Sommernachtsherz - Ariel Tachna - E-Book

Sommernachtsherz E-Book

Ariel Tachna

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Beschreibung

Blake Barnes hat eigentlich alles, was er sich fürs Leben wünscht: einen guten Job als stellvertretender Direktor einer Highschool und mit seiner Theater-AG eine Möglichkeit, Schülern in Problemsituationen zu helfen. Nur sein Liebesleben liegt brach. Das ändert sich jedoch schnell, als sein Highschoolschwarm plötzlich wieder in sein Leben platzt: Thane Dalton ist durch und durch ein Draufgänger und legt sich auch gerne mal mit Autoritätspersonen an, um seine Neffen vor Mobbing zu bewahren. Schon bald merken die beiden Männer, dass zwischen ihnen nicht nur beim Streiten die Funken fliegen, sondern dass es auch auf anderer Ebene zwischen ihnen knistert…

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Seitenzahl: 298

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Deutsche Erstausgabe (ePub) September 2019

Für die Originalausgabe:

© 2017 by Ariel Tachna

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Stage Two«

Originalverlag:

Published by Arrangement with Dreamspinner Press LLC, 5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2019 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

beloved ist ein Imprint des Cursed Verlags

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

ISBN-13: 978-3-95823-780-3

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

Aus dem Englischen von Jessica Hartmann

Liebe Leserin, lieber Leser,

vielen Dank, dass Sie dieses eBook gekauft haben! Damit unterstützen Sie vor allem die Autorin des Buches und zeigen Ihre Wertschätzung gegenüber ihrer Arbeit. Außerdem schaffen Sie dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der Autorin und aus unserem Verlag, mit denen wir Sie auch in Zukunft erfreuen möchten.

Vielen Dank!

Ihr Cursed-Team

Klappentext:

Blake Barnes hat eigentlich alles, was er sich fürs Leben wünscht: einen guten Job als stellvertretender Direktor einer Highschool und mit seiner Theater-AG eine Möglichkeit, Schülern in Problemsituationen zu helfen. Nur sein Liebesleben liegt brach. Das ändert sich jedoch schnell, als sein Highschoolschwarm plötzlich wieder in sein Leben platzt: Thane Dalton ist durch und durch ein Draufgänger und legt sich auch gerne mal mit Autoritätspersonen an, um seine Neffen vor Mobbing zu bewahren. Schon bald merken die beiden Männer, dass zwischen ihnen nicht nur beim Streiten die Funken fliegen, sondern dass es auch auf anderer Ebene zwischen ihnen knistert…

Widmung:

Für meine Mutter und Schwester,

die alle meine Fragen über Lexington beantwortet haben,

und für Nicki, die Nachsicht mit meiner Besessenheit hat,

auch wenn sie sie nicht teilt.

Kapitel 1

Blake Barnes starrte die beiden mürrischen Jungs, die zusammengekauert auf zwei kleinen Plastikstühlen saßen, über seinen Schreibtisch hinweg an. »Wollt ihr mir erzählen, was passiert ist? Denn wenn ihr es nicht tut, bleibt mir nichts anderes übrig, als auf der Tatsache rumzureiten, dass es das dritte Mal in weniger als einem Monat ist, dass ihr in meinem Büro gelandet seid. Dreimal in einem Monat ist kein Rekord, aber wenn man bedenkt, dass ihr erst seit vier Wochen auf dieser Schule seid, könnte es einer sein.«

Phillip – er war der ältere der beiden Brüder, die beide in der zehnten Klasse und daher in Blakes Verantwortung waren, bis sie in die Elfte wechselten – lachte leise, ein gutes Zeichen, wie Blake befand, aber keiner von ihnen sagte ein Wort.

»Phillip, Christopher, ihr müsst mir hier entgegenkommen. Ich kann euch nicht helfen, wenn ihr mir nicht sagt, was los ist.«

»Kit«, brummelte der andere Bruder. »Keiner nennt mich Christopher.«

Blake seufzte. »Kommt schon, Jungs. Ich bin hier nicht der Böse. Ich will eure Eltern hier nicht mit reinziehen, wenn es etwas ist, das wir in der Schule klären können.« Er hatte es bei den ersten beiden Malen, bei denen die Jungs in Schwierigkeiten geraten waren, geschafft, das Problem intern zu klären, denn die verbalen Kämpfe waren relative Bagatellvorfälle gewesen, aber die Entwicklung betrachtet, konnte er so nicht weitermachen, vor allem nicht jetzt, da es zu einer körperlichen Auseinandersetzung eskaliert war.

»Unsere Eltern sind tot«, spuckte Phillip hervor.

Blake blinzelte ein paarmal. Das hatte er nicht gewusst. Mist, verdammt. So viel dazu, eine Verbindung zu Problemteenagern aufzubauen, auch wenn es einige Sachen erklärte. Er runzelte die Stirn und rief ihre Datenblätter auf, um zu sehen, bei wem sie lebten. Der Rechner brauchte etwas, um seine Anfrage zu bearbeiten – als die Schule neue bekommen hatte, hatte er darauf bestanden, einen der alten Computer zu nehmen. Die Lehrer brauchten die neue Technologie dringender als er. Schließlich war die Datenbank geladen und zeigte ihm, wonach er gesucht hatte. Phillip und Christopher Parkins lebten gerade bei…

Heiliges Kanonenrohr. Thane Dalton war als ihr Vormund aufgeführt. Er rieb sich die Schläfen und betete, dass die Jungs mit ihm reden würden.

Er hatte Thane Dalton – angenommen es war derselbe Thane Dalton, aber bei der Größe von Lexington und diesem Namen wettete er nicht darauf, dass es jemand anderer war – nicht mehr gesehen, seit Thane die Highschool abgeschlossen hatte, aber er bezweifelte, dass es leichter wäre, ihn nach beinahe zwanzig Jahren wiederzusehen. »Muss ich euren Vormund anrufen oder können wir das selbst klären?«

»Bitte rufen Sie Onkel Thane nicht an.« Endlich begegnete Kit Blakes Blick, mit einem Ausdruck voller Hoffnungslosigkeit, der Blake das Herz brach.

»Kit, ich sag dir immer wieder, dass Onkel Thane uns nicht rauswerfen wird.«

»Seht mal, erzählt mir, was passiert ist – die Wahrheit wohlgemerkt –, und ich werde sehen, ob ich euren Onkel da raushalten kann«, bot Blake an. »Die ganze Wahrheit.«

»Diese Jungs, die, die ich geschubst habe –«, begann Phillip.

»Nicht«, entgegnete Kit. »Das macht es nur noch schlimmer.«

Blakes Magen verkrampfte sich. »Kit, ich weiß, wie es sich anfühlt, der Neue an der Schule zu sein. Wir sind nach Lexington gezogen, da war ich in etwa so alt wie ihr, und ich hatte keinen älteren Bruder, der auf mich aufgepasst hat, aber ich weiß auch, dass zu verschweigen, was immer das Problem ist, es nicht löst.«

Phillip sah Kit wieder an, dann zu Blake zurück. »Sie glauben, nur weil sie die Starsportler sind und wir niemand, dass sie uns rumschubsen können. Sie denken, dass sie Kit dazu zwingen können, Sachen für sie zu machen. Sie…«

Blake konnte sich bereits denken, worauf es hinauslief, aber er musste es von den Jungs hören. Er verschränkte die Finger in seinem Schoß und drückte fest, um die Anspannung zu verbergen, die ihn innerlich auffraß.

»Red weiter«, sagte er so sanft, wie er es zustande brachte.

»Sie hatten ihn auf den Knien, haben ihn festgehalten. Wenn ich in dem Moment nicht dazwischengegangen wäre… einer von ihnen hat nach seinem Gürtel gegriffen«, erzählte Phillip eilig. »Ja, ich habe ihn weggeschubst. Ja, ich hätte Schlimmeres getan, wenn die Aufsicht nicht aufgetaucht wäre, aber sie wollten Kit wehtun. Ich konnte sie das nicht tun lassen.«

Blake schloss die Augen angesichts der Verzweiflung in Phillips Stimme. »Nein, das konntest du nicht. Als Konrektor kann ich Gewalt nicht billigen, aber ich verstehe, warum du es getan hast. Leider stand Kit wieder, als die Aufsicht dazukam, und die Sicherheitskameras filmen die Ecke nicht, in der ihr zu der Zeit wart, daher steht es Aussage gegen Aussage.«

Phillip setzte zum Protest an.

»Ich sagte nicht, dass ich dir nicht glaube. Das tue ich wirklich, aber es ist nicht so einfach, die Sache zu klären, wie es wäre, wenn wir außer den beteiligten Personen Zeugen hätten. Kit, haben sie gesagt, was sie mit dem Gürtel tun würden, sobald er ihn ausgezogen hätte?« Blake konnte sich aus dem Stand heraus zwei Szenarien vorstellen – Schläge oder eine Gruppenvergewaltigung –, aber er hatte vor langer Zeit gelernt, dass seine Schüler sehr viel kreativer waren als er. Die anderen Jungs hätten auch völlig andere Motive haben können.

Kit schüttelte den Kopf.

»Kit«, redete Blake ihm gut zu. »Ich kann dir nicht helfen, wenn du mir nicht die Wahrheit erzählst.«

Kit schüttelte erneut den Kopf.

»Rufen Sie Onkel Thane an«, meinte Phillip plötzlich. »Vielleicht redet Kit mit ihm.«

Blake nickte und griff nach dem Telefon, um die Nummer zu wählen, die noch immer auf seinem Bildschirm aufleuchtete. Er ignorierte, wie Kit zusammenzuckte, in der Hoffnung, dass er das Richtige tat. Thane Dalton war schon immer ungehobelt gewesen – Ich bin vielleicht in Biologie durchgefallen, aber selbst ich weiß, dass ein Mädel nicht schwanger werden kann, wenn man sie in den Arsch fickt –, aber Blake hatte ihn nie als grausam kennengelernt. Er hoffte, dass sich das an ihm nicht geändert hatte, selbst wenn sich andere Dinge geändert hatten.

Es klingelte dreimal, bevor jemand ranging.

»Dalton.«

»Mr. Dalton, hier spricht Mr. Barnes von der Henry Clay Highschool. Ich habe Ihre Neffen hier in meinem Büro. Es gab eine kleine Auseinandersetzung. Sie müssen bitte in die Schule kommen.«

»Lassen Sie mich mit ihnen reden«, verlangte Dalton.

Das war nicht erlaubt, aber Blake hatte es nicht dahin geschafft, wo er sich jetzt befand, indem er die Regeln befolgt hatte. Er sah vielleicht nicht wie jemand aus, der gern Risiken einging, aber die Kids standen für ihn immer an erster Stelle. »Einen Moment, bitte.« Er sah zu den Jungs hinüber. »Wer von euch möchte mit ihm sprechen?«

Kit zuckte zurück und Phillip straffte die Schultern. »Ich rede mit ihm.«

Blake reichte ihm den Hörer. Das Kabel reichte nicht bis zu seinem Platz, daher musste Phillip näher zum Schreibtisch kommen.

»Onkel Thane?«

Blake konnte nicht verstehen, was Dalton am Telefon sagte, aber er konnte den verärgerten Tonfall deutlich raushören. Er seufzte. Er wusste bereits jetzt, dass das hier nicht so einfach werden würde. Entweder hatten die Jungs genug Vertrauen zu Dalton, sodass er wusste, was los war, oder er war zu einem absolut autoritären Typen geworden, der sie anschrie, einfach nur weil sie im Büro des Konrektors saßen. Phillip hörte sich kommentarlos an, was auch immer Dalton brüllte. Nach ein paar Minuten gab er Blake den Hörer zurück und setzte sich wieder.

»Mr. Dalton?«

»Ich bin in zwanzig Minuten da. Lassen Sie meine Neffen nicht aus den Augen. Wenn diese Schläger noch mal die Gelegenheit bekommen, sich an meinen Jungs zu vergreifen, trete ich Ihnen in den Arsch.«

Blake erschauerte bei den Worten nicht. Er war erwachsen, lange über seine jugendliche Schwärmerei für den älteren Bad Boy hinweg. Es spiele keine Rolle, dass Blake wegen Thane Dalton und seiner brüsken Missachtung für so etwas wie Anstand erkannt hatte, dass er schwul war.

»Ich werde Ihre Neffen in meinem Büro behalten, bis Sie hier sind«, antwortete Blake so höflich wie möglich. In seinen vier Jahren als Assistenzdirektor hatte er es mit genügend wütenden Eltern zu tun gehabt, um zu wissen, wie er mit der Angelegenheit umgehen musste. Selbst die Beherrschung zu verlieren, würde niemandem helfen, am wenigsten den Jungs, die ihm gegenübersaßen.

Ein Klicken, das das Ende des Telefonats verkündete, war Daltons einzige Antwort. Blake unterdrückte ein Seufzen. Einige Dinge änderten sich nie.

»Euer Onkel wird in zwanzig Minuten hier sein«, berichtete er den Jungs. »Gibt es noch irgendetwas anderes, das ihr mir erzählen wollt, während wir warten?«

Beide Jungs schüttelten den Kopf, sodass Blake sie ihrem Schweigen überließ. Er hatte mehr als genug Arbeit zu erledigen, wenn sie nicht mit ihm reden wollten, aber seine Gedanken kreisten immer wieder um ihre Situation. Sie brauchten eine eigene soziale Gruppe, einen Freundeskreis, der sie davor schützte, von den Mobbern herausgepickt zu werden. Der ihnen die gleiche Sicherheit gab, wie ihm die Arbeit in der Theatergruppe gegeben hatte, als er damals nach Lexington gezogen war. Der Neue an der Schule zu sein, war immer eine Herausforderung, bis man sich eingefunden hatte, und von dem wenigen, was er gerade über sie erfahren hatte, hatten sie bereits genug Herausforderungen zu meistern.

Wenn er sie dazu bringen konnte, mit ihm zu reden und ihm die ganze Wahrheit darüber zu erzählen, was gerade vor sich ging, könnte er ihnen helfen, aber wenn sie nicht mit ihm sprechen wollten, waren seine Möglichkeiten begrenzt.

Der Sicherheitsdienst hatte den Streit unterbrochen, bevor es so schlimm hatte werden können, um als richtige Auseinandersetzung bezeichnet werden zu können, aber beim nächsten Mal würden sie vielleicht nicht so viel Glück haben und Fayette County verfolgte eine strikte Null-Toleranz-Politik, wenn es um körperliche Auseinandersetzungen ging.

Wenn es tatsächlich zu Handgreiflichkeiten kommen würde, hätte er keine andere Chance, als sie an eine andere Schule zu versetzen, ganz egal, wie sehr er davon überzeugt war, dass sie dort nicht hingehörten. Und er würde sie mit denselben Jungs versetzen, die sie so sehr drangsaliert hatten, bis sie sich gewehrt hatten. Es musste einen Weg geben, das zu vermeiden. Er musste ihn nur finden, vorzugsweise bevor Thane Dalton hier ankam, denn Blake hatte keinen Zweifel daran, was dann folgen würde – die Hölle würde losbrechen.

Bei diesem Gedanken lächelte er. Phillip und Kit brauchten jemanden wie ihren Onkel auf ihrer Seite. Er bemitleidete die Eltern der anderen Jungs beinahe, sollte das hier zu einer Mediation führen. Dann erinnerte er sich daran, was Phillip ihm erzählt hatte, und änderte seine Meinung. Die anderen Jungs verdienten, was auch immer Dalton entschied, ihnen an den Kopf zu knallen.

Er begann, ein paar Papiere auf seinem Schreibtisch hin und her zu schieben, während er nach dem Bericht suchte, den er irgendwann heute würde ausfüllen müssen, als sein Blick auf die Ankündigung der aktuellen Aufführung der Theatergruppe fiel. Er beäugte sie einen Augenblick nachdenklich. Ein bisschen körperliche Arbeit in Gestalt von ein wenig ehrenamtlicher Tätigkeit mit einer Gruppe von Kids, die sich damit rühmten, anders zu sein, könnte genau das sein, was Phillip und Kit brauchten, um sich einzufinden. Für ihn hatte es vor all den Jahren auch funktioniert.

***

Thane Dalton starrte auf das Handy in seiner Hand und fluchte, bis die Luft um ihn herum begann, blau zu werden. Als er Lily versprochen hatte, sich um ihre Jungs zu kümmern, wenn ihr irgendetwas zustoßen sollte, hatte er niemals erwartet, dass es tatsächlich passieren würde. Im Gegensatz zu ihrem verstorbenen Ehemann, einem Soldaten, hatte sie einen absolut sicheren Tagesjob in einer Bank gehabt.

Es hatte keinen Grund gegeben zu denken, dass er plötzlich die Vormundschaft für seine zwei Neffen würde übernehmen müssen, weil sie krank werden und sich nicht davon erholen würde. Es hatte keinen Grund gegeben sich vorzustellen, dass er sich plötzlich in Gesellschaft zweier trauernder Teenager, die nun in seinem Haus lebten, wiederfinden würde.

Er steckte das Handy in seine Tasche und pfiff scharf, um die Aufmerksamkeit seines Baustellenleiters zu bekommen. »Derek, ich muss los und nach meinen Neffen sehen. Ich bin zurück, sobald ich kann.«

Derek Jackson, sein Vorarbeiter, bester Freund seit Ewigkeiten und die einzige Person, der er Dalton Construction anvertraute, winkte ihm, um ihm zu signalisieren, dass er ihn gehört hatte und er zu seinem Truck eilen konnte. So gut es ging, klopfte er sich den Matsch von den Schuhen, bevor er in die Fahrerkabine stieg.

Er hatte es geschafft, die Schule zu meiden, seit er vor beinahe zwanzig Jahren seinen Abschluss an der Tates Creek gemacht hatte. Er hatte geplant, das auch so beizubehalten, aber Kit und Phillip waren alles, was er noch von seiner geliebten Zwillingsschwester hatte.

Er würde sie nicht im Stich lassen, indem er nicht dort wäre, wenn sie ihn brauchten. Sie hatten ihm nicht viel gesagt – so weit er das sagen konnte, erzählten sie niemandem sonderlich viel außer einander –, aber sie hatten genug erzählt, sodass er die Lücken selbst füllen konnte.

Er war vielleicht beinahe vierzig, aber er konnte sich immer noch daran erinnern, wie es in der Highschool zuging. Er hatte dieses Spiel damals mit den Besten gespielt, aber seine Neffen, seine kostbaren Jungs, hatten diese Lektion noch nicht gelernt. Thane versuchte gerade, sie ihnen beizubringen, aber sie waren immer noch zu verwundbar, um zuzuhören, was er zu sagen hatte.

Es war schwer genug gewesen, seine Eltern zu verlieren, als er dreißig gewesen war. Er konnte sich nicht vorstellen, mit fünfzehn und sechzehn Waise zu sein. Er würde den Teufel tun und zulassen, dass jemand anderes ihr Leben im Moment noch schwieriger machte, und verdammt sei jeder, der ihm dabei im Weg stehen würde. Die hatten ja keine Ahnung, wozu er in der Lage war.

Kapitel 2

»Entschuldigen Sie, Mr. Barnes. Mr. Dalton ist hier, um mit Ihnen zu sprechen.«

Blake nickte seiner Sekretärin zu. »Danke, Natalie. Bitte schicken Sie ihn rein.«

Blake beobachtete, wie die Jungs ihm gegenüber nach einander griffen, als Natalie zurück ins Hauptbüro ging. Er wappnete sich mental für was auch immer die nächsten Minuten bringen würden. Er würde sie gegenüber ihrem Onkel verteidigen, genauso wie er sie gegenüber den Schulrowdies verteidigen würde, wenn es dazu käme, aber sobald sie sein Büro verließen, waren seine Möglichkeiten beschränkt.

Die Tür schwang auf, was alle drei Personen im Raum zusammenzucken ließ, und Thane Dalton stürmte herein. Er hatte sich kein Stück verändert, außer vielleicht, dass er attraktiver geworden war. Er trug sein schwarzes Haar immer noch zum im Nacken gebundenen Pferdeschwanz.

Die schwarze Lederjacke, an die Blake sich erinnerte, war durch eine bessere ersetzt worden, aber die Jeans und Arbeitsschuhe hätten die gleichen sein können, die Thane in der Highschool getragen hatte. Er beanspruchte immer noch mehr Platz in einem Raum, als seine Körpergröße bräuchte, als würde er allein durch seine Präsenz sämtliche Luft einsaugen. Blake atmete tief durch und erinnerte sich daran, dass er kein nerdiger Neuling mehr war. »Mr. Dalton. Danke, dass Sie so schnell kommen konnten. Ich bin Mr. Barnes.«

»Ich weiß, wer Sie sind. Ich will wissen, was Sie tun werden, um diese verdammten Schläger davon abzuhalten, meine Jungs zu terrorisieren.«

»Ich werde sehr gern einen Mediationsplan mit Ihnen besprechen«, begann Blake.

Thanes böser Blick hätte Blake in einem Haufen Asche auf dem Boden zurücklassen sollen. »Mediation?«, grunzte er heraus. »Ich sehe keinen Grund für eine Mediation. Sie wurden seit dem ersten Tag an dieser Schule von der gleichen Gang aus Vollidioten getriezt. Sie werden ihnen nicht sagen, dass sie sich nicht verteidigen dürfen.«

»Wenn es um Handgreiflichkeiten geht, fährt Fayette County eine Null-Toleranz-Politik. Es ist egal, wer den Streit begonnen hat«, sagte Blake und fühlte sich dabei wie der schlimmste Heuchler der Welt. »Wenn sie drangsaliert werden, müssen sie das einem Erwachsenen melden, statt die Sache selbst in die Hand zu nehmen.«

»Wem denn?«, verlangte Thane zu erfahren. »Ihnen? Erwarten Sie wirklich, dass ich Ihnen glaube, dass Sie sich auf ihre Seite stellen würden, statt zu Ihren Starathleten zu halten?«

»Wir haben verschiedene Verfahren –«

»Verfickte Verfahren.« Blake errötete nicht, als Thane verfickt sagte. Das tat er nicht. Würde er nicht.

»Bitte, Mr. Dalton. Wenn Sie bitte auf Ihre Wortwahl achten würden, würde das der Sache ungemein helfen.«

Thane schnaubte. »Sie sind doch alle gleich. Hauptsache, höfliche Worte und gute Manieren und Sie haben alle Angst, etwas zu tun, wofür Sie vielleicht gefeuert oder verklagt werden könnten. Tja, verfickt noch eins, Mr. Barnes. Jemand bedroht meine Jungs und das wird jetzt aufhören.«

»Und was schlagen Sie vor, um das zu stoppen?«, fragte Blake.

»Was schlagen Sie vor, um das zu stoppen?«

»Mobber haben die Tendenz, diejenigen auszuwählen, die keinem stabilen Freundeskreis angehören«, erklärte Blake. »Sie suchen die, die allein sind und keinen haben, der sie verteidigt oder bezeugen würde, was passiert ist.« Thane öffnete den Mund, um ihn zu unterbrechen. »Bitte lassen Sie mich ausreden. Ich komme noch zum Punkt, wenn Sie mir bis zum Schluss zuhören.«

Thane starrte ihn böse an, aber Blake weigerte sich, klein beizugeben. Er hatte einen Job zu erledigen, Jungs zu beschützen und eine Schule zu leiten. Er weigerte sich, sich von irgendjemandem einschüchtern zu lassen. Nicht mal von dem Mann, der Hauptdarsteller seines ersten feuchten Traums gewesen war.

»Wie ich sagte, neue Schüler, Schüler, die noch nicht so viele soziale Fähigkeiten haben, und Schüler, die nicht aus dem gleichen Holz geschnitzt sind, sind am häufigsten Opfer der Mobber. In diesem Fall denke ich, dass es daran liegt, dass Phillip und Kit neu sind. Sie sind noch nicht lange genug hier, um neue Freunde und eine Nische gefunden zu haben, in die sie passen, also haben die Hyänen sie umzingelt. Leider ist es so, sobald das losgeht, wird es für die Opfer schwieriger, einen Freundeskreis zu finden, denn das Risiko ist größer, sich mit jemandem anzufreunden, der schon gemobbt wird, als sich mit jemandem anzufreunden, der einfach nur neu ist.«

»Das ist ja alles sehr interessant, aber es ist keine Lösung«, meinte Thane mit finsterem Gesichtsausdruck.

Blake ignorierte ihn und wandte sich an Phillip und Kit. »Habt ihr Jungs von eurem Onkel irgendetwas gelernt, was das Bauen betrifft?«

»Ein wenig«, antwortete Phillip. »Wir gehen manchmal am Wochenende mit ihm auf Baustellen, um uns ein wenig Taschengeld dazuzuverdienen. Kit ist zu jung, um offiziell zu arbeiten, aber wir hängen bei ihm rum.«

»Dann habe ich ein Angebot. Die Theatergruppe sucht Freiwillige für ihre Bühnencrew. Ihr würdet dabei helfen, die Bühnenbilder zu bauen, das heißt einfache Sägearbeiten, Hammer und Nägel, vielleicht Schraubendreher, Pinsel, nichts schrecklich Kompliziertes, aber die Theaterkids sind eine Gruppe, die zusammenhält. Ihr würdet dort Freunde finden, die mit euch abhängen, was es den Mobbern schwer macht, euch zu isolieren.«

»Theater?«, fragte Thane. »Ist das das Beste, was Ihnen einfällt?«

»Wenn Sie Vorschläge haben, höre ich sie mir gern an«, meinte Blake. »Aber wenn Sie lediglich meine Vorschläge kritisieren wollen, dann lassen Sie mich Ihnen die anderen Möglichkeiten erklären. Das wird als zugeteilte Sozialstunden in ihren Akten stehen. Ihre anderen Optionen sind ein dreitägiger Schulverweis, bei dem sie zu Hause bleiben müssen, oder ein zweiwöchiger Unterrichtsverweis, bei dem sie in die Schule kommen müssen. Diese sehen in ihrer Akte weit schlimmer aus als Sozialstunden, nicht zu vergessen die Unterrichtszeit, die sie verpassen würden, und die Tatsache, dass sie dadurch die Aufmerksamkeit der wirklichen Problemfälle der Schule bekommen, wovon ich ausgehe, dass das nicht in Ihrem Sinn ist. Ich mache die Regeln nicht, Mr. Dalton, aber ich tue mein Bestes, um damit zu arbeiten, damit ich Ihren Jungs helfen kann.«

Thane sah nicht überzeugt aus, nicht, dass Blake es ihm übel nahm. Er hatte genug Geschichten über Thanes Abenteuer in der Highschool gehört, um zu verstehen, dass er nicht viel Achtung Schulmitarbeitern gegenüber hatte.

Nur wenige Leute, die nicht vom Fach waren, verstanden den Drahtseilakt, den Blake täglich vollführte, und all die Regeln, die ihm von einem System auferlegt wurden, auf das er keinen Einfluss hatte. Er war gut darin geworden, kreative Wege zu finden, um die Regeln zu beugen, aber es funktionierte nur, wenn auch die Eltern mitspielten.

Als Thane keine Alternative anbot, wandte Blake sich wieder Kit und Phillip zu. »Was denkt ihr? Wollt ihr versuchen, Teil der Bühnencrew zu werden?«

»Es ist besser als ein Unterrichts- oder Schulverweis«, meinte Phillip. »Es ist ja nicht so, dass es die Sache schlimmer machen kann.«

Thane sah aus, als wollte er etwas Bissiges sagen, daher starrte Blake ihn mit seinem besten Wagen Sie es ja nicht-Blick an. Er kannte Typen wie Thane. Sosehr er in diesem einen Jahr an der Highschool auch in ihn verschossen gewesen war, hatte er ein paar Jahre gehabt, um zu lernen, was Jungs – und Männer – wie er über das Theater dachten. In einer Band zu spielen, war okay, aber das Theater war nur was für Schwuchteln.

Wenn Kit und Phillip irgendeinen musikalischen Hintergrund gehabt hätten, wären sie bereits in der Musikgruppe statt im Töpferunterricht. Wenn er raten müsste, würde er sagen, dass das Töpfern in ihrem Stundenplan gelandet war, um eine Freistunde zu füllen, und nicht, weil sie sich wirklich dafür interessierten. Er könnte falschliegen – es wäre nicht das erste Mal –, aber Phillip und Kit kamen ihm nicht wie Freunde von Keramikwaren vor.

Zu seiner Überraschung behielt Thane für sich, was er hatte sagen wollen. Blake hatte nicht erwartet, dass sein Blick funktionieren würde.

Kit sah seinen Onkel Rat suchend an. Blake wappnete sich, um die Sache Thanes Missfallen gegenüber noch mal zu begründen, aber Thane erwiderte Kits Blick gelassen. »Es ist eure Zeit. Eure Entscheidung.«

Kit sah zu Blake auf. »Wie lange müssen wir arbeiten, falls wir entscheiden, dass uns die Sache nicht gefällt?«

»Die komplette Vorbereitung für die Aufführung dauert acht bis zehn Wochen«, sagte Blake. »Die meisten der Bühnencrew bleiben bei den Aufführungen mit da und helfen bei den Requisiten und Lichtern und anderen Dingen, aber das ist nicht wirklich eine Bedingung. Aber um deine Frage zu beantworten: Gebt der Sache vier Wochen. Wenn ihr am Ende der Zeit nicht weitermachen wollt, sehen wir euren Sozialdienst als beendet an.«

»Vier Wochen schaffen wir doch, oder, Kit?«, meinte Phillip.

»Ja.«

Blake wandte sich an Thane. »Dann sind wir uns einig. Jungs, lasst mich einen Sicherheitsbediensteten holen, der euch zum Unterricht bringt. Mr. Dalton, könnten Sie noch fünf Minuten Ihrer Zeit für mich entbehren?«

»Ich will mit Kit und Phillip sprechen, bevor sie in den Unterricht zurückgehen«, verlangte Thane.

»Das ist okay. Jungs, wenn ihr bitte draußen bei Ms. Wright warten würdet, ich werde den Sicherheitsdienst rufen, um euch in eure Klassen zurückzubringen, nachdem ihr mit eurem Onkel geredet habt.«

Kit und Phillip verließen den Raum und schlossen die Tür hinter sich.

»Sie dürfen sich gern setzen«, bot Blake an. »Es wird nicht lange dauern.«

Thane setzte sich auf einen der Stühle, die seine Neffen gerade geräumt hatten, aber ihn auf Augenhöhe zu haben, statt von ihm überragt zu werden, minderte die Wirkung nicht, die seine Anwesenheit im Raum hatte. »Ich möchte, dass Sie zu Hause bekräftigen, dass Gewalt in dieser Situation nicht weiterhilft und Kit und Phillip jegliche Angriffe gegen sich melden, statt ebenfalls handgreiflich zu werden. Ich kann ihnen helfen, wenn sie die Mobber melden. Ich kann ihnen nicht helfen, wenn sie sich mit den Mobbern prügeln.«

»Sie erwarten von mir wirklich, zu glauben, dass das funktioniert?«, höhnte Thane. »Es ist noch nicht so lange her, dass ich auf der Highschool war. Ich glaube nicht, dass sich die Dinge so schnell geändert haben.«

»Was sich geändert hat, sind die Regeln, Mr. Dalton. Als wir in der Schule waren, wurden wir fürs Prügeln für ein paar Tage suspendiert und das war's auch schon. Jetzt kann es dazu führen, dass man an eine andere Schule versetzt oder ganz ausgeschlossen wird. Nicht ganz die gleiche Größenordnung.«

»Und sich nicht zu wehren, kann zur Massenvergewaltigung führen«, entgegnete Thane unverblümt.

Blake zuckte zusammen. »Davon haben sie mir nichts erzählt.« Der Gedanke war ihm gekommen, aber er hatte gehofft… Nun, es war egal, was er gehofft hatte. »Dann habe ich meine Meinung geändert. Sie müssen die beiden davon überzeugen, mir die ganze Wahrheit zu sagen, denn das ist eine gänzlich andere Situation als Mobben. Nicht, dass ich Mobbing billige, verstehen Sie, aber Mobbing ist ein internes Schulproblem. Vergewaltigung ist ein Verbrechen.«

»Sie haben mir auch nichts davon erzählt, aber das brauchten sie auch nicht«, meinte Thane.

»Nein, ich kann mir nicht vorstellen, dass sie das tun, aber sie müssen es mir erzählen, wenn ihre Angreifer ihnen das angedroht haben. Ich kann nicht aus Hörensagen oder einer Vermutung heraus handeln. Einer von ihnen muss mir genau sagen, welche Drohungen ausgesprochen worden sind und von wem. Wenn sie das tun, eröffnet es mir Möglichkeiten, die ich jetzt noch nicht habe«, erklärte Blake.

»Möglichkeiten«, wiederholte Thane und verdrehte die Augen dabei. »Sagen Sie mir, warum ich sie nicht einfach von der Schule nehmen und woanders anmelden sollte.«

»Weil ohne eine Erklärung, was diesen Monat passiert ist, Ihnen der Bezirk den Schulwechsel nicht erlauben wird, es sei denn, Sie ziehen um«, meinte Blake. »Sie könnten sich nach Privatschulen umsehen, aber die werden einen Blick in ihre Disziplinarakte werfen und Annahmen über Ihre Jungs treffen, die vermutlich dazu führen, dass sie dort genauso isoliert wären. Ich verstehe Ihre Frustration –«

»Sie verstehen gar nichts. Ich kenne Typen wie Sie. Sie sind in irgendeiner reichen Gegend aufgewachsen, auf irgendeine schicke Schule gegangen und mussten sich nie mit irgendwelchen echten Problemen rumschlagen. Kit und Phillip haben ihren Vater verloren, als sie klein waren. Kit erinnert sich überhaupt nicht an ihn. Letzten Monat ist ihre Mutter an Krebs gestorben. Und jetzt müssen sie sich mit einem Haufen ignoranter Arschlöcher rumschlagen, die denken, dass sie die Schule regieren, weil sie gut auf dem Football- oder Basketballfeld sind. Sie haben genug durchgemacht.«

Das alles so zu hören, brach Blakes Herz für Kit und Phillip und es steigerte seine Entschlossenheit nur noch mehr, eine Lösung zu finden, die sie beschützen und ihnen gleichermaßen helfen würde, sich in ihrem neuen Leben zurechtzufinden.

»Sie haben ziemlich deutlich gemacht, was Sie von mir halten, gleichgültig, wie weit Sie mit Ihren Annahmen danebenliegen, aber das ändert nichts an dem Fakt, dass Sie und ich im Moment die Einzigen sind, die zu den beiden halten. Sie können das System so sehr verfluchen, wie Sie wollen, aber Tatsache ist, ich weiß, wie man darin spielt. Daher bleibt am Ende nur eine Frage: Helfen Sie mir, die Regeln zu unserem Vorteil auszulegen, oder werden Sie die ganze Zeit gegen mich ankämpfen und die Zukunft Ihrer Neffen riskieren?«

Kapitel 3

Thane starrte über den Schreibtisch hinweg den Mann an, der Kits und Phillips Zukunft in den Händen hielt. Gott, er wollte diesen Mann mit seinem leuchtend weißen Hemd und der perfekt gebundenen Krawatte hassen. Er wollte sich den Stuhl, auf dem er saß, schnappen und ihn auf dem Schreibtisch dieses Arschlochs zertrümmern und ihm sagen, dass er zur Hölle fahren und sein ganzes System mitnehmen sollte. Er könnte es tun.

Zwar gehörte ihm Dalton Construction, aber er verbrachte seine Tage immer noch auf der einen oder anderen Baustelle. Er hatte die Kraft, es zu tun, und er war wütend genug, um diese Kraft zu nutzen, aber damit würde er keine Probleme lösen. Barnes hatte ihn an den Eiern und er konnte verdammt noch mal nichts dagegen machen.

»Sie haben vier Wochen«, spuckte er hervor. »Wenn Ihr Plan in dieser Zeit aufgeht, sind wir quitt. Wenn er nicht aufgeht oder es bis dahin schlimmer wird, habe ich genug davon, zu warten und nach idiotischen Regeln zu spielen.«

»Das ist verständlich«, antwortete Barnes weiterhin in diesem ruhigen Ton, der in Thane das Verlangen auslöste, ihn zu kneifen, nur um zu sehen, ob er in Lage war zu reagieren. »Sie haben meine Frage jedoch nicht beantwortet. Werden Sie mir helfen oder werden Sie die ganze Zeit über gegen mich sein? Denn ich kann Ihnen jetzt schon sagen, wenn Sie gegen mich sind, dann wird das nicht funktionieren. Ich arbeite mit Teenagern und ich weiß alles darüber, wie sie mit ihren Eltern interagieren.«

»Ich bin ihr Onkel, nicht ihr Vater«, murmelte Thane.

»Sie sind ihr rechtlicher Vormund. Das macht Sie praktisch zu einem Elternteil. Wie gesagt, ich weiß, wie die Teenager mit ihren Erziehungsberechtigten umgehen. Ich habe gesehen, wie sie Sie angesehen haben. Sie haben Angst, was absolut logisch ist, nach allem, was sie durchgemacht haben. Teilweise haben sie Angst wegen der Situation und mindestens zur Hälfte davor, dass Sie Ihre Meinung ändern. Sie suchen verzweifelt nach Ihrer Anerkennung, damit Sie sie nicht abweisen werden. Wenn Sie die beiden nicht dazu bringen zu glauben, dass das die beste Idee ist, von der Sie je gehört haben, werden sie nicht mit ganzem Herzen dabei sein, und wenn sie genervt und mit langen Gesichtern dort auftauchen, wird die Kernmannschaft der Theatergruppe wissen, dass sie dort sind, weil sie es müssen und nicht, weil sie es wollen. Mein ganzer Plan baut darauf auf, dass sie Freunde finden und Teil einer Gruppe werden, die sie bei sich aufnimmt. Machen Sie den Plan nicht zunichte, bevor er die Chance hat aufzugehen.«

Nicht nur, dass er diesen Mist einen Monat lang ertragen musste, jetzt sollte er auch noch so tun, als wäre das eine gute Idee? Auf keinen Fall würden Kit und Phillip ihm das glauben.

Barnes dachte vielleicht, dass sie so dumm waren, aber Thane wusste es besser. Seine Jungs waren blitzgescheit. Sie hatten nur ein hartes Jahr hinter sich. Es war vorauszusehen gewesen, dass sie ein paar Probleme in den wissenschaftlichen Fächern und anderen Dingen haben würden. Nicht, dass er ihnen dabei helfen konnte.

Er konnte ihnen beibringen, wie man einen Hammer schwang, aber er hatte seinen Stundenplan in der Highschool mit so vielen Werkunterrichtsstunden gefüllt, wie sie ihm erlaubt hatten. Wissenschaftliche Fächer waren definitiv nichts für ihn gewesen. Zumindest hatten die Jungs Lilys Intelligenz geerbt.

»Wie, schlagen Sie vor, soll ich das tun?«, verlangte er zu erfahren.

Barnes zuckte mit den Schultern. »Sie werden Bühnenbilder bauen. Sie könnten Ihre Hilfe anbieten. Sie könnten sie im Auge behalten, um sicherzugehen, dass sie sich nicht verletzen, und gleichzeitig etwas Zeit mit ihnen verbringen.«

Thane schnaubte. »Kostenlose Arbeitskraft? Soll ich auch noch Material spenden? Ich habe ein Unternehmen, keine Wohlfahrtsorganisation.«

»Es war ein Vorschlag, keine Anweisung«, sagte Barnes nachsichtig. »Sie haben nach Vorschlägen gefragt, ich habe Ihnen einen gemacht. Und nein, Sie brauchen kein Material zu spenden. Der Theaterbereich hat ein Budget für Bühnenbilder, Kostüme und die Rechte für die Aufführung. Alles, was Sie tun würden, wäre, den Schülern ein wenig professionelle Unterstützung anzubieten und Zeit mit Ihren Neffen zu verbringen. Das ist nicht unsere erste Aufführung. Unser Team weiß, was es tut.«

Thane spürte das Stechen der leichten Rüge, ignorierte es aber. Vielleicht hatte Barnes wirklich nicht versucht, die Sache auszunutzen, aber genug Leute hatten es in der Vergangenheit getan, um Thanes Misstrauen zu rechtfertigen.

»Ich werde darüber nachdenken. Wenn es sonst nichts weiter gibt, Mr. Barnes, ich habe ein Unternehmen zu führen.« Er musste auch mit zwei verängstigten Jungs sprechen, aber das war eine Sache zwischen ihnen. Barnes hatte daran keinen Anteil.

»Helfen Sie dabei, dass die Sache funktioniert. Das ist alles, worum ich Sie bitte«, meinte Barnes.

Thane nickte knapp und erhob sich. Er musste raus aus diesem Raum. Zu viele Erinnerungen, auch wenn das Büro kaum wie das an der Tates Creek aussah, in dem er mehr Zeit verbracht hatte, als er zugeben wollte. Die Highschool war nicht der erfolgreichste Abschnitt seines Lebens gewesen.

Er ging aus dem Büro und fand Kit und Phillip, die bei der Sekretärin saßen. So viel zu einem vertraulichen, emotionalen Gespräch. Nicht, dass er gut darin war, ganz abgesehen von den Umständen. Kit und Phillip standen sofort auf und wippten auf den Fußballen, als wären sie gefangen zwischen weglaufen und ihren Mann stehen.

Er streckte die Arme nach ihnen aus, um ihre Schultern in einem festen Griff zu umfassen und ihnen nacheinander in die Augen zu sehen. »Wir finden eine Lösung«, sagte er. »Wenn es die nicht ist, dann werden wir etwas anderes probieren. Ich werde nicht zulassen, dass euch noch mal irgendwas passiert. Das schwöre ich.«

Kit stiegen Tränen in die Augen, seine Wimpern wurden feucht und er sah aus wie ein getretener Welpe, aber Thane erkannte auch die Dankbarkeit darin. Er drückte Kits Schulter noch etwas fester. Phillip versteckte seine Gefühle besser, die Miene unlesbar, aber so wie er sich an Thanes Arm klammerte, verriet er sie. »Bleibt so oft wie möglich in Bereichen, wo noch andere sind und die Lehrer euch sehen. Wenn sie euch nicht allein erwischen, ist es schwieriger, Streit anzufangen, denn dann habt ihr Zeugen und Leute, die ihr um Hilfe bitten könnt.«

»Wir versuchen es, Onkel Thane«, sagte Phillip mit zittriger Stimme. Er hatte vielleicht sein Pokerface perfektioniert, aber am Rest musste er noch arbeiten.

»Das sind meine Jungs.« Er drückte ihre Schultern noch mal und trat einen Schritt zurück. »Ich muss zurück zur Arbeit. Wir sehen uns heute Abend zu Hause.«

Sie nickten beide und setzten sich wieder auf ihre Plätze. Er wollte noch etwas sagen, aber Worte waren noch nie seine Stärke gewesen. Er bevorzugte Taten, aber hier hatte er nicht die Autorität zu handeln. Er verkniff sich ein frustriertes Knurren und stolzierte aus dem Büro. Er würde den Nachmittag damit verbringen, Nägel ins Holz zu treiben. Das würde seine Anspannung besser abbauen als jede andere Option, die er hatte. Es war ziemlich schwierig, es mit einem willigen Hintern zu treiben, wenn zwei Teenager im Nebenzimmer schliefen.

***

Als sich die Tür hinter Thane schloss, sackte Blake in seinem Stuhl zusammen. Er war keine vierzehn mehr und erforschte auch nicht seine Sexualität. Er wusste genau, wer er war und was er wollte – und Thane Dalton war es nicht. Sicher, er war nett anzusehen, aber Blake hatte keine Verwendung für den Neandertaler-Höhlenmensch-Typ. Vor allem nicht für einen voreingenommenen Neandertaler-Höhlenmenschen.

Warum also hatte Thane immer noch die Macht, ihn komplett verunsichert zurückzulassen? Er musste sich zusammenreißen oder Heidi hätte einen Heidenspaß mit ihm, wenn sie sich wie immer freitags zur Happy Hour trafen. Er würde Geld darauf wetten, dass sie sich ebenfalls an Thane erinnerte, und wenn sie es tat, erinnerte sie sich auch an seine hoffnungslose Schwärmerei.