Sherbrooke - Recent Love - Jen Curly - E-Book
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Sherbrooke - Recent Love E-Book

Jen Curly

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Beschreibung

Peyton kehrt nach ihrem Tiermedizin-Studium in das idyllische Boulder zurück. Die Arbeit im Sherbrooke Animal Hospitals ihres Vaters ist jedoch ganz anders als in der hochmodernen Tierklinik in Washington. Immer wieder geraten Peyton und ihr Vater bei der Wahl der Behandlungsmethoden aneinander. Als sie sich um einen entlaufenen Hund kümmert, lernt sie dessen Besitzer Carter Wilson kennen, der gerade zu Besuch in Boulder ist. Der attraktive Anwalt hat ganz eigene Ansichten bei der Hundeerziehung und zu Peytons Behandlungsmethoden. Und schon bald merkt Peyton, dass ihr Herz nicht nur vor Wut bei Wilson höherschlägt.

Sollte ihre Rückkehr nach Boulder doch kein Fehler gewesen sein?

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Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Peyton kehrt nach ihrem Tiermedizin-Studium in das idyllische Boulder zurück. Die Arbeit im Sherbrooke Animal Hospitals ihres Vaters ist jedoch ganz anders als in der hochmodernen Tierklinik in Washington. Immer wieder geraten Peyton und ihr Vater bei der Wahl der Behandlungsmethoden aneinander. Als sie sich um einen entlaufenen Hund kümmert, lernt sie dessen Besitzer Carter Wilson kennen, der gerade zu Besuch in Boulder ist. Der attraktive Anwalt hat ganz eigene Ansichten bei der Hundeerziehung und zu Peytons Behandlungsmethoden. Und schon bald merkt Peyton, dass ihr Herz nicht nur vor Wut bei Winston höherschlägt.

Sollte ihre Rückkehr nach Boulder doch kein Fehler gewesen sein?

Über Jen Curly

Hinter Jen Curly verbirgt sich das Pseudonym der deutschen Autorin Jennifer Wellen, die derzeit mit Kind und Kegel im Ruhrgebiet lebt. Seit 2010 schreibt sie neben ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Dozentin bevorzugt Liebesromane über starke, selbstbewusste Frauen, die mit beiden Beinen im Leben stehen und nicht unbedingt die reiche Millionärsnadel im Heuhaufen suchen.

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Jen Curly

Sherbrooke – Recent Love

Inhaltsübersicht

Informationen zum Buch

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1 Home Sweet Home

2 Wer Wind sät

3 Zufall oder Schicksal?

4 Fellnase in Not

5 Ein rollender Stein setzt kein Moos an

6 Taten sagen mehr als tausend Worte

7 Schönheit liegt im Auge des Betrachters

8 Der Zweck heiligt die Mittel

9 Recht hat, wer Recht bekommt

10 Lügen haben kurze Beine

11 Wie vom Erdboden …

12 Unverhofft kommt oft

13 Knapp daneben ist auch vorbei

14 Manchmal kann das Schicksal doch ganz nett sein

15 Unwetter kommen schnell und unerwartet

16 Countdown für die Liebe

16 Scheiden tut weh

17 Erstens kommt es anders, zweitens als Peyton denkt

18 Nachwehen

Epilog

Impressum

1 Home Sweet Home

Mit geducktem Kopf schälte ich mich aus der kleinen Cessna und stolperte die sechs Treppenstufen hinab. Ich hasste diese kleinen Flugzeuge der privaten Airlines auf Inlandsflügen, bei denen in der Luft jede Windbö und jedes Luftloch zu spüren waren. Nicht, dass ich Flugangst hatte, aber das Geruckel und Gewackel war mir immer verdammt unheimlich. Als ich schließlich festen Boden unter meinen Fußsohlen spürte, atmete ich erleichtert auf, drückte den Rücken durch und sah mich um.

Der Anblick der Rocky Mountains, die sich in weiter Ferne majestätisch in den Himmel emporreckten, ließ mein Herz hüpfen. Colorado ist Teil der Mountain States und der höchstgelegene Staat der USA – Berge, so weit das Auge reicht. Mein sehnsüchtiger Blick fiel auf den höchsten von ihnen – Mount Elbert. Der schneebedeckte Gipfel zeugte davon, dass der Frühling sich noch Zeit ließ. Was wiederum bedeutete, dass ich den sanften Riesen, wie alle diesen Berg nannten, vermutlich erst bei meinem nächsten Besuch besteigen konnte. Beim letzten Mal hatte ich den Gipfel über den Colorado Trail erklommen. Beim nächsten Trip wollte ich es mit dem South Mount Elber Trail probieren, der mit neun Kilometern zwar eine längere Route darstellte, aber einfacher zu erklimmen war.

Ich zog den Reißverschluss meiner Jacke hoch und atmete tief die kalte, klare Luft ein. Mein ans Studium angeschlossene Praktikum in Washington mit Spezialisierung auf Kleintiere hatte in den letzten Monaten meine ganze Zeit und Aufmerksamkeit verlangt, weshalb ich beinahe ein Jahr nicht mehr zu Hause gewesen war. Beinahe ein Jahr ohne Boulder, ohne meine Familie, ohne die Rockys. Ich freute mich darauf, alle mal wiederzusehen und in meiner kleinen Auszeit ausgiebig wandern gehen zu können …

»Miss Sherbrooke? Ihre Koffer.« Ich zuckte zusammen. Der Pilot, der mich und zwei andere Passagiere von Washington nach Denver geflogen hatte, schien in der Zeit, in der ich hier vor mich hin sinniert hatte, bereits das Gepäck ausgeladen zu haben.

»Oh, danke. Wo muss ich raus?«

Der große, hagere Kerl, bei dem ich mich gerade fragte, wie er sich in das kleine Cockpit gequetscht hatte, lächelte höflich. »Terminal W.« Mit dem Finger zeigte er auf ein längliches Gebäude etwas weiter entfernt.

»Alles klar, dann weiterhin guten Flug.« Ich schulterte meine Handtasche, nahm meine beiden Rollkoffer und steuerte dann auf den Eingang zu, über dem ein großes Schild Denver International Airport und Terminal W verkündete. Die Rollen surrten leise, und ab und an klirrten die Verschlüsse aneinander, wenn ich über eine kleine Bodenwelle oder einen Riss im Asphalt lief. Wenig später betrat ich durch eine sich automatisch öffnende Glastür das Gebäude und folgte den Schildern, die mich in Richtung Ausgangskontrolle lotsten. Schritt für Schritt näherte ich mich meinem Urlaub. Und mit jedem Schritt schlug mein Herz schneller und ich freute mich mehr auf meine Familie. Home Sweet Home, Peyton!font-family verkündete. Die Rollen surrten leise, und ab und an klirrten die Verschlüsse aneinander, wenn ich über eine kleine Bodenwelle oder einen Riss im Asphalt lief. Wenig später betrat ich durch eine sich automatisch öffnende Glastür das Gebäude und folgte den Schildern, die mich in Richtung Ausgangskontrolle lotsten. Schritt für Schritt näherte ich mich meinem Urlaub. Und mit jedem Schritt schlug mein Herz schneller und ich freute mich mehr auf meine Familie. Home Sweet Home, Peyton!

***

Die junge Frau an der Abfertigung überprüfte die Koffer auf illegale Ware oder Drogen. Währenddessen schaltete ich mein Smartphone wieder ein. Dad hatte mir vor einer guten Stunde eine Nachricht geschrieben, dass er gleich unterwegs sei, um mich abzuholen. Die Fahrt von Boulder nach Denver dauerte nur knapp dreißig Minuten. Also müsste Dad draußen schon auf mich warten.

Nun prüfte die junge Frau meine Papiere. Sie runzelte die Stirn. »Witzig, in Boulder gibt es eine Tierklinik namens Sherbrooke.« Sie gab mir lächelnd meinen Ausweis zurück.

»Ach ja?« Hastig setzte ich einen erstaunten Gesichtsausdruck auf, obwohl ich die Klinik mehr als gut kannte. Immerhin gehörte sie meinen Eltern, und ich war dort quasi im Behandlungsraum groß geworden. Aber hausieren gehen wollte ich damit nicht.

»Also falls Sie mal einen tierischen Notfall haben, kann ich Ihnen Doc Sherbrooke nur wärmstens ans Herz legen. Freundlich, günstig und absolut kompetent. Ich war da selbst schon ein paarmal mit meinem Hund.«

Mit einem Lächeln steckte ich die Papiere wieder ein. »Ich selbst habe zwar keine Tiere, aber gut zu wissen. Darf ich dann jetzt gehen?«

Sie nickte. »Natürlich, Mrs Sherbrooke. Ich wünsche Ihnen einen schönen Aufenthalt.«

»Danke. Den werde ich bestimmt haben.« Mit einem letzten freundlichen Blick drehte ich mich um, griff nach meinen Koffern und verließ durch eine Tür den Zollbereich. Marschierte durch die Halle an Restaurants, Kaffeebars und Souvenirshops vorbei. Der Flughafen von Denver war nicht besonders groß. Nicht so wie der JFK in New York, der ja fast einer Kleinstadt glich. Doch mit zwei schweren Koffern konnte auch eine kleine Flughafenhalle einem Reisenden wie die Sahara vorkommen.

***

Draußen vor dem Ausgang steuerte ich intuitiv auf den Kurzzeit-Parkplatz vor dem Hauptausgang zu. Ich hoffte, dass Dad hier irgendwo stand. Es dauerte auch nicht lange, bis ich seinen schwarzen SUV ziemlich weit vorne erblickt hatte. Das bunte Praxis-Logo, das auf der Heckscheibe prangte, zog jeden Blick magisch an. Meine Schwester Georgia hatte es vor ein paar Jahren entworfen, als mein Bruder Ryder unserem Dad zu mehr Werbung geraten hatte. Nun fand sich das Logo, bestehend aus diversen Tierköpfen, auf dunkelblauen OP-Kasacks der Mitarbeiter, an der Eingangstür der Klinik und auf jedem Fitzel Werbematerial wieder.

Ich straffte die Schultern und lief auf das Auto zu. Kurz bevor ich dort ankam, ging die Fahrertür auf. Doch statt Dad kam Mom herausgekrabbelt. Ihr dunkelbrauner Bob und die zarten Linien im Gesicht waren mir nur allzu vertraut.

»Peyton, mein Schatz!« Mit ausgebreiteten Armen lief sie mir entgegen.

Ich hielt verblüfft inne. »Hey, Mom, wo ist Dad? Wollte er mich nicht abholen kommen?« Trotz meiner Überraschung ließ ich mich von ihr voller Freude an ihre üppige Oberweite drücken. Mom war zwei Köpfe kleiner als ich, aber wesentlich breiter. Ich hatte nämlich Dads Statur geerbt. Groß, schlank und eher sportlich als kurvig.

Mom ließ mich los, seufzte und verdrehte die Augen. »Notkaiserschnitt bei einer Zuchthündin. Ein toter Welpe steckt wohl schon seit heute Nacht im Geburtskanal fest.«

Seufzend löste ich mich von meiner Mutter und öffnete den Kofferraum, um mein Gepäck hineinzuwuchten. »Na dann hoffen wir mal, dass die restlichen Welpen das unbeschadet überstehen. Ich habe letztens erst eine interessante Studie zur Überlebensstatistik von Föten unter Kaiserschnitt-Bedingungen gelesen.« Ich schloss den Kofferraum und wandte mich Mom zu, die mir beim Einladen zugesehen hatte.

Sie schüttelte lächelnd den Kopf. »Typisch Peyton. Gibt es eigentlich irgendeine Studie oder ein Fachbuch, das du nicht gelesen hast?«

Nun musste ich schmunzeln. Es war so schön, meine Mom wiederzusehen und mit ihr von Angesicht zu Angesicht zu reden. »Vermutlich nicht. Aber Dad ist ja ein verdammt guter Tierarzt, der schlägt der negativen Statistik einfach ein Schnippchen.«

Mom lachte kurz auf und stieg wieder ein. Ich lief zur Beifahrertür, um neben ihr auf den Sitz zu gleiten. Sie startete den Wagen. »Dann wollen wir mal. Lila hat extra Sloppy Joes für dich vorbereitet.« Während sie aus der Parklücke fuhr, schnallte ich mich an und freute mich auf eine schöne Zeit am Fuße der Rockys.

***

Delila, von uns allen nur Lila genannt, drückte mich ebenfalls an ihre große Brust, und die war noch viel ausladender als die meiner Mom.

»Miss Peyton«, rief sie. »Hat Lila gesehen Miss Peyton schon sooooooooooo lange nicht mehr.«

Ich lachte auf. Die Nigerianerin kannte mich von Kindesbeinen an und hatte mich schon immer Miss Peyton genannt. Genau wie meine kleine Schwester Miss Georgia und Ryder Mister Ryder waren. Seit ich sie kannte, hatte Lila zudem dieses Problem mit dem Satzbau, so wie Meister Yoda aus Star Wars. Irgendwann hatten wir alle es aufgegeben, sie dahingehend zu korrigieren. Sie war vor Jahrzehnten mit ihrem Mann als Wirtschaftsflüchtling in die USA gekommen. Nach dessen plötzlichen Herztod hatte sie mit zwei Kindern ganz alleine dagestanden und sollte wieder ausgewiesen werden. Ohne Job keine Aufenthaltsgenehmigung. Da hatte Dad sie spontan als Haushälterin und Nanny für uns eingestellt. Seitdem entlastete sie Mom, die sich dadurch mehr auf ihre Arbeit in der Klinik konzentrieren konnte.

»Lila, ich krieg keine Luft mehr«, keuchte ich und klopfte ihr wie ein geschlagener Ringer auf die Schulter. Sie löste ihren Klammergriff und grinste. Ihre schneeweißen Zähne hoben sich scharf von ihrer dunklen Hautfarbe ab.

»Wollen Miss Peyton etwas Sloppy Joes? Hat Lila extra gemacht.« Noch etwas, was ich lustig fand. Lila sprach immer in der dritten Person von sich.

»Du weißt doch, dass ich zu Sloppy Joes nicht Nein sagen kann.« Geschweige denn zu Lilas saftigen Hackfleischbrötchen, die immer besonders lecker schmeckten, weil sie sie mit etwas Harissa, einer speziellen afrikanischen Gewürzmischung, aufpeppte.

»Dann Miss Peyton mir folgen.« Meine Ziehmama drehte sich um und lief voran zum Esszimmer. Ihr Kitenge, den sie wie einen Sarong um ihre Hüften geschlungen hatte, raschelte bei jedem Schritt. Wie ich ihr so hinterherlief, betrachtete ich das Muster näher: gelbe Halbmonde auf dunkelrotem Stoff. Lila trug nur afrikanische Kitenges mit den dazu passenden Kopfbedeckungen, die sie sich immer selbst nähte. In Boulder City gab es einen kleinen Laden, der eine riesige Auswahl dieser bunt bedruckten Stoffe anbot. Lila war dort wie zu erwarten Stammkundin.

»Setzen sich Miss Peyton hierhin. Lila holen eben das Essen.«

Im Esszimmer ließ ich mich auf den Platz fallen, den unsere Haushälterin mir zugewiesen hatte. Während ich darauf wartete, dass sie mit dem Essen zurückkam, gesellte sich Mom zu mir. »So, ich habe Dad angerufen. Er wird in zwanzig Minuten hier sein.« Sie zwinkerte mir zu. Vermutlich, weil sie jetzt schon wusste, dass Dad niemals in zwanzig Minuten hier sein würde. Aber so kannten wir ihn. Er engagierte sich wahnsinnig für seine Schützlinge und vergaß dabei auch gern mal das Gefühl für Zeit und Raum. Vermutlich war die Sherbrooke Klinik genau deshalb so hoch angesehen, weil mein Dad sich wirklich um das Wohl der Tiere sorgte und nicht nur am finanziellen Gewinn interessiert war.

»Erzähl mal, hast du dir schon überlegt, ob du für die Zeit deines Besuchs im Poolhaus wohnen möchtest?«, setzte Mom zum Gespräch an. »Du kannst natürlich auch gerne eines der Gästezimmer im Ostflügel haben.« Sie stand auf und lief zu der kleinen Bar hinüber, um sich ein Glas Wasser einzuschenken. Mir brachte sie ein Ginger Ale mit.

»Ehrlich gesagt«, sagte ich, griff nach dem Glas und trank einen Schluck, »würde ich gerne das Poolhaus nehmen. Vielleicht schmeiße ich einfach mal heimlich eine Party oder so.«

Mom nahm mir gegenüber mit ihrem Glas Wasser Platz und schmunzelte. »Du meinst so wie damals, als Dad und ich auf diesem Tierärzte-Kongress in Albuquerque waren und Ryder spontan die gesamten Kids aus der Nachbarschaft zusammengetrommelt hat?«

Ich erinnerte mich nur zu gut an diese heimliche Party meines älteren Bruders. Leider war die Sache ordentlich nach hinten losgegangen, weil irgendjemand Flüssigwaschmittel in die Poolpumpe gegeben hatte, die dann Berge von Schaum produzierte. Damit hatten wir natürlich einen Heidenspaß gehabt – nur in den vier Wochen Hausarrest danach nicht.

»Was ist denn mit Ryder und Georgia? Kommen sie in der Zeit, die ich hier bin, mal vorbei?« Lila kam mit dem Essen um die Ecke. Der Duft, den das gebratene Hackfleisch verströmte, ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Mom warf mir einen nachdenklichen Blick zu. »Georgia kommt nächstes Wochenende, soweit ich weiß. Bei Ryder bin ich überfragt, aber ich glaube nicht, dass er herkommt. Er war erst letztens hier, und du weißt ja, wie beschäftigt er immer ist.« Sie zuckte kurz mit den Schultern. »Aber weißt du was? Gleich morgen rufe ich ihn an. Fragen kostet ja nichts. Vielleicht hat er etwas Zeit, und wir können mal wieder einen Ausflug mit der ganzen Familie machen. Ich finde ohnehin, dass dein Vater zu wenig aus der Klinik rauskommt.«

Die anderen zwei Sherbrooke-Ableger waren im Gegensatz zu mir nicht in Dads Fußstapfen getreten. Georgia konnte überhaupt nicht mit Tieren und studierte Kunstdesign in New York, während Ryder lieber mit Zahlen jonglierte, statt den Mut aufzubringen, einer Katze das Fieberthermometer in den Allerwertesten zu stecken. Nur ich hatte schon als Vierjährige bissige Rotweiler im Warteraum gezähmt, Leckerchen verteilt, im Laufe der Jahre etliche verletzte oder herrenlose Tiere aufgelesen und heimgeschleppt oder Dad die richtigen Instrumente angereicht. Mit zwölf Jahren hatte ich ihm zum ersten Mal bei einer Operation assistieren dürfen. Ein paar Jahre später war ich das erste Mal bei einem Hausbesuch mit dabei gewesen. Mit sechzehn folgte der erste Job als Assistentin in der Klinik. Dass ich nach dem Highschool-Abschluss Tiermedizin studieren würde, war somit keine Frage mehr gewesen. Und ich hatte es nicht bereut. Nie!

Ich liebte Tiere und den Gedanken, ihnen helfen zu können. Nicht zuletzt, weil ich die Natur liebte. Was war schöner, als hier in den Rocky Mountains wandern oder klettern zu gehen, dabei die frische Luft und Ruhe der Natur zu genießen, Tiere zu beobachten und dabei den Stress des Alltags zu vergessen?

»Bitte, Miss Peyton.« Der Teller Sloppy Joes stand nun vor mir, und ich griff jauchzend zu. Lila zog lächelnd wieder von dannen. Bevor ich hineinbiss, sah ich zu meiner Mutter hinüber.

»Ein Familienausflug wäre echt nett, aber was wäre denn mal mit einem verlängerten Wochenende nur für euch zwei? Wenn ich hier bin, könnte ich doch auch mal den Wochenendnotdienst übernehmen.«

Mom runzelte die Stirn. »Hm, ich weiß nicht. Sicher wird dein Vater nicht allzu begeistert davon sein, du weißt doch, wie eigen er mit der Klinik ist.«

»Ganz ehrlich, Mom? Ich finde, du solltest einfach mal einen Kurztrip zum Bighorn Mountain oder so buchen. Dort könnt ihr in einem netten Hotel einchecken, schön wandern gehen, was Leckeres essen und euch im Wellness-Bereich des Hotels verwöhnen lassen. Ich überzeuge Dad schon und halte hier die Stellung. Und ein Kurztrip übers Wochenende ist ja auch keine Ewigkeit. Das sollte Dad doch wohl einsehen, oder?«

Mom runzelte die Stirn. »Vielleicht hast du recht. Gleich morgen werde ich mal nach Boulder fahren und das Reisebüro aufsuchen. Was hältst du davon, wenn wir zwei zusammen fahren? Wir könnten ein bisschen durch die Mall bummeln.«

Ich nickte zustimmend. »Warum nicht? Dann schlagen wir quasi zwei Fliegen mit einer Klappe – buchen und shoppen.«

Mom lächelte, und ihre Augen strahlten. »Das mit den Fliegen und dem Schlagen lass mal nicht deinen Dad hören. Sonst kommt er noch auf die Idee, die Fliegen als Patienten in die Klinik aufzunehmen.« Ich lachte auf, weil es gar nicht so abwegig klang. Dad fütterte im Sommer sogar die Wespen mit Weintrauben. So war er eben: ein Mann, ein Tier, ein Versprechen. Und wenn ich ehrlich war, fiel der Apfel da nicht weit vom Stamm.

Mom zwinkerte mir zu. »So und jetzt hau endlich rein. Sloppy Joes sollte man heiß essen.«

Dies ließ ich mir nicht zweimal sagen und biss genüsslich in mein Brötchen.

2 Wer Wind sät

Natürlich bekam ich an dem Abend meinen Dad nicht mehr zu Gesicht. Es gab Komplikationen beim Kaiserschnitt.

Stattdessen gönnte ich mir nach dem Essen einfach eine heiße Dusche und eine Runde Schlaf in dem für mich vorbereiteten Poolhaus. Aber als ich morgens ins Haupthaus kam, um zu frühstücken, saß mein Vater bereits am gedeckten Tisch und las Zeitung.

Erfreut sah er mich an. »Peyton, Schatz.« Er faltete hastig die Zeitung zusammen, legte sie weg und stand auf, um mich herzlich zu umarmen. »Schön, dass du da bist.« Der Duft seines Aftershaves drang mir in die Nase. Es roch nach Sandelholz. Ein Geruch, der mir aus meiner Kindheit in guter Erinnerung geblieben war. In meinem Bauch breitete sich eine wohlige Wärme aus.

»Hey, Dad, schön, dich zu sehen. Was macht der Notkaiserschnitt von gestern?«

Er ließ mich wieder los, setzte sich hin und seufzte auf.

»Wie zu erwarten, waren alle anderen Welpen tot. Die Hündin ist jetzt zwar stabil, aber ich mache mir Sorgen wegen einer möglichen Blutvergiftung. Ich habe sie hochdosiert auf ein Antibiotikum gesetzt.«

»Auf welches?« Ich ließ mich auf den Stuhl neben Dad fallen und schenkte mir aus der Isolierkanne, die auf dem Tisch stand, Kaffee ein.

Er stutzte. »Penicillin, wieso fragst du?«

»Ach, nur so. In der Klinik in Washington machen wir gerade gute Erfahrungen mit den Antibiotika der neuen Generation, weil viele Bakterien gegen Penicillin bereits resistent sind.«

Dad runzelte die Stirn. »Okay, vielleicht probiere ich auch mal was anderes aus.«

Ich nickte. »Was war denn überhaupt los? Hat die Züchterin nichts bemerkt? Wenn die anderen Welpen schon tot waren, muss die Geburt ja schon länger stillgestanden haben.« Ich trank einen Schluck Kaffee und griff nach einer Scheibe Weißbrot.

Mein Vater zuckte mit den Schultern. »Sie sagt, die Hündin hätte angeblich keinerlei Anzeichen gezeigt außer Unruhe und Appetitlosigkeit. Aber nun gut. Für sie trotzdem schade, die Welpen waren nämlich schon alle verkauft.«

»Was für eine Rasse?«

»Magyar Vizsla.«

»Wirklich schade. Die sind gesundheitlich sehr robust. In der Klinik hatte ich lediglich ein oder zwei Rüden, die mal ein Hängelid hatten.«

Dad nickte. »Hängelider sind unschön anzusehen, aber im Vergleich zu anderen rassetypischen Problemen doch eher das kleinere Übel, was?«

Ich schmunzelte. »Ach, Dad, wenn wir ehrlich sind, finden wir vermutlich kaum noch eine Hunderasse, die keine typischen Krankheiten hat. Selbst bei den Straßenhunden schlagen die krankhaft veränderten Gene mittlerweile durch.« Ich bestrich meine Brotscheibe erst mit Erdnussbutter und legte dann eine klein geschnittene Banane drauf. In Washington hatte ich morgens nie Zeit und Lust zum Frühstücken, weshalb ich es hier zu Hause in meinem Urlaub gerade sehr genoss.

»Das stimmt wohl.« Dad lächelte und erhob sich. »Und deswegen muss ich jetzt rüber zur Sprechstunde, die Zipperlein der Tiere behandeln.« Er goss sich noch einen Kaffee zum Mitnehmen ein. »Übrigens, Olive sagt, du sollst unbedingt mal rüberkommen. Sie freut sich wahnsinnig, dass du da bist.«

Olive und ich hatten den Highschool-Abschluss zusammen gemacht. Leider konnte sie nicht studieren, da ihre Eltern sich kurz vorher getrennt hatten und sie ihre Mutter finanziell nicht zu sehr belasten wollte. Stattdessen hatte sie bei meinem Dad hier in der Klinik eine Ausbildung zur Helferin gemacht.

»Alles klar, Dad. Wir sehen uns dann später.«

Mein Vater lächelte. »Peyton, ich habe dich wirklich vermisst.« Er strich mir kurz übers Haar, zwinkerte mir zu und verließ das Esszimmer. Ich sah ihm versonnen nach. Zu Hause ist es immer noch am schönsten.

***

Nach dem Frühstück packte ich erst mal meine Koffer aus und richtete mich in Ruhe im Poolhaus ein, das mich die nächsten Wochen beherbergen würde. Bevor ich offiziell meine Fortbildung in der Washingtoner Klinik im Bereich Kleintierchirurgie antreten würde, hatte ich mir eine Auszeit gewünscht. Etwas, von dem ich seit Abschluss meines Studiums geträumt hatte. Mal nicht lernen, mal nicht arbeiten müssen, mal nicht den Stress einer Prüfung vor der Brust zu haben. Und nun war ich hier. Sechs lange Wochen für meine Familie, für mich, für die Natur.

Ich ging ins Schlafzimmer, um meine Tasche auszupacken. Das kleine Gartenhäuschen auf dem Anwesen meiner Eltern etwas außerhalb von Boulder in der Nähe von Chautauqua wies neben einer kleinen Küche ein eigenes Bad, ein Wohn- und ein Schlafzimmer auf und war etwa genauso groß wie mein Apartment in Washington. Vielleicht sollte ich mir jetzt als fertige Tierärztin dort etwas Größeres suchen. Doch Washington hatte natürlich ganz andere Mietpreise als Boulder. Ab Mai verdiente ich allerdings mehr, weshalb ich die Idee einer neuen Behausung nicht ganz so weit von mir schob.

»Peyton?« Die Stimme meiner Mutter an der Tür des Poolhauses unterbrach meine Gedanken.

»Ich bin hier im Schlafzimmer, komm ruhig rein.«

Schritte näherten sich, und kurz darauf tauchte Mom im Türrahmen auf. Ich legte gerade den letzten Stapel T-Shirts in den Schrank und schloss die Türen.

»Tut mir leid, dass ich so drängen muss, aber Lila möchte gerne nachher frische Steaks braten, die wir noch beim Metzger besorgen sollen. Deshalb sollten wir spätestens um zwölf wieder hier sein.«

Ich schlüpfte schnell in meine Sneakers, zog mir meine schwarze Softshelljacke über und griff nach meiner Handtasche. »Alles klar. Von mir aus können wir los.«

***

Im Sunrise Center, einer netten, kleinen Mall in der Thirty Street, gab es ein süßes, kleines Reisebüro, das einer Kundin der Tierklinik gehörte – Mrs Jameson. Sie begrüßte uns per Handschlag.

»Peyton«, sagte sie. »Wie schön, dich zu sehen. Steigst du nun endlich in die Klinik deines Vaters mit ein?«

Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen antwortete ich ihr. »Leider nein. Ich bleibe noch zwei Jahre in Washington. Auch wenn Dad nicht mehr der Jüngste ist, muss er wohl noch ein bisschen auf mich warten.« In der Tat wollte ich irgendwann ganz zu meinen Wurzeln zurückkehren und meinen Dad unterstützen. Nach dem Tod von Granpa hatte Dad dessen Klinik geerbt, weshalb sie nun sein Herzblut war und immer an erster Stelle stand. Schon allein zu Ehren seines Vaters. Mittlerweile ging Dad aber auf die sechzig zu. Zudem hatte er beinahe sein ganzes Leben in der Klinik verbracht. Vor allem Mom träumte von Dads Ruhestand und einer ausgiebigen Weltreise. Da ich die Einzige war, die als Nachfolgerin infrage kam, fiel die Klinik somit irgendwann an mich. Mitsamt der Stammkundschaft wie Mrs Jameson hier. Doch vorher wollte ich noch einige wichtige Erfahrungen mitnehmen, nämlich die chirurgische Ausbildung. Und da lagen die Vorteile von Washington eben klar auf der Hand.

»Was machen denn überhaupt Chip und Chap?«, lenkte ich das Gespräch auf ihre zwei schwarzen Friesen, die in einem Stall in der Nähe von Valmont standen. Als ich vor dem Studium bei Dad in der Klinik gearbeitet hatte, war ich oft mit ihm dort auf Hausbesuch gewesen.

»Den Pferden geht es gut, auch wenn ich langsam merke, dass sie in das gesetztere Alter kommen. Vor allem Chap hat manchmal eine Einlaufproblematik, bedingt durch seine Arthrose.«

»Na ja, mit … wie alt sind die beiden jetzt, zwanzig?«, hakte ich nach.

Mrs Jameson grinste. »Zweiundzwanzig sogar. Wie die Zeit vergeht, was?«

»Allerdings. Aber mit zweiundzwanzig darf man auch mal etwas steif zu Beginn des Ausrittes sein.«

Die ältere Dame nickte. »Natürlich. Älter zu werden ist ja nicht nur deinem Vater vorbehalten, was?« Sie ging um den Schreibtisch herum und ließ sich auf ihrem Stuhl nieder, während sie mit der Hand auf die zwei Stühle vor dem Schreibtisch zeigte. »So, ihr seid aber doch bestimmt nicht wegen der Pferde hier.«

Mom setzte sich und klammerte sich an ihre Tasche, die sie auf dem Schoß festhielt. »Nein, ich würde gerne einen Kurztrip buchen. Für William und mich. Da Peyton auf Urlaub bei uns ist und den Notdienst übernehmen kann, habe ich gedacht, ich nutze die Gunst der Stunde und buche ein schönes Wochenende.«

Mrs Jameson begann zu tippen. »Das kriegen wir hin. Ich gehe davon aus, dass Sie bei dem Kurztrip an einen hier in der Nähe gedacht haben?«

Mom nickte. »Vielleicht irgendwo in den Bergen in einem schicken Hotel oder so.«

»Wie wäre es denn mit einer netten Ferienhütte am Gold Lake? Die haben alle Zimmerservice und vorne im Hauptgebäude einen Wellnessbereich.«

»Eine Hütte an einem See klingt toll.« Ein verstohlenes Lächeln huschte über Moms Gesicht. Da ich wusste, dass sie bei Mrs Jameson in den besten Händen war, entschuldigte ich mich bei den beiden und verließ das Reisebüro, um draußen ein wenig die Schaufenster entlangzubummeln.

Seit meiner Assistenzzeit hatte ich kaum Zeit für solche banalen Dinge. Deshalb reichte mir mein hellblondes Haar, das ich aus praktischen Gründen immer zu einem Bauernzopf flocht, auch mittlerweile bis zur Hüfte. Selbst meine Klamotten waren eher für die Praxis geeignet, statt gesellschaftstauglich zu sein. Aber all das wollte ich in den nächsten Wochen ändern. Vor allem die Haare sollten runter. Ob es hier in der Mall auch einen Friseur gab?

Gemächlich schlenderte ich an zahlreichen Geschäften vorbei. Vor einem Schuhgeschäft blieb ich unvermittelt stehen. Ein Paar Stiefel in der Auslage hatte es mir angetan. Elegante schwarze Lederstiefel ohne Absatz, die knapp unterhalb des Knies endeten. Ohne jeglichen Schnickschnack, also genau so, wie ich es mochte. Aber leider waren sie viel zu teuer. Dreihundert Dollar nur für ein Paar Stiefel? Nicht wirklich! Dafür könnte ein Shelter für rumänische Straßenhunde dreihundert Kilo Trockenfutter kaufen.

»Entschuldigen Sie bitte.« Erschrocken riss ich den Kopf hoch. Direkt neben mir stand ein Mann. Ich musste zu ihm aufblicken, obwohl ich mich mit meinen ein Meter zweiundsiebzig durchaus nicht als klein empfand. Mein Puls beschleunigte sich bei seinem Anblick. Hohe Wangenknochen, markante Gesichtszüge, gerade Nase. Sein dunkles Haar trug er modisch kurz geschnitten. Im Koteletten-Bereich waren bereits einige graue Härchen zu sehen. Ich schätzte ihn auf Mitte dreißig.

»Ähm … ja?«

Er lächelte höflich und entblößte nicht nur perfekte Zähne, sondern auch zwei süße Grübchen rechts und links neben den zarten Linien im Mundwinkelbereich.

»Ich kenne mich hier nicht so gut aus. Wissen Sie zufällig, ob es irgendwo einen Zooladen gibt?«

Mein Bick huschte einmal abschätzend über seine sportliche Figur. Auf seinem dunkelgrauen Anzug war nicht ein einziges Tierhaar zu sehen. Ich verwettete meinen Hintern darauf, dass dies gerade eine billige Anmache war. Ein Zooladen setzt ein Tier voraus, und der Kerl hier erweckte so gar nicht den Anschein eines Tierhalters.

Hastig riss ich mich von seinem Anblick los, weil ich spürte, wie mein Gesicht wärmer wurde. Trotz allem war er verdammt attraktiv. Eigentlich sollte ich es als Kompliment auffassen, dass er gerade mich anquatschte. »Früher gab es mal einen hier in der Nähe, eine Straße weiter, glaube ich, aber ob der noch da ist … da bin ich ehrlich gesagt überfragt.«

»Mist«, entfuhr es ihm, während er sich fahrig umsah. Dann griff er in die Hosentasche und zog sein Smartphone hervor. Ein großes schwarzes, glänzendes mit einem eindeutigen Obst-Symbol auf der Rückseite. Ein Angeber-Handy. Ganz klar!

Kam jetzt womöglich der klassische leere Akkutrick?

»Kann ich mir vielleicht mal Ihr Handy borgen? Mein Akku ist leer, und ich will nur …«

Bingo! Habe ich es doch gewusst.

»Lassen Sie mich raten, Sie wollen Ihre Nummer bei mir eintippen, damit ich Sie anrufen kann, oder?«

Er stutzte. »Oh … ähm … eigentlich hatte ich das nicht vor, aber bevor ich mich schlagen lasse … Kann ja nicht schaden, seinen Freundeskreis zu erweitern, oder?«

Mir entfuhr ein Schnaufer. Solche Typen mochte ich nicht. Alles an ihm schrie förmlich Angeber. Sein schicker Anzug, das riesige Handy, die klobige Uhr am Handgelenk – ach, einfach alles. Diese Männer gab es in Washington zu Hunderten, vor allem an der Uni.

»Danke, nein, aber mein Freund hätte bestimmt etwas dagegen.«

Er runzelte die Stirn. »Jetzt bin ich verwirrt. Gerade wollten Sie doch noch, dass ich meine Nummer in Ihr Handy eintippe.«

Empört schnaufte ich erneut auf. »Wollte ich gar nicht. Aber Sie. Oder warum sonst haben Sie mein Handy haben wollen? Ihr Akku ist doch nicht wirklich leer, oder?«

Seine Miene verdüsterte sich. Dann schüttelte er plötzlich den Kopf, verzog das Gesicht und sagte: »Ich glaube, ich versuche besser draußen mein Glück. Entschuldigen Sie bitte die Störung.« Damit wandte er sich von mir ab, um den Gang entlang Richtung Ausgang zu laufen. Verstohlen sah ich ihm nach. In der Hand hielt er zwei Tüten. Eine von Bath and Beyond und eine von Barnes and Noble.

Kurz bevor er die Mall verließ, drehte er sich noch mal zu mir um, sodass sich unsere Blicke trafen. Blut schoss mir ins Gesicht, und ich sah ertappt weg. Verdammt!

»So, ich bin fertig. Ich habe ein verlängertes Wochenende am Gold Lake gebucht.« Mom schulterte ihre Tasche und zupfte die Jacke zurecht. Sie strahlte über das ganze Gesicht.

»Schön, dann können wir ja.« Ich lief weiter.

Mom folgte mir. »Wer war denn der Kerl eben?«

»Welcher Kerl?«

»Na der«, sie zeigte auf meinen Gesprächspartner, hinter dem gerade die Glastür zufiel. »Sah so aus, als würdet ihr zwei euch näher kennen.«

Ich schnaubte auf. »Nein, das war so ein merkwürdiger Typ, der mir seine Handynummer andrehen wollte.«

Mom runzelte die Stirn. »Handynummer? Wofür? Ein Date?«

Nun wurde ich etwas ungehalten. »Keine Ahnung, Mom. Können wir jetzt endlich gehen? Ich bin noch zerschlagen vom Flug gestern. Vielleicht können wir unsere Shoppingtour einfach auf nächste Woche verschieben. Dann ist auch mein Gehalt auf dem Konto. Der Flug war nicht gerade günstig, weißt du?«

Ihr Blick verriet Verwirrung. »Oh … ähm … ja … wie du meinst. Dann lass uns nur schnell zum Metzger.«

Somit fuhren Mom und ich die Steaks holen und danach nach Hause. Und da ich wirklich müde war, haute ich mich nach dem Mittagessen eine Stunde aufs Ohr und ließ mich anschließend gut erholt von Lila mit selbst gebackenem Apple Pie und Latte Macchiato verwöhnen. Rundherum ein entspannter erster Urlaubstag, wie ich fand.

Bis nach dem Abendessen Dad ins Poolhaus geeilt kam. »Peyton, ich brauche deine Hilfe. Und zwar dringend!«

3 Zufall oder Schicksal?

Einen Hund nach einem Autounfall zu versorgen war nie schön. Vor allem nicht, wenn es sich bei dem Hund um einen zarten Border Collie und bei dem Auto um einen Dodge Ram handelt.

»Dad, ich glaube, es ist keine gute Idee, die Beckenfraktur jetzt chirurgisch zu versorgen.«

Mein Vater sah mich besorgt an. »Ja, ich glaube, du hast recht. Ein Bruch hat nicht oberste Priorität. Es sei denn, er quetscht einen Nerv ein oder durchbohrt Organe oder Gefäße. Das ist aber auf dem Röntgenbild nicht zu sehen.«

Schön, dass wir gleicher Meinung waren, denn mein Vater war ein Tierarzt vom alten Schlag, wo immer sofort operiert und nicht über Alternativen nachgedacht wurde. Doch heute war die Medizin weiter fortgeschritten. Immer mehr diagnostische und operative Methoden, die zumeist aus der Humanmedizin abgeleitet waren, boten sich auch für Tiere an. Früher war ein Hund mit Krebs dem Tode geweiht, heute gab es sowohl Chemotherapie als auch Bestrahlung.

Ich warf einen weiteren Blick auf die Röntgenbilder. »Einen Kotstau sehe ich auch nicht.« Ich verengte die Augen, um noch mehr erkennen zu können. »Zudem haben wir nur leicht verschobene Fragmente.« Mein Blick flog über die hellen Schatten der Knochen und das dunkle Areal der vollen Harnblase. »Was mir eher Sorge bereitet, ist der niedrige Blutdruck.« Ich wandte mich wieder meinem Vater zu und sah ihn eindringlich an. »Wenn wir den Hund so in Narkose legen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass er uns auf dem Tisch stirbt, ohnehin hoch.«

Mein Vater sah zu dem Border Collie, den wir direkt zu Beginn mit einem venösen Zugang versorgt und mit einer Dosis Morphin in einen schmerzfreien, dämmerigen Zustand versetzt hatten. Er verschränkte die Arme vor der Brust. In dem Gesicht meines Vaters zeigte sich die Verzweiflung, weil er für den Hund erst mal nichts tun konnte. Nach einer gefühlten Ewigkeit schüttelte er verhalten den Kopf.

»Also gut. Zweihundert Milliliter Kochsalzlösung sollten den Blutdruck nach oben bringen. Es sei denn, er hat irgendwo eine Blutung.«

Ich nickte. »Kochsalzlösung plus Dopamin oder Dobutamin 0,4 mg pro Kilogramm Körpergewicht und Stunde. Dazu bleibe ich im Tierraum und notiere stündlich die Vitalwerte. Falls sich was dramatisch ändert, können wir immer noch operieren.«

Nickend drehte Dad sich um und verließ den Behandlungsraum. Ich vermutete, dass er die Kochsalzlösung aus der Materialkammer holen wollte. Dort lagerten neben Medikamenten auch Infusionen, Injektionslösungen und spezielle Futtermittel.

In der Zwischenzeit griff ich nach einer Kanüle und einer Spritze und holte die Dobutaminlösung aus der Injektionsschublade. Mein Vater kam mit einem Infusionsständer zurück und hängte den Hund an die Infusion. Ich gab das Dobutamin dazu. Schließlich hoben wir unseren Patienten vorsichtig auf eine fahrbare Trage und brachten ihn zusammen mit dem Infusionsständer in den Tierraum, wo wir ihn in eine große Box auf eine spezielle Infrarot-Wärmedecke legten.

»Und du willst wirklich hierbleiben und ihn überwachen?«

Ich lief zu der Pritsche rüber, setzte mich drauf, zog meine Schuhe aus und griff nach der Wolldecke. »Geh ins Bett, Dad. Wenn etwas ist, rufe ich dich, versprochen.«

Mit einem letzten skeptischen Blick auf den Border Collie drehte Dad sich um und verließ den Raum. Kurz bevor er die Tür schloss, sagte er: »Danke, dass du mir geholfen hast, Peyton.«

»Kein Ding, Dad.«

»Die Situation heute hat mir klargemacht, dass ich einen zweiten Tierarzt wirklich gut gebrauchen könnte.«

Ich legte mich hin und zog mir die Wolldecke bis zum Kinn. »Dann stell doch einen ein, Dad. Wo ist das Problem?«

Er zögerte kurz, dann sagte er nur: »Mal sehen. Gute Nacht, Peyton.« Damit löschte er das Licht.

***

Die Tür zum Tierraum wurde aufgerissen und das Licht angemacht, was mich unvermittelt aus dem Tiefschlaf riss. Verwirrt sah ich mich um.

»Sherbrooke, antreten zum Appell«, rief Olive, die im Türrahmen stand und breit grinste. Ein Insiderwitz, denn sie und ich waren in unserer Jugend tatsächlich mal in einem Feriencamp gewesen, wo sie uns jeden Morgen bei Marschmusik hatten strammstehen lassen.

»Granby, du dumme Nudel, ich habe die Nacht kaum geschlafen, also wo ist mein Kaffee?« Nun musste ich auch grinsen. Olive und ich hatten uns in der Primary School gesucht und gefunden und waren seitdem unzertrennlich gewesen. Nur mein Studium in Washington hatte uns voneinander entfernt. Aber irgendwann würde sich auch das wieder ändern.

Ich erhob mich von der Pritsche und fiel meiner besten Freundin um den Hals. »Schön, dich zu sehen. Wie geht’s dir?«

Olive drückte mich und sah dann zu dem Hund. »Ach, mir geht’s ganz gut. Aber was macht der kleine Fratz hier? Dein Vater hat mir einen Zettel an die Anmeldung gelegt.«

Ich ließ sie los und drehte mich um, um zum Käfig hinüberzugehen. »Autounfall mit Beckenfraktur. Wir mussten ihn erst mal stabilisieren.« Ohne zu zögern, öffnete ich die Käfigtür und hob die Lefze an, um mit dem Daumennagel in das Zahnfleisch zu piksen. »Hm, Schleimhäute sind schön rosig, Rekapillarisierungszeit ist auch viel besser. Gib mir bitte mal das Stethoskop.«

Olive reichte es mir an. Ich hörte den Hund ab. »Kräftiger Sinusrhythmus. Viel besser als gestern Abend.«

Meine Freundin nahm mir das Stethoskop ab. »Ich dachte, du bist auf Urlaub hier, oder habe ich was verpasst?«

Ich erhob mich und schüttelte den Kopf. »Nein, ich kümmere mich nur um den armen Bailey hier. Dad brauchte meine Hilfe, und wenn ich schon mal da bin …« Nebenbei notierte ich die Vitalwerte auf der kleinen Tafel an der Box. Bei der Übersicht sah man einen stetigen Anstieg der Herzfrequenz, was ein wirklich gutes Zeichen war. Der kardiogene Schock schien überwunden zu sein.

»Es wäre nett, wenn du einen OP vorbereitest. Ich denke, dass Dad nach der Sprechstunde direkt operieren will.«

»Alles klar, Frau Doktor.« Sie grinste frech. »Kann ich sonst noch was für Sie tun?«

Mein Herz floss über vor Freude und wärmte meinen Bauch. Genau das hatte ich vermisst. Das Persönliche und Vertraute. Die Klinik in Washington war zwar topmodern und riesig, mit einem erfahrenen Mitarbeiterstab, dafür aber auch recht unpersönlich, wo oft mit der Stoppuhr behandelt werden musste. Zeit war eben Geld, und deswegen wurde den Kunden nur das Nötigste an Aufmerksamkeit angedacht. Da gab es auch keine Freundschaften unter den Ärzten, da der Konkurrenzdruck sehr hoch war. Hier in der Klinik meines Dads dominierte hingegen das Herz. Das, was Washington fehlte. Aber Dad fehlte dafür die Modernität. Kein Vorteil ohne Nachteil.

Mit dem Ellenbogen boxte ich Olive spielerisch in die Seite. »Weißt du was, Granby? Schön, mal wieder so mit dir rumblödeln zu können. Wollen wir heute nach deinem Feierabend vielleicht was unternehmen?«

»Sorry, bin leider schon verplant.« Sie zwinkerte mir zu. »Was ist mit Montag? Wir könnten in meiner Mittagspause eine Pizza essen gehen.« Olive verließ den Tierraum, und ich folgte ihr. Wir liefen den Gang entlang Richtung Ausgang.

»Warum nicht? Sag mir einfach Bescheid, wann es bei dir passt. Ich laufe schließlich nicht weg.«

»Guten Morgen, Peyton, hast du gut geschlafen?«, rief Mom mir entgegen. Sie saß bereits an der Anmeldung. Ihr Job hier in der Klinik war es, abzurechnen und die Buchhaltung zu führen. Mom hatte in ihrer Jugend eine Ausbildung zur Tierarzthelferin in Granpas Praxis gemacht, wo sie Dad kennen- und lieben gelernt hatte.

»Morgen, Mom. Ihr solltet mal über eine bequemere Pritsche nachdenken.« Ich warf einen Blick auf die Uhr an der Wand hinter der Anmeldung, die kurz nach acht anzeigte.

Das Telefon klingelte, und meine Mutter nahm das Gespräch an. »Sherbrooke Animal Hospital, Sie sprechen mit Elisabeth Sherbrooke, was kann ich für Sie tun?«

Ich streckte mich und gähnte. Mein Kreuzbein schmerzte etwas.

»Natürlich. Unsere Sprechstunde geht von neun bis elf. Kommen Sie doch einfach mit Ihrem Hund vorbei, und wir schauen, was ihm fehlt.«

Sie horchte weiter. »Tut mir leid, das kann ich Ihnen nicht genau sagen, zumal wir auch keine Ferndiagnosen treffen dürfen.«

Ich lief kurz rüber zum Personalraum und besorgte mir eine Tasse Kaffee. Als ich zurückkam, hatte Mom schon aufgelegt.

»Immer dasselbe. Manchmal frage ich mich, ob diese Menschen auch bei ihrem Hausarzt anrufen und fragen, ob er weiß, was sie haben könnten.« Sie schüttelte den Kopf.

Ich wusste, was sie meinte. Viele Kunden riefen lieber erst mal an und schilderten äußerst ausführlich die Symptomatik am Telefon. Vielleicht in der Hoffnung, zu hören, dass sie gar nicht zu kommen brauchten. Doch ohne ein Tier gesehen zu haben, konnten Tierärzte ja keine Diagnose stellen. Und das wiederum kostete den Tierbesitzer eben Geld.

»Symptome?«

Mom lachte auf und verdrehte die Augen. »Schlittenfahren.« Schlittenfahren war die Bezeichnung für das mit dem Hinterteil über den Boden Rutschen, so als wolle der Hund sich den Po abwischen.

»Die Analdrüsen also.« Das war die häufigste Ursache für Schlittenfahren.

»Willst du den Yorkshire behandeln, wenn du schon eine Diagnose stellst?« Mom zwinkerte mir zu.

Die Analdrüsen auszudrücken war nicht nur für den Hund unangenehm, sondern auch für den Tierarzt, da das Sekret sehr streng roch.

Ich hob grinsend die Hand. »Danke für das nette Angebot, Mom, aber ich habe Urlaub. Aber sag Dad, dass bei verstopften Analdrüsen eine Ernährungsumstellung manchmal Wunder bewirkt.«

Meine Mutter nickte. »Apropos Ernährung. Ich habe Lila gesagt, sie soll den Frühstückstisch noch gedeckt lassen.«

Hastig trank ich den Kaffee aus und stellte die Tasse zu Mom auf den Schreibtisch.

Das Telefon schellte erneut. Mom hob ab. »Sherbrooke Animal Hospital, mein Name ist …«

Ohne ein weiteres Wort lief ich von der Anmeldung Richtung Ausgang und verließ die Klinik durch die Vordertür. Es gab zwar auch einen Hinterausgang, der näher an dem Haus meiner Eltern lag, doch ich brauchte ein bisschen frische Luft.

Draußen bereute ich meinen Frischluftwahn jedoch. In der Eile gestern Abend hatte ich keine Jacke mitgenommen, und nun schlug mir kühle Morgenluft entgegen, die mit dem Duft von Moos und Erde angereichert war.

Hastig lief ich die drei Steintreppen hinab und überquerte joggend den kleinen Schotterplatz, der zum Parkplatz und von da aus über einen Schotterweg zum Haus führte. Drei Autos standen vor der Klinik. Dads SUV, Olives kleiner Smart und ein schwarzer Kombi, dessen Besitzer ich nicht kannte.

Während ich mich beeilte, zum Haupthaus zu kommen, lief mir plötzlich ein Hund vor die Füße. Ein Golden Retriever, der noch recht tapsig erschien. Da Retriever allgemein recht freundliche Gesellen waren, blieb ich einfach stehen und wartete ab, was passierte. Unvermittelt schubberte der Hund sich an meinen Beinen. Er schien mich begrüßen zu wollen. Also hockte ich mich hin und streichelte ihn.

»Na, du? Wo kommst du denn her?« Suchend sah ich mich um in der Erwartung eines Herrchens oder Frauchens, das vermutlich zur Sprechstunde wollte, doch weit und breit war niemand zu sehen.

»Bist du womöglich ausgebüxt?« Erneut sah ich mich um. Immer noch niemand in Sicht. Der Hund drängte sich weiter an mich und stupste mich an. »Tut mir leid, ich habe leider keine Leckerchen in der Tasche.« Der traurige Blick, der darauf folgte, war zu süß. Ich musste schmunzeln. Da der Hund scheinbar herrenlos war, ging ich dazu über, nach Hinweisen zu suchen.

Er trug ein breites schwarzes Lederhalsband. Mit den Fingern fuhr ich es ab und ertastete Metall. Als ich das längere Fell zur Seite schob, sah ich eine goldene Marke in Hundeknochenform. Darauf ein Name und eine Telefonnummer.

»Hallo, Amy, freut mich, dich kennenzulernen.« Da immer noch niemand zu sehen war, zog ich mein Handy aus der hinteren Jeanstasche hervor, tippte die Nummer ein und drückte auf Verbinden. Es tutete nur zweimal, dann vernahm ich eine männliche Stimme: »Sagen Sie mir bitte, dass Sie meinen Hund gefunden haben.«

Ich stutzte. »Ähm, also wenn Ihr Hund ein Golden Retriever namens Amy ist, dann ja, sie sitzt hier bei mir.«

Ein erleichtertes Seufzen war zu hören. »Wo sind Sie?«

»Auf dem Parkplatz der Tierklinik.« Ich erhob mich und lief neugierig auf den schwarzen Kombi zu. Durch die Heckscheibe konnte ich nichts erkennen, weil sie schwarz getönt war. Aber an der Stoßstange hingen einige blonde lange Haare, die vermutlich von Amy stammten. »Ist der schwarze Kombi Ihrer?«

»In der Tat. Bitte bleiben Sie, wo Sie sind, ich komme sofort.« Es knackte in der Leitung. Anscheinend hatte Herrchen aufgelegt.

Mit Amy, die mir nun nicht mehr von der Seite wich, lief ich zurück zur Steintreppe und hockte mich auf die unterste Stufe. Mittlerweile war mir ganz schön kalt. Sowohl am Oberkörper als auch am Po. Deshalb kuschelte ich mit dem Hund, um mich etwas zu wärmen. Kleine Dunstwölkchen meines Atems stoben auf, und ich hoffte, dass Amys Besitzer nicht allzu weit weg war. Die Hündin schien mich jedenfalls zu mögen, denn sie begann irgendwann meine streichelnden Hände abzulecken.

Wenn ich mir ein Tier anschaffen würde, dann definitiv einen Hund. Immerhin lief ich gerne und war ein Naturfreund. Da ich bislang aber aufgrund des Studiums und der Assistenzzeit kaum Zeit gehabt hatte, hatte ich immer auf ein Haustier verzichtet. Aber wenn ich irgendwann bei Dad arbeiten würde, könnte ich meine Fellnase ja mit in die Klinik nehmen.

»Wenn Herrchen dich nicht abholen kommt, bleibst du einfach bei mir, was, meine Süße?«

Amy erhob sich und fiepste.

»Da muss ich Sie leider enttäuschen«, ertönte es hinter mir. »Amy ist nicht zu vermitteln.« Ich zuckte erschrocken zusammen, und mein Kopf ruckte herum. Als ich erkannte, wer da direkt hinter mir auf dem Treppenabsatz stand, raste mein Puls los. Es war der Kerl aus der Shopping Mall. Nur dieses Mal trug er keinen dunkelgrauen Anzug, sondern Jeans und eine schwarze Lederjacke. In der Hand hielt er zu dem Halsband von Amy die passende schwarze Leine, die noch sehr neu aussah. Verdammt. Vielleicht hatte er doch den Zoofachhandel gesucht.

Ich stand auf, hielt Amy aber vorsichtshalber am Halsband fest. Er kam die zwei Stufen herab und beugte sich vor, um den Hund anzuleinen.

»Danke«, sagte er, als er sich wieder aufrichtete. »Sie …« Er hielt inne und runzelte die Stirn. Hatte er mich etwa erkannt? »Oh … hallo … wie klein die Welt doch ist, was?«

Ja, er hatte.

Ende der Leseprobe