Schule in der digitalen Welt - Heike Buhl - E-Book

Schule in der digitalen Welt E-Book

Heike Buhl

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Beschreibung

Die Verbreitung digitaler Medien verändert den Schulalltag, was für schulische Akteure ebenso mit Chancen wie mit Herausforderungen verbunden ist. Das Buch nimmt vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion eine realistische Position zu Potenzialen von Mediennutzung in der Schule ein. Auf Basis psychologischer Theorien und aktueller Befunde erhalten Lehrkräfte konkrete Hinweise, wie Schule und Unterricht lern- und motivationsförderlich gestaltet werden können, damit Schülerinnen und Schüler die erforderlichen digitalen Kompetenzen aufbauen, und wie digitale Medien im Unterricht eingesetzt werden können. Dabei gliedert sich das Buch in drei Teile, in denen jeweils relevante Phänomene und aktuelle Forschungsbefunde als Grundlage für konkret umsetzbare Handlungsoptionen dargestellt werden. Der erste Teil zielt mit dem "Lernen für die digitale Welt" auf unabdingbare digitale Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern ab und zeigt auf, wie diese in der Schule aufgebaut werden können. Der zweite Teil befasst sich mit dem "Lernen in der digitalen Welt", in der digitale Medien, wie Lernplattformen und LernApps, das schulische und häusliche Lernen unterstützen. Als Hintergrund fungiert der dritte Teil zum "Leben in der digitalen Welt", in dem erläutert wird, wie Schülerinnen und Schüler digitale Medien in ihrem Alltag nutzen und wie Lehrkräfte mit den damit verbundenen Risiken, z.B. in Form von Ablenkung und Cybermobbing, wie auch Potenzialen, z.B. zur Identitätsentwicklung, umgehen können.

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Heike M. Buhl

Sabrina Bonanati

Birgit Eickelmann

Schule in der digitalen Welt

Psychologie im Schulalltag

Band 4

Schule in der digitalen Welt

Prof. Dr. Heike M. Buhl, Dr. Sabrina Bonanati, Prof. Dr. Birgit Eickelmann

Herausgeber der Reihe:

Prof. Dr. Caterina Gawrilow, Prof. Dr. Marcus Hasselhorn, Prof. Dr. Ulrich Trautwein, Prof. Dr. Christina Schwenck, Stefan Drewes, Dr. Anke Leuthold-Zürcher

Prof. Dr. Heike M. Buhl,geb. 1967. 1986 – 1992 Studium der Psychologie in Göttingen und Mannheim. 1996 Promotion, 2007 Habilitation. Seit 2010 Professorin für Pädagogische Psychologie und Entwicklungspsychologie unter Berücksichtigung der Geschlechterforschung an der Universität Paderborn. Arbeitsschwerpunkte: Familienpsychologie, Lehrer_innenbildung, Kooperation von Elternhaus und Schule, (digitale) Bildungskontexte in Schule und Familie.

Dr. Sabrina Bonanati, geb. 1988. 2007 – 2012 Lehramtsstudium in den Fächern Deutsch und Philosophie, Universität Paderborn. Seit 2012 Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Pädagogischen Psychologie und Entwicklungspsychologie unter Berücksichtigung der Geschlechterforschung an der Universität Paderborn. 2017 Promotion. Arbeitsschwerpunkte: Family Literacy, Kooperation zwischen Elternhaus und Schule, (digitales) häusliches Lernen, Theorie-/Praxisverzahnung in der Lehrer*innenbildung.

Prof. Dr. Birgit Eickelmann,geb. 1971. 1990 – 1996 Studium der Mathematik und Physik in Bochum. 1997 – 2003 Referendariat und Schuldienst; 2003 – 2012 Abgeordnete Studienrätin am Institut für Schulentwicklungsforschung, TU Dortmund. Seit 2012 Professorin für Schulpädagogik an der Universität Paderborn. Arbeitsschwerpunkt: Digitalisierung in Schule, Unterricht und Schulsystemen.

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

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www.hogrefe.de

Umschlagabbildung: © iStock.com by Getty Images / HRAUN

Satz: Sabine Rosenfeldt, Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen

Format: EPUB

1. Auflage 2021

© 2021 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen

(E-Book-ISBN [PDF] 978-3-8409-3074-4; E-Book-ISBN [EPUB] 978-3-8444-3074-5)

ISBN 978-3-8017-3074-1

https://doi.org/10.1026/03074-000

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Sofern der Printausgabe eine CD-ROM beigefügt ist, sind die Materialien/Arbeitsblätter, die sich darauf befinden, bereits Bestandteil dieses E-Books.

Zitierfähigkeit: Dieses EPUB beinhaltet Seitenzahlen zwischen senkrechten Strichen (Beispiel: |1|), die den Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe und des E-Books im PDF-Format entsprechen.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 Schule in der digitalen Welt

2 Lernen für die digitale Welt

2.1 Phänomene

2.1.1 Bereiche des Lernens für die digitale Welt

2.1.2 Gestaltung des Lernens für die digitale Welt auf Einzelschulebene

2.1.3 Gestaltung des Lernens für die digitale Welt im System Schule

2.1.4 Kompetenzmodelle zum Lernen für die digitale Welt

2.2 Aktuelle Forschungsbefunde

2.2.1 Kompetenzstände ‚digitaler‘ Kompetenzen

2.2.2 Perspektiven der Schülerinnen und Schüler auf ihre Zukunft in der digitalen Welt

2.3 Handlungsoptionen und konkrete Umsetzung

2.3.1 Die Prozessebene Schule und Unterricht für das Lernen für die digitale Welt gestalten und den Handlungsspielraum auf dieser Ebene nutzen

2.3.2 Die Besonderheit der Gestaltung des Lernens für die digitale Welt berücksichtigen

3 Lernen in der digitalen Welt

3.1 Phänomene

3.1.1 Einsatz digitaler Medien im Unterricht

3.1.2 Lernen als Informationsverarbeitung

3.1.3 Motivationale Faktoren des Lernens mit digitalen Medien

3.1.4 Differenzierung und Inklusion

3.2 Aktuelle Forschungsbefunde

3.2.1 Leseverständnis beim Lesen analoger und digitaler Texte

3.2.2 Motivierende Effekte des Lernens mit digitalen Medien: Stichwort Gamification

3.3 Handlungsoptionen und konkrete Umsetzung

3.3.1 Smartphone-Nutzung oder Bring Your Own Device im Unterricht

3.3.2 LernApps zur Unterstützung von Lernstrategien

3.3.3 Kriterien zur Auswahl digitaler Medien für den Unterricht

3.3.4 Best-Practice Beispiele

4 Leben in der digitalen Welt

4.1 Medien im Alltag von Schülerinnen und Schülern

4.1.1 Phänomene

4.1.2 Aktuelle Forschungsbefunde

4.1.3 Handlungsoptionen und konkrete Umsetzung

4.2 Cybermobbing

4.2.1 Phänomene

4.2.2 Aktuelle Forschungsbefunde

4.2.3 Handlungsoptionen und konkrete Umsetzung

4.3 Computerspiele

4.3.1 Phänomene

4.3.2 Aktuelle Forschungsbefunde

4.3.3 Handlungsoptionen und konkrete Umsetzung

5 Ausblick

6 Weiterführende Literatur

Literatur

|7|Vorwort

Obwohl schon lange vorgeplant, wurde dieses Buch in seinen wesentlichen Teilen im Frühjahr 2020 unter dem Eindruck des Corona-Lockdowns fertig gestellt. Die Schulschließungen und Kontaktbeschränkungen lenkten die allgemeine Aufmerksamkeit wie nie zuvor auf die Vorteile und Chancen von Digitalisierung, die gerade im Kontext von Bildung und speziell der Schule immer wieder auch kritisch diskutiert werden. Was allerdings auch in der aktuellen Diskussion oft fehlt, ist die psychologische Sichtweise auf Schule. Wir greifen diese Perspektive auf und verfolgen mit dem Buch das Ziel, ein möglichst ausgewogenes Bild zu malen und Schulen sowie Lehrkräften eine Orientierung und Unterstützung anzubieten. Als Autorinnen sind wir davon überzeugt, dass die Digitalisierung für Schule einen Gewinn darstellt, ohne zugleich die Augen vor Herausforderungen für die schulische Arbeit und die Komplexität der gesellschaftlichen Veränderungen zu verschließen. Wir würden uns freuen, dabei allen Leserinnen und Lesern ermutigende und reflektierte Anregungen anzubieten und eine Bandbreite an Themen ansprechend, wissenschaftsbasiert und praxisnah gebündelt zu haben.

Unser Dank gilt Anja Trampel, Julia Rabe und Isabella Koralewicz für die Unterstützung bei der Erstellung des Buches in Form von Recherchen, Materialerstellung und Textkorrektur, Antonius, Flavia, Frederik und Jonathan für die Nachhilfestunden zum Leben in der digitalen Welt auch als Heranwachsende, Kathrin Rothauge vom Hogrefe-Verlag für die stets prompte und konstruktive Unterstützung, den Herausgeberinnen und Herausgebern der Reihe, namentlich Stefan Drewes und Prof. Dr. Caterina Gawrilow, für den Vertrauensbeweis, dieses Buch schreiben zu können, und die Unterstützung dabei, zahlreichen Studierenden für das Mitdenken zur Konzeption des Buches sowie dem Internet, v. a. Google Scholar, Wikipedia und ganz wunderbaren themenspezifischen Homepages zahlreicher Bildungseinrichtungen.

Hinweis: Alle in diesem Buch aufgeführten Links sind auf der Webseite hgf.io/pisa-band4 nochmals aufgelistet, damit sie dort direkt angeklickt werden können.

|8|1 Schule in der digitalen Welt

Die Verbreitung digitaler Medien verändert den Schulalltag. Digitalisierung und Mediatisierung sind mit großem Potenzial verbunden, zugleich lassen sich aber auch Herausforderungen, Bedenken und Risiken nicht leugnen. Dazu trägt bei, dass der Umgang mit digitalen Medien kein Selbstläufer ist, sondern für alle Beteiligten den Aufbau digitaler Kompetenzen erfordert. In der Auseinandersetzung mit diesem Themenfeld knüpfen wir unmittelbar an das KMK-Strategiepapier „Bildung in der digitalen Welt“ (KMK, 2016) sowie die Notwendigkeit der Entwicklung von schulinternen und schulübergreifenden Medienkonzepten an.

Dementsprechend gliedert sich der vorliegende Band in drei Teile: Im ersten Teil (Kap. 2) werden unter der Überschrift Lernen für die digitale Welt die notwendigen Kompetenzen für den angemessenen und selbstbestimmten Umgang mit digitalen Medien vorgestellt. Für Schulen und Lehrkräfte stellt sich dabei eine doppelte Herausforderung. Auf der einen Seite gilt es, die eigene Medienkompetenz aufzubauen, auf der anderen Seite, die Schülerinnen und Schüler dabei zu unterstützen. Zudem eröffnen digitale Medien eine große Vielfalt an Möglichkeiten für ein Lernen in der digitalen Welt, dessen Grundlagen, Herausforderungen und Chancen sowie die konkrete Nutzung digitaler Lernmedien im dritten Kapitel anhand ausgewählter Theorien zum Lernen und zur Motivation dargelegt werden. Beide Aspekte des Lernens werden vom auch außerschulischen Leben in der digitalen Welt beeinflusst. Mit der zunehmenden zeitlichen und räumlichen Entgrenzung der Mediennutzung lernen Kinder, Jugendliche und Erwachsene in vielfacher Form auch in informellen Settings, zugleich kann und will sich auch Schule nicht gegen die alltägliche Nutzung digitaler, auch sozialer Medien, abschotten. Im vierten Kapitel wird dies anhand des Umgangs mit dem Smartphone, Computerspielen und Cybermobbing aufgearbeitet.

Jedes Kapitel ist so untergliedert, dass zunächst als „Phänomene“ die zentralen Begriffe, Herausforderungen und Mechanismen dargestellt werden. Dann verdeutlichen aktuelle Befunde den Stand der Forschung, der als Grundlage für die im dritten Schritt vorgestellten Handlungsoptionen und konkreten Umsetzungsbeispiele dient.

Ein Tag aus dem Leben einer Schülerin kann die drei genannten Facetten des Lernens für die digitale Welt, des Lernens in der digitalen Welt und des Lebens in der digitalen Welt, die untrennbar miteinander verwoben sind, verdeutlichen.

|9|Ein Schultag in der digitalen Welt

Anna-Lenas Wecker klingelt um 06:30 Uhr. Nein, eigentlich klingelt nicht ihr Wecker, sondern die WeckerApp auf ihrem Smartphone spielt ihr aktuelles Lieblingslied. Sie schaut gleich weiter ins Smartphone. In der Nacht war viel los, ihre Freundin ist verliebt. Das heißt, 60 WhatsApp Nachrichten. Nach 22:00 Uhr darf Anna-Lena selbst nicht mehr an ihr Smartphone, ihre Eltern stellen das WLAN ab. Anna-Lena scannt kurz die Nachrichten, ob etwas Wichtiges dabei ist, dann macht sie ihre Spotify „Good-Morning-Playlist“ an. Auf dem Schulweg erfährt sie über die SchulApp, dass die vierte Stunde ausfällt. So kann sie dann noch einmal mit ihren Klassenkameraden die Tanzchoreographie für den Sportunterricht üben. Sie durften im Sportunterricht ihre Smartphones dazu benutzen, sich beim Tanzen zu filmen. Später soll daraus ein Musikvideo werden. Anna-Lena findet das richtig super. Sich selbst in den kleinen Filmen zu beobachten, bringt ihr viel mehr, als wenn die Lehrerin ihr Tipps gibt. Die ganze Gruppe ist schon sehr viel besser geworden. In zwei Wochen sollen sie das Musikvideo abgeben und heute Nachmittag ist die erste große Vorstellung der Choreographien im Sportunterricht vor der gesamten Klasse. Die Lehrerin hatte vor ein paar Wochen ihre Wii mitgebracht und den Schülerinnen und Schülern verschiedene einzelne Tänze gezeigt, sodass sie sich ihre Choreographie aus einzelnen Tracks zusammengestellt haben. Anna-Lena mag den Sportunterricht eigentlich gar nicht, aber seitdem sie das Thema Tanzen haben, ist sie voll drin. Endlich kann sie auch mal was mit Sport.

Nach dem Sportunterricht fährt sie nach Hause. Leider hat sie ihr Hausaufgabenheft vergessen, aber in der Facebook-Gruppe hatte Lukas schon dasselbe Problem und Azra hat alle Aufgaben gepostet … zum Glück! Bei den Hausaufgaben muss sie ihr Smartphone bei ihrer Mutter abgeben, damit sie sich besser konzentrieren kann. Was für ein Schwachsinn, denkt Anna-Lena. Wenn ich etwas nicht weiß, kann ich es noch nicht einmal kurz googeln! Für die Geschichtshausaufgabe muss sie daher an den Familiencomputer. „Findet heraus, welche Rolle Karl der Große in der Geschichte Ostwestfalens gespielt hat.“ Mmh, klingt erstmal kompliziert. Aber sie haben im Unterricht genau gelernt, wie man bei so einer Recherche vorgeht, so dass Anna-Lena bald eine Seite mit Notizen und Quellenangaben erstellt hat. Nach den Hausaufgaben holt Anna-Lena sich ihr Smartphone wieder ab und checkt erstmal den Klassenchat. Natürlich musste Hanna mal wieder gegen Alina stänkern, langsam nervt das echt. Anna-Lena überlegt kurz, ob sie Alina in Schutz nehmen soll, hat dann aber Bedenken, selbst von Hanna beleidigt zu werden. Neulich setzte Hanna auf Instagram sogar Fotos von Alinas Gesicht auf Tierbilder. Das war eigentlich ganz lustig, aber natürlich echt nicht nett.

Nun ist offensichtlich auch Anna-Lenas Bruder Max mit den Hausaufgaben fertig. Durch die Wand kann man deutlich hören, dass er schon wieder an|10|einem seiner Ballerspiele ist. „Pass auf … Hinter dir … Mensch du ****“, brüllt Max rum und haut mit der Faust auf den Tisch. Anna-Lena grinst. Sie spielt ab und zu auch gern mal eine Runde, kann aber nicht verstehen, warum es ihm so wichtig ist zu gewinnen. Vor der Klavierstunde hat Anna-Lena noch eine halbe Stunde Zeit. Sie scrollt auf Instagram rum und ist sehr erstaunt, wie schnell die Zeit vergangen ist, als ihre Mutter ins Zimmer stürmt und sie an die Klavierstunde erinnert. Nach dem Abendessen geht Anna-Lena noch für eine Stunde zu Julia rüber. Sie sind begeistert von den neuesten Schminktipps von BibisBeautyPalace auf YouTube und schminken sich gegenseitig. Bibi hat eine neue umweltfreundliche Marke empfohlen. Die wird Anna-Lena dann am Wochenende kaufen. Sie haben viel Spaß und machen am Ende viele Selfies, die Julia gleich auf Instagram postet. Im Bett schaut Anna-Lena dann auf ihrem Smartphone noch eine Folge „How I met your mother“ auf Englisch. Bevor das WLAN ausgeht, tippt sie schnell noch ein zufriedenes „Gute Nacht, gehe gerade schlafen“ an Julia.

|11|2 Lernen für die digitale Welt

Die gesellschaftlichen Veränderungen und damit die Veränderungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen in einer von Digitalisierung geprägten Welt beeinflussen unmittelbar den Bildungs- und Erziehungsauftrag von Schule. Das „Lernen für die digitale Welt“, Kinder und Jugendliche für ein selbstbestimmtes Leben in einer sich schnell verändernden Gesellschaft vorzubereiten und sie zu befähigen, diese Veränderungen mitzugestalten, stellt Schulen und Schulsysteme in den letzten Jahren vor große Herausforderungen. Dabei kommt die Gestaltung von Schule vielfach an Grenzen, da in allen Bereichen von Schule ein Umdenken und eine Neugestaltung erforderlich sind. Lehrkräfte spielen dabei eine zentrale Rolle; sie sind diejenigen, die den Unterricht und damit das Lernen gestalten und in ihren Schulen an Schulentwicklungsprozessen mitwirken.

Während häufig zunächst die technologischen Ausstattungen und IT-Infrastrukturen und damit verbunden die Fragen nach IT-Support diskutiert werden, sind es vor allem strukturelle und pädagogische Entwicklungen, die ein ‚Lernen für die digitale Welt‘ ermöglichen. In allen drei Bereichen zeigen sich Entwicklungsbedarfe, die die Arbeit in der Schule beeinflussen. Im IT-Ausstattungsbereich zeigen sich für Deutschland in den meisten Schulen weiterhin große Entwicklungsbedarfe, da vielfach keine grundlegende IT-Lerninfrastruktur vorhanden ist. Dies betrifft Internetanbindungen, Ausstattung mit Endgeräten und Hardware, IT-Infrastrukturen wie Lernmanagement-Systeme und Cloud-Lösungen sowie vor allem auch digitale Lerninhalte, die auf die Schulstufen und Schulfächer zugeschnitten sind (Eickelmann & Labusch, 2019). Strukturell zeigt sich, dass unser Schulsystem und Unterrichtskonzepte Ansätze verfolgen, die 100 Jahre und teilweise deutlich älter sind und den gesellschaftlichen Transformationsprozessen im Kontext der Digitalisierung damit nicht mehr gerecht werden (Schleicher, 2018). Die Technologieentwicklung wird daher zu einer neuen Daueraufgabe von Schule und ist immer unter dem Primat des Pädagogischen zu gestalten. Die Versuche, digitale Medien in das schulische Lernen zu integrieren, scheinen auch deshalb bisher in Deutschland in vielen Schulen wenig erfolgreich gewesen zu sein, da die Idee, diese einfach nur als Add-On in schulische Lernprozesse trotz ohnehin dichter Lehrpläne und zahlreicher weiterer schulischer Entwicklungsaufgaben zu integrieren, für Schulen nicht realisierbar ist (Eickelmann, 2018). Ohne auf Antworten auf die grundsätzlichere Frage nach den neuen Potenzialen des Lernens mit digi|12|talen Medien und den Anforderungen an ein Lernen für die digitale Welt einzugehen, erscheint es schwierig, eine Veränderung der Lernkultur zu realisieren und einen Leitmedienwechsel vom Buch zum Computer (Döbeli Honegger, 2016) vorzunehmen. Dies gelingt aber einer zunehmenden Anzahl an Schulen und setzt ein Grundverständnis davon voraus, wie die gesellschaftlichen Digitalisierungsprozesse den Erziehungs- und Bildungsauftrag von Schule verändern. Zum anderen verändert es die Arbeit von Lehrkräften und ihren Arbeitsplatz.

2.1 Phänomene

2.1.1 Bereiche des Lernens für die digitale Welt

Den schulischen Auftrag ‚Lernen für die digitale Welt‘ nicht nur zu ermöglichen, sondern aufgrund sich verändernder technologischer und pädagogischer Möglichkeiten auch beständig weiterzuentwickeln, erfordert Anstrengungen und Innovationsbestrebungen auf allen Ebenen von Schule. Treibende Kraft sind dabei vielfach die einzelnen Schulen und die Kollegien bzw. Teile von Kollegien. Besonders wichtig ist es, die Zielperspektiven schulischen Lernens für die digitale Welt für die eigene Schule zu identifizieren, zu formulieren und ggf. Schwerpunkte zu setzen. Dabei helfen strukturierte Betrachtungen. Eickelmann und Gerick (2017) unterscheiden beispielsweise vier Zielperspektiven des Lernens für die digitale Welt (vgl. Abbildung 1):

Unterstützung von Fertigkeiten und Anwendungskompetenzen im Umgang mit digitalen Medien

Nutzung digitaler Medien zur Unterstützung fachlicher Lernprozesse und Lernergebnisse

Abbildung 1: Vier Bereiche des Lernens für die digitale Welt (in Anlehnung an Eickelmann & Gerick, 2017)

3.

|13|Unterstützung des Erwerbs neuer, vor allem ‚digitaler‘ Kompetenzen

4.

Entwicklung und Umsetzung zeitgemäßer Formen des Lernens mit digitalen Medien

Bereich 1: Unterstützung von Fertigkeiten und Anwendungskompetenzen im Umgang mit digitalen Medien

Im Kern umfasst dieser Bereich des Lernens, der international auch mit ‚Learn to use ICT‘ (Voogt, 2008) umschrieben wird, die Vermittlung von Kenntnissen im Umgang mit digitalen Medien, z. B. die Nutzung von Textverarbeitungs-, Tabellenkalkulations- oder Präsentationsprogrammen, von Apps und weiteren IT-Anwendungen. Dabei wurde lange Jahre vielfach diskutiert, ob die Vermittlung dieser Fertigkeiten überhaupt eine Aufgabe ist, für die die Schule ausbilden muss. Es zeigt sich jedoch zunehmend, dass viele Schulen diesen Bereich des Lernens für die digitale Welt in ihre schulischen Medienkonzepte aufgenommen haben und zudem sind Anwendungskompetenzen mit der KMK-Strategie ‚Bildung in der digitalen Welt‘ bundesländerübergreifend in den Zielkatalog schulischen Lernens aufgenommen (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland [KMK], 2016, vgl. auch Kap. 2.2). Die konzeptionelle Verankerung auf der Schulebene erfolgt zumeist gebunden an bestimmte Fächer oder Jahrgangsstufen. So können für den fachlichen Einsatz digitaler Medien fest vereinbart, angebunden an Inhalte, Grundfertigkeiten gefördert werden, die im Sinne eines spiralischen Curriculums in weiteren Fächern und in höheren Jahrgangsstufen ausgebaut werden. Dies kann in schulischen Medienkonzepten verankert sein und so eine verbindliche Orientierung für die eigene Schule anhand konkreter Beispiele geschaffen werden. Die Verbindung zum schulischen Lernen erfolgt dabei nicht über die reine Vermittlung von technischen Kompetenzen, vielmehr werden Fertigkeiten in Verbindung zum Lernen gefördert. Um ein konkretes Beispiel zu nennen, geht es beispielsweise nicht nur um die Erstellung von Videos oder um die Arbeit mit Video-Software, sondern um die Erstellung von Lern- und Erklärvideos im eigenen Fachunterricht. Die in einem Fach von den Schülerinnen und Schülern erworbenen Fertigkeiten können dann in anderen Fächern genutzt und weiter ausgebaut werden. Entsprechende Absprachen können im Kollegium getroffen werden. Dabei eignen sich schulspezifische Medienkonzepte als Planungsdokumentation und gleichsam als Kommunikationsinstrument, in dem grundsätzliche Orientierungen, wann welche Anwendungskompetenzen zuverlässig gefördert werden, umgesetzt werden.

Bereich 2: Nutzung digitaler Medien zur Unterstützung fachlicher Lernprozesse und Lernergebnisse

Als zweiter, für Schulen besonders relevanter Bereich ist die Nutzung digitaler Medien zur Unterstützung fachlicher Lernprozesse und Lernergebnisse zu nennen. |14|Dieser Bereich wird seit mehr als drei Jahrzehnten in der Forschung untersucht. Seine Relevanz für die schulische Praxis ergibt sich daraus, dass viele Lehrkräfte sich vor allem als Fachlehrkräfte verstehen und besonders dann geneigt sind, ein Lernen für die digitale Welt zu realisieren, wenn für sie ein erkennbarer Ertrag in der Verbesserung von fachlichen Lernprozessen und Lernergebnissen besteht. Insbesondere Lehrkräfte, die sich als Fachlehrkräfte verstehen, sind eher geneigt, trotz des möglicherweise anfänglich höheren Aufwandes, digitale Medien in ihrem Unterricht zu verwenden, wenn für sie erkennbar ist, dass ihre Schülerinnen und Schüler einen besseren Zugang zum Fach finden, bessere fachliche Lernerfolge erzielen und mit Motivation und Interesse für das ‚eigene‘ Fach lernen. In der internationalen Forschung wird dieser Bereich oft mit dem Schlagwort ‚Use ICT to learn‘ (Voogt, 2008) umschrieben, wobei das Akronym ‚ICT‘ für Information and Communication Technologies verwendet wird, das wir im Deutschen im schulischen Kontext mit dem Begriff ‚digitale Medien‘ übersetzen können. Anders als für den ersten Zielbereich, bei dem bis zu einem gewissen Grad auch die technische Anwendung im Vordergrund steht, fokussiert sich dieser zweite Zielbereich also auf den Einsatz digitaler Medien im Fachkontext. Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen ist dieser Bereich einerseits im schulischen Kontext besonders relevant, andererseits fehlen für viele Bereiche weiterhin fachdidaktische Konzepte, insbesondere mit Schulstufenbezug. Fragen, die auch zukünftig für die fachbezogene Unterrichtsentwicklung von besonderem Interesse sind, lauten: Welche neuen Möglichkeiten ergeben sich in den Fächern durch die Potenziale digitaler Medien, auch vor dem Hintergrund der Nutzungsmöglichkeiten persönlicher Endgeräte? Welche Chancen ergeben sich für neue Wege des fachlichen Wissens- und Kompetenzerwerbs? Wie können digitale Medien eingesetzt werden, um fachliches Lernen, Motivation und Lernergebnisse verschiedener Lernender und von unterschiedlichen Lerngruppen bestmöglich zu fördern? Nach und nach werden digitale Fachlerninhalte entwickelt, die – wenn sie lehrplan- bzw. bildungsplankonform sind – wichtige Unterstützung für einen digital gestützten Fachunterricht bieten. Aus lernpsychologischer und motivationaler Perspektive vertieft Kapitel 3 zum Lernen in der digitalen Welt diesen Aspekt.

Bereich 3: Unterstützung des Erwerbs neuer, vor allem ‚digitaler‘ Kompetenzen

Als zunehmend relevant erscheinen als Zielperspektive des Lernens in der digitalen Welt, ergänzend zu den traditionellen Schlüsselkompetenzen, digitale Kompetenzen im Sinne eines reflektierten und selbstbestimmten Umgangs mit neuen Technologien und digitalen Informationen. Damit umfasst die Unterstützung des Erwerbs digitaler Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern den dritten hier ausgeführten Bereich des Lernens für die digitale Welt. Die Förderung digitaler Kompetenzen wird in Deutschland seit einigen Jahren verstärkt diskutiert und in der KMK-Strategie (2016) erstmals verbindlich für alle Bundesländer als fächer|15|übergreifender Kompetenzbereich verstanden, der an alle Fächer von der Primarstufe an angebunden werden soll. In der Gesamtdiskussion um ‚neue‘ Kompetenzbereiche bilden die digitalen Kompetenzen allerdings nur einen Ausschnitt. In Konzeptpapieren zu 21st-Century-Skills werden sie u. a. neben Kreativität, Kooperations- bzw. Kollaborationsfähigkeit (Voogt & Pareja Roblin, 2010) angeführt, die in den letzten Jahren zu einem 4-K-Modell zusammengeführt werden: Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken. Aufgrund der besonderen Relevanz digitaler Kompetenzen werden Kompetenzmodelle und Forschungsergebnisse in den weiteren Abschnitten dieses Kapitels noch einmal ausführlich aufgegriffen.

Bereich 4: Entwicklung und Umsetzung zeitgemäßer Formen des Lernens mit digitalen Medien

Der vierte Bereich des Lernens für die digitale Welt betrifft die Neugestaltung von Schule und Unterricht als Ganzes. Dieser Aspekt scheint zukünftig besonders wichtig, da die Versuche, das Lernen mit digitalen Medien in traditionelle Lehr-Lernkonzepte einzubinden, häufig wenig überzeugend und wenig nachhaltig waren. Im Fokus stehen dabei nicht die Technologien, sondern die Schülerinnen und Schüler und ihre Lernprozesse. Im Gegensatz zu rasant fortschreitenden Digitalisierungsprozessen in fast allen Lebens- und Arbeitsbereichen hat sich das Verständnis der Organisation von schulischen Lern- und Lehrprozessen vielfach nicht mit gleicher Geschwindigkeit gewandelt. Für das ‚Lernen für die digitale Welt‘ sind im Verständnis dieses vierten Bereiches die Veränderung der Lernkultur, eine Veränderungen von Rollen der Lehrkräfte und Lernenden sowie die Nutzung der Potenziale digitaler Medien selbst, wie Interaktivität, Konnektivität und Vernetzung (Irion & Scheiter, 2018) Bestandteile eines neuen Denkens über Lernen für die digitale Welt. Die rasanten technischen Entwicklungen pädagogisch auch zu nutzen und Lehr-Lern-Prozesse zeitgemäß zu gestalten, Motivation und Interesse zu fördern sowie bestimmte Gruppen von Schülerinnen und Schülern gezielter zu fördern, bilden in diesem Bereich die Grundlagen für ein zukunftsorientiertes Lernen mit digitalen Medien. Mehr noch als für alle anderen Zielperspektiven des Lernens in der digitalen Welt sind für die gelingende Entwicklung und Umsetzung zeitgemäßer Formen des Lernens für die digitale Welt Einstellungen der Lehrkräfte zur Rolle der Schule in der Gesellschaft sowie ihre professionellen Sichtweisen und Kompetenzen in der Unterrichtsgestaltung entscheidend.

Fazit

Das Lernen für die digitale Welt verfolgt unterschiedliche Zielsetzungen. Die Förderung digitaler Kompetenzen, die Modernisierung von (Fach-)Unterricht und die zeitgemäße Gestaltung von Schule sind dabei zentral und erfordern neue Kompetenzen für und von Lehrkräften.

|16|2.1.2 Gestaltung des Lernens für die digitale Welt auf Einzelschulebene

‚Lernen für die digitale Welt‘ auf der Einzelschulebene zu gestalten, ist als schulischer Veränderungsprozess in einem Gesamtkontext von Schulentwicklungsprozessen zu sehen, an dem im Idealfall alle Lehrkräfte einer Schule und möglichst auch die weiteren schulischen Akteurinnen und Akteure mitwirken. Um Schule an den Anforderungen einer Mediengesellschaft auszurichten, reicht eine Fokussierung auf die für die Gestaltung von Lernprozessen und damit für viele Lehrkräfte auf den ersten Blick besonders relevante Unterrichtsebene allein aber nicht aus. Vielmehr sind alle fünf Dimensionen digitalisierungsbezogener Schulentwicklung (Gerick & Eickelmann, 2017) zu adressieren, um schulische Prozesse und Rahmenbedingungen umfassend mitzuentwickeln (vgl. auch Schaumburg & Prasse, 2019). Diese umfassen:

die Organisationsentwicklung

die Unterrichtsentwicklung

die Personalentwicklung

die Technologieentwicklung

die Kooperationsentwicklung