Sommermond auf Öland - Regine Kölpin - E-Book

Sommermond auf Öland E-Book

Regine Kölpin

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Beschreibung

Zwischen Mittsommernacht und Neubeginn.

Kira will nie wieder zurück – nicht nach Deutschland, nicht in ihr altes Leben. Auf der idyllischen Insel Öland hat sie in Melböda endlich Wurzeln geschlagen: eine kleine Boutique am Hafen, warmherzige Freunde und die leise Hoffnung auf einen Neuanfang. Vor allem Mads geht ihr nicht mehr aus dem Kopf, auch wenn Nähe für beide kein leichtes Thema ist.
Doch der Sommer hat seine eigenen Pläne, und plötzlich tauchen Kiras alter Freund und Vertrauter Kai sowie die attraktive Åsa in Melböda auf. Auf einmal wird Kiras Leben ganz schön durcheinandergewirbelt – von alten Gefühlen, neuen Versuchungen und der Frage, wo ihr Herz wirklich zu Hause ist ...

Ein sommerlicher Wohlfühlroman voller Sehnsucht, Herzklopfen und schwedischer Leichtigkeit.

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Seitenzahl: 269

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Wir wünschen viel Vergnügen.

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Über das Buch

Zwischen Mittsommernacht und Neubeginn.

Kira will nie wieder zurück – nicht nach Deutschland, nicht in ihr altes Leben. Auf der idyllischen Insel Öland hat sie in Melböda endlich Wurzeln geschlagen: eine kleine Boutique am Hafen, warmherzige Freunde und die leise Hoffnung auf einen Neuanfang. Vor allem Mads geht ihr nicht mehr aus dem Kopf, auch wenn Nähe für beide kein leichtes Thema ist.Doch der Sommer hat seine eigenen Pläne, und plötzlich tauchen Kiras alter Freund und Vertrauter Kai sowie die attraktive Åsa in Melböda auf. Auf einmal wird Kiras Leben ganz schön durcheinandergewirbelt – von alten Gefühlen, neuen Versuchungen und der Frage, wo ihr Herz wirklich zu Hause ist ...

Ein sommerlicher Wohlfühlroman voller Sehnsucht, Herzklopfen und schwedischer Leichtigkeit.

Über Regine Kölpin

Regine Kölpin ist 1964 in Oberhausen geboren und wuchs die ersten Jahre ihrer Kindheit auf einem alten Rittergut „Hof Hirschberg“ bei Großalmerode auf. Seit ihrem 5. Lebensjahr lebt sie an der Nordseeküste in Friesland. Die mehrfache Spiegel-Bestsellerautorin schreibt Romane und Geschichten unterschiedlicher Genres. Ihre Arbeiten sind mehrfach ausgezeichnet worden. Sie ist auch als Herausgeberin tätig und an verschiedenen Musik- und Bühnenproduktionen beteiligt. Außerdem hat sie über 200 Kurztexte publiziert. Regine Kölpin ist mit dem Musiker Frank Kölpin verheiratet. Sie haben fünf erwachsene Kinder, mehrere Enkel und leben in einem kleinen Dorf in Küstennähe. In ihrer Freizeit verreisen sie gern mit ihrem Wohnmobil, um sich für neue Projekte inspirieren zu lassen.

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Regine Kölpin

Sommermond auf Öland

Übersicht

Cover

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

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Nachwort

Impressum

1

Kira liebte die friedliche Stimmung, die sie am heutigen Abend bei ihrer letzten Runde am Hafen begleitete. Es zog sie im Sommer oft spätabends hierher, weil sie mit dem Blick aufs Meer ihre sonstige Rastlosigkeit verlor.

Es war diese Ruhe, die ihr den nötigen Frieden schenkte, ihre Gedanken fort von der Vergangenheit führte und sie aufatmen ließ. Diese Ruhe, die nur ab und zu vom Springen eines Fisches unterbrochen wurde. Und vom leisen Platschen der Wellen gegen die Kaimauer.

Es dämmerte bereits. Die untergehende Sonne malte ein fantastisches Orange, das zusammen mit dem beginnenden Nachtblau ein prächtiges Farbenspiel ergab. Währenddessen zeigte sich der Sommermond, oder La Luna, wie Kira ihn lieber bezeichnete, sich im königlichen Glanz. Heute war er fast vollständig gerundet und trug mit seinem Licht zu diesem fantastischen Farbenspiel bei. In dieser Intensität hatte Kira das außer auf Öland noch nie irgendwo erlebt.

Um diese Jahreszeit blieb in den sternenklaren Sommernächten eine lange Zeit ein schmaler heller Streif am Horizont bestehen.

Der Tag ließ sich im Juni nur kurz von der Nacht verdrängen. Im Sommer hatte die Dunkelheit keine uneingeschränkte Macht mehr. Finster war es im Winter lange genug.

Ins Wasser kam durch eine Welle etwas Bewegung. Es klatschte und gluckste leise. Das Holz der Kutter knirschte und gab ein eigenartiges Seufzen von sich, als es mit dem Stein der Kaimauer in Berührung kam.

Sommer auf Öland, dachte Kira. Das war Glück pur. Auch wenn die vielen Insekten ihr das Leben manchmal schwer machten.

Aber was waren die Insekten gegen das Glück, das sie hier erleben durfte? Kira musste zwar von wenig Einkommen und mit minimalem Luxus leben, aber das kannte sie aus Deutschland, denn als Altenpflegerin war man auch dort schlecht bezahlt. Glücklicherweise hatte Kira von ihrer Oma eine größere Summe geerbt und sich davon das kleine Schwedenhäuschen kaufen und einrichten können.

Das Holz in Falunrot, die Fensterrahmen in Weiß. Da es in diesem Land üblich war, viele Dinge im Loppis zu erwerben, war es möglich gewesen, sich für kleines Geld einzurichten. Kira liebte diese Garagenflohmärkte und Straßenstände, in denen sehr unterschiedliche Dinge zu finden waren. Vieles lohnend. Und wunderbar für den schmalen Geldbeutel.

Deshalb war die Einrichtung ihres Hauses zwar typisch nordisch nüchtern, aber doch mit der Gemütlichkeit und dem gewissen Charme, den sie durch das Stöbern in den verschiedenen Loppis erreicht hatte.

Auch ihr Garten, die Veranda und der Eingangsbereich waren geprägt von diesen kleinen Schätzen. Ein Kranz aus Birkenzweigen, Holzwolle und einem Buschwindröschen und Weidenkätzchen begrüßte die Besucher an der weiß gestrichenen Haustür mit den Sprossenfenstern im oberen Bereich. Neben der Treppe der Veranda stand ein uralter, nostalgischer, lindgrüner Kinderwagen, den sie mit bunten Sommerblumen bepflanzt hatte. Übertöpfe im Landhausstil und mit Patina reihten sich auf der anderen Seite und die Rosen, Phlox, Kamille und Margeriten wetteiferten miteinander um Duft und Schönheit.

An der Hauswand reckten bunte Stockrosen ihre Blüte in Richtung Sonne, und in einem Beet wuchsen Sonnenblumen, von denen schon die ersten zu blühen begannen.

Auf der überdachten Veranda hatte Kira eine gemütliche Sitzecke mit passenden Stühlen und einem weißen Holztisch geschaffen. Geblümte Kissen luden dazu ein, sich zu setzen und zu verweilen. Außerdem achtete sie stets darauf, dass ein großer Wildblumenstrauß auf dem rot karierten Tischtuch stand, denn erst das rundete das Gesamtbild stimmig ab.

Kira kam gerne nach Hause. Genauso, wie sie es mochte, hier am Böda Hamn zu stehen, um das Treiben am Hafen und an der Fiskaffär, der Fischräucherei mit einem angeschlossenen Restaurant, zu beobachten.

Sie war auf Öland endlich bei sich selbst angekommen.

Nach so vielen Jahren des Herumirrens und Suchens hatte sie zum ersten Mal das Gefühl, festen Boden unter den Füßen zu haben. Sie wankte nicht mehr bei der kleinsten Lebensbrise, und wenn sie am Morgen erwachte, freute sie sich aufs Aufstehen. So musste sich das Leben anfühlen.

»Hej, Kira!«

Sie schrak zusammen, denn Mads trat auf sie zu. Er war der Bruder ihrer besten Freundin Lena und so attraktiv, dass sie vorsichtig war, wenn er in ihrer Nähe auftauchte. Sie wollte das jedoch nicht. Keine Gefühle mehr investieren, zu sehr lief man Gefahr, sich zu verbrennen.

»Ich habe auf der Bank an den Fischerhütten auf dich gewartet«, sagte er. »Es war schön, dich anzusehen. Malerisch irgendwie. Deine Haltung war so entspannt, wie nur ein Mensch aussehen kann, der auf Öland abends übers Wasser blickt.«

Kira war froh, dass er nach seinem Kompliment schnell etwas Lockeres nachgeschoben hatte. Dennoch konnte sie nicht verhindern, dass ihr Herz schneller klopfte. Mads’ Interesse an ihr war in der letzten Zeit unübersehbar geworden, aber sie war nicht bereit, ihn näher an sich heranzulassen. Gebranntes Kind scheut das Feuer, schoss es durch ihren Kopf. Nie wieder!

»Du bist also auch hier, um den Sonnenuntergang zu genießen?«, fragte Kira lächelnd und ging auf seine Schmeicheleien lieber nicht weiter ein.

Sie strich sich das schulterlange dunkle Haar hinter die Ohren. In ihrer Freizeit trug sie es meist offen, nur in ihrer Butik, einem kleinen Lädchen am Hafen, in dem sie regionale schwedische Spezialitäten und ein paar andere Dinge anbot, band sie es aus hygienischen und praktischen Gründen zu einem Zopf.

»Ich habe gehofft, dich zu treffen«, gab Mads zurück. »Weil ich weiß, wie gerne du am Abend deine Runde drehst. Zwar finde ich es immer schade, dass der rote Ball hier nicht im Meer, sondern im Westen versinkt, aber das Licht ist trotzdem einzigartig, findest du nicht?«

»O doch. Ja. Weil hier viele Dinge einzigartig und besonders sind. Ich gehe so gern mit meinem Fernglas los und beobachte die Vogelwelt.« Kira hielt inne und zeigte zum Himmel. Wie aus dem Nichts tauchte ein Fischadlerpaar auf und bewegte sich zielstrebig auf die Bucht zu. Die befand sich nördlich des Hafens, und das Wasser war dort ziemlich flach und klar. Ein optimales Jagdgebiet.

Einer der beiden Greifer stieß schnell herab und tauchte kurz darauf mit einem Fisch in den Klauen wieder auf.

»Deren Abendessen ist gesichert«, sagte Kira lachend. »Ich hoffe, sie teilen.«

»Hast du denn schon was gegessen?«, erkundigte sich Mads. Sein halblanges, leicht gelocktes, blondes Haar glänzte im Abendlicht. Er schaute Kira mit seinem unvergleichlich charmanten Lächeln an. Weil er stets braun gebrannt war, blitzten seine Zähne dabei weiß auf.

Kira schüttelte den Kopf. »Es ist schon spät, da lasse ich es besser. Liegt nur schwer im Magen.«

»Wann hast du das letzte Mal gegessen?«, hakte Mads besorgt nach.

Kira überlegte, und dabei begann ihr Magen zu rumoren, weil es wirklich lange her war, dass sie etwas gegessen hatte, und es ihr bei Mads’ Frage bewusst wurde. »Ich hatte um drei eine Fika mit Kanelbullar und einem Cappuccino.«

Mads rollte mit den Augen. »Das ist ewig her. Du bist ohnehin viel zu dünn.«

»Ich war lange in der Butik«, verteidigte Kira sich, »und habe Ordnung geschaffen. Heute war richtig viel los, weil ein Bus mit Touristen gekommen ist und …«

»Ein Grund, aber kein Hindernis«, unterbrach Mads sie.

Kira ließ sich nicht beirren und fuhr fort. »Ich esse gleich was, versprochen.«

Mads nickte zufrieden. »Und ausreichend schlafen tust du auch?«

Kira grinste. »Wie es passt halt. Aber ja, ich schlafe in der Nacht, auch wenn es manchmal schade ist, dies zu tun, weil genau diese Stunden auf Öland magisch sind. Der Himmel mit seinem Blau und Rot ist so einzigartig schön, dass es frevelhaft wäre, dies zu verschlafen.«

»Das stimmt«, sagte Mads. »Ich stehe auch immer wieder auf, weil ich von diesem Farbenspiel einfach nicht genug bekommen kann.«

»Da haben wir ja was gemeinsam«, sagte Kira. »Die nächsten Tage werden wahrscheinlich anstrengend für mich. Ich muss weitere Chutneys, Ketchup-Sorten und anderes zubereiten und dafür beim ICA eine Bestellung aufgeben, damit ich alles vorrätig habe.« Sie atmete tief durch. »Sogar meine Stricksocken sind fast alle verkauft, zum Glück habe ich noch Wolle genug. Vor allem die in den grün-gelben Ölandfarben. Das bedeutet, ein paar Abende lang für Nachschub zu sorgen. Mensch, Mads, mein Laden läuft! Ich habe es geschafft und muss nicht ständig befürchten, dass es sich nicht lohnt und es nötig wäre, mir eine andere Aufgabe zu suchen.«

Es war beeindruckend, wie gut sich ihre Geschäftsidee entwickelt hatte – und Kira war mächtig stolz auf sich selbst.

»Das klingt super«, bestätigte ihr Freund sie. »Dann stellst du in der nächsten Zeit neue Soßen und Socken her und ich werde dir dabei Gesellschaft leisten.« Mads legte den Kopf fragend schief. »Welcher Senf läuft eigentlich am besten? Meine Lieblingssorte?«

»Korrekt«, antwortete Kira. »Der süße Senf mit Whisky. Wer hätte das gedacht, als ich den kreiert habe?«

»Ich hab’s dir gleich gesagt!« Er hob den Daumen. Dann warf er einen Blick auf die silberne Armbanduhr. Es war keine Smartwatch, sondern tatsächlich eine klassische. Eigentlich verwunderlich, den Mads zeigte sich den modernen Trends gegenüber immer sehr aufgeschlossen. Er hatte mal fallen lassen, dass er diese Uhr sehr mochte. Da hingen wohl ein paar Erinnerungen dran.

»Bei diesem schönen Wetter können wir noch eine halbe Stunde auf der Veranda sitzen und Limonade oder Øl trinken. Ich habe eine wunderbare Biersorte da, die wird dir schmecken. Hast du Lust?«

»Verlockendes Angebot«, meinte Kira. »Es ist allerdings schon ziemlich spät.«

»Nur eine halbe Stunde«, bat Mads. »Du kannst dabei auch stricken, während ich dem Klappern deiner Nadeln lausche. Und ich werde dir immer wieder ein Smörgås in den Mund schieben. Lecker belegt mit feinem Käse oder Sill. Was meinst du? Hering ist einfach das Beste, finde ich.«

Kira knickte ein. Es klang zu gut. »Okay, es ist zu verlockend. Danach geht es dann aber wirklich ab ins Bett.« Kira nahm Mads’ Hand und zwinkerte ihm zu. »Man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Aber mir wäre es lieber, wenn wir zu mir auf die Terrasse gehen würden. Dann habe ich es nachher bis zu meinem Bett nicht so weit.«

Mads zögerte kurz und grinste dann breit. »Mir ist eben eine Alternative zum Sill eingefallen. Ich habe Rökta räkor. Heute in der Fisksaffär gekauft. Soll ich die schnell holen? Dazu etwas Schwarzbrot und es werden feine Smörgåsar. Damit kommst du gut durch die Nacht.« Er grinste. »Wie ich dich kenne, stehst du morgen wieder so spät auf, dass es für ein Frühstück nicht reicht und du nur schnell einen schwarzen Kaffee trinkst.«

Kira nickte, weil Mads recht hatte. Und warum nicht die leckeren geräucherten Garnelen genießen? Jetzt, wo sie vom Essen sprachen, begann ihr Magen tatsächlich zu knurren.

Kiras Häuschen lag in der Gamla Landvägen und sie hatten es nicht weit. Sie musste noch vor der Hauptstraße rechts abbiegen. In den meisten Häusern brannte schon kein Licht mehr. Aber Mads hatte recht, sie musste etwas essen. Auf Dauer war es nicht gut, wenn sie die Mahlzeiten ständig verschob. Schließlich war sie nach Öland gekommen, um sämtlichem Stress zu entfliehen, und nicht, um sich neuen zu machen. Ein kuscheliger Abend mit einem guten Freund auf ihrer wunderschönen Terrasse war sicherlich das Richtige.

Sie wollte nur noch genießen und genießen und genießen.

Heute war es auf den Tag genau zwei Jahre her, dass sie in Melböda angekommen war. Inzwischen sprach sie perfekt Schwedisch und es gab keinerlei Verständigungsprobleme mehr. In drei Jahren würde sie eine echte Schwedin sein, denn dann waren die erforderlichen fünf Jahre um, in denen sie in diesem schönen Land gelebt haben musste.

Das ging dann problemlos, denn alle anderen Voraussetzungen erfüllte sie.

Kira war jeden Tag aufs Neue froh, ihr altes Leben in Oldenburg hinter sich gelassen und ihr Dasein ganz auf diese Insel verlegt zu haben. Oldenburg war zwar eine gemütliche Studentenstadt und hatte viel Flair, aber eine Umorientierung war mehr als nötig gewesen. Erst hier in Schweden war ein Schlussstrich möglich gewesen.

Nein, sie zog nichts mehr zurück nach Deutschland. Zu viele schlimme Erinnerungen, Enttäuschungen, die sie dort nie hatte verwinden können, waren mit ihrer alten Heimat verbunden. Jetzt besser nicht weiter darüber nachdenken.

»Ich hole rasch die Rökta räkor«, sagte Mads. Er ließ ihre Hand los und sprintete zu seinem Haus, das ganz in der Nähe in der Gamla Hamnvägen lag.

Was für ein verrücktes Leben, dachte Kira. Da traf man sich sogar um diese Uhrzeit, um geräucherte Garnelen zu essen und dem nicht enden wollenden Tag zuzuschauen. Mit dem Sommermond hoch am Nachthimmel – wie ein Wächter des Glücks.

2

Kai hatte die Nase gestrichen voll. Schwungvoll packte er in der Umkleide des Altenpflegeheims, in dem er in Oldenburg arbeitete, seine Sachen in den Rucksack und war froh, dass endlich Feierabend und der Frühdienst beendet war.

Heute hatte es mit seinem Chef wieder Ärger gegeben, weil angeblich von seinem Team schlampig gearbeitet worden war. Und das im Wochenenddienst! Wie meistens, weil dann die Angehörigen in Scharen bei ihren Verwandten einfielen und sich über alles aufregten, was ihnen vor die Füße fiel. Ob es gerechtfertigt war oder nicht. Hauptsache, es wurde gemotzt.

Ob sich viele das schlechte Gewissen wegmaulten, weil sie zu wenig Zeit für die Angehörigen aufbrachten, oder ob es eine allgemeine Unzufriedenheit war, konnte Kai schlecht einordnen.

Er war ja offen für berechtigte Kritik. Dafür, dass alles angesprochen wurde, damit sich die Bewohner wohlfühlten. So sollte es sein. Aber was da manchmal kam und weit unter die Gürtellinie ging, war oft nur schwer erträglich.

Vorhin hatte sich die Tochter einer Bewohnerin massiv beschwert. Zu Unrecht, wie Kai fand, denn alles war sauber und die Dame war gut versorgt. Nur hatte sie kein Sesambrötchen bekommen. Nur ein normales. Es war vergessen worden. Untergegangen im Stress der wirklich wichtigen Befindlichkeiten, die oberste Priorität hatten. Es war blöd, ja, aber kein Grund für einen Generalangriff gegen das Personal. Für die mangelnde Zeit konnte niemand etwas. Ein freundlicher Hinweis hätte es sicher auch getan.

Kai seufzte, denn solche Dinge verdarben ihm oft den Spaß an der Arbeit und sorgten für ein Motivationsdefizit. Obwohl er gerne Pfleger war.

Das Heim Sonnenschein lag in Oldenburgs Altstadt am Wall und hatte einen guten Ruf. Weil sie hier alles gaben, was möglich war. Doch seitdem Kira nicht mehr dabei war, lief leider vieles nicht mehr richtig rund. Sogar noch nach den zwei Jahren ihrer Abwesenheit. Sie war ein Motor im Team gewesen, ein Mensch, der sich stets perfekt auf die Bewohner und deren Angehörigen einstellen konnte und der immer die richtigen Worte fand. Auch bei so etwas.

Ihre Nachfolgerin Sandra konnte das nicht. Sie war oft barsch, obwohl auch sie das Herz am richtigen Fleck hatte.

Jedenfalls gefiel Kai die Arbeit in dieser Form häufig nicht mehr. Ihm fehlte der Antrieb, der echte Wumms, mit dem er sonst seine Schicht begonnen hatte.

Lag es doch daran, dass er Kira vermisste? Ihr strahlendes Lächeln, mit dem sie jeglichen Stress auf der Arbeit zu einem Fliegenschiss degradierte und sofort akzeptable Lösungen fand? Nur in ihrem eigenen Leben war es ihr nicht immer so einfach gelungen. Deshalb war sie ja auch fort.

Kai erschien es, als wäre Kira gerade erst weggefahren in dieses große Land, das ihm unbekannt war, weil er es noch nie besucht hatte. Kira Stolzenbeck aber hatte stets von Schweden geschwärmt und nicht nur, weil sie Pippi Langstrumpf und Michel aus Lönneberga mochte.

»Am schönsten finde ich Öland. Da ist das Licht im Sommer einzigartig«, hatte Kai Kiras Stimme im Ohr, so als hätte sie es erst gestern gesagt.

Dorthin hatte sie gewollt und es auch durchgezogen. Aber weil sie die Brücken radikal hinter sich abgebrochen hatte, wusste er auch nicht, wo genau sie auf dieser langgezogenen Insel wohnte. Bis zu ihrem Aufbruch hatten sie sich noch geschrieben und er hatte in ihrem Status ihre Neuigkeiten verfolgen können. Doch plötzlich war es still um sie geworden. Von einem Tag zum nächsten hatte es keine Nachrichten mehr gegeben. Keine Statusmeldungen, und ihre Social-Media-Kanäle waren stillgelegt. Kira hatte sich von ihren sozialen Kontakten in Deutschland losgesagt. Sie hatte offenbar einen radikalen Schlussstrich unter ihre Vergangenheit gezogen.

Das schmerzte ihn besonders, denn sie hatte sich ihm anvertraut und er hatte sich als ihr Freund gesehen.

Im Heim gab es auch niemanden, den er nach ihrem Verbleib hätte fragen können. Alle hatten Kira gemocht und sehr geschätzt, aber zu einer echten Freundschaft hatte es nie gereicht. Kira trennte normalerweise Beruf und Privatleben, weshalb es verwunderlich war, dass sie sich ausgerechnet ihm anvertraut hatte. Zwischen ihnen hatte es eben besondere Vibes gegeben.

Ihr Verschwinden und das abrupte Zerschneiden ihrer Verbindung setzte ihm bis heute zu und er bekam sie einfach nicht aus seinem Kopf.

Obwohl Kai sehr oft an Kira dachte und sie schrecklich vermisste, hatte er bislang jeglicher Versuchung widerstanden, nach ihr zu suchen. Es wäre ihm eigenartig vorgekommen, dies zu tun. Wenn jemand den Kontakt abbrach, hatte derjenige dafür einen triftigen Grund, und er wollte das akzeptieren. Doch heute, nach diesem blöden Ärger eben … Da war es wieder da. Das Gefühl, mit ihr im Team wäre alles besser verlaufen. Sie hätte die Wogen geglättet und der große Knall wäre ausgeblieben. Plötzlich nahm die Sehnsucht nach Kira überhand.

Kai zog das Handy aus der Hosentasche. Nur einmal gucken, ob er doch etwas über sie herausfand. Mehr nicht. Schauen, ob es ihr gut ging da drüben auf ihrer Insel. Sofern sie sich dort noch aufhielt.

»Zum Glück habe ich ab morgen Urlaub und kann diesem Affenzirkus ein wenig entfliehen«, murmelte er. Vier Wochen lagen vor ihm. Vier Wochen, die sich aus seinem Jahresurlaub, aber auch aus zahlreichen Überstunden zusammensetzten. Der Betriebsrat hatte dafür Sorge getragen, dass er sie endlich ausgleichen konnte, denn zuvor waren sie ständig aufgeschoben worden.

Kai war auch mehr als urlaubsreif.

Er schrak zusammen, als er Schritte hörte.

»Und, wohin geht’s?« Sandra machte sich an ihrem Schrank zu schaffen. »Oder verreist du nicht?«

Kai zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Erst mal den Stress abflauen lassen und dann schaue ich weiter.«

Sandra wiegte den Kopf und griff nach ihren Sachen, weil sie sich damit hinter den Vorhang zurückziehen wollte. »Mein Traum ist es, einmal Schweden zu bereisen. Erst den Süden und dann nach und nach weiter nördlich.«

»Eine Rundreise durch Südschweden?«, erkundigte Kai sich.

Sandra nickte. »Öland wird auf jeden Fall dabei sein, und als nördlichste Grenze setze ich bei der ersten Reise den Götakanal.« Sie lächelte verträumt. »Auf Öland residiert sogar die Königsfamilie, und das Wetter ist dort oft richtig schön. Schloss Borgholm! Mittsommer. Diese Byrums Raukar, das sind mächtige Kalksandsteinfelsen an der nördlichen Westküste, und nicht zu vergessen die beiden Leuchttürme, der Långe Jan im Süden und im Norden der Långe Erik. Der Jan soll der höchste Leuchtturm Schwedens sein.«

Kai grinste. »Hast du einen Reiseführer gefrühstückt oder warum kennst du dich so gut aus?«

Sandra verschwand hinter dem Vorhang.

Kai hörte ein Klackern, als sie sich umzog.

»Man informiert sich doch. Ich habe allerdings erst im August Urlaub und muss mich noch etwas gedulden. Gebucht ist noch nichts, ich überlege zurzeit, wie ich es anstelle. Wird wohl eine spontane Reise.« Sandra kam in Jeans und T-Shirt wieder hervor und warf den Kasack samt Hose in den Wäschesack. Sie winkte. »Ich wünsche dir aber schon jetzt eine schöne Zeit. Erhol dich gut, wir brauchen dich hier noch!«

»Ich werde mich blendend erholen und gestärkt zurückkommen«, versprach Kai, auch wenn er nicht sicher war, ob es sich so verhielt. Er hatte schließlich nicht einmal ein Ziel, wo er diese super Erholung finden wollte.

Kai packte seine restlichen Sachen zusammen. Sandra schwärmte also auch von Öland. Ob er doch mal nachschaute, was das genau für eine Insel war? Etwas machen, was er sich zwei Jahre lang verkniffen hatte, weil er es vermeiden wollte, auch nur im Geringsten an Kira erinnert zu werden?

Weil sie ihm schon damals eine Spur zu wichtig gewesen war.

Zu Hause angekommen, warf Kai seine Tasche in die Ecke und setzte sich sofort an den PC. Er gab Öland ein, und augenblicklich spuckte ihm sein Rechner eine Vielzahl an wunderschönen Fotos und interessanten Informationen aus.

Die Insel war viel größer, als er gedacht hatte. Einhundertsiebenunddreißig Kilometer lang. Dafür war sie schmal, etwa sechzehn Kilometer in der Breite. Wo aber könnte Kira stecken? Er vermutete, sie würde auch in Schweden als Altenpflegerin arbeiten, denn das war ihr Beruf und sie hatte ihn geliebt. Doch wo waren dort auf Öland Pflegeheime?

Kai durchforstete das Netz, klickte sämtliche Einrichtungen an, aber er fand sie in keinem Unternehmen.

Als er gerade aufgeben wollte, stutzte er, denn er hatte zum Schluss ganz lapidar einfach ihren Namen und Öland eingegeben.

Butik Kira, sprang ihm als Werbung entgegen.

Er klickte die Webseite an und sofort erkannte er seine ehemalige Kollegin. Sie strahlte braun gebrannt in die Kamera und wirkte überglücklich. Ihre Augen schienen regelrecht zu blitzen vor Freude. Das fast schwarze Haar war zu einem Zopf gebunden. Kira trug auf dem Foto eine grün-gelb gestreifte Schürze mit einem Kreuz darauf. Das war die Öland-Flagge.

Spezialitäten von Öland und aus Skandinavien, alles handgemacht, las er.

Kira hatte also einen Laden in Melböda eröffnet. Direkt am Hafen oder am Hamn, wie man auf Schwedisch sagte. Sie machte folglich etwas ganz anderes als zuvor und schien damit einen Weg eingeschlagen zu haben, der sie erfüllte.

Kai schluckte. Betrachtete das Bild ein weiteres Mal. Tauchte in ihren Blick ein, suchte im Netz nach dem Hafen und der unmittelbaren Umgebung.

Es war wunderschön dort! Er musste nach Öland. Fast war es, als riefe ihn eine innere Stimme. Er wollte endlich mit Kira reden. Schauen, wie es ihr ging.

Kurzerhand schaute er nach, welche Ferienhäuser für vier Wochen zur Verfügung standen. Er hatte Glück und fand ein erschwingliches in Hafennähe direkt im Ort Melböda. Einen ICA-Markt für die Grundversorgung samt Backabteilung gab es genauso wie die Fiskaffair, was wohl eine Räucherei mit angeschlossenem Restaurant war, und ein Bekleidungsgeschäft.

Das klang alles vielversprechend, und es war sicher gut, wenn man manchmal nicht auf die Vernunft hörte, sondern seinem Gefühl folgte.

Kai buchte das Ferienhaus und auch gleich die Fähre von Travemünde nach Trelleborg.

Als er alles erledigt hatte, lehnte er sich mit geschlossenen Augen zurück und spürte seinen widersprüchlichen Gedanken nach. War er denn des Wahnsinns? Was sollte er auf Öland? Und vor allem, was würde Kira dazu sagen, wenn er dort einfach so auftauchte?

»Wenn sie sauer ist, dann gehe ich ihr dort eben aus dem Weg«, murmelte er. »Aber dann habe ich es wenigstens versucht und weiß, ob es ihr wirklich so super geht, wie das Foto es suggeriert.«

Er wusste selbst, dass er sich etwas vormachte. Er fuhr zu Kira, weil sie sein Herz noch immer besetzt hielt.

3

Kira rieb sich die Augen. Es war gestern spät geworden, weil sie sehr lange mit Mads auf der überdachten Veranda ihres Schwedenhäuschens gesessen und geredet hatte. Über dies und über das. Sie hatte es sich leisten können, den Abend und die Nacht voll auszukosten und in die Länge zu ziehen, weil sie am Montag stets geschlossen und ihren freien Tag hatte. Wobei frei relativ war, denn meist putzte sie die Butik gründlich oder kümmerte sich um den Nachschub der Vorräte.

Heute aber wollte sie das Faulsein ein bisschen genießen.

Kira schloss die Augen und ließ den Abend noch einmal Revue passieren. Mads interessierte sich sehr für ihr Leben in Deutschland und fand ihre Schilderungen ziemlich aufregend. Es unterschied sich in so vielen Punkten von dem in Schweden, dass sie von einem zum Nächsten gekommen waren.

»Auf Öland ist es noch ein bisschen anders«, hatte er gesagt, »ein eigenes Schweden, weshalb ja auch der König mit seiner Familie im Sommer hier oft residiert. Das hat sicher seinen Grund.«

Dem konnte Kira uneingeschränkt beipflichten. Öland hatte etwas Natürliches, ihm haftete ein einzigartiger Charme an. Es war so schön, dass sie auf Öland ihr neues Zuhause gefunden hatte. Mit so wunderbaren Freunden, die immer für sie da waren. Denn auch Lena war ihr in der Zeit auf Öland zu einer engen Vertrauten geworden. Mads und Lena, die Menschen ihrer Gegenwart. Sie hatten keine Verbindung zu Kiras Vergangenheit, und das war auch gut so. Mit jedem Schritt entfernte sie sich davon ein Stück mehr. Manchmal fragte sie sich trotzdem, ob es gut war. Oder ob eine Aufarbeitung den Schmerz, der immer wieder in ihr wütete, nicht erträglicher machen würde.

Kira räkelte sich und blinzelte, weil ein Sonnenstrahl ihre Iris kitzelte. Was würde sie mit diesem wundervollen freien Tag anfangen?

Gleich wollte sie erst auf der Veranda in Ruhe einen Kaffee trinken und ein Stück Obst essen. Eine Banane vielleicht. Viel Hunger verspürte sie nicht, dann Mads hatte Unmengen von Rökta räkor mitgebracht, die ihr noch immer schwer im Magen lagen. Dazu ein Baguette, das sie in der Heißluft-Fritteuse kross aufgebacken hatten. Das gesamte Mahl hatten sie mit viel Remoulade vertilgt.

Kira war es nicht gewohnt, so spät noch zu essen und schon gar nicht diese Mengen. Seit sie aus Deutschland geflohen war, aß sie oft zu wenig – was Mads bemerkte und dafür Sorge trug, dass sie sich vernünftig ernährte. Mit ihm schmeckte es ihr dann auch tatsächlich.

Kira setzte sich im Bett auf und gähnte ausgiebig. Herrlich, so ein freier Tag!

Trotzdem wollte sie ihre Bestellliste gleich zum ICA-Markt bringen, damit sie alle Zutaten rechtzeitig beisammenhatte und spätestens am nächsten Wochenende mit der Herstellung der neuen Waren beginnen konnte. Sie hatte gestern in der Butik schon alle Regale abgewischt. Gefegt wurde täglich, sodass sie sich das alles heute schenken konnte.

Ein freier Tag wäre für heute genau das Richtige. Einfach nichts tun und ein Buch lesen. Sie hatte schließlich gerade einen schönen historischen Roman am Start.

Aber das Wetter war bombastisch. Zwar wehte vom Osten her eine frische Brise, aber die Sonne schien vom klarblauen Himmel und sie konnten laut Wetterbericht mit mehr als zwanzig Grad rechnen. Deshalb kam ihr eine andere Idee: Wie wäre es mit einer Radtour zum Lången Erik? Das war eine längere Strecke, die auch am Naturschutzgebiet Trollskogen vorbeiführte, nur durfte man dort nicht Radfahren und eine Wanderung war sinnvoller. Um diese Jahreszeit waren der Urlaubszeit wegen allerdings meist viele Menschen im Trollskogen unterwegs, was sie nicht wunderte, konnte man dort doch wunderbare krumm gewachsene und außergewöhnliche Bäume entdecken. Kira mochte den viereinhalb Kilometer langen Wanderweg entlang der Küste am liebsten. Sie liebte neben den vielen Pflanzenarten auch die Grabhügel dort. Allerdings hatte sie den Trollskogen schon so manches Mal erwandert, genau wie sie den Lången Erik gut kannte.

Dann doch auf der windgeschützten Veranda in der Sonne faulenzen?

Sie schrak zusammen, als das Handy klingelte. Mads!

Es war schön gestern Abend. Wiederholung? Ich habe meine Kunden abgearbeitet und hätte Zeit. Heute liegt nichts mehr an.

Kiras Herz klopfte sofort eine Spur schneller. Warum nur freute sie sich so sehr über seine Nachricht? Er war doch nur ein Freund. Der Bruder ihrer besten schwedischen Freundin Lena!

Kira atmete tief durch.

»Nun beruhige dich mal wieder, meine Liebe!«, murmelte sie. Sie konnte dieses langsam herankrabbelnde Gefühl, das sich vom Bauch immer mehr zu ihrem Herzen schlich, so gar nicht gebrauchen.

Nein, sie wollte sich nicht verlieben. Never! Und schon gar nicht in einen so schönen Mann wie Mads, der bestimmt nur mit dem Finger zu schnippen brauchte, wenn er eine Frau herumkriegen wollte.

Obwohl? Tat er das? Eigentlich hatte sie ihn noch nie mit einer anderen gesehen, und auch Lena hatte keine Andeutungen in diese Richtung gemacht. Mads nutzte seine Attraktivität offenbar nicht aus.

»Er. Ist. Nur. Nett«, erklärte Kira sich selbst und schmunzelte, weil sie schon wieder Selbstgespräche führte. Eine Unart, die sie sich angewöhnt hatte, weil sie sonst mit den vielen Verletzungen Timurs nicht zurechtgekommen wäre. Da hatte es geholfen, wenn sie laut ausgesprochen hatte, was sie belastete.

Mads war ganz anders als Timur, aber sie wollte keine Beziehung! Nie wieder verletzt werden. Nie wieder zur Tür starrten und hoffen, dass er doch nach Hause kam. Sie in den Arm nahm und sie glauben machte, alles wäre gut.

Trotzdem war es eine feine Idee, mit Mads den Tag zu verbringen und nicht allein. Lesen konnte sie auch später noch.

Ihre Finger flogen mit leichtem Zittern über die Tasten.

Was hast du denn vor?

Die Antwort kam postwendend.

Ganz in den Süden? Lufsa essen am Lången Jan?

Da musste Kira nicht lange überlegen. Es gab drei Gerichte, die sie bislang nur auf Öland und sonst nirgends gegessen hatte. Eines davon waren die Rökta räkor, also die geräucherten Garnelen, das zweite Gericht hieß Kroppkaka, dabei handelte es sich um mit Speck gefüllte Klöße, nach denen man süchtig werden konnte, und das dritte war Lufsa. Ein Kartoffelkuchen mit Speck, dazu gab es Preiselbeeren und Sauerrahm.

Erst hatte Kira diese specklastigen Gerichte als gewöhnungsbedürftig empfunden, aber inzwischen liebte sie diese.

Wieder tippte sie schnell ein:

Okay, dann der Långe Jan, aber wir laufen ein Stück, damit das Essen nicht zu schwer im Magen liegt.

Mads’ Antwort ließ nicht lange auf sich warten.

Einverstanden. In einer Stunde?

Kira schickte einen Smiley und einen Daumen nach oben und fügte hinzu:

Ich muss zuvor nur bei ICA meine Bestellung abgeben, dann kann ich los.

Kein Problem, da fahren wir einfach vorbei. Hejdå.

Nach dieser Zusage sprang Kira schnell aus dem Bett und huschte unter die Dusche. Schließlich wollte sie Mads nicht verschlafen und verwuschelt gegenübertreten. Außerdem wären ein Kaffee und ein kleines Frühstück nicht schlecht, denn auf nüchternen Magen wollte sie Lufsa nicht essen.

Es versprach, wieder ein warmer Frühsommertag zu werden, also entschied sich Kira für ihre beerengrünen Shorts aus Musselin und dazu ein passendes gelbes T-Shirt, das ihre dunklen Haare gut zur Geltung brachte. Mit dem leichten Strickpulli über den Schultern wäre sie auch vor dem kühlen Wind geschützt.