Signaturen des Glaubens - Michael E. Sallinger - E-Book

Signaturen des Glaubens E-Book

Michael E. Sallinger

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Beschreibung

Dieses Lesebuch versammelt Aufsätze, Essais und Beiträge des Verfassers aus mehreren Jahren, die alle durch ein Band zusammengehalten werden und alle von einem Denk- und Erfahrungsweg herkommen, von dem Erfahrungsweg des Glaubens. Erfahrungen, vor allem geistliche und geistige Erfahrungen, sind nicht dazu da, dass man sie allein bei sich bewahrt, sondern sollen geteilt, genauer: mit-geteilt werden. Die Mitteilung ist die Einladung, in ein Gespräch einzutreten, ein Gespräch, das durch Worte, vor allem aber auch durch Gedanken geführt werden kann und in die Stille zurückführen soll, in der das Denken erst gedeihen kann. Die Mitteilung dieses Lesebuches ist zugleich eine Mitteilung aus der Erfahrung des Glaubens; notwendigerweise kann das nur eine persönliche Erfahrung sein, die, ohne ein Amt, ohne einen Auftrag und ohne Autorität nichts anderes versucht als einzuladen, sich auf den spannenden, erfahrungsreichen und Sinn stiftenden Weg des Glaubens einzulassen. Signaturen sind Zeichen; sie zeichnen den Gang einer Erfahrung nach, die sich aus dem Kreuz und aus der Auferstehung Christi bestimmt.

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Seitenzahl: 468

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Michael E. Sallinger

Signaturen des Glaubens

Michael E. Sallinger

Signaturen desGlaubens

Ein Lesebuch

© 2013 by Studienverlag Ges.m.b.H., Erlerstraße 10, A-6020 InnsbruckE-Mail: [email protected]: www.studienverlag.at

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-7065-5730-6

Buchgestaltung nach Entwürfen von Kurt HöretzederSatz: Studienverlag/Maria Strobl, [email protected]: Studienverlag/Karin BernerUmschlagabbildung: Michael E. Sallinger, Ohne Titel, 22 V 02, Öl und Acryl, 97 × 115 cm

Dieses Buch erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.studienverlag.at

Ut unum sint

In lebhafter Erinnerung anLuise Sallinger(1914–1993)

In dankbarem Gedenken und zum Widerspruch an und fürChristian C. Schwaighofer(1958–2008)

Geschrieben fürW. und B.W.B., wie alles

Meinem Firmkind, auf das ich sehr stolz bin,Dr. Reinhard Ewaldzum Gruß

Meinem Taufkind,für wenn es einmal groß ist

Meinen lieben Freunden

Professor Reinhard JaudDomkapellmeister Christoph KlemmDipl.-Ing. Herbert KuenDiakon Dr. Reinhold Mitterer

zum Dank

Meinem Freund und Verlegerin wachsender Verbundenheit

Inhalt

Hinführungen

I.

Zuvor

II.

Texte

III.

Brüche

IV.

Von Auschwitz her denken

Betrachtungen

V.

Ut unum sint

VI.

Anfänge

VII.

Christus, der radikal Lebendige

VIII.

Signaturen des Glaubens

IX.

Gott in uns

X.

Die Frage nach Gott

XI.

Auflassung der Form als Selbstaufgabe

XII.

Von der Lebendigkeit des Glaubens

XIII.

Vom Segen und der Kraft des Gebets

XIV.

Corollarium: Nochmals – Das Gebet

XV.

Von der angeblichen Sinnlosigkeit der Kontemplation

XVI.

Von den Geheimnissen

XVII.

Im Angesicht des Todes

XVIII.

Wo steht die Kirche heute?

XIX.

Nochmals – Die Kirche

XX.

Warum ich gerne Katholik bin

XXI.

Die bürgerliche Rede von Gott

XXII.

Enttäuschung über Fortschritte

XXIII.

Fragen über Fragen

XXIV.

Die heilige Messe

XXV.

Nochmals – Zur Frage der Liturgie

XXVI.

Adnote I: Dafür oder dagegen?

XXVII.

Adnote II: Chiffren der Transzendenz

XXVIII.

Adnote III: Warum ich kein Freimaurer bin

Verortungen

XXIX.

Requiem für einen Kirchturm

XXX.

Das Schlobitter Fenster

XXXI.

Sankt Michael ob Rauchenödt

XXXII.

Der Teil und das Ganze – Der Dom zu Sankt Jakob in Innsbruck

XXXIII.

Einladung nach Lourdes

XXXIV.

Totus tuus

XXXV.

Kassianfahrt mit Bach

XXXVI.

seines selzamen Kopffs halben – Besuch bei der Ebert-Orgel

XXXVII.

Orte und Räume – St. Sulpice in Paris. Eine Notiz

XXXVIII.

Herzreisen – Innichen im Frühjahr 2010

XXXIX.

Als ob man mit Juwelen umginge – Sankt Pauls im Frühjahr

XL.

Musik für zwei Orgeln – Notiz zu Sankt Pauls

XLI.

Sankt Prokulus und der Schwarzseher

XLII.

Feldthurns, wo es eines Aufstandes der Dinge nicht bedarf

XLIII.

Bauen, Wohnen, Denken, Bewahren

XLIV.

Religio, amicitia, scientia und patria

Porträts

XLV.

In der Nachfolge Christi – Notizen zu einem großen Papst

XLVI.

Ratzinger

XLVII.

Deus charitas est

XLVIII.

Benedikt in Auschwitz

XLIX.

Freiheit in den Zeiten des Umbruchs

L.

Karl Rahner

LI.

Ponere

LII.

Friedrich Heer, Leopold Ungar, Otto Mauer – Aus aktuellem Anlass

LIII.

Erinnerung an Max Picard

LIV.

Erinnerung an Reinhold Schneider

LV.

Wo die Himmel aufreißen – Jacqueline du Pré

LVI.

Der Herr – Im Gedenken an Romano Guardini

LVII.

Das Feuer Erwin Chargaffs – Notizen aus einem Leben nach seinem Tode

LVIII.

Bewahre Dein Herz mit allem Fleiß, denn daraus gehet das Leben. – Dank an Bischof Karl Golser

LIX.

Auf-ent-halte – Zum Tode von Walter Pichler

LX.

Seinesgleichen ist nicht mehr – Gedenkblatt für Erzherzog Otto von Österreich (1912–2011)

LXI.

Would you like to provoke me? – Rede auf Erik von Kuehnelt-Leddihn zum hundertsten Geburtstag

LXII.

Anmut und Zartheit – Eine Erinnerung an Gertrud Fussenegger

LXIII.

Grob oder fein? Leopold von Andrian im Spiegel des Archivs – Eine Besprechung mit zwei Beilagen

LXIV.

Lebensfreundlichkeit und Freundlichkeit des Lebens – Reinhold Stecher zum Dank

Mahnungen

LXV.

Gedenkblatt für den 20. Juli 1944

LXVI.

Gedenkblatt zum 20. Juli 2012

LXVII.

Eine Ökumene der Tat – Der 20. Juli 1944

Literatur

LXVIII.

Der Brenner – Aus Anlass einer unvermuteten Begegnung

LXIX.

Ausgehend von den Dichtern – Zum Briefwechsel Martin Heidegger – Ludwig von Ficker

LXX.

Jesus im Sachregister – Zu Ferdinand Cap: „Ein Ende der Religionen“

LXXI.

Le feu – Californische Reise mit Jean Améry

LXXII.

Nicht nur schmerzhaft erinnert: Die Geschichte des jüdischen Lebens im historischen Tirol

LXXIII.

Schatten – Ein Wort zum Film Sakrileg

Essenz

LXXIV.

Das Gebet des Viktor Frankl

LXXV.

Der Mensch auf der Suche nach dem Sinn

LXXVI.

Unsere älteren Brüder und Schwestern

Nachklang

LXXVII.

Nocturnes I

LXXVIII.

Nocturnes II

LXXIX.

Die Welt ist dunkel – Kantate für Solisten, Solistin und gemischten Chor

Nachweise

Hinführungen

Zuvor

I

Dieser Band versammelt Texte – Texte, die ein im Letzten „spekulatives“ Thema betreffen: den, in meinem Falle, konfessionell gebundenen Glauben an Gott. Es ist zu betonen, dass dies kein Glaubensbuch ist, auch keine Konfession. Es will nicht überzeugen, es will zeugen.

Es geht nicht von der Vormacht, nicht von der Vorherrschaft und nicht von dem besonderen Anwert eines bestimmten Glaubens aus; es sonnt sich nicht in dem Glanz einer Überlieferung, die sich für unüberwindbar hält. Hier ist kein Wort von Triumph.

Ich veröffentliche diese Texte, weil ich der festen Überzeugung bin, dass jedes Leben in und aus einem bestimmten Geist nur dann lebhafte und vor allem lebendige Kraft erreicht, wenn es bezeugt wird und sich stellt. In diesem „Sich stellen“ ist vieles an Hin und an Her, an Trauer und Trost, an Freude und an Besorgtheiten, an Schwäche und an Stärke. Es ist ein gelebtes Leben, das sich nicht groß wähnt, gelebt aus der Überzeugung, dass es nicht viel Sicheres gibt und dass die wenigen Schätze, die man sammeln kann, in der Liebe wurzeln und damit im Leben, im Lebhaften.

Was aber, wenn nicht das Lebhafte, soll ein Zeugnis sein?

Solche Zeugenschaft ist regelmäßig unfertig; infinit. Das ergibt sich, zugleich, aus dem Wesen des Menschen.

Das Fundament meines Glaubens, für das ich unendlich dankbar bin, weil es mir ein Leben erst erlaubt, verdanke ich meiner Großmutter, der ich dieses Buch widme. Ich verdanke es ihr und ihrer Familie, die, in Jahren auch großer materieller Not, einen Glauben nicht verloren und sich nicht versagt hat, der an den Ursprüngen ruhte. Mein Glaube entspricht jenem Glauben nicht, aber er hat eine gemeinsame Wurzel.

Das ist ein Glaube, der uns Heutigen schwer vorstellbar ist. Ein Glaube, der nicht fragt, sondern im Schweigen und im Stillen ist. Solcher Glaube lebt aus der kostbaren Wurzel der Überlieferung; Tradition ist hier nicht als die dürre Hand des mühsam und künstlich Erhaltenen, an einem schwachen Leben Erhaltenen zu denken, sondern als die geheimnisvolle Quelle, aus der sich, wie aus einer Wurzel, Echtes speist.

Diese Tradition ist aber kein ritualisierender Selbstzweck, sie dient nicht der Anbetung der Überlieferung. Was diese Tradition trägt und weitergibt, ist das Geheimnis Christi selbst: das Geheimnis der lebhaften Liebe.

Die Seele dürstet nach Einfachheit. Nach der Pracht des Schlichten, einer Pracht, die uns entglitten ist. Nach der Ruhe der Stille und der Zeit für die Liebe.

Der Mensch von heute, der Mensch, dem es geschieht, hat nichts als eine Erinnerung an diese Quellen.

Er ist, hinein in alles Krude und Krause seiner vielfach verworrenen und zugleich auch ausgesetzten Existenz, dazu verhalten, sich den Glauben zu erringen, ohne je die Gewissheit zu erhalten, ihn auch halten zu können.

Das vergangene, das zwanzigste Jahrhundert kennt beredte Beweise genug für das historisch erwiesene Scheitern des ganz auf sich gestellten, des sich überhebenden Menschen als dem Maß aller Dinge.

Dass eine neue Spiritualität allenthalben um sich greift, verwundert nicht. Dass diese – leider – das Angebot der Kirche ausschlägt, schmerzt. Wieder sind es die falschen Propheten, die die Menschen in die Irre führen. Aber: schon hier stockt man – darf man sich ein solches „Urteil“ anmaßen? Ich gestehe, dass ich es zu der Zeit, als ich begonnen habe, die in diesem Lesebuch versammelten Beiträge zu schreiben, noch ohne Weiteres getan hätte. Heute bin ich mir nicht mehr so sicher. Ich weiß, wie brüchig alles ist, und ich weiß auch, dass Gewissheiten allein nichts und niemandem helfen, selbst wenn es sie gäbe.

II

Was sich hier also als eine immerhin mögliche Gewissheit darstellt, ist mühsam errungen und täglich aufs Neue angefochten; es bricht sich im Spiegel der eigenen Erfahrung, des eigenen Lebens, der eigenen Schwäche, der eigenen Scham, der eigenen Sünde und der eigenen Schwachheit.

Der hier schreibt, erhebt sich nicht. Er weiß um seine Mängel, die ihn manches Mal fast zerbrechen machen, um die Endlichkeit seines Daseins, seines Wollens und auch seines Tuns. Er weiß um seine Grenzen und um seine Anfechtungen. Er weiß um die Bedrohung, auch die Bedrohung durch sich selbst.

Es wird Zeit, dass die Autoren sich wieder bekennen. Das will heißen, dass es an der Zeit ist, das Lügenhafte des künstlichen Selbstbildes im mainstream einer sich selbst hedonistisch gefallenden so genannten Geisteswelt radikal abzulehnen.

Autorschaft ist nicht das Schielen nach dem käuflichen Zu-Spruch, sondern ist das ehrliche und damit auch endliche Bemühen, Anteil zu geben, einzuräumen und eigenes Denken zu zeichnen.

Man kann es auch einfacher sagen: der Autor, der sich bekennt, pfeift auf die möglichen Befindlichkeiten, die seine Arbeit erwarten, und er pfeift auch auf das Wohlwollen der eitel verfassten Mehrheitsmeinung, der heut dies und der morgen das gefällt.

III

Es ist viel gedacht worden, zumal gegen den christlichen Gott. Heideggers Beiträge zur Philosophie, sein Denken und sein Anschreiben gegen den christlichen Gott sind ein Beispiel dafür:

Er steht wie kaum ein anderer Denker für den Versuch, Nietzsches Wort „Gott ist tot. Wir haben ihn getötet“ in die Moderne zu denken.

Hier ist nicht der Ort, zu entwickeln, dass Heideggers Kehre nichts anderes ist als die theologische Unterlegung seiner Philosophie durch den ursprünglicher gedachten, den ersten, den letzten Gott.

Der „letzte“ Gott ist nicht angekommen und wird es auch nicht. Das ist die Spannung, aus der das katholisch-theologische Denken zu Heidegger stehen muss.

Das ist aber auch eine Spannung, in die hinein die Beiträge dieses Bandes gedacht sind.

IV

Der Autor dieses Buches bekennt sich als konfessionell gebunden. Das soll ebenso vorangestellt werden, weil es Missverständnisse ausräumt. Aber er geht nicht davon aus, dass der Gegenstand und die Quelle seiner Bindung aus seiner Sicht, von seiner Warte aus, für sich beanspruchen dürfte, überlegen zu sein. Menschen sind niemals überlegen, auch dann nicht, wenn sie sich aus einer Überzeugung zusammengeführt sehen. Der dies schreibt, schreibt nicht gegen andere, sondern für etwas.

V

Vieles ist skizzenhaft geblieben, weil meine Zeit durch die Ausübung eines mich sehr beanspruchenden Berufes gemessen ist.

Bruchstücke, Fragmente, auch Zeitgebundenes also. Das Vielfältige mag den Leser verwirren; es ist keiner Zusammenwürfelung geschuldet, sondern der Erfahrung, dass das Wort richtig ist, wonach der Geist wehe, wo er will. Das tut er, in der Tat; mühelos erhebt er sich dabei über die Grenzen des Dogmatischen, mühelos zugleich über die Grenzen, die der Mensch selbst aufzurichten in der Lage ist. Es findet sich eine Vielzahl von Formen, von Überlegungen und von Inhalten in diesen Seiten.

VI

Der überwiegende Teil der in diesem Band versammelten Schriften ist unveröffentlicht.

Diese Schriften stehen in Niemandes Sold, sind keinem verpflichtet, sind in keinem Auftrag geschrieben und mischen sich nicht in aktuelle Diskussionen ein; wer möchte, kann eine Antwort auf die Frage, warum dem so sei, in den Beiträgen des Buches finden. Sie stehen für ein Leben aus dem Glauben, das nicht versucht, sich der Fülle zu verschließen. Es sind Texte aus vielen Jahren; im Text wurde auf Datierungen überall dort verzichtet, wo diese nicht Teil des ursprünglichen Titels waren. In den Nachweisen sind auch Angaben enthalten, wann die Texte entstanden sind.

Diese Schriften sind ein Fingerabdruck des Denkens, des Nach-Denkens, der Besinnung, des Versuches, sich selbst bewusst und gewahr zu sein; sie möchten zeigen, dass Glaube nichts ist, was einen eng gezirkelten Bereich angeht, sondern das Prinzip, aus dem das ganze Leben geht.

VII

Vor allem denke ich, wie stets, an meine Frau und meine Tochter, wenn ich dieses Buch abschließe; ich schließe es nach mehr als fünf Jahren kontinuierlicher Arbeit an den Ideen ab, die mir wichtig sind; zurückblickend auf Zeiten, die ich gern erlebt habe, und auf solche, die ich nicht nochmals ertragen möchte. Zugleich habe ich beim Schreiben dieses Buches an jene gedacht, die ich eingangs mit deren freundlicher Zustimmung nennen durfte, als meine Freunde zumal.

Ich schließe es ab als ein Zeichen, nicht als eine Wegmarke; dies hier ist keine „Summe“, kein Abschluss; nein, es ist nur ein Innehalten auf dem kostbaren, mühevollen, anstrengenden und doch einzigartigen Lebensweg, dessen Geheimnis ich nicht entdecken möchte.

VIII

Dies Buch ist eines, das nach dem Zeugnis jemandes, der mir sehr nahe stand, nie geschrieben worden wäre.

Mein verstorbener Kanzleipartner und Freund, Christian C. Schwaig- hofer, der im Mai 2008 nach langer Krankheit mit nur 49 Jahren verstorben ist, hat mir gesagt: „Du wirst dieses Buch nie schreiben.“

Nun, da es fertig ist, lege ich es auch zu ihm hin, wo immer er sich befindet. Ich habe das Buch geschrieben, aus der Spannung, die ich der Auseinandersetzung mit ihm immer verdankt habe und noch heut verdanke. Schreiben kann ein Antrieb, auch ex negativo sein: geschrieben gegen die Vermutung, die Brüche und die Spannungen wären zu groß, es zu schreiben.

IX

Es ist, sagt der Dichter, wie es ist; und so geht es auch mir. Es ist, wie es ist. Es ist kein Verdienst, dass ich dies schreiben durfte, und keine Leistung, dass es geschah. Es musste sein, wie manches andere, das ebenfalls geschah und dessen Ursache im Dunklen bleibt.

Mit den Jahren wächst nicht die Gewissheit, mit den Jahren wächst die Einsicht dahinein, dass vieles im Dunklen bleibt, vieles Gnade ist und nur das wenigste Verdienst.

Man kann an diesem Lesebuch vieles, wenn nicht alles kritisieren, vor allem dass ich es unfertig, nicht harmonisiert, vorlege, gleichsam, wie einen Steinbruch oder wie eine Sammlung von möglichen Themen, die sich weiterdenken und entwickeln lassen. Im Bewusstsein meines Ungenügens und in der Hoffnung, dass die Grundfesten, die meine Standflächen tragen, auch in Zukunft nicht brechen werden, lege ich diese Gedanken dennoch vor, wie stets und weitum dankbar meinem Verleger, der mir seit vielen Jahren eine öffentliche Stimme gibt.

Innsbruck, Anfang Februar 2013

Texte

I

Was ist das: „Texte“. Es klingt nach einer literarischen Gattung; man weiß nicht, was gemeint ist.

Texte: das sind Abbreviationen, Verkürzungen, Eindickungen, Verdichtungen, Brennflächen, wie wir hoffen, für das Essentielle.

II

Texte sind Spiegel. Sie zeigen jedem Leser ein anderes Gesicht. Im Letzten verfügen Texte nicht, sondern halten frei für die Fügung aus dem Gedachten.

Dies Letzte ist keine Floskel, sondern ein Weis; eine Weise, ein Hinweis, ein Aufweis, eine Zurückhaltung.

Das Letzte ist die unmittelbare Zurückhaltung des Denkens hinter die Mitteilung.

Mitteilung will aus-, um- und zurichten. Das wollen Texte nicht, diese zumal.

III

Texte sind eine Kategorie, die in der deutschen Literatur wenig gebräuchlich ist; aus dem Spanischen, dem Iberisch-Katholischen kommen sie zu uns, etwa in der Gestalt der frühen Schriften von Gómez Dávila.

Texte sind eine Kategorie, die das Suppletorische anzieht: wie ein Baumstamm, um den im Laufe der Jahre neue Ringe sich bilden.

Diese neuen Ringe sind die Adnoten, die Scholien, die Residuen des Gedachten. Die neuen Ringe stellt der Leser bei; es kommt dabei nicht auf die Zahl der Leser an, sondern darauf, dass Leser zuhanden sind.

IV

Texte sind notwendigerweise persönlich, das heißt subjektiv. Sie verschanzen sich nicht hinter der Einsicht; sie haben kein geschlossenes Visier, hinter dem sie sich verbergen.

Texte sind der Eingang in den Austausch. Deshalb erfordern sie ein Herz. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich nun um so genannte „religiöse“ Texte handelt oder nicht.

Brüche

I

Fundamentale Brüche

Aus der rückblickenden Perspektive des Jahres 2005 wird es nun langsam möglich, die Konturen jenes fundamentalen Bruches zu erfassen, der sich 1989 in Europa als paradigmenwechselnder Epochenbruch zeigt. Es war ein Bruch im wahrsten Wortsinn; ein Abbrechen des Gewohnten, ein Abbrechen politischer Ordnungen und Gleichgewichte, sorgfältig tarierter Bezugsrahmen und – bei aller Abgrenzung – ex negative korrespondierender staatlicher und metastaatlicher Gefäße. Im Fall des politischen Ostens ergab sich ein Vakuum, das längst, unter den Folien des Tradierten, schon vorhanden war. Aus diesem Vakuum brach ein gewandelter Materialismus im Kleide der Acceleration, der alle Visionen eines kommenden johannäischen Zeitalters des Geistes Lügen strafte. Dazu das Band der Verdichtung („Globalisierung“) und die Einlösung der ersten drei Gewalten durch die vierte (Ökonomie) und fünfte (Medien).

II

Rück-Züge

Mit den Brüchen korrespondieren die Rück-Züge; der Rück-Zug des Staates und der Rück-Zug des Rechts ergänzen einander. Solche Rück-Züge können positiv wirken, wenn sie zu größerer Freiheit bei gleichbleibender Ordnung und Verantwortung führen; sie wirken negativ, wenn sie den Einzelnen der rechtlichen und der wirtschaftlichen Willkür in einem existentiellen Sinne aussetzen. Ich verkenne nicht, dass ich zur Auffassung gelangt bin, dass ein Rückzug im zweiteren Sinne zu konstatieren ist.

III

Verlust der gemeinsamen Sprache

Die Sprache – das viel berufene Haus des Seins – ist mehr als eine bloße Standfläche der Kommunikation. Sie ist zugleich das bergende Gefäß der kulturellen Überlieferung historisch und gesellschaftlich konnexer Entitäten. Das betrifft nicht die Frage nach dem (Ur-)Grund oder (Ur-)Sprung solcher Konnexität, sondern bloß ihren Befund.

Die Tradition ist das sinn-stiftende Band der Sprache. Der Verlust der gemeinsamen Sprache ist ein verlässlicher Anzeiger für Auflösungserscheinungen, Zersplitterungen und Verwerfungen.

IV

Ausflachungen

Zur Vielfalt in der Einheit gehört der Fächer als das Bild des Fächers. In der Auffächerung erst entsteht das Ganze, das mehr ist als die Summe seiner Teile. Die Einebnung im Sinne der Ausflachung vieler – ursprünglich unterschiedlicher – Ganzheiten ist das gegenteilige Bild. Ausflachung ist die Globalisierung ex negativo, Auffächerung die Globalisierung ex positivo.

V

Ratlosigkeiten und Besinnung

Wenn einem die gemeinsame Sprache fehlt, flüchtet man sich: in Hülsen, in Ausflachungen, in das weniger Anspruchsvolle. Das ändert nichts daran, dass die Fragen bleiben. Das empfundene Missbehagen sucht sich Ausflüchte, die Ratlosigkeit geht Hand in Hand mit dem Billigen. Das geht bis zu einem wesentlichen Punkt: dem Punkt, an dem die Besinnung einsetzt; solche Prozesse wiederholen sich gegen die Auffassung Spenglers nicht zyklisch; sie unterliegen einem Wandel. Allen solchen Prozessen gemein ist jedoch, dass der Sinn als das Stiftende des Denkens seinen gebührenden Rang einnimmt.

VI

Begriffe als Griffe

Das Denken verfolgt seinen ansteigenden Weg, indem es sich Griffe setzt, an denen es fortkommt. Ernsthaftes Denken prüft die Belastbarkeit der Griffe und ihre Abstände; zugleich lässt es nicht mehr brauchbare Griffe hinter sich; doch zugleich verwirft es die alten nicht sogleich.

Ernsthaftes Denken heißt Denken, das sich seiner Verantwortung bewusst ist; in der Verantwortung ist das Wort der Grund-Zug, in dem das Denken in die Sprache reicht. Verantwortetes Denken nimmt die Sprache also ernst.

VII

Systembeschreibung

Es führt kein Ausweg an der Standortbestimmung der Ur(be)griffe vorbei: Staat, Recht, Menschenrecht, Würde, Lebensrecht, Freiheit, Ordnung und Gewalt, Macht. Auch in der Auffaltung des Neuen in den Zeiten des Umbruchs müssen diese Begriffe inhaltlich bestimmt werden; im besseren Falle in einem verantworteten Sinn.

Jede Beschreibung der Materiale eines Begriffs setzt einen Bezugsrahmen voraus, innerhalb dessen Verhältnisse zu- und gegeneinander in ein Verhältnis gesetzt werden können.

VIII

Werte

Die Fuge der Begriffe im Sinne des eigentlichen Zusammenhängens, des Bezugsrahmens ist in einem tradierten westlichen Satz der Satz des Werts. Werte dienen der Beschreibung der Begriffe als Auslotung ihrer Grenzen wie auch der Bestimmung ihres Begriffs; das erstaunt als erste Einsicht und ernüchtert beim zweiten Hinsehen. Die Werte, auf die rekurriert wird, stehen zueinander oftmals in einem unentwirrbaren Verhältnis des Widerspruchs.

Sie stehen häufig nicht unter dem Dach eines gemeinsamen Hauses; die Berufung auf gemeinsame Werte entpuppt sich als Hülse. Der innere Ton ist leer.

IX

Güter

Bleiben die Güter als die sinn- und Sinn-fälligen Zeichen des schöpferischen Einklangs. Sie zu orten ist die große Aufgabe künftiger Identität.

Von Auschwitz her denken

Mir bleibt nichts anderes übrig: ich kann die Welt nur von Auschwitz her denken: das ist weder zwingend, noch hat es zwingende Gründe. Ich gehe mit dieser Gewissheit zu Bett und des nächsten Tages stehe ich mit dieser Gewissheit wieder auf; ich betrachte die Welt und ich betrachte Gott durch die Gewissheit dieses Geschehens: durch die Gewissheit der organisierten Auslöschung der europäischen Juden durch Deutsche, zu denen in dieser Hinsicht naturgemäß die Österreicher gehören; sie waren ja, gegen späteres Lügen und gegen die spätere Klitterung der Geschichte, eins, die Deutschen und die Deutschösterreicher, in jenen Jahren zwischen 1938 und 1945, nicht alle, aber die meisten. Ich kann, vor allem als katholischer Christ, die Welt nur von Auschwitz her denken: während Sonntag für Sonntag in den Kirchen aus den Schriften eines so genannten Alten Bundes vorgelesen wurde, die Priester in ihrem Stundengebet aus den Psalmen, jener kostbarsten Überlieferung der ersten Liebe Gottes, beteten, fuhren die Züge nach Auschwitz, nach Treblinka, nach Sobibor, in die anderen Vernichtungslager. Sie fuhren und fuhren: sie fuhren und fahren immer noch täglich in meinem Herzen. Sie fuhren und fahren und legen immer dieselbe eine Frage auf: wie konnte es geschehen: wie konnte Gott das zulassen; aber vor allem: wie konnten die Menschen, die sich als Katholiken er- und bekannten, das zulassen; wie konnte es geschehen. Keine der möglichen Antworten befriedigt mich und keine gibt mir einen Sinn; es ist dies „zu groß“ und „zu schwer“ zu denken. Gewiss: aber jedes Mal, wenn ich einen Psalm lese, und jedes Mal, wenn ich aus der Schrift des Alten Bundes lese, muss ich an dieses Versagen und mit ihm an das Versagen der ganzen Theologie denken: jenes Buch, das Buch über den katholischen Glauben im Angesicht der Vernichtung, wurde nie geschrieben. Statt dessen hat man Gott aus dem Zentrum der Liturgie geräumt: wohl auch deshalb, um sich nicht ständig fragen zu lassen, was Jesus hinterließ: Was Du dem geringsten meiner Brüder getan hast, das hast Du mir getan.

Betrachtungen

Ut unum sint

Zur Einführung in das Thema

I

Die ist ein Versuch, Essais, Versuche, Texte über Glauben, Religion und Kirche zusammenzufassen und vorzulegen; genauer, ein Versuch über den erfahrenen und gelebten Glauben eines Angehörigen der römisch-katholischen Kirche. Es unterscheidet sich vielfach von anderen Büchern solcher Art:

Der Autor ist kein Theologe und kein Philosoph, auch kein Sozialwissenschaftler. Wer in diesem Buche theologisch-wissenschaftliche Argumente sucht, wird vergebens nach ihnen Ausschau halten. Kein scholastisches System, auch keine wissenschaftliche Kritik, sondern persönliche Erfahrungen und Erlebnisse, vor allem aber Gedanken enthält dieses Buch.

Es ist entstanden aus Dankbarkeit. Dankbarkeit darüber, in einer Umgebung aufgewachsen zu sein, in der die Vermittlung des Glaubens noch zu den Selbstverständlichkeiten zählte; Dankbarkeit über die vielen geistlichen Erfahrungen und Begegnungen, die mein Leben begleitet haben; Dankbarkeit schließlich, der römisch-katholischen Kirche anzugehören.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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