Mr. Naughty List - Leta Blake - E-Book

Mr. Naughty List E-Book

Leta Blake

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Beschreibung

Kann Aaron Danvers ehemaliger Schüler ihm etwas besinnliche Stimmung einbläuen? Darf ein Lehrer einen heißen Urlaubsflirt mit seinem jungen ehemaligen Schüler wollen? Und noch verbotener: Darf er wollen, dass dieser Ex-Schüler ihm den Hintern versohlt? Es ist wieder einmal Weihnachten, und Aaron ist immer noch nicht geoutet und von Natur aus devot. Mit einer jugendlichen Indiskretion, die seine Lehrer-Akte in Sachen Moral belastet, kann er es sich nicht leisten, seinen Gelüsten nachzugeben, egal, wie sehr sich sein Verlangen aufstaut und ihn bedürftig macht. Bis einer seiner ehemaligen Schüler plötzlich wieder auftaucht. Der dominante und charmante RJ weiß, was Aaron braucht – intensive, feurige Begegnungen und eine feste Hand. Als Weihnachten naht, hilft RJ Aaron, sein wahres Ich zu entdecken. Aber da gibt es noch seine Familie und unangenehme Konsequenzen erwarten ihn – denn alles Gute hat einmal ein Ende. Oder kann ihre heiße Weihnachtsaffäre sie zu einem dauerhaften Liebespaar machen? Mr. Naughty List ist eine heiße MM-Romanze, die zur Home for the Holidays-Reihe gehört, aber auch als eigenständige Geschichte gelesen werden kann. Sie beinhaltet leichtes D/s, Spanking, einen älteren Sub mit einem jüngeren Dom, ehemalige Schüler/Lehrer-Dynamik und all die warmen, süßen Weihnachts-/ Wintergefühle mit einem starken Happy End.

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Seitenzahl: 524

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Leta Blake

Mr. Naughty List

Home for the Holidays 2

Aus dem Englischen von Simon Rhys Beck

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2023

http://www.deadsoft.de

© the author

Titel der Originalausgabe: Mr Naughty List – Home for the Holidays 2

Übersetzung: Simon Rhys Beck

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Bildrechte:

© Laura Pashkevich – stock.adobe.com

© Embers Creative – stock.adobe.com

© vasye – stock.adobe.com

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-603-6

ISBN 978-3-96089-604-3 (ebook)

Inhalt:

Kann Aaron Danvers ehemaliger Schüler ihm etwas besinnliche Stimmung einbläuen?

Darf ein Lehrer einen heißen Urlaubsflirt mit seinem jungen ehemaligen Schüler wollen? Und noch verbotener: Darf er wollen, dass dieser Ex-Schüler ihm den Hintern versohlt?

Es ist wieder einmal Weihnachten, und Aaron ist immer noch nicht geoutet und von Natur aus devot. Mit einer jugendlichen Indiskretion, die seine Lehrer-Akte in Sachen Moral belastet, kann er es sich nicht leisten, seinen Gelüsten nachzugeben, egal, wie sehr sich sein Verlangen aufstaut und ihn bedürftig macht.

Bis einer seiner ehemaligen Schüler plötzlich wieder auftaucht.

Der dominante und charmante RJ weiß, was Aaron braucht – intensive, feurige Begegnungen und eine feste Hand. Als Weihnachten naht, hilft RJ Aaron, sein wahres Ich zu entdecken. Aber da gibt es noch seine Familie und unangenehme Konsequenzen erwarten ihn – denn alles Gute hat einmal ein Ende.

Oder kann ihre heiße Weihnachtsaffäre sie zu einem dauerhaften Liebespaar machen?

Mr. Naughty List ist eine heiße MM-Romanze, die zur Home for the Holidays-Reihe gehört, aber auch als eigenständige Geschichte gelesen werden kann. Sie beinhaltet leichtes D/s, Spanking, einen älteren Sub mit einem jüngeren Dom, ehemalige Schüler/Lehrer-Dynamik und all die warmen, süßen Weihnachts-/ Wintergefühle mit einem starken Happy End.

Kapitel 1

Frisch geschrubbt und voller Tatendrang schritt Aaron an den glitzernden Geschäftsfronten des Market Square vorbei. Knoxville war mit Lichtern, Bändern und Kränzen weihnachtlich herausgeputzt, und er summte ‚Jingle Bell Rock‘ mit, als er auf dem Weg zu der gemütlichen, vertrauten Kneipe, in der er normalerweise seine Verabredungen traf, an der Freiluft-Eisbahn vorbeikam.

Er zahlte dem ledergekleideten Türsteher der Scruffy City Hall die 10 Dollar Eintritt für die Band des Abends und ging hinein, wo er den schummrigen, holzgetäfelten Innenraum bereits voller Leute vorfand. Da Aaron lieber früher als später einen Drink brauchte, bahnte er sich einen Weg durch die Menge bis zur Bar, wo er seine Bestellung bei dem hippen, bärtigen Barkeeper aufgab und innerhalb weniger Augenblicke mit einem herrlichen Whisky Sour beglückt wurde.

Ein ungewohntes und doch sehr weihnachtliches Lied erklang, das aus dem Nebenraum kam. Die kleine, überfüllte Bühne, die durch eine bogenförmige Türöffnung zu sehen war, blinkte im Lichterglanz einer Discokugel.

Das Publikum, eine Mischung aus Studenten und alleinstehenden Mittdreißigern, tanzte und sang zu dem eingängigen Weihnachtsrefrain mit. Silberne, goldene und rote Dekorationen hingen von der Decke des Pubs und verliehen dem Raum einen Glanz, der ihn aus der Mittelmäßigkeit in eine fröhliche Stimmung hob. Aarons Laune stieg sogar noch weiter an.

Er sah sich um, hoffte, keine bekannten Gesichter zu entdecken, und freute sich, dass er kein einziges fand. Dann betrat er den Raum, in dem die Band, die für die schmetternden Weihnachtsmelodien verantwortlich war, die Stimmung der betrunkenen und begeisterten Menge anheizte.

Aaron wich den Ellbogen aus, zwängte sich zwischen die Tänzer und suchte sich einen Platz, an dem er zusehen, zuhören und trinken konnte. Die Rock'n'Roll-Songs ließen seine Knochen vibrieren, ein jubelndes, weihnachtlich angehauchtes Summen, das seine Trommelfelle schmerzen ließ, aber Aaron hatte nicht vor, lange genug hier zu sein, um sich Sorgen um sein Gehör zu machen. Jedenfalls drückte er sich selbst die Daumen.

Er war an diesem Abend schon einmal von einem potenziellen Liebhaber abgewiesen worden. In seiner Verzweiflung, seine derzeitige Phase des Zölibats zu beenden, war er bei der Auswahl dieses Dates weniger wählerisch als sonst. Abgesehen von einem Foto eines ansehnlichen, wenn auch ziemlich hart aussehenden Gesichts, an dem er den Kerl identifizieren konnte, kannte Aaron nur seinen Bildschirmnamen – CaptainKY – und war sich nicht einmal sicher, ob sich dieser auf den Zustand oder das Gleitmittel bezog.

Aaron hatte den Verlockungen von Dating-Apps fast sechs Monate lang widerstanden. Er war stolz auf sich, weil er das Internet und seine rechte Hand zur Befriedigung seiner Bedürfnisse nutzte, anstatt die sexuellen Dienste eines Fremden in Anspruch zu nehmen. Nicht, dass er zölibatär leben wollte. Es war nur so verdammt schwer, in einer Stadt von der Größe Knoxvilles einen unverbindlichen Fick zu finden. Nicht als Lehrer, der versucht, seine Sexualität geheim zu halten.

Das Letzte, was Aaron gebrauchen konnte, war, am Elternabend dem verhuschten Vater eines Schülers gegenüberzustehen oder herauszufinden, dass er den älteren Bruder einer seiner aktuellen Schülerinnen gevögelt hatte, oder in eine andere schreckliche Situation zu geraten, die ihn seinen ohnehin schon ramponierten Ruf und vielleicht seinen Job kosten konnte.

Deshalb griff er mit Vorliebe Männer auf, die auf der Durchreise waren: meistens Geschäftsreisende, aber auch Lastwagenfahrer, wenn er auf der Suche nach einer bestimmten „expérience spécifique“ war. Das war eigentlich auch der Plan für heute Abend gewesen. Ein kräftig aussehender Mann, der auf der Durchreise war, hatte ihm angeboten, sich mit ihm auf einen Drink zu treffen und ihm einen langen, langsamen Blowjob zu geben, gefolgt von einer schönen, harten Tracht Prügel. Aber der Trucker hatte in letzter Minute aus einem unbestimmten Grund abgesagt.

Was auch okay war. Na gut. Wie auch immer.

Auch Aaron hatte sich manchmal vor Verabredungen gedrückt. Es kam vor – Zweifel oder ein Schutzinstinkt warnten ihn vor einem bestimmten Rendezvous, also ließ er es bleiben. Aber heute Abend hatte er es gebraucht. Er hatte sich schon seit Wochen danach gesehnt. Kaum hatte der Trucker ihn abserviert, war Aaron schon wieder auf den Apps unterwegs, um nach einem neuen Fang zu suchen.

Und er hatte einen gefunden.

Gnadenloses Gesicht. Baseballkappe. In der Stadt wegen einer Monstertruck-Show.

Aaron konnte dieses Interesse überhaupt nicht nachvollziehen, aber umso besser. Es war so viel unwahrscheinlicher, dass sie viel Zeit mit Reden verbringen mussten. Stattdessen würde er CaptainKY hier im Club testen, sich vergewissern, dass er sich bei ihm sicher fühlte, und dann zu dem Hotel zurückgehen, in dem der Typ wohnte. Wahrscheinlich nicht das Hotel Oliver, denn das war für den stereotypen Monstertruck-Fan ein bisschen zu nobel, aber vielleicht das neue Business-Class-Hotel Marriott, das gleich um die Ecke von seiner Wohnung lag. Aaron würde nicht einmal in Versuchung kommen, dort zu übernachten.

Er nippte an seinem Cocktail und schlenderte näher an die Bühne heran, angezogen vom Schein der falschen Buntglasfenster auf dem Balkon über dem Raum und der optischen Täuschung der schlossähnlichen Halle hinter der Bühne selbst. Der Sound war perfekt, und die Musiker waren weihnachtlich gekleidet – Rentiergeweihe, Armbänder aus Lametta, die Mädchen trugen schimmerndes Haar und Make-up. Unterhaltung im Stil von Knoxville.

Aaron war zwischen neun und halb zehn mit CaptainKY verabredet, aber er war zu aufgeregt und geil, um zu Hause zu warten, also war er ein bisschen früher gekommen. Er dachte, ein Drink im Voraus würde seine Nervosität lindern und ihn insgesamt lockerer machen. Für das, was auch immer im Hotel passierte. Gott, er hoffte, dass der Kerl gut bestückt war. Er brauchte einen Schwanz in seinem Arsch mehr als er Luft zum Atmen brauchte.

Aaron ertränkte diesen verzweifelten Gedanken mit einem weiteren Schluck Whiskey. Als er seine Aufmerksamkeit auf die Band richtete, stellte er fest, dass sie aus zwei Mädchen und zwei Jungs bestand: eine glitzernde, wahrscheinlich koreanische Frau am Schlagzeug, eine feenhafte Dame mit blauen Haaren, die an einem geschmückten Keyboard saß, und zwei feine, drahtige Stücke Männerfleisch am Bass und an der Gitarre. Die beiden Jungs waren sich auch nicht zu schade, das Weihnachtsthema aufzugreifen. Der eine trug Glöckchen an einem Rentiergeweih, der andere hatte Lametta-Armbänder und -Halsketten, die bei jeder Bewegung schimmerten.

Aarons Blick blieb an dem Leadsänger/ Gitarristen hängen. Unter dem Rentiergeweih trug der Mann sein hellbraunes Haar kurz geschoren, und er besaß eine ungezwungene Sexualität, die Aarons Brustwarzen kribbeln und seinen übereifrigen Schwanz heiß werden ließ.

Aaron rollte über seine eigene Geilheit mit den Augen und ärgerte sich darüber, wie ein empfindlicher Nerv zu sein, der bei jedem halbwegs erregenden Reiz zucken musste. Wie dieser große, gut aussehende Sänger mit seinem schönen, kantigen Körper. Verdammt! Der Typ erregte ihn nicht halbwegs – sondern komplett!

Als er endlich eine leere Ecke gefunden hatte, in der er auf die Ankunft von CaptainKY warten konnte, starrte Aaron auf die Bühne, kaute auf seiner Unterlippe und sabberte fast über die muskulösen Arme und attraktiven Hände des Sängers. Es war wie ein Gedicht, wie sich die Sehnen seiner Unterarme bei jedem Akkordwechsel bewegten. Aarons Haut fühlte sich lebendig an, wenn er nur zusah.

Während die Minuten vergingen und Aaron langsam an seinem Whiskey nippte, um seine angespannten Nerven zu entspannen, bewunderte er die kräftige Kieferpartie des Sängers und die drahtigen Sehnen seines Halses, während er sowohl fremde als auch bekannte Weihnachtslieder sang. Seine Stimme war ein kratziger Bariton, der Aaron einen Schauer über den Rücken jagte.

Aaron leckte sich erneut über die Lippen und malte sich aus, wie er diesen Mann irgendwo auf ein Bett schob, seine langen Beine spreizte und das hübsche Paket auspackte, das sich in der eng anliegenden Jeans abzeichnete.

Aaron errötete vor Verlangen und fächelte sich Luft zu. Er hätte kein Sakko tragen sollen. Oh Gott. In Anbetracht der Tatsache, dass er schon vor seiner Ankunft in der Kneipe verdammt geil gewesen war, war es nicht verwunderlich, dass er oder besser seine Fantasie eine so schmutzige Wendung genommen hatte, als er einen Mann vor sich hatte, der mit seinem rauen Aussehen genau seinem Typ entsprach. Dies war die Art von Mann, die eindeutig wusste, was sie mit ihren Händen tun musste – jedenfalls nach der Arbeit, die diese Finger auf dem Griffbrett verrichteten.

Aaron stand da, hart wie Holz unter seinem Mantel, und war nicht auf die Wirkung vorbereitet, die eine bestimmte Kinnbewegung des Sängers haben würde. Diese schnelle Bewegung, gefolgt von seinem durchdringenden Blick, der über die Menge schweifte, löste in Aaron eine Erinnerung aus.

In diesem Moment erkannte er ihn.

RJ Blitz, ein ehemaliger Highschool-Schüler, hatte in Aarons allererster Englischstunde als Lehrer in der letzten Reihe gesessen. Er hatte Aaron angestarrt, als wolle er ihn umdrehen, verprügeln oder etwas anderes tun, das Aaron das ganze Schuljahr über in ständiger Angst gehalten hatte.

Verdammt.

Selbst jetzt kämpfte Aaron mit der Angst, dass ein Schüler seine Sexualität erraten und sie nutzen würde, um ihm zu schaden – entweder beruflich oder körperlich. Er brauchte nur noch einen weiteren Schlag und er wäre draußen. Schon vor fünf Jahren, vor dem Fehler und der darauf folgenden Demütigung, war RJ Blitz ein Schüler gewesen, mit dem Aaron den Umgang vermieden hatte.

RJ war genauso groß und schlaksig gewesen wie jetzt, aber er hatte auch eine Intensität ausgestrahlt, die Aaron bis ins Mark erschüttert hatte. Gewalt. Anziehungskraft. Aaron wusste es nicht, aber er hatte es nicht riskiert, die Hand danach auszustrecken, selbst als RJs Noten trotz seiner offensichtlichen Intelligenz unterdurchschnittlich waren.

Als RJ seinen Abschluss gemacht hatte, war Aaron nicht nur froh gewesen, sondern er hatte auch nicht damit gerechnet, ihn jemals wiederzusehen. Nun, vielleicht in den Lokalnachrichten, verhaftet wegen Gott weiß was. Wahrscheinlich wegen Drogen. Aber um fair zu sein, war das eine größtenteils unterbewusste Meinung, die er sich über RJs mögliche Zukunft gebildet hatte, basierend auf der Angst, die RJ ihm immer eingeflößt hatte, der mangelnden Anstrengung, die er in seine Arbeit gesteckt hatte, und schichtbedingten Vorurteilen, für die Aaron sich sogar jetzt noch schämte, sie zuzugeben.

Er blinzelte RJ auf der Bühne an, der voller Sexualität und schimmernder, weihnachtlich angehauchter Lust war. Wie konnte sein ehemaliger Schüler der heiße Feger sein, nach dem er sich sehnte, während er die kleine Bühne in der Scruffy City Hall beherrschte? Ein Schüler. Sein Schüler. Und Aaron hatte ihn fast dreißig Minuten lang angeglotzt. Sogar hart für ihn.

Mist.

Dem freundlichen Lächeln nach zu urteilen, das er dem ausgelassenen Publikum schenkte, und den liebevollen, glücklichen Blicken, die er seinen Bandkollegen zuwarf, war RJ nicht mehr der wütende junge Mann, der er einmal gewesen war. Aber da war immer noch etwas in ihm, das Aaron einen Schauer über den Rücken jagte, ihn aufwühlte und, zumindest heute Abend, seine Lust weckte.

Vielleicht lag es daran, dass sich auf der Bühne RJs gesamte ehemals aufgestaute, feindselige Energie in puren Sex verwandelte. Egal, welchen Song er spielte – eine Rockversion eines alten Weihnachtsliedes oder eine kitschige Version von ‚Frosty the Snowman‘ – Sex umgab ihn wie eine glühende Aura der Leidenschaft.

Ja, sein ehemaliger Schüler war wahrscheinlich das Köstlichste, was Aaron seit Ewigkeiten zu Gesicht bekommen hatte. Zumindest seit dem letzten Cocky Boys-Pornoclip, auf den er sich vor einigen Tagen einen runtergeholt hatte.

RJ wippte wieder mit dem Kopf, und Aaron stöhnte auf. Definitiv noch leckerer als Pornos.

Aaron blieb in seiner Ecke sitzen und nippte an seinem Drink. Er beobachtete. In der dunklen Abgeschiedenheit seiner Gedanken erlaubte er sich, sich alle möglichen schmutzigen Dinge vorzustellen: RJ, der ihn gegen die Wand der Gasse hinter der Scruffy City Hall drückte, RJs Hand in seinem Nacken, während er Aaron einen runterholte und ihm kleine Brummgeräusche ins Ohr hauchte, wie die, die er gerade während einer künstlerischen Darbietung von ‚Rudolph the Red-Nosed Reindeer‘ losgelassen hatte. RJ, wie er ihn durchnahm, während Aaron vor Freude weinte.

Er drückte sich gegen die Wand und atmete langsam ein. Er wünschte sich, CaptainKY würde endlich kommen, damit er Sex haben konnte. Und er hoffte auf der anderen Seite, dass CaptainKY sich Zeit ließ, sodass er RJs ganze Show sehen konnte. Er wollte keine einzige, sexy Minute verpassen.

Heilige Weihnachten. Was war nur los mit ihm? Er musste heute Abend unbedingt gefickt werden. Das war die einzige Erklärung dafür, dass es so verlockend falsch war, sich von einem ehemaligen Schüler – der Lametta an den Handgelenken, ein glitzerndes Rentiergeweih auf dem Kopf und ein sexy Grinsen auf dem Gesicht trug – durchficken zu lassen. So verkorkst es auch war, es gab nicht viel, was Aaron nicht tun würde, um eine Chance bei RJ Blitz zu bekommen. Sieh ihn dir nur an, verdammt noch mal…

Aber Aaron war nie so gut oder so böse gewesen. Der Weihnachtsmann verteilte keine solchen Geschenke. Zumindest nicht nach seiner Erfahrung.

CaptainKY musste es einfach tun. Wo zum Teufel blieb er nur?

***

RJ hüpfte von der Bühne herunter, das Adrenalin rauschte noch immer wild und explosiv durch ihn hindurch, und riss sich das Rentiergeweih und die Lametta-Armbänder vom Leib. Er warf sie unter dem Gekreische eines halben Dutzend Mädchen in die kleine Menge und machte sich auf den Weg zur Bar. Fremde Hände klatschten ihm auf den Rücken, Männer gratulierten ihm, und junge Frauen versuchten, seinen Blick zu erhaschen, um ihm mehr als nur Komplimente zu machen. Leider waren Mädchen im Allgemeinen nicht sein Typ, und er hatte im Moment nur Augen für eine Sache: ein kaltes Bier.

RJ winkte den Barkeeper heran und wurde mit einem kühlen, frisch eingeschenkten Becher belohnt. Er nahm einen tiefen Schluck, schloss die Augen und stöhnte, als der bittere Gerstengeschmack seinen Mund füllte und seine trockene Kehle befeuchtete. Perfekt.

„Hast du sie gehört?“, fragte Madison, die Pianistin der Band, die an seinem Ellbogen auftauchte, während der Rest der Band direkt hinter ihr stand. Sie grinste ihn mit leuchtenden blaugrünen Augen an, die dieselbe Farbe wie ihr Haar hatten. „Sie lieben uns.“

RJ zuckte mit den Schultern. „Es ist schwer, Weihnachtsmusik nicht zu lieben, wenn man ein Fan der Jahreszeit ist.“

Doch er wusste genau, was Madison meinte. Das Publikum hatte sie heute Abend wirklich geliebt. Sie hätten noch eine Stunde spielen können, wenn sie das Material fertig gehabt hätten. Sein ganzer Körper bebte von dem Hochgefühl, das nur ein guter Auftritt vor einem aufgeschlossenen Publikum hervorrufen konnte. Es war fast so befriedigend wie als professioneller Gitarrist mit bekannten Bands auf Stadiontournee zu gehen. Das Gebrüll der Menge, die Lichter der in die Luft gehaltenen Handys, die Schreie … All das brachte sein Herz zum Pochen wie nichts anderes.

„Also, was jetzt?“, fragte Madison, die an der Bar lehnte und zu ihm hinaufblickte. „Gehen wir alle auf eine Party oder …?“ Sie zuckte mit den Schultern.

„Für mich gibt es keine Party", mischte sich Joel, der Bassist und RJs alter Freund aus der Highschool, ein. „Ich muss morgen früh meinen Laden aufmachen.“ Joel besaß ein lokales Geschäft für Heim und Garten, und es war die Jahreszeit für Tannenbäume und Weihnachtssterne. Er drückte RJs Schulter. „Casey und ich werden zusammenpacken und nach Hause fahren. Sollen wir auch deine Sachen mitnehmen?“

RJ warf einen Blick auf Joels Freund, der in der Nähe stand, lächelnd, blond und strotzend vor Stolz. Casey war auch RJs Freund, und er hatte ihm im Laufe der Jahre näher gestanden als Joel, aber jetzt, wo sie ein Paar waren, sah RJ Casey fast nie allein. „Das wäre toll. Echt. Danke. Ich trinke noch das Bier aus, dann helfe ich beim Einladen.“

„Du bleibst hier und genießt deinen Drink“, erwiderte Joel. „Casey und ich können uns um das Verladen kümmern. Es sind nur deine Gitarre und dein Verstärker. Becca kümmert sich immer allein um ihr Schlagzeug. Wie sie es in den Kofferraum und auf den Rücksitz des Foresters verstaut, werde ich nie begreifen. Das ist Magie oder so. Aber, ja, Mann. Entspann dich. Genieß dein ein Bier.“

Casey kam auf ihn zu, griff nach RJs Arm und drückte ihn warm. „Du musst morgen nicht früh aufstehen. Im Gegensatz zu uns.“ Er blinzelte. „Hab Spaß heute Abend. Du hast es dir verdient.“

RJ war sich nicht sicher, warum Casey der Meinung war, er hätte es verdient, dass man ihm die lästige Arbeit des Verladens der Ausrüstung abnahm, aber er widersprach nicht. Er hatte sich daran gewöhnt, dass sich Roadies um diese Dinge kümmerten, wenn er mit großen Bands auf Tournee war, und es war schön, so zu tun, als wäre er selbst wichtig genug, um sich auch jetzt nicht darum kümmern zu müssen.

„Üben wir wieder am Freitag?“, fragte ihre Freundin und Schlagzeugerin Becca, die sich dicht hinter Madison schob und ihre Arme um ihre Mitte schlang. Beccas langes schwarzes Haar schimmerte vor Glitzereffekten, und sie hatte ihren Heiligenschein aus Lametta noch nicht abgenommen.

„Ja. Um sieben in Joels Wohnung.“ RJ nickte.

„Gut. Weil wir es brauchen.“

Casey spottete. „Meiner Meinung nach habt ihr euch schon toll angehört.“

Becca lachte und zwickte ihn ins Kinn. „Als ob du das wissen könntest. Du findest immer alles toll, was Joel macht.“

Casey küsste Joel auf die Wange und zuckte zustimmend mit den Schultern. Eine vage Eifersucht machte sich in RJ breit. Wie wäre es, jemanden zu haben, der ihn so begrüßte, sobald er die Bühne verließ? Wie wäre es, jemanden zu haben, der ihn auf diese Weise ansah? Selbst Pan, sein letzter Freund, hatte nie so vor Liebe gestrahlt.

Dann verdrängte er den Gedanken. Casey und Joel waren zwar süß, aber sie lebten nicht das Leben, das RJ für sich wollte. Zu sesshaft. Zu häuslich. Zu … süß. Wenn er sich jemals auf eine Beziehung einlassen würde, wollte er etwas, das mehr Biss hatte. Einen scharfen, heißen Funken.

Nach einer letzten Verabschiedung und der Versicherung, dass Joel und Casey wirklich nichts dagegen hatten, ohne ihn loszuziehen, schnappte sich RJ noch ein Bier und ging zur Vordertür hinaus. Der Innenhof der Scruffy City Hall lag direkt am Marktplatz. Ein paar Leute hielten sich dort auf, um mit dem Türsteher zu plaudern, aber die meisten zogen es an diesem kühlen Dezemberabend in Tennessee vor, drinnen zu bleiben.

RJ trug nur Jeans, Springerstiefel und ein schwarzes T-Shirt, und er ließ sich in einen Stuhl an einem schmiedeeisernen Tisch fallen. Der Schweiß auf seiner Haut kribbelte in der kühlen Brise. Normalerweise hätte er zumindest eine Jacke gebraucht. Aber nach der Hitze des vollgestopften Innenraums und der bitteren Kälte des Winters, den er letztes Jahr in Finnland verbracht hatte, fühlte sich die kühle Nachtluft auf seiner schweißnassen Haut gut an.

Die Sterne funkelten zwischen den dunklen Wolken, die von den Lichtern des Platzes überlagert wurden, und der Duft von gebuttertem Popcorn wehte von der Eisbahn herüber, die die Stadt jedes Jahr zur Weihnachtszeit aufstellte. Quietschendes und glucksendes Gelächter drang aus dem ummauerten Eisoval und vermittelte ein bittersüßes Gefühl der Unschuld, das durch die dröhnende Tanzmusik aus dem Pub hinter ihm aufgehoben wurde.

RJ strich sich mit der Hand über sein kurz geschnittenes Haar und seufzte genüsslich. Er legte die Füße auf den Stuhl neben sich und kippte einen weiteren Schluck Bier hinunter, dann holte er sein Handy heraus und öffnete die neueste Dating-App. Irgendwo in der Menge der Urlauber musste ein heißer Feger zu finden sein, entweder in der Kneipe selbst oder in einem anderen Lokal am Market Square. Es war Knoxville, um Himmels willen. Die Heimat von unzähligen verklemmten, geilen Männern.

Während er gedankenlos stöberte, gingen die Weihnachtseinkäufer in den Geschäften am Market Square ein und aus. Alle Schaufenster waren wunderschön mit Grünzeug, Lichtern, bunten Bändern, Schleifen und leuchtenden Sternen geschmückt. RJ hatte sich gerade entschlossen, die App und die Suche nach Sex aufzugeben, als die Tür der Scruffy City Hall aufflog und ein schlanker Mann in den späten Zwanzigern herausstakste, der sein Mobiltelefon gegen sein Ohr drückte. Seine Schultern wölbten sich gegen den kalten Windstoß, und er zitterte trotz seines Tweed-Sportmantels stark.

„Tut mir leid, ich konnte dich nicht hören“, sagte der Mann atemlos. „Kommst du später?“

RJs Herz stolperte. Der Mann stand vielleicht mit dem Rücken zu RJ, aber RJ würde diese Stimme und diesen heißen Hintern überall erkennen.

Überall. Fucking. Wo auch immer.

Ein elektrisches Kribbeln schoss RJs Wirbelsäule hinauf.

Er setzte sich aufrecht hin, ließ seine Füße auf den Boden fallen und fuhr sich mit der Hand über die Haare, um sie wieder zu glätten, bevor er schnell an seinen Achseln schnupperte. Nicht zu krass. Aber auch nicht zu frisch. Verschwitzt, wie ein Mann sein sollte.

Ja, ein Mann.

Nicht länger ein Junge. Es war fünfeinhalb lange Jahre her, dass er Mr. Aaron Danvers das letzte Mal persönlich gesehen hatte, und RJ war damals ganz sicher kein Mann gewesen.

„Oh.“ Mr. Danvers’ Kopf und Schultern sanken. Ein Hauch von kondensiertem Atem umgab ihn, und er wippte von einem Fuß auf den anderen. Plötzlich hob er eine Hand und machte eine drohende Geste Richtung Himmel. Dann, ganz beiläufig, als hätte er nicht gerade dem Himmel seine Wut mitgeteilt, sagte er: „Natürlich. Kein Problem. Ich verstehe das vollkommen. Ich wünsche dir eine gute Nacht.“ Mr. Danvers beendete das Gespräch und fluchte leise, bevor er das Telefon in seine Jackentasche gleiten ließ.

Mit dem Rücken zu RJ lehnte er sich an einen anderen leeren Terrassentisch und blickte in Richtung der Eislaufbahn. Einige lange Sekunden verstrichen, während die Musik von der Eisbahn zu ihnen herüberwehte, Mariahs ‚All I Want for Christmas Is You‘ zusammen mit dem fröhlichen Geschrei und dem schallenden Gelächter von Menschen, die zu jung waren, um zu wissen, wie beschissen die Welt sein konnte. Oder wie es ist, im Stich gelassen zu werden.

Mr. Danvers stieß einen langen, frustrierten Seufzer aus. „Scheiße“, flüsterte er schließlich.

„Sind Sie versetzt worden, Mr. Danvers?“, fragte RJ. Sein Inneres zitterte vor prickelnder Aufregung, als hätte ihm jemand Pop Rocks ins Bier getan. Aber er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, kreuzte seine Stiefel an den Knöcheln und versuchte wie der Teufel, ruhiger zu wirken, als er sich fühlte.

Mr. Danvers’ Schultern spannten sich wieder an, und er drehte sich um.

RJ hielt den Atem an. Gott, er ist immer noch perfekt.

Mr. Danvers’ goldbraunes Haar, das von den weißen Lichtern rund um den Marktplatz angestrahlt wurde, bewegte sich in der Brise und wirkte weich. Er hatte sich die zierliche Statur bewahrt, die selbst RJ im Teenageralter das Gefühl gegeben hatte, neben ihm wie ein Riese zu wirken. Alles an Mr. Danvers’ geschmeidigem Körper war schon immer erregend gewesen – sein langer Hals, seine fein verjüngten Finger und vor allem sein knackiger Hintern, der derzeit in einer sexy Hose steckte, die perfekt saß und seine Form zur Geltung brachte.

Fuck.

RJ hatte oft davon geträumt, in dieses pralle Fleisch zu beißen. Natürlich hatte er noch nie das Vergnügen gehabt. Schließlich war Mr. Danvers sein Lehrer gewesen. Tabu und nicht zu erreichen. Ganz zu schweigen davon, dass er den verzweifelten Wunsch des schlaksigen, aknegesichtigen, langhaarigen, schwulen Jungen im hinteren Teil des Klassenzimmers in der sechsten Stunde des Englischunterrichts gar nicht wahrnahm.

Ein Anflug von Selbstvertrauen hob RJs Kinn an. Sein Gesicht hatte sich inzwischen erholt, und er hatte sich vor Jahren die langen, fettigen Haare abgeschnitten. Er war jetzt ein attraktiver, erwachsener Mann. Er war um die Welt gereist, verdammt noch mal, und hatte eine Menge Kerle gevögelt. Er war nicht mehr der unbeholfene Junge, der er einmal gewesen war.

Als Mr. Danvers ihn überrascht und mit einem Anflug von Verwirrung auf seiner gerunzelten Stirn anstarrte, versuchte RJ, all seine hart erarbeitete Erfahrung als Erwachsener in seinen Ausdruck zu legen. Denn obwohl es nie eine Bestätigung oder auch nur Gerüchte über Mr. Danvers in der Schule gegeben hatte, hatte RJ einen mörderischen Schwulenradar. Und Mr. Danvers war so schwul wie eine Regenbogenflagge, die auf der Pride Parade ihre besten Farben zeigte.

Er wusste es einfach.

Mr. Danvers starrte ihn einen langen, schrecklichen Moment lang an, und RJs Tapferkeit wurde erschreckend dünn – hatte Mr. Danvers ihn vergessen? – bevor ein Lächeln des Erkennens über Mr. Danvers’ feines Gesicht huschte. „RJ Blitz? Bist du das?“ Seine bezaubernden Grübchen wurden noch tiefer. „Ich habe dich oben auf der Bühne nicht erkannt.“

RJ zog eine Augenbraue hoch.

Seltsam. RJ war sich nicht sicher, warum Mr. Danvers gelogen hatte, aber er erkannte Schwachsinn, wenn er ihn hörte. Vielleicht hatte Mr. Danvers RJ in der Dunkelheit des Innenhofs vor der Bar einen Moment lang nicht erkannt, als er sich zum ersten Mal umgedreht hatte, aber er hatte verdammt genau gewusst, wer auf der Bühne stand. Ein kleiner Unterton in Mr. Danvers’ Stimme und eine plötzliche Anspannung in seinen Augen hatten ihm das verraten.

Die Neugier über Mr. Danvers’ Lüge nagte an ihm, so wie er gern an Mr. Danvers Hintern nagen würde. Was hatte ihn zu dieser Aussage veranlasst? Sicherlich konnte es nicht sein …

Es konnte nicht sein …

Oder?

Und doch, in diesem Moment wusste er es. Mr. Danvers hatte ihn attraktiv gefunden. Mr. Danvers dachte, er sei heiß. Mr. Danvers … ja.

Ein Plan entstand.

Zuerst würde er Mr. Danvers dazu bringen, hier und jetzt mit ihm zu plaudern. Dann würde er ihn überreden, sich einen Drink zu holen und länger zu reden. Und dann, als Höhepunkt, würde er den Mann verführen. Allerdings würde er erst einmal nur mit dem Drink beginnen. Wenn er zu viel über etwas anderes nachdachte, würde er explodieren wie ein billiger Verstärker, der an einen überlasteten Stromkreis angeschlossen wurde. Aber mit etwas Glück würde er heute Abend herausfinden, wie weich der Hintern von Mr. Danvers wirklich war.

„Hat Ihnen die Show gefallen?“, fragte RJ und nahm einen weiteren langsamen Schluck Bier, froh, dass seine Hand nicht zitterte.

„Aber natürlich!“ Mr. Danvers’ Grübchen beglückten RJ erneut. „Ihr wart großartig. Du bist doch RJ, oder? Ich habe mich doch nicht falsch erinnert, oder?“ Mr. Danvers steckte die Hände in die Hosentaschen und wippte auf seinen Fersen zurück. Es war diese vertraute, selbstgefällige Lehrerhaltung, die RJ dazu brachte, sich vorzustellen, wie er Mr. Danvers über seinen breiten, unordentlichen Schreibtisch beugte und ihm den Hintern versohlte, bis er sich nicht mehr so distanziert und erwachsen verhielt.

Immerhin war Mr. Danvers nur vier oder fünf Jahre älter als RJ. Dieser kleine Altersunterschied war RJ damals ein Dorn im Auge gewesen und hatte ihn davon abgehalten, auch nur zu hoffen, dass er bekommen konnte, was er wollte, und er wollte nicht zulassen, dass Mr. Danvers sich auch jetzt noch so benahm, als sei er so viel älter als er.

Mit einem, wie er hoffte, gewinnenden Grinsen hob RJ sein Bier zum Gruß. „Ja, das bin ich. RJ Blitz.“

„Sechste Stunde. Senior English Comp. Mein erstes Jahr als Lehrer“, sagte Mr. Danvers mit einem Lächeln. Er wippte wieder auf seinen Fersen zurück. Sein Haar kräuselte sich in der Brise, und die Musik von der Eislaufbahn schwoll mit einem neuen Lied an: Dolly Partons ‚Here You Come Again‘. Seltsam, dass es keine Weihnachtsmelodie war. „Es tut mir leid, dass ich damals kein so guter Lehrer war“, sagte Mr. Danvers achselzuckend. „Ich war noch dabei, irgendwie mit der Situation klarzukommen. Dieses Jahr scheint eine Ewigkeit her zu sein.“

Perfekt.

Sie waren sich schon mal einig, dass es keinen Grund für irgendwelche Respektsbekundungen zwischen Schüler und Lehrer gab. Vielleicht würde diese Verführung einfacher werden, als RJ es sich vorgestellt hatte.

„Für mich auch.“ RJ kippte den Stuhl neben sich vom Tisch weg. Das schwere Schmiedeeisen glitt mit einem Quietschen über den Beton der Terrasse, was kurzzeitig Dollys süße Stimme von der Eisbahn und die wummernde Tanzmusik aus dem Inneren des Pubs übertönte. „Nehmen Sie Platz.“

Mr. Danvers starrte eine lange Minute auf den Stuhl, wobei sich eine kleine Furche zwischen seine feinen Augenbrauen zog – hatte er sie so perfekt zurechtgezupft? –, bis sich sein Gesichtsausdruck wieder in ein Lächeln verwandelte. „Klar, was soll’s? Warum nicht?“

„Ich meine, es sei denn, Sie haben heute Abend etwas anderes vor“, sagte RJ mit einem wissenden Augenzwinkern.

Mr. Danvers rollte mit den Augen und deutete auf das Telefon in seiner Tasche. „Anscheinend habe ich das nicht. Und ich bin noch nicht bereit, nach Hause zu gehen. Ich würde mich gerne mit einem ehemaligen Schüler unterhalten.“ Er warf RJ einen fast koketten Blick zu. Oder war das nur Wunschdenken von RJ? „Ich hole mir nur schnell etwas zu trinken, um mich warm zu halten.“ Mr. Danvers nickte in Richtung der Bar im Inneren. „Willst du noch ein Bier, wenn ich schon dabei bin? Das geht auf mich.“

„Klar.“

Das Lächeln von Mr. Danvers wurde noch breiter und offenbarte wieder die Grübchen, die RJ von seinem Tisch in der letzten Reihe aus gesehen hatte. „Dein Ausweis?“

„Ernsthaft?“

Mr. Danvers zuckte mit den Schultern.

„Kommen Sie. Sie wissen, dass ich alt genug bin.“

Mr. Danvers schluckte und errötete. „Du siehst sehr jung aus.“

„Müssen ausgerechnet Sie sagen.“ RJ verstellte seine Stimme und machte sie verdammt kokett, um das Gewässer zu testen. „Ich meine, sei mal ehrlich, Babyface. Rasierst du dich überhaupt?“

Mr. Danvers lachte, aber er ließ nicht locker. RJ kniff die Augen zusammen und dachte an die Qualen zurück, die er jeden Tag erleben musste, wenn er Mr. Danvers beim Unterrichten zusah und dabei gegen immer heftigere Ständer ankämpfen musste. Damals hatte Mr. Danvers wie ein verklemmter, arroganter Traum mit Babygesicht ausgesehen, und in den letzten Jahren war er weder gealtert noch hatte er sich großartig verändert. Weiche Wangen, geschmeidige Lippen …

Gott, RJ wollte ihn immer noch blind vögeln.

„Es ist fünfeinhalb Jahre her“, sagte RJ, hob sein Kinn und sah Mr. Danvers entschlossen an. „Ich war neunzehn, als ich meinen Abschluss gemacht habe. Rechnen Sie mal nach.“

Mr. Danvers streckte seine Hand mit seinen schönen, blassen Fingern nach RJ aus. „AUSWEIS.“

Diesmal sprach er mit seiner Lehrerstimme, und RJ hätte ihn am liebsten gepackt und den selbstgefälligen Blick aus seinem idiotischen, wunderschönen Gesicht geküsst. Stattdessen grummelte er verärgert, als er seine Brieftasche aus der Gesäßtasche kramte, um seinen Führerschein hervorzuholen.

Mr. Danvers nahm ihm den Ausweis aus der Hand und begutachtete ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue.

„Sehen Sie? Vierundzwanzig Jahre alt. Es ist wirklich verdammt legal.“

Mr. Danvers warf einen kurzen, erschrockenen Blick auf RJ. Die potenzielle Doppeldeutigkeit seiner Worte packte RJ wie eine Hand um seine Eier, als Mr. Danvers’ Augen zu RJs Mund hinunter und wieder hinauf wanderten. RJs Herz pochte mit erschreckendem Stolz.

Ja, Mr. Danvers, das habe ich gesehen.

Er hatte seinen zimperlichen, heißen Lehrer dazu gebracht, daran zu denken, ihn zu küssen. Wahrscheinlich auch, ihn zu ficken.

RJ grinste, um seine Freude zu verbergen, und als er Mr. Danvers den Ausweis wieder abnahm, war er froh, dass seine Hände nicht verschwitzt waren, weil sich ihre Finger berührten.

„Ich bin gleich wieder da“, sagte Mr. Danvers, seine Stimme war etwas heiser. „Willst du etwas Stärkeres als ein Bier?“

„Nein, das gute alte YeeHaw reicht.“

„Großartig.“ Er nickte und sah auf RJs nackte Arme, die im Moment frei von Tätowierungen waren. Hashtag-Ziele für die nächsten Jahre. „Brauchst du eine Jacke von drinnen? Ich kann sie holen.“

RJ hatte seinen Mantel im Wagen der Band liegen lassen, und ein kurzer Blick über die Schulter zurück in den Pub zeigte, dass Casey und Joel schon lange weg waren. Becca und Madison tanzten allerdings noch. Er konnte Madisons blaues Haar in der Menge hüpfen sehen.

„Alles in Ordnung. Danke.“ Er hob sein Kinn wieder an, entschlossen, cool zu bleiben. „Dieser so genannte ‚Winter‘ hat nichts mit Finnland Mitte Januar zu tun. Da ist es arschkalt.“

Mr. Danvers schnaubte. „Ich habe dir doch sicher beigebracht, wie man sich angemessen ausdrückt, sodass du nicht auf solche groben Ausdrücke zurückgreifen musst.“

RJ lachte. „Verdammt ja, das haben Sie.“

Mr. Danvers rollte mit den Augen. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass du so eine Rotznase warst.“

RJ zuckte mit den Schultern. „Ich bin überrascht, dass Sie sich überhaupt an mich erinnern. Damals war ich sehr ruhig.“

„Klar. Wenn du diese ganze wütende Goth-Punk-Ausstrahlung, die du hattest, als ‚ruhig‘ bezeichnest.“ Mr. Danvers grinste wieder, Grübchen vertieften sich in seinen Wangen. „Ich bin gleich mit Drinks zurück. Ich will wissen, was du mitten im Januar in Finnland bei klirrender Kälte gemacht hast.“

Die vertrauten Klänge von ‚Do They Know It’s Christmas?‘ ertönten aus dem Soundsystem der Bar, als Mr. Danvers die Tür öffnete, um wieder hineinzugehen. Die Menge war immer noch in ausgelassener Stimmung. Als RJ durch die großen Fenster hineinblickte, sah er, dass Becca sich zu den Leuten gesellt hatte, die mitsangen, tanzten und mit erhobenen Gläsern oder Bierflaschen schunkelten.

Das Stimmengewirr der Menge war heiß genug, um RJs ohnehin schon heftiges Kopfkino noch zu verstärken. Geduld war noch nie seine Stärke gewesen, und er wippte mit dem Fuß im Takt und wartete sehnsüchtig auf die Rückkehr von Mr. Danvers, selbst als sich die Tür schloss. RJ summte die kitschige Melodie vor sich hin, während er mit den Fingern die Akkorde auf seiner Bierflasche spielte. Er konnte nicht glauben, dass er sich mit Mr. Danvers unterhielt, ja sogar mit ihm flirtete.

In was für einem Urlaubsfiebertraum befand er sich? In einem der besten!

Er grinste und erinnerte sich an das letzte Mal, als er LSD genommen hatte. Er war in Rom gewesen und hatte sich geschworen, diesen Scheiß nie wieder zu tun. Nicht nachdem die ganze Welt wie eine große Lunge ein- und ausgeatmet hatte, die sich um ihn herum ausdehnte und zusammenzog. Nicht, nachdem Blumen ihm Geheimnisse verraten hatten, vor denen er selbst jetzt noch Angst hatte, sie zu wiederholen. Und schon gar nicht, nachdem er beinahe in einen Abgrund gestürzt wäre, den sein eigener Verstand geschaffen hatte. Ob real oder nicht, es war alles zu erschreckend.

Aber jetzt saß er hier, größtenteils nüchtern, in der Innenstadt von Knoxville und war völlig aus dem Häuschen, weil er mit seinem Highschool-Schwarm sprach. RJ wusste nicht, ob er Angst hatte oder aufgeregt war. Wahrscheinlich beides. Er strich sich wieder mit einer Hand über sein kurzes Haar. Ein kalter Wind wehte über den Platz. RJ erschauderte heftig.

Selbst der Gedanke, den Mann zu berühren, von dem er besessen war, nach dem er sich sehnte und den er begehrte, war fast zu viel für ihn. Er hatte Mr. Danvers begehrt, seit er ein Teenager war. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, es zu versauen.

Versauen. Ha.

Er würde heute Abend Mr. Danvers’ hinreißenden Arsch verführen und endlich die Art von weihnachtlicher Heimkehr erleben, die er sich immer gewünscht hatte, von der er aber nie dachte, dass er sie verdiente.

Kapitel 2

Aaron bestellte seinen zweiten Whiskey Sour des Abends und ein YeeHaw für RJ. Er stand mit gespreizten Beinen an der Bar und wartete darauf bezahlen zu können, strich sich ein paar Haare aus der schweißnassen Stirn und ließ seinen Blick zu den großen Fenstern wandern, die auf den Innenhof und den Marktplatz hinausgingen.

Sein Blick blieb an RJ Blitz hängen, der sich am eisernen Terrassentisch ausstreckte und viel zu erwachsen aussah, als dass es ihm guttäte. Aaron zwang sich, den Blick abzuwenden, und beobachtete, wie der Türsteher, der ein paar Meter vom Terrassentisch entfernt stand, die Ausweise einiger Studentinnen kontrollierte. Doch seine Aufmerksamkeit wanderte schnell wieder zu RJ. Er leckte sich über die Lippen, als er wieder die lässigen, langen Beine von RJ in den ausgebeulten Jeans und die sexy Art und Weise, wie RJs T-Shirt über die breiten Schultern fiel, bemerkte. Der Inbegriff von Lässigkeit und Coolness.

Ein weiterer mitreißender Refrain von ‚Do They Know It’s Christmas?‘ erhob sich um Aaron, und entschlossen, seine aufkeimende Lust in den Griff zu bekommen, schloss er die Augen und schluckte hart. Was tat er da? Er konnte sich keinen Ärger leisten. Nicht nach dem, was mit Coach McAllister passiert war.

Er nahm einen beruhigenden Schluck von seinem Whiskey Sour und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Es war alles in Ordnung. Das hier war eine völlig andere Situation als die beschämende Vergangenheit. RJ war ein ehemaliger Schüler, nicht ein Lehrerkollege. Ein verheirateter Lehrerkollege, mit dem Aaron dummerweise herumgemacht hatte – im Büro des Mannes.

Er hatte sich eingeredet, es sei spät in der Nacht und niemand würde es mitbekommen, und er hatte ehrlich gesagt nicht gewusst, dass das Arschloch verheiratet war. Er hatte den Trainer kaum je im Lehrerzimmer gesehen, und sie hatten sich zufällig über eine App kennengelernt, bevor sie sich persönlich trafen. Das hätte das Ende sein sollen, aber sie waren dumm und geil gewesen.

Hatte er erwähnt, dass er dumm gewesen war?

Aaron hatte auf die harte Tour gelernt, als er gegen den Ethikkodex der Schulbehörde verstoßen hatte, dass erfolgreiche Footballtrainer viel, viel mehr wert waren als junge Englischlehrer. Er konnte von Glück reden, dass er überhaupt noch unterrichtete, und wahrscheinlich täte er das auch nicht, wenn nicht …

Er verdrängte den Anflug von Schuld und Dankbarkeit. Er nahm einen Schluck seines Getränks und überprüfte im Geiste die Regeln des Ethikkodex’. R.J. hatte nichts mit Aarons jetziger Schule, der Pineview Middle, zu tun. Es gab keinen Grund, warum Aaron nicht einen Drink mit diesem Mann haben konnte. Und er war ein Mann – Aaron hatte sorgar seinen Ausweis überprüft. Alles klar? Er hat sich an die Regeln gehalten.

Außerdem war es nicht so, dass er mit ihm schlafen wollte. Sie wollten nur plaudern. Sich austauschen. Es gab für ihn keinen Grund, über die Situation mit Coach McAllister nachzudenken. Überhaupt keinen.

Es spielte keine Rolle, dass RJ verdammt sexy war und dass Aarons ganzer Körper vor schockierender Erregung gezuckt hatte, als er den Stuhl vom Terrassentisch weggeschoben hatte, als wäre er der Boss und Aaron sein gehorsamer Diener. Ganz zu schweigen davon, dass Aarons Brustwarzen immer noch in Erwartung eines guten Zwickens sangen und seine Eier hoffnungsvoll summten, als spürten sie einen bevorstehenden Orgasmus am Horizont.

Er wischte sich wieder über die Stirn und versuchte, sich zu beherrschen.

Das Beste, was er tun konnte, war, mit RJ zu reden. Ihn ein wenig als den zweifellos langweiligen, dummen oder absolut seltsamen Kerl kennenlernen, der er wahrscheinlich war, und diese unvernünftige Anziehung würde mühelos nachlassen. RJ war ein junger Musiker. Er hatte in Aarons Kurs gerade mal eine Drei bekommen. Wahrscheinlich hatte er nichts Interessantes zu sagen.

Es gab keinen Grund zu erwarten, dass er anders sein würde als jeder andere Mann, bei dem Aaron den Fehler gemacht hatte, sich zu unterhalten. Ein Gespräch war immer der beste Weg, um seine Lust zu töten. Das war ein Grund, warum er es vorzog, sich mit Männern zu treffen, mit denen er nichts gemeinsam hatte. Da er außer Sex keine Erwartungen hatte, wurde er selten enttäuscht.

Aaron schnappte sich das Bier von der Bar und ging hinaus auf die Terrasse, wo er das kühle Getränk seine Handflächen abkühlen ließ. Er und RJ wollten sich nur unterhalten. Nicht mehr und nicht weniger.

„Bleib ganz oberflächlich. Er wird es ruinieren. Kein Problem. Alles wird gut“, flüsterte Aaron vor sich hin, als er die Tür zur Terrasse aufstieß und ein Lächeln aufsetzte. Sein Magen zog sich zusammen, als er aus der Tür trat.

Verdammt!

RJ war genauso heiß, wie er es gewesen war, als er ihn verlassen hatte.

***

Die Tür schwang auf und Mr. Danvers trat wieder heraus, ein Bier in der einen und eine Art Whiskey in der anderen Hand. Seine Wangen waren gerötet und frischer Schweiß glitzerte auf seiner Stirn und seiner schmalen Nase.

RJs Herz raste und seine Handflächen wurden feucht.

Er holte tief Luft und ließ sie langsam wieder ausströmen. Nun gut. In Mr. Danvers’ Hose zu gelangen, war also nicht anders, als ein schwieriges Lied auf der Gitarre zu lernen: Man musste es in erreichbare Abschnitte unterteilen, sich Stück für Stück vornehmen und dann einfach machen.

RJ lächelte, als er das Ersatzbier aus Mr. Danvers’ Hand nahm. Kühle Erleichterung umwehte ihn wie die Brise der Nacht, als Mr. Danvers sich ihm gegenüber setzte. Die Grübchen kamen wieder zum Vorschein, und zu RJs Erstaunen waren sie irgendwie hübscher als das letzte Mal, als Mr. Danvers sie hatte aufblitzen lassen.

„Prost“, sagte RJ und hielt Mr. Danvers sein Bier hin, damit er sein Whiskeyglas dagegen stoßen konnte.

Nachdem sie beide einen Schluck getrunken hatten, streckte RJ die Füße aus. „Also“, sagte er mit einem Grinsen. „Mein Emo-Goth-Kid-Look hat Ihnen nicht gefallen, was?“ Kalter Wind stach RJ in die Augen, und Mr. Danvers zog seine Sportjacke fester um seinen Körper.

„Nein, das kann ich nicht behaupten. Aber Kinder …“ Mr. Danvers zuckte mit den Schultern und lächelte nachsichtig. „Sie versuchen immer, sich selbst zu finden. Und das ist keine leichte Aufgabe, nicht wahr? Manchmal machen sie ein paar unüberlegte Umwege auf dem Weg zu ihrem wahren Ich.“ Er zuckte wieder mit den Schultern und nahm einen weiteren Schluck Whiskey, wobei sich seine Wangen und sein Kinn noch mehr röteten, entweder von der Kälte oder vom Alkohol oder von beidem.

„Ja, ich muss zugeben, Eyeliner und fettige Haare waren nicht mein bester Look“, räumte RJ ein. Er deutete auf seinen derzeitigen lässigen Punk-Look und fuhr sich erneut mit der Hand über den kurz geschorenen Kopf. „Ich bevorzuge das, was ich jetzt trage.“

Als er jünger war, hatte er Typen, die sich wie er kleideten, für furchteinflößende Neonazi-Skinheads gehalten, aber jetzt wusste er, dass es einfacher war, seine Haare kurz zu halten, als sich dem Risiko von Läusen in all den dubiosen Unterkünften auszusetzen, in denen er übernachtete, während er mit den weniger berühmten Bands durch die Welt reiste.

„Da muss ich zustimmen“, sagte Mr. Danvers und klang dabei etwas atemlos. Dann nahm er einen kräftigen Schluck von seinem Getränk. Wie aus dem Nichts begann er zu kichern. Es war ein süßer, sprudelnder Klang, der RJs ganzen Körper kribbeln ließ. Und Mr. Danvers hörte nicht auf. Es ging so lange weiter, dass Mr. Danvers sich mit den Fingerspitzen über die Augen wischen musste.

Das ließ RJ trotz des Kribbelns ein wenig zusammenzucken. „Was?“

„Nichts.“

„Wie unhöflich, Mr. Danvers.“ Er setzte seine dominante Stimme ein. Die, die ihm sein kinky Freund Pieter aus Deutschland während ihrer D/s-Trainingseinheiten in Berlin beigebracht hatte. Er beugte sich vor, stellte Augenkontakt her und forderte: „Sag es mir.“

Mr. Danvers gab nach wie ein süßes Baby, und RJ schluckte schwer, als er das bemerkte. Verdammt, Mr. Danvers. Verdammt.

„Also gut.“ Mr. Danvers beugte sich vor und flüsterte. „Die Wahrheit ist, dass ich damals Angst vor dir hatte. Als du in meiner Klasse warst, meine ich. Du warst immer so intensiv. Du hast mich angestarrt, als wolltest du mich schlagen oder so, und, na ja, ich …“ Er brach ab und lachte leise. „Wie lächerlich ist das denn? So lächerlich.“

„Warum sollte ich Sie schlagen wollen?“ RJ verstand nicht, wie Mr. Danvers seinen lüsternen Blick, der durch den Anblick dieses fantastischen Hinterns, der jedes Mal wackelte, wenn Mr. Danvers an der Tafel schrieb, hervorgerufen worden war, als gewalttätig interpretieren konnte.

„Das ist nicht wichtig. Macht nichts.“ Mr. Danvers biss sich auf die Unterlippe, und sein Blick fiel wieder auf RJs Mund. „Du bist jetzt viel offener. Das gefällt mir.“

Ja, das war eine Antwort, die er klaglos hinnehmen würde.

Ein weiterer Schluck Bier löste RJs Zunge und er sagte: „Ich hatte damals eine Menge Scheiße am Hals.“

„Ja. Ich glaube, das nennt man Highschool.“ Mr. Danvers schloss die Augen und schüttelte den Kopf. „Wer hatte in diesem Alter nicht eine Menge Scheiße am Hals? Ich würde um nichts in der Welt dorthin zurückkehren.“

„Wie meinen Sie das? Sie gehen doch jeden Tag dorthin zurück.“

Mr. Danvers wölbte eine feine Braue. Er musste sie formen. Sie waren einfach zu perfekt. RJ hätte sie am liebsten abgeleckt. „Glaubt mir. Als Lehrer zur Schule zu gehen, ist etwas ganz anderes.“

„Ich weiß nicht. Ich finde, es ist ziemlich ähnlich. Man muss immer noch Hausaufgaben machen, auch wenn es Noten geben heißt, und man hat im Sommer und in den Ferien frei. Außerdem muss man den ganzen Tag mit Teenagern rumhängen. Also, wo ist der Unterschied?“

„Wenn du es so sagst …“ Mr. Danvers zwinkerte. „Allerdings unterrichte ich jetzt die Mittelstufe. Also bin ich wohl in die siebte Klasse zurückgegangen. Die war, wenn ich mich recht erinnere, noch schlimmer für mich. Vielleicht bin ich ein Masochist.“

RJs Finger umklammerten reflexartig seine Bierflasche. Hatte Mr. Danvers das Wort Masochist absichtlich in diesem koketten Tonfall gebraucht, oder bildete er sich das nur ein?

Und RJ hatte nichts von dem Schulwechsel gewusst. Wieso hatte er das nicht mitbekommen, als er Mr. Danvers’ soziale Medien gestalkt hatte? Wahrscheinlich, weil er mehr von den Bildern besessen war als von allem anderen. RJ beschloss, die Anspielungen erst einmal beiseite zu lassen und fragte: „Ach ja? Warum der Wechsel?“

„Ich bevorzuge die Altersgruppe. Sie sind lustig.“

„Was ist so lustig an einem stinkenden, emotionalen Teenager?“ Seine Mutter hatte gerade einen bei sich zu Hause, und RJ fand seinen launischen, knurrenden Stiefbruder nicht besonders amüsant.

„Wenn sie nicht von dir sind, eine ganze Menge.“ Mr. Danvers lächelte wieder, und RJs Herz machte einen komischen kleinen Hüpfer. „Sie sind alle so verdammt aufrichtig und geben sich so viel Mühe.“ Seine Augen wurden liebevoll und mitleidig. Dann richtete er seinen Blick wieder auf RJ, der sich nicht vorstellen konnte, dass es einen schwulen Mann geben könnte, der Mr. Danvers nicht für den Stoff hielt, aus dem die Träume sind.

„Aber genug von mir.“ Mr. Danvers winkte mit der Hand ab, um das Thema seiner Karriere zu vertreiben. „Sag mir, was du jetzt machst, RJ. Musik machen, natürlich. Aber ist das nur ein Hobby oder ist es für dich ein Beruf? Und was hat es mit Finnland im Januar auf sich?“

RJ lehnte sich wieder in seinem Stuhl zurück. Das konnte er tun. Es fiel ihm leicht, über seine Arbeit und seine Abenteuer als Tournee-Gitarrist für verschiedene Bands zu sprechen, und es war meist unterhaltsam. Er begann nicht mit dem Anfang. Er machte sich nicht die Mühe, Mr. Danvers zu erzählen, wie er am Tag des Abschlusses zum Wohnwagen seiner Mutter zurückgegangen war und seine Sachen zusammenpackte, während sie weinte.

Er fing auch nicht in der Mitte an, mit seinem enttäuschenden ersten Jahr in Nashville.

Nein, RJ begann seine Geschichte für Mr. Danvers mit seiner ersten großen Tournee als Gitarrist einer wenig bekannten Band, Society Demons, im Vorprogramm von The Cure. Der reguläre Gitarrist der Band hatte sich bei einem Unfall mit Feuerwerkskörpern an der Hand verletzt und Society Demons brauchten in letzter Minute einen Ersatz. RJ war begeistert, dass er diese Gelegenheit bekommen hatte.

Danach war er mit einer Band nach der anderen auf Tournee. Egal welches Genre – Country, Rock, Funk, Soul. Die Touren dauerten Monate oder Wochen, das spielte keine Rolle. Das Einzige, was zählte, war, auf der Bühne zu stehen, zu spüren, wie die Musik in ihm aufstieg, und Teil des Ganzen zu sein. Er liebte das Leben auf der Straße nicht. Es war ermüdend und seltsam. Aber nach der ersten Zeit mit Society Demons war er noch nie lange genug irgendwo auf der Welt gewesen, um einen Ort sein Zuhause nennen zu können. Nichts hielt ihn fest. Keine Wohnung, kein Auto, kein Studienkredit. Nichts von dem, was so viele der Kids, mit denen er seinen Abschluss gemacht hatte, als ihr Eigen bezeichneten.

Was er hatte, waren eine Menge Geschichten, ein anhaltendes, nie gestilltes Verlangen, Koks zu schnupfen und Gras zu rauchen, eine Geschichte von ein paar beschissenen Beziehungen und Erinnerungen an Auftritte auf Bühnen aller Formen und Größen und in so vielen verschiedenen Ländern, dass er einmal eine Liste angelegt hatte, um den Überblick zu behalten, wo er gewesen war.

Und er würde nichts davon eintauschen wollen. Nicht wirklich. Auch wenn das Leben auf Reisen mit der Zeit an ihm zehrte, ihn zermürbte, ihn nach und nach durch den Mangel an Stabilität umbrachte. Gott, in seinem Kopf herrschte ein ziemlicher Wirrwarr. Er liebte und hasste seine Karriere im Moment gleichermaßen.

Aber RJ verstand es, die ganze chaotische Angelegenheit mit dem rosigen Pinsel des Humors, des Spaßes und des Skandals zu übermalen und die dunkle Seite der Branche auszublenden. Außerdem war er kein Idiot. Mr. Danvers würde sich nicht von Geschichten verführen lassen, in denen es darum ging, dass er sich ausgebrannt und zu alt für seine Jahre fühlte, oder dass er sich wünschte, er hätte früher in seiner Karriere etwas Geld beiseite gelegt, um sich ein kleines Haus kaufen zu können, das er sein Eigen nennen konnte.

Vielleicht hier in Knoxville, vielleicht auch nicht. Es war ihm egal. Er wollte einfach nur ab und zu ein paar Wochen pausieren, um an einem bequemen Ort zu verschnaufen, an dem er sich an das Chaos von Singapur zurückerinnern konnte und der einfach auf ihn wartete.

Burnout-Geschichten funktionierten, um bestimmte Typen von Männern zu verführen. Diejenigen, die sich um RJ kümmern, seinen Schmerz lindern wollten. So etwas in der Art. Aber das war nicht RJs Ding. Er mochte diese Rolle nicht spielen. Er zog es vor, derjenige zu sein, der die Schmerzen linderte. Nachdem er jemandem Schmerzen der vergnüglichen Art zugefügt hatte.

Und RJ wusste es … Mr. Danvers ließ sich von den coolen Sachen verführen: die wilden Fans, die riesigen Menschenmengen, die schönen Bühnen und die langen, schweißtreibenden Nächte, wenn RJ nach einer Show zu aufgedreht war, um schlafen zu können. Er hatte einige der herrlichsten Sonnenaufgänge gesehen, weil er nach der Show so high war. Unter anderem einen vor dem Montmartre in Paris, auf den Stufen von Sacre-Coeur. Dieser Sonnenaufgang hatte sein Leben verändert.

„Er brachte mich dazu, ein besserer Mensch werden zu wollen“, erklärte RJ. „Deshalb bin ich dieses Jahr zu Weihnachten nach Hause gekommen. Ich wollte meine kleinen Halbgeschwister kennenlernen und mit meiner Vergangenheit Frieden schließen. Na ja, dieser Sonnenaufgang und die Religieuse, die ich zu der Zeit gegessen habe. Hast du schon mal eine gegessen? Besser als ein Eclair.“ RJ lächelte. „Außerhalb Frankreichs schmecken sie nicht so gut. Andere Butter, weißt du. Du musst also dorthin fahren, um den echten, lebensverändernden Geschmack zu erleben. Aber das ist es wert.“

Mr. Danvers hatte mit leuchtenden Augen zugehört und saß nun mit seinem fast leeren Whiskeyglas in den schönen Fingern und einem erfreuten Gesichtsausdruck da. „Ich war noch nicht in Paris“, murmelte er. „Um ehrlich zu sein, war ich noch nicht an vielen Orten.“

RJ zuckte mit den Schultern. „Sie sind jung. Sie haben noch Zeit.“

Mr. Danvers lachte, und seine Augen verdrehten sich auf liebenswerte Weise. „Ich bin jung. Das sagt mein ehemaliger Schüler ….“

„Nun, ich habe gehört, dass der Schüler zum Lehrer wird.“

„Stimmt. Das tun sie oft.“ Mr. Danvers rieb mit den Fingerspitzen über den Rand des Whiskeyglases. „Und was jetzt? Du bist hier in der Stadt und spielst ein paar Gigs mit ein paar Freunden aus der Gegend, oder …?“

„Ja. Joel, Becca und Casey sind seit der Highschool Kumpel von mir. Damals waren wir in einer Band. Ich weiß nicht, ob Sie sich daran erinnern. Die Band war ziemlich schlecht. Wir nannten uns die Old Skool Millennials.“

Mr. Danvers schnaubte leise. „Ich glaube, ich habe ein oder zwei Flyer in der Schule gesehen, ja. Irgendwelche größeren Pläne?“

„Kann man so sagen.“ Sie zu verführen. Er schenkte Mr. Danvers ein verschämtes Lächeln.

„Ich bin beeindruckt, RJ. Was für ein Leben du geführt hast.“ Mr. Danvers’ Blick verweilte auf RJs Mund, bevor er ihn wieder auf RJs Augen richtete. Er zögerte, fragte dann aber etwas atemlos: „Und – noch etwas für die Feiertage geplant? Irgendetwas Gutes?“

„Ich bezweifle es. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich auf der Ungezogenenliste des Weihnachtsmannes stehe.“ RJ grinste.

„Komm schon, Mr. Naughty List“, stichelte Mr. Danvers. „Es muss doch etwas geben, auf das du dich besonders freust?“

In diesem Moment klang Mr. Danvers genau wie der Mittelschullehrer, der er war. RJ konnte sich gut vorstellen, wie er einem Dreizehnjährigen wie seinem Stiefbruder Carter die gleiche Frage stellte. Er gluckste leise, und Mr. Danvers lachte ebenfalls.

„Ich habe seit Jahren keine wirklich tollen Geschenke mehr bekommen.“ RJ nahm an, dass seine kleinen Geschwister an sich keine schlechten Geschenke waren, aber sie waren beide Sommerbabys gewesen. „Vielleicht schon immer. Weihnachten war immer eine Enttäuschung, als ich aufwuchs – kein Geld bedeutete keine Geschenke.“

Mr. Danvers zuckte zusammen, und RJ überdachte seine Offenbarung. Seine Schwächen zu offenbaren war nicht der richtige Weg, um diesen Mann zu verführen, also kehrte er zu den fröhlichen Dingen zurück. „Aber als Erwachsener finde ich, dass es die fröhlichste Zeit des Jahres ist. Deshalb wollte ich unbedingt Weihnachtskonzerte geben. All die Leute zu sehen, die sich amüsieren, mit all den bunt verpackten Geschenken, die dazugehören … Das macht immer Spaß.“

Und er hatte gehofft, dass die Auftritte vor einem kleinen, begeisterten Publikum wie diesem wie eine Art Weihnachtsmedizin sein reisemüdes Herz beruhigen würden. Bis jetzt, mit einer Show im Gepäck, konnte er sagen, dass es half, seine erschöpfte Seele zu heilen.

Mr. Danvers lächelte. „Du warst fantastisch da oben. Hast du jemals darüber nachgedacht, dein eigenes Album aufzunehmen? Anstatt nur für andere Leute zu spielen?“

RJ hob die Brauen und lächelte hübsch, saugte an seinen Zähnen und überlegte, wie er am besten antworten sollte. „Das habe ich.“ Er grübelte über seine kleine Gruppe nach. Madison hatte wahnsinniges Talent, aber er hatte nicht vor, mit ihr eine Band zu gründen. Das wäre viel zu umständlich. „Aber ich liebe es zu touren. Ich bin nur in der Stadt, um mich zu orientieren und meine Familie zu besuchen.“

Und, ja, okay, auch, um eine kleine Demoplatte für seinen Agenten aufzunehmen, die er herumreichen konnte. Aber dafür brauchte er keine Band. Nach ein paar Wochen hier würde er hoffentlich ausgeruht und bereit sein, wieder auf Tour zu gehen. Er war nicht in Knoxville, um Verpflichtungen einzugehen, sondern um Wiedergutmachung zu leisten.

„Ist das alles, was du von der Musik willst? Für andere Leute zu touren?“

„Vielleicht“, sagte RJ und lehnte sich wieder in seinem Stuhl zurück. „Ich bin noch jung. Wer weiß, was ich wirklich von der Musik oder vom Leben will?“

Außerdem wusste RJ nicht, wann er das letzte Mal, als er nicht auf einer Bühne stand, das bekommen hatte, was er wirklich wollte. Vielleicht an jenem Morgen auf dem Montmartre. Vielleicht hatte er deshalb damit angefangen.

„Es ist aber alles in Ordnung. Machen Sie sich keine Sorgen um mich, Mr. Danvers. Dieses Weihnachten wird bestimmt anständig werden.“

Mit Mr. Danvers in der Kälte auf der Terrasse der Scruffy City Hall zu sitzen, war bereits sein bester Abend seit jenem Sonnenaufgang auf dem Montmartre. Er hatte es genossen, Mr. Danvers’ Reaktionen auf all seine verrückten Geschichten zu beobachten. Das Flackern seiner Augen, das ungläubige Lachen, gefolgt von großen Augen, und die Art, wie er den Kopf zurückwarf, wenn er lachte.

Es war bewundernswert zu sehen, wie der Mann sich so sehr dem Humor hingab, dass sein Körper vor Lachen bebte. Und diese Art von Reaktion von dem Lehrer zu bekommen, in den er in seiner Schulzeit so verzweifelt verknallt war – und an den er sich seitdem wie besessen erinnerte – war ein verdammt geiler Rausch.

Es schlug definitiv Kokain und war viel berauschender als Gras.

RJ brannte darauf, mehr von Mr. Danvers’ Reaktionen zu erfahren, die nicht die eines Lehrers waren. Vor allem die sexy Reaktionen. So bald wie möglich. Aber er war sich nicht ganz sicher, wie er vom Erzählen von Geschichten über Tourneen dazu kommen sollte, Mr. Danvers dazu zu bringen, ihn als mögliche Option für eine Beziehung in Betracht zu ziehen. Er wusste, dass das sein Plan gewesen war, aber irgendwie war die Ausführung schwieriger als die Fantasie.

„Was für ein Leben du führst, RJ“, sagte Mr. Danvers wieder. Er verschränkte seine Hände zwischen den Beinen und fröstelte trotz seiner Jacke.

RJ zitterte auch. Er rieb sich mit den Händen über die Gänsehaut auf seinen Armen. Er brach den Blickkontakt mit Mr. Danvers ab und prüfte die Wetter-App auf seinem Handy. Die Temperatur war gesunken und näherte sich jetzt sechs Grad. Es war so kalt, dass die Brise, die ihm um die Nase wehte, ihm zu schaffen machte. Vielleicht sollte er vorschlagen, dass sie die Sache drinnen weiterführten? Das könnte der entscheidende Schritt sein.

„Hier“, sagte Mr. Danvers und schlüpfte aus seinem Tweedsakko. „Zieh das an, um dich ein wenig aufzuwärmen. Ich hab lange Ärmel an. Du hast nur ein T-Shirt an.“

„Oder wir könnten reingehen“, schlug RJ vor und hoffte, dass er verführerisch klang.

Mr. Danvers dachte über das Angebot nach und rückte dann näher heran. „Da drinnen wäre es schwieriger zu reden, und, nun ja, ich genieße dieses Gespräch.“ Mr. Danvers biss sich auf die Unterlippe, ein schüchternes Glitzern in den Augen. „Verstehst du mich?“

RJs Schwanz zuckte. Er leckte sich über die Lippen und seine Stimme überschlug sich fast, als er sagte: „Ja. Ich auch. Und ich verstehe Sie.“

„Gut.“ Mr. Danvers hielt ihm die Jacke wieder hin. „Zieh sie an.“

RJs Schwanz wurde heiß, als er die enge Jacke anzog.

Vielleicht hatte er den Dreh doch noch geschafft. Vielleicht war er genau auf dem richtigen Weg.

Kapitel 3

Nun, das lief nicht nach Plan.

Wie sich herausstellte, war RJ ein intelligenter, witziger, nachdenklicher Mann, der schon mehr von der Welt gesehen hatte als Aaron zu diesem Zeitpunkt. So viel dazu, dass er langweilig oder dumm war. RJ gab Aaron mit seinen Geschichten über Paris, Finnland und Singapur das Gefühl, dass er der Schüler war. Ein sehr unartiger Schüler, der ständig an die Lippen, die Hände und das nette Paket seines jungen Lehrers dachte. Gott steh ihm bei.

Und jetzt, zitternd im kalten Wind, konnte er nicht aufhören, sich ein Szenario vorzustellen, in dem er den Abstand zwischen ihnen durchbrach und sich auf RJs breitem Schoß zusammenrollte, um die Wärme der zu kleinen Tweedjacke zu teilen, die kaum RJs Arme bedeckte und an seinen breiten, kantigen Schultern zerrte.

RJ sah in dieser Jacke wirklich lächerlich aus, aber auch sexy. Wie ein großer, sexy Mann in einer Puppenjacke.

Oh Gott. Aaron rieb sich die Stirn. Er war absurd.

„Alles in Ordnung?“

„Der heutige Abend ist nicht so gelaufen, wie ich es geplant hatte, das ist alles.“

„Typisch für ein Tinder-Date, schätze ich.“ RJ zuckte mit den Schultern.

„Eher Grindr“, sagte Aaron und ging das Risiko ein. Eine Hitzewelle jagte durch ihn, als er nach seinem Glas griff und die letzten Tropfen seines Whiskeys hinunterschluckte.

Ein paar Takte lang herrschte Schweigen, abgesehen von der Popmusik von der Eislaufbahn und dem Beat der Tanzmusik im Pub hinter ihnen.

„Ja. Ich bin auch eher ein Grindr-Mann“, sagte RJ schließlich und begegnete Aarons Blick mit einer Herausforderung.

Aaron hatte es gewusst. Natürlich hatte er es gewusst. Er hatte es tief in seinem Inneren gewusst, als er RJ am Tisch hatte sitzen sehen, er hatte es gewusst, als RJ den Stuhl weggeschoben hatte und ihn mit heißen Augen ansah. RJ war schwul und wollte ihn.

Doch sein Herz raste, und seine Handflächen wurden trotz der Kälte feucht.

War es wirklich so weit? Wollte er das wirklich tun?