Schweden - Reiseführer von Iwanowski - Gerhard Austrup - E-Book

Schweden - Reiseführer von Iwanowski E-Book

Gerhard Austrup

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Beschreibung

Schweden ist das schönste Land der Welt, sagte Astrid Lindgren einmal. Auch bei deutschen Reisenden wird das Land im Norden immer beliebter. Ein Grund ist die sehr abwechslungsreiche Landschaft, von dem an Dänemark erinnernden Süden mit den Ebenen und Sandstränden, über das waldreiche Småland und seine unzähligen Seen, die faszinierende Schärenlandschaft an Ost- und Nordsee bis hin zu den endlosen Gebirgsregionen in Lappland. Darüber hinaus bieten die großen Städte Stockholm, Göteborg oder Malmö ein vielfältiges Kulturangebot. Aufgrund der dünnen Besiedlung in den meisten Landesteilen ist Schweden ideal für Urlauber, die Stille und Erholung suchen. Outdoorbegeisterte finden zahlreiche Möglichkeiten zu allen Jahreszeiten, aber auch für Familien bietet Schweden ein abwechlsungsreiches Angebot. Das Besondere dieses Buches: * beste inhaltsbezogene Kartographie: über 50 Karten enthalten * 420 Übernachtungstipps für alle Preiskategorien * ca. 90 aussagekräftige Restaurantempfehlungen * 27 faszinierende Farbfotos, ergänzt durch zahlreiche Schwarz-Weiß-Fotos * 28 Infokästen, um Hintergründe zu erläutern * ausführliche Routenbeschreibungen kreuz und quer durch das gesamte Schweden * aktuelle Preissituation auf den "Grünen Seiten"

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IWANOWSKI’S

SCHWEDEN – Top Ziele

Die malerische Altstadt von Stockholm besticht besonders durch ihre Lage am Wasser, den Besuch des Königlichen Schlosses sollte man nicht verpassen, Seite 213

Zu den schönsten Landschaften Schwedens gehören die Schären im Westen und Osten des Landes, ein idealer Ort, um die Seele baumeln zu lassen, Seite 259

Die Geschichte des Schlosses Gripsholm im idyllischen Städtchen Mariefred unweit der E 20 reicht bis in die Wasa-Zeit zurück, Seite 268

In Tanum, nahe der norwegischen Grenze, befinden sich die berühmten Felsritzungen, im Museum Vitlycke erfährt der Besucher alles Wissenswerte, Seite 294

Schweden bietet Wassersportlern alle Möglichkeiten, z. B. Segeln in der westschwedischen Landschaft Bohuslän, Seite 292

Das Hotelangebot ist vielfältig, etwas Besonderes ist das alljährlich neu errichtete Eishotel in Jukkasjärvi, Seite 354

Im Norden des Landes kann man faszinierende Polarlichter beobachten, die wie ein elektrisches Feuerwerk am Himmel erscheinen, Seite 45

IWANOWSKI’S

SCHWEDEN – AUTORENTIPPS

Gerhard Austrup lebt – mit Unterbrechungen – seit 12 Jahren in Stockholm und Vaxholm. Während des Studiums der Skandinavistik in Uppsala entdeckte er die Faszination des Nordens. In zahlreichen Publikationen hat er sich auf persönlicher und wissenschaftlicher Ebene mit Nordeuropa auseinandergesetzt.

Unsere AutorinGerhard Austrupgibt Ihnennützliche Tippsund individuelle Empfehlungen:

Die kleine Stadt Visby auf Gotland mit ihrem mittelalterlichen Stadtbild ist eine Perle unter den Sehenswürdigkeiten Schwedens, S. 188

Das Wasa-Museum in Stockholm mit dem rekonstruierten Kriegsschiff, das 1628 auf seiner Jungfernfahrt kenterte, ist eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten des Landes,

Gerhard Austrup

Schweden

Im Internet:www.iwanowski.deHier finden Sie aktuelle Infos zu allen Titeln, interessante Links – und vieles mehr!Einfach anklicken!Schreiben Sie uns,wenn sich etwasverändert hat. Wir sind bei der Aktualisierungunserer Bücher auf IhreMithilfe angewiesen:[email protected]

Schweden

12. Auflage 2012

© Reisebuchverlag Iwanowski GmbHSalm-Reifferscheidt-Allee 37 • 41540 DormagenTelefon 0 21 33/26 03 11 • Fax 0 21 33/26 03 [email protected]

Titelfoto: Norra Dellen See bei Hudiksvall, Bildagentur Huber / Damm, Stefan Alle anderen Abbildungen: siehe Bildnachweis Seite 430 Lektorat und Layout: Stefan Blank, www.stefanblank.comRedaktionelles Copyright, Konzeption und deren ständige Überarbeitung: Michael Iwanowski Karten: Palsa Graphik, Lohmar Reisekarte: Thomas Buri, BielefeldTitelgestaltung sowie Layout-Konzeption: Point of Media, www.pom-online.de

Alle Rechte vorbehalten. Alle Informationen und Hinweise erfolgen ohne Gewähr für die Richtigkeit im Sinne des Produkthaftungsrechts. Verlag und Autor können daher keine Verantwortung und Haftung für inhaltliche oder sachliche Fehler übernehmen. Auf den Inhalt aller in diesem ebook erwähnten Internetseiten (sog. „Links“) Dritter haben Autor und Verlag keinen Einfluss. Eine Haftung dafür wird ebenso ausgeschlossen wie für den Inhalt der Internetseiten, die durch weiterführende Verknüpfungen damit verbunden sind.

ebook-Produktion:Bookwire GmbH, Frankfurt/Main

ISBN epub: 978-3-86457-054-4

Inhalt

WILLKOMMEN IN SCHWEDEN

1.       LAND UND LEUTE

Schweden auf einen Blick

Zahlen, Daten, Fakten

Historischer Überblick

In vorgeschichtlicher Zeit

Vendel- und Wikingerzeit

Wikingerzeit

Christianisierung und Einigung Schwedens

Kalmarer Union und Hanse

Wasa-Zeit bis Ende der Ostseeherrschaft

Das 18. Jahrhundert

Industrialisierung und sozialer Wandel

Nachkriegszeit und Gegenwart

Schweden und die EU

Zeittafel

Geografischer Überblick

Allgemeiner Überblick

Der Naturraum

Die Ostsee

Das Klima

Mitternachtssonne und Polarlicht

Flora und Fauna

Die Umwelt

Wirtschaftlicher Überblick

Allgemeine Übersicht

Industrie

Energiewirtschaft

Subventionierte Landwirtschaft

Forstwirtschaft und holzverarbeitende Industrie

Fischereiwirtschaft

Gesellschaftlicher Überblick

Bevölkerung und Siedlungsstruktur

Schweden als Einwanderungsland • Die Samen

Die Sprache

Der Wohlfahrts- und Sozialstaat

Bildungssystem

Küche und Getränke

Getränke

Feste und traditionelle Bräuche

Walpurgisnacht • Der Nationalfeiertag am 6. Juni • Krebsessen • Mittsommer • Die Verleihung der Nobelpreise am 10. Dezember • Lucia, am 13. Dezember

2.       SCHWEDEN ALS REISEZIEL

Allgemeine Reisetipps von A–Z

Das kostet Sie das Reisen in Schweden

3.       SÜDSCHWEDEN-RUNDREISE

Heisingborg – Stockholm über die E 22

Helsingborg – Malmö

Helsingborg • Landskrona und die Insel Ven • Reisepraktische Informationen Helsingborg

Malmö

Redaktionstipps • Malmö erkunden • Umgebungsziel Ystad • Reisepraktische Informationen Malmö

Malmö – Karlskrona – Kalmar

Überblick • Lund • Kristianstad • Sölvesburg • Mörrum • Karlshamn • Ronneby • Karlskrona • Kalmar • Reisepraktische Informationen Malmö – Kalmar

Öland

Überblick • Sehenswertes auf Öland • Reisepraktische Informationen Öland

Im Glasreich – von Kalmar bis Växjö

Überblick und Entwicklung • Redaktionstipps • Reisepraktische Informationen Glasreich

Kalmar – Norrköping (Stockholm)

Sehenswertes an der E 22 • Reisepraktische Informationen Kalmar – Norrköping

Gotland (von Ulrich Quack)

Landeskunde • Redaktionstipps • Geschichte • Vorgeschichtliche Sehenswürdigkeiten • Mittelalterliche Sehenswürdigkeiten

Visby

Stadtbesichtigung • Rundgang um die Stadtmauer

Inselrundfahrt auf Gotland

Der Norden und Fåre • Der Osten • Mittelgotland • Der Süden • Die Karlsinseln • Reisepraktische Informationen Gotland

Stockholm und Umgebung

Überblick

Redaktionstipps

Sehenswertes im Zentrum

Königliches Schloss • Domkirche • Nobel-Ausstellung • Die Deutsche Kirche • Das Ritterhaus • Riddarholmkirche • Nationalmuseum • Nordisches Museum • Mittelaltermuseum • Stadthaus • Historisches Museum • Die Wasa – Schwedens einstiger Stolz • Skansen • Millesgården

Weitere Musee und Sehenswürdigkeiten (Auswahl)

Modernes Museum • Architekturmuseum • Stadtmuseum • Globen • Kaknästurm • Junibacken • Ostasiatisches Museum • Prinz Eugens Waldemarsbudde • Galerie Thiel • Hallwyl Museum • Mittelmeermuseum • Strindberg-Museum • Technisches Museum • Seehistorisches Museum • Ethnographisches Museum • Naturhistorisches Museum • Armee-museum • Museum der Fotografie • Rosendals Garten

Zentrumsnahe Attraktionen

Täby • Drottningholm • BirkaReisepraktische Informationen Stockholm

Die Welt der Stockholmer Schären

Überblick • Ausflüge/Kreuzfahrten • Abstecher nach Helsinki, Riga und Tallinn • Reisepraktische Informationen Stockholmer Schären

Stockholm – Oslo (E 18)

Überblick

Sehenswertes entlang der E 18

Skokloster • Enköping • Västerås • Köping • Karlskoga • Kristinehamn • Karlstad • Årjang • Reisepraktische Informationen Stockholm – Oslo

Stockholm – Göteborg (E 20)

Sehenswertes

Redaktionstipps • Schloss Gripsholm • Strängnäs • Eskilstuna • Arboga • Örebro • Laxå • Mariestad • Kinnekulle • Lidköping • Schloss Läckö • Skara • Alingsås • Reisepraktische Informationen Stockholm – Göteborg

Stockholm – Helsingborg (E 4)

Sehenswertes entlang der E 4

Södertälje • Trosa • Nyköping • Umgebungsziel Tierpark Kolmården • Norrköping • Linköping • Vadstena • Ödeshög • Gränna • Umgebungsziel Insel Visingsö • Jönköping • Store Mosse • Värnamo • Ljungby • Klippan • Reisepraktische Informationen Stockholm – Helsingborg

Entlang der schwedischen Westküste

Von Oslo nach Svinesund

Redaktionstipps

Von Svinesund (Grenze) bis Göteborg

Sehenswertes entlang der Route Svinesund

Strömstad • Grebbestad • Fjällbacka • Hamburgsund • Smögen • Lysekil • Fiksebäckskil • Uddevalla • Inseln Orust und Tjörn • Marstrand • Reisepraktische Informationen Schwedische Westküste

Göteborg

Überblick

Redaktionstipps

Stadtspaziergang und Rundfahrten

Stadtspaziergang

Mit der Straßenbahn

Weitere Ziele in der Umgebung

Entferntere Attraktionen

Reisepraktische Informationen Göteborg

Göteborg – Helsingborg

Redaktionstipps

Kungsbacka • Umgebungsziel Tjolöholm • Varberg • Falkenberg • Halmstad • Umgebungsziel Tjolöand • Laholm • Reisepraktische Informationen Göteborg – Helsingborg

4.       IN DEN NORDEN

Von Stockholm über die E 4 in den Norden

Redaktionstipps

Überblick

Sigtuna

Überblick und Sehenswürdigkeiten • Reisepraktische Informationen Sigtuna

Uppsala

Überblick

Redaktionstipps

Sehenswürdigkeiten

Der Dom • Die Dreifaltigkeitskirche • Das Schloss • Universtätsbibliothek • Die Universität • Das Anatomische Theater • Linné-Garten • Linnés Hammarby • Das Haus von Bror Hjorth • Upplands-Museum • Gamla Uppsala • Gamla Uppsala Museum • Umgebungsziele • Reisepraktische Informationen Uppsala

Von Gävle nach Haparanda

Redaktionstipps

Einführung Norrland

Sehenswertes entlang der E 4

Gävle • Söderhamn • Hudiksvall • Sundsvall • Timrá • Härnösand • Örnsköldsvik • Umeå • Skellefteå • Piteå • Luleå • Haparanda • Reisepraktische Informationen Gävle nach Haparanda

Über die E 10 nach Narvik

Redaktionstipps

Überblick

Richtung Kiruna

Kiruna

Die Nordkalottenstraße bis Narvik

Wandern im Sarek – ein Reisebericht

Reisepraktische Informationen Luleå – Narvik

5.       ZURÜCK DURCH DAS INLAND

Redaktionstipps

Überblick

Karesuando – Östersund

Sehenswertes entlang der E 45

Karesuando • Gällivare • Umgebungsziel Kvikkjokk • Jokkmokk • Arvidsjaur • Umgebungsziel Arjeplog • Storuman • Umgebungsziele Hemavan und Tärnaby • Vilhelmina • Dorotea • Umgebungsziel Borgafjäll • Reisepraktische Informationen Karesuando – Östersund

Östersund – Torsby

Sehenswertes entlang der Route

Östersund • Brunflo • Sveg • Orsa • Malung • Umgebungsziel Arjeplog • Reisepraktische Informationen Östersund – Torsby

Torsby – Göteborg

Sehenswertes entlang der Route

Torsby • Sunne • Mårbacka • Säffle • Åmal • Håverud • Vänersborg • Trollhättan • Lödöse • Reisepraktische Informationen Östersund – Torsby

6.       DALARNA, RUND UM DEN SILJAN-SEE

Redaktionstipps

Überblick

Sehenswertes

Nusnäs • Sollerön • Gesunda • Leksand • Rättvik • Reisepraktische Informationen Dalarna/Siljan-See

Falun

Sehenswertes

Redaktionstipps • Reisepraktische Informationen Falun

7.       KOMBINATIONEN

Schweden/Norwegen

Schweden/Dänemark

Schweden/Finnland

Helsinki

Schweden/Baltikum

ANHANG

Kleines schwedisches Wörterbuch

Literaturverzeichnis (Auswahl)

Deutschsprachige Sach- und Reiseliteratur (Auswahl)

Stichwortverzeichnis

Bildnachweis

Kartenverzeichnis

Weiterführende Informationen zu folgenden Themen

Felsritzungen (hällristningar)

Runen

Das Wikingerschiff

Karl XII, der Soldatenkönig (1697–1718)

Raoul Wallenberg, Held des Zweiten Weltkriegs

Die Schweden und ihr Königshaus

Der böse Wolf?

Der Elch

IKEA

Die Samen und das Ren

Schweden und die Kriminalromane

Der Atlantische Lachs

Mit dem Schiff von Göteborg nach Stockholm

Die Brücke über den Öresund

Ales stenar – die Schiffssetzung von Kåseberga

Stora Alvaret, ein besonderer Naturraum

Astrid Lindgren

Die Goldkammer im Historischen Museum

Ingmar Bergmann (1918–2007)

Carl Michael Bellmann (1740–1795)

Der Vänern, Schwedens größter See, in Zahlen

Die heilige Birgitta

Carl von Linné

Kiruna und die LKAB

Der Kungsleden

Die Mücke

Rund um den Wintermarkt in Jokkmokk

Arjeplog, Zentrum der Autotester

Härjedelen: Schwedens am höchsten gelegene Landschaft

Selma Lagerlöf (1858–1940)

Der Wasa-Lauf (Vasaloppet)

Anders Zorn und Carl Larsson

Das Dala-Pferdchen

Kartenverzeichnis

Schwedens Ostseeherrschaft

Schwedens Landschaften

Fähren von und nach Schweden

Schwedens Nationalparks

Der Göta-Kanal

Südschweden

Malmö

Lund

Öland

Das Glasreich zwischen Nybro und Växjö

Visby

Gotland

Großraum Stockholm

Stockholm Altstadt

Grundriss Riddarholmkirche

Göteborg 306/307

Dom zu Uppsala

Uppsala

Nordschweden

Wandern auf dem Kungsleden

Wandern im Sarek

Dalarna, rund um den Siljan-See

Wege zum Nordkap

Karten im Umschlag

Vordere Umschlagklappe: Übersicht Schweden mit Highlights

Hintere Umschlagklappe: Stadtplan Stockholm

Willkommen in Schweden

„Ich wohne in dem schönsten Land der Welt, ja, das tue ich. Nun habe ich natürlich nicht alle Länder dieser Erde gesehen, aber trotzdem, widersprecht mir nicht, wohne ich in dem schönsten Land der Welt“, urteilte einst Astrid Lindgren über Schweden. So ähnlich empfindet wohl eine immer größer werdende Zahl deutscher Reisender. Denn Urlaub in Schweden wie auch in den anderen Ländern des Nordens ist beliebt wie nie zuvor.

Es sind in erster Linie Reisende aus der Bundesrepublik, die vor allem der Natur wegen in den Norden fahren. Schweden macht süchtig. Wer das Land näher kennen gelernt hat, kommt wieder. Die Marktforscher wollen wissen, dass es mehr als 90 % aller Schwedenurlauber sind.

Der Autor Henning Mankell erklärt die Sehnsucht der Deutschen: „In die schwedischen Wälder und Schärengebiete kommen Deutsche auf der Suche nach dem Schweigen, das die Seele heilt und eine innere Ruhe schafft, ja vielleicht sogar eine Art von elementarem Freiheitsgefühl. Ohne Stille ist ein anständiges Leben kaum möglich. Der Lärm der Städte zermürbt die Seelen, die immer anfälliger werden.“

Schwedens Natur ist unglaublich abwechslungsreich zwischen dem an Dänemark erinnernden fruchtbaren Süden und den Gebirgsregionen des hohen Nordens. Für von Autolärm und -abgasen, Hektik und Stress geplagte Mitteleuropäer ist das weite Land mit seiner Lichtflut im Sommer Balsam für die Seele. Tiefe Wälder, natürliche Wiesen, unzählige Seen, sanfte Ebenen, reizvolle Mittelgebirgslandschaften, tosende Flüsse und hohe Gebirge, dazu faszinierende Schärenlandschaften an der West- und Ostküste, die in ihrer Art einmalig sind, kennzeichnen Schwedens vergleichsweise unberührten Naturraum. Die meisten ausländischen Reisenden zieht es nach Stockholm und Umgebung, Göteborg und Bohuslän an der Westküste. Die nach den beiden Großstadtgebieten meisten Übernachtungen entfallen auf die Provinzen Norrbotten mit dem nördlichen Lappland, Värmland und Dalarna. Deutsche Reisende besuchen vor allem Süd- und Mittelschweden. Immer populärer werden Kurzbesuche in Stockholm, immer häufiger fahren internationale Kreuzfahrtschiffe die attraktive Metropole an – rund 270 waren es in der Saison 2011 mit 430.000 Besuchern, zumeist aus den USA und Deutschland.

Die beträchtliche Nord-Süd-Ausdehnung des Landes mit rund 1.700 km Luftlinie bei extrem dünner Besiedlung vor allem der nördlichen Landesteile ist für den Reisenden ideal, der anstelle durchgeplanter Touristenanlagen das Ursprüngliche und Unverfälschte sucht. Dass es neben der Reise mit dem eigenen Fahrzeug auch interessante Alternativen per Bahn, Bus, Flugzeug und Schiff gibt, soll in dem Reisehandbuch nicht unerwähnt bleiben.

Das Stichwort Schweden wird bei vielen ganz unterschiedliche Bilder und Vorstellungen hervorrufen. Falsch ist inzwischen die Ansicht, dass Schweden (im Unterschied zu Norwegen) ein teures Land ist. Die Anpassung an die Lebensmittelpreise in der EU ist noch nicht ganz vollzogen, aber Lidl und andere Discounter haben für deutlich niedrigere Preise gesorgt. Die Preise der durchweg hohen Standard bietenden Hotels können sich, vor allem im Sommer und an den Wochenenden, sehen lassen.

Nicht wenige Bundesbürger kauften in letzter Zeit Freizeithäuser, vor allem in den südlichen Provinzen des Landes. Dass nicht alle Schweden angesichts dieser Entwicklung, zumal in einer Zeit, in der die Einkommensschere immer weiter auseinandergeht, begeistert sind, lässt sich nachvollziehen, doch für viele kleine Landgemeinden kommt mit dem Kapital und der Instandsetzung der Häuser neues Leben in die spärlich besiedelten Gebiete.

Dass der Naturraum Schweden unzählige „Outdoor“-Aktivitäten ermöglicht, die für jeden Sportinteressierten ein reichhaltiges Angebot darstellen, versteht sich von selbst in einem Land, in dem der Breitensport einen sehr hohen Stellenwert hat. Der öffentliche Reichtum zeigt sich auf der kommunalen Ebene u. a. in vorzüglichen Sportanlagen.

Das Wetter, dies gilt vor allem für den Sommer, ist übrigens besser als sein Ruf. Die Nord-Süd-Ausdehnung sowie die verschiedenartigen Landschaftsformen bewirken beträchtliche klimatische Unterschiede. Während atlantische Luftmassen für ein abwechslungsreiches Wettergeschehen mit Sonne, Regen und Wind sorgen, bringen östliche Hochs stabiles, trocken-sonniges Wetter mit angenehmen Temperaturen im Sommer und manchmal klirrender Kälte im Winter. Relativ wenig Niederschläge fallen im Osten des Landes, wo Inseln, wie Öland und Gotland, sowie Stockholm jährlich die höchste Zahl an Sonnenstunden aufzuweisen haben.

Dieses Reisehandbuch wendet sich vor allem an den unabhängigen Individualreisenden, sodass im reisepraktischen Teil im Norden und schwerpunktmäßig im Süden Routen vorgestellt werden, die zu den interessantesten Zielen des Landes führen. Die Hinweise zu den Unterkünften und Restaurants orientieren sich eher am „Besonderen“, doch werden auch preiswerte Alternativen berücksichtigt.

Das Buch ist so aufgebaut, dass dem eigentlichen Reiseteil ein Einblick in Geschichte und Kultur vorausgeht, aber auch andere Aspekte des Reisezieles, ebenso allgemeine Tipps zur Planung und Ausführung einer Reise (Gelbe Seiten, Allgemeine Reisetipps von A–Z). Im Anschluss folgt der Reiseteil, in dem auf alle wichtigen und wesentlichen Sehenswürdigkeiten eingegangen wird, sowie regionale Reisetipps für das Zielgebiet.

Ich wünsche Ihnen intensive Vorfreude bei der Vorbereitung der Reise(n) und einen erlebnisreichen Schweden-Aufenthalt.

Bedanken möchte ich mich bei allen, die dieses Buch ermöglicht haben.

Gerhard Austrup

Schweden auf einen Blick

Zahlen, Daten, Fakten

Historischer Überblick

In vorgeschichtlicher Zeit

Noch vor 13.000 Jahren war die Fläche des heutigen Schweden von einer mächtigen Eisschicht bedeckt. Mit dem Rückzug des Eises, der sich von den Geologen aufgrund verschiedener Ablagerungen des schmelzenden Eises, den sogenannten Bändertonen, genau bestimmen lässt, folgten bald die ersten siedelnden Menschen, primitive Jägerstämme, die einfache Geräte aus Stein benutzten. Aus Segebro bei Malmö stammen die ältesten, rund 10.000 Jahre alten Zeugnisse menschlichen Lebens im heutigen Schweden.

Erste Bodenbestellungen, Haustierhaltung und Viehzucht erfolgten in der jüngeren Steinzeit um etwa 3000 v. Chr. Mächtige Gräber aus Steinblöcken belegen eine über den südschwedischen Raum verbreitete Bauernkultur. Als Bronzezeit wird der Zeitraum von etwa 2000–500 v. Chr. bezeichnet, in dem erste Handelskontakte mit den Britischen Inseln und dem Festland nachweisbar sind. Die Bronze, eine Mischung aus Kupfer und Zinn, wurde aus dem Ausland importiert. Verzierte Waffen und kunstvoll gefertigte Schmuckgegenstände, auch aus Gold, dokumentieren eine Zeit kultureller Blüte, aus der auch zahlreiche Felszeichnungen stammen. Vorwiegend an der Küste in Bohuslän, in Schonen und in Östergötland wurden bildliche Darstellungen in flache Felsen geritzt, häufig Fruchtbarkeitsriten darstellend. Beeindruckende Schiffssetzungen, eine Grabform, die sich in erster Linie auf Gotland findet, kamen in der jüngeren Bronzezeit in Mode. Vielleicht deuten die schiffsförmig angelegten Gräber mit ihren senkrecht stehenden Steinen den Glauben an ein Totenreich jenseits des Meeres an.

info

Felsritzungen (hällristningar)

Vendel- und Wikingerzeit

Als Vendelzeit bezeichnen Historiker im Norden den Zeitraum vom Ende der Völkerwanderungszeit bis zum Anfang der Wikingerzeit um 800. Nahe der namensgebenden Kirche von Vendel in Uppland fand man Bootgräber, die auf eine Gesellschaft reicher Häuptlinge und handeltreibender Großbauern schließen lassen. Helme, Schwerter und andere prachtvolle Statussymbole, oft von ausländischen oder auch eingewanderten Handwerkern und Künstlern gefertigt, sind als Grabbeigaben gut erhalten geblieben. Denn die Vendel-Häuptlinge wurden über 14 Generationen in ihren Schiffen beigesetzt und nicht verbrannt. Somit lässt sich die Vendelzeit als eine Art Vorankündigung der Wikingerzeit verstehen.

Wikingerzeit

Die Wikinger waren nicht ein bestimmtes nordisches Volk, dessen Dasein sich nur um Kampf, Ruhm und Ehre drehte, wie es die pseudowissenschaftliche Literatur in der Zeit des Nationalsozialismus darstellte. Die Wikinger waren seefahrende Nordmänner der drei skandinavischen Länder Schweden, Dänemark und Norwegen sowie der westnorwegischen Gründungen. Aufgrund einer recht ähnlichen Kultur und einer verhältnismäßig einheitlichen Sprache ist es möglich, von einer Völkergemeinschaft der Nordländer zu sprechen. Die Länder lassen sich als Bündnisse verschiedener Landschaften verstehen, die jeweils eigene religiöse Zentren und eine eigene Rechtsprechung besaßen. Unklar ist die Bedeutung des Begriffes Wikinger. Stammt das Wort vom altnordischen „vik“ ab, was soviel wie enge Bucht bedeutet, oder leitet es sich von „vig“ in der Bedeutung Schlacht ab? Andere Sprachwissenschaftler glauben, in dem Wort „viken“ den Ursprung zu sehen. Das könnte einen Bezirk um Oslo meinen und somit die Männer bezeichnen, die von dort kamen. Auffallend selten kommt das Wort Wikinger nur auf einigen Runensteinen vor, die aus dem 11. Jh. stammen, häufiger findet sich die Bezeichnung in Heldenliedern und isländischen Schriften des Mittelalters.

info

Runen

Vermutlich im 2. Jh. n. Chr. gelangten die Runen in den Norden, als Nordländer mit dem Römischen Reich in Kontakt kamen und der dortigen Schreibkunst begegneten. Die vor allem aus dem Lateinischen übernommenen Anregungen führten zum älteren Runenalphabet mit 24 verschiedenen Zeichen, im 8. Jh. kam man mit 16 Zeichen aus. Die Runen wurden in Steine, Holzstäbe, Speerspitzen und Hausgeräte geritzt. Sicherlich hat das Material den Umfang des Geschriebenen begrenzt, zugleich hat es die Runen aber auch bewahrt.

Von Anfang an hatten sie eine magische Kraft. Sei es, dass sie vor Unglück bewahren, einem Feind Schaden zufügen oder Glück in der Liebe bringen konnten. Die Texte vermitteln trotz ihrer Knappheit einen Schimmer vom Leben der Menschen im Norden über einen Zeitraum von rund tausend Jahren. Nur wenige der Inschriften sind in Versform abgefasst.

Der außergewöhnliche Runenstein von Rök in Östergötland und der bekannte Karlevi-Stein auf der Insel Öland zeigen kunstvolle Strophen, die wohl Fragmente größerer Heldendichtungen sind. In Schweden hat man rund 3.000 Runensteine gefunden, von denen die meisten aus der Zeit zwischen 1025 und 1125 stammen. Als Gedenksteine waren sie an einem Weg, einer Brücke, einer Kirche oder nahe einem Hafen errichtet, sodass möglichst viele Vorbeikommende sie wahrnehmen konnten. In den meisten Fällen verrät die Inschrift, die oft mit der Schlussformel „Gott helfe seiner Seele“ endet, wer für wen den Stein hat errichten lassen.

Nach der Christianisierung wurden viele der Gedenksteine mit einem Kreuz geschmückt. Durchaus üblich war die Verwendung von Farben zur künstlerischen Gestaltung, denn die Schleifen und die dazwischenliegenden Flächen oder auch die Runen konnten mit schwarzer und roter Farbe hervorgehoben werden.

Auf dem Lande gebrauchte die Bevölkerung in Schweden bis zum 18. Jh. sogenannte Runenstäbe (runstavar): Holzstäbe, die als Kalender dienten, da auf ihnen Zeichen und Sinnbilder für bestimmte Wochentage, Mondphasen und kirchliche Festtage eingetragen wurden.

Was wir von den Wikingern wissen, verdanken wir vor allem archäologischen Funden, auch wenn sie oft unvollständig sind. Höfe, Dörfer, Befestigungsanlagen und Handelsplätze lassen Rückschlüsse auf Leben und Wirtschaftsweise ebenso zu wie zahlreiche Grabbeigaben. Zu nennen sind ferner Bildsteine und Runeninschriften, während es sich bei zeitgenössischen Textquellen meist um – oft tendenziöse – Fremdprodukte handelt.

Mit dem brutalen Überfall auf das englische Kloster Lindisfarne nördlich von Newcastle beginnt 793 die Expansion der Wikinger, die über zweieinhalb Jahrhunderte mit unterschiedlicher Intensität fortgesetzt und mit dem Sieg Wilhelm des Eroberers bei Hastings (1066) und der Eroberung Englands durch die Normannen beendet wird.

Die geografische Lage bestimmte wesentlich, in welche Richtung Dänen, Norweger und Schweden sich auf den Weg machten. Während die dänischen Wikinger sich ostwärts den Küsten der südlichen Ostsee zuwandten und in Richtung Ärmelkanal agierten, fuhren die Norweger westwärts zu den Britischen Inseln und über den Nordatlantik. In der ersten Hälfte des 9. Jh. wurden von ihnen die Färöer entdeckt, die ebenso wie Island, das seit 874 von Norwegen aus besiedelt wurde, durch die Expansion der Wikinger zu einem nordischen Land geworden sind.

Die schwedischen Nordmänner, die Waräger, zogen über den Ostseeraum hinaus und erreichten mit ihren wendigen Schiffen Nowgorod und Kiew. Da die schwedischen Wikinger sich „rus“ nannten, gelten sie als Namensgeber für das erste Fürstentum in Kiew sowie andere ostslawische Völker, und man geht davon aus, dass sich der Name Russland von diesem Wort ableiten lässt. Über das Schwarze Meer gelangten sie schließlich bis nach Byzanz, wo sie als Leibwächter des dortigen Kaisers eingesetzt wurden. Kurz vor der Jahrtausendwende wurde unter Erich dem Roten gar Grönland besiedelt, und um das Jahr 1000 erreichte Leif Eriksson, Sohn Erich des Roten, die Ostküste Nordamerikas zwischen Labrador und Neufundland.

Warum Ende des 8. Jh. die Wikinger ihre Züge über die Meere begannen, konnte von den Historikern nicht eindeutig geklärt werden. Wenig wahrscheinlich ist die Auffassung, eine Übervölkerung des skandinavischen Raumes habe die Nordgermanen zur Expansion gezwungen, denn Landnot gab es allenfalls an der rauen Westküste Norwegens. Auf „wiking“ gingen auch weniger die Nichtbesitzenden, sondern eher die Angehörigen einer Oberschicht, die ihr Auskommen hatten. Das Anerbenrecht sorgte dafür, dass der älteste Sohn zumeist den Hof übernahm, sodass den anderen Jungen nur das Meer als Alternative blieb. Die Stammesfürstentümer begannen, sich in der Wikingerzeit zu staatenähnlichen Gebilden zu entwickeln. Unterlegene im Kampf um die Macht und Unzufriedene wurden hinausgedrängt, wanderten aus. Schließlich dürften neben Abenteuerlust und Heldentum auch handfeste materielle Interessen, vor allem die Aussicht auf lukrativen Handel, eine Rolle gespielt haben.

So spektakulär die Wikinger den Ausklang der ganz Europa verändernden Völkerverschiebung auch gestalteten, die nach ihnen benannte Epoche basiert auf einer historischen Voraussetzung. Bereits vor der Expansionsphase gab es im Norden eine seefahrende Bevölkerung mit ausgeprägten Fernbeziehungen. Bootgräber, also als Grabkammern dienende seetüchtige Boote und Luxusgüter als Grabbeigaben, wie etwa fränkische Gläser und andere kunsthandwerkliche Gegenstände aus der Vorwikingerzeit, belegen, dass es Seehäuptlinge, Handwerkszentren und Handelsplätze vor dem Zeitalter der kühnen Eroberer gegeben hat.

info

Das Wikingerschiff

Die große Bedeutung des Schiffes im Norden deuten bereits die vielen Schiffsbilder auf den Felszeichnungen der Bronzezeit an. Seit der Vorwikingerzeit, im Norden häufig als „Vendelzeit“ bezeichnet, konnten mit dem Einsatz des Segels schneller weite Entfernungen zurückgelegt werden. Rund zehn Funde von Wikingerschiffen, vor allem in Norwegen und Dänemark, lassen zwei Grundtypen erkennen. Neben dem leichten Kriegs- und Mannschaftsschiff mit geringem Tiefgang gab es das geräumige Handelsschiff, „Knorr“ genannt, im Vor- und Achterschiff mit einem Deck gebaut. Die langen Erfahrungen im Bootsbau über viele Generationen hinweg spiegeln sich in der Konstruktion der Segelschiffe wider, die im Klinkerbau errichtet wurden. D. h. die Planken der Bordwand überlappten einander, sodass sie leicht abgedichtet werden konnten. Die maximale Länge des Kiels ergab sich aus der natürlichen Länge des Bauholzes.

Bisher kennt man kein Wikingerschiff, das länger als 28 m ist. Der Klappmast konnte durch den Mastfisch umgelegt werden, einem herausnehmbaren Eichenblock auf dem Schiffsboden. Das Rahsegel, schon auf den berühmten gotländischen Bildsteinen abgebildet, entlastete die Ruderer und ermöglichte bei günstiger Witterung Fahrten über das offene Meer.

Eine Reise von Norwegen nach Island, die in der Regel eine Woche dauerte, konnte bei idealem Wind in drei Tagen bewältigt werden. Entfernten die Wikinger sich von der Küste, benutzten sie verschiedene Hilfsmittel zur Navigation – bei Nacht diente bisweilen der Polarstern als Leitstern. Sie beobachteten die Meeresströmungendie Vorkommen von Walpopulationen oder die Flugrichtung der Seevögel. Fraglich ist, ob sie bestimmte Instrumente zur Navigation einsetzten. Mit Sicherheit war das Leben an Bord der offenen Schiffe knochenhart. Trockenfisch, gepökeltes und geräuchertes Fleisch, Brot und Zwiebeln gehörten zum Proviant. Ohne ihre schnellen und wendigen Schiffe, die als Meisterwerke der Schiffsbaukunst anzusehen sind, hätten die Wikinger niemals die kulturgeschichtliche Bedeutung erlangt, die ihnen als Händler, Staatengründer, Forscher und Künstler zukommt.

Drachenkopf am Oseberg-Schiff (Oslo)

Christianisierung und Einigung Schwedens

In der Wikingerzeit verhinderten die großen, unbewohnten Waldgebiete eine Kommunikation zwischen den verschiedenen Volksgruppen, die sich in den Ebenen, an Flussläufen und Küsten niedergelassen hatten. Isolierte Kleinstaaten mit eigenen Häuptlingen und Kleinkönigen bildeten sich heraus. Die Svear bewohnten Mittelschweden, während das Götaland östlich und westlich des Sees Vättern lag. Für die Bewohner der südlichen Landschaften waren die dänischen Inseln näher, sodass Halland, Skåne und Blekinge rund 600 Jahre zu Dänemark gehörten. Die natürlichen Handelskontakte der Einwohner Jämtlands und Härjedalens führten dazu, dass diese ein Teil Norwegens wurden.

Der Machtkampf zwischen Svear und Götar wurde allmählich zugunsten der Svear entschieden, deren religiöses Zentrum in Gamla Uppsala in der Landschaft Uppland lag. In der schwedischen Geschichtsschreibung gibt es aber auch die Auffassung, die Wiege Schwedens liege in Götaland, weil die Christianisierung hier früher als im Mälartal erfolgt sei. Von einer zentralen Verwaltung des Landes könne erst ab der zweiten Hälfte des 13. Jh. die Rede sein.

Zwar erreichte das Christentum Schweden schon im 9. Jh., doch die Versuche des Missionars Ansgar, der wiederholt Birka besuchte, waren zum Scheitern verurteilt. Zu stark war der Glaube an Odin, Thor und Frey. Auch wenn Olof Skötkonung, der sich taufen ließ, kurz nach der Jahrtausendwende als erster König des gesamten schwedischen Reiches gilt, wurde Schweden erst hundert Jahre später in die Römische Kirche eingegliedert.

Wie es in Gamla Uppsala zuging belegt ein Bericht Adam von Bremens in seiner 1070 verfassten Geschichte über die damaligen Opferriten: „Von allem lebenden Mannsgeschlecht werden neun geopfert, und durch ihr Blut sollen die Götter besänftigt werden. Die Körper werden in einem Hain neben dem Heiligtum aufgehängt. Von der Heiligkeit dieses Hains hegen die Heiden so hohe Vorstellungen, dass sie jedem Baum göttliche Eigenschaft zuschreiben, weil an ihm die Körper der Geopferten hängen und verwesen. Dort hängen außer Menschen auch Hunde und Pferde; einer der Christen hat mir erzählt, dass er 72 solche Körper an den Bäumen des Opferhains hat hängen sehen.“

Die ältesten Zeugnisse in schwedischer Sprache, ab Anfang des 13. Jh. aufgeschrieben, sind die wegen ihrer Anschaulichkeit einmaligen Gesetzesbücher einzelner Provinzen. Alltagskonflikte wurden z. B. folgendermaßen gelöst: „Wälzt sich ein Pferd, wühlt ein Schwein auf Ackerland, so sühnt der Eigentümer mit solchem Korn, wie auf dem Acker gesät ist, einen Scheffel für jedes dritte Wälzen oder jedes dritte Wühlen.“

Einmal jährlich trafen sich die Bauern auf dem Thing, um Rechtsfragen zu klären. Hart waren die Strafen, denn für Diebstahl konnte man zum Tode verurteilt werden. Dass die einzelnen Gebiete und ihre Gesetzgebung lange voneinander isoliert waren, belegt auch die Tatsache, dass in den Gesetzen des Västgötalandes ein Angehöriger eines anderen Gebiets als Ausländer („utländsk man“) bezeichnet wird und die Strafe im Falle eines Mordes milder ausfiel, als wenn es sich um einen Angehörigen der eigenen Landschaft handelte. Die bekanntesten für das ganze Reich gültigen Gesetze, die Friedensgesetze, gehen auf Birger Jarl zurück, der um 1250, wie alle Könige im Mittelalter, zum Herrscher gewählt wurde.

Auf der anschließenden Reise durch alle Gebiete, „eriksgata“ genannt, musste er den Einwohnern versprechen, ein guter König zu sein. Birger Jarl war es auch, der die Hauptstadt von Sigtuna auf eine kleine Insel im Mälarsee verlegte und die Basis für die Entstehung Stockholms schaffte. Sein Kreuzzug zur Christianisierung Finnlands mit der einhergehenden schwedischen Besiedlung im Südwesten des Nachbarlandes ist der Anfang einer schwedischen Vorherrschaft über Finnland, das bis 1809 Teil Schwedens blieb.

Birger Jarl, Gründer Stockholms

Kalmarer Union und Hanse

Im 13. und 14. Jh. bekam der schwedische Bauernstaat zunehmend Kontakt mit den unter der Führung Lübecks in der Hanse zusammengeschlossenen deutschen Städten. Für rund 200 Jahre sollte die Hanse Wirtschaft und Handel in Schweden, die sich zunehmend zur Ostseeküste verlagerten, dominieren. Visby auf der Insel Gotland war ein besonders wichtiger Stützpunkt. Für Kupfer und Eisen aus dem Gebiet um Falun gewann Stockholm mit seinem Hafen zunehmend an Bedeutung. Auch Kalmar oder die westschwedische Stadt Lödöse am Unterlauf des Götaflusses, Vorgängerin Göteborgs, wurden von der Hanse kontrolliert, die über ihr Kontor in Bergen auch den Getreide- und Fischhandel in Norwegen bestimmte.

Zu einem massiven wirtschaftlichen Rückschlag mit drastischem Bevölkerungsrückgang und vielen verlassenen Höfen führte die Pest, die Schweden ab etwa 1350 heimsuchte und für rund hundert Jahre wütete.

Zu den markantesten Daten der schwedisch-nordischen Geschichte gehört sicherlich das Jahr 1397, in dem die sogenannte Kalmarer Union geschlossen wurde – ein Bund unter der klugen dänischen Königin Margarete, in dem Norwegen, Dänemark und Schweden denselben König akzeptierten. Die Unionszeit bis 1521 war allerdings alles andere als eine Zeit der Harmonie, da ständige Auseinandersetzungen zwischen königlicher Zentralmacht und den Interessen des Adels sowie zeitweise aufständischer Bauern und Bürger die Union belasteten. Unter dem Nachfolger Margaretes, ihrem zum König gekrönten Großneffen Erik von Pommern, der die Königsmacht weiter ausdehnen und sich von der wirtschaftlichen und politischen Abhängigkeit von Lübeck und der Hanse befreien wollte, führten die Gegensätze zur Eskalation. Die gegen Holstein und die Hanse gerichtete Außenpolitik brachte Schweden hohe Steuern ein und führte zu einer Handelsblockade, sodass die Ausfuhr von Kupfer und Eisen aus dem Raum um Bergslagen gestoppt wurde. In Dalarna kam es zum Aufstand gegen den verhassten König unter Führung des Hüttenbesitzers Engelbrekt Engelbrektsson, den der Adel unterstützte. Auch die weiteren Jahrzehnte waren von den Kämpfen zwischen Ratsaristokratie und den Unionskönigen bestimmt, immer deutlicher wurde auch die Rivalität zwischen Dänemark und Schweden. Wenn der dänische Unionskönig in Kopenhagen residierte, regierte der Reichsverweser in Schweden. Die Streitigkeiten um die nationale Einheit Schwedens und seine an die Hanse gekoppelten wirtschaftlichen Interessen führten schließlich 1520 zum Stockholmer Blutbad.

Nachdem der dänische König Christian II., in Dänemark als „der Gute“, in der schwedischen Geschichtsschreibung als „der Tyrann“ bezeichnet, Schweden einnahm und sich zum König krönen ließ, um die Unionseinheit wiederherzustellen, ließ er in Stockholm rund 80 führende Männer hinrichten. Die Folge war ein Aufstand, den Gustav Wasa in Dalarna organisierte, mit anschließendem Befreiungskrieg, der 1521 zur Absetzung des Dänenkönigs führte und Schweden wieder die Selbständigkeit brachte. Mittsommer 1523 zog der zum König gewählte Adlige Gustav Wasa in Stockholm ein.

Wasa-Zeit bis Ende der Ostseeherrschaft

In der langen Regierungszeit Gustav Wasas (1523–1560) wurden die Grundlagen des schwedischen Nationalstaates geschaffen. Um die hohen Schulden an die Hanse zurückzahlen zu können, die ihn im Befreiungskrieg unterstützt hatte, musste er die Steuern erhöhen. Doch die Bevölkerung war verarmt, das Land vom Krieg verwüstet. Mit Vorsicht griff Gustav Wasa die Ideen der Reformation auf und erkannte bald, dass er den Kampf der Reformatoren gegen Pomp und Reichtum der katholischen Kirche zur Sanierung der Staatskasse nutzen konnte. Auf dem Reichstag zu Västerås 1527 ging Schweden zum Protestantismus über, der König ließ das „überflüssige“ Eigentum der katholischen Kirche beschlagnahmen.

21 % an Grund und Boden gingen an den Staat und seinen im Luxus lebenden Regenten, der eine Verwaltung nach deutschem Vorbild aufbaute und seine Machtposition stärkte. Konsequent schaffte Gustav Wasa die Wahlmonarchie ab, die dem Adel bei jedem Thronwechsel Einflussnahme ermöglichte, und führte 1544 die Erblichkeit der Königsmacht ein. Wiederholt führte der Missmut der Bauern über zu hohe Steuern, die Kirchenpolitik des Königs sowie ein Erlass, der jede Gemeinde verpflichtete, die zweitgrößte Glocke an den Staat abzugeben, zu neuen Unruhen und Aufständen. Gustav Wasa sah sich schließlich gezwungen, seine Landeskinder rücksichtsvoller zu behandeln. Rund ein halbes Jahrhundert regierten die Söhne Gustav Wasas, die nach Kriegen gegen Lübeck, Dänemark, Polen, Russland und nicht zuletzt, weil sie Estland an Schweden gebunden hatten, den russischen Außenhandel weitgehend beherrschten und Schwedens Weg zur Großmacht ebneten.

Auch den nachfolgenden Regenten gelang es, Macht und Einfluss des Adels in Grenzen zu halten. Unter Gustav II. Adolf (1611–1632), der eine aggressive Ostseepolitik betrieb, erlebte Schweden seine Großmachtzeit. Waren es politische oder religiöse Motive oder machtpolitische und religiöse Interessen, die Schweden mit Erfolg auf Seiten der Protestanten in den Dreißigjährigen Krieg ziehen ließen?Von einem Glaubenskrieg war jedenfalls in der Abschiedsrede des Schwedenkönigs vor den Ständen des Reiches nicht die Rede, wohl aber von materiellen Segnungen, als der König dem Adel Güter und Höfe und den Stadtbewohnern prächtige Häuser in Aussicht stellte. Als der für unsterblich gehaltene Schwedenkönig 1632 bei Lützen nahe Leipzig fiel, übernahm mit Axel Oxenstierna einer der einflussreichsten Staatsmänner Europas die Regierungsgeschäfte. Denn Christina, die Tochter des Königs, war erst sechs Jahre alt. Zehn Jahre nach ihrer Mündigsprechung dankte die Königin zugunsten ihres Cousins ab, reiste nach Rom und trat während der Reise zum Katholizismus über. Bis zu ihrem Tod blieb sie in Rom, wo sie im Petersdom beigesetzt wurde.

Gustav Wasa vor dem Adelspalast

Nach dem Westfälischen Frieden von 1648 und dem Frieden mit Dänemark in Roskilde von 1658 war Schweden endgültig zur ersten Großmacht im Norden Europas aufgestiegen. Im Westfälischen Frieden erhielt das Land Vorpommern mit Rügen, einen Teil Hinterpommerns entlang des Ostufers der Oder mit Stettin, Wismar mit Hinterland und die Herzogtümer Bremen (ohne Reichsstadt) sowie Verden. Nach zwei Kriegen gegen die Dänen fielen Skåne, Halland, Blekinge und Gotland ebenso an Schweden wie die von Norwegen abgetretenen Provinzen Bohuslän, Jämtland und Härjedalen. Um sich aber auf Dauer als Großmacht halten zu können, fehlten Schweden die wirtschaftlichen Voraussetzungen. Denn abgesehen von einigen Eisenhütten und der Kupfergrube in Falun war das Land stark agrarisch ausgerichtet. In Zeiten relativen Friedens war es zudem schwierig, den Nachschub für die bewaffneten Truppen bereitzustellen, die sich während der Kriege durch Plünderung versorgt hatten.

In der schwedischen Geschichtsschreibung endet die Großmachtzeit mit dem Tod Karl XII. Nach den Niederlagen im Großen Nordischen Krieg gegen Dänemark, Polen und Russland verlor Schweden seinen Besitz südlich und östlich des Finnischen Meerbusens sowie in Deutschland, abgesehen von einem kleinen Teil Pommerns.

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Karl XII., der Soldatenkönig (1697–1718)

Fast sein gesamtes kurzes Leben verbrachte der junge König auf dem Schlachtfeld. Als kleiner Kronprinz begann er vierjährig eine Intensivausbildung und erhielt sein eigenes Pferd, mit sieben Jahren übernahm er sein erstes Regiment. Am Tage der Krönung im November 1697 setzte nicht der Priester ihm die Krone auf, sondern er selbst, der Unmengen Alkohol trank und sich auf merkwürdige Art und Weise amüsierte, indem er mit anderen wetteiferte, wer z. B. einem Kalb am elegantesten die Kehle durchschnitt.

Im Jahr 1700 griffen Dänemark, Sachsen-Polen und Russland die Großmacht Schweden an, der „Große Nordische Krieg“ begann, als Karl XII. gerade 17 Jahre alt war. Zunächst konnte die schwedische Armee in der Schlacht von Narva einen schier unglaublichen Sieg gegen das zahlenmäßig haushoch überlegene Heer des Zaren erringen.

Nach der Besetzung Polens wollte Karl XII. Russland endgültig vernichten, und mit 40.000 Mann zog er Richtung Moskau, doch der Feldzug wurde ein Debakel. König und Heer wurden unter großen Strapazen zum Rückzug in die Ukraine gezwungen, ein extrem harter Winter besorgte den Rest, sodass die Schweden 1709 bei Poltava vernichtend geschlagen wurden. Der verletzte König und einige seiner Karoliner konnten sich in die Türkei retten, rund 30.000 Soldaten gerieten in russische Gefangenschaft, wo sie in den Sümpfen der Neva beim Aufbau von Sankt Petersburg eingesetzt wurden oder nach Sibirien kamen. Rund ein Viertel der Mannschaft und die Hälfte der Offiziere kehrten nach bis zu 35 Jahren Gefangenschaft nach Schweden zurück.

Als Karl XII. seinen letzten Kriegszug gegen das „dänische“ Norwegen führte, um Dänemark zu besiegen und Schweden als Großmacht zu retten, wurde er während der Belagerung der Festung Fredriksten von einer Kugel getroffen, von der niemand weiß, woher sie kam und wer sie abgegeben hat. War es vielleicht die Kugel eines Meuchelmörders? Es gibt Hinweise im Zusammenhang mit dem Kampf um die Thronfolge, die für den Königsmord aus den eigenen Reihen sprechen. Neueren ballistischen Untersuchungen zufolge soll die Kugel aber doch aus einer Entfernung von rund 600 m aus dem feindlichen norwegischen Lager abgegeben worden sein.

Das 18. Jahrhundert

Als Freiheitszeit (frihetstiden) bezeichnet man in der schwedischen Geschichte den Zeitraum von 1719–1772. Die Niederlagen im Großen Nordischen Krieg und der Tod Karls XII. führten zu einer ausgeprägten Abneigung gegenüber königlicher Alleinherrschaft, sodass in der Folgezeit die königliche Macht beschnitten wurde und die tatsächliche Regierungsgewalt an den Rat überging. Dieser wiederum war dem Reichstag gegenüber verantwortlich. Die Machtlosigkeit des Königs lässt sich daran ablesen, dass bei Beschlüssen des Reichstages, die die Unterschrift des Königs erforderten, ein Namensstempel verwendet wurde. Der König konnte sich ganz seinem Freizeitvergnügen widmen, dem Drechseln von Schnupftabaksdosen. Zu Beginn des schwedischen Parlamentarismus saßen zwar die Vertreter der vier Stände im Reichstag, doch die Hälfte der Bevölkerung gehörte keinem Stand an. Nicht nur Bauern ohne Landbesitz, Knechte, Mägde und Fabrikarbeiter blieben außen vor, sondern auch Ärzte und Rechtsanwälte.

In ökonomischer und kultureller Hinsicht erlebte Schweden in den Jahrzehnten der Freiheitszeit eine Blütezeit. Carl von Linné baute seine Systematik des Pflanzenreichs auf, Carl Wilhelm Scheele entdeckte den Sauerstoff, der Astronom und Physiker Anders Celsius schuf die 100°C-Temperaturskala, und Kristoffer Polhem erfand u. a. Werkzeuge und Maschinen für die Gruben.

Carl von Linné

Handel und Industrie profitierten von der 1731 in Göteborg gegründeten Ostindischen Kompanie. In der Landwirtschaft bewirkten Flurbereinigungen ein effektiveres Wirtschaften, beträchtliche Heringsvorkommen brachten vor allem den Bewohnern an der Westküste relativen Wohlstand.

In der sogenannten Gustavianischen Zeit (1772–1809) stellte Gustav III. durch eine unblutige Revolution von oben zu Lasten des Adels die alte Königsmacht wieder her. Als aufgeklärter Absolutist, der mit Rousseau, Voltaire und anderen Größen der Aufklärung verkehrte, schloss er den Reichstag nicht von der politischen Mitverantwortung aus. In seiner Zeit wurde für Katholiken und Juden die Religionsfreiheit eingeführt und die Folter abgeschafft. Die Herstellung von Branntwein durfte nur noch in den Brennereien des Staates erfolgen. Der sich an Frankreich orientierende König, selbst Autor dramatischer Werke, das Französische besser beherrschend als seine Muttersprache, gründete 1786 die Schwedische Akademie. Mit dieser Maßnahme wollte er angesichts der bevorstehenden Französischen Revolution, für deren Ziele und Ideale er nichts übrig hatte, Kontrolle über die Autoren ausüben. Kunst und Literatur fördernd, schrieb C. M. Bellman seine Lieder, verfassten Anna Maria Lenngren und Johan Henrik Kjellgren ihre Gedichte, während Johan Tobias Sergel seine Skulpturen schuf. Gustav III. unterhielt einen prachtvollen Hofstaat – im Juni zog man hinaus nach Schloss Drottningholm, wo Feste, Theatervorführungen und Turnierspiele stattfanden. In Schweden bildete sich eine eigene Variante des französischen Rokoko heraus, der Gustavianische Stil. Auf einem Maskenball in der Stockholmer Oper wurde Gustav III. im März 1792 von einem Adligen namens Anckarström, einst Kapitän seiner Leibgarde, mit einem Schuss niedergestreckt. Anckarström war nur das Werkzeug einer großangelegten Verschwörung des Adels gegen die Alleinherrschaft des verhassten Königs.

Industrialisierung und sozialer Wandel

Mit Gustav IV. Adolf endete die glanzvolle gustavianische Epoche, der eine der größten Katastrophen der schwedischen Geschichte folgte.

Aus dem Kampf gegen Napoleon konnte sich Schweden nicht heraushalten. Als der schwedische König sich weigerte, im Interesse Russlands und Frankreichs am Krieg gegen England teilzunehmen, fiel Russland in Finnland ein, die Festung Sveaborg vor Helsingfors/Helsinki geriet durch Verrat in die Hände der Feinde. Schweden verlor 1809 Finnland, das über 700 Jahre ein natürlicher Landesteil gewesen war, an Russland.

Dies muss ein schwerer wirtschaftlicher, politischer und psychologischer Schock für die einstige Großmacht gewesen sein, denn mit einem Mal gingen ein Drittel der Fläche und ein Viertel der Bevölkerung verloren. Stockholm, zuvor mitten im Reich gelegen, war plötzlich Grenzstadt nach Osten hin.

Mit der Verfassung von 1809 erhielt Schweden eine Regierungsform auf der Grundlage der Gewaltenteilung. Nach den napoleonischen Wirren, als der französische Marschall Jean Baptiste Bernadotte, später König Karl XIV. genannt, auf den Thron kam, wurden die Dänen gezwungen, Norwegen an Schweden abzutreten. Von 1814–1905 mussten die Norweger in einer Union verbleiben, die trotz zahlreicher Konflikte hielt und letztlich friedlich aufgelöst wurde.

König Karl XIV. hält Einzug in Stockholm

In einer langen Phase des Friedens nach den napoleonischen Kriegen gehörten die Industrialisierung und die Massenauswanderung schwedischer Bauern und Tagelöhner zu den umwälzenden Geschehnissen in der zweiten Hälfte des 19. Jh. In den hundert Jahren nach dem Krieg mit Russland war die Bevölkerung von 2,3 auf über 5 Mio. angewachsen. Die Sterblichkeit konnte dank der Impfstoffe gegen die schwersten Epidemien gesenkt werden, die aus Südamerika importierte Kartoffel wurde immer populärer.

Im Agrarland Schweden besaßen um 1850 rund 75 % der Bevölkerung kein eigenes Land, und das Wachstum der Bevölkerung trug rasch zur Zunahme eines ländlichen Proletariats bei – Kätner und Tagelöhner, die in die Städte drängten oder sich genötigt sahen, nach Amerika auszuwandern. Der zwischen 1880 und 1890 seinen Höhepunkt erreichende Exodus führte bis 1914 zu mehr als 1 Mio. enttäuschter Schweden, die in die Vereinigten Staaten von Amerika auswanderten.

Die rasche Industrialisierung des Landes nach 1850 beruhte zunächst auf den reichen Vorkommen von Eisenerz, Holz und der Nutzung der Wasserkraft. Die heutige Sonderstellung von Maschinenbau und metallverarbeitender Industrie innerhalb der schwedischen Wirtschaft geht nicht zuletzt auf einige Erfindungen Ende des 19. Jh. zurück, wie z. B. Kugellager, Zentrifugen, Turbinen, Gasometer. Der schnelle Ausbau des Eisenbahnnetzes ließ neue Städte entstehen und ermöglichte den Transport der Industriewaren durch das Land. Noch vor dem Ersten Weltkrieg lag der Anteil der Industriebeschäftigten bei 34 % und hatte sich somit gegenüber 1870 mehr als verdoppelt.

In ihrer konservativen Haltung reagierten Regierung und Reichstag skeptisch oder ablehnend gegenüber den wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen der industriellen Revolution. Für viele Menschen brachte die Landflucht den Verlust der alten dörflichen Gemeinschaften, Unsicherheit und Einsamkeit mit sich. Ausdruck des sozialen Wandels in jener Zeit sind die in den unteren Sozialschichten aufkommenden sogenannten „Volksbewegungen“, deren Ziel es war, eine gerechtere und bessere Gesellschaft zu schaffen. Der aus dem Mittelalter stammende Ständereichstag war zwar 1865 abgeschafft worden, doch durften nur 7 % der Bevölkerung die Mitglieder des Zweikammer-Reichstages wählen, da man nur mit einem Jahreseinkommen von mindestens 800 Reichstalern stimmberechtigt war.

Rosenbad, Symbol für Schwedens Regierung

Zur Verwirklichung ihrer Belange und Interessen musste die große Mehrheit der Bevölkerung nach außerparlamentarischen Möglichkeiten suchen, sei es in religiösen Erweckungsbewegungen, die den christlichen Glauben erneuern wollten oder in der Arbeiterbewegung, die 1889 zur Gründung der Sozialdemokratischen Partei und wenig später zur Schaffung des Schwedischen Gewerkschaftsbundes (LO) führte. Die Abstinenzbewegung, eine Reaktion auf den verbreiteten Alkoholmissbrauch im Lande, verstand sich als Erzieher des kleinen Mannes, forderte aber statt Enthaltsamkeit, was utopisch war, nur Mäßigkeit. Viele Arbeiter schlossen sich den Abstinenzlern an, die es auch heute noch quer durch alle Gruppierungen der schwedischen Gesellschaft gibt. Unter zahlreichen Gelehrten hatte sich damals die feste Meinung herausgebildet, Arbeiter seien faul und würden höhere Löhne nur versaufen.

Nach dem Ersten Weltkrieg hatten die Volksbewegungen zusammen mit den Liberalen das allgemeine Wahlrecht durchgesetzt, 1919 wurde das gleiche Stimmrecht für Männer und Frauen eingeführt. Während des Krieges verhielt sich Schweden neutral. Zunehmend übernahmen die Sozialdemokraten die Macht, und mit Hjalmar Branting wurde 1920 einer der Führer der Arbeiterbewegung zum Ministerpräsidenten gewählt. In den Jahren danach wurden die wirtschaftlichen und sozialen Voraussetzungen für den modernen Wohlfahrts- und Sozialstaat geschaffen.

Ab 1930 traf die Weltwirtschaftskrise auch Schweden. Zunehmende Arbeitslosigkeit und sinkende Löhne führten zu Konflikten auf dem Arbeitsmarkt. Nach dem Selbstmord des „Zündholzkönigs“ Ivar Kreuger und dem Zusammenbruch seines Imperiums stieg die Arbeitslosigkeit weiter an. Die Sozialdemokraten profitierten von der Krisenstimmung und gingen aus der Reichstagswahl 1932 als eindeutige Sieger hervor. Per Albin Hansson, der Führer der Sozialdemokraten, wurde Ministerpräsident. Unter ihm nahm die Idee vom „Volksheim“ Gestalt an, einer Gesellschaft, in der alle wirtschaftlichen und sozialen Schranken abgebaut werden sollten und Gleichberechtigung, Zusammenarbeit und Hilfsbereitschaft die tragenden Ideen waren. Das 1938 unterzeichnete Abkommen von Saltsjöbaden, einem Vorort in den Stockholmer Schären, in dem sich Arbeitgeberverband und Gewerkschaftsbund mustergültig darauf einigten, wie Tarifverträge und Konfliktsituationen zwischen den beiden Hauptakteuren auf dem Arbeitsmarkt geregelt werden konnten, führte in der Folgezeit zu Stabilität und raschem Wirtschaftswachstum.

Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, gab Schweden eine Neutralitätserklärung ab. Auch als Finnland im November 1939 von der Sowjetunion angegriffen wurde, erklärte die Koalitionsregierung unter Per Albin Hansson das Land für „nicht-kriegführend“. Aber nach dem Motto „Finnlands Sache ist unsere“ ließ Schwedens Bevölkerung dem Nachbarland größtmögliche Hilfe zukommen. Rund 40.000 finnische Kinder fanden Zuflucht in Schweden. Das für die deutsche Kriegsindustrie notwendige Eisenerz lieferte das neutrale Land. Truppen- und Materialtransporten von deutscher Seite über schwedisches Gebiet widersetzte man sich anfangs, ließ aber dann nach der Kapitulation Frankreichs im Sommer 1941 Soldaten und Material passieren. Der gute internationale Ruf Schwedens ist sicherlich auch auf den humanitären Einsatz während des Krieges zurückzuführen, als 7.500 dänische Juden aufgenommen und vor der Deportation nach Deutschland bewahrt wurden. Graf Bernadotte rettete zahlreiche Juden aus den Konzentrationslagern, unglaubliche Aktionen gelangen Raoul Wallenberg in Ungarn.

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Raoul Wallenberg, Held des Zweiten Weltkriegs

Über kaum eine schwedische Persönlichkeit ist so viel geschrieben worden wie über Raoul Wallenberg. 40 Bücher sind über ihn erschienen, sein Leben ist verfilmt und in Fernsehserien dargestellt worden. In aller Welt weiß man inzwischen von den außergewöhnlichen Rettungsaktionen zugunsten ungarischer Juden während des Zweiten Weltkriegs. Direkt oder indirekt soll er 100.000 Menschen das Leben gerettet haben. Das Schicksal Wallenbergs und seines Fahrers Langfelder, die am 17. Januar 1945 von den sowjetischen „Befreiern“ Budapests inhaftiert wurden, ist bis auf den heutigen Tag ungewiss. Wiederholt hielt die Sowjetregierung an ihrer Version fest, Wallenberg sei am 17. Juli 1947 im Ljubljanka-Gefängnis an Herzversagen verstorben, doch immer hielten sich aufgrund von Zeugenaussagen die Gerüchte, dass er noch lebe. Der letzte Versuch, Klarheit in sein Schicksal zu bringen, bestand darin, dass Interessengruppen in Schweden und im Ausland Nachforschungen in 15 russischen psychiatrischen Kliniken anstellten, in denen häufig Dissidenten und Kritiker verschwanden. Eine russisch-schwedische Historikerkommission kam 2001 nach neunjähriger Arbeit zu dem Ergebnis, dass Wallenberg wahrscheinlich am 17. Juli 1947 im Alter von 34 Jahren vom russischen Geheimdienst in Moskau erschossen wurde.

Wer war Raoul Wallenberg? Er wurde am 4. August 1912, drei Monate nach dem Tod seines Vaters, geboren und entstammte einer der bekanntesten schwedischen Familien, aus der seit Generationen führende Persönlichkeiten des Landes hervorgegangen sind. Um seine Erziehung kümmerte sich sein Großvater, der Diplomat Gustav Wallenberg. Raoul wollte nicht ins Bankfach, wie die Familie es gern gesehen hätte, sondern studierte Architektur in den USA. Nach seiner Rückkehr nach Schweden gab es wenig für ihn in seinem Beruf zu tun, sodass sein Großvater ihn bei einer schwedischen Firma in Südafrika unterbrachte, wenig später bei einer Bank in Haifa im damaligen Palästina, wo er zum ersten Mal aus Deutschland geflohenen Juden begegnete, deren Schilderungen ihn tief beeindruckten. Ende der 1930er Jahre stieg Wallenberg als Geschäftspartner in eine Firma ein, die Lebensmittel und Delikatessen aus Ungarn importierte.

Erinnerungsdenkmal an Raoul Wallenberg

Als Hitler Ungarn am 19. März 1944 besetzen ließ und die Deportation der Juden nach Birkenau und Auschwitz begann, suchten viele jüdische Bewohner Budapests Hilfe in den Botschaften der neutralen Länder. Schwedischen Diplomaten gelang es, mit den ungarischen Behörden auszuhandeln, dass Juden mit besonderen Beziehungen zu Schweden einen Pass erhalten konnten, der sie schwedischen Staatsbürgern gleichstellte. In dieser Situation kam Raoul Wallenberg im Auftrag der schwedischen Regierung mit Unterstützung der Amerikaner als Legationssekretär nach Budapest, um eine große Rettungsaktion in die Wege zu leiten. Er mietete und kaufte „schwedische Häuser“, in denen die Juden Schutz fanden und entwarf einen Schutzpass in den schwedischen Nationalfarben, der nicht ohne Eindruck auf die Nazis blieb. Jedes Mittel war ihm recht, Menschenleben zu retten. Möglicherweise hielten die Russen ihn für einen Spion, zumal Aufzeichnungen Wallenbergs von Treffen mit Eichmann und anderen Nazis Misstrauen weckten. Hätte die schwedische Diplomatie unmittelbar nach dem Krieg entschlossener agiert und mehr Mut gegenüber Moskau gezeigt, wäre Raoul Wallenberg wohl, vielleicht im Austausch mit einem russischen Spion, nach Schweden zurückgekehrt.

Die Auslieferung von 168 uniformierten Balten 1945/46 an die Sowjetunion gehört zu den traurigeren Kapiteln der Nachkriegszeit. Schwedens Regierungen wollten durch einen heuchlerischen Akt das Wohlwollen der Russen gewinnen, um den für Deutschland notwendigen und für Schweden lohnenden Eisenerzexport während der Kriegsjahre vergessen zu machen.

Nachkriegszeit und Gegenwart

Der von den Sozialdemokraten in den 1930er Jahren entworfene Wohlfahrtsstaat konnte nach dem Zweiten Weltkrieg weitgehend verwirklicht werden. Im kriegsverschonten Schweden ging man schnell zum Alltag über, zumal die Unternehmen die Waren produzieren konnten, die in den vom Krieg verwüsteten Ländern beim Wiederaufbau gebraucht wurden.

Die ersten Nachkriegsjahre werden als „Zeit der Ernte“ bezeichnet. Unter Tage Erlander, der von 1946–1969 ununterbrochen als sozialdemokratischer Ministerpräsident amtierte, wurden auf der Basis von hohem Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung viele soziale Reformen auf den Weg gebracht: Altersrente, allgemeine Krankenversicherung, allgemeines Kindergeld, Wohngeld, Arbeitsschutzgesetz, dreiwöchiger gesetzlicher Urlaub, Einführung der neunjährigen Gesamtschule als Regelschule. Starke Tendenzen der Zentralisierung in Wirtschaft und Gesellschaft ließen die großen Städte, in denen Wohnraum knapp wurde, schnell zu Lasten vieler Landgemeinden anwachsen. Der öffentliche Sektor beschäftigte immer mehr Schweden. Die Kehrseite der Medaille waren die hohen Steuern, mit denen die Reformen finanziert wurden.

Die schwedische Außenpolitik richtete sich in der Nachkriegszeit, nachdem mit dem Beitritt Norwegens zur NATO ein gemeinsames skandinavisches Verteidigungsbündnis gescheitert war, nach der Devise „Bündnisfreiheit in Friedenszeiten mit dem Ziel der Neutralität im Kriegsfall“. Schwedens guter Ruf in der Welt ist maßgeblich darauf zurückzuführen, dass es im Rahmen der Vereinten Nationen aktiv dazu beigetragen hat, zwischenstaatliche Konflikte zu lösen. 1953 wurde Dag Hammarskjöld, der 1961 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, zum UN-Generalsekretär gewählt. Kurz zuvor war 1952 der Nordische Rat gegründet worden, der u. a. zur Aufhebung des Passzwanges und zu einem gemeinsamen Arbeitsmarkt zwischen den nordischen Ländern führte und die Wirtschafts- und Sozialgesetzgebung der Länder einander anglich.

Mit Olof Palme, der 1969 die Nachfolge des populären Tage Erlander antrat, spielte Schweden zunehmend auf der internationalen Bühne eine bedeutendere Rolle. Die Linie der Neutralität hielt die sozialdemokratische Regierung nicht davon ab, die sowjetische Okkupation der Tschechoslowakei ebenso zu verurteilen wie den Krieg der USA in Vietnam. Zu Befreiungsbewegungen und jungen Staaten Afrikas und Asiens unterhielt die Regierung gute Kontakte. Eine Mitgliedschaft in der EG, wie die EU damals noch hieß, war aus Gründen der Neutralitätspolitik nicht angedacht.

Nach einer Grundgesetzreform 1969 trat an die Stelle des alten Zweikammersystems ein Einkammer-Reichstag mit 350 gewählten Mitgliedern. Das führte bei der Reichstagswahl von 1973 zu ernsten Schwierigkeiten, denn der sozialistische und der bürgerliche Block standen sich mit jeweils 175 Sitzen gegenüber. Eine Patt-Situation, die bei Abstimmungen öfter das Los entscheiden lassen musste, sodass die Zahl der Reichstagsabgeordneten auf 349 korrigiert wurde.

Erst 1975 löste ein neues Grundgesetz die alte Verfassung aus dem Jahr 1809 ab, in der eine Gewaltenteilung zwischen König und Reichstag festgelegt worden war. Das Grundgesetz von 1975 begann mit den Worten: „Alle Staatsgewalt in Schweden geht vom Volke aus“. König Carl XVI. Gustaf ist zwar das Staatsoberhaupt des Reiches, darf sich zu politischen Fragen aber nicht äußern – seine Aufgaben sind repräsentativer und zeremonieller Art. Eine Steuererklärung muss der Monarch wie jeder andere Mitbürger auch abgeben. Eine Verfassungsänderung im Zeichen der Gleichberechtigung führte 1980 dazu, dass das älteste Kind des Königspaares ohne Rücksicht auf sein Geschlecht Thronfolger wird. Die 1977 geborene Kronprinzessin Victoria ist somit die schwedische Thronfolgerin.

Nach 44 Jahren sozialdemokratischer Herrschaft in Schweden kamen 1976 die bürgerlichen Parteien an die Macht, deren Koalition an der Frage der Kernkraft und des weiteren Ausbaus der Kernenergie auseinander brach. Im Rahmen einer Volksbefragung sprach sich eine Mehrheit für einen Ausstieg aus der Kernenergie auf längere Sicht aus (s. S. 58). 1982 kehrten die Sozialdemokraten mit Olof Palme als Ministerpräsident an die Macht zurück. Am 28. Februar 1986 wurde Olof Palme in Stockholm auf offener Straße erschossen. Mörder und Motiv sind bis heute unbekannt, zahlreiche Fahndungspannen und Ungereimtheiten lassen die Ermittlungsbehörden in einem merkwürdigen Licht erscheinen. Als Parteivorsitzender und Ministerpräsident folgt Ingvar Carlsson, aus der Gewerkschaftsbewegung hervorgegangen und mit ihr verbunden, der die sozialdemokratische Politik Palmes weiterführte, wenngleich Schwedens Außenpolitik weniger engagiert und couragiert erschien als unter Olof Palme.

Ein markanter Rückgang in der Industrieproduktion, zunehmende Arbeitslosigkeit, steigende Belastungen zur Finanzierung des Wohlfahrtsstaates und eine extrem hohe Steuerlast, die das Wirtschaftsleben lähmte, zwangen die Regierung Carlsson zu einer unternehmerfreundlichen Steuerreform. Doch diese konnte den starken Rechtsruck bei den Reichstagswahlen 1991 nicht verhindern, der eine konservative Koalition unter der Ägide der „Moderaten“ an die Macht brachte. Noch vor der Wahlniederlage überreichte Ingvar Carlsson im Juni 1991 Schwedens Beitrittsgesuch zur Europäischen Union.

In nur drei Jahren, die die Konservativen an der Macht blieben, gelang es ihnen, neue Weichen zu stellen. Ministerpräsident Carl Bildt setzte mehr auf den Markt als den Staat. Privatisierung und Wahlfreiheit beim Erhalt der „grundlegenden Sicherheit“ des Wohlfahrtsstaates waren seine Leitlinien. Außenpolitisch strebte die Regierung energisch die Vollmitgliedschaft in der EU an, womit sie sich vom langjährig geltenden Neutralitätsprinzip verabschiedete.

Es war das Schicksal der bürgerlichen Regierung, dass sie in der Einleitungsphase einer schweren Wirtschaftskrise an die Macht gekommen war. Bei den nächsten Wahlen 1994 setzten die schwedischen Wähler ihre Hoffnungen erneut auf die Sozialdemokraten mit Ingvar Carlsson an der Spitze. Nebenbei: Nach diesen Reichstagswahlen hatte Schweden im europäischen Vergleich mit 41 % den höchsten Frauenanteil im Parlament (Deutschland 26 %). Der Anteil der Frauen in der Umweltpartei erreichte gar 61 %, während 49 % der sozialdemokratischen Abgeordneten Frauen waren. Bei den Konservativen (Moderaterna) waren nur 27 % der Volksvertreter weiblichen Geschlechts. Aber Carlssons Politik scheiterte. Die Krone fiel im Frühjahr 1995 auf ein Rekordtief, die Zinsen waren extrem hoch und belasteten Staatsfinanzen, Industrieinvestitionen, den Arbeitsmarkt und die Privathaushalte.

Der Spitzenkandidat Göran Persson rettete die Sozialdemokraten vor der Wahlniederlage 1996. Er setzte den Sanierungskurs fort. Seit den Parlamentswahlen 1998 war er allerdings auf die Koalition mit der Linkspartei und der Umweltpartei angewiesen, nach schweren Stimmenverlusten zugunsten der Christdemokraten. Die Wahl 2006 führte zur Bildung einer bürgerlichen Allianzregierung mit dem jungen Fredrik Reinfeldt als Ministerpräsident, die Sozialdemokraten sind nun in der Opposition.

Der Ministerpräsident Reinfeldt im Wahlkampf

2010 blieb die Allianzregierung an der Macht, aber ohne Mehrheit, die Sozialdemokraten erzielten ihr schlechtestes Ergebnis in der Geschichte der Partei. Die rechtpopulistische Partei der Schwedendemokraten zog mit 5,7 % in den Schwedischen Reichstag ein. Politik in Schweden wird schwieriger und spannender. Nach fünf Jahren an der Macht und einer schwächelnden Sozialdemokratie hat die Allianz Schweden verändert: mehr Wahlfreiheit, weniger Staat, niedrigere Steuern. Kritisch sieht man bei der Zeitung „Dagens Nyheter“ die Bilanz. Schweden sei kein Vorbild hinsichtlich der Jugendarbeitslosigkeit, der Situation der Einwanderer auf dem Arbeitsmarkt, des Mangels an Wohnungen in den großen Städten oder wachsender Unternehmen.

Schweden und die EU

Nachdem Finnlands Bevölkerung sich eindeutig zur Mitgliedschaft des Landes in der EU bekannt hatte, folgte auch Schweden, dessen Bevölkerung am 13. November 1994 mit knapper Mehrheit den Beitritt zur EU wählte. Mit der bisher höchsten Wahlbeteiligung bei einer Volksabstimmung (83 %) sprachen sich 52,27 % für ein Ja zur schwedischen Mitgliedschaft in der Union aus, während 46,83 % mit einem Nein stimmten.

Überaus deutlich zeigte das Ergebnis ein Nord-Süd-Gefälle, denn die Bewohner vieler Kommunen und Provinzen im Norden des Landes hatten meist mit überwältigender Mehrheit gegen einen Beitritt gestimmt – ein Protest gegen Brüssel und Stockholm. Doch die bevölkerungsreicheren Regionen des Südens mit den größten Städten entschieden die Wahl.

Nachdem lange vor dem Wahltermin eigentlich für die Pro-Seite alles gelaufen schien, zeigten Meinungsumfragen, je näher der Wahltermin heranrückte, dass die Nein-Seite Boden gutmachte. Schließlich engagierte sich die schwedische Wirtschaft, die der Ja-Seite erhebliche Summen zukommen ließ. Die Top-Manager der führenden Exportunternehmen gingen in die Offensive, traten im Fernsehen auf, und häufig wurden die Beschäftigten, manchmal sogar in Einzelgesprächen, unter Hinweis auf die Gefährdung des eigenen Arbeitsplatzes darauf hingewiesen, wie notwendig ein „Ja“ für ein so exportabhängiges Land wie Schweden sei. Der damals neugewählte sozialdemokratische Ministerpräsident Ingvar Carlsson versprach seinen unter der Last hoher Zinsen stöhnenden Bürgern, man werde von dem hohen Zinsniveau herunterkommen, wenn die Wahl pro Brüssel ausgehe.

Wie kritisch viele Schweden gegenüber der EU eingestellt sind, zeigte sich auch im Herbst 2003, als sich eine Mehrheit der Bevölkerung gegen eine Einführung des Euro aussprach. Kurz zuvor war Schwedens Außenministerin Anna Lindh, eine leidenschaftliche Befürworterin des Euro und der EU, ohne jeden Personenschutz im Stockholmer Kaufhaus NK niedergestochen worden. Nur wenig später erlag die große politische Hoffnungsträgerin des Landes ihren Verletzungen. Schweden durchlebte einen ähnlichen Schockzustand wie bei der Ermordung Olof Palmes. Doch diesmal konnte der Mörder nach anfänglichen Fahndungsschwierigkeiten festgenommen, überführt und verurteilt werden.

Zu den Gegnern der EU, die es in allen Parteien gibt, gehören die Linkspartei und die Grünen. Zwar fordern die Grünen nicht mehr die Abschaffung der EU, doch schwäche Brüssel die Demokratie, viele wichtige Beschlüsse fasse man ohne wirkliche Debatte und Verankerung in Schweden. „Wir wollen eine Dezentralisierung der Macht“, heißt es in der Umweltpartei.

Aktuelle repräsentative Meinungsbefragungen zeigen, dass eine Mehrheit der schwedischen Bevölkerung auch nicht Mitglied der NATO sein will und ferner nicht bereit ist, an einer gemeinsamen europäischen Verteidigung teilzunehmen.

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Die Schweden und ihr Königshaus

Die Monarchie hat eine lange Tradition in Schweden. Schließlich kennt man rund 50 Namen von Königen, die in den letzten 1.000 Jahren das Land regierten. Während die Monarchie beim schwedischen Volk großes Ansehen genießt, würde eine Mehrheit der Reichstagsabgeordneten, vor allem die der Sozialdemokraten, Grünen und der Linkspartei – so eine Umfrage des schwedischen Fernsehens – das Königshaus am liebsten abschaffen.

Als der Reichstag vor gut drei Jahrzehnten die Arbeitsaufgaben von König Carl XVI. Gustaf neu festlegte, wurde dem König der letzte politische Einfluss genommen. Selbst das Recht, den Ministerpräsidenten vorzuschlagen, war dem Präsidenten des Reichstags übertragen worden. Begibt der König sich auf einen Staatsbesuch ins Ausland, so muss er vorher den Ministerpräsidenten kontaktieren und die Reise mit ihm absprechen.