berichten sogar voller Stolz, dass ihre Mitarbeiter sie fürchten. Ihre Angestellten ducken sich, weil sie Angst haben, vom Chef vor versammelter Mannschaft angebrüllt oder hinausgeworfen zu werden. Wie gut würden sie arbeiten, wären sie motiviert!

Im Privatleben sieht es nicht anders aus. Keine Partnerschaft ohne Machtkämpfe. Manche streiten offen, wer das Sagen hat – in der Kindererziehung, im Haushalt, bei Zukunftsentscheidungen und bei sexuellen Vorlieben und Tabus. Andere breiten einen Mantel demonstrativer Harmonie darüber. Unter der Oberfläche gärt es, bis sich der angestaute Ärger eines Tages in einem Superkrach entlädt. Wie schön, wenn man aufziehende Gewitterwolken rechtzeitig mit diplomatischer Eleganz entschärfen könnte!

Auch unter Freunden, im Kontakt mit Behörden, Verkäufern oder schwierigen Verwandten zeigt sich: Besänftigende Cleverness erleichtert das Leben enorm. Nicht nur, weil sie Ihnen viel Ärger und Stress erspart, sie führt auch eher zum Ziel als Standpauken, Drohgebärden und der Ruf nach dem Anwalt. Sie vermeidet alles, was Gegenwehr provoziert. Denn die Erfahrung lehrt: Der Aufwand für solche Kämpfe steht in keinem Verhältnis zu ihrem Ergebnis. Die meisten Gerichtsverfahren enden mit einem Vergleich, der beide Kontrahenten als Verlierer dastehen lässt. Gewinner sind die Anwälte, die hohe Honorare einstreichen.

Diplomatie vermeidet die direkte Konfrontation ebenso wie die dick aufgetragene, lügnerische Schmeichelei. Zwar finden sich in der Geschichte auch Beispiele für diese Verhaltensweisen. Aber sie stellen immer ein Risiko dar. Sie bieten Angriffspunkte, die ein kluger Gegner für sich nutzen kann. Er lässt den Angreifer ins Leere laufen, indem er ihm applaudiert, statt zurückzuschlagen. Den Schmeichler stellt er auf die Probe: Wirst du mich auch noch loben, wenn ich dich unter Druck setze? Die Kunst der Diplomatie verlässt sich deshalb auf andere Strategien: das Finden kreativer Umwege; den Neuanfang jenseits festgefahrener Konflikte; den Appell an mitmenschliche Gemeinsamkeit trotz aller Gegensätze. Sie betrachtet Wut und kategorische Verweigerung nicht als Sackgasse, sondern als Labyrinth, das garantiert einen Ausgang besitzt.

Dieses Buch verrät Ihnen die erfolgreich erprobten Routen zu diesem Ausgang. Wenn Sie gerade in einem zwischenmenschlichen Dilemma festsitzen, finden Sie vielleicht schon beim Durchlesen eine neue Idee für einen Befreiungsschlag. Suchen Sie dagegen langfristig nach neuen Strategien, um an Durchsetzungskraft und Beliebtheit zugleich zu gewinnen, picken Sie sich einzelne Gesetze heraus, und probieren Sie aus, wie Ihre Mitmenschen darauf reagieren. Jedes von ihnen enthält für sich genommen schon ein hohes Erfolgspotenzial.

In ihrer Kombination verstärken die Gesetze einander. Die großen Könner wie Napoleons Außenminister Talleyrand und sein österreichischer Gegenspieler Metternich beherrschten das gesamte Repertoire. Ihnen und ihren gewandtesten Kollegen werden Sie in diesem Buch noch öfter begegnen. Sie werden erstaunt sein, wie viel wir heute noch von ihrer praktischen Klugheit lernen können. Nicht umsonst wird Diplomatie von alters her als eine Kunst betrachtet – eine Meisterschaft im Umgang mit den Empfindlichkeiten, Vorlieben und Sehnsüchten anderer Menschen. Es ist natürlich viel leichter, seine Mitmenschen vor den Kopf zu stoßen. Dafür genügt es, stets einer momentanen Laune zu folgen und alle Signale des Gegenüber konsequent zu missachten. Wenn Sie jedoch den zwanzig Gesetzen des sanften Sieges folgen, werden sich Gegner und gleichgültige Ignoranten in Ihrer Umgebung in Ihre Verbündeten verwandeln. Und Sie entwickeln jene Leichtigkeit und Eleganz, mit der Sie auf dem glatten gesellschaftlichen Parkett nicht mehr ausrutschen, sondern mühelos ins Ziel gleiten werden.

GESETZ 1

ZEIGEN SIE SICH NACHGIEBIG IM STIL, ABER HART IN DER SACHE

Sind auf dem Gebiet der Diplomatie überhaupt noch irgendwelche Geheimnisse zu entdecken? Überlegen Sie, welche Eigenschaften Sie spontan mit dem Begriff «diplomatisches Verhalten» verbinden. Fallen Ihnen da Wörter ein wie

höflich,

elegant,

unverbindlich,

verschwommen,

verlogen,

intrigant,

schönfärberisch?

Die meisten von uns denken bei «diplomatisch» sofort an eine Art verlogener Freundlichkeit. Schon im 18.Jahrhundert formulierte der französische Dichter Beaumarchais in seinem Erfolgsstück «Figaros Hochzeit» – der Vorlage für Mozarts gleichnamige Oper – den gleichen Gedanken: «Dort Unkenntnis vortäuschen, wo alle genau Bescheid wissen, sich wissend stellen, wo alle im Dunkeln tappen; vorgeben, nicht vernommen zu haben, was alle gehört haben, vor allem aber so tun, als könne man Unmögliches vollbringen; sich den Anschein des Tiefsinns geben, wenn man bloß hohl und leer ist.»

Also alles nur eine große Mogelei?

Stabil ist nur der Wandel

Ein solches Täuschen und Taktieren kann langfristig nicht sonderlich erfolgreich sein. Im ersten Moment – kurz nach dem Kennenlernen – lassen wir uns unter Umständen von aufgesetzter Herzlichkeit täuschen. Angenehme Umgangsformen wecken zunächst unsere Sympathie. Aber mit der Zeit wächst der Ärger. Wie viel von dem, was diese Person da sagt, ist ehrlich gemeint, und wie viel ist nur höfliche Fassade? Wir fangen an, in Gedanken das schmückende Beiwerk abzuziehen, um den aufrichtig gemeinten Rest herauszuschälen. Freilich wissen wir nie genau, wie groß dieser ehrliche Kern ist. Daher kann es passieren, dass wir am Ende einer Person, die nur nett sein wollte, mit mehr Misstrauen begegnen, als sie verdient hat.

Von Frankreichs erfolgreichstem Diplomaten Talleyrand stammt der Satz, «dass dem Menschen die Sprache gegeben ist, um seine Gedanken zu verbergen». Also ist Diplomatie nicht mehr als unverbindliches Geschwätz? Vorsicht! Talleyrand war ein Könner seines Faches. Seine Behauptung gilt nicht nur für die Sätze anderer, sondern auch für seinen eigenen Satz. Mit ihm verschleierte er seine wahren Gedanken über die Geheimnisse der Diplomatie. Hinter seiner glatten Oberfläche wollte er ein solides Wissen über Menschenführung verbergen.

Mehr als Glätte und Eleganz. Die Illusion, Diplomatie sei nicht mehr als Charme und Höflichkeit, ist ihre stärkste Waffe. Wer diese Legende glaubt, verzichtet darauf, hinter ihre Kulissen zu blicken. Dabei genügen drei einfache Überlegungen, um die Täuschung zu durchschauen.

Eine habe ich schon genannt: Unverbindliches Gerede verliert mit der Zeit seine Wirkung und kehrt sie sogar in ihr Gegenteil um.

Eine elegante Oberfläche hatten viele Hobby- und Berufsdiplomaten zu bieten. Aber nur wenige erzielten sensationelle Erfolge. Hinter dem Verhalten der Sieger muss also mehr stecken als nur tadellose Umgangsformen.

Die berühmtesten Diplomaten der Weltgeschichte benahmen sich oft daneben. Churchill stieß Freunde und Gegner mit aufbrausenden Auftritten und ungeschickten Initiativen vor den Kopf. Bismarck weckte Empörung mit seinen provokanten Reden, die von Eisen und Blut nur so strotzten. Metternich begegnete Personen, die er nicht mochte, mit kalter Arroganz. Kardinal Richelieu verfeindete sich zuerst mit seinem künftigen Brotgeber LudwigXIII. und später mit dem gesamten Hochadel Frankreichs.

Richelieus Nachfolger Jules Mazarin setzte fast ausschließlich auf geschicktes Lavieren. Deswegen blieb er trotz aller Erfolge an Bedeutung weit hinter seinem Vorgänger zurück und spielte im Schatten des Sonnenkönigs LudwigXIV. nur eine untergeordnete Rolle. Richelieu dagegen überstrahlte dessen Vater LudwigXIII. an Ruhm. Sein Geheimnis: Er besaß viele Facetten. Am Anfang seiner Laufbahn schuf er sich in seiner Diözese in der tiefsten Provinz einen Ruf als armer, frommer Seelsorger. Kaum an den Königshof gelangt, verwandelte er sich in einen eleganten Grandseigneur. Er bewies Verhandlungsgeschick, konnte sich aber auch blitzartig zu entschlossenem Durchgreifen entschließen, wenn alle Seiten in Untätigkeit verharrten. Die einen rühmten ihn als glühenden Katholiken, die anderen als toleranten Staatsmann von Welt.

Was zeichnete Richelieu aus? Seine Flexibilität. Eine Wandelbarkeit, die es seinen Zeitgenossen schwer machte, ihn mit einem Etikett zu versehen und in eine Schublade einzuordnen. Gerade hatten sie geglaubt zu wissen, mit wem sie es zu tun hatten, da warf er durch einen unerwarteten Schachzug ihre Einschätzung wieder über den Haufen.

Vom Verhalten zum Charakter. Wir Menschen neigen dazu, in ähnlichen Situationen immer wieder mit den gleichen Verhaltensweisen zu reagieren. Wenn ich einmal Erfolg damit hatte, bei Widerspruch auf den Tisch zu hauen, werde ich auch in Zukunft versuchen, mit dieser Taktik durchzukommen. Damit handle ich mir den Ruf ein, «aufbrausend» zu sein. Ein anderer macht bessere Erfahrungen, wenn er die Gemüter mit einem Vorschlag zur Güte beruhigt. Je öfter er eine Einigung in der Mitte vorschlägt, desto mehr beurteilen ihn seine Kollegen und Freunde als «kompromissbereit» oder als «Opportunist» – je nach Sympathie.

Kurz, die Summe unserer bevorzugten Verhaltensweisen ergibt das, was unsere Mitmenschen unseren «Charakter» nennen. Er macht uns berechenbar. Wenn mein Nachbar weiß, dass ich zu jeder Tages- und Nachtzeit auf seine Bitte um Hilfe positiv reagiere, wird er mich nicht nur als «hilfsbereit» einschätzen, sondern auch bei mir klingeln, wenn er eine zweite Person benötigt, die beim Möbeltransport mit anpackt. Und nicht bei der Familie gegenüber, die alle Bittsteller mit ihrer aggressiven Bulldogge auf Distanz hält.

Berechenbarkeit ist allerdings der Tod des diplomatischen Erfolgs. Es ist wie im Schachspiel. Sobald Sie die nächsten Züge Ihres Gegners vorhersagen können, sind Sie auf der Siegerstraße. Wechselt er aber unerwartet seine Taktik, müssen Sie Ihren schönen Plan, wie Sie ihn nach und nach in die Enge treiben wollten, aufgeben.

Spiele der Berechenbarkeit. Einem typischen Beispiel für diese Falle begegnen wir bei Preisverhandlungen. Nehmen wir an, Sie haben auf dem Trödelmarkt eine hübsche Antiquität gefunden und bieten 100Euro. Der Verkäufer verlangt 200.Wenn Sie jetzt 110 bieten und er kommt Ihnen bis 190 entgegen, ist der Ausgang vorhersehbar. Sie werden sich bei 150 treffen.

Da der Verkäufer kein Dummkopf ist, kann er einfach 300Euro verlangen. Wenn Sie nun nach der gleichen Taktik verhandeln – Sie bieten 110, er verlangt 290, zahlen Sie am Ende 200, also seinen tatsächlichen Preis.

Da Sie ebenfalls nicht auf den Kopf gefallen sind, halten Sie dagegen, indem Sie bei einem niedrigeren Preis beginnen oder versuchen, ihm in kleineren Schritten entgegenzukommen. Trotzdem schränkt die Berechenbarkeit Ihren Spielraum ein. Bei diesem Spiel gewinnt, wer die größere Erfahrung und die besseren Kenntnisse über den wahren Wert der Ware in die Waagschale werfen kann – in der Regel ist das der Verkäufer. Die Tatsache, dass er nicht längst pleite ist, beweist Ihnen, dass er gewöhnt ist, bei diesem Spiel auf seine Kosten zu kommen.

Nach der Lektüre dieses Buches werden Sie anders vorgehen. Sie steigen erst gar nicht in das Spiel «Treffen wir uns in der Mitte» ein. Sondern Sie verbessern Ihre Position, indem Sie zu anderen Kampfvarianten wechseln, zum Beispiel:

Sie sagen: «Schade, das Ding da würde sich gut auf meiner Kommode machen, aber leider ist es viel zu teuer», und schicken sich an weiterzugehen. Erst wenn der Verkäufer, der ja verkaufen will, mit seinem Anfangsgebot so weit heruntergeht, dass Sie stehen bleiben, kehren Sie zurück und setzen Ihr Anfangsgebot dagegen.

Sie sagen: «Ich glaube, ich habe bei Ihrem Kollegen da hinten etwas Ähnliches, weniger Kostspieliges gesehen.»

Sie deuten an, dass Sie bei einem stärkeren Entgegenkommen eventuell bereit wären, noch einen oder zwei weitere Gegenstände zu erwerben. Wenn Sie ihn mit dieser Aussicht auf einen Zusatzverkauf weit genug heruntergehandelt haben, sagen Sie: «Leider habe ich nun doch mehr bezahlt, als ich wollte. Daher kann ich keinen zweiten Gegenstand mehr kaufen.»

Stehen Sie auf der Verkäuferseite – wollen also selbst eine Antiquität meistbietend an den Mann oder die Frau bringen–, stehen Ihnen ebenfalls verschiedene Ausweichvarianten zur Verfügung:

Sie sagen: «Tut mir Leid, ich habe dieses seltene Stück einem anderen Kunden bis elf Uhr zurückgelegt. Er hatte die 200Euro nicht bar dabei… Wie viel, sagten Sie, würden Sie sofort in bar bezahlen?»

Sie zeigen sich als Experte und «beweisen» dem Kunden, dass selbst 300Euro ein günstiger Preis ist. Diese Taktik ist umso wirksamer, je weniger Sie versuchen, ihn mit einem Wortschwall zu erschlagen, sondern in beiläufigem Understatement ein paar beeindruckende Fakten über Ihre Rarität nennen.

Sie engagieren einen guten Freund als «zufällig» vorbeikommenden Interessenten, der mit Ihrem Kunden um die Wette bietet und so den Preis hochtreibt.

Weitere Varianten werden Sie im Laufe dieses Buches kennen lernen – eine davon noch in diesem Kapitel.

Rammbock oder Wasser sein. Flexibilität und überraschende Verhaltensänderungen sind nicht zu verwechseln mit Charakterlosigkeit. Die Biographen sind sich einig, dass die Könner der Diplomatie von Richelieu bis Churchill sich vielmehr durch ausgeprägte, eigenwillige Charaktere auszeichneten. Aber ihre Stabilität betraf nicht ihre Mittel – da waren sie äußerst flexibel–, sondern ihre Ziele und Werte. Und das unterschied sie von der Masse der weniger Erfolgreichen.

Sie verfolgten zunächst das persönliche Ziel, aus dem verarmten Adel, aus dem sie stammten, zu Reichtum und Ruhm aufzusteigen. Dazu kamen ihre beruflichen Ziele. Richelieu wollte ein geeintes, starkes Frankreich schaffen, das die Vorherrschaft der spanisch-österreichischen Monarchie beendete. Talleyrand bemühte sich, Frankreich durch Revolutionswirren und Napoleonische Kriege möglichst unbeschadet in die bürgerliche Neuzeit zu leiten. Metternich ging es um ein Gleichgewicht der Kräfte in einem friedlichen Europa. Bismarck schließlich strebte nach einem vereinigten Deutschland unter preußischer Führung.

Dafür griffen sie zu den unterschiedlichsten Mitteln – je nach Situation. Talleyrand beispielsweise arbeitete nacheinander für die Monarchie, die Revolutionsregierung, Napoleon, die Restauration der alten Monarchie und schließlich für den Bürgerkönig Louis Philippe, der nach der Julirevolution von 1830 an die Macht kam. Ein Zeichen für Prinzipienlosigkeit? Talleyrand sagte von sich: «Ich habe unter allen Regimen nur Frankreich gedient.» Er trug dazu bei, dass sein Vaterland aus jedem Machtwechsel gestärkt hervorging. Der russische Zar NikolausI. meinte: «Wenn sich auch immer Herr von Talleyrand an eine neue französische Regierung bindet, muss diese Regierung notwendigerweise Chancen der Dauer haben.»

Wieso nahmen sie diesen Mann immer wieder in ihre Dienste? Spätestens Napoleon muss doch geahnt haben, dass Talleyrand ihn im Stich lassen würde, sobald eine neue Macht am Horizont auftauchte! Nun, Talleyrand machte aus seinem Ziel eines starken Frankreich unter einer stabilen Regierung kein Geheimnis. Er verkündete es öffentlich. Und zwar ohne Risiko, denn natürlich bildete sich jeder neue Staatsführer ein, dass ausgerechnet er auf Dauer diese Macht verkörpern würde.

Napoleon wurde von seiner Niederlage 1813 ebenso überrascht wie 24Jahre vor ihm die alte Königsmacht. Nur Talleyrand sah schon fünf Jahre vorher das Ende seines Kaisers kommen und legte rechtzeitig sein Ministeramt nieder. Er wusste: Dauerhaft ist nur der Wandel. Als hervorragender Menschenkenner merkte er, dass die meisten Menschen keine klaren Ziele verfolgen. Sie neigen dazu, die Dinge auf sich zukommen zu lassen. Oder sich wie Napoleon in immer neue Abenteuer zu stürzen, ohne die langfristigen Folgen zu bedenken. Wenn es aber um die Mittel geht – die Art und Weise ihres Handelns–, reagieren sie ausgesprochen störrisch. Sobald sie Widerstand spüren, wollen sie mit dem Kopf durch die Wand. Statt einen anderen Weg auszuprobieren. Wie oft haben Sie schon Sätze gehört wie:

Das lasse ich mit mir nicht machen!

So nicht! Erst entschuldigst du dich, und dann reden wir weiter.

Mir geht es ums Prinzip.

Wir werden ja sehen, wer am Ende Recht behält.

Ein Diplomat fragt sich: «Warum soll ich mit dem Kopf durch die Wand, wenn ich nur ein Stück zur Seite zu treten brauche, um eine offene Tür zu finden?» Hinter seinem Charme verbirgt sich ein eiserner Wille, der äußerst erfinderisch ist, wenn es darum geht, Widerstände zu umgehen. Die Rolle des Felsens in der Brandung überlässt er anderen. Er weiß, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis selbst der härteste Stein von den Wellen abgeschliffen ist. Sein Vorbild ist der Grashalm, der biegsam dem Sturm trotzt, aber fest im Boden verwurzelt bleibt.

Um das erste Gesetz der Diplomatie anzuwenden, gehen Sie zwei Schritte.

Schritt 1: Definieren Sie klare Ziele!

Beschränken Sie sich auf zwei bis drei grundlegende Ziele. Ihre Erfolgschancen sinken, wenn Sie sich verzetteln. Dagegen ergaben Befragungen von Absolventen amerikanischer Eliteuniversitäten wie Harvard und Yale, dass die drei Prozent, die sich in der Jugend klare Ziele setzten, später nicht nur ein höheres Einkommen erzielten, sondern auch gesünder und glücklicher verheiratet waren. Bestimmen Sie daher

Ihr persönliches Hauptziel (Charakterentwicklung, Fähigkeiten, Fitness);

Ihr privates Hauptziel (Liebe, Beziehung, Familie);

Ihr berufliches Hauptziel (Karriere, Qualifikationen, Einkommen).

Die Zielkurs-Formel. Aus ihr leiten Sie Ihre Etappenziele ab, mit denen Sie Schritt für Schritt Ihre Lebensziele verwirklichen. Die psychologische Forschung hat herausgefunden, dass Sie sich auf einen sicheren Zielkurs begeben, wenn Sie sich von vornherein Klarheit über acht Eigenschaften Ihrer Vorhaben verschaffen. Ich habe diese acht Punkte für Sie so geordnet, dass jeder mit einem Buchstaben des Wortes ZIELKURS beginnt.

ZEITRAHMEN. Bis wann wollen Sie Ihr Ziel erreicht haben? Wie viel Zeit wollen Sie täglich oder wöchentlich dafür aufwenden? Legen Sie einen Stichtag fest – und ein Zeitfenster in Ihrem Tagesablauf. Beispiel: 31.12. nächstes Jahr– Montag, Mittwoch und Freitag 17.30 bis 18.00.Eine solche Planung fällt leicht, wenn Sie im Alleingang ein Musikinstrument oder eine Fremdsprache erlernen. Wenn Sie sich aber zum Abteilungsleiter hocharbeiten oder Ihrer Beziehung neuen Schwung verleihen wollen? Also in Ihren Terminen von anderen abhängig sind? Auch dann planen Sie jede Woche Zeitspannen ein, die Sie ausschließlich der Verbesserung des zwischenmenschlichen Klimas widmen.

INVESTITION. Wie viel Geld und materielle Güter können Sie in die Waagschale werfen? Wenn Sie an Ihrer Karriere arbeiten und dafür die Unterstützung von Kollegen, Vorgesetzten und Kunden benötigen, werden Sie Geld in Kleidung, Feiern, Einladungen, Geschenke und private Fahrtkosten investieren. Indem Sie langfristig ein Budget festlegen, schützen Sie sich vor plötzlichen Engpässen. Und können von Anfang an nach intelligenten Ersatzvarianten Ausschau halten, wenn Sie wissen, dass Sie finanziell mit Ihren Konkurrenten nicht mithalten können.

ENTBEHRUNGEN. Worauf sind Sie bereit, zugunsten Ihres großen Zieles zu verzichten? Ob Diät oder Spitzenjob – viele starten mit Begeisterung, aber nur wenige gelangen über die Ziellinie. Nicht weil es ihnen an Fähigkeiten fehlt, sondern weil sie sich vorher nicht klar gemacht haben, welche Opfer sie bringen müssen. Schreiben Sie genau auf, was an Härten auf Sie zukommen wird. Einschränkungen, auf die Sie vorbereitet sind, verlieren ihren Schrecken.

LAGE. In welcher Ausgangslage befinden Sie sich? Vergleichen Sie Ihre jetzige Situation mit der Position, die Sie haben werden, sobald Sie am Ziel angekommen sind. Wie groß ist der Abstand zwischen Ihrem Ist- und Ihrem Sollzustand? Wenn er Ihnen riesig erscheint, ist es sinnvoll, erst einmal ein Teilziel anzustreben.

KONKRETHEIT. Formulieren Sie Ihr Ziel so genau wie möglich. «Reich werden» ist ein Traum, eine Wunschvorstellung – kein Ziel. «Finanzielle Kompetenz erwerben, um Millionär zu werden» ist ein Ziel, aber zu allgemein, um daraus einen Erfolg versprechenden Weg abzuleiten. Mit «Einen Finanzberater konsultieren und einen Sparplan aufstellen» sind Sie schon einen Schritt weiter. Konkret ist Ihr Ziel erst, wenn Sie wissen, welchen Experten Sie ins Auge fassen und welche Summe Sie bis wann zusammenbringen wollen. Je genauer das Ziel formuliert ist, desto leichter fällt es, die geeigneten Mittel für seine Realisierung zu finden. Eine konkrete Zielbeschreibung erfordert in aller Regel, sich vorab zusätzliche Informationen über Möglichkeiten und Hindernisse zu beschaffen.

UNABHÄNGIGKEIT. Ob Sie Ihr Ziel erreichen, sollte möglichst nur von Ihnen abhängen. Zu viele Fremdeinflüsse verwandeln Ihr Vorhaben in eine Lotterie, wie in folgendem Beispiel: «In vier Jahren werde ich es zum Chefeinkäufer bringen, falls der jetzige Stelleninhaber wie geplant in die Zentrale wechselt und ich das Personalbüro überzeugen kann, seine Stelle nicht öffentlich auszuschreiben.» Was wird aus Ihrem Ziel, wenn das Personalbüro anders entscheidet? Sie dürfen durchaus auf den Erfolg Ihrer diplomatischen Fähigkeiten setzen, um Mitmenschen in Ihrem Sinne zu beeinflussen. Aber fahren Sie nicht nur auf einem Gleis. Planen Sie mehrere Alternativen zum Zielbahnhof, zum Beispiel Kontakte zu anderen Firmen, die Sie für sich interessieren könnten.

REALISMUS. Die meisten Leute, die unterwegs aufgeben, setzen auf Hauruck-Aktionen. Sie wollen möglichst schnell ans Ziel kommen. Sobald Fortschritte auf sich warten lassen, verlieren sie alle Lust. Tausende begabte Jugendliche nehmen ihre tatsächlichen Chancen nicht wahr, weil sie hoffen, von einem Oberboss der Mode- oder Medienbranche entdeckt und dann von heute auf morgen ohne eigenes Zutun zu einem Star aufgebaut zu werden. Von dem Erfolgstrainer Alexander Christiani stammt der Satz: «Die meisten überschätzen, was man in einem Jahr schaffen kann, und unterschätzen, was man in zehn Jahren erreichen kann.» Große Ziele, die Ihr Leben verändern, werden Sie kaum in einem Sprung erreichen. Lassen Sie in Ihrer Planung keine Etappe aus: Training, Ausbildung, als Amateur oder in Praktika Erfahrungen sammeln, ein Netzwerk an Kontakten aufbauen.

SPEZIFIZIERUNG. Überlegen Sie, ob Ihr Ziel zu Ihnen passt. Entspricht es wirklich Ihren Begabungen, oder wollen Sie es erreichen, weil es gerade «in» ist? Zum Beispiel das Berufsziel Model: Wenn Sie zwar gut aussehen, aber nicht extrem jung, dünn und lang sind, steht Ihnen eine Serie von Enttäuschungen bevor. Wenn Sie gut formulieren können und schlagfertig sind, aber öfter unter Schüchternheit leiden, werden Sie kaum Chancen als TV-Moderator haben – wohl aber als Autor, der die Texte für die Darsteller vor der Kamera schreibt. Welches sind also Ihre Stärken, welches Ihre Handikaps? Haben Sie für Ihr Profil das optimale Ziel gefunden?

Schritt 2: Finden Sie kreative Wege!

Wenn Sie Ihr Ziel nach diesen acht Regeln festgelegt haben, verfügen Sie bereits über eine Reihe von Hinweisen, wie Sie am besten vom Ausgangs- zum Endpunkt gelangen. Ein Diplomat sagt nie: «Dieser Weg kommt für mich unter keinen Umständen infrage.» Im Gegenteil, er versucht immer, sein Repertoire um neue Varianten zu erweitern. Und keine einzelne Methode so überzustrapazieren, dass sie ihre Wirkung verliert. Ein Beispiel aus der Geschichte: Wenn es hart auf hart kam, reichte Richelieu bei LudwigXIII. seinen Rücktritt ein. Der König, der ohne seinen findigen Minister den aufmüpfigen Adel nicht in Schach halten konnte, beschwor ihn dann zu bleiben und gab allen seinen Forderungen nach.

Von diesem Mittel machte der Kardinal nur wenige Male und in großen Abständen Gebrauch. Der Vater von Winston Churchill, Randolph Churchill, der es als Politiker Ende des 19.Jahrhunderts bis zum britischen Schatzkanzler – der Nummer zwei der britischen Regierung gleich nach dem Premierminister – brachte, wollte Richelieus Erfolgsrezept nachahmen. Leider zu oft und zu schnell hintereinander. Zweimal drohte er erfolgreich, das Handtuch zu werfen. Wie erwartet, beschworen ihn seine Kollegen, zu bleiben. Doch beim dritten Mal nahm der Premierminister Salisbury zu seinem Entsetzen sein Rücktrittsangebot an. Das bedeutete das Aus für seine Karriere. Dabei hatte schon vor ihm Talleyrand schlechte Erfahrungen mit Richelieus Methode gemacht. Er hatte 1815König LudwigXVIII. seinen Rücktritt angeboten für den Fall, dass seine Reformvorschläge abgelehnt werden. Seine Majestät ließ den Minister gehen. Doch als politisches Genie verstand es Talleyrand, seine Niederlage in einen Sieg zu verwandeln. Er schloss sich der liberalen Opposition an und entwickelte sich zu ihrem Wortführer. Als sie 1830 nach der Julirevolution an die Macht kam, kehrte Talleyrand in Amt und Würden zurück.

Zu den bewährten Mitteln der klassischen Diplomatie gehören unter anderem:

Geschliffene Umgangsformen. Sie liefern ein Gerüstvon Verhaltensregeln, die es ermöglichen, selbst mit einem erbitterten Gegner ein zivilisiertes Gespräch zu führen.

Bündnisse schließen. Jeder Partner, der mit Ihnen an einem Strang zieht, verdoppelt Ihre Kräfte.

Verhandeln. Während offene Kämpfe das Risiko einschließen, dass am Ende beide verlieren, bieten Streitgespräche über die Durchsetzung gegensätzlicher Interessen die Chance, eine Lösung zu finden, die beiden Parteien nützt.

Plötzlicher Wechsel der Bündnispartner. Wer ist der Verräter – der das alte Bündnis verlässt oder der Betrogene, der durch sein verändertes Verhalten den Bruch provoziert? Ob es sich um eine Ehescheidung wegen einer neuen Liebe, den Wechsel zu einer anderen Firma oder um das Koalieren mit dem früheren politischen Gegner handelt – Interessenlagen ändern sich. Gewiefte Diplomaten reagieren frühzeitig, sobald der Wind anfängt sich zu drehen.

Gegenseitige Verpflichtungen. Versprechen können gebrochen werden – wechselseitige Abhängigkeiten schaffen ein festeres Band. Ist nämlich der andere darauf angewiesen, dass ich eine Verpflichtung einhalte, wird auch er darauf achten, seine Versprechen zu halten – mag er sonst auch noch so unzuverlässig sein.

Komplimente. Der erfahrene Verführer Casanova schrieb in der Geschichte seines Lebens: «Man mag noch so klug sein und Misstrauen gegen die Schmeichler haben, sie werden stets offene Ohren finden.» Selbst wenn ein Kompliment nicht ganz aufrichtig gemeint sein sollte – es zeigt Ihnen, dass Sie für die Person, die es ausspricht, wichtig sind. Diplomaten beherrschen die Gratwanderung zwischen ehrlicher Anerkennung und verlogener Lobhudelei.

Nebeltaktik. Diplomaten legen sich nicht gern fest. Sie versuchen, sich möglichst viele Optionen offen zu halten. Manche Völker betrachten es generell als unhöflich, jemanden mit einem klaren «Nein» zu brüskieren. Sie sagen lieber «Vielleicht» oder «Ich werde sehen, was ich tun kann». Damit bleiben sie im Kontakt und planen einen möglichen Meinungsumschwung mit ein. Bei uns gelten unklare Antworten dagegen als Ausflüchte und rufen Ärger hervor. Dennoch gibt es auch bei uns Fälle, wie wir noch sehen werden, wo Sie langfristig besser fahren, wenn Sie auf vorläufige Lösungen setzen.

Bürgschaften. Ein typisches Beispiel liefert die Heiratspolitik der früheren Fürstenhäuser. Als Napoleon in Mitteleuropa ein Land nach dem anderen besetzte, sicherte Metternich die Weiterexistenz Österreichs, indem er dem französischen Botschafter vorschlug, Napoleon möge die Erzherzogin Marie Louise heiraten. Der Franzosenkaiser stimmte zu in der Hoffnung, so Wien an seine Seite zu ziehen. Doch zu seinem Entsetzen gab Österreich nach Napoleons Niederlage vor Moskau trotz der Heirat seine Neutralität auf und besiegelte an der Seite Preußens und Russlands den Untergang der französischen Armee in der Völkerschlacht bei Leipzig.

Gezielte Provokationen. Dieses Mittel stand Pate bei der Gründung des deutschen Einheitsstaates von 1871.Bismarck kürzte den Text einer Depesche seines Königs WilhelmI. aus dem Kurort Bad Ems in einer Weise, dass sie für Frankreich beleidigend wirkte, und veröffentlichte sie. Postwendend erklärte NapoleonIII. Preußen den Krieg. Darauf hatte Bismarck nur gewartet. In allen deutschen Kleinstaaten erwachte der Patriotismus gegen den «Erbfeind». Ein vereintes deutsches Heer unter preußischer Führung schlug die Franzosen entscheidend. Unter dem Eindruck des deutschnationalen Siegestaumels konnte Bismarck die deutschen Fürsten in Versailles zur Einigung des Reichs bewegen. WilhelmI. wurde Kaiser und Berlin neue Reichshauptstadt.