Smoky Mountain Dreams - Leta Blake - E-Book

Smoky Mountain Dreams E-Book

Leta Blake

0,0
6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Manchmal bedeutet festhalten, loszulassen. Nachdem Christopher Ryder seine Karriere als Countrysänger in Nashville aufgegeben hat, gibt er sich zufrieden, gelegentlich im Smoky Mountain Dreams-Themenpark in Tennessee aufzutreten. Aber während seine Großmutter ihn so liebt, wie er ist, fühlt sich Christopher für alle anderen schmerzlich unsichtbar. Selbst wenn er im Mittelpunkt steht, sehnt er sich danach, dass jemand den wahren Christopher sieht. Der bisexuelle Jesse Birch hat weder das Bedürfnis noch die Zeit, um sich zu verabreden. Nach einem tragischen Unfall, der die Mutter seiner Kinder aus dem Leben gerissen hat, und dem anschließenden Familiendrama, reicht es nur für ein paar gelegentliche Verabredungen. Er will sich ganz bestimmt nicht in seinen Lieblingssänger verlieben, aber als Christopher sein Schmuckstudio betritt, hört Jesse ein neues Lied in seinem Herzen …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 718

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Leta Blake

Smoky Mountain Dreams

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2020

http://www.deadsoft.de

© the auhor

Titel der Originalausgabe: Smoky Moutain Dreams

Übersetzung: Isabella Blank

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Bildrechte:

© VladOrlov – shutterstock.com

© PawelG Photo – shutterstock.com

© somchaij – shutterstock.com

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-358-5

ISBN 978-3-96089-359-2 (epub)

Inhaltsangabe

Manchmal bedeutet festhalten, loszulassen.

Nachdem Christopher Ryder seine Karriere als Countrysänger in Nashville aufgegeben hat, gibt er sich zufrieden, gelegentlich im Smoky Mountain Dreams-Themenpark in Tennessee aufzutreten. Aber während seine Großmutter ihn so liebt, wie er ist, fühlt sich Christopher für alle anderen schmerzlich unsichtbar. Selbst wenn er im Mittelpunkt steht, sehnt er sich danach, dass jemand den wahren Christopher sieht.

Widmung

Für meine Alice Springs

Teil I

Kapitel eins

„Ryder!“

Christopher stieß sich von der Seitenwand der großen Außenbühne ab und bewunderte die langsam hell werdenden Herbstfarben der Berge. Melissa Mundys Smoky Mountain Dreams-Themenpark war auch an einem Freitagnachmittag vollgepackt mit Touristen aus aller Welt. Mit einer Pause von mehreren Stunden dazwischen, bevor die nächste Aufführung zu wildem Honky Tonk, bodenständigem Bluegrass und anderer guter alter Countrymusik begann, verließen sie das Smoky Show Village und machten sich auf den Weg in den aufregenden Teil des Parks, der als Starlight City bekannt war.

Christopher sah immer gern zu, wie die Gäste gingen. Ihr geordneter Abgang führte dazu, dass sein zerrütteter Glaube an das grundlegend Gute im Menschen wieder in Ordnung gebracht wurde, aber jetzt wandte er seinen Blick von ihnen ab. „Was geht, Boss?“, fragte er lächelnd, als der dürre alte Rupert Looney aus dem hinteren Bereich der Bühne auftauchte und auf sein Klemmbrett deutete.

„Hinkins ist doch aufgetaucht. Also bist du aus der Nummer raus.“ Er zeigte mit dem Daumen über die Schulter.

„Dachte, er hätte seine Stimme verloren.“

„Scheint, als hätte er sie zurückbekommen“, sagte Rupert und kratzte sich mit ein paar krummen Fingern über den langen Bart.

Es gab einen kleinen, aber ordentlichen Bonus für die Mitarbeiter vom Smoky Mountain Dreams Park – oder SMD, wie die Mitarbeiter ihn nannten –, die sich die Bärte wachsen ließen, um das altertümliche Appalachen-Thema des Parks besser nachzuahmen. Dies galt jedoch nur für die Arbeiter außerhalb der Bühne – die Fahrgeschäftleiter, Verkäufer, Schmiede- und Kettensägenkünstler. Diese Anordnung kam direkt von oben: Melissa Mundy wollte, dass die Auftritte ihrer Bühnenkünstler so perfekt waren wie ihre eigenen und wer würde sich mit einer Frau anlegen, dessen Platten weltweit mehrfach mit Platin ausgezeichnet worden waren und die die Charts bereits anführte, bevor man überhaupt geboren war.

Christopher machte sich nichts aus der Vorgabe, da sein jugendliches Gesicht sowieso nicht dazu neigte, Gesichtshaare erfolgreich wachsen zu lassen. Er war vielleicht nicht der Inbegriff an polierter Perfektion mit seinem leicht zotteligen, blonden Haar, das ihm ein wenig ins Gesicht hing, aber er war schlank und sah ansonsten recht ansehnlich aus und seine großen grünen Augen ließen ihn viel unschuldiger aussehen als er es in Wahrheit – und schon für eine gewisse Zeit nicht mehr – war.

Rupert schnaubte und dachte offensichtlich an Lash Hinkins’ wundersame Genesung.

„Seine Frau hat es geschafft, ihn auszunüchtern?“, fragte Christopher.

„Ja, sie hat gleich nach seiner verschwommenen Ausrede angerufen und gesagt, dass sie dafür sorgen würde, dass er bereit ist. Ich habe ihr zunächst nicht geglaubt, aber anscheinend habe ich mich geirrt. Er ist vor zehn Minuten gekommen und sieht nicht zu mitgenommen aus.“ Rupert verzog das Gesicht. „Dieser Mann ist ein verdammter Idiot. Er hätte ein Star sein können. Verdammt, er ist ein Star und er weiß es nicht einmal. Leute kommen von überall her, nur um ihn singen zu hören.“

Christopher fragte sich nicht zum ersten Mal, wie es wohl wäre, so ein Talent zu haben. Er spürte immer die Enttäuschung des Publikums, wenn er anstelle von Lash auf die Bühne trat. Am Ende gewann er das Publikum normalerweise für sich und sie genossen seinen Auftritt – er war nicht umsonst Lashs Ersatz –, aber er wünschte, er wüsste, wie es wäre, auf die Bühne zu treten und dafür zu sorgen, die Augen einer Person zum Leuchten zu bringen.

Er wandte seinen Blick für einen Moment von Rupert ab, zurück zu den Bergen, und nahm die reiche Farbenpracht in sich auf, als die orangen, roten und gelben Blätter der Bäume von den höheren Lagen ihre Farben förmlich an die anderen weitergaben. Der Park würde nächste Woche wunderschön sein, wenn alle Bäume ihr Herbstlaub trugen.

„Es ist eine Schande, dass er sturzbesoffen ist“, fuhr Rupert fort, schüttelte den Kopf und blinzelte in Richtung der sich entfernenden Menge. „Und all diese sogenannten Damen, mit denen er rumhängt, helfen ihm nicht. Zumindest scheint es seiner Frau nichts auszumachen, auf ihn aufzupassen und seine Pisse und Kotze wegzumachen. Macht mir natürlich die Arbeit leichter. Aber Scheiße, wie erträgt sie das? Seine ganze Herumhurerei und das Saufen? Meine Frau würde mir den Arsch aufreißen.“

„Seine Frau weiß, womit sie es zu tun hat“, sagte Christopher zu Rupert und winkte einem vorbeigehenden Mädchen zu, das aufgeregt auf ihn zeigte. Sie muss ihn von der Show erkannt haben. „Ich denke, sie liebt ihn trotzdem.“

Rupert seufzte. „Du hast vielleicht nicht Lashs Talent, aber du bist der bessere Mann, Ryder. Zweifle niemals daran.“

Neid machte es Christopher manchmal schwer, die Schattenseiten des Kompromisses, den er eingegangen war, zu erkennen. Er war niemandes Star. Trotzdem war er nüchtern, vernünftig und gut genug, um Lashs Stellvertreter zu sein. Er hatte vor langer Zeit Frieden mit seinem Schicksal geschlossen und war größtenteils mit seiner Karriere zufrieden. Er durfte auf der Bühne singen und fühlen, wie die Macht des Publikums durch ihn aufstieg. Er hatte es verdammt gut. Es gab viele gescheiterte Countrysänger, die es nicht geschafft hatten, jeden Abend vor einem Publikum zu stehen und ihren wohlverdienten Applaus zu bekommen.

„Sicher, dass ich nicht hierbleiben soll?“, fragte Christopher Rupert, der immer noch finster auf sein Klemmbrett blickte. „Nur um sicherzugehen, dass es ihm wirklich gut geht?“

Rupert schüttelte den Kopf und winkte Christopher ab. „Nein, verschwinde von hier. Ich habe alles im Griff und du bist sowieso schon für heute fertig.“

Christopher ging zum Ankleidebereich, um aus dem karierten Hemd und Overalls in seine Alltagskleidung zu wechseln: Jeans und ein grünes Kurzarmhemd. Nachdem er sich im Spiegel betrachtet hatte, holte er seinen Rucksack und seine Schlüssel heraus. Als er durch das Tor mit der Aufschrift Nur für Mitarbeiter ging, hielt er inne, um das anhaltende tiefe Rot der schwarzen Tupelobäume, der Sumach und der Hartriegel und den allgegenwärtigen Nebel, der um die Berge hing und der ihnen schließlich den Namen Smokies einbrachte, zu genießen. Anschließend blickte er zu der Schmiede. Das Glühen des Feuers und der Schlag des Metalls bedeuteten, dass Gareth, mit seinem dicken, hellbraunen Haaren und Bart, tätowierten muskulösen Armen und seinem knackigen Hintern da war, das Metall bearbeitete und in der Hitze schwitzte.

Christopher überlegte, ob er ein paar Minuten lang zuschauen sollte. Er hatte die Aussicht immer genossen. Aber nach der Nacht, die er und Gareth am Ende des Sommers miteinander verbracht hatten, waren die Dinge zwischen ihnen seltsam geworden. Auch wenn es gut gewesen war. Verdammt gut, zumindest für Christopher. Und wenn das Fluchen, das verzweifelte Grunzen und die nächtliche Erektion irgendetwas bedeuteten, glaubte er, dass es auch Gareth gefallen hatte.

Leider hatte der Alltag dafür gesorgt, dass es bloß bei einem One-Night-Stand blieb. Sie arbeiteten zusammen und es verstieß gegen die Richtlinien des Parks, dass Darsteller Beziehungen untereinander hatten. Selbst wenn sie damit durchgekommen wären, da Gareth technisch gesehen kein Bühnenkünstler war und Melissa Mundys einfach gesagt als ‚hoffnungslos romantisch veranlagt‘ galt, war das nicht wirklich der Grund dafür. Der eigentliche Grund, der alle etwaigen Gefühle zwischen ihnen im Keim erstickte, war der Anruf von Gareths Ex aus Afghanistan. Er wollte nach Hause kommen. Und um ganz genau zu sein, wollte er Gareth zurück.

„Ich werde ihm noch eine Chance geben“, hatte Gareth ihm gesagt, während sie in der Sportbar Puckers ihr Bier tranken und sich unbehaglich auf Barhockern wanden. „Du bist ein guter Kerl, aber …“ Seine Augen flehten Christopher an, es zu verstehen oder vielleicht auch nur deswegen keine Szene zu machen. „Rick und ich haben eine gemeinsame Vergangenheit und mir ist er immer noch wichtig. Er wurde dort drüben verletzt und zum Teufel, er braucht mich.“

„Ich verstehe.“ Christopher hatte sorgfältig versucht, das Lächeln auf den Lippen beizubehalten. „Wir hatten ein paar Drinks zu viel und sind im Bett gelandet. Das passiert schon mal.“

Außer, dass Christopher fast komplett nüchtern gewesen war und es nicht schon mal passierte. Na ja, nicht so oft und sowieso nicht für ihn. Er hatte nichts gegen One-Night-Stands; er hatte ein paar, wenn er wirklich körperliche Nähe brauchte und seine Hand allein nicht ausreichte. Aber sie waren nicht sein übliches Verhalten. Man könnte ihn als altmodisch bezeichnen, aber er bevorzugte emotionale Intimität zu seinen Partnern, wenn er die Möglichkeit dazu hatte. Dies war einer der Gründe, warum Gareths Entscheidung so weh tat. Sie waren zuerst Freunde gewesen und obwohl er nicht wirklich sagen konnte, dass er sich in ihn verliebt hatte, wurde Christopher von jemandem zurückgewiesen, der ihm wirklich am Herzen lag.

In der Bar hatte Gareth mit unübersehbarer Erleichterung gesagt: „Es tut mir nicht leid, dass es passiert ist. Du warst super. Wer hätte gedacht, dass du so eine verdammte Wildkatze im Bett bist?“

„Wilder als ich aussehe.“

„Wie wahr!“ Gareth trank sein Bier in einem Zug aus, warf Bargeld auf den Tisch und überließ Christopher sich selbst.

In diesem Moment erschien Gareth am Eingang der Schmiede und spannte sich sichtbar an, als er Christopher entdeckte. Mit heißen Wangen eilte Christopher davon. Neuerdings schien Gareth jede Interaktion oder jeden zufälligen Blick von Christopher als einen Versuch, erneut zusammenzukommen, zu interpretieren. Er hatte ein paarmal ziemlich unangenehm darauf reagiert und hatte Christopher in der Darstellerumkleidekabine in die Ecke getrieben, um ihm zu sagen, er solle aufhören, zu hoffen, dass es wieder passieren würde. Egal, wie sehr Christopher versuchte zu erklären, dass er die Dinge falsch interpretierte, Gareth glaubte ihm nicht.

Anschließend wünschte Christopher sich, ihr One-Night-Stand wäre nie passiert.

Als er um die Ecke bog, schlenderte er mit den Händen in den Jackentaschen zu dem kleinen Spukhaus, das kürzlich auf dem Smoky Village Square errichtet worden war. Es war Mitte September und der gesamte Park war für Halloween geschmückt – überall leuchteten orange und schwarze Lichter; Geister, Ghule und Kobolde schmückten die Fenster und Vogelscheuchen säumten die Gehwege.

Am ersten November um Punkt Mitternacht würden die Arbeiter eine Nachtschicht einlegen, um den Park auf Weihnachten vorzubereiten. Mehrfarbige Lichterketten würden das Orange und das Schwarz ersetzen, ein Weihnachtsbaum würde dort stehen, wo das Spukhaus jetzt stand und Weihnachtssterne würden scharenweise angeliefert werden, um die Blumenbeete zu füllen.

Christopher hörte in Gedanken, wie seine Großmutter abschätzig über „die Jahreszeit durchpreschen“ sprach.

An Weihnachten geht es nicht ums Geschäft. Es geht um Jesus Christus, unsren Herrn.

Irgendwie klang es für ihn nie beleidigend, wenn sie es sagte, anders, als wenn seine Eltern dasselbe sagten.

Christopher stieg in seinen roten Toyota Yaris, den er sich mit einer Anzahlung aus dem Weihnachtsbonus des Vorjahres gekauft hatte. Er war immer noch stolz darauf, endlich die finanzielle Freiheit erreicht zu haben, sich ein neues Auto zu kaufen, was vermutlich traurig war, da er bereits achtundzwanzig war, aber seinen Lebensunterhalt als Darsteller zu verdienen war keine leichte Aufgabe.

Als er vom Parkplatz und durch das Herz von Sevierville und Pigeon Forge fuhr, verschmolz die Herbstdämmerung mit den weichen, grauen Kurven der Berge um ihn herum. Die Temperaturanzeige auf dem Armaturenbrett zeigte um die zwanzig Grad an und er fragte sich, wie lange das gute Wetter noch halten würde. Eine Kältewelle könnte jetzt jeden Tag kommen.

Die Auffahrt in Richtung Gatlinburg verlief schleppend, da die Touristen den Parkplatz verstopften, als sie sich vom Smoky Mountain Dreams in die einladenden Arme von Hotels, Restaurants und Geschäften begaben. Als Christopher von der Hauptstraße abbog, um die Abkürzung zu nehmen, war er müde und seine Füße schmerzten davon, den ganzen Tag auf der Außenbühne zu stehen. Er war mehr als bereit, nach Hause zu kommen, Honky Tonk einzuschalten und das Chili, das er in seinem Schongarer zubereitet hatte, zu genießen.

Als er den Hügel zu seinem kleinen Haus hinauffuhr, bemerkte er die strahlend weißen Lichter an den Fenstern von Jesse Birchs Schmuckstudio. Christopher bremste leicht und reckte den Kopf, um das Schild an der Tür zu lesen. Sonderanfertigungen nur nach Vereinbarung. Er wiederholte die Ziffern, die aufgelistet waren, immer und immer wieder, während er weiterfuhr. Sobald er zu Hause angekommen war und die Füße an der Fußmatte abgestreift hatte, stürzte er förmlich hinein, um die Nummer auf dem Post-it-Block auf der Küchentheke aufzuschreiben.

Er wollte schon eine Weile bei dem Studio anrufen, aber das Geld war einfach nicht da gewesen. Sein nächster Weihnachtsbonus vom SMD würde eine ordentliche Summe werden, jetzt, da er bereits drei Jahre dort arbeitete. Er würde in der Lage sein, einen großen Teil seiner monatlichen Zahlung für den Yaris abzubezahlen und anschließend noch etwas für das Geschenk übrighaben, das er für seine Großmutter geplant hatte. Obwohl er den Bonus erst beim ersten Gehaltsscheck im Januar bekommen würde, konnte er in der Zwischenzeit seine Kreditkarte belasten. Jetzt war die perfekte Gelegenheit, die Sache anzugehen.

Christopher drückte die Taste auf seinem alten Anrufbeantworter und seufzte, als die Stimme seiner Mutter den Raum erfüllte.

„Christopher, ich wünschte wirklich, du hättest ein Handy, Liebling. Ich kann dich nicht erreichen, wenn ich dich brauche. Großmutters Geburtstag ist morgen. Deine Schwester hat zugestimmt, um vier Uhr bei uns zu sein. Kannst du Oma aus dem Pflegeheim abholen und bis dahin fertig sein? Himmel hilf, es gibt so viele Dinge, die koordiniert werden müssen, seit Jackie Joe geheiratet hat. Wir müssen auch die Pläne der Mutter seiner Kinder berücksichtigen. Es ist so kompliziert.“

„Und so okay, weil es so heterosexuell ist“, murmelte Christopher und holte eine Schüssel für das Chili heraus, während er zuhörte.

„Lass mich wissen, wenn du Großmutter nicht erreichst, dann müssen wir andere Pläne machen. Oh – und … Christopher, Schatz, wenn es jemanden gibt, mit dem du dich triffst, ist es wahrscheinlich am besten, wenn er nicht kommt, okay? Bob und ich … Na ja, wir lieben dich und … Du weißt, wie sehr wir uns darauf freuen, dich zu sehen. Ich weiß, dass du nicht willst, dass Omas Party durch irgendetwas ruiniert wird. Und bitte, Liebling, besorg dir ein Handy.“

Christopher nahm eine Packung Salzcracker aus dem Schrank, steckte sie unter seinen Arm und öffnete eine Flasche Wasser aus der Speisekammer. Als er das Essen auf den Kaffeetisch abstellte, lastete die Nachricht seiner Mutter auf ihm. Er sah sich in seinem kleinen Haus um, das so gemütlich und warm gewesen war, als er das erste Mal über die Schwelle trat. Jetzt spürte er nur die Leere der alten Mauern. Es war nichts weiter als ein hohler Junggesellenblock, der aus dem alten Haus seiner Großmutter geschnitzt worden war.

Er legte eine Platte der Knuckles O’Toole auf, damit der Honky Tonk den Raum mit Schwung und Leben füllte, nachdem die Nachricht seiner Mutter diese aus dem Raum gesaugt hatte. Bob und ich lieben dich. Christopher schnaubte. Manchmal fragte er sich, wie seine Teenagerjahre verlaufen wären, wenn sein Vater keine Affäre gehabt hätte, die dazu geführt hatte, dass sie alle in dem verzweifelten Bestreben, „die Familie zu retten“ durch strikte Einhaltung des religiösen Glaubens zu Christus gekommen wären.

Natürlich hatte es nicht so geklappt, wie sie es geplant hatten. Kurz nachdem sie sich ihrem neuen Glauben angeschlossen hatten, verließ sein Vater sie, um eine neue Familie mit einer Frau zu gründen, die er in der Kirche getroffen hatte. Ein Jahr später heiratete seine Mutter Bob Jenkins, den kirchlichen Arschlochprediger für Höllenfeuer und Verdammnis. Christopher hatte Angst, Bob zu sehen, aber er würde es für seine Großmutter aushalten.

Er lehnte sich auf seinem weichen Sofa zurück, legte seine Füße auf den Kaffeetisch und bröselte entschlossen die Cracker in sein Chili. Er würde sich mit großer Befriedigung aus den Fängen der Schande reißen. Seine Mutter und ihr hasserfüllter Ehemann hatten es nicht verdient, Macht über ihn zu haben.

Doch während er aß, wurde seine Aufmerksamkeit auf die dicken braunen Vorhänge gelenkt, die er über die nach Süden gerichteten Fenster geschlossen hielt und er richtete seinen Blick auf die riesige Pinnwand über dem Kamin.

Es war eine wilde Mischung aus Andenken aus seinem Leben: Bilder von Jackie und Großmutter ganz oben an der Spitze des Gatlinburg Sky Lifts; Weihnachten 1997, als er seine erste Gitarre geschenkt bekam; er im Smoking, den Arm um seine Großmutter gelegt bei Jackies und Joes Hochzeit letztes Jahr und mehrere Flugblätter von Shows, die er in Nashville gespielt hatte. Es gab auch eine Reihe von Weihnachtskarten aus den Vorjahren.

Er aß langsam sein Chili, während er auf die grinsenden Gesichter seiner Stiefnichte und Stiefneffen, die glücklichen Familien seiner Cousins und all die hübschen kleinen Familien seiner Mitarbeiter blickte. Sie lächelten neben gemütlich aussehenden Weihnachtsbäumen oder posierten in weißen Kleidern an wunderschönen Stränden. Er kaufte seine Weihnachtskarten in 20er-Packungen im örtlichen Supermarkt.

Er stellte sein Chili ab und rieb sich über das Gesicht. Es war nicht das übliche, von allen erwartete heteronormative Leben, das er wollte, sondern, dass jemand ihn hielt und von ihm gehalten wurde. Er wollte einen Mann, der bereitwillig einem Ryder-Jenkins-Familienereignis trotzte, selbst wenn es dafür sorgen würde, dass Christopher verstoßen wurde. Er wollte seiner Großmutter einen Mann vor ihrem Tod vorstellen, damit sie wusste, dass er glücklich war. Damit sie sehen konnte, dass es richtig gewesen war, dass sie ihn all die Jahre entgegen der Wünsche seiner Eltern unterstützt hatte.

Er wollte jemanden, der stark genug war; grüne, blaue, braune Augen hatte oder was auch immer für eine Farbe. Es war ihm egal. Aber wenn Wünsche für irgendetwas gut waren, dann wünschte er sich, einen Mann mit einem dunklen Dreitagesbart, der an Christophers Hals rieb, wenn sie sich küssen. Und er wollte Streitereien, Komplikationen und gemeinsame Ferien und gemeinsame Rechnungen. Er wollte das volle Paket.

Wenn man glücklich ist, entfaltet man sich wie eine Blume und Bienen umkreisen einen, Christopher. Sie werden deinen Nektar riechen.

Er verdrehte die Augen und fragte sich, ob er jemals aufhören würde, seine Großmutter in seinen Gedanken zu hören, die immer versuchte, ihm eine Art Hoffnungsschimmer zu geben. Er hoffte nicht, denn sobald sie nicht mehr unter ihnen weilte, würde er sie immer noch in Gedanken um sich haben müssen, um bei Verstand zu bleiben.

„Nektar, hm?“, fragte er laut. „Ich bin mir nicht sicher, ob die Art von Männern, an denen ich interessiert bin, danach sucht.“

Es war ironisch, wie sehr die Nachricht seiner Mutter ihr Ziel verfehlte. Sie wollte ihn daran erinnern, dass das, was er war und wonach es ihn verlangte, falsch war. Stattdessen ließ es ihn nur nach dem Mann sehnen, von dem sie glaubte, er sei bereits mit ihm zusammen. Einen Mann, nach dem er sich schon so oft gesehnt hatte, dass er sich nicht mehr auf einen Typ festlegte. Die Wahrheit war, dass der Richtige nicht da draußen war. Oder wenn doch, er wahrscheinlich in Kanada, Argentinien oder China lebte. Christopher würde Tennessee nicht so schnell verlassen, also war es an der Zeit, der Realität ins Auge zu blicken.

„Es ist Zeit, sich eine Katze zu holen“, sagte er zu sich und das brachte ihn zum Lachen. Er wusste genau, was Großmutter dazu sagen würde.

Man findet keine Katze, Christopher – eine Katze findet dich.

Soweit er es beurteilen konnte, suchte nicht einmal eine Katze nach ihm.

Der Ragtime-Klavierrhythmus passte nicht so gut zu seiner Stimmung. Er stand auf und tauschte die Platte gegen eine alte Waylon Jennings Aufnahme. Er hatte das Album zum ersten Mal gehört, bevor seine Eltern sich scheiden ließen und er wurde jedes Mal in die Zeit zurückversetzt, als er noch nicht gewusst hatte, wie das Leben einen Menschen auseinanderreißen konnte. Als Waylons Stimme summte, öffnete er die Vorhänge an einer Seite des Wohnzimmers und ließ das Licht der untergehenden Sonne von den Bergen hinein. Dann ging er zu den südlichen Fenstern und öffnete dort ebenfalls die Vorhänge.

Den Hang hinunter sah er durch das Gewirr von Bäumen ein verschwommenes rotes Licht. Erst als es erlosch, erkannte er, dass es die Leuchtreklame auf der Rückseite von Jesse Birchs Schmuckstudio war. Christopher wandte sich wieder seinem Sofa und seinem Chili zu – und einer weiteren Nacht alleine.

Kapitel zwei

Jesse bog in die Einfahrt seiner Schwiegereltern ein und parkte vor ihrem graublauen Schindelhaus. Es war sieben Uhr sechs. Er durchsuchte seinen Schlüsselbund nach dem richtigen Schlüssel und ließ sich selbst hinein. Es war kein riesiges Haus, aber es war der Ort auf der Welt, an dem er sich am wohlsten fühlte. Abgesehen von dem gelegentlichen Schmuckstück oder einer der neuen Tonkreationen von Nova hatte sich hier nicht viel verändert, seit er das erste Mal mit fünfzehn Jahren hier gewesen war. Kaum zu glauben, dass es jetzt siebzehn Jahre her war. Die dreißig Jahre alten Möbel, die Familienbilder an der Wand und das Gefühl des Friedens, das von der Decke bis zu den Dielen zu strahlen schien, waren die gleichen wie zuvor.

Der Geruch von Spaghetti und Knoblauchbrot erfüllte die Luft und sein Magen knurrte. Er hatte nicht vorgehabt, auf das Mittagessen zu verzichten, aber er hatte sich so sehr auf das zarte Geflecht konzentriert, das er dem Ehering hinzugefügt hatte, an dem er arbeitete, dass er jegliches Zeitgefühl verlor. Hinterher fing er mit den Blumenverzierungen am Brautring an und fügte die winzigen Diamanten und Amethysten hinzu.

Es sollte nur eine Blume sein, aber er hatte das Ensemble fertiggestellt, bevor er es überhaupt bemerkt hatte.

„Dad, du bist zu spät“, sagte Brigid kühl, als er die Küche seiner Schwiegereltern betrat.

Er überquerte den grob behauenen Holzboden und strich mit der Hand über ihr glänzendes, tiefbraunes Haar. Es hatte die Farbe seiner eigenen Haare und die Textur der ihrer Mutter. Sie drehte sich von ihm weg und funkelte ihn mit dunklen Augen an. „Hast du überhaupt eine Ausrede?“, fragte sie scharf, ihre Lippen zitterten. Ihr Gesichtsausdruck ähnelte Marcys so sehr, wenn sie wütend war.

Für einen Moment sah Jesse sie an, ohne dass sein Blick von den Erinnerungen an das Baby, das er in seinen Armen gehalten hatte, getrübt wurde. Er erkannte, wie sehr sie im letzten Jahr hochgeschossen war und nun fast nur noch aus schlaksigen Armen und Beinen bestand. Ihre Nase und ihr Mund sahen nicht mehr so aus, als würden sie in ihr Gesicht passen. Er konnte nicht glauben, dass sie schon zwölf war, obwohl er sich kaum daran erinnern konnte, wie sein Leben ohne sie und Will gewesen war.

„Ich weiß, Brigid. Es tut mir leid“, sagte er. „Ich habe die Zeit vergessen. Es tut mir wirklich leid.“ Brigid schien von seiner Entschuldigung nicht beeindruckt zu sein und er konnte es ihr nicht verübeln.

„Hey, Dad“, sagte Will mit einem Mund voller Spaghetti. „Ich habe eine Drei in dem Mathetest bekommen!“

„Großartig!“, antwortete Jesse.

Es war toll. Mit neun war Will in vielen Dingen gut, aber Schule gehörte nicht dazu. Soweit Jesse es beurteilen konnte, bestand Wills Begabung darin, einfach nur Will zu sein. Jesse war sich nicht sicher, was für eine Karriere sich daraus ergeben würde, wenn er größer werden würde, aber er machte sich keine allzu großen Sorgen. Will kümmerte sich um Menschen und wusste, wie er Menschen dazu brachte, sich ihm zu öffnen. Ihm würde es gut gehen.

Er versuchte, seinen Sohn mit der gleichen unerwarteten Distanz zu sehen, mit der er Brigid betrachtet hatte, aber er schaffte es nicht. Will hatte immer noch an einigen Stellen Babyspeck. Mit unordentlichem, hellbraunem Haar, leuchtenden haselnussbraunen Augen hatte er immer den Hauch einer kaum zurückgehaltenen Wildheit. Marcy sagte immer, Will sehe aus wie Jesses lange verstorbene Großmutter. Aber als Jesse den Jungen ansah, sah er nur jemanden, den er mehr liebte als sein Leben.

„Was hast du heute den Tag so gemacht?“, fragte er und stellte fest, dass Wills Steelers Trikot bis auf einen Schmutzfleck an seiner Schulter größtenteils sauber war.

„Schule. Fußball bei FJ zuhause. Dann hat Oma mich abgeholt. Und jetzt Spaghetti!“

„Klingt nach einem super Tag.“

Will nickte und steckte sich noch mehr Nudeln in den Mund, glücklich und entspannt wie immer.

„Ein Last-Minute-Kunde?“, fragte Nova und bedeutete ihm, Platz zu nehmen. Sie wischte ihren Mund mit einer Serviette ab und lächelte ihn an. Er hatte schon immer die funkelnden braunen Augen seiner Schwiegermutter geliebt – nicht nur, weil sie an Marcy und dann an Brigid weitergegeben worden waren, sondern weil sie ihm immer das Gefühl gaben, geliebt und akzeptiert zu sein.

Jesse zuckte nur mit den Schultern und lächelte zurück, als er den Holzstuhl neben Brigid hervorzog. Normalerweise hätte er Nova gerne von dem Design erzählt, an dem er arbeitete, aber er hatte keine Lust zu erklären, dass es etwas an diesem bestimmten Paar und diesen bestimmten Ringen gab, das Erinnerungen an einen Tag im April vor zwölf Jahren weckte.

Die Hartriegelbäume hatten in voller Blüte gestanden, blühten weiß wie das seidige Kleid, das Marcy getragen hatte, als sie auf dem Bergpfad, den sie erst einen Monat zuvor für die Hochzeit ausgesucht hatten, erschien. Sie hatten sich diesen Ort noch während ihres Urlaubs in Italien ausgesucht, als Marcy auf den positiven Schwangerschaftstest sah, der das Ausbleiben ihrer Periode zum Vorboten für ein neues Leben machte.

An diesem Tag, umgeben von ihren Familien, mit den Bäumen um sie herum, die sich förmlich um sie gewunden hatten, hatte er sich gefühlt, als ob Marcy und die Berge ihn heirateten. Es war der perfekte Neuanfang. Ein neuer Anfang für ein neues, gemeinsames Leben. Es schien so lange her und doch, als wäre es erst gestern gewesen.

„Hast du keinen Hunger, mein Sohn?“, fragte Tim. Sein Haar war zu einem langen grau-blonden Zopf geflochten, der auf der Vorderseite seines gebatikten T-Shirts ruhte, seine Brille auf dem Kopf hochgeschoben. „Hol dir einen Teller. Iss reichlich.“

Iss reichlich.

Jesse lächelte. „Ich erinnere mich an das erste Mal, als du das gesagt hast.“

„Das tue ich auch.“ Tim lächelte liebevoll und zwinkerte ihm zu. „Du warst damals nur ein dürrer Junge.“

„Das war ich.“ Jesse griff nach den Spaghetti, als Will über den übermenschlichen Pass sprach, den sein Freund FJ, die Kurzform für Frankie-Jones, früher am Tag geworfen hatte.

„Es mussten über hundert Meter gewesen sein!“, erklärte er. „Nein, dreihundert!“

Der komplette Garten von Frankie-Jones’ Eltern war höchstens dreißig Meter lang, wenn Jesse sich richtig erinnerte.

„Das ist mal ein Pass“, sagte Tim mit einem Augenzwinkern.

„Im Ernst, Opa, ich dachte, er würde ihn verfehlen und ein weiterer Ball wäre verloren.“

Jesse lächelte, als sein Schwiegervater Will daran erinnerte, nicht in den Schluchten nach Bällen zu suchen. „Sie sind steiler als sie aussehen. Außerdem schlagen sich die Bären zu dieser Jahreszeit die Bäuche voll. Du darfst ihnen nichts Leckeres wie dich zum Essen anbieten.“ Tim streckte die Hand aus und strich über Wills Haare. „Wir können uns einen neuen Ball besorgen, aber wir können uns keinen neuen Willen holen.“

Wills Augen leuchteten interessiert bei der Erwähnung von Bären auf und Jesse seufzte, ziemlich sicher, dass er das Kind noch einmal an die wirkliche Gefahr erinnern musste, mit den Bestien zu interagieren.

Nova nutzte diesen Moment, um Brigid nach ihrer Freundin Charity zu fragen. „Wir haben in letzter Zeit nicht viel von ihr gehört. Wie geht es ihr?“

Brigid zuckte die Achseln. „Sie ist beschäftigt. Wir sehen uns nicht mehr viel.“

Nova runzelte die Stirn und blickte zu Jesse. Er spürte, wie sich ein kleiner Schub an Frustration in sein Herz bohrte. Offensichtlich sollte er das wissen und wie immer hatte er etwas Wichtiges verpasst, wenn es um seine Tochter ging. Die Wahrheit war, dass obwohl er Brigid mehr liebte, als er es ausdrücken konnte, er Probleme damit hatte, sie und ihre Gefühle zu verstehen. Sie war nicht wie Marcy und auch nicht wie er. Schlimmer noch, Mädchen waren für ihn größtenteils immer ein Rätsel gewesen und keines, das er jemals hätte lösen wollen.

„Womit ist Charity beschäftigt?“, fragte er.

Brigids Schultern hoben und senkten sich wieder. „Andere Freunde.“

„Hattet ihr zwei Streit?“

„Nicht wirklich. Sie hat es einfach nicht verstanden.“

„Was nicht verstanden?“, fragte Jesse.

„Die Papierkraniche. Sie sagt, sie ist es leid, Kraniche zu falten. Das ist in Ordnung. In der Pause kann sie gerne was Anderes machen. Es ist mir egal.“

Jesse hielt mit seiner Gabel nahe am Mund inne, hob sie dann an und nahm dann einen Bissen. Er dachte über Brigids Worte nach, während er an die einhundertsiebenundvierzig Kraniche aus Papier dachte, die in einer Kiste im Flur vor Brigids Zimmer standen.

„Schatz, denkst du nicht, du hättest mehr Spaß, mit Charity zu spielen als die Kraniche zu basteln?“, fragte Nova.

„Nein.“

Jesse blickte zu Nova und zuckte die Achseln. Brigid hatte sich zum Ziel gesetzt, vor Weihnachten zweitausend Kraniche aus Papier zu basteln und er fühlte sich hin und her gerissen, ihr zu sagen, dass ihre Besessenheit ungesund sei, zugleich applaudierte er ihr, dass sie auch in schwierigen Zeiten daran festhalten wolle. Jeder Kranich nahm in ihren kleinen Händen etwas mehr als zwei Minuten in Anspruch und Jesse hatte einige Berechnungen angestellt – um ihr Ziel zu erreichen, musste sie insgesamt einhundert Stunden falten. In weniger als hundert Tagen vor Weihnachten musste sie mindestens eine Stunde am Tag für ihr Projekt aufwenden. Es war nicht ganz normal, dass seine Tochter sich so auf etwas Vergängliches konzentrierte, oder? Besonders auf Kosten der Spielzeit mit ihrer Freundin?

Vielleicht sollte ich Doktor Charles fragen.

Aber dennoch. Es waren nur Kraniche. Sicherlich war es kein Problem, beharrlich und ehrgeizig zu sein. Ihre Noten waren gut und Doktor Charles hatte ihm gesagt, er solle sich nicht zu viele Sorgen machen. Sie war nur dabei, erwachsen zu werden und sich selbst zu finden. Jesse dachte, dass vielleicht die Kraniche nur ein Teil von etwas waren, was er nicht verstand.

„Es ist eine wunderbare meditative Praxis“, sagte Tim. „Wir haben jeweils drei davon vorhin gemacht und ich habe mich danach ziemlich entspannt gefühlt.“

Nova wirkte skeptisch, aber als sich Jesse mehr Spaghetti auf seinen Teller lud, wechselte sie das Thema. „Lief das Geschäft im Laden gut?“

„Es war okay. Warum?“

„Ich habe von Howard gehört, dass die Touristen heute zuhauf da waren. Bin ihm am Briefkasten begegnet.“

„Ich habe ihn gestern bei der Post gesehen“, sagte Tim und tauchte ein Stück Knoblauchbrot in die überschüssige Soße. „Er sagt, der Laden läuft großartig. Er denkt auch daran, ein zweites Geschäft in Knoxville zu eröffnen.“

„Er würde sich ziemlich viel zusätzliche Arbeit aufhalsen“, mischte sich Jesse ein und wunderte sich über die Art von Mann, der einen boomenden Handel hatte und in seinem Touristenfallenladen mehr Geld verdiente, als er jemals zum Leben brauchte und dennoch stets mehr wollte. „Ich verstehe nicht, wie er das zeitlich schaffen will.“

„Nun, er hat keine Kinder oder eine Frau, die ihm die Zeit rauben“, sagte Nova leise.

Jesse dachte an Marcy, die sich in Cades Cove gegen das Wintergras gelehnt und den Blick auf die Linie am Horizont gerichtet hatte, an der die Berge auf den Himmel trafen. Er erinnerte sich an die Wölbung ihrer Lippen, den Glanz ihrer Zähne und die Art, wie ihr Lachen von den Hügeln widerhallte. Er schob sich eine weitere Gabel Spaghetti in den Mund und schluckte schwer.

Als Tim anfing, Gedichte von Shel Silverstein zu rezitieren, um das Ende der Essenszeit zu signalisieren, kicherte Will, Brigid verdrehte die Augen und beide spielten mit den letzten Bissen ihrer Spaghetti herum. Jesse hörte nur halb zu und gab sich alten Erinnerungen hin.

Der Oktoberabend, an dem er zum Abendessen das Haus der McMillans betrat, hatte sein ganzes Leben verändert. Es fing jedoch bei ihm zu Hause an – unten im Keller, als er seine Zunge in Dean Scarboroughs Mund gesteckt hatte – und seinem sehr wütenden Vater. Jesse konnte Jahre später immer noch das Echo der Stimme seines Vaters in seinen Gedanken hören.

„Was zum Teufel ist hier los?“ Sein Vater stürmte auf sie im Hobbyraum zu, wich den Tischtennis- und Tischfußballtischen aus und trat gegen die Seite des Ms. Pac-Man-Automaten, den er Jesse und seiner Schwester zu Weihnachten geschenkt hatte und fluchte lauter, als Jesse jemals zuvor gehört hatte.

„Was ist los?“ Die Stimme seiner Mutter zitterte, als sie die Treppen herunterrief.

„Wenn du glaubst, dass du mich so in Verlegenheit bringen kannst!“, schrie sein Vater mit einem roten Gesicht. Spucke flog in einem hohen Bogen aus seinem Mund, der Jesse mit schockgeweiteten Augen folgte.

Dean war daraufhin weggerannt, aber Jesse war nicht in der Lage gewesen, ihn einzuholen und sich auch aus dem Staub zu machen. Er hatte sich den Knöchel verdreht und seine Handflächen aufgekratzt und er konnte sich an den kalten Schrecken erinnern, der ihn ergriffen hatte, als Deans Rücklichter im goldenen Licht des Oktobersonnenuntergangs verschwanden.

Er blickte zurück auf das riesige Blockhaus, das seine Eltern mit dem Familiengeld aufgebaut hatten. Er schaute zum Fenster seiner jüngeren Schwester hoch und sah, dass sie mit großen Augen auf ihn herabstarrte. Als sie ihre Hände hob, um eine scheuchende Bewegung zu machen und mit dem Mund die Worte „Geh“ formte, rannte Jesse davon.

Er holte tief Luft und nahm die aufsteigende Nachtluft in sich auf. Die verschiedenen Bergdüfte vermischten sich mit der feuchten Schicht des allgegenwärtigen Nebels der Smoky Mountains. Der Gestank seines eigenen Angstschweißes. Die Kälte des Nebels umgab ihn. Er zitterte. Es war nicht so, als ob der Kuss mit Dean eine Überraschung gewesen wäre. Er erzählte allen, dass er schwul war, seit er dreizehn war. Es war nicht sein Problem, wenn sie ihm nicht glauben wollten.

Als Tim ein zweites Gedicht vortrug und Brigid noch energischer mit den Augen rollte, lächelte Jesse leicht. Warum erinnerte er sich plötzlich an diese Nacht? Er war sich sicher, dass er tot in der Schlucht an der Straße enden würde, als Tim McMillans blauer, mit Autoaufklebern beladener VW-Bus vorfuhr.

„Sag dir was“, sagte Tim, als er den Berg hinunterfuhr. „Nova macht jeden zweiten Donnerstag Hühnersuppe und Marcy ist jetzt zu Hause. Ronnie ist immer noch beim Cheerleadertraining, aber sie wird auch bald zurück sein. Wir können miteinander abhängen und zusammen was Gutes essen. Dann können wir deine Eltern anrufen. Sie wissen lassen, wo du bist. Und danach können wir uns vielleicht unterhalten.“

Marcy war keine Feindin, aber sie war keine Freundin, soviel war klar. Sie war Zeuge davon gewesen, wie einige Typen ihn belästigt und beschimpft hatten. Sie hatte sie nicht angestachelt, aber sie hatte sie auch nicht verpfiffen. Was Ronnie anging, so war sie ein Rätsel – rotes lockiges Haar und graue Augen, gekleidet in einer Cheerleaderuniform und förmlich glänzend vor Popularität. Jesse bezweifelte, dass sie ihm überhaupt wahrnehmen würde. Hühnersuppe klang fantastisch, nachdem er über eine Meile mit einem verletzten Knöchel gelaufen war.

„Es ist eine großartige Suppe, Jesse, und ich will ganz ehrlich mit dir sein: Ich möchte dir helfen.“

„Wie bitte, Sir?“

„Als ich in deinem Alter war, war ich auch queer.“

Jesse hörte die Vergangenheitsform darin sowie die Beleidigung dahinter. Marcy und Ronnie mussten ihm die Gerüchte über ihn in der Schule erzählt haben. Sein Atem stockte. „Lassen Sie mich einfach hier raus. Das ist okay.“

„Jetzt warte mal“, sagte Tim und hielt am Straßenrand an. „Das ist nicht richtig rübergekommen. Ich meine, ich bin immer noch queer, Jesse.“

Sein Herz schlug wild. Tim McMillan war ein Perverser und er war ein Idiot gewesen, in sein Auto zu steigen. Nur Gott wusste, was er ihm antun würde. Jesse zog am Türgriff und stieß die Tür auf, bevor das Auto zum Stillstand gekommen war. Er bemerkte, dass er seinen Sicherheitsgurt nicht gelöst hatte, und schnallte sich zügig ab.

„Warte! Das klang auch falsch!“, rief Tim, ergriff seinen Arm und ließ ihn dann schnell los. „Ich meine nur, dass ich verstehe, was du gerade durchmachst.“

Jesse starrte ihn an, sein pochender Fuß war schon aus der offenen Tür.

„Bevor Nova und ich zusammengekommen sind, war ich ein freier Geist, wenn man es so sagen möchte, und ich hatte meine Erfahrungen mit Mädchen und Jungen. Und ich habe nicht vor, dir etwas anzutun, mein Sohn, beruhige dich. Ich wollte dir nur sagen, dass du nicht der einzige Junge da draußen bist, der mag, was du magst und dass alles gut wird.“

„Weiß Mrs. McMillan Bescheid?“

„Natürlich! Sie war damit einverstanden.“

„Damit einverstanden?“

Tim winkte mit der Hand ab. „Das ist jetzt ein überflüssiges Argument. Wir sind seit zwanzig Jahren glücklich verheiratet, haben zwei wunderschöne Töchter und das alles. Ich verspreche, dass ich dich nicht anmachen werde.“

Jesse blinzelte verwirrt. „Sind Sie … Also, sind Sie schwul? Und Sie leben eine Lüge?“

„Nein, nein. Natürlich nicht. Wenn du nicht ehrlich bist, dann bist du nichts auf dieser Welt, mein Sohn. Lerne diese Lektion jetzt und du wirst es nicht bereuen. Ich bin bisexuell. Und monogam.“

Jesse blinzelte noch einmal.

„Ich habe mich in Nova verliebt und mein wildes Leben in beide Richtungen aufgegeben. Es ist passiert. Das Leben geht weiter.“

Jesse zog sein Bein wieder ins Auto und schloss die Autotür. Er starrte Tim an, nahm seine übergroße Brille und seinen langen Pferdeschwanz in sich auf und erinnerte sich, wie er Marcy zugehört hatte, die jedem an ihrem Mittagstisch in der achten Klasse eine lange Geschichte über ihren Vater erzählt hatte, wie dieser Drogen nahm und trank.

„Bisexuell“, sagte Jesse. Das Wort fühlte sich richtig an, also sagte er es noch einmal. „Bisexuell.“

„Und was sagst du? Willst du bei uns essen?“

Tim hörte auf, sein letztes Gedicht zu rezitieren und Nova entließ Brigid und Will vom Tisch.

„Holt eure Rucksäcke und Schuhe, meine Lieblinge, damit euer Vater euch nach Hause bringen kann.“ Sobald sie davongerannt waren, drehte sich Nova mit sanften, traurigen Augen zu ihm um und Jesse rutschte das Herz in die Hose. „Das Krankenhaus hat Ronnie heute angerufen. Und natürlich hat Ronnie mich angerufen.“

Jesse wischte sich seinen Mund mit einer Serviette ab und stand auf. Ronnie rief Nova erst dann an, wenn die Nachrichten aus dem Krankenhaus relevant waren. Er fragte sich, was es dieses Mal war. Hatte Marcy die Augen geöffnet und gesprochen? Das war nicht zu ungewöhnlich. Sie hatten ihm vor langer Zeit gesagt, dass diese Verhaltensweisen nur Reflexe waren und kein Hinweis auf das vorhandene Bewusstsein. Nicht einmal ein Hauch von Marcy war in ihrem Körper zurückgeblieben.

„Und?“ Sein Herz schlug wild.

„Nun, so ziemlich das Gleiche wie zuvor“, sagte Nova bedeutungsvoll. „Ronnie ist natürlich verärgert.“

„Scheiße.“

„Jesse, nächsten Monat sind es schon fünf Jahre. Ich weiß, jetzt ist nicht der Moment, darüber zu sprechen – “

„Ich bin schon zur Tür raus, Nova.“ Er schob seinen Stuhl zurück und stellte sein Geschirr in die Spüle.

„Aber wir müssen bald wieder darüber reden.“

„Warum? Wir haben Vermittlungstermine angesetzt und …“

„Es geht nicht nur um die Vermittlungstermine. Davon rede ich nicht. Schatz, es wird langsam Zeit.“

„Es ist schon lange überfällig“, sagte Tim und ergriff Jesses Ellbogen. „Lange überfällig, mein Sohn.“

Jesse schüttelte beide ab und ging zur Haustür. Die Spaghetti stießen sauer in seiner Kehle auf.

„Ich weiß, es ist schwer, Jesse, aber bitte lass uns dir diese Bürde nehmen“, flehte Nova, als sie ihm folgte. „Sie ist unser kleines Mädchen und wenn irgendjemand –“

Jesse öffnete die Tür und hielt seine Hand hoch, um sie aufzuhalten. Sie alle starrten sich mehrere Sekunden lang an. Worte, die immer und immer wieder gesprochen wurden, wirbelten durch die Luft. Die Spannung löste sich, als die Kinder mit den Rucksäcken über ihren Schultern vorbeirannten. Ihre Schuhe knirschten auf dem Kies der Auffahrt.

„Habt ihr alles?“, fragte er.

„Ja, Dad“, sagten sie mit passendem Augenrollen und Brigid schubste Will, der lachte, bevor er sie zurückschubste.

„Hört auf damit!“, rief Jesse.

„Fahr vorsichtig“, sagte Tim.

Jesse wusste, dass es unbeabsichtigt war, aber die Worte trafen ihn hart genug, um ihn innehalten zu lassen. Es dauerte jedoch nur einen Moment, bis er seine Schultern straffte und die Kinder ins Auto bugsierte.

Kapitel drei

Gatlinburg an einem frühen Montagmorgen war eigentlich gar nicht so schlecht. Die Berge schmiegten sich zu beiden Seiten um das Tal, in dem die Stadt eingebettet lag. Die leuchtende Farbe des Herbstlaubs arbeitete sich von den höheren Lagen weiter nach unten vor und verzauberte den Ort. Der süße Duft von Pfannkuchen, Zucker und Sirup wehte durch die sauberen Straßen. Die meisten Touristen waren am Sonntag abgereist oder lagen noch in ihren Hotelbetten. Nur Ladenbesitzer waren bereits unterwegs, um sich auf den Ansturm vorbereiteten.

Das Schmuckstudio von Jesse Birch lag nicht auf dem Weg zum Park, aber Christopher war etwas zu früh von Zuhause aufgebrochen. Er musste etwas Zeit totschlagen, also schlenderte er die Hauptstraße hinauf und hinab und bemerkte die letzten Änderungen in der kleinen Touristenstadt, in der er sich niedergelassen hatte. Die Straße war wie immer bunt mit leuchtenden Zeichen geschmückt, die Touristen anlockten, aber es gab immer noch eine Lücke in seinem Herzen, als er an dem Ladengebäude vorbeikam, das früher seiner Großmutter gehört hatte. Dort wurden nun Airbrush-T-Shirts verkauft.

Er blieb vor der Ole Smoky Mountain Candy Kitchen stehen, um dabei zuzusehen, wie das Toffee in die Länge gezogen wurde. Er bewunderte das glatte Holz und die Kurven der Maschine und erinnerte sich daran, wie seine Großmutter vor demselben Schaufenster seine Hand gehalten hatte, während die Maschine das Toffee vor seinen erstaunten Kinderaugen zog und in kleine Stücke schnitt. Sie kaufte ihm immer eine Kiste, wenn er sie besuchte und er gab immer sein Bestes, alle Toffees aufzuessen, bevor er nach Knoxville zurückkehren musste. Wenn seine Großmutter in der Nähe war, wagte seine Mutter nicht, ihm zu sagen, dass er sich nicht mit „Teufelszucker“ oder dergleichen vollstopfen sollte. Oder dass er überhaupt das tat, worauf er Lust hatte. Schon damals war seine Großmutter seine Lieblingsperson gewesen.

Christopher warf einen Blick auf seine Uhr, als er die steile Straße hinaufging, die sowohl zum Schmuckstudio als auch zu seinem eigenen Zuhause führte. Das Studio befand sich in einem renovierten Cottage, das mit hübschen schmiedeeisernen Schutzgittern an den Fenstern geschmückt war. Er hatte den Laden noch nie von innen gesehen, aber er hatte in den letzten Jahren einige wirklich schöne Stücke in dem Schaufenster entdeckt. Ganz zu schweigen von seiner Freundin Holly, die den Crazy Hat Stand im SMD Park leitete und ihm sagte, dass Jesse Birch der beste und vertrauenswürdigste Mann sei, um ein maßgeschneidertes Schmuckstück herzustellen.

„Er ist nicht protzig“, hatte sie leise gesagt, sodass niemand etwas hören konnte, als sie ihr brünettes Haar hinter das Ohr geschoben und ihre braunen, dick mit Eyeliner umrandeten Augen verschwörerisch verengt hatte. „Er ist überhaupt nicht so wie dieser Themenpark oder diese Stadt. Es ist, als ob er direkt aus New York oder Paris hier her gebeamt worden wäre oder so.“

Christopher war skeptisch gewesen. Schließlich kam Holly aus Friendsville und kannte Paris nur vom Hörensagen. Sie hatte auch keinen ausgeprägten Sinn für Mode. Er hatte Bilder von ihrem Abschlussballkleid gesehen und selbst wenn man das als jugendlichen Ausrutscher hätte abschreiben können, ließen ihr üblicher Kleidungsstil für die Stadt seine Augen förmlich bluten.

„Was? Vertraust du mir nicht?“ Sie hatte die Augen verdreht. „Sagen wir mal so, okay? Ich würde nicht auf frischer Tat in Jesse Birchs Schmuckstudio ertappt werden. Seine Stücke sind nicht auffällig genug für mich. Comprendes?“

„Comprendes“, hatte er lachend wiederholt, als sie eine bunte Mütze auf seinen Kopf setzte und den Propeller darauf mit der Fingerspitze ihres dicken Zeigefingers in Drehung versetzte.

Die Außenseite des Schmuckstudios war cremeweiß gestrichen, mit gepflegten, glänzenden und immergrünen Rhododendronbeeten an jeder Seite des Eingangs. Im Frühjahr würden sie für einen Farbspritzer aus violett-pinken Blüten sorgen, die vor der blassen Fassade des Gebäudes wunderschön aussehen würden.

Christopher stellte fest, dass das Innere des Studios nichts mit den Juweliergeschäften zu tun hatte, die er in den Einkaufszentren gesehen hatte. Es hatte eine ruhige, fast majestätische Atmosphäre mit kleinen Glaskästen, die jeweils nur wenige Stücke zeigten.

„Hallo“, begrüßte ihn eine junge dunkelhaarige Frau hinter einem makellosen Schreibtisch mit Glasplatte, auf dem ein Tablet und ein kleiner Drucker standen. Ihre dunkelbraunen Augen leuchteten warm. Sie war auf solide, natürliche Weise ein bisschen rundlich, schön und attraktiv. Christopher sah zu ihrem Ringfinger und erinnerte sich an ein Gespräch mit seinem einzigen Kumpel, Dave, der erwähnt hatte, dass er es vorzog, dass Frauen eher wie „echte Menschen statt Bohnenstangen“ aussahen. Unglücklicherweise für Dave, schien diese reizende Dame bereits vergeben zu sein.

„Sie müssen Mr. Ryder sein“, fuhr sie fort. „Sie sind pünktlich zu Ihrem Termin.“

„Das bin ich. Aber bitte, nennen Sie mich Christopher.“

„Wir freuen uns, dass Sie hier sind, Christopher. Jesse freut sich auf Sie. Ich heiße übrigens Amanda. Ich helfe Jesse ein paar Mal in der Woche aus.“

Christopher trat vor, um ihr die Hand zu geben. „Freut mich, Sie kennenzulernen.“

„Nun, möchten Sie sich umschauen, sich mit ein paar Arbeiten von Jesse vertraut machen?“

„Ich will ihn nicht warten lassen.“

„Unsinn! Er ist nicht in Eile. Ich muss eh den Laden aufschließen, jetzt, da Sie hier sind. Warum schauen Sie sich nicht in der Zwischenzeit um, während ich das tue? Wenn Sie etwas sehen, das Ihnen gefällt oder ins Auge sticht, können wir darüber sprechen.“

Christopher schaute sich die Glaskästen genauer an. Holly hatte recht. Es waren keinerlei Kitsch oder protzige Stücke zu finden. Sogar der üppig mit Juwelen besetzte Armreif war geschmackvoll in seiner Farbe und einige der Arbeiten waren so filigran und kompliziert, dass Christopher von einer plötzlichen Scham ergriffen wurde, dass er einen derart talentierten Mann beauftragte, etwas anzufertigen, das im landläufigen Sinne als ein einfaches Stück gelten musste.

„Wenn ich es richtig verstehe, haben Sie bereits eine Vorstellung davon, was Sie möchten“, sagte Amanda, während sie mit einem Schlüsselbund klimperte und zur Eingangstür ging. „Aber wenn Sie nicht ganz sicher sind, ist Jesse großartig darin, Ideen mit den Kunden gemeinsam zu erarbeiten.“

Christopher hielt bei einer Auswahl an Hochzeits- und Verlobungsringen inne, während Amanda den Laden aufschloss. Es war eine Vielzahl an Stilen und Größen zu sehen, aber sie alle trugen einen Stempel von Eleganz. Er beugte sich vor, um einen Ring näher zu betrachten, der ihm auffiel. Es hätte zu auffällig für jede Art von Finger sein sollen, aber irgendwie war der Ring einfach perfekt.

„Das ist ein Platinring mit gemischtem Schliff und mit Diamanten besetzt“, sagte Amanda, trat an seine Seite und verfolgte seinen Blick mit scharfsinnigem Auge. „Es ist einzigartig. Ein schönes Stück.“

„Wunderschön“, stimmte Christopher leise zu. Es erinnerte ihn an seine Mutter. Nun, an die Mutter, die er in seiner Jugend gekannt hatte. Es erinnerte ihn an den Schmuck, den sie jedes Mal trug, als sie und sein Vater in den Country Club gingen. Es war die Seite seiner Mutter gewesen, die er am liebsten gemocht hatte – die Frau, die Parfüm getragen, mit weit geöffnetem Mund gelacht und bis spät in die Nacht mit seinem Vater im Wohnzimmer getanzt hatte, nachdem er und seine Schwester eigentlich hätten schlafen sollen.

Christopher starrte auf die glitzernden Steine und war sich nicht sicher, ob er den Ring hasste oder liebte – und all die Erinnerungen, die dieser in ihm geweckt hatte.

„Möchten Sie ihn außerhalb der Vitrine sehen?“, fragte Amanda.

„Nein. Nein, danke.“

Der Flur zum hinteren Büro war mit gerahmten Fotografien gesäumt, die die Reise einer Frau durch Europa zeigten. Auf dem ersten Foto ragte der Eiffelturm hoch in den blauen Himmel, während der Unterarm und die gespreizte Hand einer Frau im Vordergrund zu sehen waren und ein helles Armband aus lila und grünen Steinen trugen. Das Armband wirkte weniger raffiniert als die Arbeit im Ausstellungsraum des Studios, wies aber immer noch ein unverkennbares Designmerkmal auf, das es zu einem Birch-Stück machte.

Ein anderes Foto zeigte die Hand derselben Frau mit dem Kolosseum im Hintergrund, nur diesmal waren die Finger um eine Eiswaffel gelegt und einen der Finger zierte ein mit Perlen und Opalen besetzter Ring im Clustercut. Die gleiche Hand, immer mit anderem Schmuck zu sehen, führte den Betrachter zur Basilius-Kathedrale in Moskau, dem Big Ben und Stonehenge in England, bevor Amanda an einer offenen Tür stehen blieb und sanft gegen den Türrahmen klopfte.

„Jesse, Christopher Ryder ist hier, um dich zu sehen.“

Jesse Birch erfüllte nicht Christophers Erwartungen, obwohl er bis zu jenem Moment nicht bemerkt hatte, dass er welche hatte. Jesse war nicht alt, trug keine Brille und hatte keine Sehschwäche vom endlosen Starren auf kleine Juwelen und trug auch nicht seinen eigenen Schmuck zur Schau. Er hatte welliges, dunkles Haar und deutliche Bartstoppeln, üppige Lippen und dunkle, gefühlvolle Augen.

Soweit Christopher sehen konnte, trug er überhaupt keinen Schmuck und seine Hände, die einen mit Diamanten besetzten Platinring unter der hellen Lampe auf seinem Schreibtisch hielten, waren wunderschön, mit langen, eleganten Fingern.

„Mr. Ryder – Christopher – das ist Jesse.“

Jesses Lächeln war warm und enthüllte eine Reihe gerader Zähne mit Ausnahme von einem – einem Eckzahn, der sich ein wenig scharf von den anderen abhob. Er stand mit ausgestreckter Hand auf.

Sein Hemd, das oben etwas aufgeknöpft war, zeigte den Ansatz von Brusthaar. Christophers Augen wanderten nach unten und folgten der Reihe von Jesses Knöpfen über seinen flachen Bauch, zu seinen Jeans, die ansprechend an seinen schmalen Hüften saßen.

Christopher ergriff Jesses Hand mit seiner eigenen und wurde sich plötzlich seines schlanken, aber etwas weniger als vollkommen gesunden Körpers, seiner Haltung und der Dauer, mit der er Jesses Hand hielt, viel zu deutlich bewusst.

Christopher beendete den Händedruck schnell, schaute weg und hoffte, dass seine Wangen nicht so gerötet waren, wie sie sich plötzlich anfühlten.

„Bitte nenn’ mich Christopher.“

„Großartig“, sagte Jesse. Seine Stimme war tief und sanft.

Christopher hatte den Drang, sich näher zu beugen, wenn auch nur, um ihn besser zu hören. „Ich hatte mich schon darauf gefreut, dich zu treffen“, fügte Jesse hinzu.

Amanda schaute zwischen ihnen hin und her und ihre Haltung wechselte von freundlich zu einer Art überraschter Unsicherheit, doch dann lächelte sie plötzlich strahlend.

Jesse leckte sich die Lippen und nickte Amanda zu. „Ich übernehme von hier an. Vielen Dank.“

Christopher schenkte der Frau ein breites Lächeln und bemühte sich, die Freundlichkeit des Südens aufrechtzuerhalten, um von dem Kribbeln und Rauschen in seinem Körper und seinen roten Wangen abzulenken. Er hatte sich seit seiner Schulzeit nicht mehr so ungewohnt unbehaglich gefühlt, angesichts einer Welle aus überraschender Anziehungskraft, als Rick Caddy ihn im Matheunterricht dabei erwischte, wie er auf dessen Hintern gestarrt hatte. Zumindest glaubte er nicht, dass er sich Sorgen machen musste, dass Jesse ihn verprügeln würde.

„Danke, Amanda. Sie waren großartig. Unglaublich hilfreich.“

Belustigung zauberte Grübchen in ihre Wangen. „Viele Dank, Christopher. Ich bin froh, dass ich zu Diensten sein konnte.“

Jesse setzte sich wieder und deutete auf den Holzstuhl mit gerader Rückenlehne gegenüber seinem Schreibtisch. „Bitte, nimm Platz. Mach es dir bequem. Hat Amanda dir etwas zu trinken angeboten?“

„Ich brauche nichts, danke.“

Jesse lächelte und nickte und blätterte durch einige Notizen, als Christopher sich auf dem angebotenen Stuhl niederließ. Er sah seinen eigenen Namen oben auf der ersten Seite und konnte einige der spiegelverkehrten Wörter als Teil der Nachricht, die er am Wochenende auf dem Anrufbeantworter des Studios hinterlassen hatte, entziffern.

Er konzentrierte sich auf Jesses linke Hand. Kein Ehering. Christopher sah sich schnell im Raum um und entdeckte ein Foto von zwei Kindern, die Jesse sehr ähnlich sahen, mit ihren Armen um eine Frau mit langen, glatten blonden Haaren und dunkelbraunen Augen. Verdammt.

„Es ist wirklich toll, dich kennenzulernen“, sagte Jesse, als Amanda diskret die Tür hinter sich geschlossen hatte. Er sah von den Notizen auf und lächelte warm. „Ich war ziemlich aufgeregt, deinen Namen im Auftragsbuch zu sehen. Ich bin schon eine Weile ein Fan.“

„Wie bitte?“ Christopher starrte in Jesses Augen. Sie hatten Goldflecken in der Nähe der Pupille. „Ich glaube, du hast mich mit jemand anderem verwechselt?“

„Du trittst im Smoky Mountain Dreams Themenpark auf, oder? Ich habe dich schon oft gesehen.“

„Wirklich?“

Christopher wusste, dass er unprofessionell klang und dass er zumindest versuchen sollte, gleichgültig statt geradezu skeptisch zu klingen, aber er konnte nicht anders. Niemand hatte jemals so etwas gesagt.

Jesse zuckte die Achseln. „Natürlich. Du hast Summertime in the Holler im letzten Sommer und Christmas Joy im letzten Winter aufgeführt, richtig?“

„Oh, wow. Das ist cool. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ Er lachte leise und strich sich die Haare aus den Augen.

„Ich glaube, ich habe dich vor zwei Jahren zum ersten Mal gesehen. Du hast dieses Solo bei O Come All Ye Faithful gesungen und ich fand, dass du ziemlich gut warst. Ich habe deinen Namen im Programm nachgeschlagen und so weiter.“ Jesse legte den Kopf schief. „Komm schon, sei nicht bescheiden. Du hast bestimmt viele Fans.“

„Nein, nicht wirklich.“ Christopher wusste nicht, wo er hinschauen sollte, rieb mit seinen Handflächen verlegen über seine Jeans und grinste hilflos. „Ich bin ziemlich zufrieden mit den verschiedenen Vorteilen, die mein Job mir einbringt, aber, ehrlich gesagt, sind es nicht Fans, die ich anziehe. Bist du sicher, dass du nicht Lash meinst?“

Jesses Gesicht verzog sich zu einem frustriert, niedlichen Ausdruck purer Ratlosigkeit. „Du bist überhaupt nicht wie Lash Hinkins. Glaubst du wirklich, ich hätte euch beide verwechselt?“

Christopher spürte, wie es in seinem Nacken heiß wurde. Sein Erröten war noch nicht vollkommen verblasst nach dem Funken der Anziehungskraft, die er gefühlt hatte, als er das erste Mal hereingekommen war und jetzt ergriff sie ihn wieder mit voller Kraft. „Ich denke nicht. Ich bin nur überrascht. Aber danke. Ich meine, das ist so nett von dir, das zu sagen. Wirklich großzügig. Und lieb.“

„Daran ist nichts großzügig. Ich genieße deine Stimme sehr. Es hat eine Klangfarbe und eine Aufrichtigkeit, die ich bewundere. Ganz zu schweigen davon, dass du auf der Bühne so lebendig wirst, und das gefällt mir auch. Ich kann sehen, dass du sehr glücklich bist, dort oben zu stehen. Du hältst es nicht für selbstverständlich.“ Jesse zögerte und sagte dann ein wenig schüchtern: „Du leuchtest.“

„Leuchte?“ Christopher konnte nicht anders als zu lachen. „Ich? Ha! Ich bin … Wow, ich weiß nicht, was ich sagen soll.“

„Ich kann das sehen.“ Jesses Mund hob sich an den Winkeln. Er schüttelte den Kopf. „Lass uns jetzt das Thema wechseln. Ich fühle mich wie ein Idiot, mich als Fan zu outen. Wie wäre es, wenn ich etwas von meiner Würde zurückerlange und wir eine Weile über Schmuck reden?“

„Nein, nein, du bist großartig! Ich bin der Idiot, der kein Kompliment annehmen kann.“

„Du hast recht“, sagte Jesse. Seine dunklen Augen waren weich und warm. Christopher beugte sich ein wenig vor, angezogen von ihrer Offenheit. „Das kannst du nicht. Daran solltest du wirklich arbeiten. Aber ich fand es erfrischend, dass sich jemand in einem Zeitalter von Selfies und unerbittlicher Eitelkeit selbst verurteilt.“

Christophers Blick wanderte zu dem Foto mit der Frau und den Kindern.

„Also“, fuhr Jesse fort und faltete die Hände auf dem Tisch, als er sich vorbeugte. „In deiner Nachricht hast du erwähnt, dass dies ein besonderes Stück sei, das du anfertigen lassen möchtest. Für deine Großmutter, wenn ich es richtig in Erinnerung habe?“

Christopher räusperte sich. „Ja. Obwohl ich zugeben muss, dass ich mich ein wenig schäme, nachdem ich deine Arbeit gesehen habe. Ich fürchte, es ist eine Verschwendung deines Talents. Vielleicht ist es deine Zeit nicht wert.“

„Großmütter sind immer meine Zeit wert. Ich liebe Großmütter.“ Jesse lachte ein wenig.

Christopher bemerkte wieder, dass Jesses Finger wunderschön waren. Er bewunderte ihre Länge und Form und fragte sich plötzlich, wie sie sich auf seinem Körper anfühlen würden. Und dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf den weich schlagenden Puls an Jesses Hals und stellte sich vor, wie dieser sich unter seiner Zunge anfühlen würde.

Christopher Ryder, diese Gedanken sind unrein, junger Mann!

Aber Großmutters Stimme in seinem Kopf gluckste, als sie ihn ausschimpfte.

„Also, erzähl mir von dem Medaillon?“, fragte Jesse. „Oder muss ich dir die gleiche Behandlung zukommen lassen wie nervösen Bräutigamen?“

„Die was?“

„Nun, Bräutigame sind immer bemüht, ihrer Braut zu gefallen. Manchmal muss ich ihnen etwas mehr Sicherheit geben.“

Christophers Atem ging schnell. „Wie bitte?“

„Lass mich dir sagen, was ich ihnen immer sage. Ich werde nur Braut durch Großmutter ersetzen.“ Er zwinkerte und Christopher schluckte schwer. „Lass mir dir versichern, dass das Glück deiner Großmutter mir wichtig ist. Dass es mir wichtiger ist, als ein Stück anzufertigen, das meinem Ego schmeichelt.“

„Ja?“

„Ich hoffe, das hilft?“

Christopher spürte, wie ihn ein Rausch von Kopf bis Fuß durchfuhr, und fragte sich, ob er nervös wirkte. „Ich habe das noch nie zuvor gemacht.“ Er gestikulierte mit einer Hand herum, um den Laden in seiner Gesamtheit zu erfassen. „Es tut mir leid. Ich möchte nur, dass es perfekt ist. Das Medaillon meine ich. Für meine Großmutter.“

„Natürlich willst du das. Und es wird großartig. Das verspreche ich. Mal sehen …“ Jesse schaute auf seine Notizen. „Du hast erwähnt, dass du ein goldenes Medaillon für sie willst. Und du möchtest, dass es vier Fotos enthält. Ich vermute, für jedes ihrer Enkelkinder?“

„Richtig“, sagte Christopher.

„Und auf der Rückseite soll sich ein Zitat befinden, das du eingraviert haben möchtest.“

„Ja.“ Er hatte das Zitat nicht in der Nachricht hinterlassen, da es ihm etwas peinlich gewesen war, es laut auszusprechen, als er Jesse Birch noch für einen alten Mann gehalten hatte. Jetzt, da er hier war und auf Jesses üppige Wimpern und seinen sexy Mund schaute, fiel es ihm noch schwerer. „Es ist ein Lied. Sie hat es mir immer vorgesungen. Nun, sie hat es uns allen vorgesungen.“

Christopher erinnerte sich lebhaft daran, wie es sich anfühlte, fünf Jahre alt zu sein, an seine Großmutter gelehnt, als sie ihn wiegte und leise in sein Ohr sang, bis er das Gefühl hatte, warm, schläfrig und in Sicherheit zu sein.

„Aber wenn sie es sang, fühlte es sich an, als wäre es nur für dich?“, fragte Jesse leise.

„Ja. Woher wusstest du das?“

Jesse starrte ihn an, sein Blick senkte sich zu Christophers Mund und wanderte dann langsam wieder zu seinen Augen. Christophers Blut floss in seine Leistengegend und er biss sich auf die Wange in der plötzlichen Angst, dass er hart werden würde, wenn Jesse ihn so ansah.

„Ich habe mich schon einmal so gefühlt. Zuzuhören, wie jemand singt.“ Jesse senkte den Kopf und nahm seinen Stift. „Das Zitat?“

Christopher räusperte sich, aber trotzdem kam die Zeile von You Are My Sunshine nur im Flüsterton heraus.

Jesse warf ihm einen kurzen Blick zu – nackte, pure Hitze war kurz in seinem Gesicht abzulesen –, dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder seinen Notizen zu. Christopher sah zu, wie Jesse die Wörter in kleinen Blockbuchstaben niederschrieb, die sich von der schnörkeligen Handschrift vom Rest der Nachricht unterschieden, die er hinterlassen hatte.

„Es ist kitschig, ich weiß“, sagte Christopher und wollte seine Verlegenheit und Erregung mit einer Art Entschuldigung beseitigen.

Jesse sang die ersten Zeilen des Liedes in einem weichen, angenehmen Bariton. Seine Augen funkelten, als er abbrach und fragte: „Würdest du es singen? Für einen Fan?“

War das hier die Versteckte Kamera?

Christophers Handflächen wurden feucht. „Ich weiß nicht …“

„Ist in Ordnung. Ich wollte nicht, dass du dich unwohl fühlst.“

„Nein, nein, natürlich nicht. Ich meine, ich verdiene meinen Lebensunterhalt damit –“

„Ich bin bereit, zu zahlen.“ Jesses Mund zitterte, als wäre er kurz davor, zu lachen.

„Neckst du mich?“