Sitzen macht krank - Gerd Schnack - E-Book

Sitzen macht krank E-Book

Gerd Schnack

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Beschreibung

Eigentlich sind wir Menschen Laufwesen, doch seit Einzug des Technikzeitalters sitzen wir in monotoner Haltung am Schreibtisch, und das sieben bis acht Stunden pro Tag. Diese Entwicklung hat fatale Auswirkungen auf unsere Gesundheit: Rückenschmerzen, Spannungskopfschmerz und Verdauungsprobleme sind die Folgen. Gerd Schnack zeigt, wie wir diesen Symptomen mit kurzen Übungen beikommen können. Zudem entwickelt er eine spezielle Form der aktiven Tiefenentspannung, mit deren Hilfe es neben optimaler Energieversorgung auch zu einer Stabilisation der Rücken- und Beckenbodenmuskulatur kommt. Es ist ganz einfach, die kurzen Trainingseinheiten in unseren Alltag zu integrieren, denn in nur 15 Minuten täglich lassen sich große Fortschritte erzielen.

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Inhalt

Cover & Impressum

Das Wunder der natürlichen Hocke

Sitzbeschwerden – ein Nervenproblem

Vom Lauf- zum Sitzwesen

1. Sitzarbeit, die uns reich und krank macht

2. Vom Nomaden zum Sitzwesen

3. Der Mensch wurde sesshaft und ging zur Natur auf Distanz

4. Mit dem Absatzschuh fing die Misere an

Rhythmische Schwingungen, die unser Leben bestimmen

1. Die Gesetze des Flüssigen in der Biomechanik

2. Die logarithmische Spirale, das prägende Energiefeld der Natur

3. Der hohe Stellenwert der rhythmischen Spiralkinetik

4. Spiralbahnen, die die Wirbelsäule formen

5. Das Spiel der Meereswellen

6. Aus der Hocke geboren

Anpassung an die Technik durch monotone Sitzarbeit

1. Wie langes Sitzen uns den Atem raubt und den Schritt verkürzt

2. Sitzen: Ja, aber bitte richtig

3. Falsches Sitzen und falsche Bodenarbeit

4. Arbeit im Sitzen verkrümmt den Menschen

5. Falsches Sitzen in bestimmten Berufen

Der Sitznerv Pudendus

1. Eine neue Entspannungsstrategie

2. Der Beckenboden, eine druckempfindliche Hängematte

3. Intermittierende Sitzentlastung

4. Höchste Stimulation aller Parasympathikusaktivitäten

Wege aus dem Sitzstress

1. Dynamisches Gegenschwungstretching gegen entfesselte Berufskrankheiten

2. Wirksame Rückenstärkung bei langem Sitzen

3. Richtiger Sport gegen Sitzstress

4. Das »Anti-Valsalva-Pressing-System«

Aufruf: Technikanpassung – richtig in Maß und Dosierung

Literatur und Studien

 

 

 

Das Wunder der natürlichen Hocke

Aus der Hocke heraus sind wir alle geboren, sie war es, die uns in dieser ersten Entwicklungszeit in einem speziellen Kokon sorgsam behütet hat, sie hat uns geschützt und bewahrt und uns dabei die Liebe unserer Mutter hautnah spüren lassen. Ohne diese Kauer-Power-Position wären wir nie zu dem geworden, was wir heute sind.

Im Kleinkindalter konnten wir uns leicht in dieser Schutzhaltung verstecken, wie ich es getan habe, weil ich schon mit zwei Jahren gerne von zu Hause weggelaufen bin, hinaus in die große Freiheit dieser Welt. Übrigens sehr zum Unwillen meines Vaters. Vor seinem strafenden Verhalten flüchtete ich hinter einem Sessel in meine Hocke, die ängstlichen Augen auf den strengen Vater gerichtet. Meine Mutter stellte sich vor den Vater, um Schlimmeres zu verhindern.

Vorbildliche Flexibilität des gerundeten Rückens, der Wadenmuskeln und Achillessehnen durch den Nullabstand zwischen Sitzbein und den Fersen. [1]

In der Hocke und beim Licht flackernder Kerzen saß ich mit meiner Großmutter im Keller unseres Hauses in Mecklenburg, während die feindlichen Flugzeuge östlicher und westlicher Prägung uns in Angst und Schrecken versetzten.

Später in der Schule, auf der Universität in Rostock und schließlich während meiner chirurgischen Ausbildung musste ich mich zwangsläufig der Umgebung anpassen, in der die natürliche Hocke keinen Platz mehr fand. Die negativen Folgen dieses Verhaltens bekam ich schnell zu spüren: Der Rücken antwortete mit ersten Warnzeichen, und die Achillessehne begann zu zwicken, weil ich schon damals in der Schule mit meinen einsamen Waldläufen begonnen hatte.

So vergingen die ersten Jahre in der Chirurgie, bis ich die Chance bekam, mein westliches Universitätswissen durch den Kriegseinsatz in Vietnam zu erweitern und den schwer verletzten Kriegsopfern meine chirurgische Erfahrung zu vermitteln. So konnte ich Menschen in ihrer großen Not helfend zur Seite stehen, ich habe aber dieses Land nicht nur nach zwei Jahren als ein Gebender, sondern auch als ein Beschenkter verlassen.

Beschenkt wurde ich mit einer komplexen Form der Gelassenheit, die diese Menschen in Saigon und Da Nang die Kriegswirren in bewundernswerter Weise ertragen ließ. Später ist daraus die Vagus-Meditation hervorgegangen. Gleichzeitig diente die naturrichtige Hocke, von mir als Saigonhocke tituliert, für mich als Vorbild für ein Körperverhalten, das als vorbildlich unter Stressbedingungen anzusehen ist, das wir aber im fernen Westen gänzlich der modernen Technik geopfert hatten.

Das Thema »Sitzen macht krank« hat in Vietnam keine Bedeutung, weil sich die Menschen dort im Alltag grundsätzlich anders verhalten als wir in Deutschland, die wir zwar ein hohes Stressbewusstsein entwickelt, im grauen Stressalltag aber das natürliche Rückenverhalten völlig verlernt haben. In Vietnam lassen sich die Menschen dagegen durch die naturrichtige Hocke durch alle Höhen und Tiefen des Alltags führen.

»Sitzen macht krank« – das ist keine Behauptung, sondern in unserem Technikzeitalter eine nachgewiesene Tatsache, deren Dimensionen ich Ihnen in diesem Buch erläutern möchte. Aber nicht nur das. Es gibt auch Wege, die uns aus dem Sitzstress herausführen. Und diese Wege will ich Ihnen zeigen.

Sitzbeschwerden – ein Nervenproblem

Alle Welt, darunter auch etliche Rückentherapeuten, spricht heute über die chronischen Rückenbeschwerden, die beim Sitzen, speziell bei langer Sitzarbeit am Computer, entstehen. Da dieses gravierende Problem aber häufig lediglich aus der Perspektive der Anatomie betrachtet wird, schränkt man sich auf eine Sichtweise ein, die zu eng und rein auf die mechanische Komponente ausgerichtet ist. Selbstverständlich spielt der überaus komplizierte Aufbau der Wirbelsäule eine nicht unwesentliche Rolle bei dieser Volkskrankheit, die inzwischen zu einem Kernproblem in der Medizin geworden ist. Aber allein die Tatsache, dass durchgreifende therapeutische Erfolge bisher ausgeblieben sind, belegt die Aussage, dass zur Lösung des Problems bisher immer noch nicht die schlüssige Antwort gefunden worden ist, die der Wahrheit am nächsten kommt.

Natürlich ist das lange Sitzen, betrachtet man es aus dem Blickwinkel der Wirbelsäule mit all ihren Gelenken, Bändern, Muskeln und Bandscheiben, zunächst eine biomechanische Angelegenheit. Dem steht aber das gesamte Nervensystem gegenüber, das zum einen aus der Perspektive des Gehirns, zum anderen aus der der peripheren Nerven in Augenschein genommen werden muss. Insbesondere der durch langes Sitzen hervorgerufene chronische Rückenschmerz ist primär eine Einstellungssache, bedingt durch den Ablauf unserer gedanklichen Wahrnehmung. Und wenn die täglichen Gedanken nur noch um die Wirbelsäule mit ihren Sitzbeschwerden kreisen, wissen wir dank der Erkenntnisse der neuen Neurophysiologie: Unser Gehirn ist durchaus in der Lage, den chronischen Rückenschmerz zu lernen, ihn im Gedächtnisspeicher zu verankern, sodass die objektiven Befunde häufig deutlich hinter den subjektiven Beschwerden zurückbleiben.

Das ist die eine Seite der Medaille. Werfen wir unseren Blick auf die andere Seite, kommt die Anatomie ins Spiel, die klar zeigt, dass die Nerven in ihren peripheren Verläufen das druckempfindlichste Gewebe im Körper darstellen. Eine überaus wichtige Feststellung, die jeder von uns schon mehrmals im Leben am eigenen Leibe machen konnte, denken wir nur an den brennenden Schmerz an der Innenseite des geprellten Ellbogengelenks mit Signalwirkung bis in die Hand hinein. Aus gutem Grund spricht der Volksmund vom Musikantenknochen. Namensgebend ist ein singender Schmerz an der Innenseite eines Ellbogengelenkes, intensiv wirksam und lange in unserer Erinnerung haftend!

Das empfindliche Ulnarisrinnensyndrom

In der Handchirurgie kennt man das Ulnarisrinnensyndrom, das häufig einen »Golferellbogen« überlagert, nicht selten aber allein schon dadurch ausgelöst werden kann, dass nachts der Arm unter dem Kopf liegt. Möglicherweise wird dadurch der an der Innenseite des Gelenks liegende Ellennerv derart traumatisiert, dass ein Nervenkompressionsschmerz die Folge ist. Auch der unsachgemäße Büroschlaf am Mittag mit den abgestützten Armen auf der Tischplatte kann ein Ulnarisrinnensyndrom auslösen, weil der Ellbogennerv (Nervus ulnaris) an dieser Stelle sehr oberflächlich verläuft und äußerst druckempfindlich reagiert.

In der Handchirurgie wird dieser Schaden nicht in jedem Fall sofort operiert, oft genügt ein schützender Watteverband um das Gelenk herum, und das traumatisierte Nervengewebe erholt sich in wenigen Tagen.

Der Schamnerv, der unseren Sitzboden so empfindlich macht

Periphere Nerven existieren aber nicht nur in den Armen und Beinen, sondern auch in der Sitzfläche unseres Beckenbodens, auch wenn diese Region mit großen Muskelgruppen besetzt ist, denken wir nur an die kräftigen Gesäß- und Rückenmuskeln. Der Beckenboden gleicht mehr einer Muskelplatte, obwohl hier wichtige Lücken anzutreffen sind, durch die es häufig zu Harnblasenvorfällen, ja sogar zu Ausstülpungen von Darmschlingen oder gar der Gebärmutter kommen kann.

Beherrscht wird die gesamte Sitzfläche nicht etwa von einem einzelnen Nerv, sondern von einem ganzen Nervengeflecht, dem Plexus sacralis, aus dem der Plexus pudendus und schließlich der überaus druckempfindliche Pudendusnerv, unser Schamnerv, hervorgeht.

Der Pudendus- oder Schamnerv befindet sich an einer ähnlich exponierten Position wie der Ellennerv, wobei der Pudendusnerv sogar von einer inneren und einer äußeren Druckstufe erreicht werden kann. [2]

Im menschlichen Körper gibt es zwei grundlegende Entspannungs- und Versorgungszentren, die direkt mit unserem Energie- und Überlebenszentrum, dem vegetativen Nervensystem, in Verbindung stehen:

•Das obere Zentrum mit dem zehnten Hirnnerv Vagus, der aus dem Hirnstamm entspringt, wobei er durch den dritten, siebten und neunten Hirnnerv angesteuert werden kann, die neben motorischen Fasern auch gleichzeitig parasympathische Fasern aufweisen. Das Einflussgebiet sind die Brust- sowie die oberen Bauchorgane.

•Das untere Zentrum im Kreuzbeinbereich mit dem Plexus sacralis, aus dem der Pudendusnerv hervorgeht und der den unteren Bauchraum, die Beckenorgane und den gesamten Beckenboden parasympathisch und motorisch versorgt.

Muskelaktivitäten und Tiefenentspannung

Das Bedeutsame am Vagus- und Pudendusnerv ist die Tatsache, dass hier nicht nur motorische Fasern, sondern auch parasympathische Entspannungsfasern zusammen verlaufen, sodass ganz spezielle Muskelaktivitäten gleichzeitig eine Tiefenentspannung auslösen können. Die Vagus-Stimulation funktioniert aus dem Gesichts- und Halsbereich heraus, die Reizung des Nervus pudendus steht mit Muskelaktivitäten des Beckenbodens im Zusammenhang. Doch dazu später mehr.

Sympathikus und Parasympathikus

Stress und stressbedingte Erkrankungen prägen unsere Gegenwart. Dieser fehlerhafte Kreislauf ist lebensbestimmend, weil durch die hohe Dichte zentral zu verarbeitender Sinnesreize gegenwärtig der Kampf- und Fluchtnerv Sympathikus eindeutig die Dominanz im vegetativen Nervensystem aufweist.

Zwei Befehlszentralen bestimmen das vegetative Nervensystem, unser Überlebenszentrum: zum einen das sympathische Kampf- und Fluchtsystem, zum anderen das parasympathische Regenerations- und Entspannungssystem.

Der Sympathikus sichert unsere Existenz durch Kampf und Flucht, gefragt sind körperlich-geistige Antworten, die den ganzen Menschen erfordern. Schnelle und ganzheitliche Reaktionen sichern diesen Alarmzustand, der einen hundertprozentigen Einsatz auslöst, eine allgemeine Mobilmachung in Gang setzt, die uns stets wie ein Blitz aus heiterem Himmel trifft, überfallartig, total, oft sogar vernichtend.

Sein Gegenspieler, der Parasympathikus, hat als Regenerationsnerv alle Zeit der Welt. Er muss von uns persönlich in Aktion versetzt werden, und er begnügt sich auch mit Teilergebnissen, d. h., er fordert nicht in jedem Fall den ganzen Menschen.

Der Sympathikus ist der Kämpfer in uns, der Parasympathikus dagegen der vornehme Gentleman, der sich immer ein bisschen ziert und regelrecht auf die Bühne unseres Lebens gedrängt werden muss. Der wichtigste Nerv im parasympathischen System ist der zehnte Hirnnerv, der Vagus, der immerhin 75 Prozent aller parasympathischen Nervenfasern besetzt, weswegen der Parasympathikus gerne mit dem Vagus gleichgesetzt wird.

Das zeigt auch klar die Anatomie: Der Sympathikus gleicht einer kompakten, ganzheitlichen Kampfeinheit, während der Parasympathikus praktisch zweigeteilt ist, aufgeteilt in das obere, nervöse Leitsystem, das mit seinem Kerngebiet im Hirnstamm angesiedelt ist und aus dem der wichtige Vagusnerv hervorgeht. Das untere, nervöse Kreuzbeingeflecht bildet den Plexus sacralis, der sich im Plexus pudendus fortsetzt und schließlich im Pudendusnerv endet.

Der Sympathikus erreicht sein Zielgebiet aus dem Rückenmark heraus, wählt als Zwischenstation zahlreiche Ganglien, die im Grenzstrang neben der Wirbelsäule angesiedelt sind. Der Parasympathikus hat sein Kerngebiet im Hirnstamm. Seine Ganglien sind in Organnähe gleichmäßig zwischen Kopf, Hals, Brust- und Bauchraum verteilt. [3]

Die Anatomie spricht immer eine klare Sprache. Und wenn wir den Stress der Gegenwart unter Kontrolle bringen wollen, müssen wir uns dieser Tatsache stellen. Fakt ist, dass wir gegenwärtig unter Einbeziehung aller meditativen Entspannungsverfahren nur ca. 75 Prozent Abwehrkraft des Parasympathikus gegen den Sympathikus nutzen. Diese 75 Prozent ergeben sich allein aus der Abbildung durch die Stimulation des Vagus mit seinem Einflussgebiet auf die obere Körperhälfte, auf Herz, Lunge und Bauchraum.

Der durch den Sympathikus hervorgerufene Stress wirkt aber immer total zu 100 Prozent, unsere aktuelle Stressantwort liegt dagegen nur bei 75 Prozent. Allein das belegt, warum sich aktuell an der Stressfront kaum etwas Grundsätzliches ändert. Die stressbedingten Erkrankungen sind nach wie vor auf dem Vormarsch!

Stress trifft also den Sympathikus immer total, ganzheitlich zu 100 Prozent. Dem stellt die parasympathische Entspannungsfront aber nur 75 Prozent Gegenkraft entgegen, eine Rechnung, die nie aufgehen kann.

Dieser Vorgang ist mit einem Ruderboot in einem Fluss vergleichbar. Das Wasser fließt mit einer Fließgeschwindigkeit von 100 Prozent. Sie steuern entgegen, bringen es in Ihrem Boot aber nur auf 75 Prozent Gegenleistung. Was wird passieren? Sie kommen nicht nur nicht von der Stelle, Sie bewegen sich sogar rückwärts!

Neue Hoffnungssignale sind zu vernehmen, denn unser Körper verfügt über gewaltige Selbstheilungskräfte, die nur entdeckt und dann im Sinne der Selbstorganisation auf den Weg gebracht werden müssen. Über ein solches Potenzial verfügt auch jede Pflanze auf ihrem Weg dem Sonnenlicht entgegen, eine ständige Grenzwanderung zwischen Gedeihen und Verderben.

Gegen 100 Prozent Sympathikus-Stress braucht es auch 100 Prozent Parasympathikus-Power!

Ab sofort können wir aber mit der faszinierenden, meditativen Alpha-Power antworten und setzen erstmalig den 100 Prozent Sympathikus-Power die ebenbürtigen 100 Prozent Parasympathikus-Power entgegen. Sie entspricht dem Vagus für die obere Körperhälfte mit 75 Prozent Wirkung und führt durch den Pudendusnerv auch die untere Körperhälfte unter Einbeziehung der Beckenorgane mit in die Abwehrschlacht mit den restlichen 25 Prozent.

Das ist die Kraft, die allein aus der Bipolarität erwächst, wie sie durch die Konfrontation der Gegensätze ermöglicht wird, der entscheidende Steuerungsmechanismus des vegetativen Nervensystems im ständigen Wechselspiel zwischen Sympathikus und Parasympathikus oder Vagus. Aus diesem unerschöpflichen Energiepotenzial schöpft auch unser Herz seine grandiose Beständigkeit, ausgehend von der Raumverkleinerung durch die Systole, auf die unmittelbar die Raumerweiterung der Diastole folgt. In diesem Saugstrom wird das sauerstoffreiche Blut in Richtung Peripherie gepresst, wobei die elastischen Aortenwände durch ihre Windkesselwirkung den Flüssigkeitsstrom weiter unterstützen.

Bipolar ist also auch die Arbeitsweise unserer Überlebenszentrale aufgebaut, das vegetative Nervensystem, das von der Medizin als autonom eingestuft wird, das sich aber nur begrenzt selbstständig verhält, auch wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass die Herzfrequenz willentlich kaum zu beeinflussen ist und in Ruhe praktisch ihren eigenen Takt schlägt.

Denn tatsächlich ist das vegetative Nervensystem nicht die feste Burg, die von außen nicht zu erstürmen wäre. Mauerbrecher sind drei Hirnnerven, der dritte, siebte und neunte Hirnnerv, die uns den Zugang zu dieser Kommandozentrale der komplexen Tiefenentspannung ermöglichen. Diese drei Hirnnerven führen nicht nur motorische Fasern, sondern auch parasympathische mit sich, sodass bei gezielten Muskelaktivitäten auch gleichzeitig eine Tiefenentspannung »frei Haus« mitgeliefert werden kann.

Mit dieser Antwort auf den Stress ist jeder von uns unmittelbar in der Lage, im schnellen Alltag seine ganz persönliche Tiefenentspannung einleiten zu können, und das mit großem Gewinn für alle Brustorgane und für den oberen Bauchraum. Dabei sind folgende Schritte zu beachten:

•Gehen Sie in die Stille, setzen Sie sich abseits bequem auf einen Stuhl vor einem hellen Fenster und schließen Sie die Augen.

•Der »Cinéma interne«-Film beginnt durch die Blickeinstellung auf die geschlossenen Augenlider. Unterschiedliche Farben tauchen auf, oft mit Gelb beginnend, ebenso punktförmige Einschlüsse im Augenwasser, die »fliegenden Mücken«, die man bewusst ins Visier nimmt.

•Durch gleichzeitige Kehlkopfvibrationen wird die Ausatmung betont, die vom Parasympathikus bestimmt wird. Vibrationen entstehen durch Schnurren, Summen, Singen oder Brummen, auch eine kurze Melodie in ständiger Wiederholung verstärkt die Entspannung.

•Die innere Stimmung wechselt in Wohlklang, eine wohltuende Entspannung gewinnt an Raum, die Zeit verliert jegliche Begrenzung.

•Das Herz schlägt langsamer, der Blutdruck senkt sich ab, die kurze Brustatmung wechselt in tiefe Bauchatmung und die muskulären Verspannungen des Nackens und des Rückens lösen sich auf.

•Diese kurze Vagus-Auszeit wird von vielen Teilnehmern als ein Zeitabschnitt empfunden, von dem sie sich wünschten, dass er nie enden möge!

Diese Vagus-Siesta in der Mittagspause am Arbeitsplatz steigert das allgemeine Wohlbefinden umgehend, Studien belegen sogar eine Leistungssteigerung von 35 Prozent für den restlichen Tag.

Das Rückenproblem der Gegenwart ist also primär eine reine Nervensache, weil der wichtigste Nerv des unteren Bauchraums und des gesamten Beckens, der Pudendusnerv, durch langes, bewegungsloses Sitzen und durch das Pressen aus dem Kopf heraus nach dem Valsalva-Manöver (dazu später mehr) derart unter Druck gesetzt wird, dass die überaus empfindlichen Nervenzellen dem nicht gewachsen sind. Natürlich spielt auch der knöcherne Aufbau der gesamten Wirbelsäule bei der täglichen Sitzbelastung eine Rolle. Vorrangig geht es darum, aus der monotonen Gelenkbelastung bei langem Sitzen herauszukommen, Variationen ständiger Veränderung anzubieten, damit die druckempfindlichen Bandscheibenräume zusammen mit dem Schamnerven permanent entlastet werden können. Auch in der ständigen Auseinandersetzung mit der Schwerkraft der Erde heißt es, wachsam zu sein, um möglichst hohe Erschütterungen zu vermeiden. Dies gelingt etwa durch Gehen auf Böden mit Waldbodeneffekt, durch wiederholte Rückwärtspassagen vor allem auf Treppen oder bei langen Bergabpassagen, wir müssen aber auch auf die Erschütterungssportarten achten. Gleichzeitig sind die Muskeln und Sehnen des Rückens im Auge zu behalten. Aber nicht allein auf den starken Rücken kommt es an, denn hohe Leistungsfähigkeit gibt es nicht ohne Elastizität – ein Grund dafür, dass ich detailliert auf das Faszienstretching eingehen werde, speziell auf die naturrichtige Hocke als Paradedisziplin, die es für uns alle wieder neu zu entdecken gilt. In unserer bedingungslosen Anpassung an die Technik haben wir aber diese Kauer-Power-Position leichtfertig geopfert, obwohl es keine andere Körperhaltung gibt, in der neun Muskel-Sehnen-Gruppen wirkungsvoll entlastet und gleichzeitig gedehnt werden können. Nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass wir alle aus der naturrichtigen Hocke geboren sind, sie ist damit unser pränatales Markenzeichen.

Vom Lauf- zum Sitzwesen

1. Sitzarbeit, die uns reich und krank macht

Es beginnt schon am frühen Morgen: Wir nehmen am Frühstückstisch Platz und lassen uns die Brötchen und den köstlichen Kaffee schmecken, erste Tagesinformationen liefern Handy und die Tageszeitung. In gleicher Sitzhaltung begeben wir uns an den Arbeitsplatz, und der ist nun wirklich keine Spielwiese. Eng begrenzt verharren wir in dieser vorherrschenden Zwangshaltung zwischen Arbeitsstuhl und Schreibtisch. Diese programmierte Sitzarbeit verläuft nach monotonen Vorgaben täglich über Stunden, und das ein Leben lang. Dabei gehorchen beide Arbeitshände nur noch den Vorgaben von Motor, Maschine und Computer in ständiger Wiederholung gleichlautender Befehle.

Die vorherrschende Verriegelung unserer Hüft- und Kniegelenke erfolgt nicht in mobiler Habachtstellung in aufrechter Haltung, sondern in inaktiver 90-Grad-Beugeposition dieser großen Gelenke, die damit nicht auf Geh-, sondern auf Sitzmodus geschaltet sind.

Bei langer Sitzarbeit sind die großen Gelenke der Schultern und der Hüften nachhaltig in Beugehaltung fixiert. [5]

Der Mensch im Technikzeitalter ist nicht mehr als Laufwesen erkennbar, er verharrt in sich verriegelt in monotoner Sitzhaltung. Damit sind wir die erste Generation in der Menschheitsgeschichte, die nicht mehr den Grundanforderungen eines aktiven Lebens entspricht. Die Gelenke können ihre mobilen Freiheitsgrade der Bewegung nicht mehr ausspielen, und der Stoffwechsel läuft nur noch auf Sparflamme, dem Rinnsal eines ausgetrockneten Bachbetts vergleichbar, das sich tröpfchenweise im Sand verliert.

Diese vorherrschende Sitzhaltung beweist: Die Menschheit hat sich endgültig von ihren natürlichen Wurzeln verabschiedet:

•Aus dem aufrechten Menschen, dem Homo erectus, wurde der sitzende Mensch, der Homo sedens. Auslösend hierfür war der Mensch in seiner praktisch-technischen Begabung als Homo faber, der Mensch als Handwerker.

•Dieser Homo faber in seiner Vorliebe für technische Vorgänge brauchte plötzlich eine äußere Stütze, damit seine doppelt abgewinkelte Körperhaltung nach hinten abgefangen werden konnte, ein Gerüst, von dem aus er arbeiten, handeln, planen, reden, reisen, aber auch herrschen und predigen konnte.

Der Stuhl als Herrscherthron

Eingeleitet wurde diese Veränderung des Lebensstils mit dem Herrscherthron, dem Heiligen Stuhl, dem Lehrstuhl, dem Beichtstuhl, dem Chorgestühl in Kathedralen. Es folgten Autositze, Rollstühle, Klavierstühle, Zahnarztstühle, Schulbänke, Ersatzbänke, Sessellifte, Schleudersitze, ja sogar vor elektrischen Stühlen schreckte man nicht zurück.

All diese Sitzhilfen waren plötzlich gefragt, weil der Mensch in seiner vorbehaltlosen Anpassung an die Technik bestrebt war, seine allseitige körperliche Aktivität einzustellen, lief doch die neue Sitzkultur aus Sicht der Biomechanik dem aufrechten Gang diametral entgegen. Der Körpermittelpunkt hatte sich nach unten verlagert und punktförmig auf die Beckenregion ausgerichtet. Ab sofort spielte sich das Leben im Sitzen ab: Man arbeitete in fast allen Berufen im Sitzen, Sitzkonferenzen wurden abgehalten, es wurde zu Gericht gesessen, Probleme wurden ausgesessen, Missetäter mussten einsitzen, und schon in der Schule musste man nachsitzen, auch wenn man bereits den ganzen Tag auf seinen vier Buchstaben gesessen hatte.

Schon in der Schule lernte der Mensch, still zu sitzen, bereits der kleinste Bewegungsansatz wurde als »Zappelphilipp-Manier« geahndet und der Übeltäter ganz einfach zur Strafe in die Ecke gestellt.

Der Stuhl wird zum Zentrum des vorbestimmten Raums, er schützt die individuelle Sphäre des Einzelnen, und die Kinder wachsen in der Schule in eine festgelegte Sitzhaltung hinein. In diesem künstlichen Raum ist die körperliche Ruhigstellung das Maß aller Dinge, und in dieser Umverteilung der körperlich-geistigen Schwerpunkte wird die verordnete Demobilisierung im Sinne der ausgleichenden Bipolarität von den Betroffenen mit einer neuen Form der Unruhe, der Nervosität beantwortet, zusammengefasst in dem Unwort Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS).

Das ADHS-Syndrom wird von der modernen Medizin zur Krankheit aufgewertet und rein symptomatisch mit Ritalin behandelt, obwohl es im eigentlichen Sinn gar kein Krankheitssyndrom ist, denn das Kind reagiert auf die erzwungene Einengung durch ständiges Sitzen vollständig normal: Es beantwortet das verordnete Stillsitzen mit dem Natürlichsten von der Welt, nämlich mit ausgleichender Bewegung. Dabei sind es drei Verhaltensmuster, die Kinder im Technikzeitalter nicht mehr ausleben können:

•Bereits im Elternhaus spielen Kinder kaum noch in Wald, Feld und Wiese, dafür führen die Eltern sie viel zu früh an Spielcomputer und ans eigenständige Fernsehen.

•In der Schulzeit wird ständiges Sitzen erzwungen, es fehlt an Räumen zum Austoben, die jede Klasse für sich reserviert haben müsste, sodass nach zwei Stunden Theorie dieser Ausgleichsraum jederzeit genutzt werden könnte, dabei braucht es Ausgleichsübungen wie Tanzjogging auf dem Trampolin, Balancieren auf einem Seil und Ausboxen mit einem Sandsack für die Jungen im Überschwang ihrer Kräfte. Das kann die Turnhalle nicht leisten, weil sie ständig von anderen Klassen besetzt ist.

•Die Straße ist heute von Autos blockiert, sodass sie von den Kindern nicht mehr zum Spielen genutzt werden kann, wir spielten noch Treibball in Kindertagen, hatten aber die Straße noch ganz für uns.

Aus dem aufrechten Homo erectus wird durch Sitzen der gebeugte Homo sedens. Die verordnete Bewegungslosigkeit entwickelt den Homo sedativus, der auf diese Ruhigstellung entgegengesetzt mit Rastlosigkeit, Nervosität und Stress reagiert.

Diese Entwicklung, die der Gesellschaft als technischer Fortschritt verkauft wurde, ist in Wirklichkeit ein Schritt in die falsche Richtung. Degenerative Vorgänge im menschlichen Körper sind die Folge, weil man die natürlichen Anlagen des Menschen völlig aus den Augen verloren hatte. Denn wie schon erwähnt: Der Mensch ist von seiner Grundlage gesehen ein Bewegungswesen und darin durchaus mit dem Auto vergleichbar. Und dieses künstliche Produkt landet auf dem Schrotthaufen, wenn es nicht, seiner Grundbestimmung gemäß, täglich in Bewegung gehalten wird.

Sitzen – Fluch und Segen zugleich

Der Stuhl ist Fluch und Segen zugleich, wenn der Mensch nicht bereit ist, das richtige Maß zu finden zwischen der Inaktivität des Homo sedens in seiner Sitzarbeit und dem Homo sedativus, um in der Zeit danach Ruhe, Stille und Entspannung genießen zu können. Durch die richtige Sitzarbeit ist der Mensch imstande, eine gewaltige Wertschöpfung in Gang zu setzen, wenden wir unseren Blick nur auf die vielen Möglichkeiten, die die moderne Computertechnik geschaffen hat. Das allgemeine Volksvermögen ist derart gesteigert worden, dass der Einzelne kaum noch weiß, für welches Angebot er sich entscheiden soll. Denken wir nur einmal an die Menge all der Autos, die in Deutschland unterwegs sind, sodass der Straßenbau nicht mehr nachkommt, um dieser Übermotorisierung durch den notwendigen Freiraum neuer Wege gerecht zu werden. Zu meiner Kindheit waren Automobile in unserem Land die Ausnahme, und ich erinnere mich, dass ich als kleiner Junge Autokennzeichen gesammelt habe, sauber notiert in einem Heft. Das wird ein Zehnjähriger der Gegenwart nur noch mit Staunen zur Kenntnis nehmen.

Dieser Segen kann aber schnell zum Fluch werden, wenn wir den Ausgleich der Sitzarbeit durch komplexe Entspannungsstrategien unterlassen. Degenerative Erkrankungen sind die Folge, die schnell zu einem Dauerschaden führen, der dann die allgemeine Lebensqualität nachhaltig beeinträchtigt.

So, wie wir heute bei langer Sitzarbeit die stressbedingten Erkrankungen vermeiden, werden wir später entsprechend unabhängig leben, ganz nach dem Motto: »Nicht das Leben mit Jahren, sondern die Jahre mit Leben füllen!« Auf diesem Weg kann uns das vorliegende Buch eine Hilfe sein.

Verdichtete Arbeit

Die Arbeit früherer Jahre war kaum verdichtet. Lange Wegstrecken zum Arbeitsplatz brachten auch lange Pausen der Erholung mit sich. Vorwiegend der Sitzarbeit ist es zuzuschreiben, dass sich die Arbeit heute nahezu auf einen Punkt konzentriert, während man früher oft lange Strecken in Kauf nehmen musste, um an die weiten Wiesen und Weiden zu gelangen. Auf diesen mühsamen Transportwegen passierte relativ wenig, der Bauer konnte in der Regel einschlafen, weil die Pferde den Weg besser kannten als er selbst und die Strecke vom Gehöft zu den Weiden und zurück im »Blindflug« bewältigen konnten.

Durch die schnelle Anpassung an die Technik hat sich Arbeit dramatisch verdichtet, Pausen der Erholung sind in unserer Zeit ohne Zeit kaum noch vorgesehen. Heute arbeitet man konzentriert an einem Platz, der Computer kennt keine langen Versorgungswege, und eine hohe Informationsdichte sorgt dafür, dass der Schreibtisch kaum leer bleibt. Ein Angebot jagt das andere, sodass die zentral zu verarbeitenden Sinnesreize kein Ende nehmen. Pausen der Entspannung und Erholung sind in dieser Multitaskinggesellschaft kaum noch vorgesehen. Bei längeren Wegen zum Arbeitsplatz wird diese Distanz motorisiert zurückgelegt, und bei der Steuerung des eigenen Fahrzeugs muss man sich konzentriert mit einer hohen Dichte an Fahrzeugen auf den Straßen auseinandersetzen.

Die Sitzarbeit hat unser Leben nachhaltig verändert

•Aus dem Laufwesen Mensch wurde das Sitzwesen, und damit begann eine existenzielle Lebenskrise, weil die zugeführte Nahrung nicht mehr ausgleichend verstoffwechselt werden konnte. Die Energieträger Zucker und Fett wurden auf diese Weise zu einer echten Bedrohung. Das Überangebot an Zucker führte zur Entstehung des Typ-II-Diabetes, und das Fett bewirkte über die Arteriosklerose den gefährlichen Bluthochdruck, der nicht selten im Herzinfarkt und im Schlaganfall endet.

•Die monotone Bedienungsarbeit an den technischen Geräten vernichtete den energiefördernden Gegenschwung, sodass muskuläre Dysbalancen die Folge waren, ungleiche Spannungszustände zwischen den Beuge- und Streckmuskeln, die für die Entstehung von Kompressionssyndromen die Verantwortung trugen. Moderne Berufskrankheiten waren und sind die Folge, die unter dem Begriff RSI (Repetitive Strain Injury – Verletzung durch wiederholte Beanspruchung) zusammengefasst werden. Dabei steht Repetitive für den Wiederholungsvorgang bei beruflicher Belastung, Strain für die hierdurch ausgelöste Verspannung und Injury schließlich für den Folgezustand, die Erkrankung bzw. Verletzung.

•Die hohe Dichte zentral zu verarbeitender Sinnesreize bewirkt eine ständig hohe Erregungsstufe der Gehirnwellen, die kaum noch zur Ruhe gelangen, weil eine Information die andere jagt. Ein innerer Erregungszustand verursacht zentralen Stress, aber nicht nur unter der Woche am Arbeitsplatz, sondern auch am Wochenende, wenn im eigentlichen Sinne Ruhe, Stille und Erholung angesagt sind. Psychosomatische Erkrankungen sind die Folge, nicht selten eingeleitet durch Schlafstörungen, von denen inzwischen mehr als 80 Prozent der arbeitenden Bevölkerung betroffen sind. Danach sind es die Depressionen, die die Menschen krank machen, weil das allgemeine Angstpotenzial der Gegenwart unkontrolliert zugenommen hat. Zukunftsängste beherrschen den Alltag, die Angst um die eigene Sicherheit, die Angst vor dem Krankheitsfall, die Angst vor Arbeitslosigkeit und die Angst vor dem Alleinsein im Alter.

Fassen wir zusammen: Sitzarbeit hat Menschen krank gemacht, stressbedingte Erkrankungen beherrschen den Alltag. Stress wirkt in dreidimensionaler Form: allgemein auf das Herz-Kreislauf-System, peripher auf den gesamten Stütz- und Bewegungsapparat und zentral auf Gehirn und auf das vegetative Nervensystem.

2. Vom Nomaden zum Sitzwesen

Für Nomaden ergeben Stühle keinen Sinn, denn sie sind ständig unterwegs, und das bis zu 70 bis 80 Kilometer täglich. Als Wüstenvölker durchstreifen sie die Landschaft, und wenn ihre Herden die Weiden abgegrast haben, ist auch für sie die Zeit gekommen, sich nach einem neuen Standort umzusehen. Auch die nordamerikanischen Indianer waren Nomadenvölker, die stets den Spuren der Büffelherden folgten, weil die Rothäute von den Büffeln ihren ganzen Lebensunterhalt bestritten. Sie aßen das Fleisch, verwendeten die Büffelhaut als Kleidung und zum Bau ihrer Wigwams, das Fett zum Kochen und die Knochen zur Herstellung handwerklicher Werkzeuge und Pfeilspitzen.