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Die Sonette in diesem Lyrikband sind an eine faszinierende Frau gerichtet, die der Autor vor über dreißig Jahren kannte, dann aus den Augen verlor, aber niemals vergessen hat. Im Herbst 2015 trat dann in unerwarteter Weise ein Zeitpunkt besonderer Rückbesinnung ein; verschüttet geglaubte Erinnerungen und Gefühle erwachten in neuer Stärke, verlangten nach Ausdruck, drängten in ihrer ganzen Ambivalenz, mit all ihren positiven und negativen Affekten zur Auseinandersetzung, wollten in Versen gestaltet sein. So entstand diese Dichtung, an der Wirklichkeit und Imagination gleichermaßen mitwirkten. In die Sprache ist neben poetischen Bildern viel Phantastisches, Mystisches, Philosophisches, vielleicht auch Psychologisches, auf jeden Fall Gedankliches eingeflossen, darüber hinaus hat der Autor große Frauengestalten aus Geschichte und Mythos in die Persönlichkeit der Protagonistin hineinprojiziert. Einen bedeutenden Stellenwert haben immer wiederkehrende Fragen nach dem Ich, dem Selbst, der Identität der geliebten Frau und der Identität des Autors, Fragen, die naturgemäß nicht beantwortet werden können, weil es Gewissheit über das innere Wesen eines Menschen in allen seinen Dimensionen nicht gibt und auch in der Lyrik nicht erlangt werden kann, auch nicht erlangt werden soll; überdies wäre eine solche Gewissheit das Ende der Poesie. Über das Sonett ist schon vieles gesagt worden, besonders auch, dass es schon mehrmals tot gesagt war. Dem Autor bot sich diese strenge Form aber an, weil sie ihm für Klangexperimente und schwierige Darstellungen geeignet erschien, obwohl er in seinen Versen den großen Meistern der Gattung nicht annähernd nahe kommt, geschweige denn sie erreicht.
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Seitenzahl: 119
Veröffentlichungsjahr: 2019
Gerhard Leonhard Rothe
Sonette an Octavia
Die Sonette in diesem Buch sind an eine Frau gerichtet, die der Autor vor über dreißig Jahren kannte, die ihn sehr faszinierte, die er dann aus den Augen verlor, aber niemals vergessen konnte.
Vor einigen Jahren trat dann in unerwarteter Weise ein Zustand plötzlicher Rückbesinnung, ja Erschütterung ein; längst verschollen geglaubte Erinnerungen und Gefühle, positive wie negative, erwachten in neuer Stärke, verlangten nach Ausdruck, wollten in Versen gestaltet sein. So entstand diese Dichtung, an deren Ausarbeitung Wirklichkeit und Imagination gleichermaßen mitwirkten und worin Vergangenheit und Gegenwart auf der gleichen Zeitebene zusammengeführt sind, weil Leidenschaft nur Gegenwart kennt.
In die Sprache ist neben poetischen Bildern viel Phantastisches, Mystisches, Philosophisches, vielleicht auch Psychologisches, auf jeden Fall Gedankliches eingeflossen, darüber hinaus hat der Autor große Frauengestalten aus Geschichte und Mythos in die Persönlichkeit der Protagonistin hineinprojiziert und auch eigene Mythen zu schaffen versucht und auf diese Weise dafür gesorgt, dass sich die Angesprochene unerkannt in den Texten verbergen kann.
Einen bedeutenden Stellenwert haben immer wiederkehrende Fragen nach dem Ich, dem Selbst, nach der Identität der geliebten Frau und der Identität des Autors, Fragen, die naturgemäß nicht beantwortet werden können und auch nicht beantwortet werden sollen.
Über das Sonett ist schon vieles gesagt worden, unter anderem auch, dass es schon mehrmals totgesagt war. Dem Autor bot sich diese strenge Form aber an, weil sie ihm für Klangexperimente und schwierige Darstellungen geeignet erschien, obwohl er in seinen Versen den großen Meistern der Gattung nicht annähernd nahekommt, geschweige denn sie erreicht.
Gerhard Leonhard Rothe
Sonette an Octavia
Ein Schwanengesang
Impressum
© 2019 Gerhard Leonhard Rothe
ISBN 978-3-7469-1730-6 (Paperback)
ISBN 978-3-7469-1731-3 (Hardcover)
ISBN 978-3-7469-1732-0 (e-Book)
Verlag & Druck: tredition GmbH,
Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
An die Unvergessene,
für alle Zeiten Geliebte
Zweihundertzehn Sonette
1
Als sanften Trost
Wenn ein Choral aus Chrysanthemenduft
in weiten Wellen wirbelnd dich umfließt
und Unmut dich ergreift aus dunkler Kluft,
Phantomschmerz scharf durch deine Sinne schießt,
worin ich dir gerinne zur Gestalt,
die dich umschließt als unheilvolle Nacht,
und Panik dich zerreißt mit Pulsgewalt,
voll Abscheu Abwehr neu in dir erwacht:
Dann stopp dein dumpfes Grollen, atme tief,
entlass dein Hadern, deinen düsteren Hass:
vielleicht in deiner Trauer, trotzerbost,
erwachte etwas, das zu dir mich rief?
Dann atme still, sei ohne Angst und lass
mich um dich sein als Traum und sanften Trost!
2
Im ewigen Jetzt
Ins Damals schwing ich, wenn du mich ereilst,
und umgekehrt reiß ich dich in das Jetzt;
stets Gegenwart ist, wo du mit mir weilst,
du bist‘s, die mir die Zeiten zart vernetzt.
Nie weiß ich wirklich, wo und wann ich bin,
wenn fern aus Raum und Zeit dein Blick mich trifft:
ob mich ein Traum umfängt, ob wacher Sinn
mich trägt durch hellen Tags Ereignisdrift.
Denn was ich je erlebte neben dir,
mit dir, in dir, aus dir, erleb ich jetzt,
weil noch in mir geschieht, was uns geschah;
und so ist ganz und gar das Heute mir
mit dir, so wie du damals warst, besetzt,
und nichts ist mir wie du so spürbar nah!
3
Besinnungslos
Weißt du es noch? Wir sahen uns oft im Traum,
wo wir uns liebten ohne ein Besinnen.
Sacht streifte uns die Zeit mit weichem Saum;
vor unsrer Lust gab’s für uns kein Entrinnen.
Oft wollte ich mit dir aus diesem Traum,
aus dieses Traumes Lust zu dir erwachen,
aus dir zu dir in lichten Tages Raum,
aus unsres Traumes Lust gierigem Rachen.
Und wir erwachten in die Wirklichkeit,
und unsre Lust ließ uns ins Leere fallen;
ich wandte mich erwartungsvoll zu dir:
Du aber warst verschwunden; weit und breit
war Dunkel nur und dumpfer Seufzer Hallen.
Seit Jahren bist du längst verloren mir.
4
Aus reinstem Quell
Auch später sahen wir uns noch oft im Traum,
wo wir dann Lust aus reinstem Quell erlebten;
welch ungeheurer, intensiver Raum,
wo wir zu Gipfeln der Erfüllung strebten,
war dieser Traum, in dem wir trunken in
der Gier des Rauschs besinnungslos versanken,
wo unser Sein zerrann, und aller Sinn
aus unsrer Wollust strömte ohne Schranken.
Wenn dann der Traum versank, und schwindelnd wir
ins Nichts, in schrankenlose Leere sanken,
und tief in mir ich ohne dich erfror,
weil du verschwandst, wusst‘ ich: wie ich in dir
bleibst du in mir, so dass ich ohne Schwanken
dich, die ich nie verlieren kann, verlor.
5
Schreitende Gestalt
Ich spür deinen mitreißenden Elan
in jedem deiner Atemzüge schwingen;
und eh du’s aussprichst, steht mir, weil ich’s ahn,
das, was du denkst und fühlst, mit hellem Klingen
und voll Volumen vor mir in der Luft
und als mentale Macht in meinen Sinnen
und meinem Drängen; alles atmet Duft
aus deinem Wesen, lässt mich Rausch gewinnen.
So ist die Welt von der Gestalt geprägt,
in der du schwingend ihre Gestalt durchschreitest;
dies Schreiten zeigt sich auch von mir beseelt,
weil mich dein Denken durch dein Dürsten trägt,
ich dich begleite, wie du mich begleitest,
weil uns ohne einander alles fehlt.
6
Stadt der Geisterfeste
Kennst du die Stadt, an der die Fluten nagen,
die hell, ein stolzes Schiff, im Lichte schwimmt,
die ihren Nimbus nährt aus Ruhmestagen,
schwer von Gesängen, wehmutsvoll gestimmt?
Kennst du die Stadt, wo feuchte Mauern klagen,
verfallend seufzen prächtige Paläste,
die Stadt, wo Gondeln manchmal Trauer tragen,
auf dem Kanal im Rausch der Maskenfeste?
Siehst du die Stadt, in der wir starben, ragen,
an Domen reich, Kanälen und Palästen,
wo noch die Ströme unsres Sterbens brennen,
die Stadt, wo unsre Träume Trauer tragen,
wo unser Glühen schwelgt in Geisterfesten,
wo wir uns bei verlorenen Namen nennen?
7
Siehst du mich?
Oft seh ich dich durch meine Räume gehen
und hör dein stilles Lied, dein leises Lachen,
und deine Träume tragen mein Erwachen
zu dir und lassen dich in mir geschehen:
Traumbild, gedrängt, den Trug dir fortzuwehen,
mir die Begierden brennend anzufachen:
doch zwischen dir und mir dein leises Lachen,
und nie erreicht dich mein erschöpftes Flehen.
Sooft du sprichst, ich kann es nicht verstehen,
denn deine Dramen türmen sich zu Dämmen,
und deine Gesten sind für mich Gespenster.
Sag, siehst du mich? Verstehe ich mein Sehen?
Mit deinen Farben mich zu überschwemmen,
öffneten deine Fernen fremde Fenster.
8
Grausame Neugier
Mit glühender Hand griffst du durch meine Stirn,
bohrtest, begierig auf grandiosen Fund,
dich schraubend, schlängelnd tief in mein Gehirn
und siechtest hin auf seinem Schattengrund.
Du griffst mit scharfem Arm mir in die Brust
und presstest hart mein Herz in deiner Hand,
dann lauschtest du mit unverhohlener Lust,
und im Verlangen bist du bald verbrannt.
Doch hast du mich markiert, mich formatiert,
Festplatte bin ich nun, dem Datenstrom,
aus dir geflutet, steh ich blind bereit.
Doch ist’s ein Virus, der, bis ins Atom
mir feindlich, was mich steuert, infiziert
und mich mit dir und mit mir selbst entzweit.
9
Löwenleidenschaft
In glühender Stunde warn wir uns ganz nah,
als du, Martyrium freudig zu erleiden,
voll Anmut, die der Mob mit Staunen sah,
in die Arena tratst: Festtag uns beiden.
Doch als dein Löwe bangte ich davor,
du könntest angstvoll deinen teuren Glauben
abschwören zuletzt, so dass ich kalt mir schwor:
nichts soll uns dieses Hohen Tags berauben!
Du warst so schön: dein Leib so fest, so schlank,
ich glühte heiß in deinem Augenleuchten,
dein Haar betörte mich mit schwarzem Gleißen.
Da weigerte ich mich, dein Fleisch zu reißen,
mit deines Blutes heiß begehrtem Trank
die Kehle mir, die trockene, zu befeuchten!
10
Architekten des Schweigens
Dein Groll schuf mein Schweigen, der Architekt
des Prachtbaus, der mich leuchtend umschließt,
erstickend, wie jener Bernstein umhüllt das Insekt
und ihm Unsterblichkeitsstarre erschließt:
Das Schweigen, das mir verborgene Sinne weckt,
in die das wütende Licht deines Weltalls fließt;
gediegene Form, worin die Gestalt versteckt,
in die sich der Glanz deiner Schönheit ergießt.
Dein Schrei schuf mein Schweigen, der Architekt
tristen Tempels, in dem deine feindliche Lust
Skulpturen in Angriffsfront aufgestellt,
die dein Begehren sich träumend erweckt
in unfassbarem Unheilseifer ganz unbewusst,
wie’s deinem unergründlichen Sinn gefällt.
11
Trunkenheit
Ich bin so trunken noch aus jenen Tagen,
als dürstend ich in deinem Durst ertrank,
als all mein Wissen schwand, all meine Fragen
in dir zerrannen, ich zerbarst im Dank
ans All für dich. Doch brach in jenen Tagen
auch jenes Monstrum auf, an dem ich krank
seitdem, im Stau der steingewordenen Klagen
um dich und mich, weil unser Lieben sank
in eine einsam eisumschlossene Leere,
substanzlos leer, und doch so schwer, so dicht,
die uns verschweißt im Dunst verschwiegener Gier.
Verwunschen ist, was ich in dir begehre,
was du begehrst in mir. Du schwarzes Licht,
an dem ich sterb, und sterb, wenn ich’s verlier.
12
Zusammentreffen
Ich spür, dass du noch lebst. Du bist ganz nah,
du strahlst durch das Gedränge der Gestalten.
Auch du irrst nicht: Ich atme, ich bin da.
Lass uns den Raum, dass wir uns treffen, falten,
bis er berauscht uns zueinander biegt
durch unseres Dursts Gravitationsgewalten;
und wir, eng aneinander dann geschmiegt,
im Brennen der Berührung festgehalten,
lassen uns nicht mehr los; und wenn der Raum
mit Donnern wieder auseinanderschnappt,
dann bleiben dicht wir aneinander haften
und sehen staunend bald: es ist kein Traum,
von dem uns plötzliches Erwachen kappt:
und glücklich lernen wir, Glück zu verkraften.
13
Neuronen-Melodie
Du kennst nicht die Ekstase der Gedanken
an dich, Geliebte, wie sie mein Gehirn
mit Drogen überschwemmen ohne Schranken
und dabei oft ein feindliches Gestirn
darin entzünden, oft mit Dornenranken
verwunschenes Neuronenschloss verwirren
und dumpf in düsteren Labyrinthen kranken,
wo als Gespenster sie verloren irren.
Seit aus dem Blick mir deine Blicke sanken,
ist Nachtklang mir Neuronenmelodie,
voll trübem Glanz, voll Gram, und doch voll Glück;
denn meine wehmutswilden Blicke tranken
aus dir, Phantom, schwingende Euphorie,
und deine Blicke kehrten mir zurück.
14
Mächtiger Mythos
Mächtiger Mythos: du im blauen Kleid;
die Röte, die aus deinem Fieber flammte,
das rauschend mich verschlang für alle Zeit;
dein Blick, der brennend mich zum Durst verdammte,
durch nichts zu stillen, Durst äonenlang,
der Hitze haucht, kein Eis, um sie zu kühlen,
zu dämmen nur durch steten Gegenklang:
den Durst in dir, unstillbaren, zu fühlen.
Mächtiger Mythos: dein tiefschwarzes Haar,
Ebenholzrausch, feuriger Rabenteer,
Quell blauer Blitze, die mein Blut versengen.
Ein Song aus dir umarmt mich wunderbar:
du, Nachtgesang, schäume mein dunkles Meer
mit deinen saugenden Sirenenklängen!
15
Dein eignes Selbst
Darf ich mit dir, du schöne Frau, mich schmücken,
da du dir einzig selbst doch angehörst?
Darf sich mein Ich mit deinem Ich ausdrücken,
so dass du gern auf diesen Ausdruck schwörst?
Darf ich mit dir, du stolze Frau, mich schmücken,
die du für mich die Welt voll Glanz betörst
und nicht verstimmt mit strafendem Entrücken
im Stolz dich gegen meinen Stolz empörst?
Durch dich hindurch lass eitles Spiel mich treiben,
doch bleib dein eignes Selbst, bleib autonom,
und was ich fühle, sei dir einerlei.
Und auch dein Leib und deine Schönheit bleiben
durch Geistesfreiheit frei bis ins Atom,
und nur in deiner Freiheit bin ich frei.
16
Immer und überall
Ich seh dich immerdar und überall,
weil sich mein Geist aus dir voll Fieber trank;
ich bin von dir erfüllt, so lang, so prall,
von deinem Geist, deiner Gestalt fast krank,
berauscht von dir und deinem Widerhall,
weil deine Schwere in mich niedersank,
obwohl du schwebst, ein Hauch, ein Echoschall,
ein Spieglungsbild, ganz klar und zart und blank.
Ich seh dich überall und immerdar
in Tausenden lichten Gestalten; jede
ist einzigartig, unverwechselbar.
Jede ist du, voll lockender Gefahr,
und jede steht mit mir in tiefster Fehde
und strahlt Vernichtung mir so wunderbar.
17
Nofretete und Echnaton
Als, Nofretete, du gegangen kamst,
anmutig, elegant und hoheitsvoll,
und reich an Schönheit mir den Atem nahmst,
mir aufging meines künftigen Lebens Soll;
als, Nofretete, mich dein Lächeln fand,
und ich versank in deinem milden Blick,
und mir die Sorge vor der Zukunft schwand,
ich sah: dies Glück ist echt, kein billiger Trick:
Da wusste ich, dass eine Gottheit nur
uns dieses eine All regieren kann,
weil mir dein Wesen Einheit jäh erschloss.
Zu diesem Gott warst du die erste Spur,
dem Gott, der seiner sich in dir entsann
und mir als Sonne durch die Sinne floss.
18
Warst du es nicht?
Warst du es nicht, der ich begegnet bin?
War’s deine Maske nur, die ich mir machte
und mit dir selbst in schräge Deckung brachte,
und so dich mir verbarg von Anbeginn
hinter der Ausgeburt aus meinem Sinn,
dem Riss, mit dem ich dein Gesicht bedachte?
Ist’s möglich, dass ich mich aus dir umnachte?
Warst du, eh ich dich ahnte, schon dahin?
Obwohl ich vage, was du bist, erkannte
und dich in Schönheit, Schwung und Anmut sah,
war jäh ein Filter fest um dich gelegt,
so dass mein Blick dich mir aus dir verbannte,
mein böser Traum, der bald in dir geschah,
dich schrill mir darstellt seither unentwegt.
19
Die Waage
Ich spüre, bleiche Sphinx, wie sich die Frage
zermalmend schwer dir auf die Zunge drängt;
dein Mund jedoch, lippengepresst, beengt,
kann sie nicht formen, bringt sie nicht zutage.
Dann dein Erröten: eine wilde Klage,
weil dich mit hohem Druck zu sprechen drängt,
was drückend Schweigen über dich verhängt;
so bist du festgefesselt in der Waage,
weil keine Schale niedersinken will,
und Sturm in dir muss gegen Sturm anrennen
in einem Streit, der sich in Starre hüllt,
in einem Lärm, der lautlos ist und still.
Ich sehe in der Frage dich verbrennen,
bis dein Verlust mir jede Antwort füllt!
20
Form um Form
Find ich dich sibyllinisch, salbungsschwer,
wütender Sehnsucht voll; dein Sinnendunst
lähmt mir den Lorbeer; deine scheele Gunst
drosselt mein Herz; mein Hirn gongt glockenleer.
Ich schmelz in deinem siedend heißen Blick,
fließe dahin, zu füllen Form um Form;
doch mündet jeder Guss im Missgeschick,
ich bin Metall von spröd monströser Norm.
Bald schweb ich um dich nur noch als Phantom;
wenn ich dich lassen soll, so segne mich!
Doch drängt, du Trauersatte, tränenschwer,
zu dir mein Denken hin, ein dunkler Strom;
in Spasmen schleudert rau dein Schluchzen dich;
wir ringen um Gestalt: Substanzbegehr.
21
Mein Ich ist leer
S