Soja und andere Proteinpflanzen - Christian Krumphuber - E-Book

Soja und andere Proteinpflanzen E-Book

Christian Krumphuber

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Beschreibung

Die Sojabohne hat in den vergangenen Jahren einen Anbauboom erlebt. In Österreich ist sie neben traditionellen Ölsaaten wie Raps, Sonnenblume und Ölkürbis inzwischen die Ölsaat mit der größten Anbaufläche. Österreich zählt damit zu den Vorreitern in der Europäischen Union. Die Spitzenposition (2018 Anbaufläche 67.000 ha, Produktion 185.000 t) verdankt Österreich seinen innovativen Landwirten sowie den engagierten Beratungsinstitutionen und Landwirtschaftskammern. Soja und andere Proteinpflanzen eröffnen den Produzenten neue Einkommensfelder und damit Zukunftsperspektiven, die zum Fortbestand der bäuerlichen Betriebe beitragen. Heimische Sojazüchter stellen sicher, dass es auch weiterhin Sorten in gentechnikfreier Qualität gibt. Zudem beliefern sie innovative Verarbeitungsbetriebe, die Speisesoja herstellen. Die Produktpalette reicht von Sojadrinks über Tofu bis hin zu Backmischungen auf Sojabasis. Entscheidend wird es sein, im Bereich der Futtermittelwirtschaft vermehrt Fuß zu fassen, denn im Rahmen der Eiweißstrategie sollen GVO-Sojaimporte aus Übersee systematisch reduziert werden. Sojaanbau in Europa ist nachhaltig, gentechnikfrei, braucht keine Regenwaldflächen und schafft einen Rohstoff, der lange Transportwege und sonstige Umweltbelastungen erspart.

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SOJA & ANDEREPROTEINPFLANZEN

Erfolgreich zur Eiweißstrategie

Ergänzende und aktuelle Materialien sowie Arbeitsaufgabenfinden Sie auf der begeitenden Website zu diesem Fachbuch:http://fachbuch.cadmos.de/category/soja/

Haftungsausschluss:

AutorInnen und Verlag haben den Inhalt dieses Buches mit großer Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Für eventuelle Schäden, die als Folge von Handlungen und/oder gefassten Beschlüssen aufgrund der gegebenen Informationen entstehen, kann dennoch keine Haftung übernommen werden. Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben und insbesondere der Hyperlinks wird keine Haftung übernommen.

Genderhinweis

Aus Gründen der Lesbarkeit wird in manchen Abschnitten auf geschlechtsspezifische Formulierungen verzichtet. Soweit personenbezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf alle Geschlechter (w/m/d) in gleicher Weise.

Impressum

Copyright © 2020 Cadmos Verlag GmbH, München

Covergestaltung: Gerlinde Gröll, www.cadmos.de

Grafisches Konzept (Kern), Produktion und Satz: Hantsch PrePress Services OG

Projektleitung und Lektorat: Dipl. Päd. Ing. Barbara P. Meister MA, FachLektor.at

Umschlagfotos: Shutterstock/nnattalli, Graham Corney, I. Rottlaender, Graham Corney, Elena Akimova, Kylbabka, Sarah2, Rainer Fuhrmann

Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Alle Rechte vorbehalten.

Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.

ISBN 978-3-8404-8320-2

eISBN 978-3-8404-6474-4

SOJA& ANDEREPROTEINPFLANZEN

DI Christian KrumphuberDI Dr. Josef WasnerDI Helmut FeitzlmayrStefan RudlstorferDI Marion Gerstl

© nnattalli/Shutterstock.com

INHALT

Vorwort

Eiweißpflanzen – Rückgrat der Welternährung

Eiweiß – in unserer Ernährung und in der Landwirtschaft

Proteinpflanzen – Pflanzenbauliche Aspekte

Sojabohne

Ackerbohne

Körnererbse

Lupine

Luzerne – die „Königin der Futterpflanzen“

Klee – das unterschätzte Kraftpaket

Literatur

Register

© Fotokostic/Shutterstock.com

VORWORT

© weinfranz

Dr. Stephan Pernkopf

Präsident Ökosoziales Forum Österreich, LH-Stellvertreter Niederösterreich

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser!

Das Thema Eiweiß und dessen Produktion ist ein zentrales Thema der menschlichen Ernährung und damit auch der landwirtschaftlichen Produktion. Im Sinne einer nachhaltigen, kreislauforientierten Landwirtschaft, die auf unsere natürlichen Ressourcen Bedacht nimmt, ist eine verbesserte Eiweißversorgung ein Gebot der Stunde.

Dabei spielt die Sojabohne, die in den letzten Jahren in Österreich geradezu einen Anbauboom erfahren hat, eine ganz besondere Rolle.

Neben den traditionellen Ölsaaten wie Raps, Sonnenblume oder Ölkürbis ist Sojabohne inzwischen die Ölsaat mit der größten Anbaufläche in Österreich. In der ackerbaulichen Nutzung ist sie mit knapp 70.000 Hektar mittlerweile die viertwichtigste Kultur. Österreich zählt damit zu den Vorreitern in der Europäischen Union. Aufgrund der positiven Zukunftsaspekte erachten wir eine Anbaufläche von 100.000 Hektar in Österreich für möglich.

Diese Spitzenposition verdanken wir einer zukunftsorientierten Gemeinschaft aus Züchtern, innovativen Landwirten, Verarbeitungsbetrieben und Beratungsinstitutionen wie unseren Landwirtschaftskammern, die sehr frühzeitig die Bedeutung der Sojabohne erkannt haben. Die österreichische „Eiweiß-Community“ ist in gewisser Weise eine Nachfahrin von Professor Friedrich Haberlandt, der sich schon Mitte des 19. Jahrhunderts intensiv an der damaligen Hochschule für Bodenkultur mit Soja beschäftigt hat. Diese Grundlagenarbeit kann noch sehr wichtig werden für die europäische Eiweißstrategie, die in keinem anderen Land wie Österreich so konsequent umgesetzt wird.

Die Eiweißstrategie hat jedoch mehrere Standbeine, und so ist es auch konsequent und richtig, sich – wie es in diesem Buch geschieht – mit Eiweißkulturen im Futterbau wie Klee und Luzerne oder auch den Körnerleguminosen im Ackerbau zu beschäftigen.

Dieses Werk informiert erstmals umfassend über Theorie und Praxis des Themenkreises, wie z. B. neueste Anbaumethoden, Wirtschaftlichkeit und Potenzial. Das Buch ist daher auch eine kompakte Grundlage, um unseren agrarischen Nachwuchs in den Fach- und Berufsschulen mit der Materie der Eiweißproduktion in allen Facetten vertraut zu machen. Denn künftige Landwirte werden am Thema Eiweiß nicht vorbeikommen.

Ich wünsche Ihnen als Leserin und Leser viele interessante Erfahrungen und Erkenntnisse. Das Buch ist ein wichtiger Meilenstein in der Eiweißstrategie – ein Kernthema der europäischen Landwirtschaft in den nächsten Jahren und Jahrzehnten.

Dr. Stephan Pernkopf

EIWEISSPFLANZEN

RÜCKGRAT DER WELTERNÄHRUNG

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EIWEISS

IN UNSERER ERNÄHRUNG UND IN DER LANDWIRTSCHAFT

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Eiweiß ist – neben Kohlenhydraten und Fetten – ein essenzieller Bestandteil unserer Nahrung. Eiweißstoffe oder Proteine sind komplexe Stoffe oder Strukturen, die – anders als Kohlenhydrate und Fettstoffe – allerdings keine wichtige Energiequelle sind. Proteine spielen aber eine große Rolle für den Aufbau körpereigener Substanzen – sie sind für die Ernährung unverzichtbar. In diesem Buch geht es vordergründig um pflanzliche Proteine, aber indirekt auch um tierische Proteine, denn pflanzliche Proteine werden heute sehr stark in der Tierernährung eingesetzt. Nachdem weltweit gesehen der Bedarf an Fleisch oder generell an tierischen Produkten immer mehr wird, steigt auch der Bedarf für pflanzliches Protein.

EIWEISS ALS THEMA IN DER LANDWIRTSCHAFT

Die Landwirtschaft in Europa hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verstärkt auf die Produktion stärkehaltiger Feldfrüchte wie Getreide und Mais spezialisiert und dabei die Produktion pflanzlicher Proteine etwas vernachlässigt. Im Zuge einer arbeitsteiligen Wirtschaft hat man die Proteinproduktion ein wenig in Richtung amerikanischem Kontinent ausgelagert.

Das hat fraglos zu einigen Fehlentwicklungen geführt, die es zu korrigieren gilt. Einseitige Fruchtfolgen, Konzentrationen in der Tierhaltung mit negativen ökologischen Folgeerscheinungen sind auch eine Folge der „stärkebetonten“ pflanzlichen Produktion, die steigende Eiweißimporte nach sich gezogen hat. Der lokale Proteinbedarf soll verstärkt auch durch die Landwirtschaft vor Ort – im Sinne einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft – gedeckt werden.

Die Nummer eins der Weltwährung bei Eiweiß ist die Soja(bohne). Keine andere Kulturpflanze hat in den letzten drei Dekaden einen solchen Aufschwung genommen. Sojabohne wird überall gebraucht auf der Welt, aber der Großteil seiner Produktion spielt sich in wenigen Ländern ab. Die Ausweitung der Sojaproduktion in den USA und Südamerika war zudem durch gentechnisch veränderte Sorten getrieben. Ein weiterer umstrittener Aspekt war und ist, dass die stetig steigende Sojaproduktion vor allem in Südamerika auf ehemaligen Regenwaldflächen geschieht. Es ist daher an der Zeit, sich auch in Europa mehr Gedanken über die Eiweißversorgung zu machen, auch im Sinne von Krisenvorsorge und Lebensmittelsicherheit. Die Landwirtschaft kann und soll mehr Eiweiß produzieren – das kann und soll Soja sein, aber auch andere Eiweißpflanzen wie Körnerleguminosen, Lupine oder auch Feldfutterpflanzen wie Luzerne und Klee. Ein Schwerpunkt dieses Buches wird allerdings Soja gewidmet sein. In Europa stehen wir bei der Sojaproduktion am Beginn – in manchen Ländern, wie beispielsweise Österreich, ist man schon sehr weit. Mehr Eiweiß aus regionaler Produktion – die Chance für eine nachhaltige Landwirtschaft.

SOJA – EINE KULTURPFLANZE MIT GESCHICHTE UND ZUKUNFT

Die Sojabohne (Glycine max) stammt aus China und gehört botanisch zu den Leguminosen. Schon in vorchristlichen Zeiten spielte die Sojabohne in Asien eine Rolle. Sie galt dort als heilige Pflanze. Manche Berichte über die Sojabohne als Kulturpflanze in China datieren aus dem 3. Jahrtausend vor Christus. Gesichert sind archäologische Funde, die beweisen, dass Sojabohne etwa 800 bis 700 vor Christus schon kultiviert wurde. Es gibt allerdings sehr viel ältere Kulturpflanzen wie Gerste, Einkorn, Erbse oder Linse.

Bis zum 17. Jahrhundert war Soja in Europa unbekannt. Marco Polo, der im 13. Jahrhundert zweimal Asien durchquerte, erwähnte sie auch nicht, möglicherweise hat er sie aber konsumiert.

Im 18. Jahrhundert gelangte Soja langsam nach Europa – zuerst in diverse botanische Gärten, wo neue, fremdländische Pflanzen gern als Kuriosität bestaunt wurden. Auch andere Kulturpflanzen – wie beispielsweise die Kartoffel – haben ihre „Karriere“ über botanische Gärten gestartet.

Die ersten Anbauversuche mit Sojabohne verliefen erfolglos, weil das Material zu spät reif war und Frühfrösten zum Opfer fiel. Mehr Glück hatte ein deutscher Offizier, Otto Wehrhahn, der einige Samen aus dem botanischen Garten von Metz (Frankreich/Lothringen) in seiner Heimat Meißen anbaute. In Frankreich wurde Soja damals als Ölerbse (pois oleagineux) bezeichnet. Dieser Name ist durchaus nachvollziehbar, da Sojabohne etwa 20 % Fett enthält und botanisch zur gleichen Gattung wie Erbsen zählt.

Soja – die Vielfältige

Der Erfolg der Sojabohne liegt wohl darin begründet, dass sie eine klassische Mehrnutzungspflanze ist. Sojabohnen enthalten – je nach Sorte etwa 18 bis 22 % Fett, 35 bis 40 % Eiweiß und 25 % Kohlenhydrate – also eine sehr ausgewogene Zusammensetzung. Die Ölqualität von Sojaöl ist gut, denn Sojaöl besteht zu etwa 75 % aus ein- und mehrfach ungesättigten Fettsäuren.

Der überwiegende Teil der weltweit produzierten Sojabohnen wird in Ölmühlen verarbeitet. Dabei wird das Öl aus der Bohne nahezu vollständig gewonnen. Zurück bleibt der hoch eiweißhaltige Sojaschrot (= entfettete Sojabohne).

© SARYMSAKOV ANDREY/Shutterstock.com

Etwa 90 % der weltweit produzierten Sojabohnen wird in Ölmühlen verarbeitet. Ölmühlen mit Sojaverarbeitung sind meist groß und extrem leistungsfähig in der Verarbeitung.

© ADM.com

Die Verarbeitungsanlage der Archer Daniels Midland Company (ADM) in Straubing.

© ADM.com

Die ADM in Straubing bei Nacht.

Die rasant steigenden Produktionsmengen bei Soja haben dazu geführt, dass Sojaöl heute das weltweit zweitmeist verbrauchte pflanzliche Öl – nach Palmöl – ist.

Ein wichtiger Inhaltsstoff ist auch Lezithin, das etwa zu zwei % in Sojaöl enthalten ist. Lezithine sind wichtig für den Aufbau von Zellmembranen. In der Lebensmittelindustrie werden Lezithine sehr vielfältig verwendet – vor allem als Emulgatoren. Sojalezithin ersetzt dabei häufig das teurere Ovolezithin.

Speziell in der asiatischen Küche spielt aber Sojabohne als direkt konsumiertes oder verarbeitetes Lebensmittel eine große Rolle. Im Zuge des Aufschwungs vegetarischer oder veganer Ernährung wird dabei auch in Europa der Bedarf an Speisesoja größer. Beispiele sind Miso (Sojapaste), Sojadrinks, Tofu oder TVP (texturiertes vegetabiles Protein) – faktisch ein Fleischersatz.

Österreich war führend in der Forschung – die Amerikaner waren schneller

Es war Professor Friedrich Haberlandt an der kaiserlich-königlichen Hochschule für Bodencultur in Wien (heute Universität für Bodenkultur), der die agronomische Bedeutung der Sojabohne erkannte und 1875 bis 1877 eine umfangreiche Versuchsserie in den damaligen Ländern der Habsburgermonarchie initiierte. Kennengelernt hat Haberlandt Berichten zufolge die Sojabohne 1873 am japanischen Pavillon anlässlich der Weltausstellung in Wien. Mathematiker, der er auch war, konnte er sich sehr schnell ausrechnen, welches Potenzial in dieser Kultur steckt. 1877 nahmen 160 Versuchsansteller – verstreut über das große Gebiet der Habsburgermonarchie – an Haberlandts Sojaanbauversuchen teil. Neben der agrarwissenschaftlichen Grundlagenforschung schlug Haberlandt auch eine Fülle von Verwertungs- und Verarbeitungsmöglichkeiten für Sojabohne vor. In diesem Zusammenhang muss man sich die Situation der Bevölkerung in den 1870er-Jahren vorstellen. Mangelernährung und Hunger waren dauernde Begleiter des Großteils der Bevölkerung. Zudem musste eine große Armee versorgt werden. Eine Pflanze, die Kornerträge von 2000 Kilogramm pro ha versprach und deren Körner pflanzliches Öl und viel Eiweiß enthielten, war geradezu sensationell und fast ein Wunder. Die Getreideerträge der damaligen Zeit lagen gerade einmal bei ca. 1000 Kilogramm pro ha. Haberlandt hat – durchaus richtig – Sojabohne als ein wichtiges Nahrungsmittel unmittelbar für die menschliche Ernährung gesehen.

Haberlandt veröffentlichte seine ersten Studienergebnisse in einem 1878 erschienenen Buch: „Die Sojabohne – Ergebnisse der Studien und Versuche über die Anbauwürdigkeit dieser neu einzuführenden Culturpflanze“.

Leider starb Haberlandt noch im selben Jahr und die Forschungen kamen zum Stillstand. Allerdings hat Haberlandt mit seiner Versuchsreihe und seiner Publikation wichtige Grundlagenarbeit geleistet. Im deutschsprachigen Raum wurde Sojabohne bisweilen als Haberlandt-Bohne bezeichnet bzw. in Frankreich als „Haricot Haberlandt“.

© Universität für Bodenkultur/OÖ Landwirtschaftskammer

Professor Friedrich Haberlandt leistete grandiose Grundlagenforschung zu Sojabohne in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Mit seinen Entdeckungen und Forschungen über die Sojabohne hat Professor Haberlandt essenzielle wissenschaftliche Arbeit geleistet, die Soja zu einer „Weltkultur“ gemacht hat bzw. zu einer jener (wenigen) Pflanzen, die das Rückgrat der Welternährung darstellen. Haberlandt ist einer breiteren Öffentlichkeit wenig bekannt, aber er kann wohl als einer der profundesten Pflanzenbauwissenschaftler gelten, die Österreich je hatte. Jedenfalls ist es bewundernswert, wie Haberlandt in so kurzer Zeit so viele Ergebnisse „zusammentragen“ konnte. Die Universität für Bodenkultur hat – spät, aber doch im Jahr 2018 – anlässlich des 140-jährigen Jubiläums der Veröffentlichung der Haberlandt’schen Forschungen eine Gedenktafel im Festsaal angebracht.

Amerikaner waren schneller

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unternahm man in den USA – aufbauend auf den Erfahrungen Haberlandts – Anbauversuche an den gerade entstandenen landwirtschaftlichen Versuchsstationen. Teilweise arbeitete man mit den Sorten oder, besser gesagt, Herkünften, die Haberlandt auf ihre Anbaueignung geprüft hatte. Ab 1898 begann man im US-Landwirtschaftsministerium, den Sojaanbau systematisch zu forcieren. Vorerst beschäftigte man sich mit Soja als Grünfutter- und Silagepflanze – erst später mit der reinen Körnernutzung. 1901 benannte man auch in den USA eine Sojasorte – in Würdigung seiner Verdienste – nach Haberlandt.

© Universität für Bodenkultur

© inewsfoto/Shutterstock.com

Die Sojabohne ist eine großartige Mehrnutzungspflanze. Das Korn hat einen für eine Ölsaat zwar geringen Anteil von Öl – etwa 20 % –, hoch ist allerdings der Eiweißanteil mit knapp 40 %, und dies bei sehr hoher biologischer Wertigkeit des Eiweißes. Interessant ist Sojaöl aber wegen seiner guten ernährungsphysiologischen Eigenschaften und des hohen Anteils von Lezithin.

DIE BEDEUTUNG DER SOJABOHNE/DER EIWEISSPFLANZEN IN DER WELT, IN EUROPA, ÖSTERREICH UND DEUTSCHLAND

Eiweißpflanzen in Europa – Ackerbohne, Erbse und Lupine

Die in Tabelle 1 dargestellten Länder decken etwa 70 % des Leguminosenanbaus in der Europäischen Union ab. Anbaustatistiken sind – wie jede andere Statistik, die nicht gefälscht ist – durchaus interessant und aussagekräftig. Anbaustatistiken repräsentieren die Zufriedenheit der Bäuerinnen und Bauern mit einer Kulturpflanze, deren Marktchancen und eventuell auch deren Entwicklungspotenziale.

Die Körnererbse ist die Domäne Frankreichs, Spaniens und der baltischen Staaten. Die Ackerbohne verteilt sich auf mehr Länder und Regionen. Mit dem Brexit wird die EU einen erheblichen Teil des bisherigen Ackerbohnenanbaus verlieren.1

2018 wurden in Großbritannien 168.000 ha Ackerbohnen angebaut. Dabei dürfte es sich vorwiegend um Winterackerbohne handeln. Deren Sorten vertragen die derzeit noch zu strengen Winter Kontinentaleuropas nicht. Anbauversuche mit Winterackerbohne brachten bisher in Österreich nicht die erhofften oder erwünschten Ergebnisse. Eine wirklich winterharte Ackerbohne könnte allerdings eine echte Perspektive haben.

Der Lupinenanbau wiederum ist eine ganz klar polnische Domäne, denn knapp 80 % des Lupinenanbaus der EU findet in Polen statt.

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Erbse (oben), Ackerbohne Mitte), Lupine (unten): So richtig vom Fleck sind die Körnerleguminosen zuletzt nicht gekommen. Die Fläche liegt bei knapp 2 Millionen ha in der EU. Die Erträge sind realistisch gesprochen schwach und dazu noch schwankend.

Tabelle 1: Anbauflächen in ha für Ackerbohne, Körnererbse und Lupine in ausgewählten Ländern Europas im Jahr 2018 (Quelle: www.copa-cogega.eu)

Situation in Österreich

Der Körnerleguminosenanbau spielt in Österreich eine untergeordnete Rolle. Lediglich 1,3 % der Ackerfläche waren 2018 mit Körnerleguminosen angebaut. Die Gründe dafür sind unterschiedlich und vielfältig:

•Leider gibt es bei den drei Körnerleguminosenkulturen (Ackerbohne, Erbse und Lupine) kaum Sortenentwicklung (das ist übrigens kein österreichisches, sondern ein generelles Problem).

•Zunehmende Probleme mit Schadinsekten bei tendenziell schwieriger werdenden Bekämpfungsmöglichkeiten durch fehlende chemische Pflanzenschutzmittel. Nachdem ein erheblicher Teil des Körnerleguminosenanbaus unter biologischer Produktion läuft, dürfen zumeist gar keine Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden.

•Fehlender Markt: Nachdem derzeit – man muss es leider so sagen – Körnerleguminosen de facto „Randkulturen“ sind, gibt es faktisch keine entwickelten Märkte dafür. Weder der etablierte Agrarhandel noch die Mischfutterwirtschaft hat ein gesteigertes Interesse an Ackerbohne und Co.

Tabelle 2 zeigt ein wenig das Dilemma der Körnerleguminosen: Die Erträge sind niedrig und dazu noch stark schwankend: Das Trockenjahr 2018 hat die ohnehin knappen Erträge – euphemistisch gesprochen – stark einbrechen lassen. Es wird sehr starker Anstrengungen bedürfen – sowohl züchterisch als auch seitens der pflanzenbaulichen Optimierung –, die Erträge zu steigern und zu stabilisieren. Die besten Erträge werden bei Erbse in Normaljahren in Deutschland, Frankreich und Skandinavien erzielt. Bei Ackerbohne werden die besten Erträge – etwa 4 t/ha – in England und Irland erzielt. Dies dürfte auf den schon beschriebenen Vorteil der Winterackerbohnensorten zurückzuführen sein.

© mimmiacreations/Shutterstock.com

Lupinen-Saatgut nach der Ernte.

Tabelle 2: Gesamternte und Durchschnittserträge für Körnerleguminosen in der EU 2017 und 2018 (Quelle: www.copa-cogega.eu) Fläche in ha, Gesamternte in Tonnen, Durchschnittsertrag in t/ha; Quelle: COPA-COGEGA

SOJA IN ÖSTERREICH, DEUTSCHLAND, EUROPA - HEUTE UND BIS 2030

Der Sojaanbau in Europa hat punktuell eine lange Tradition und eine interessante Geschichte – hatte aber über viele Jahre faktisch keinerlei wirkliche Relevanz. Neben den wissenschaftlichen Versuchen Haberlandts gab es einige Pioniere, die sich mit Soja auseinandersetzten. In der NS-Zeit gab es relevante Bemühungen rund um die Sojabohne. Aus den damaligen Aktivitäten heraus hat die Sojabohne bisweilen auch den Namen „Nazi-Bohne“ erhalten. Ein umfangreiches Werk dazu stammt von Joachim Drews: Die „Nazi-Bohne“: Anbau, Verwendung und Auswirkung der Sojabohne im Deutschen Reich und Südosteuropa (1933–1945).

In Österreich beschäftigte sich im Raum Wien der Sojapionier Brillmayer mit der Sojabohne. 1948 gaben die Autorinnen Friedl Brillmayer und Henriette Cornides ein Buch „Die Wiener Soja-Küche“ heraus. Getrieben wohl durch den akuten Nahrungsmangel in der Nachkriegszeit zeigte man die Möglichkeiten einer alternativen Eiweißversorgung auf. Durch die sich schnell bessernde Ernährungssituation war aber diesen Initiativen kein großer Erfolg beschieden.

In Dornburg in der ehemaligen DDR gab es lange Zeit eine eigene Sojazüchtung, obwohl es auf dem Gebiet der DDR keinerlei Sojaanbau gab. Die Dornburger Züchtung wurde nach der deutschen Vereinigung vom österreichischen Saatzuchtunternehmen Saatbau Linz gekauft und einige Jahre weitergeführt. Eine gewisse Basis für den aufkommenden österreichischen Sojaanbau gab es daher auch durch Zuchtmaterial aus der Ex-DDR. Die aus dem Dornburger Zuchtprogramm stammende Sorte Dorena spielte in den 1990er-Jahren im österreichischen Sojaanbau eine beachtliche Rolle.

SOJAANBAU IN EUROPA – DER AKTUELLE STAND

In Westeuropa spielt Soja in Italien eine bedeutende Rolle. Italien ist traditionell Sojaland Nummer eins in Europa. Der Anbau konzentriert sich in der oberitalienischen Po-Ebene, wo sehr gute Bedingungen für den Sojaanbau herrschen. In Italien werden traditionell – auch wegen künstlicher Beregnung – sehr gute und stabil hohe Erträge erzielt von etwa 3,5 t/ha. Frankreich hat zuletzt den Sojaanbau stark forciert und gesteigert. Für Frankreich als das mit Abstand flächenstärkste Agrarland Europas (Ackerfläche über 18 Millionen ha) besteht aber sicher noch beachtliches Potenzial in der Ausweitung des Sojaanbaus.

Österreich ist „Sojakaiser“

Österreich hat bei Soja in Europa eine gewisse Sonderstellung, denn mit zuletzt 67.000 ha wurden schon 5 % der Ackerfläche mit Soja bestellt. In Österreich gibt es eine lange Tradition im Sojaanbau, gutes Know-how der Landwirte, eine eigene, sehr erfolgreiche Sojazüchtung (Saatzucht Donau) und eine Fülle von gut etablierten Verarbeitungsbetrieben – somit eine gut funktionierende Wertschöpfungskette (s. Tabelle 3).

Land/Region

Sojafläche in ha 2018

Österreich

67.000

Deutschland

davon Bayern

davon Baden-Württemberg

24.000

12.000

7.300

Frankreich

149.000

Italien

330.000

Summe EU-15

574.000

Kroatien

90.000

Ungarn

60.000

Rumänien

145.000

Summe EU-13

376.000

Summe EU-28

950.000

Tabelle 3: Anbauflächen für Sojabohne in der Europäischen Union 2018 – ausgewählte Länder (Quelle: Copa-Cogega)

In Deutschland gibt es trotz intensiver Bemühungen der Forschung (beispielsweise Landesanstalt für Landwirtschaft in Bayern und deutscher Sojaring) bis dato vergleichsweise wenig Sojaanbau. 80 % des deutschen Sojaanbaus wird in den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg realisiert.

In den osteuropäischen Ländern sind Ungarn, Kroatien und vor allem Rumänien führend. In Rumänien waren vor dem EU-Beitritt auch gentechnisch veränderte Sorten erlaubt. Mit knapp 9 Millionen ha Ackerfläche und vielen Lagen, die gut „sojafähig“ wären, hat Rumänien als Sojaland beträchtliches Potenzial. Außerhalb der europäischen Union ist Serbien ein bedeutendes Sojaproduktionsland mit einer Fläche von 250.000 ha im Jahr 2018 (Quelle: www.donausoja.org). Aufgrund des enormen Flächenpotenzials haben naturgemäß auch Russland und die Ukraine beträchtliche Möglichkeiten. Beide Länder zusammen hatten 2018 einen Sojaanbau von etwa 3 Millionen ha.

DIE GLOBALE BEDEUTUNG DER SOJABOHNE

In den letzten 35 Jahren wurde die globale Sojaproduktion faktisch vervierfacht. Generell ist der Produktionszuwachs bei Ölsaaten und damit auch der Markt sehr dynamisch. Der Verbrauchszuwachs ist im Wesentlichen durch die Bevölkerungsentwicklung, andere Konsumgewohnheiten der Menschen (mehr Fleisch), aber auch durch steigende Bedeutung der Bioenergie begründet. Argentinien als eines der drei wichtigsten Produktionsländer erzeugt aus Sojaöl unter anderem Biodiesel.