Schwarz wie deine Umarmung - Julie Craner - E-Book

Schwarz wie deine Umarmung E-Book

Julie Craner

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Beschreibung

Aurora sucht in der veralteten Vampir-Gesellschaft ihre Unabhängigkeit. An Erics Seite will sie zeigen, dass sie mehr ist als ein hübsches Accessoire. Doch er hält sie vom Kämpfen ab, nachdem er sie fast verloren hätte. In ihrem neuen Alltag riskieren sie ihre Beziehung. Sasha, die Freundin des Vampirkönigs, fühlt sich wie in einem goldenen Käfig. Sie will mehr sein, als ein netter Zeitvertreib und ihr bleibt kein anderer Weg, als sich von Vlad zu trennen. Bepackt mit einem Kindheitstrauma und den Entzugserscheinungen als Blutsklavin such sie bei Aurora und Eric Zuflucht. Währenddessen verschwinden in Paris Vampire und Sasha wird fast entführt. Steckt Rasputin dahinter? Und wer hat es auf Sasha abgesehen?

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Seitenzahl: 572

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Schwarz wie deine Umarmung

Ein Roman von Julie Craner

Schwarz wie deine Umarmung

- Seelen der Dunkelheit 3

Julie Craner

Impressum

E-Mail: [email protected]

Adresse: Julie Craner – c/o Fakriro GbR/ Impressumsservice – Bodenfeldstr.9 - 91438 Bad Windsheim

Cover: Acelya Soylu

Lektorat und Korrektorat: Sabrina Schumacher

Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin, 1. Ausgabe 2023, Berlin

Anm.: Im Buch verwende ich eine umgewandelte Geschichte der Familie Romanow. Bis auf die Ermordung der russischen Zarenfamilie und dem Anschlag von Dimitri Romanow auf Rasputin und dessen Verschwinden vor der Oktoberrevolution ist alles andere frei erfunden und entspricht nicht der Wahrheit.

Triggerwarnung: Erwähnung von körperlicher und seelischer Gewalt an Jugendlichen (Sashas Vergangenheit). Solltet ihr oder ein Nahestehender davon betroffen sein, holt euch bitte Hilfe. Das Kinder-und Jugendtelefon ist Mo-Sa von 14-20 Uhr besetzt und ganz anonym unter der Nummer 116 111 erreichbar.

Bisher erschienen:

Schwarz wie dein Herz – Seelen der Dunkelheit 1

Schwarz wie deine Liebe – Seelen der Dunkelheit 2

Klappentext

Aurora sucht in der veralteten Vampir-Gesellschaft ihre Unabhängigkeit. An Erics Seite will sie zeigen, dass sie mehr ist als ein hübsches Accessoire. Doch er hält sie vom Kämpfen ab, nachdem er sie fast verloren hätte. In ihrem neuen Alltag riskieren sie ihre Beziehung.

Sasha, die Freundin des Vampirkönigs, fühlt sich wie in einem goldenen Käfig. Sie will mehr sein, als ein netter Zeitvertreib und ihr bleibt kein anderer Weg, als sich von Vlad zu trennen.

Bepackt mit einem Kindheitstrauma und den Entzugserscheinungen als Blutsklavin such sie bei Aurora und Eric Zuflucht.

Währenddessen verschwinden in Paris Vampire und Sasha wird fast entführt.

Steckt Rasputin dahinter? Und wer hat es auf Sasha abgesehen?

Manchmal sieht man erst, für was man kämpfen muss,

wenn man es fast verloren hat.

1 Sasha

Ein Schuss ertönte. Sasha zuckte so heftig zusammen, dass der Pinsel vom Papier abrutschte und einen hässlichen Strich auf dem Bild hinterließ, an dem sie seit über einer Woche arbeitete. Fluchend ließ sie ihr Malzeug sinken und starrte aus dem Fenster.

Wahrscheinlich wollte dieser Prinz Romanow seinen Männern wieder irgendetwas beweisen. Wären Eric oder Lorenzo hier, würde er sich das nicht trauen. Doch beide verbrachten Zeit mit ihren Frauen und überließen das Training der Männer dem russischen Kommandanten des Vampirkönigs.

Vlad war gerade allerdings mit seiner Leibgarde zu einem Treffen mit der Kirche unterwegs. Ein weiterer Grund, warum sich Romanow diese Freiheiten erlaubte.

Sasha seufzte. Sie fühlte sich so allein in diesem großen Haus. Ihre Einsamkeit war nach Weihnachten noch schlimmer geworden. Endlich hatte sie zu mehreren Frauen eine Freundschaft aufgebaut, doch dann war mit der Schlacht gegen Rasputin alles anders gekommen.

Aurora Zantoni, ihre einzige menschliche Freundin, war so schwer verletzt gewesen, dass sie in eine Vampirin verwandelt werden musste. Und aufgrund der königlichen Gesetze hatte sie Berlin umgehend verlassen müssen. Sie war mit ihrem Gefährten Eric ein paar Wochen gereist, um sich an ihren neuen Körper zu gewöhnen, doch jetzt wollten sich die zwei in Paris ansiedeln.

Sasha wünschte, sie könnte ihnen einfach hinterherfahren. Jedoch wusste sie nicht, wie gut sich Aurora unter Kontrolle hatte und ob sie es mehrere Stunden neben ihr aushalten würde. Die Neuvampirin hatte Sasha gesagt, dass sie sehr verlockend roch und es schwer war, in ihrer Gegenwart nicht hungrig zu werden.

Helen, die vampirische Freundin von Auroras Bruder, war ein paar Tage nach der Schlacht einfach verschwunden. Einmal hatte sich Sasha bei Markus erkundigt, was passiert war. Doch sein trauriges Schweigen hatte sie so hart getroffen, dass sie sich nicht traute, ein weiteres Mal nach der lebhaften Vampirin zu fragen.

Und dann war da noch Francesca, die eine Tochter geboren hatte und sich um sie kümmern musste. Ein paarmal hatte sie Sasha schon zu sich nach Hause eingeladen. Doch bisher hatte sie das Angebot der italienischen Vampirin immer abgelehnt. Sasha wusste nicht, ob sie sich mit Francesca so über das Baby freuen konnte, wie es eine Freundin verdiente. Sie spürte den scharfen Stachel der Eifersucht, jedes Mal, wenn sich die kleinen Babyhände um ihren Finger legten. Sie wollte so gerne selbst ein Kind haben. Doch Vlad hielt sie immer wieder hin. Sagte ihr, es wäre zu früh für sie und dass es in der derzeitigen politischen Lage zu gefährlich für ein Kind wäre.

Manchmal wünschte sie sich die Zeit in Vlads New Yorker Penthouse zurück, kurz nachdem sie sich kennengelernt hatten. Damals wusste sie nicht, wer er war. Hielt ihn für einen reichen Geschäftsmann. Natürlich verheimlichte er ihr anfangs, dass er ein Vampir war. Trotzdem hatte er sich oft Zeit genommen, um sich mit ihr zu unterhalten oder neben ihr auf dem Sofa Filme zu schauen und dabei Pizza zu essen. In Sashas Bauch flatterte es warm, wenn sie daran dachte, was der König der Vampire alles getan hatte, damit sie sich in seiner Gegenwart sicher fühlte. Irgendwann später hatte Vlad ihr gebeichtet, wie schwer ihm die Pizza im Magen gelegen hatte, und dass er sich lieber einen Schluck von Sashas verführerischem Blut gegönnt hätte.

Stirnrunzelnd kehrte sie mit ihren Gedanken in die Gegenwart zurück, wischte mit einem kleinen Lappen über den quer geratenen Strich und besserte die Stelle aus. Das Bild sollte ein Geschenk für Francesca sein. Es zeigte Sasha mit ihren Freundinnen auf dem Sofa im großen Saal, so wie sie vor der Schlacht dagesessen und sich angeregt unterhalten hatten.

Sie zauberte gerade ein Funkeln in Helens Augen, als ein lauter Streit auf dem Hof sie von ihrem Bild ablenkte. Als sie aus dem Fenster sah, standen sich unten Lorenzo und Alexander Romanow gegenüber und diskutierten laut. Sasha konnte nicht hören, worum es ging, aber es sah aus, als würde Lorenzo dem anderen Kommandanten die Meinung sagen.

Gut so!

Plötzlich fiel ihr etwas auf. Wenn Lorenzo hier war, hieß das, ihre Verabredung war ebenfalls angekommen. Ein Blick auf die Uhr bestätigte ihre Vermutung. So ein Mist, sie hatte beim Malen völlig die Zeit vergessen.

Schnell schloss sie ihre Farbtuben und wusch die Pinsel aus. Dann legte sie alles ordentlich auf ihren Arbeitsplatz neben dem Fenster, bevor sie aus dem Zimmer stürmte.

Schon auf halber Strecke hörte sie entfernt ein Baby freudig gurgeln. Vor dem Eingang des großen Saals stand allerdings der Haushofmeister mit einem Tablett und sah sie säuerlich an.

„Mylady wartet schon eine halbe Stunde auf Sie. Sie wollte aber nicht, dass ich Sie hole.“

Sasha versuchte, unter seinem Tadel nicht zusammenzuzucken. Mit hochgezogenen Schultern sah sie auf ihre farbbesprenkelten Ballerinas. „Danke, dass Sie ihr so lange Gesellschaft geleistet haben.“ Sasha nahm ihm das Tablett aus der Hand. „Ich kümmere mich um den Rest. Danke, Enrico.“

„Wie Sie wünschen.“ Er deutete eine Verbeugung an und entfernte sich in Richtung Küche. Dabei murmelte er etwas von unzuverlässigen Menschen, bevor er um die Ecke verschwand.

Sasha sah auf das Tablett hinab. Lauter herrliche Gebäckstücke waren darauf angerichtet und feines Porzellan stand neben einer Thermoskanne, die bestimmt bis oben mit heißem Kaffee gefüllt war. Langsam balancierte sie alles durch die offen stehende Tür.

„Entschuldige, ich habe die Zeit vergessen.“ Sie stellte das Tablett auf den Tisch und setzte sich auf das Sofa zu Francesca und ihrem Baby. „Du hättest mich rufen lassen sollen.“

„Ach Quatsch, wir warten noch nicht lange und Diana hatte so genug Zeit, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen.“

Francesca drückte Sasha das Baby in den Arm. „Hier, halt sie mal, ich will nur kurz die Decke ausbreiten. Dann kann ich endlich in Ruhe diese leckeren Pasteten genießen.“ Sie lachte Sasha melodisch an.

Diese wusste erst nicht, wie sie sich verhalten sollte. Doch das Baby schmiegte sich an sie und gurgelte vor sich hin. Eine angenehme Wärme stieg in ihr auf, als sie vorsichtig über Dianas Rücken strich. Ein scheues Lächeln machte sich auf dem Gesicht des Babys breit und erwärmte Sashas Herz.

Das, genau das hier war es, was sie sich wünschte. Jemanden, den sie im Arm halten und verwöhnen konnte. Warum wollte Vlad nicht wenigstens diesem Wunsch zustimmen? Warum konnte er ihr keine Familie gegeben? War es für ihn so schrecklich, ein Kind mit ihr zu bekommen?

„Ist alles in Ordnung?“ Der Blick, den Francesca ihr zuwarf, war durchbohrend. Es schien, als wüsste die Vampirin genau, was in ihr vorging.

Mit einem aufgesetzten Lächeln sah Sascha sie an. „Ja, natürlich, ich habe nur gerade überlegt, ob ich alle meine Farben geschlossen habe. Nachher wird Enrico wieder sauer, weil ich wertvolle Ressourcen verschwende.“

„Pff, das geht den Haushälter überhaupt nichts an.“ Francesca nahm ihr vorsichtig das Baby ab und legte Diana auf die Decke.

Das Kind gluckste und sah sich im Raum um. Francesca lachte. „Prima, damit wäre jemand beschäftigt und ich kann mich endlich diesen leckeren, kleinen Köstlichkeiten widmen.“

Während sich Sasha Kaffee eingoss, schnappte sich Francesca eines der Gebäckstücke. „Also, wir müssen unbedingt shoppen gehen für den Ball“, sagte Francesca. „Ich habe für morgen einen Babysitter organisiert. Wir könnten in die Stadt fahren und zusammen einkaufen.“

Sasha zögerte. „Ich muss das erst mit Vlad besprechen, bevor ich zusagen kann.“

„Ach so ein Quatsch, ich werde ihn schon überreden, wenn er was dagegen hat.“ Francesca lächelte sie an. Sie war wie eine mütterliche Freundin für Sasha und sie war froh, dass die Italienerin hier war. Trotzdem fehlte etwas. Sie konnte es in Francescas’ Lächeln sehen – sie vermisste Aurora und Helen ebenfalls.

„Also gut, ich komme mit zum Shoppen. Auch wenn ich nicht ganz sicher bin, ob ich es nicht bereuen werde.“ Sasha nickte Francesca zu und griff zu einem der viel zu süßen, bunten Gebäckstücke. Vielleicht würde ihr etwas Ablenkung guttun. Ständig in diesem großen Gebäude auf sich gestellt zu sein, zehrte an ihren Nerven. Immer noch sah sie die Schneefelder mit den roten Flecken vor sich, als wäre es nicht schon zwei Monate her. Sie hörte die Schreie der Verwundeten und erinnerte sich an die Angst in den Augen der Soldaten. Sie wünschte sich, sie hätten Rasputin damals erwischt und dieser Spuk wäre endlich vorbei. Doch Vlads Gegner war noch immer auf freiem Fuß. Niemand wusste, wann er wieder zuschlagen würde. Und keiner hatte eine Ahnung, wo er sich rumtrieb.

Darum war der König der Vampire auch so darauf bedacht, sie so wenig wie möglich aus dem Haus zu lassen. Er meinte immer, dass andere sie als seine Schwachstelle sahen und sie deshalb benutzen könnten. Genauso, wie sie es mit Aurora versucht hatten. Sie verstand die Sorge ihres Freundes, doch sie fühlte sich wie in einem goldenen Käfig. Es würde ihr guttun, mit Francesca etwas Normales zu unternehmen.

Nach einem unterhaltsamen Nachmittag mit Francesca und Diana blieb Sasha allein zurück. Vlad hatte sich nur einmal kurz blicken lassen und sich mit Francesca über ihr derzeitiges Befinden ausgetauscht. Dabei hatte diese ihm auch die Erlaubnis abgerungen, mit Sasha einkaufen zu gehen.

Zum Abendessen war Vlad nicht erschienen, obwohl er immer wieder betonte, wie wichtig es war, dass Sasha etwas Ordentliches zu essen bekam und nicht auf ihre Mahlzeiten verzichtete. Dabei wusste er, wie ungern sie allein aß. Aber dringende Staatsgeschäfte hielten ihn in seinem Büro gefangen. Schließlich zog sich Sasha vom Esstisch zurück und ging in ihr Zimmer. Sie fühlte sich alleingelassen, doch sie wollte Vlad nicht bei seiner Arbeit stören.

Sie sah ein bisschen Fernsehen, bevor sie sich sie sich ins Bett legte und einzuschlafen versuchte. Nach einigem Hin- und Herwälzen gelang es ihr, in einen unruhigen Schlaf zu fallen.

Das kleine Zimmer mit den blau karierten Gardinen kam Sasha bekannt vor. Als sich eine Hand grob um ihren Oberarm legte, versuchte sie, sich nur auf das Muster zu konzentrieren und alles andere auszublenden. Der kleine Kaktus, der sich vergeblich nach dem Licht streckte, verschwand aus ihrem Sichtfeld, als sie auf die Matratze geworfen wurde und mit dem Gesicht im Kissen versank. Sie kniff die Augen zusammen und stellte sich den Ausblick auf die rote Ziegelmauer vor. Doch nicht lange konnte sie sich dieser Illusion hingeben, als sich ein Knie in ihren Rücken bohrte und eine dunkle Stimme über ihr grölte.

Das Klimpern einer Gürtelschnalle ließ sie erstarren. Nur durch einen Biss auf ihre Unterlippe verhinderte sie das Wimmern, das aus ihr herausbrechen wollte. Laute würden alles nur noch schlimmer machen. Als der Ledergürtel auf ihren Rücken traf, atmete sie zischend aus, ängstlich darauf bedacht, leise zu sein.

Keuchend schlug Sasha die Augen auf, den Rücken fest in die Matratze gedrückt. Dunkelheit umfing sie. Vorsichtig tastete sie nach der Nachttischlampe, schaltete diese an. Sie war allein im Raum, der so anders als der in ihrem Traum war. Erleichtert atmete sie durch und schlug die Decke zurück, die schwer auf ihrer Brust lag. Sobald sie einmal aufgestanden war und sich wieder in der Realität bewegte, würden die Schatten des Traums verschwinden.

Halb schlafend taumelte sie ins Bad und griff nach dem Zahnputzbecher. Kaltes Wasser würde ihrem Hals guttun. Dieser schmerzte, offenbar hatte sie nicht nur im Traum ihre Schreie unterdrückt.

„Du bist noch wach?“

Erschrocken fasste sie sich an die Brust und drehte sich zu der tiefen Stimme um. Vlad stand an den Türrahmen des Bades gelehnt da, seine schwarzen, glatten Haare im Nacken zusammengebunden. Musternd blickten dunkle Augen sie aus einem scharf geschnittenen Gesicht an.

Leicht verzog sie einen Mundwinkel zu einem Lächeln. „Ich hatte nur Durst.“

„Dann hat es also nichts mit einem weiteren Albtraum zu tun?“ Skeptisch hob sich eine seiner Augenbrauen.

Ertappt wandte sie sich wieder dem Waschbecken zu und nahm einen zweiten Schluck aus dem Becher. „Den Traum habe ich schon vergessen. Es war nicht wichtig.“

„Warum zittert dann deine Hand?“ Kalte Finger legten sich um ihr Handgelenk. „Ich weiß, dass du lügst.“ Seine Stimme hauchte an ihrem Ohr entlang und ließ sie schaudern. „Wieso machst du es dir so schwer, wo ich so leicht dafür sorgen kann, dass es dir besser geht?“ Lockend klangen seine Worte in ihrem Körper nach. „Ich vermisse dich und du vermisst mich doch auch, oder?“

Sie spürte, wie ihr Blut durch ihre Adern zu rauschen begann, und kniff kurz die Augen zusammen. Die Abhängigkeit von ihm war ihr nicht entgangen, doch sie war nicht bereit, sich davon zu lösen. Dafür war es zu einfach, ihm nachzugeben. Seufzend nickte sie und schaute auf.

Im Spiegel kreuzten sich ihre Blicke. Kleine Flammen tanzten in seinen Pupillen, als sich sein Mund zu einem leisen Lächeln verzog.

Leicht legte sie ihren Kopf zur Seite und erkannte aus den Augenwinkeln, wie sich die Eckzähne des Vampirs verlängerten, bevor seine Lippen ihre Haut trafen. Als er langsam an ihrem Blut nippte, spürte sie, wie sich ein seliges Prickeln in ihren Gliedern ausbreitete, das jede Dunkelheit in eine ferne Ecke drängte. Nur am Rande bekam sie mit, wie er sie hochhob und zum Bett trug, sich ihre Hände in seinen Rücken gruben und er sich halb auf sie legte, während sie langsam immer höher ins Licht schwebte.

Als die Euphorie ihren Körper verließ, ruhte sie erschöpft neben ihm, die Augenlider gesenkt. Seine Hand strich über ihre Schulter.

„Du bist ganz kalt.“ Er zog die Decke über sie und streckte sich neben ihr aus. „Deine Träume sind schlimmer geworden. Vielleicht würde dir Ablenkung helfen, ein anderes Haus, eine neue Stadt. Bisher hat es immer gewirkt.“

Flatternd schlug sie die Augen auf und schaute in sein ernstes Gesicht. „Wo willst du denn hin?“ Der Gedanke, diesen Ort zu verlassen, war erleichternd, doch stimmte er sie auch traurig.

Hier hatte sie Freundinnen gefunden. Wenn sie gehen würden, wäre sie wieder ganz allein inmitten des falschen Hofstaates des Königs der Vampire.

Hier in diesem Haus erinnerte sie jedoch gleichzeitig alles an den Angriff auf Vlad vor ein paar Monaten, bei dem Rasputin die Macht an sich zu reißen versuchte. Die große Schlacht hatte am Silvesterabend vor den Mauern dieses Hauses stattgefunden. Sie hatten gewonnen, doch Rasputin war geflohen und es war nicht absehbar, wann er den nächsten Anschlag auf Vlad plante.

„Versuche, nicht daran zu denken. Er wird sich eine sehr lange Zeit erholen müssen, bevor er einen weiteren Schlag wagen kann. Außerdem sind meine Männer hinter ihm her und werden ihn sicher bald entdeckt haben. So etwas wie vor zwei Monaten wirst du nicht noch einmal erleben.“

„Du hast schon wieder meine Gedanken gelesen. Du wolltest damit aufhören.“ Seufzend hob sie ihren Kopf, musterte ihn kurz und ließ ihre Stirn an seine Schulter sinken. Als er nicht zurückzuckte, entspannte sie sich langsam.

„Entschuldige, ich bin nur jedes Mal besorgt, wenn du einen deiner Träume hast. Ich versuche, mich zu bessern.“ Kühle Lippen streiften ihre Stirn. „Willst du gar nicht wissen, was ich mit dir vorhabe?“

„Du wirst es mir sicher gleich zeigen.“ Schmunzelnd versuchte sie, die Röte zu ignorieren, die sich über ihr Gesicht zog.

„Dafür bist du zu müde. Auch wenn dein Gedanke sehr verlockend ist.“ Sie spürte, wie sich seine Lippen zu einem Grinsen verzogen. „Doch ich rede davon, dass wir nach Paris umziehen. Ich habe mich dort um einige Dinge zu kümmern und du könntest dir die ganzen Museen anschauen.“ Während er seinen Blick an die Decke richtete, strich er abwesend über ihren Arm und brachte ihre Haut zum Prickeln.

„Du magst doch Kunst. In Paris kannst du dir viele Bilder berühmter Maler ansehen. Außerdem besitze ich dort ein kleines Schloss. Sicher gibt es ein Zimmer, in dem du dir ein Atelier einrichten kannst, um dich zu beschäftigen.“

Leicht bewegte sie ihren Kopf, der immer schwerer wurde, auf und ab. Ein eigenes kleines Zimmer zum Malen wäre wunderbar und sie stellte es sich fantastisch vor, die vielen Bilder der großen Künstler zu bewundern. Irgendwann einmal hatte sie gelesen, dass man Tage im Louvre zubringen konnte und trotzdem immer etwas Neues entdeckte. Auch wenn sie den leisen Hintergedanken hatte, dass Vlad sie damit nur in Bewegung halten wollte, begann der Gedanke eines Umzuges ihr zu gefallen. Immerhin war Aurora dort und auch neu in Paris. Vielleicht konnten sie die Stadt zusammen entdecken.

***

Einsam saß Sasha in dem großen Esszimmer vor dem kleinen Frühstücksbuffet. Irgendwann in ihrer Kennenlernphase hatte Vlad eine Mannschaft von Köchen engagiert, damit sie immer etwas zu essen hatte. Als Vampir war er nicht auf menschliche Nahrung angewiesen, aber er hatte dafür gesorgt, dass Essen für sie auf dem Tisch stand. Nur kam es immer seltener vor, dass er ihr bei den Mahlzeiten Gesellschaft leistete.

Seufzend biss sie von ihrem Toast ab. Ständig war er mit irgendetwas beschäftigt. Vielleicht würde sich das nach ihrem Umzug ändern, doch daran glaubte sie nicht wirklich. Er hatte davon gesprochen, dass ihn Geschäfte in Paris erwarteten, also würde sie wieder allein bleiben.

Sie nahm sich ihre Tasse Tee und stellte sich an die Terrassentür, um in den Garten zu schauen. Die Sonne schien hell auf die grüne Rasenfläche hinab und es war, als wollte sie Sasha nach draußen locken.

Kurz drehte sie sich um, dann schlüpfte sie durch die Tür in das Licht. Genüsslich schloss sie die Augen und hielt ihr Gesicht in die warmen Strahlen. Dies war etwas, was Vampiren verwehrt war. Wenn diese nur kurz ins Sonnenlicht gingen, bekamen sie im günstigsten Fall einen Sonnenbrand, im schlimmsten konnten sie an den schweren Verbrennungen sterben. Sollte Sasha irgendwann einmal verwandelt werden, würde sie das hier vermissen.

Wie es wohl Aurora mit dieser Tatsache ging? Vielleicht würde sie die junge Frau fragen, wenn sie in Paris aufeinandertrafen.

Hoffentlich konnte Eric Vlad etwas von der Arbeit abnehmen, die Geschäfte und die Politik schienen den Vampirkönig in letzter Zeit immer mehr aufzufressen. Ruhe fand er nur in den wenigen Stunden, die er in Sashas Armen verbrachte und von ihrem Blut trank. Langsam machte sich Sasha wirklich Sorgen um ihn, er brauchte eine Pause. Auch wenn er nicht mit ihr darüber sprach, konnte sie sehen, dass ihn der Verrat belastete und er wie verrückt nach den letzten Aufwieglern suchte.

„Sasha, bist du dort draußen?“ Erschrocken drehte sie sich zu der dunklen Stimme. Vlad stand lächelnd im Esszimmer. „Du kannst gleich wieder die Sonne genießen, ich will nur kurz mit dir reden.“

Schnell ging sie nach drinnen und schloss die Tür, um seine Haut mit dem Spezialglas zu schützen. „Ist etwas passiert?“

Grinsend nahm er sie in die Arme und fuhr mit seinen Händen durch ihre langen, blonden Haare. „Nein, es ist alles in Ordnung.“ Seine Nase strich an ihrem Ohr entlang. „Du riechst herrlich nach der Sonne. Du solltest viel öfter draußen sein.“ Er hauchte ihr einen zarten Kuss auf die Wange, bevor er sie ein Stück von sich schob. „Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass wir nächste Woche losfahren, denk also daran, langsam deine Sachen zusammenzupacken und dich von Francesca zu verabschieden. Der Ball am Samstag wird gleichzeitig unser Abschiedsball. Enrico wird sich um alles kümmern.“ Er küsste sie kurz. „Ich muss jetzt zur Besprechung mit Lorenzo. Ich wünsch dir viel Spaß beim Shoppen.“ Lächelnd drehte er sich um und verschwand aus dem Zimmer, während sie ihm noch hinterherblinzelte.

***

„Was? Ihr wollt weg?“ Francesca lehnte sich in dem kleinen, schwarzen Sessel des Modehauses zurück und griff nach dem Champagnerglas, das eine Verkäuferin ihr gegeben hatte.

Traurig nickte Sasha ihr zu, während sie das grüne Kleid an sich begutachtete. Es würde eher zu Helen passen als zu ihr.

„Wohin wollt ihr denn fahren?“ Francesca deutete auf ein pastellrosa Kleid mit weißen Stickereien. Auch wenn Sasha skeptisch wegen ihres hellen Hauttons war, griff sie danach.

„Paris!“ Sasha zog sich in der Kabine um und kam in dem knöchellangen Kleid wieder heraus. „Vlad hat dort geschäftlich zu tun und ich kann mir die großen Museen anschauen.“ Das Kleid stand ihr überraschend gut, wie sie durch einen Blick in den Spiegel feststellte.

„Wusste ich es doch, das ist perfekt.“ Zufrieden lächelnd prostete Francesca ihr zu. „Paris klingt wirklich traumhaft, die Stadt der Liebe. Dorthin möchte ich auch mal wieder fahren. Wenn der König länger bleibt, werden wir euch sicher folgen.“

„Das wäre toll. Ich werde dich vermissen.“ Seufzend nahm sie einen großen Schluck aus ihrem eigenen Champagnerglas und spürte, wie das Prickelwasser langsam ihre Gedanken umnebelte.

Francesca griff nach ihrer Hand. „Wenn du nicht gehen möchtest, könntest du auch bei Lorenzo und mir einziehen, bis Vlad seine Geschäfte in Paris geregelt hat.“

„Das Angebot ist wirklich nett, aber ich kann ihn nicht allein gehen lassen.“ Schon bei dem Gedanken daran, von Vlad getrennt zu sein, fing ihr gesamter Körper an zu zittern.

Es lag nicht nur an ihm als Person, sondern auch an seinem Biss. Inzwischen hatte Vlad so oft an ihr genippt, dass sich ihr Körper daran gewöhnt hatte und sich schon nach dem nächsten Biss sehnte. Jedes Mal, wenn seine Zähne ihre Haut durchbrachen, fühlte sie eine Welle von Glück und Vergessen durch ihre Glieder pulsieren - wie eine Droge. Genau das war das Problem. Sogar beim Gedanken daran, er könnte zu weit von ihr entfernt sein, sandte ihr Körper ihr Entzugserscheinungen. Sie war zu seiner Blutsklavin geworden, zu einem Junkie, der sich nach dem nächsten Biss sehnte.

Sie wusste, dass sie irgendwann den Absprung schaffen und ihm von ihren Problemen erzählen musste, doch dafür war sie noch nicht bereit.

„Sasha, ist alles in Ordnung mit dir?“ Kalte Hände lagen an ihrem Gesicht. Schwarze Augen blickten sie besorgt an, während das Blut durch ihre Ohren rauschte. Kurz blinzelte sie, bis sie Francesca klar erkennen konnte.

„Es geht gleich wieder.“ Sie senkte die Lider und genoss das Gefühl der Kälte auf ihren Wangen. Als sie das Zittern einigermaßen unterdrückt hatte, lächelte sie Francesca beruhigend zu. „Das waren wohl ein paar Schlucke Champagner zu viel. Ich werde nach Hause fahren und mich hinlegen.“

„Ist auch wirklich alles gut?“ Eindringlich konnte sie Francescas Blick auf sich spüren, als versuchte diese, die Wahrheit unter ihrer Fassade zu finden. „Ich könnte dir einen Tropfen Blut abnehmen, um zu schauen, dass du auch nichts hast.“

„Das ist nicht nötig. Ich habe nur wenig geschlafen und jetzt einfach zu viel Alkohol auf einmal getrunken.“ Breit lächelte sie Francesca an und nickte bestimmend.

Sie ließen sich ihre Kleider einpacken und bezahlten. Sasha verabschiedete sich von Francesca in der Tiefgarage des Modehauses, wo Vlads Fahrer mit der Limousine auf sie wartete.

Wie zu erwarten nahm der Hüne in dem schwarzen Anzug ihr sofort das Paket ab und öffnete ihr die Tür zur Rückbank. Der große Vampir, der einem Blickkontakt immer auswich, wäre auch ohne Probleme als Bodyguard durchgegangen. Sie setzte sich auf den Rücksitz und winkte Francesca noch einmal mit einem erzwungenen Lächeln zu. Als sie anfuhren, kämpfte sie nicht weiter gegen ihren Körper an, sondern ließ das Zittern einfach zu. Entkräftet legte sie sich auf die weichen Lederpolster und schloss die Augen wieder. Erst Vlads Gegenwart würde ihr Linderung verschaffen. In ihrem Kopf bildeten sich die Bilder, wie sie zum ersten Mal von ihm gebissen worden war:

Es war einer der ersten Bälle der Vampire, auf dem Vlad ihre Anwesenheit zugelassen hatte. Sie tanzte mit ihm, trank Champagner und unterhielt sich oberflächlich mit einigen seiner Adligen. Der Alkohol forderte schließlich seinen Tribut und sie verschwand von der Tanzfläche, um die Toilette aufzusuchen.

Als sie den Raum verließ, wartete ein dunkelhaariger Vampir auf sie und lächelte sie breit an. Wenn sie sich richtig erinnerte, gehörte er zum russischen Adel.

„Alexander Romanow, Mylady.“ Er trat nah an sie heran und griff nach ihrer Hand. Als er sich zu einem Handkuss herunterbeugte, blitzten seine verlängerten Eckzähne auf. „Es ist sehr ungewöhnlich, einen Menschen in der Gegenwart des Königs zu sehen. Aber offensichtlich bringt ihn dieses Spielzeug auf andere Gedanken.“

Sie versuchte, ihm ihre Hand zu entziehen, doch er hielt sie in eisernem Griff und drängte sie immer weiter an die Wand.

„Es würde mich interessieren, was an dir so besonders ist.“ Mit seinem Körper presste er sie gegen die Mauer, während seine Stimme an ihrem Ohr wisperte: „Es wird ihm wohl nichts ausmachen, wenn ich dein Blut einmal koste.“

Erst seine Worte brachten sie dazu, sich gegen ihn zu drücken, doch da hatte sich sein Kopf schon zu ihrem Hals gesenkt. Keuchend schlug sie ihn, um seine Lippen von ihrer Haut zu befreien.

Ein Schatten legte sich über sie und im nächsten Augenblick war sie von der Last befreit. Während sie erleichtert an der Wand entlang auf den Boden sank, konnte sie sehen, wie Vlad über ihrem Angreifer lehnte und ihn anschrie. Sie konnte die Worte nicht hören, da die Angst in ihren Ohren rauschte, doch es sorgte dafür, dass der andere sich angekratzt erhob und sich vor seinem König verbeugte. Bevor er sich umdrehte und den Gang hinunter in den Ballsaal zurücklief, funkelte er sie an.

Vlad hockte sich vor sie und sah sie lange an, bevor seine Fingerknöchel vorsichtig über ihre Wange strichen. „Ich hätte besser für deine Sicherheit sorgen sollen.Von jetzt an werden dich meine Wachleute immer im Blick haben, so etwas wie eben wird nicht noch einmal vorkommen.“

„Danke.“ Sie griff nach seiner Hand und schaute schüchtern zu ihm auf. „Der Mann wollte mein Blut.“

„Das stimmt, doch das stand ihm nicht zu.“

„Doch dir steht es zu.“ Sie konnte sehen, wie sich seine Augen weiteten und er ihr ruckartig die Hand entzog.

„Das musst du nicht tun. Das habe ich nie von dir verlangt.“

„Ich weiß, doch du sollst es haben. Es gehört zu der Art, wie du dich ernährst.“ Seufzend versuchte sie, seinen Blick einzufangen. „Du hast mich aufgenommen und mir alles gegeben, was ich brauchte. Mein Blut ist das Geringste, was ich dir als Dank geben kann.“

Er schüttelte den Kopf und stand auf. „Du weißt nicht, was du da redest. Wenn ich dein Blut nehme, werde ich deinen ganzen Körper einnehmen wollen.“

„Das wäre nicht so schlimm.“ Lächelnd erhob sie sich. „Als du mich damals mitgenommen hast, dachte ich, es ginge dir um Sex. Doch du hast nichts verlangt. Es wird Zeit, dass ich meine Schuld abbezahle.“

Erstaunt sah er sie an. „Du musst nichts tun, was du nicht willst.“

Mutig griff sie nach seiner Hand. „Aber ich will es so. Ich möchte dir etwas zurückgeben.“ Lange sah er sie an und wartete auf ein Zeichen, dass sie ihr Angebot bereute, doch sie vertraute ihm.

„Du solltest mir nicht vertrauen. Du weißt nicht, was ich alles getan habe.“ Er schleuderte ihr seine Worte kalt entgegen, um sie zu vertreiben, doch sie stand nur da und schüttelte den Kopf.

„Du warst immer gütig zu mir. Du kannst mir keine Angst einjagen.“ Auch wenn sie noch nie mit einem Mann intim gewesen war, war sie bereit, ihm alles zu geben, was sie hatte. Ohne Zögern presste sie ihre Lippen auf seine. Nur flüchtig, dann zog sie sich zurück, als er nicht reagierte. Kurz schien er mit sich zu kämpfen, danach richtete sich sein Blick entschlossen auf sie.

„Wenn du es so willst, lass uns gehen.“ Er zog sie in ihr Schlafzimmer und sperrte die Tür hinter sich ab. „Du kannst jederzeit stopp sagen, wenn du es nicht willst.“

Mit zusammengepressten Lippen nickte sie ihm zu, während ihr Herz ihr bis zum Hals schlug. Hier in diesem dunklen Raum fingen seine Augen an, Flammen zu schlagen. Es kam ihr vor, als würde ein vollkommen anderer Mann vor ihr stehen. Doch es war zu spät, um umzukehren.

Seine kalten Hände fuhren ihre Arme hinauf, während seine rot gefärbten Augen sie unverwandt ansahen und ihren Blick gefangen hielten. Sie spürte, wie seine Finger federleicht über ihren Rücken wanderten, um den Reißverschluss ihres Kleides zu öffnen. Im nächsten Augenblick rutschte es ihr von den Schultern und bauschte sich zu ihren Füßen. Docher unterbrach nie ihren Blickkontakt.

Erst als seine Arme sie umfingen und sie an ihn zogen, als seine Lippen sich langsam auf ihre senkten, schloss sie ihre Augen und ließ sich blind von ihm führen. Es war angenehm, von ihm geküsst zu werden, und ihr Mund fühlte sich einsam an, als seine Lippen an ihrem Kiefer entlang zu ihrem Hals glitten.

Sie lehnte ihren Kopf zur Seite, um ihm besseren Zugang zu gewähren, und wartete mit angehaltenem Atem auf den Schmerz. Doch als seine Zähne ihre Haut durchbrachen, durchspülte sie eine Welle von Glück und ein unbekanntes Kribbeln breitete sich in ihrem Körper aus. Das Gefühl wurde immer stärker mit jedem Saugen und sie klammerte sich seufzend an seine Schultern, bat ihn in Gedanken, nie wieder damit aufzuhören.

Er drängte sie zum Bett und ließ kurz von ihr ab, um ihr die Unterwäsche auszuziehen und sich selbst seiner Kleider zu entledigen. Sie lag auf der Matratze und betrachtete ihn ohne Furcht durch ihren vernebelten Blick. Sie sehnte sich nur nach seiner Nähe.

Schnell lehnte er über ihr, sein Knie drängte ihre Beine auseinander, und als seine Zähne wieder durch ihre Haut stießen, war er auch in ihr.

Kurz keuchte sie auf und klammerte sich an seinen Armen fest, während er bewegungslos über ihr lag. Als der Schmerz nachließ, bewegte er sich vorsichtig in ihr, saugte weiter an ihrem Hals. Unterdrückt konnte sie ihn an ihrer Haut stöhnen hören, während seine Hände ihren Körper entlangfuhren, damit er sich tiefer in ihr vergraben konnte. Das Prickeln kehrte mit ungeahnter Intensität zurück und ließ ihren Geist schweben. Sie konnte spüren, wie sie schreiend um ihn herum zerplatzte, um erschöpft und glücklich in seinen Armen wieder zu sich zu kommen.

Das Zuschlagen des Kofferraums ließ Sasha aufschrecken. Blinzelnd sah sie aus dem Fenster. Sie waren bereits vor der Villa angekommen. Benebelt fasste sie sich an den Kopf. Sie konnte sich kein bisschen an die Rückfahrt erinnern, so fest hatte sie geschlafen. Der Chauffeur, den sie im Kopf Igor getauft hatte, als sie ihn das erste Mal gesehen hatte, öffnete ihr wortlos die Tür. Langsam stieg sie aus dem Wagen und streckte ihre eingeschlafenen Glieder. Als sie ihm das Paket mit ihrem Kleid abnehmen wollte, das er sich unter den Arm geklemmt hatte, schüttelte er nur den Kopf und wich ihr aus.

Schnaubend wankte sie die Treppe zum Eingang nach oben und ließ sich von ihm die Tür öffnen. Ein kleiner Mann mit Halbglatze in einem grauen Anzug kam ihr entgegengeeilt.

„Lady Sasha, da sind Sie ja wieder.“ Das Lächeln, das er ihr schenkte, kam ihr schmierig vor, doch sie versuchte es zu ignorieren und nickte dem Haushofmeister zu. Enrico war schon immer für Vlads Haushalt zuständig gewesen und ließ sich von ihr nicht einen Moment die Zügel aus der Hand nehmen. Auch wenn es sie nie gestört hatte, dass er sich um alle Feste und Angelegenheiten im Haus kümmerte, konnte sie sich doch nicht daran gewöhnen, dass er immer wusste, wo sie sich gerade aufhielt. Es war fast so, als würde er ihr heimlich nachspionieren.

„Ich hoffe, Ihr Einkauf war erfolgreich.“ Seine nasale Stimme gab ihren bisher kaum vorhandenen Kopfschmerzen Nahrung.

„Ja, das war er.“ Sie beobachtete, wie Chauffeur Igor ihm das Paket mit ihrem Kleid in die Hand drückte. „Ich bin auf meinem Zimmer und ruhe mich ein bisschen aus, falls seine Majestät nach mir verlangt.“

„Dann lasse ich das Abendessen auf Ihr Zimmer bringen?“

Sie nickte ihm zu und flüchtete die Treppe nach oben in die erste Etage zu den Wohnräumen. Nur weg von dieser ganzen höfischen Etikette, auf die Enrico solch einen Wert legte. Selbst wenn sie nur unter sich waren, durfte sie mit Vlad erst normal sprechen, sobald sie in ihren privaten Räumen waren.

Ein paar Wochen nachdem er sie bei sich aufgenommen hatte, hatte Vlad darauf bestanden, dass sie sich von Enrico in die höfischen Verhaltensweisen der Vampire einweisen ließ und Fremdsprachen lernte. Er war ein strenger und humorloser Lehrer gewesen, der ihr nicht den geringsten Fehler durchgehen ließ und sie auch heute noch mit einem Räuspern korrigierte, wenn sie nicht lange genug vor Vlad knickste.

Leicht rieb sie sich über die Stirn. Das Ziehen in ihrem Kopf wurde langsam stärker und das Zittern ihrer Hände war wieder da. Seufzend entledigte sie sich der Bluse und der Anzughose und schlüpfte in ihren Jogginganzug.

Mit ihrem Block und einem Bleistift setzte sie sich an das Fenster und schaute hinaus. Manchmal half es ihr, sich mit dem Zeichnen abzulenken, doch ihre Hand wollte heute kein Motiv zu Papier bringen. Kurz schloss sie die Augen und lehnte die Stirn gegen die kühle Scheibe. Ein paar Minuten blieb sie so sitzen und hoffte, noch etwas zeichnen zu können. Doch sie war wie blockiert. Frustriert legte sie die Zeichensachen auf den Tisch und warf sich auf das Bett. Die Kissen zogen sie magisch an und ließen sie zur Ruhe kommen.

Eine Hand auf ihrer Schulter holte sie in die Gegenwart zurück, weg aus dem Zimmer ihrer Kindheit. Blinzelnd öffnete sie die Augen und sah in Vlads ernstes Gesicht.

„Du hast so komisch geatmet im Schlaf. Ist alles in Ordnung?“ Seine Hand strich vorsichtig über ihre Schulter.

„Es war nur ein Traum, mehr nicht.“ Sie versuchte zu lächeln, doch die Schmerzen aus ihrer durchlebten Erinnerung waren zu real, um so zu tun, als wäre nichts. Es kam ihr so vor, als könnte sie immer noch die Striemen auf ihrem Rücken spüren, obwohl sie wusste, es war vorbei. Sie legte ihre zittrigen Arme um Vlads Hals und zog ihn zu sich herunter. „Lass mich einfach vergessen.“

Kopfschüttelnd lehnte er sich neben sie, seine Hand wanderte an ihrer Seite entlang. „Bist du dir sicher? Ich hab gestern Nacht erst von dir getrunken.“

Sie nickte. „Es geht mir gut, ich vermisse dich nur.“

Er musterte sie lange, doch seine Augen fingen schon an, Funken zu sprühen. „Also gut. Wie könnte ich dir einen Wunsch abschlagen?“ Er zog ihr Handgelenk zu sich und küsste es sanft. Als sich seine Zähne durch die Haut bohrten, konnte sie spüren, wie die Kopfschmerzen von ihr abfielen. Seufzend lehnte sie sich zurück und hieß das bekannte Prickeln willkommen.

2 Aurora

Irritiert sah sich Aurora im Flughafengebäude um. Ihr Hals kratzte unangenehm. Noch immer machte ihr die Gegenwart zu vieler Menschen zu schaffen. Deswegen hatte Eric zu große Städte vermieden und sie lieber auf eine Reise durch die skandinavischen Länder mitgenommen. So konnte sie in den Städtchen langsam ihre neuen Instinkte kennenlernen und sich daran gewöhnen, nicht zu sehr aufzufallen. Das war ihr bis auf ein paar kleine Ausrutscher auch ganz gut gelungen.

Doch hier fühlte sich etwas falsch an. Es war nur eine Ahnung, genau benennen konnte sie es nicht.

Eric hatte sie eng an seine Seite gezogen. Nach außen hin gab er sich lässig, doch sein Körper war angespannt. Er führte sie die Gangway hinunter und in das Flugzeug. Ständig hatte Aurora das Gefühl, sich umdrehen zu müssen. Als würde jemand sie verfolgen. Wieder warf sie einen Seitenblick auf Eric. Doch dieser schaute völlig unbeteiligt nach vorne.

Betont ruhig ließ sie sich in das Polster des Flugzeugsitzes sinken. Das verdrehte Gefühl in ihrem Bauch hatte nichts damit zu tun, dass sie das erste Mal als Vampir im Flugzeug saß. Möglichst unauffällig sah sie sich um. Eric hatte sich neben sie gesetzt und nahm ihre Hand. Anhand seines Griffs merkte sie, er war genauso angespannt, wie sie sich fühlte.

Sie lehnte sich an seine Schulter. „Eric, ich glaube, irgendetwas stimmt nicht.“

Er nickte langsam. Dann führte er ihre Hand an seine Lippen. „Drei Reihen hinter uns, schräg rechts“, wisperte er an ihrer Haut.

Aurora musste sich zwingen, nicht sofort dorthin zu schauen. Sie streckte sich etwas und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Dabei ließ sie ihren Blick wandern. Sie konnte nicht viel erkennen. Ein kräftiger Körper, der in einen Anzug gepresst war, der nicht für ihn gemacht zu sein schien. Sie griff fester nach Erics Hand. „Was sind das für Leute?“ Zögernd sah sie ihn an.

Eric hob nur seine Augenbrauen. „Es könnte sein, dass es sich um Jäger handelt. Leider kann ich nicht genau in ihren Gedanken erkennen, warum sie uns verfolgen. Aber sie sind seit Norwegen auf unserer Spur.“

Sie versteifte sich und wandte ihm ihr Gesicht zu. „Seit Norwegen? Aber ...“ Aurora atmete tief durch. „Das sind fast drei Wochen. Warum hast du mir nichts gesagt?“

„Sie sind erst vor drei Tagen wieder in unserer Nähe aufgetaucht.“ Mit einem sanften Lächeln sah er sie an. Doch das beunruhigte Flackern in seinen Augen konnte er damit nicht überdecken. „Außerdem musstest du dich auf wichtigere Dinge konzentrieren.“ Betont hob er seine Augenbrauen.

Sie wusste genau, worauf er hinauswollte. Ihr Hunger als Jungvampir machte ihr zu schaffen. Sie war froh, dass Eric Orte gewählt hatte, an denen wenige Menschen unterwegs waren. Der Geruch nach Blut und das Pulsieren der lebendigen Herzen triggerte ihren vampirischen Hunger. Für einen neugeborenen Vampir war das kein Wunder. Eric hatte erklärt, dass es noch einige Zeit dauern würde, bevor sie ihr Verlangen komplett kontrollieren konnte. Das frustrierte sie. Sie wollte sich so unauffällig wie möglich unter den Menschen bewegen. So wie früher, als sie noch kein Problem damit gehabt hatte, in die Sonne zu gehen und in großen Menschenmassen zu verschwinden.

Immerhin hatten sie an den Markttagen geübt und Aurora war kontrolliert genug, um in einer engen Menschentraube mitlaufen zu können. Deshalb hatten sie beschlossen, jetzt endlich in ihr neues Heim aufzubrechen.

„Keine Angst, hier drin können Jäger sowieso nichts machen.“ Eric hauchte einen Kuss auf ihre Schläfe und lächelte sie an. „Genieß einfach unseren Flug nach Paris. Spätestens im Gewusel des Flughafens werden wir sie los.“ Skeptisch sah Aurora ihn an. Auch sein Lächeln konnte sie nicht davon ablenken, dass er nur halb so beruhigt wirkte, wie er ihr weismachen wollte. „Sollten sie uns doch verfolgen, werden meine Männer in Paris den Rest erledigen.“

„Was?“, flüsterte sie ihm zu. Sollten Erics Wachen die beiden umbringen?

„Nicht so!“ Eric grinste. „Sie werden die Männer nur ablenken, damit wir ungestört in unser neues Zuhause kommen.“

Sie musterte Eric. Trotz der Sonnenbrille war es für sie kein Problem, in der dämmrigen Innenkabine des Flugzeugs klar zu sehen. Die getönten Sonnengläser sollten ihre Pupillen verdecken, die bei Hunger rot aufleuchten.

Nach einem Moment ließ sie sich seufzend in den Sitz zurückfallen. Sie würde auf einen günstigen Augenblick warten, um sich diese Männer genauer anzuschauen. Selbst wenn es Jäger waren, würde sie sie nicht erkennen. Sie verfluchte ihren Vater dafür, dass er ihr diesen Teil ihrer Familiengeschichte vorenthalten hatte. Erst vor ein paar Monaten hatte sie erfahren, dass ihre Vorfahren Vampirjäger gewesen waren. Und in einer Zeit, wo die Vampire wieder vermehrt gegeneinander kämpften, war die Kirche auf der Suche nach weiteren Kämpfern- und hatte sie und ihren Bruder gefunden.

Aurora sah aus dem Fenster. Gerade als das Flugzeug abhob, konnte sie am Himmel ein paar Nordlichter erkennen. Sie würde dieses einmalige Naturschauspiel vermissen. Die letzten Wochen in Skandinavien waren für sie das gewesen, was sie für den Verlust der Sonne entlohnt hatte.

Eric drückte ihre Finger. „Wir können ja wieder hierher zurückkommen, in unserem nächsten Urlaub. Ruh dich aus und genieß den Flug.“

Zögernd nickte Aurora ihm zu. Sie versuchte, sich ein wenig zu entspannen. Doch ständig hatte sie das Gefühl fremder Blicke in ihrem Rücken.

Als die Ankündigung zum Anflug auf den Pariser Flughafen kam, schaute Aurora gespannt aus dem Fenster. Dank der frühen Anreise war die Sonne gerade erst aufgegangen und ihr frisch aufgetragener Sunblocker schützte ihre Haut genug vor einer möglichen Verbrennung. Sie musste sich nach einigen Minuten trotzdem blinzelnd abwenden und die Jalousie herunterlassen. Ihre Augen brannten. Unauffällig wischte sie sich mit einem Tuch die Tränen weg.

„Madame, ihr Kaffee.“ Irritiert nickte Aurora der Stewardess zu, die vor ihr und Eric zwei dampfende Becher abstellte.

Als ihr der bittere Geruch des Getränks in die Nase stieg, lehnte sie sich an seine Schulter. „Eric, ich trinke doch gerade gar keinen schwarzen Kaffee“, flüsterte sie ihm zu. Fragend sah sie ihn an und griff nach dem Becher. Er schüttelte den Kopf und nahm ihr das Getränk ab.

„Der ist auch nicht zum Trinken.“ Pointiert hob er eine Augenbraue. „Ich brauche ihn für etwas anderes. Und jetzt schnall dich an, wir landen gleich.“ Genau in diesem Augenblick kam die Aufforderung des Bordpersonals, den Platz nicht mehr zu verlassen.

Aurora versuchte, ruhig zu bleiben und nicht darüber nachzudenken, was Eric vorhatte.

Kaum waren sie gelandet und das Flugzeug fuhr an das Terminal, scheuchte Eric sie hoch.

„Bleib vor mir und geh so schnell wie möglich raus“, raunte er ihr zu und schob sie in den Gang hinaus. Mit seinem eigenen Körper verdeckte er sie vor den beiden Männern. Das Flugzeug war nur zur Hälfte gefüllt und die ersten Passagiere waren bereits dabei, aus dem Flieger zu steigen. Sie zögerte. Sie wollte Eric nicht allein zurücklassen. Auch die Männer drei Reihen hinter ihnen waren schnell aufgesprungen und hatten sich Jacken über die Arme gelegt. Aus den Augenwinkeln sah Aurora etwas aufblitzen. Ein Silbermesser? Wie war es durch die Sicherheitskontrolle gekommen?

Eric griff nach den beiden Bechern Kaffee, während er Aurora mit seinem Rücken Richtung Ausgang drückte. Plötzlich schien er zu stolpern. Der Inhalt der heißen Kaffeebecher ergoss sich in hohem Schwall über den Ersten der beiden Männer.

Aurora hörte etwas dumpf zu Boden fallen, während der Mann laut fluchte. Als sie nach unten blickte, sah sie einen silbernen Brieföffner aufblitzen. Eric kickte diesen schnell unter die Sitze. Dann stieß er hart gegen den Mann, der sich die übergossenen Sachen vom Körper hielt. Der zweite Kerl wurde von seinem Partner fast mit umgerissen. Wütend sah er sie an. Dabei versuchte er, seinen abgelenkten Kumpan zur Seite zu schieben.

„Aurora, lauf, schnell!“ Sie eilte möglichst unauffällig den Gang entlang, um den Ausgang zu erreichen. Dabei spürte sie, dass Eric ihr folgte. Als sie kurz zurückblickte, sah sie, wie der gestürzte Mann mit seinem panischen Gefuchtel dafür sorgte, dass sein Kollege nicht an ihm vorbeikam.

Aurora lächelte der Stewardess an der Tür zu und verließ das Flugzeug. Jetzt erst drehte sich Eric um und fasste nach ihrer Hand. Er zog sie den langen Gang entlang Richtung Flughafenterminal.

„Falls unsere Koffer noch nicht auf dem Band sind, lasse ich sie später nachholen.“ Im Zickzackkurs hetzten sie zwischen den anderen ankommenden Reisenden hindurch. Kurz zog Eric sie hinter eine Säule und sah zurück.

Der Pariser Flughafen war überwältigend. Hunderte von Düften prasselten auf sie ein. Irritiert klammerte sich Aurora an Erics Arm, als sie kurz darauf weitereilten. Das war vollkommen anders als der kleine Flughafen von Reykjavik.

„Einfach ganz langsam atmen, konzentriere dich“, wisperte er ihr zu. Er löste ihre Hände von seinem Arm und schlang eine Hand um ihre Hüfte. Beruhigend drückte er ihre Taille. „Du hast es unter Kontrolle. Wir haben lange genug geübt, damit du nichts Unüberlegtes tust.“

Automatisch atmete sie tief ein und aus. Obwohl sie es in ihrer jetzigen Natur nicht wirklich nötig hatte, nach Luft zu schnappen, beruhigte sie diese vertraute Geste. Sie spürte das Kratzen in ihrer Kehle. Doch sie schaffte es, das laute Pulsieren der Herzen um sie herum möglichst auszublenden. Hoffentlich waren sie bald am Auto. Sie wollte in ihr neues Heim in Sicherheit.

3 Sasha

Erschöpft streckte sich Sasha in der Badewanne aus. Ihre Waden brannten und ihre Schultern waren völlig verkrampft.

Da am Samstag der Abschlussball für den König stattfinden würde, hatte der Haushofmeister darauf bestanden, dass sie noch ein paar Tanzstunden bekam. Dabei führte Vlad sie immer sicher über das Parkett. Als sie diesen Aspekt jedoch in seinem Büro mit Enrico ausgefochten hatte, hatte der König über seine Akten gebeugt nur müde abgewunken. Ein paar zusätzliche Tanzstunden würden ihr schon nicht schaden, hatte er hinzugefügt und sie beide hinausgeschickt. Enricos genießerisches Lächeln über seinen Sieg war den ganzen Tag lang in seinem Gesicht kleben geblieben.

Er hatte einen der Wachleute als Tanzpartner zu sich gebeten und schon hatte sie sich mit dem blonden Vampir in dem großen Empfangssaal aufstellen müssen. Baldur nahm das Ganze mit Humor und drehte sie anmutig in einen Walzer. Immer wieder unterbrach Enrico sie, dass sie besser auf ihre Schritte achten sollten. Selbst der jung aussehende Vampir konnte sich ein Augenrollen nicht verkneifen. Erst als sie nach drei Stunden schlaff in den Armen ihres Partners hing, hatte der Haushofmeister sie gehen lassen.

Baldur hatte sie mit einem Handkuss und einer Aussicht auf ein baldiges Wiedersehen verabschiedet. Sein erstaunter Blick, als er den blauen Fleck an ihrem Handgelenk gesehen hatte, war ihr nicht entgangen.

Sasha hob den Arm und starrte auf das neue Mal an ihrem Körper. Sie wusste, dass es mehr davon gab. An ihrem Brustansatz, ihrem Oberschenkel und natürlich an ihrem Hals. Es hatte eine Zeit gegeben, da war nie mehr als ein blauer Fleck an ihrem Körper gewesen, doch inzwischen wartete sie nicht mehr so lange. Stattdessen versuchte sie, vorhandene Blessuren durch Kleidung zu verdecken.

Nachdem sie einige Zeit in dem warmen Wasser getrieben war, begab sie sich aus der Wanne und griff nach dem Handtuch. Ihre Muskeln fühlten sich schon besser an.

Aus den Augenwinkeln sah sie in den Spiegel. Die Narben auf ihrem Rücken hoben sich fast silbrig von der gesunden Haut ab. Eine Erinnerung an ihren Stiefvater, die nicht so einfach verblassen würde. Kurz fasste sie nach dem Ende eines Striemens, der sich vom Schulterblatt bis zu ihrer Niere zog. Wer sagte, ein Ledergürtel hinterließ keine langanhaltenden Spuren, hatte ihren Rücken nicht zu Gesicht bekommen. Mit genug Hingabe konnte man auch mit einem Gürtel ewige Zeichen in den Körper eines anderen graben.

Das war es, wovor Vlad sie gerettet hatte und weswegen sie ihm immer wieder gerne ihr Blut gab, selbst wenn sie sich dabei verlor.

Sasha wandte sich von dem Anblick und den Erinnerungen ab, zog sich das Nachthemd über den Kopf und stieg ins Bett.

Sie fühlte eine Hand auf ihrem Rücken, die sie in das kleine Zimmer lenken wollte. Kurz schloss sie die Augen, wich dem Druck aus und rannte auf die Wohnungstür zu. Eine strenge Stimme schrie ihr nach, doch sie hetzte das Treppenhaus hinunter, ohne sich umzudrehen. Als sie aus der Haustür trat, fiel sie in schwarzen Nebel. Es gab keinen Halt, an den sie sich klammern konnte, die Dunkelheit zog sich nur enger um sie zusammen ...

Keuchend schnappte Sasha nach Luft. Mit einem Seufzen strich sie sich über das Gesicht. Sie wusste, dass es kein gutes Zeichen war, wenn diese Träume wieder zunahmen. Doch was sollte sie dagegen tun? Schließlich konnte sie nicht zu einem Arzt und ihm davon erzählen, dass die Albträume etwas damit zu tun haben könnten, dass sie in der Gesellschaft von Vampiren nicht wusste, wem sie trauen konnte.

Sasha schaltete das Licht auf ihrem Nachttisch an. Es war drei Uhr nachts. Frustriert setzte sie sich auf. Sie konnte nicht mehr einschlafen.

Vlad saß nicht wie erhofft auf dem Sofa, in ein Buch vertieft. Wahrscheinlich war er mit ihrem Umzug beschäftigt und versuchte zu planen, wie er die Bücher der Bibliothek am besten transportieren würde. Da er nicht schlafen musste, konnte sie nicht von ihm erwarten, dass er da war, wenn sie mitten in der Nacht aufwachte. Doch manchmal wünschte sie, es wäre trotzdem so.

Was Vlad für sie empfand, war ihr immer noch ein Rätsel. Er hatte sie in seinen Haushalt geholt, hatte ihr den Schulabschluss an der Abendschule bezahlt, sorgte dafür, dass sie stets etwas zu essen und zum Anziehen hatte. Wenn er in ihr Bett kam, war er zärtlich und aufmerksam. Doch am nächsten Morgen verschwand er wieder im Büro und behandelte sie fast wie einen seiner Angestellten.

Das machte sie wahnsinnig, zumal sie in ihn verliebt war und nicht wusste, was er fühlte. Die eine Nacht zog er sie in seine Arme und dann sah sie tagelang kaum etwas von ihm, weil er so vertieft in seine Arbeit war. Manchmal strahlten seine schwarzen Augen so viel Wärme aus, wenn er sie ansah, und dann war da nur Kälte.

Dabei konnte sie es ihm zurzeit nicht vorwerfen, dass er mit anderen Sachen beschäftigt war. Zu viel war passiert.

Kurz dachte sie darüber nach, sich an ihren Zeichenblock zu setzen, aber das leichte Zittern ihrer Hand würde nur stören.

Wenn sie sowieso nicht mehr einschlafen konnte, konnte sie auch genauso gut packen. Schließlich blieben ihr nur noch ein paar Tage. Sollte sie ihre Besitztümer nicht bis zum Ball zusammengeräumt haben, würde Vlad sicher jemanden anweisen, ihr dabei zu helfen. Doch Sasha wollte nicht, dass sich ein Fremder durch ihre Sachen wühlte, schon gar nicht Enrico.

Nachdem sie zwei der bereitgestellten Koffer und eine Reisetasche mit einem Großteil ihrer Habseligkeiten gefüllt hatte, durchsuchte sie den Schrank. Sie hatte gehofft, ein paar weitere Taschen zu finden, doch dort war nichts. Der Rest ihrer Kleidung würde wohl in Umzugskisten einziehen müssen. Nur hatte sie sich noch gar keine Kartons besorgt. Kurz überlegte sie, ob sie es wagen konnte, um diese Uhrzeit danach zu fragen.

Sie zuckte mit den Schultern. In diesem Haus schlief außer dem Küchenteam und ihr sowieso niemand. Vlad versuchte, so wenig Menschen wie möglich in seine Welt hineinzuziehen. Doch Sasha hatte gehört, dass es in anderen Vampirhaushalten ganz anders zuging und viele Menschen dort lebten. Ob diese abgesehen von der Hausarbeit auch für einen weiteren Zweck bezahlt wurden, hatte sie nicht herausgefunden.

Nachdem sie sich einen Bademantel über ihren Schlafanzug gezogen hatte, trat sie vorsichtig auf den Gang. Es war ruhig, doch das hieß nicht, dass das Haus nicht belebt war. Vampire besaßen die Angewohnheit, sich besonders leise zu bewegen.

„Was macht denn meine hübsche Tanzpartnerin mitten in der Nacht auf dem Flur?“ Erschrocken drehte sie sich zu der Stimme, die wie aus dem Nichts hinter ihr aufgetaucht war. Der blonde Vampir stand grinsend da und hob fragend eine Augenbraue.

„Oh, Baldur, Sie haben mich vielleicht erschreckt.“ Sashas Hand lag an ihrem Herzen. „Haben Sie zufällig eine Ahnung, wo ich Umzugskisten finde?“

Kopfschüttelnd zuckte er mit den Schultern. „Tut mir leid, davon habe ich keine Kenntnis. Sie sollten den Haushofmeister fragen, der kann Ihnen da sicher weiterhelfen.“

„Das stimmt schon, aber ich weiß nicht, wo ich ihn finden kann. Wenn ich etwas von ihm will, ist er meistens spurlos verschwunden.“

Sie konnte das Zucken in Baldurs Mundwinkeln genau sehen. „Vielleicht versuchen Sie es beim König im Büro. Meistens hält er sich in dessen Nähe auf.“

Seufzend lächelte sie ihm zu. „Gut, dann tue ich das. Danke für den Tipp.“ Sie nickte ihm zu und ging die Treppe nach unten zu Vlads Büro.

Schon von Weitem sah sie, dass die Tür nur angelehnt war, was bedeutete, dass er keinen Besuch zu haben schien. Sie trat vorsichtig auf, während sie sich umsah. Niemand hielt sich vor seinem Büro auf, weder Wachen noch der Haushofmeister. Das hieß wohl, dass Vlad verkündet hatte, dass er in Ruhe gelassen werden wollte.

Hoffentlich würde er sie ohne schlechte Laune empfangen. Es war nicht wirklich angenehm, wenn er einen seiner dunklen Momente hatte. Selbst sie ging ihm dann lieber aus dem Weg, um nicht Prellbock für seine angestaute Energie zu werden.

Ein König konnte sehr ungerecht werden, wenn er schlecht drauf war. Er brauchte auch keine Zurechtweisung seines Verhaltens zu befürchten. Nur sein Freund Eric war ihm entgegengetreten und hatte ihm das ein oder andere Mal den Kopf zurechtgerückt. Sasha selbst hielt sich damit im Hintergrund, schließlich war sie von ihm abhängig.

Wenn sie ihn einmal zu sehr verärgerte, was würde aus ihr werden? Würde er sie auf die Straße setzen?

Sie glaubte es nicht, aber zu hundert Prozent sicher war sie sich nicht. Vlads Temperament sprudelte manchmal über und er konnte es nicht zügeln. Außerdem würde sein Stolz ihn davon abhalten, Bestrafungen wieder rückgängig zu machen.

Sie hielt den Atem an und blickte vorsichtig an der geöffneten Tür vorbei. Vlad hatte sich über den Schreibtisch gebeugt, den Kopf auf seine Hände aufgestützt, und starrte an die gegenüberliegende Wand. Sasha brauchte sich nicht in die Richtung drehen, um zu wissen, was er sich ansah. Es war das Bild seiner toten Königin. Obwohl sie schon vor Jahrhunderten im Kindbett gestorben war, hatte ihr Geist ihn immer noch nicht verlassen und suchte ihn in einsamen Nächten heim.

Sasha versuchte, die Enttäuschung über seine Verbundenheit zu seiner toten Frau hinunterzuschlucken und duckte sich hinter dem Türblatt an die Wand. Verkniffen presste sie die Tränen zurück. Vorwürfe würden ihr nicht helfen, ihn an sie zu binden, also sollte sie nicht zeigen, was ihr durch den Kopf ging.

Vielmehr sollte sie ein Lächeln aufsetzen und ihn ablenken. Seufzend zwang sie alle Überlegungen bezüglich ihrer tote Rivalin zurück und konzentrierte sich auf eine heitere Stimmung. In ihrem Kopf betete sie immer wieder das Wort Umzugskisten vor sich her, damit er in ihren Gedanken nichts Verräterisches fand.

Mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht klopfte sie an die Tür und lehnte sich an den Rahmen.

Blinzelnd drehte er sich herum. Offenbar war er so versunken gewesen, dass er sie tatsächlich nicht bemerkt hatte. „Sasha? Was machst du hier? Es ist mitten in der Nacht.“

Langsam setzte sie einen Fuß vor den anderen und näherte sich möglichst aufreizend seinem Schreibtisch. Dabei lockerte sie den Gürtel ihres Bademantels und strich die Aufschläge weiter zur Seite, damit ihre halb nackten Beine zu sehen waren. „Ich bin aufgewacht und es war keiner da.“ Sie lächelte ihn mit leicht gehobener Augenbraue an. „Ich wollte sehen, was du so Wichtiges machst.“

Er schüttelte den Kopf. „Du solltest wieder ins Bett zurück. Es ist nicht gut, wenn du nicht richtig schläfst.“ Ein Hauch von Sorge machte sich auf seiner gerunzelten Stirn breit und sie atmete innerlich erleichtert aus. Sie hatte geahnt, dass sie ihn mit ihrer plumpen Weise nicht verführen würde, aber sie hatte ihn weit genug abgelenkt, dass er nicht in seiner dunklen Laune versank.

Sie hüpfte auf eine Ecke des Schreibtischs und wackelte mit den Beinen. „Eigentlich bin ich auf der Suche nach Umzugskisten. Ich habe angefangen, den Kleiderschrank auszuräumen, aber die beiden Koffer sind schon voll. Jetzt weiß ich nicht, wohin mit dem Rest. Baldur hat mir den Tipp gegeben, bei dir nach Enrico zu suchen.“

„Baldur?“ Vlads Augenbraue zuckte einen Moment nach oben, bis er wieder seine normal ernste Miene aufsetzte.

„Ja, der Hauptmann deiner Leibgarde. Enrico hat ihn heute Nachmittag gezwungen, mit mir zu tanzen.“ Sie hob ihren Fuß auf die Tischplatte und umarmte ihr Knie. „Das war übrigens ganz schön gemein von dir, ihm zu erlauben, mich mit seinen Tanzstunden zu quälen. Er hat mich erst nach drei Stunden wieder gehen lassen. Morgen habe ich sicher fürchterlichen Muskelkater.“

„Oh, mein armer Engel, wie konnte ich dich nur so schutzlos in seine Hände geben?“ Auch wenn er es gut versteckte, sah sie das unterdrückte Grinsen in seinen Mundwinkeln deutlich.

Übertrieben seufzend lehnte sie sich nach vorne und legte die Arme um seinen Nacken. „Das frage ich dich! Schließlich musste ich deshalb leiden.“ Sie blinzelte ihn mehrmals an und entlockte ihm damit ein Grinsen. „Doch statt dich um mich zu kümmern, hockst du lieber mitten in der Nacht über deinen Papieren.“

„Du hast vollkommen recht. Was habe ich mir nur dabei gedacht?“ Vlad stand auf und hob sie in seine Arme. „Ich sollte dich lieber wieder nach oben bringen und dafür sorgen, dass du endlich ins Bett kommst - und auch dort bleibst.“ Federleicht senkten sich seine Lippen auf ihre, dann trug er sie schon den Flur entlang in ihr Schlafzimmer.

Lächelnd legte er sich zu ihr in das große Bett und küsste sie auf die Stirn. „Schließ einfach die Augen und schlaf. Du willst doch nicht müde zum Ball erscheinen.“

„Ich dachte, es gibt einen anderen Grund, warum du mich nach oben getragen hast.“ Erst bei seinen Worten war ihr aufgefallen, wie sich ihre Glieder langsam in Blei zu verwandeln begannen.

„Bist du denn nicht erschöpft?“ Sein leichtes Lächeln sagte ihr, dass er von ihrem körperlichen Zustand wusste.

„Das bist du, oder? Du sorgst dafür, dass ich mich müde fühle.“ Sie riss ihre Augen weit auf, um ihm zu beweisen, dass sie seinen kleinen Gedankentricks nicht einfach nachgab. Nicht jeder Vampir war dazu in der Lage, doch die mächtigen und alten Vampire konnten die Gedanken von Menschen und anderen ihrer Art lesen und sie bis zu einem gewissen Grad beeinflussen.

„Dein Körper braucht die Ruhe. Ich habe ihm nur einen kleinen Schubs in die richtige Richtung gegeben. Also lass dich fallen und hab keine Angst, einzuschlafen. Ich bin hier.“

Seufzend legte sie ihren Kopf neben seinen auf das Kissen und schloss die Augen. Es war einfach zu früh am Morgen, um mit einem Vampirkönig zu diskutieren. Außerdem war sie zu müde, um sich weiter gegen ihn zu wehren.

4 Aurora

Der Pariser Innenstadtverkehr hielt sie auf. Abwesend sah Aurora durch die getönten Scheiben auf das Gewusel in den Gassen. Hierauf hatte sie sich schon ein halbes Leben gefreut.

„Wir sind gleich da.“ Eric war nah an sie herangerückt. Er umfing sie mit seinen Armen und legte sein Kinn auf ihrer Schulter ab. „Gefällt es dir?“

Sie nickte. „Am liebsten würde ich gleich hier aussteigen, um mir die Stadt anzuschauen.“ Es kribbelte in ihren Fingerspitzen, die Autotür zu öffnen und hinauszuspringen. Doch so einfach war es nicht. Nachdenklich blinzelte sie nach oben. Die Sonne wäre ein Problem. Und das, was im Flugzeug passiert war, hatte sie auch nicht vergessen können. „Ist es immer so? Werde ich mich dreimal umschauen müssen, ob ich verfolgt werde?“

Eric legte eine Hand an ihre Wange und zwang sie, ihn anzuschauen. „Es war vermutlich nur ein dummer Zufall.“

„Und wenn nicht?“

„Meine Wachleute werden sich darum kümmern.“ Er hauchte einen Kuss auf ihre Lippen. „Ich werde dafür sorgen, dass du sicher bist. Mach dir nicht so viele Gedanken.“

Sie schüttelte den Kopf. Das war so einfach gesagt.

Eric zog sie auf seinen Schoß. „Heute Abend können wir gern ausgehen und ich zeige dir ein wenig die Stadt.“

Nickend ließ sie sich in seine Umarmung sinken, genoss die Geborgenheit, die seine Berührung in ihr auslöste.

Das Auto hielt an und Eric deutete zum Fenster. „Sieh doch, das ist unser Haus.“ Sie konnte gerade noch die graue Fassade des dreistöckigen Gebäudes erkennen, das sich unauffällig an die Nachbargebäude schmiegte, als sich ein Rolltor öffnete und sie eine Schräge hinunter in eine Tiefgarage fuhren.

„Neben uns liegen nur eine Bank und eine Versicherungsagentur. Die Nachbarn sind also ruhig und machen uns keinen Ärger.“ Eric zwinkerte, bevor er ausstieg und ihr die Tür aufhielt.

Erstaunt stellte sie fest, dass hier Platz für mindestens zehn Autos war. Auch wenn sie nur eine weitere Luxuslimousine, einen Kleintransporter und einen gepanzerten Hummer hier unten stehen sah.