Smilli Green und das zauberhafte Fräulein PurPur - Anke Girod - E-Book

Smilli Green und das zauberhafte Fräulein PurPur E-Book

Anke Girod

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Beschreibung

Wohlfühllektüre mit einer gehörigen Portion Zeitgeist

Smilli hat ein glückliches Händchen für Kräuter. Da trifft es sich gut, dass sie im Ladencafé ihrer Mama ihren eigenen kleinen Garten anlegen darf. Als sie auf dem Flohmarkt ein merkwürdiges Kästchen mit nur einem Kräutersamen findet, ahnt sie schnell, dass sie einem Geheimnis auf der Spur ist. Zusammen mit ihrem besten Freund Nick, einem niedlichen Alpaka-Baby und Kater Knatter versucht sie, das Rätsel des sonderbaren Krauts zu lösen. Doch viel Zeit bleibt nicht, das »Fräulein PurPur«, der Unverpacktladen ihrer Mama, läuft in letzter Zeit nicht gut. Ein Plan muss her, denn Smilli will den Laden samt Gartencafé mit aller Macht retten. Nur wie?

Mit Smillis Kräutertagebuch und ihren liebsten Kräuterrezepten

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Seitenzahl: 145

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ANKE GIROD

UND DAS ZAUBERHAFTE FRÄULEIN PURPUR

Mit Illustrationen von Florentine Prechtel

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

© 2022 cbj Kinder- und Jugendbuchverlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Almut Schmidt

Umschlaggestaltung: Kathrin Schüler, Berlin

Cover- und Innenillustrationen: Florentine Prechtel

aw · Herstellung: bo

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-26781-0V002www.cbj-verlag.de

Inhalt

1 Flohmarkt-Fund

2 Geheimnisvolles Korn

3 Lamas im Kleinformat?

4 Blitzwuchs-Kraut

5 Pflanzenforschung

6 Schlammbraun?

7 Schön, aber merkwürdig

8 Nachteinsatz

9 Frühstücksbesuch

10 Federtanz

11 VALANDULA

12 Verrückter Hinweis?

13 Mission Apfel

14 Immer schlimmer?

15 Ort des Geschehens

16 Nachdenkwunder

17 Noch mehr Fragen!

18 Verfolgung

19 Vala in Not

20 Tierische Wellnessfarm

21 Einen Mann an der Pflanze

22 Froschmusik

23 Grab-Blume?

24 Der Geheimcode?

25 Mission Karmatanz

26 Falsche Spur?

27 Klarheit

28 Der Plan

29 Das große Fest

30 Magisch!

Rezepte von Smilli Green

Für alle, die wissen, dass man mit Fantasie und Kreativität ein Stück Welt retten kann.

Anke Girod

»Achtung, Smilli, da steht eine …!«, rief Nick noch, dann hielt er sich die Ohren zu. Zu Recht, denn jetzt schepperte es ohrenbetäubend.

Mit knallrotem Kopf stellte Smilli die alte Stehlampe mit dem Messingschirm wieder auf und warf der Flohmarktverkäuferin einen entschuldigenden Blick zu. Glücklicherweise zuckte die junge Frau nur lässig mit den Schultern und meinte: »Schon gut! Das olle Ding hatte eh schon Dellen!«

Erleichtert sah Smilli ihren Freund an. Langsam liefen sie weiter an den eng gestellten Flohmarktständen entlang. Nick kratzte sich nachdenklich im dunklen Haarschopf. »Sag mal, was ist bloß los mit dir? Eben habe ich dich dreimal was gefragt, ohne dass du geantwortet hast. Dann hast du gerade versucht, mit einem Strohhalm deinen Muffin zu trinken, und jetzt rennst du hier den halben Flohmarkt um. Irgendwas stimmt doch nicht mit dir.«

Smilli zuckte mit den Schultern. Jetzt musste sie es wohl zugeben. »Gestern Nachmittag ist mir klar geworden, dass Mamas Laden, unser schönes Fräulein PurPur, nicht mehr richtig läuft. Seit einiger Zeit kommen nur noch ganz wenige Kunden. Und meistens ist meine Mutter total bedrückt. Aber mir erzählen will sie nichts. Und dann muss nachher wieder alles ganz schnell gehen …«

»Waaas?« Nick schluckte. »Was meinst du damit?«

Smilli ließ sich kraftlos auf den Bordstein zwischen zwei Ständen sinken. Traurig sah sie zu Nick hoch.

Dieser Blick genügte.

»Was? Nein, das kann nicht dein Ernst sein!«, rief Nick empört. »Das kann doch nicht alles umsonst gewesen sein! Euer Unverpacktladen ist der Hammer! Genau so was brauchen wir hier! Ach was, das brauchen wir eigentlich überall! Sonst werden wir das ganze Plastikproblem nie los.« Nick hockte sich neben Smilli. »Und deine schönen selbst gemachten Kräuter-Handcremes, deine Kräuterbonbons und überhaupt dein riesiges Kräuterbeet … Wehe, ihr gebt das alles nach gerade mal einem halben Jahr auf und zieht schon wieder um!«

»Das will ich doch auch auf keinen Fall!«, murmelte Smilli kaum hörbar. »Ich würde es woanders gar nicht mehr aushalten. Ich liebe mein Beet und das Café und den Laden schon viel zu sehr und Katerchen Knatter ist hier so glücklich wie noch nie … na ja, und du würdest mir auch ganz schön fehlen.« Smillis Augen blitzten feucht, als sie Nick ansah.

»Ach komm!« Ihr Freund sprang auf und griff nach ihrer Hand, um sie hochzuziehen. »Mir ist noch nichts aufgefallen. Vielleicht bildest du dir das auch nur ein, weil du schon so oft überraschend umziehen musstest.«

In diesem Moment weiteten sich Smillis Augen. Wortlos riss sie sich los und schlängelte sich zielstrebig durch den Besucherstrom zum gegenüberliegenden Flohmarktstand. Der schmale Tisch war mit allerhand kitschigen Dekoartikeln rund ums Meer beladen: bemalte Leuchttürme aus Gips, kleine Bilderrahmen mit Fischen und große Schneekugeln mit Segelbooten darin. Und dann klemmte da zwischen zwei alten Schiffsleinen noch ein Kästchen, das so unscheinbar, rostig und schnörkellos war, dass es gar nicht so recht zu der übrigen Ware passen wollte. Es war jedoch der zerknitterte Zettel an dem Kästchen, der Smillis Blick fesselte. »Besonderer Kräutersamen«, stand darauf.

Dass Nick hinter Smilli herstolperte und rief: »Was’n nu los?«, hörte sie kaum. Vor dem Stand mit dem merkwürdigen kleinen Mann in Kapitänsuniform blieb sie stehen.

»Na, junge Dame!«, begrüßte der alte Verkäufer sie mit tiefer, rauer Stimme. »Interessierst du dich für meine schönen Schneekugeln? Zwei Euro das Stück!«

»Nein, ich – äh …« – Smilli räusperte sich – »wollte eigentlich wissen, was für einen Kräutersamen Sie da drin haben.«

»Ach das …« Der alte Mann wurde plötzlich verlegen. »Das ist nichts für dich. Das ist ja nicht einmal was für mich. Deshalb will ich es ja auch verkaufen. Das ist wirklich nur was für ganz besondere Pflanzenkenner.«

»Aber das ist Smilli ja!«, entfuhr es Nick, der neben sie trat.

»Haha, nein«, lachte der Mann und warf Smilli einen kurzen, prüfenden Blick zu. »Der Samen ist nichts für ein Kind.« Dann sah er sich unauffällig um und senkte seine Stimme, bevor er weitersprach: »Ich habe dieses Kästchen mit dem alten Samen darin unter etwas merkwürdigen Umständen erhalten.« Er räusperte sich, so als wäre es ihm peinlich weiterzusprechen. »Äh, ja, also von meiner Großmutter, die behauptet hat, der Samen wäre etwas ganz Besonderes – etwas außergewöhnlich Besonderes. Ich, äh, kann mir das eigentlich auch nicht so recht erklären, was das sein soll. Aber ich musste ihr kurz vor ihrem Tod hoch und heilig versprechen, dass ich jemanden dafür suchen werde, der würdig ist, dieses Samenkorn zu besitzen, und es vielleicht zum Leben erwecken kann. Und der die angeblich besondere Fähigkeit des Samens verstehen und nutzen kann. Dann wären die ganzen Jahre des Züchtens und Versteckens nicht umsonst gewesen, hat sie gemeint.«

»›Jahre des Versteckens‹ … ›besondere Fähigkeit‹?«, wiederholte Nick ungläubig.

»Ja, angeblich hat meine Großmutter den Samen für einen von ihr hochverehrten Pflanzenmann versteckt, weil jemand anderes hinter dem Samen her gewesen ist. Leider ist der Pflanzenmann dann viel zu früh verstorben und so hat sie ihm das Kästchen nicht mehr zurückgeben können. Umso wichtiger war ihr, dass der Samen in die richtigen Hände kommt.«

Smilli blieb der Mund offen stehen. Bisher war es ihr gelungen, fast jeden Samen zum Leben zu erwecken. Nicht umsonst nannte Nick sie manchmal »die Pflanzenflüsterin«, wenn er dachte, sie hörte es nicht.

Wie konnte sie bloß diesen Mann davon überzeugen, dass sie die Richtige war? Sie war ja bloß ein Kind. Aber sie wollte diesen Samen unbedingt haben. Eine Pflanze mit einer besonderen Fähigkeit – das klang spannend! Und wenn sie darüber nachdachte, dann konnte sie so etwas gerade jetzt sogar besonders gut gebrauchen! Pflanzen waren ihr Ding. Damit hatte sie bisher noch fast alles wieder in Ordnung bringen können …

Nick hatte ihren Blick beobachtet. Er wandte sich an den alten Kapitäns-Verkäufer: »Wenn Sie nicht glauben wollen, dass meine Freundin ein Pflanzenprofi ist, dann kann sie Ihnen ja mal zeigen, was sie drauf hat.«

Smilli wurde blass und stieß Nick in die Seite. Wie sollte das denn gehen?

Doch ihr Freund ließ sich nicht beirren und sagte so laut, als sei er der Moderator einer Fernsehshow: »Smilli, ich nenne dir jetzt nacheinander sechs Kräuter und du sagst mir deren lateinischen Namen, ohne irgendwelche Hilfsmittel.«

Smilli schluckte, nickte aber. Das könnte klappen.

»Also: Kamille, Fenchel, Lavendel, Pfefferminze und, äh, Baldrian.«

Smilli musste nicht lange überlegen. »Die heißen auf Lateinisch: Matricaria chamomilla, Foeniculum vulgare, Lavandula angustifolia, Mentha piperita und Valeriana!«, rief sie. Das war leicht gewesen, weil sie sich mit diesen Kräutern viel beschäftigt hatte. Die hatte sie sogar schon selbst gezüchtet und in ihr Beet gepflanzt. Und sie hatte vor Kurzem alles darüber in ihrem neuen Kräuterlexikon gelesen. Sie liebte diese geheimnisvoll klingenden botanischen Pflanzennamen.

»Bitte?« Nun stand dem Kapitän der Mund offen. »Unfassbar, wie du dich auszukennen scheinst. Ja, also zufällig soll dieser Samen laut meiner Großmutter eine Kreuzung zwischen Lavendel, Baldrian und äh – einem dritten Kraut sein.« Seine Miene wurde etwas weicher. Dann kniff er die Augen zusammen und beugte sich über den Verkaufstisch. »Vielleicht werdet ihr ja aus der ganzen Sache schlauer als ich mit meinen Pflanzen-Zerstörungsfingern«, flüsterte er. »Ich habe ja nicht einmal den Spruch verstanden, der in das Kästchen geritzt ist. Obwohl ich ihn mir mehrmals übersetzt habe …«

Smilli wollte gerade nach dem Spruch fragen, da drängte von hinten eine Gruppe lachender Erwachsener an den Tisch und eine Frau rief: »Hier gibt es doch tatsächlich die guten alten Schneekugeln mit Booten darin. Damit decke ich jetzt unseren gesamten Segelclub ein. Wir wollen alle Kugeln haben, bitte!«

Der alte Kapitän schien höchst erfreut. Mit einer schnellen Bewegung reichte er Smilli das alte Samenkästchen über den Tisch und murmelte: »Ich habe so ein Gefühl, dass meine Großmutter dich gemocht hätte. Hier, nimm schon! Dann bin ich das merkwürdige Ding wenigstens los! Wer weiß, vielleicht ist das Ganze sowieso nur wieder so ein komisches Märchen meiner Großmutter … Davon hat sie immer gerne viele erzählt!« Mit einem Handwedeln scheuchte er Smilli und Nick vom Tisch weg, damit sie Platz für seine Schneekugelkundinnen machten.

Smilli packte das Kästchen und dann rannte sie mit Nick durch die engen Gassen des Flohmarkts davon. Als Nick über eine Bordsteinkante stolperte, zog Smilli ihn hastig weiter. Nicht, dass der Verkäufer es sich noch anders überlegte …

Sie galoppierten so schnell durch die Straßen, dass Smillis lange, weißblonde Haare wie ein Pferdeschweif hinter ihr herwehten. Als endlich die Häuser immer weniger, die Bäume immer höher und Smillis Freude über den Samen immer größer geworden war, hatten sie den Rand des kleinen Ortes erreicht. Schnaufend bogen sie in die Sackgasse ein, an deren Ende ihr Haus lag. Smilli sah, dass ihre Mutter schon die rot-weiß gestreifte Markise über den vielen Obstkisten vor dem Fräulein PurPur ausgefahren hatte. Damit sah das hübsche alte Haus immer aus, als würde es lächeln, fand Smilli. Was wohl auch daran lag, dass sich die Seiten der Markise durch einen Sturmschaden leicht nach oben gebogen hatten. Sie beschloss, nicht durch den Laden ins Gartencafé zu gehen, sondern lieber den Weg außen herum zu nehmen. Smilli hatte keine Lust, ihrer Mutter jetzt mit dem Kästchen über den Weg zu laufen und ihre neugierigen Fragen beantworten zu müssen. Die Krautgeschichte vom alten Kapitän war genau von der Sorte, bei der ihre Mutter fürchten würde, Smilli wäre jetzt vollkommen krautverrückt geworden. Das musste ja nicht sein.

Ihr Kater Knatter kam ihnen schon schnurrend entgegen und begleitete sie zu einem der hübschen verschnörkelten Tische im Gartencafé. Das Café war noch leer, weil es in den Sommerferien erst nachmittags öffnete. Nur ein angenehmer Kräuterduft aus Smillis großem Beet sowie der Geruch von frisch gemähtem Sommergras lagen in der Luft. Aber Smilli hatte nur Augen für das Kästchen in ihrer Hand. Endlich konnte sie es öffnen! Hoffentlich war das nicht nur versponnenes Seemannsgarn gewesen, was der alte Kapitän erzählt hatte!

Der Deckel ließ sich schwer anheben und er knarzte, als wäre er lange nicht bewegt worden. Tatsächlich, da war eine Inschrift! Smillis Augen wurden kugelrund.

Nick fand zuerst seine Sprache wieder. »Sieh mal!«, murmelte er und zeigte auf die seltsamen Schriftzeichen im Deckelinneren. Sie sahen so ähnlich aus wie eine Anhäufung der Vokale a, e, i, o, u.

»Puh, ich verstehe kein Wort!«, meinte Smilli.

»Was für eine Sprache ist das? Der Kapitän hatte das doch ins Deutsche übersetzt, aber auch kein Wort verstanden, stimmt’s?« Nick sah Smilli grübelnd an. Doch Smilli betrachtete bereits fasziniert den winzigen, dunkellilafarbenen, runden Samen im Inneren des Kästchens. Ihre Wangen begannen zu glühen und Nick wusste, dass sie gerade wieder in ihr »Krautfieber« geriet. So zumindest nannte er es, wenn sie vor Begeisterung über etwas Neues in ihrer Kräuterwelt alles andere vergaß.

»Ich muss ihn sofort einpflanzen«, wisperte Smilli. »Er sieht fantastisch aus. Und er ist was Besonderes, das fühle ich.«

Nick starrte nun ebenfalls das winzige Samenkorn an. Es erschien ihm allerdings so gar nicht besonders – höchstens besonders unscheinbar. Zweifelnd meinte er: »Der Verkäufer hat doch selbst nicht so recht an die Geschichte seiner Großmutter geglaubt. Und was Besonderes kann es bestimmt nicht!«

»Hoffen darf man ja«, wisperte Smilli und hob das Samenkorn vorsichtig aus dem Kästchen.

»Und was stellst du dir da vor?«, fragte Nick scherzhaft. »Dass die Pflanze später Saltos machen, Toastbrot rösten und Skateboard fahren kann oder was?«

Smilli musste kichern. »Schön wär’s! Dann könnten wir so eine Art Pflanzenshow veranstalten und damit viel Geld einnehmen und das Fräulein PurPur retten.«

Bei der Vorstellung, wie er als Showmaster vor den Cafégästen die Pflanze durch einen brennenden Reifen springen ließ, musste Nick ebenfalls kichern.

»Okay, so was wahrscheinlich nicht«, fuhr Smilli fort. »Aber wer weiß! Und jetzt muss ich dieses hübsche kleine Ding erst mal in frische Kräutererde bringen, sonst passiert sowieso nichts!« Smilli eilte zu ihrem Bastelregal unter der Holzveranda des Gartencafés. Geübt zog sie einen Blumentopf sowie einen Sack mit Erde heraus. Aus ihrem gepunkteten Beetwerkzeuggürtel, den ihre Mutter ihr aus festem Leinen geschneidert hatte und den sie immer um die Hüften trug, zog sie einen Löffel. Behutsam setzte sie das neue Samenkorn in die Erde und drückte die oberste Schicht zart an. Dann brachte sie den Topf nach oben in ihr Zimmer. Dort träufelte sie ein paar Tropfen Wasser mit einer Pipette auf die Erde und stellte den Topf anschließend in die Wärme ihres kleinen Treibhauses auf der Fensterbank. Smilli seufzte. Nun hieß es Daumen drücken, dass das Kraut sich nicht allzu viel Zeit mit dem Wachsen ließ. Der Samen hatte zwar eine tolle Farbe, aber leider hatte er auch schon etwas vertrocknet ausgesehen, das musste sie zugeben.

Als Smilli wieder in das Gartencafé hinaustrat, hatte Nick bereits seine Steinsammlung aus dem Rucksack genommen und auf dem Cafétisch ausgebreitet. Gerade war er dabei, seine Stifte sorgfältig nach Farben zu sortieren. Warme Sonnenstrahlen, die durch die Zweige der Bäume fielen, schienen auf den Tisch und ließen die bunten Farben der Steinmaler aufleuchten. Smilli blieb stehen. Sie liebte diesen Anblick. Nick und das Gartencafé. In diesen Sommerferien hatten sie bereits unendlich viel Zeit hier zusammen verbracht. Smilli hatte große Büschel von schönen Kräutern gezüchtet und ihr Beet bepflanzt, das nun das köstlich duftende Herzstück des Gartencafés war. Sie hatten literweise leckeren, selbst gemachten Eistee getrunken und mit Smillis rot getigertem Kater gespielt. Und wenn Nick auch manchmal über seine eigenen Füße stolperte, so hatte er dafür äußerst geschickte Finger und konnte toll zeichnen und schreiben. Kein Stein war vor ihm sicher. Besonders schön fand Smilli die flachen weißen Steine, die er schwungvoll mit Kräuternamen für ihr Beet beschriftete. Bei allem, was sie taten, unterhielten sie sich natürlich immer ausgiebig. Smillis Mutter hatte sie deshalb bereits »die größten Plaudertaschen der Welt« getauft und war fest davon überzeugt, dass sie damit noch ins Guinness-Buch der Rekorde kämen: »Die beiden einzigen Kinder, die wochenlang durchquatschen konnten ohne eine einzige Unterbrechung.« Aber Smilli und Nick fanden das übertrieben. Denn hin und wieder machten sie durchaus eine Pause. Zum Beispiel, wenn einer auf die Toilette musste oder essen oder so. Sie hatten sich eben immer viel zu erzählen. Die Welt war einfach megaspannend – jedenfalls immer dann, wenn sie zusammen waren!

Smilli seufzte. Sie musste mit allen Mitteln versuchen, den Laden und das alles hier zu behalten!

Plötzlich drang ein höchst merkwürdiges Geräusch durch die Stille.

»Wwhähähä … wwhähähä …!«

»Da wiehert oder schreit etwas vor dem Café!« Smilli sah Nick erschrocken an.

»Ist das etwa schon wieder dein Bruder?«, rief ihr Freund.

Wenn es Probleme gab, steckte meistens Smillis kleiner Bruder Pepe dahinter. Doch so merkwürdige Geräusche konnte nicht einmal dieser fünf Jahre alte Knirps von sich geben, egal wie einfallsreich seine Streiche auch oft waren.

»Nein, ich glaube, das ist wirklich ein Tier!«, rief Smilli.

»Ein Tierbaby vielleicht … Knatter ist schon ganz unruhig!«, ergänzte Nick.

Tatsächlich, jetzt sah Smilli es auch. Ihr Kater hatte einen siebten Sinn für Tierbabys in Not. Seit sie hier aufs Land gezogen waren, hatte er das schon ein paarmal bewiesen. Gerade lief Knatter aufgeregt auf dem Rasen vor dem Eingang auf und ab. Nun veränderte sich der Laut in ein klagendes Summen.

Smilli eilte zu dem verschnörkelten Tor des kleinen Gartencafés. Hastig schloss sie es auf.

Oh nein! Smilli blinzelte ungläubig. Vor ihr lag ein wolliges Alpakababy in den Armen eines Mannes, dessen Gesicht von Lachfalten zerfurcht war. Jetzt gerade allerdings blickte er besorgt. »Moin, moin, entschuldige, dass ich hier so früh morgens auftauche. Aber man hat mir gesagt, dass du eine große Kräuterzucht besitzt und dich mit Heilkräutern auskennst?«

Smilli wurde rot. Na ja, das stimmte zwar irgendwie. Aber dachte der Mann ernsthaft, dass sie, die zehnjährige Smilli, ihm helfen konnte? Sie war ja keine Tierärztin – auch wenn sie später am liebsten eine werden wollte. Eine, die nicht nur starke Medizin, sondern auch die Kraft von Kräutern einsetzte.