Selbstfürsorge 4.0 - Monika A. Pohl - E-Book

Selbstfürsorge 4.0 E-Book

Monika A. Pohl

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Beschreibung

Die Arbeitswelt von morgen wird digitaler, vernetzter und interdisziplinärer, als wir es uns heute noch vorstellen. Sie bietet uns damit vielfältige Handlungsoptionen und Gestaltungschancen und fordert zugleich mehr denn je unsere Selbstverantwortung heraus. Schon heute setzen immer kürzer werdende Innovationszyklen eine Bereitschaft zum lebenslangen Lernen voraus. Um die damit einhergehenden Herausforderungen anzunehmen und zu meistern, ist jeder Einzelne gefordert, Verantwortung für sein Wohlergehen zu übernehmen. Selbstfürsorge ist dabei die beste Vorsorge. Monika Pohl stellt mit Selbstfürsorge 4.0 ein Konzept vor, das auf Achtsamkeit basiert und darauf abzielt, die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden aus ganzheitlicher Sicht zu fördern. Im Fokus stehen dabei neben den klassischen Bausteinen gesunder Lebensführung wie Ernährung und Bewegung Kompetenzen wie Empathie, Willensstärke und Resilienz. Zahlreiche Selbsttests und praktische Übungen helfen, die eigenen Bedürfnisse zu analysieren und mithilfe der vorgestellten Techniken neue Denk- und Verhaltensformen zu etablieren. So werden Sie fit für die Herausforderungen der Arbeitswelt 4.0.

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Monika A. Pohl

Selbstfürsorge 4.0

Wer gut für sich selbst sorgt, kann sein Bestes geben

Externe Links wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches geprüft. Auf etwaige Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt hat der Verlag keinen Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-95623-786-7

Lektorat: Friederike Moldenhauer, Hamburg | www.moldenhauer-text.de

Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de

Titelfoto: BlurryMe/Shutterstock

Autorenfoto: Christian Liepe

Satz und Layout: Lohse Design, Heppenheim | www.lohse-design.de

© 2018 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

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Inhalt

Einladung

1 Neue Arbeitswelt erfordert neue Wege der Selbstfürsorge

Salutogenese statt Pathogenese

Achtsamkeit als Nährstoff

Der Baum der Selbstfürsorge

Yoga und sein Mehrwert als verbindendes Element

Empathie als Kernkompetenz in stürmischen Zeiten

Chronobiologie: Was wir von der Natur lernen können

Fazit

2 Wie Sie Ihre Gesundheit ganzheitlich fördern und so Krankheiten und Ausfallzeiten vorbeugen

Gesunde Ernährung

Körperliche Aktivität

Rückenfitness und Ergonomie im Büro

Entspannung

Erholsamer Schlaf

Fazit

3 Wie Sie mehr Lebensfreude gewinnen und dauerhaft der Fremdbestimmung entkommen

Sinnfindung und Spiritualität

Genügsamkeit

Selbstbestimmung

Fazit

4 Wie Sie sich mehr Glück im Leben sichern und was Loslassen und Positivität damit zu tun haben

Gelassenheit und Resilienz

Gelingende Beziehungen

Positives Mindset

Fazit

5 Wie Sie die Weichen auf Erfolg stellen und warum Intuition die Komplexität des Alltags mindert

Willensstärke

Humor als Ressource

Intuition

Fazit

Anhang

MindCu®, Do-it-yourself-Anleitung

Meine Zeitanatomie

Literatur

Die Autorin

Einladung

Die Arbeitswelt wird zunehmend digitaler, vernetzter und interdisziplinärer. Sie wird uns durch spannende Handlungsoptionen und Gestaltungschancen mehr denn je in unserer Selbstverantwortung herausfordern. Immer kürzer werdende Innovationszyklen setzen eine Bereitschaft zum lebenslangen Lernen voraus und in Zukunft wird Bildung noch vielschichtiger. Der aktuelle gesellschaftliche und kulturelle Wandel sowie die demografischen Veränderungen stellen sowohl die Unternehmen als auch die Beschäftigten vor neue, zunehmend steigende Herausforderungen. Um diese anzunehmen und souverän zu meistern, ist Selbstfürsorge die beste Vorsorge. Sie geht mit der Verantwortung für das eigne Wohlergehen einher und ist eine Notwendigkeit, die viele Menschen beim Abarbeiten ihrer To-do-Listen aus dem Fokus verlieren – sie finden sich früher oder später in einer Abwärtsspirale aus Überforderung, Frust und Erschöpfung wieder.

Den Fortschritt können wir nicht aufhalten, aber dem Wandel sind wir nicht machtlos ausgeliefert. Wir haben immer einen Gestaltungsspielraum. Oft ist er sogar größer, als wir es uns eingestehen. Es liegt an uns, die Arbeitswelt von morgen schon heute proaktiv zu gestalten und dabei den Menschen bewusst in den Mittelpunkt zu rücken, damit uns die Computer nicht den Rang ablaufen. Sorgen Sie also gut für sich, statt darauf zu warten, dass es andere für Sie tun. Dieser Ratgeber zeigt Ihnen, wie Sie in Zeiten des Umbruchs und der Transformation in die Zukunft investieren und dabei gesund, lebensfroh und glücklich bleiben.

Denn nur wer gut für sich selbst sorgt, kann sein Bestes geben und bei Bedarf auch anderen Unterstützung anbieten. So bleiben Sie langfristig auf Erfolgskurs, erleben sich als selbstbestimmt und Ihren Alltag als sinnstiftend und erfüllend.

Sie sind das wichtigste Projekt Ihres Lebens. Machen Sie was daraus!

Herzlichst Monika A. Pohl

1 Neue Arbeitswelt erfordert neue Wege der Selbstfürsorge

Selbstfürsorge weiterdenken

Es gibt viele gute Gründe, warum Menschen sich aus dem Bett quälen, ins Auto oder in die Bahn setzen und zur Arbeit fahren. Die meisten von ihnen betrachten Arbeit, im Sinne einer Erwerbstätigkeit, als finanzielle Absicherung ihres Lebensunterhalts. Aber in Wirklichkeit ist Arbeit weit mehr als das, denn sie ermöglicht uns gesellschaftliche Teilhabe und gibt uns die Chance, unsere Fähigkeiten und Talente unter Beweis zu stellen. Sie bietet uns die Möglichkeit, in den Genuss des Erfolgs, der Anerkennung in einer Gemeinschaft und des Prestiges zu kommen. Arbeit gibt uns eine Identität und verleiht uns Würde, ganz gleich, welche Tätigkeit wir ausüben. Sie strukturiert unseren Alltag und schenkt uns das Gefühl, gebraucht zu werden. Wer hart arbeitet, genießt den Feierabend, schätzt das Wochenende und den Urlaub mehr. Ob aus Pflicht, Berufung oder Leidenschaft – Arbeit nimmt eine zentrale Rolle in unserem Leben ein.

„Das Leben ist ein Fluss und alles verändert sich.“

Jack Kornfield

Wie genau die Arbeitswelt in der Zukunft aussehen wird, vermag noch keiner zu sagen. Doch die Prognose, dass in den nächsten 20 Jahren der Wandel wesentlich größer sein wird als in den letzten 100 Jahren, liegt nahe. Noch nie war Changemanagement so populär, dass eigens dafür Querdenker und Experten ins Boot geholt werden, um es vor dem Kentern zu schützen. Die Abläufe werden immer komplexer und das Tempo wird rasanter. Nur gut, dass Sie ernsthaft darüber nachdenken, Ihre Selbstfürsorge auf den Prüfstand zu stellen und den Wandel entsprechend zu justieren. Denn neben der Arbeit müssen wir auch diesen Aspekt weiterdenken.

Salutogenese statt Pathogenese

Salutogenese (lateinisch salus, Gesundheit und griechisch genesis, Entstehung) geht der Frage nach, wie Gesundheit entsteht, erhalten bleibt und gefördert werden kann. Anders als die Schulmedizin, die auf der Pathogenese basiert und den Ursachen einer Krankheit nachgeht, um diese zu bekämpfen und damit die Gesundheit wiederherzustellen, orientiert sich die Salutogenese an den Gesundheitszielen und erschließt mögliche Ressourcen.

Das Konzept der Salutogenese wurde in den 1980er-Jahren von dem israelisch-amerikanischen Medizinsoziologen Aaron Antonovsky (1923–1994) entwickelt. In seiner Forschung versuchte er zu verstehen, welche Faktoren Gesunderhaltung und Gesundung ermöglichen, selbst unter widrigen Verhältnissen und nach traumatischen Erlebnissen, wie etwa der Internierung im Konzentrationslager. Seitdem konnten zahlreiche Ergebnisse seiner Untersuchungen eindrücklich empirisch untermauert werden. Durch die ganzheitliche Ausrichtung vieler Therapie- und Coachingmaßnahmen der heutigen Zeit, nicht zuletzt der modernen Ordnungstherapie (Mind-Body-Medizin), hat sein Modell an Aktualität gewonnen.

Gesundheit ist ein fortwährender Prozess, der alle Dimensionen des Lebens miteinander verbindet

Salutogenese impliziert, dass Gesundheit kein Zustand ist, sondern ein fortwährender Prozess, der alle Dimensionen des Lebens miteinander verbindet. Dabei werden Gesundheit und Krankheit als zwei entgegengesetzte Pole statt sich ausschließende Gegensätze betrachtet, die Bestandteile eines multidimensionalen Kontinuums sind. Damit wird Krankheit nicht zu einem isolierbaren Ereignis, dem Ausfall eines Systems, sondern muss im geschichtlichen Gesamtkontext des Einzelnen betrachtet werden. Risikofaktoren wie z. B. Stress und Überforderung stehen in einer ständigen Wechselwirkung mit Schutzfaktoren. Diese kurbeln unsere Selbstheilungskräfte an und sorgen für Stimmigkeit in einem aufeinander bezogenen System.

Den Mittelpunkt der Salutogenese bildet das Kohärenzgefühl (sense of coherence). Es beinhaltet drei wesentliche Einflussfaktoren:

die Fähigkeit, die Zusammenhänge des Lebens zu begreifen – Verstehbarkeitdie Überzeugung, das eigene Leben selbst beeinflussen und gestalten zu können – Handhabbarkeitder Glaube an den Sinn des Lebens – Sinnhaftigkeit

Gesundheit als mehrdimensionales Geschehen

Alle drei drücken dabei eine umfassende Orientierung aus, die dem Individuum Vertrauen in seine eigenen Ressourcen gibt und die Überzeugung stärkt, dass sich das Meistern einer Herausforderung lohnt. Antonovsky nach ist Gesundheit ein mehrdimensionales Geschehen, das sowohl von der Subjektivität der Person als auch von den objektiven äußeren Faktoren beeinflusst wird. Somit kann der Stress, je nach Charakter und der Art der Bewältigung, positive oder negative gesundheitliche Konsequenzen nach sich ziehen und Widerstandsressourcen stärken oder schwächen. Je mehr Ressourcen einer Person zur Verfügung stehen, desto größer ist ihre Widerstandskraft gegenüber den Stressoren. Gleichzeitig wird die Überzeugung gestärkt, dass das Leben im Wesentlichen überschaubar, handhabbar und sinnerfüllt ist.

Genau diese Herangehensweise ist der Schlüssel zu einer gesunden und motivierten Gesellschaft inmitten neuer Technologien und Innovationen. Um die Veränderungen anzunehmen, sollten wir ihnen zustimmend begegnen, sie zu unserem Vorteil nutzen und offen für weitere Entwicklungen sein. Das stärkt vorhandene Kompetenzen und Ressourcen, fördert Selbstwirksamkeit und eine positive Geisteshaltung. Letztendlich führt es zu der Überzeugung, dass alles, was passiert, eine Berechtigung und einen tieferen Sinn hat. Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass wir alle Aspekte des Wandels gutheißen müssen – weit gefehlt. Es gibt viele Neuerungen, die wir kritisch hinterfragen und entsprechend unseren Möglichkeiten der Einflussnahme lenken sollten.

Unmut und Angst vor der Zukunft wirken sich dagegen nicht nur schädlich auf unser Gesundheitspotenzial aus, sondern lähmen uns auch und führen langfristig zu Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Unsere Kraftquellen versiegen und wir brennen aus. Damit das nicht passiert, sorgen Sie rechtzeitig vor und führen Sie einen gesunden Lebensstil: Ernähren Sie sich vielseitig und vollwertig, sorgen Sie für ausreichend körperliche Aktivität und Zeiten der Entspannung. Bauen Sie sich ein stabiles soziales Netzwerk auf, auf das Sie sich in guten wie in schlechten Zeiten verlassen können. Und vergessen Sie nicht, sich regelmäßig auch Ihren Seelenimpulsen zuzuwenden, denn die sind es auch, die in Ihnen das Bewusstsein einer Stimmigkeit und Verbundenheit, eben jenes Kohärenzgefühl, wecken. Genau hier liegt die wesentliche Schnittstelle, die wir brauchen, um uns als eingebunden in den Gesamtkontext des Lebens zu erfahren und unseren Alltag, samt zahlreicher Veränderungsprozesse im beruflichen wie im privaten Umfeld, voller Zuversicht und Engagement zu meistern.

Betriebliche Gesundheitsförderung weitergedacht

Prävention und Gesundheitsförderung

In meinen Trainings und Coachings erlebe ich immer wieder, dass Teilnehmer verunsichert sind, weil sie nicht wissen, was sie in Zukunft beruflich erwartet. Werden meine Tätigkeit in absehbarer Zeit humanoide Roboter übernehmen, oder reichen mein Wissen und meine Fähigkeiten aus, um dagegenzuhalten? Da die Halbwertszeit neuer Technologien immer kürzer wird, reduziert sich gleichzeitig auch die Halbwertszeit unseres Wissens. Das heißt, dass neben der Notwendigkeit des lebenslangen Lernens auch der Druck wächst, den Anforderungen der digitalen Arbeitswelt zu genügen. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, vor etwa zehn Jahren mit dem Thema Soft Skills im Beruf gestartet zu sein, damals noch allseits belächelt. Mittlerweile sind Soft Skills in Form von achtsamer innerer Ausrichtung natürlich neben Hard Skills hinsichtlich fachlicher Kompetenz aus dem Berufsleben nicht mehr wegzudenken. Und das ist auch gut so. Hinter vorgehaltener Hand haben mir damals schon viele Führungskräfte recht gegeben, doch anscheinend war die Zeit dafür noch nicht reif. Jetzt, wo wir endlich erkannt haben, dass es auf die alte harte Tour nicht funktioniert, wenden wir uns auch weichen Themen wie Achtsamkeit, Empathie und Wertschätzung zu. Ich würde dabei noch weitergehen und behaupten, dass wir beides, sowohl Hard Skills als auch Soft Skills, unbedingt brauchen. Nach dem Prinzip der Polarität ergänzen diese beiden Aspekte einander und bilden so eine Ganzheit. Orientieren wir uns langfristig nur einseitig, wie wir das bisher getan haben, gerät das System aus den Fugen. Nicht ohne Grund nehmen Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen rasant zu, gefährden Produktivität und Wertschöpfung der Unternehmen. Daher sind diese aufgefordert und gut beraten, ihre Mitarbeiter bei der Selbstfürsorge als entscheidenden Beitrag zur persönlichen, aber auch zur betrieblichen Gesundheitsförderung zu unterstützen. Allerdings braucht es dazu auch eine Unternehmenskultur, die ihre Fürsorgepflicht ernst nimmt. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen eine Matrix vorstellen, aus der schnell ersichtlich wird, ob ein Unternehmen langfristig auf der Seite der Gewinner oder der Verlierer der Digitalisierung landen wird.

Demnach werden Unternehmen, die digitale Chancen nicht nutzen, sei es aufgrund fehlender Kompetenz oder mangelnden Interesses, und es in absehbarer Zeit nicht schaffen, innerhalb des Betriebs ein Bewusstsein für Achtsamkeit und Wertschätzung zu entwickeln, zugleich ihre Mitarbeiter wenig bis gar nicht bei der Selbstfürsorge unterstützen, eindeutig zu den Verlierern zählen.

Firmen, die eine achtsame und wertschätzende Kultur entwickelt haben und die in die Selbstfürsorge ihrer Mitarbeiter investieren, gleichzeitig jedoch den Wandel nicht mitgestalten, werden von anderen kurzerhand überholt werden.

Abb. 1 | Gewinner und Verlierer der Digitalisierung unter dem Aspekt der Selbstfürsorge und der Bereitschaft, den Wandel itzugesalten

Unternehmen, die in der Digitalisierung voranschreiten, aber ihre Mitarbeiter zurücklassen, weil sie deren Bedürfnis nach Selbstfürsorge nicht ernst nehmen, werden wertvolle Fachkräfte an die Gewinner verlieren.

Und Firmen, die bereit sind, neue Wege zu wagen und zugleich, neben einer Kultur der Achtsamkeit und Wertschätzung, in die Selbstfürsorge ihrer Arbeitskräfte investieren, werden die wahren Gewinner sein.

Unternehmen, die ihre Mitarbeiter bei der Selbstfürsorge unterstützen und der neuen Arbeitswelt offen gegenüberstehen, werden als Gewinner der Digitalisierung hervorgehen.

Achtsamkeit als Nährstoff

Achtsamkeit ist zielgerichtete Aufmerksamkeit im gegenwärtigen Augenblick, alltagsnah und nicht nur gegen Stress wirksam. Sie handelt vom Leben im Hier und Jetzt, statt vom Bedauern verpasster Chancen und gemachter Fehltritte oder von Sorgen mit Blick auf die Zukunft. Achtsamkeit befähigt uns, persönlichen Stress zu entlarven, zu verstehen und effektiv zu bekämpfen. Indem wir zwischen einem Reiz von außen und der Reaktion im Inneren einen Moment innehalten und bewusst und wertfrei wahrnehmen, was mit und in uns geschieht, haben wir die Wahl, uns anders auszurichten, als unsere Gewohnheiten und Verhaltensmuster es uns nahelegen. Sie erlaubt uns, unsere Bedürfnisse und Wünsche bewusster wahrzunehmen und auf diese Weise gut für uns zu sorgen. Achtsamkeit nährt uns, wenn wir sie in unseren Alltag einbauen, und ist die Kraft, aus der wir schöpfen können, um den Herausforderungen des Lebens mit mehr innerer Ruhe und Gelassenheit zu begegnen.

Was aber hat dazu geführt, dass uns Achtsamkeit dermaßen abhandengekommen ist, dass wir sie neu erlernen müssen, denn schließlich ist sie angeboren? Kinder sind in der Regel wesentlich achtsamer als Erwachsene, was sie uns immer wieder vor Augen führen, wenn sie sich in ein Spiel vertiefen und dabei eine Präsenz entwickeln, in der sie sich von außen kaum stören lassen. Es sind vermutlich die vielen Reize, die Tag für Tag auf uns niederprasseln und um unsere Aufmerksamkeit buhlen. Im Laufe des Lebens lernen wir, sie scheinbar immer besser zu bewältigen, wir entwickeln uns zu Multitasking-Genies. Doch diese Entwicklung fordert ihren Tribut. Denn es kostet uns zunehmend mehr Kraft und Zeit, unsere Aufmerksamkeit immerzu in alle Richtungen zu streuen, um den Fokus dann schließlich auf die Kerninhalte unserer Tätigkeit zu richten. Die Suche nach Prioritäten wird zum Fischen im trüben Gewässer. Sie gestaltet sich zäh, die Ausbeute ist oftmals gering, die Mühe groß. Dieser Prozess reduziert drastisch Zeiten der Ruhe und Entspannung, in denen früher unser Geist frei und unbeschwert sein konnte. Gleichzeitig minimiert er unser Potenzial, sich den schönen Dingen des Lebens zuzuwenden. So suchen wir nach Lösungen und finden diese in der Einfachheit der Dinge statt in der Komplexität – oder, wie der Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx es treffend in einem seiner Schlüsseltexte bezeichnet: „Achtsamkeit ist Ablenkungs- und Aufmerksamkeitsdiät, bei der es nicht um Verzicht, sondern um inneren Reichtum geht.“ (Horx, Megatrend Achtsamkeit)

Grundlagen der Achtsamkeit

Der Begründer der Achtsamkeitsbewegung ist der amerikanische Biologe Jon Kabat-Zinn. Aufgrund eigener Erfahrungen in Yoga und Meditation entwickelte er in den 1970er-Jahren ein mehrwöchiges achtsamkeitsbasiertes Programm zur Stressreduktion, das sogenannte Programm zur Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR), das inzwischen weltweit bekannt ist und in den letzten Jahren sogar die Führungsetagen namhafter Unternehmen in Deutschland erreicht hat. Seitdem gibt es zahlreiche wissenschaftliche Studien, die die Wirkzusammenhänge der Achtsamkeitspraxis auf Körper, Geist und Seele positiv belegen. Demnach verändert diese nicht nur kurzfristig die Hirnaktivität, sondern mittel- und langfristig auch Hirnstrukturen hin zu einem dichteren neuronalen Netzwerk in Bereichen, die für die Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit und die emotionale Regulation zuständig sind. Erwiesenermaßen fördert gelebte Achtsamkeit Wertschätzung und Mitgefühl mit sich selbst und mit anderen Menschen. Dieser Ansatz könnte viele Unternehmen interessieren und vielleicht sogar revolutionieren, je nachdem, wie offen sie dafür sind.

„Das Herz der Achtsamkeit ist die Entdeckung und Kultivierung der Verbundenheit mit dem, was das Beste und Tiefste in uns ist.“

Jon Kabat-Zinn Online-Artikel „Moment by Moment“

Mittel zur Selbsthilfe

Weder strebt Achtsamkeit etwas an noch bewertet sie die Dinge. Sie schaut sich nur an, was da ist. Eine Meditation dazu finden Sie im Kapitel zum Thema Entspannung. Ihr Prinzip ist das Singletasking, die Ausrichtung auf eine Sache statt auf mehrere gleichzeitig. Wir unterscheiden zwischen innerer Achtsamkeit, die auf uns selbst, unsere Gefühle und innere Impulse ausgerichtet ist, und der äußeren Achtsamkeit, bei der es um die Wahrnehmung außerhalb der eigenen Person geht. Achtsamkeit beginnt immer bei mir selbst und dehnt sich dann nach außen aus, auf meine Mitmenschen und meine Umgebung. Sie ist ein Prozess ebenso wie eine Fertigkeit und kann geübt, gelernt und gezielt eingesetzt werden. In erster Linie dient sie der Selbstregulation und ist damit ein hervorragendes und zeitgemäßes Mittel zur Selbsthilfe. Sie kann zur Entschleunigung einer akuten Stresssituation genutzt werden, um in den Ruhemodus zu kommen und mehr Gelassenheit zu generieren, oder langfristig als Grundton der Lebensführung etabliert werden. Um beides möglich zu machen, bedarf es regelmäßiger Übung. Diese ist sehr vielfältig und zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort möglich, denn die Grundübung, mit der wir beginnen können, ist das achtsame Beobachten unserer Atmung, die fortwährend präsent ist – vom ersten Atemzug an bis zum letzten.

Wie Achtsamkeitstraining wirkt

Die tägliche Konfrontation mit einer Flut an Stimuli wird in den nächsten Jahren aller Voraussicht nach immer mehr zunehmen. Wir werden noch stärker selektieren und bewusst mit Reizen umgehen müssen. Sonst laufen wir Gefahr, anstatt die neuen Technologien zu überblicken und sinnvoll einzusetzen, von ihnen beherrscht zu werden, vielleicht sogar ohne es zu bemerken. Anhand einer simplen Darstellung möchte ich Ihnen eine Vorstellung davon vermitteln, wie sich Achtsamkeit bei regelmäßiger Übung etabliert. Es ist keine wissenschaftliche Erkenntnis, sondern vielmehr eine Skizze, in der ich Ihnen meine eigene praktische Erfahrung und die der Teilnehmer meiner Kurse vorstellen möchte: Im Teil A der Abbildung sehen Sie einen niedrigen Präsenzlevel einer „untrainierten“ Person. Im Teil B entstehen über den Tag verteilt mehrere Spitzen, die sich durch gezielte Achtsamkeitsübungen einstellen und in dem vorliegenden Fall unterschiedlicher Ausprägung sind. Finden hier Wiederholungen über einen Zeitraum von Tagen, Wochen und Monaten statt, zeigen sich deutliche Effekte. Wie im Teil C dargestellt, stellt sich insgesamt ein höherer Präsenzlevel ein und damit ein besseres Gewahrsein der aktuellen Situation im Innen und im Außen.

Abb. 2 | Achtsamkeitstraining

Use it or lose it

Der gesteigerte Präsenzlevel bleibt so lange erhalten, wie er im Alltag auch genutzt und eingesetzt wird, wie ein Muskel, dessen Kraft nur dann aufrechterhalten werden kann, wenn er regelmäßig zum Einsatz kommt. Wendet sich die Person etwa nach einem mehrwöchigen Kurs stattdessen von der Achtsamkeitspraxis ab, ohne sie in den Alltag zu integrieren, wird mit der Zeit der zuvor erworbene Zuwachs an Bewusstheit wieder abnehmen. Ganz nach dem Motto „Use it or lose it“.

Wichtig zu wissen ist, dass es zum einen spezielle Übungen gibt, die gezielt Achtsamkeit fördern und als formelle Übungen bezeichnet werden. Zum anderen übt sich fast jeder von uns nahezu unbewusst in Achtsamkeit, indem er einer Tätigkeit nachgeht, die den Geist in einen entspannten und dennoch klaren und wachen Zustand bringt, in einen „Flow“. Das machen wir meist automatisch und selbstregulativ. Diese Übungsform bezeichnet man als informell. Sie kann aus Joggen, Unkrautjäten oder Bügeln bestehen. Welche Tätigkeit dabei bevorzugt wird, ist sehr individuell. Wir gehen ihr intuitiv nach, weil wir spüren, dass sie uns guttut.

Übung

Welchen Tätigkeiten gehen Sie nach, um Ihren Geist in einen „Flow“Zustand zu bringen? Schreiben Sie sie auf und überprüfen Sie Ihre Aussage bei der nächsten Gelegenheit.

Der Achtsamkeitswürfel

Wie bereits erwähnt, gibt es eine Vielzahl an wertvollen formellen Achtsamkeitsübungen. Eine schöne Auswahl können Sie in meinem Buch 30 Minuten Business-Meditation finden. Vielleicht aber kommen Sie nach den Inhalten, die Sie gerade lesen, auf den Geschmack und entscheiden sich für einen mehrwöchigen Kurs oder einen Achtsamkeits-Retreat, wozu ich Sie nur ermutigen kann.

An dieser Stelle möchte ich Ihnen ein von mir entwickeltes Instrument zur Achtsamkeitsübung vorstellen. Es handelt sich dabei um einen Würfel, den ich liebevoll MindCu® (für Mindfulness Cube) genannt habe und den ich für gewöhnlich meinen Coaching- und Trainingsteilnehmern zur Verfügung stelle. Die Anleitung zum Selbermachen finden Sie im Anhang. Schneiden Sie den Würfel an den Linien einfach aus, setzen Sie ihn zusammen und legen Sie los!

Jede der sechs Würfelseiten ist durch einen Begriff gekennzeichnet. Jeder Begriff wiederum steht für eine Achtsamkeitsübung, die Sie so lange ausführen können, wie es für Sie in der momentanen Situation passt:

Der Kopf steht für eine achtsame Kopfhautmassage, die Sie sich selbst angedeihen lassen. Dazu fächern Sie Ihre Finger auf und legen die Fingerkuppen auf Ihren Kopf. Kreisen Sie sanft oder auch kraftvoll mit den Fingerkuppen über Ihre Kopfhaut, nehmen Sie den Druck unter Ihren Fingern bewusst wahr. Schließen Sie, wenn Sie mögen, Ihre Augen dazu, damit Sie Ihre Aufmerksamkeit besser nach innen lenken können. Während der Übung versuchen Sie an nichts zu denken, sondern sich voll und ganz dem Spüren zu überlassen. Der Fuß steht für eine achtsame Zentrierung. Dazu können Sie sitzen und die Füße hüftbreit aufstellen oder sich aufrecht hinstellen, was ich in jedem Fall bevorzugen würde. Spüren Sie bewusst in Ihre Füße hinein, und beobachten Sie neugierig, wie Sie stehen – mittig oder mehr auf dem Ballen oder der Ferse, mehr auf dem rechten oder eher dem linken Bein? Versuchen Sie sich in der Mitte auszubalancieren. Schließen Sie Ihre Augen dazu oder lassen Sie den Blick etwa zwei Meter vor Ihnen auf den Boden oder den Schreibtisch fallen. Lassen Sie für einen Augenblick die Geräusche, die Sie umgeben, in den Hintergrund treten und geben sich ganz dem Spüren hin. Wenn die Situation es erlaubt, können Sie gerne dazu Ihre Schuhe ausziehen.Der Atem steht für die Grundübung und gleichzeitig für die Königsdisziplin. Dem Atem für einige Züge bewusst zu fol-gen – von den Nasenlöchern, wo die Luft hineinströmt, so weit wie möglich in den Körper hinein und wieder zurück, ohne sich dabei in Gedanken zu verfangen – das ist eigentlich ganz einfach und dann doch wieder recht schwer. Tauchen Gedanken auf, dann ärgern Sie sich nicht und lassen Sie sie wieder wie Wolken am Himmel vorüberziehen. Wie bei allem anderen macht auch hier die Übung den Meister.Die Wirbelsäule steht für Bewegung. Dazu können Sie aufrecht sitzen oder stehen. Richten Sie Ihre Wirbelsäule bewusst und achtsam auf. Legen Sie Ihre Hände mit den Fingerspitzen nach unten auf den unteren Rücken und kommen Sie mit ihrer Unterstützung in ein sanftes gestütztes Hohlkreuz. Verweilen Sie hier einen Augenblick lang und lassen Sie dann Ihre Wirbelsäule wieder ganz rund werden, führen Sie die Schultern nach vorn und das Kinn zur Brust. Im nächsten Schritt richten Sie sich wieder auf und neigen den Oberkörper nach rechts, heben den linken Arm nach oben und dehnen gleichzeitig die linke Flanke. Dann wiederholen Sie die Übung zur anderen Seite. Im letzten Schritt richten Sie sich erneut auf, drehen den Oberkörper achtsam nach rechts und schauen weit über die rechte Schulter nach hinten. Genießen Sie die Drehposition und wechseln Sie dann langsam über die Mitte zur anderen Seite. Wiederholen Sie die Abfolge, sooft Sie mögen und sie Ihnen guttut.Die Schultern stehen für die Lockerung verspannter SchulterNacken-Muskulatur. Verspannungen kennen wir alle, ob als Schreibtischtäter oder als Paketbote, der täglich sein Krafttraining bei der Arbeit absolviert. Dazu sitzen oder stehen Sie und kreisen beide Schultern genüsslich nach hinten, während Sie nach Möglichkeit Ihre volle Schulterbeweglichkeit ausschöpfen. Spüren Sie bewusst in Ihre Schultern hinein und erkunden Sie aufmerksam, welche Bewegung Ihnen noch guttäte. Führen Sie diese dann auch durch. Danach neigen Sie Ihren Kopf nach rechts und nehmen die Dehnung der linken Nackenseite einige Atemzüge lang bewusst wahr. Wechseln Sie dann die Seiten und bringen Sie das linke Ohr in Richtung der linken Schulter. Spüren Sie auch hier achtsam in die Gegenseite hinein.Das Auge steht für Entspannung. Kurzzeitiges Augenschließen entspannt die Augenmuskulatur und richtet die Wahrnehmung nach innen. Legen Sie Ihre Handballen über Ihre geschlossenen Lider und schmiegen Sie die Handinnenfläche an Ihre Stirn und Ihre Finger an die Kopfhaut. Wenn Sie am Schreibtisch sitzen, können Sie Ihre Ellenbogen aufstellen und das Gewicht Ihres Kopfes in gleicher Weise an die Hände abgeben. Verweilen Sie hier einige Atemzüge lang und öffnen Sie mit einem tiefen Einatmen wieder sanft Ihre Augen.