Sleepless - Schlaflose Nacht - Andreas Brandhorst - kostenlos E-Book

Sleepless - Schlaflose Nacht E-Book

Andreas Brandhorst

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Beschreibung

Globales Unheil bahnt sich an. Die Welt, wie wir sie kennen, bricht auseinander. Die E-Book-Reihe zur Hörbuch-Serie von Bestsellerautor Andreas Brandhorst Am Hamburger Elbufer wird ein Mann tot aufgefunden. Mord, allem Anschein nach – Hauptkommissar Alexander Rieker von der Mordkommission beginnt mit Ermittlungen. Die Spur führt zu einem Start-up namens Harmony, das in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Ein neu entwickeltes Mittel, Sleepless, soll dem Unternehmen aus der Krise helfen. Es bietet Menschen die Möglichkeit, teilweise oder ganz auf Schlaf zu verzichten, ohne müde zu werden. Der Tote vom Elbufer arbeitete als freiwillige Testperson für Harmony – und hatte mit ungeahnten Nebenwirkungen zu kämpfen ...

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Seitenzahl: 102

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Textnachweis:

»Schlafe, ach, schlafe«, aus: Anna Ritter, Gedichte. S. 61. © Verlag von A. G. Liebeskind, Leipzig 1898.

 

© Piper Verlag GmbH, München 2021

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München), mit abavo vlow (Buchloe)

Covergestaltung: FAVORITBUERO, München

Covermotiv: DEEPOL by plainpicture/Andrew Brookes

 

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Inhalt

Cover & Impressum

1. Folge

Schlaflose Nacht

1.

Alexander Rieker

2.

3.

Carolin Alberts

4.

5.

Alexander Rieker

6.

7.

Carolin Alberts

8.

9.

10.

Alexander Rieker

11.

12.

Alexander Rieker

13.

14.

Carolin Alberts

15.

Alexander Rieker

16.

17.

Carolin Alberts

18.

Gilbert Fournier

19.

Alexander Rieker

20.

Carolin Alberts

21.

22.

1. Folge

Schlaflose Nacht

O laß in dein traumtiefes Kämmerlein

Kein Fünkchen des schimmernden Licht’s hinein,

Denn was die Sonne dir auch verspricht,

So hell, so strahlend – sie hält es nicht.

Schlafe, ach, schlafe.

Anna Ritter, Schlafe, ach, schlafe

1.

Alexander Rieker

Nebel lag über der Elbe, so dicht, dass man das andere Ufer nur schemenhaft ausmachen konnte. Ein Horn ertönte in der Ferne, eine Möwe schrie, doch die Geräusche erklangen nur gedämpft. Links ragte die Elbphilharmonie wie eine Fata Morgana aus den trägen grauweißen Schwaden auf.

Alexander Rieker ging über die Landungsbrücke zur Anlegestelle, wo sich neugierige Nachtschwärmer und Frühaufsteher drängten. Er hatte den Kragen der Jacke hochgeschlagen und die Hände tief in den Hosentaschen. Noch war es kalt an diesem Morgen Anfang Mai, aber nach der Wettervorhersage stand der erste heiße Tag des Jahres bevor, mit Temperaturen bis zu siebenundzwanzig Grad.

Er schob sich an den Gaffern und Neugierigen vorbei und erreichte die Absperrung, an der zwei junge Polizisten, ein Mann und eine Frau, Wache hielten. Der Mann versperrte ihm den Weg, als sich Rieker unter dem rot-weißen Band hinwegducken wollte.

»Sie können hier nicht durch«, sagte der Beamte.

»Ich kann und ich muss.« Rieker zeigte seinen Ausweis.

»Oh, Entschuldigung, Herr Kommissar.« Der junge Beamte hielt das Band für ihn hoch.

»Ist die Spurensicherung schon da?«

»Soll unterwegs sein. Bitte verzeihen Sie meine Neugier, aber sind Sie der Kommissar Rieker, der …«

»In die Sache mit dem Innensenator verwickelt war, ja«, kam ihm Rieker zuvor. »Genau der. Wo liegt er?«

Der junge Polizist zeigte zum nächsten Boot.

Rieker sah den Toten: Er hing halb über der Reling, wie ein Betrunkener, der sich übergeben hatte und dabei eingeschlafen war.

In der rechten Schläfe steckte ein Dolch.

Der Kapitän des Ausflugsboots, noch ohne Uniform, stand neben dem alten Harry und sah Rieker entgegen.

»Ich nehme an, Sie sind für diese Sache zuständig«, sagte er, ohne zuvor zu grüßen, als Rieker das Boot erreichte. »Wann wird die Leiche weggebracht? Ich muss mich um mein Schiff kümmern.«

»Auch Ihnen einen schönen guten Morgen«, erwiderte Rieker und nickte Harry zu. »Früh auf den Beinen.«

»Hatte Nachtdienst«, erklärte Harald Bargmann, den alle »Harry« nannten. Er gehörte seit vielen Jahren zum St.-Pauli-Streifendienst und hatte es irgendwie geschafft, nie in ein Büro befördert zu werden. Er war über sechzig, und wenn man ihn fragte, wann er in Rente gehen würde, antwortete er stets: »In ein paar Monaten.« Aber das sagte er schon seit Jahren. »Bin dabei, das junge Gemüse dort drüben einzuarbeiten.«

»Mein Beileid.« Rieker deutete auf den Toten. »Hat ihn jemand angefasst?«

Der alte Harry schüttelte den Kopf. »Du kennst mich, Alex, ich fass keine Toten an, wenn’s sich vermeiden lässt. Und meine Lehrlinge sind mit den Regeln vertraut und jung genug, sich daran zu halten.«

»Was ist mit Ihnen?«, wandte sich Rieker an den Kapitän.

Der rümpfte die Nase. »Ich hab Harry gerufen, genügt das nicht? Den Rest überlass ich gern Ihnen.«

»Wir waren in der Nähe.« Harald Bargmann deutete zum Kuppelbau des alten Elbtunnels, direkt bei der Landungsbrücke Sieben. »Reiner Zufall.«

»Was macht der Mann an Bord Ihres Bootes?«, fragte Rieker.

»Meines Schiffes«, sagte der Kapitän. »Ich hab keine Ahnung. Fragen Sie ihn.«

»Er scheint noch sehr frisch zu sein, Alex.« Der alte Harry deutete auf das Blut an der Reling und auf dem Deck.

Rieker ging an Bord, und der Kapitän wich so schnell zur Seite, als hätte der Kommissar eine ansteckende Krankheit.

Die Arme des Toten reichten über die blutverschmierte Reling hinweg, der Kopf war zur Seite geneigt, nach links – der Dolch steckte in der rechten Schläfe. Rieker sah genauer hin und stellte fest, dass noch immer Blut aus der Wunde rann.

»Sieht tatsächlich ziemlich frisch aus«, meinte er.

»Wie ich schon sagte«, brummte der alte Harry. »Kann noch nicht lange tot sein, der Junge.«

Der Dolch allein erklärte nicht das viele Blut auf dem Deck. Rieker trat zur anderen Seite des Toten und entdeckte weitere Verletzungen, im Oberschenkel, an der Hüfte, im Oberkörper.

»Da hat jemand ziemlich oft zugestochen, mindestens fünf- oder sechsmal.« Rieker berührte den Hals des Toten. Kein Puls, wie zu erwarten. Aber die Haut war noch warm.

Er hob den Kopf. »Der Täter kann nicht weit sein.«

»Haben Sie mich gerade angesehen?«, fragte der Kapitän. »Ich hab hiermit nichts zu tun. Ich kenn den Burschen nicht mal. Er hing hier, als ich vorhin an Bord gegangen bin. Keine sehr angenehme Morgenüberraschung.«

Rieker hob die Jacke des Toten an, zog das Portemonnaie aus der Gesäßtasche und öffnete es. Eins der drei Kartenfächer enthielt den Personalausweis.

»Adrian Ludson«, las Rieker. »Neunundzwanzig Jahre, deutscher Staatsbürger, wohnhaft in Stade.«

»Ah, da kommen Maria und Josef von der Spurensicherung«, sagte der alte Harry.

Die beiden jungen Polizisten an der Absperrung ließen zwei Personen passieren, die Rieker gut kannte: Marianne Süder, ernst und in den Vierzigern, mit himmelblauen Augen, das blonde Haar kurz geschnitten; und Joris Goverts, ein paar Jahre älter, mit lichtem braunem Haar und so dünn, dass man glauben konnte, seine Knochen klappern zu hören. Was ihnen den Spitznamen Maria und Josef eingebracht hatte, wusste niemand, aber so nannte man sie seit Jahren.

»Guten Morgen, die Herrschaften«, sagte Marianne. Joris nickte nur. Beide öffneten ihre Taschen und entnahmen ihnen dünne weiße Handschuhe und Kameras. Dann kamen sie an Bord. Der Kapitän wich noch etwas weiter zurück, bis zur Reling auf der anderen Seite.

»Ich geh davon aus, ihr habt ihn nicht angerührt.« Joris begann damit, den Toten aus verschiedenen Blickwinkeln zu fotografieren. Marianne sah sich das Deck an.

»Wo kämen wir da hin«, brummte der alte Harry.

»Alexander?«, fragte Marianne.

»Er heißt Adrian Ludson und kommt aus Stade. Das hier gehört ihm.« Rieker reichte ihr das Portemonnaie.

»Oh, danke für deine Fingerabdrücke darauf.«

»Gern geschehen«, sagte Rieker gutmütig. »Ich wollte wissen, mit wem wir es zu tun haben. Wie lange braucht ihr, was meinst du?«

»Etwa eine halbe Stunde«, antwortete der dürre Joris. Er war ebenso ernst wie Marianne. »Hast du’s eilig?«

Rieker rieb sich die Hände. »Lasst die Leiche anschließend zur Pathologie bringen. Sagt Kroge, dass ich die Ergebnisse der Autopsie spätestens um …« Er sah auf die Uhr. »… um elf brauche.«

»Das wird knapp.«

»Nicht, wenn er sich sofort an die Arbeit macht. Ein dringender Ermittlungsfall. Harry?«

»Bin noch hier«, brummte Harald Bargmann. Er stand mit verschränkten Armen, unter denen sich sein Bauch wölbte.

»Sieh und hör dich um, Harry«, bat Rieker. »Dies ist eine gute Gelegenheit, deinen Lehrlingen beizubringen, wie man Zeugen befragt.«

»Wenn es welche gibt.«

»Nehmt euch die Gaffer dort drüben vor. Vielleicht haben einige von ihnen lange genug gegafft, um wirklich etwas gesehen zu haben.« Rieker ging von Bord.

»Und du?«, fragte Marianne Süder mit ein bisschen Gift in der Stimme. »Was machst du?«

»Ich wollte joggen gehen, als ich den Anruf bekam.« Die Sonne blinzelte durch den Nebel. Rieker blinzelte zurück. »Das hole ich jetzt nach.«

2.

Das neue Büro befand sich in einem alten Gebäude, kaum mehr als einen Steinwurf von der Davidwache entfernt. Rieker hatte es nach der Sache mit Innensenator Brois vor drei Monaten zugewiesen bekommen, nicht als Belohnung, so viel stand fest. Er war nicht entlassen worden, das hätte in der Öffentlichkeit für einen noch größeren Skandal gesorgt, aber der Blick in den Altbau-Hinterhof sagte ihm jeden Tag: Leg dich nicht mit einflussreichen Politikern an.

»Hallo, Charlie«, sagte Rieker und schloss die Tür hinter sich.

Seine Assistentin Charlotte Matthiessen saß an ihrem Platz, die schmalen Hände, die so kräftig zuschlagen konnten – sie hatte den Schwarzen Gürtel in Karate –, an der Computertastatur.

Es war halb elf. Der Nebel hatte sich verzogen, die Sonne schien, aber nicht in den Hinterhof, dort blieben die Schatten dicht und düster.

Charlotte, fast zwanzig Jahre jünger als Rieker, hatte ihr rotblondes Haar an diesem Morgen zu einem Zopf gebunden, was die Sommersprossen auf Wange und Nase zur Geltung brachte. Sie deutete auf die große, alte Uhr an der Wand. Wenn es leise genug war, konnte man sie ticken hören. »Kroge hat zweimal angerufen und nach dir gefragt.«

»Was hast du ihm gesagt?« Rieker ging zu seinem Schreibtisch am Fenster, mit Blick in den Hinterhof. Ein alter Mann saß dort unten neben der einsamen Buche. Seinen Namen kannte Rieker nicht, aber er wusste inzwischen, dass der Alte jeden Tag dort unten auf der Bank saß, von neun bis zwölf. Er saß einfach nur da, bei jedem Wetter, still und stumm. Rieker fragte sich, was ihm durch den Kopf ging.

»Dass du mit wichtigen Angelegenheiten beschäftigt bist«, antwortete Charlotte. »Wie war der Lauf im Park?«

Rieker setzte sich und schaltete den PC ein. »Abwechselnd Nebel und Sonnenschein.« Er atmete tief durch. »Sehr angenehm.« Er gab das Passwort ein. »Wie war’s bei dir gestern Abend? Wie geht es deinen Gegnern heute?«

Charlotte lächelte. »Sie haben wahrscheinlich Schmerzen.«

Das Telefon klingelte.

Charlotte sah aufs Display. »Es ist wieder Kroge. Soll ich …?«

Rieker winkte ab, griff nach dem Telefon und drückte die Taste.

»Ich wollte Sie gerade anrufen«, behauptete er. »Wann bekomme ich die Ergebnisse der Autopsie?«

»Dies ist mein dritter Anruf, Rieker!«

»Tut mir leid, ich musste einige wichtige Dinge erledigen.«

»Ich bin mit der Autopsie, die angeblich so dringend war, vor einer halben Stunde fertig geworden.«

»Und?«

»Ich habe eine gute Nachricht für Sie, Rieker.«

Rieker verzog das Gesicht. Charlotte beobachtete ihn voller Mitgefühl. »Gute Nachrichten höre ich immer gern, Kroge. Wie lautet sie?«

»Ich schlage vor, Sie kommen her und nehmen sie bei mir in Empfang. Können Sie in zehn Minuten hier sein?«

»Das wird knapp«, meinte Rieker.

»Na wunderbar. Also in zehn Minuten.« Kroge unterbrach die Verbindung.

Rieker legte das Telefon auf den Schreibtisch und fuhr den PC herunter. »Ein richtig netter Kerl. Wird mir von Tag zu Tag sympathischer.«

»Er und Innensenator Brois sollen miteinander befreundet sein«, sagte Charlotte, noch immer mit Anteilnahme in ihren himmelblauen Augen.

Rieker stand auf. »Ich hoffe nur, dass ich nie unter sein Messer gerate.« Er ging zur Tür und öffnete sie. »Oh, da fällt mir ein … Wie lautet dein Motto für heute, Charlie?«

»Funakoshis vierte Karateka-Regel«, antwortete Charlotte. »›Erkenne zuerst dich selbst, dann den anderen.‹«

Rieker nickte anerkennend. »Klingt sehr tiefsinnig. Vielleicht wäre es was für Kroge. Bis später, Charlie!«

 

Professor Dr. Dr. Konrad Kroge residierte in der rechtsmedizinischen Abteilung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf und empfing Alexander Rieker in einem blitzblanken Laboratorium.

Er blickte demonstrativ auf die Uhr. »Zehn Minuten hatten wir vereinbart, nicht neunzehneinhalb, Rieker.«

»Der Verkehr, schneller ging’s selbst mit dem Fahrrad nicht.« Rieker lächelte gewinnend. »Nun, wie lautet die gute Nachricht, die Sie mir unbedingt persönlich mitteilen wollen?«

Er blickte sich um. Das Laboratorium sah aus, als hätte man gerade die Schutzfolien abgezogen. Alles war sauber, jeder Gegenstand lag millimetergenau an seinem Platz.

»Kommen Sie.« Kroge marschierte los, vorbei an silbernen Tischen und weißen Schränken.