Urlaub am Gardasee - Marietta Brem - E-Book

Urlaub am Gardasee E-Book

Marietta Brem

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Beschreibung

Der Sophienlust Bestseller darf als ein Höhepunkt dieser Erfolgsserie angesehen werden. Denise von Schoenecker ist eine Heldinnenfigur, die in diesen schönen Romanen so richtig zum Leben erwacht. Das Kinderheim Sophienlust erfreut sich einer großen Beliebtheit und weist in den verschiedenen Ausgaben der Serie auf einen langen Erfolgsweg zurück. Denise von Schoenecker verwaltet das Erbe ihres Sohnes Nick, dem später einmal, mit Erreichen seiner Volljährigkeit, das Kinderheim Sophienlust gehören wird. Du glaubst also wirklich, daß du es drei Wochen ohne uns aushältst, Schwester Regine?« Zweifelnd schaute Pünktchen die hübsche junge Frau an, die gerade damit beschäftigt war, ihren Koffer zu packen. »Oh, Pünktchen, frag mich doch nicht solche Sachen«, seufzte Regine Nielsen. »Du weißt doch, wie schwer mir der Abschied von Sophienlust fällt. Aber es sind doch nur drei Wochen. Ich hätte sie nicht genommen, wenn Tante Isi nicht darauf bestanden hätte.« Pünktchen grinste zufrieden. Das waren genau die Worte, die sie hatte hören wollen. Zugegeben, sie gönnte Schwester Regine den wohlverdienten Urlaub, übrigens der erste, den sie in all den Jahren machte. »Hauptsache, du kommst nach drei Wochen wieder zu uns zurück«, meinte Pünktchen und rümpfte die Nase mit den unzähligen Sommersprossen, die ihr auch den Spitznamen eingebracht hatten. »Natürlich, was denkst du denn? Ich weiß ohnehin noch nicht, wie ich die Zeit ohne euch alle herumkriegen soll.« Beide hatten nicht gehört, daß es an der Tür geklopft hatte. Als keine Antwort gekommen war, da war Denise von Schoenecker, die Verwalterin des Kinderheims Sophienlust, einfach eingetreten. »Sie sollen die Zeit nicht herumkriegen, sondern genießen«, sagte Denise vorwurfsvoll. Erschrocken drehten sich die beiden um. Pünktchen grinste von einem Ohr zum anderen.

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Sophienlust Bestseller – 42 –

Urlaub am Gardasee

Kleiner Junge in Gefahr

Marietta Brem

Du glaubst also wirklich, daß du es drei Wochen ohne uns aushältst, Schwester Regine?« Zweifelnd schaute Pünktchen die hübsche junge Frau an, die gerade damit beschäftigt war, ihren Koffer zu packen. »Oh, Pünktchen, frag mich doch nicht solche Sachen«, seufzte Regine Nielsen. »Du weißt doch, wie schwer mir der Abschied von Sophienlust fällt. Aber es sind doch nur drei Wochen. Ich hätte sie nicht genommen, wenn Tante Isi nicht darauf bestanden hätte.«

Pünktchen grinste zufrieden. Das waren genau die Worte, die sie hatte hören wollen. Zugegeben, sie gönnte Schwester Regine den wohlverdienten Urlaub, übrigens der erste, den sie in all den Jahren machte.

»Hauptsache, du kommst nach drei Wochen wieder zu uns zurück«, meinte Pünktchen und rümpfte die Nase mit den unzähligen Sommersprossen, die ihr auch den Spitznamen eingebracht hatten.

»Natürlich, was denkst du denn? Ich weiß ohnehin noch nicht, wie ich die Zeit ohne euch alle herumkriegen soll.«

Beide hatten nicht gehört, daß es an der Tür geklopft hatte. Als keine Antwort gekommen war, da war Denise von Schoenecker, die Verwalterin des Kinderheims Sophienlust, einfach eingetreten.

»Sie sollen die Zeit nicht herumkriegen, sondern genießen«, sagte Denise vorwurfsvoll.

Erschrocken drehten sich die beiden um. Pünktchen grinste von einem Ohr zum anderen.

»Das habe ich doch gewußt, daß Schwester Regine nicht freiwillig in Urlaub fährt. Ich wäre sehr enttäuscht gewesen.«

»Sei nicht so egoistisch, Pünktchen. Unsere Schwester Regine hat sich ihren Urlaub redlich verdient, das mußt du doch zugeben.«

»Das schon«, antwortete das Mädchen gedehnt, »und ich gönne ihn ihr auch. Aber irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, wie es ohne sie sein wird.«

»Es sind ja nur drei Wochen. Und wenn wir uns vorstellen, wie sich Schwester Regine am Strand des Gardasees aalen wird, dann wird es uns sicher leichter fallen, die Zeit ohne sie herumzubringen. Oder meinst du nicht?«

Schwester Regine lachte, aber es klang ein wenig wehmütig. »Ich werde nicht viel am Strand liegen, zumal ich gar nicht weiß, ob man in dem See noch baden kann. Vielleicht ist er viel zu verschmutzt. Nein, ich werde hauptsächlich auf den Spuren der Vergangenheit wandeln.«

Denise schüttelte den Kopf. »Ob das die richtige Beschäftigung für Ihren ersten Urlaub nach so langer Zeit ist, bezweifle ich. Aber das müssen Sie natürlich selbst entscheiden.«

Die Verwalterin machte keinen Hehl daraus, daß es ihr nicht recht war, was Regine Nielsen da vorhatte.

Diese war damals in Riva gewesen, nachdem sie geheiratet hatte. Denise wußte, daß viele Erinnerungen auf die junge Witwe einstürmen würden.

Aber vielleicht war es auch gut und richtig, was sie tat. Vielleicht brauchte sie diese Erinnerungen, um die Vergangenheit besser bewältigen zu können.

»Ich werde mich jetzt schon von Ihnen verabschieden, Schwester Regine. Bitte, nicht böse sein, wenn ich Ihnen nachher nicht winke, wenn Hermann Sie zum Bahnhof bringt. Aber ich…«

»Es ist schon in Ordnung, Pünktchen. Ich weiß, daß du dich nicht gern verabschiedest. Mir ergeht es nämlich ebenfalls so. Also, mach es gut, Liebes. Ich werde anrufen, sobald ich in Riva gelandet bin.«

Die beiden reichten sich die Hände und lächelten sich freundschaftlich an. Aber Denise von Schoenecker bemerkte gerührt, daß sowohl Schwester Regine als auch Pünktchen mit den Tränen kämpften.

Ehe noch eine der beiden Frauen etwas sagen konnte, huschte das Mädchen aus dem Zimmer.

Stumm packte die Kinderschwester ihren Koffer weiter. Sie mußte dieses Gefühl der Rührung erst niederkämpfen, ehe sie wieder sprechen konnte.

»Ich hätte Sie nicht dazu überreden sollen«, stellte Denise von Schoenecker fest. »Ich glaube, es war falsch, daß ich Ihnen zugeredet habe, endlich einmal Urlaub zu machen.«

»Nein, es war schon gut so, Frau von Schoenecker. Ich glaube, es ist sogar sehr wichtig für mich, daß ich noch einmal in das Land fahre, in dem ich einmal sehr glücklich gewesen bin.«

»Sehen Sie, Regine, genau das dachte ich auch, als ich Ihnen zuredete, wegzufahren. Aber daß Sie ausgerechnet nach Riva fahren würden, damit habe ich nicht gerechnet. Es wird Ihnen nur unnötige Schmerzen bereiten.«

»Nicht unnötig«, widersprach Regine Nielsen. »Ich werde auf den Spuren der Vergangenheit wandeln, wie Sie es so treffend ausdrückten, und ich werde es genießen, als ob es meine eigentliche Hochzeitsreise wäre.«

»Nein, Regine, das werden Sie nicht. Ich weiß es. Sie werden versuchen, all die Stätten zu besuchen, die Sie gemeinsam mit Ihrem Mann gesehen haben. Es wird sein wie damals, nur daß Sie dieses Mal allein sind.«

»Wie gut Sie mich kennen, Frau von Schoenecker. Manchmal habe ich direkt Angst vor Ihrem Spürsinn. Ich kann nur hoffen, daß Sie dieses Mal unrecht haben werden. Ich möchte meinen Urlaub genießen, und ich werde auch bemüht sein, Bekanntschaften zu schließen, damit ich während meiner drei Wochen Urlaub nicht allein bleibe.«

»So ist es recht, Regine. Dann kann ich beruhigt die nächsten drei Wochen verleben, ohne daß ich mir Sorgen um Sie machen muß.«

Schwester Regine schaute die Frau voll Zuneigung an. »Daß Sie das sagen, Frau von Schoenecker, das erfüllt mich mit Freude. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie wichtig mir Ihre Worte sind. Sie… sie bedeuten für mich meine ganze Zukunft.«

Betroffen senkte Denise den Blick. »Ich werde jetzt besser gehen, damit Sie in Ruhe packen können. Wenn Sie irgend etwas brauchen, dann lassen Sie es mich ruhig wissen. Und… alles Gute, Regine. Sie wissen ja, daß Sie in mir immer eine Freundin haben werden.«

Kaum eine Stunde später stand Hermann, der Chauffeur von Sophienlust, in ihrem Zimmer.

»Ist es schon Zeit?« fragte Regine Nielsen und schaute den sympathischen Mann erschrokken an.

»Ich bin extra ein paar Minuten früher gekommen, damit Sie rechtzeitig am Bahnhof sind«, antwortete Hermann und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Zehn Minuten haben wir noch, aber dann sollten wir spätestens losfahren. Sie wollen sich bestimmt noch ein paar Zeitungen für unterwegs kaufen.«

Regine lächelte dankbar. »Das ist lieb von Ihnen, daß Sie daran denken. Ich hätte es sicherlich vergessen. Auf der Fahrt wäre es mir dann wieder eingefallen.«

»Also, dann kann es ja losgehen«, Hermann nahm den schweren Koffer auf, den er gerade geschlossen hatte, und Regine ließ das Schloß an ihrer roten Reisetasche einschnappen.

Der Abschied von Sophienlust verlief für Regine Nielsen ganz so, wie sie es sich gewünscht hatte. Außer Frau Rennert, der Heimleiterin, befand sich niemand in der Halle, um der jungen Frau zum Abschied die Hand zu reichen.

»Passen Sie auf sich auf, Regine. Und wenn Sie dort sind, dann rufen Sie gleich an, ja?«

»Natürlich, Frau Rennert, ich werde es nicht vergessen. Es ist mir ja selbst ein Befürfnis, zu erfahren, wie es zu Hause ohne mich läuft.«

»Kommen Sie?« Hermann hielt die Haustür auf. Er ahnte, daß der Kinderschwester der Abschied schwerfiel. »Es ist höchste Zeit«, drängte er, obwohl das nicht ganz der Wahrheit entsprach.

Hermann verstaute das Gepäck im Kofferraum, während die Kinderschwester auf dem Beifahrersitz Platz nahm. »Manchmal habe ich so ein komisches Gefühl, als würde ich nicht mehr wiederkommen«, murmelte sie, als der Chauffeur sich neben sie setzte.

»So dürfen Sie nicht reden und auch nicht denken. Das sind doch nur haltlose Vermutungen.«

Dann endlich saß Regine Nielsen im Zug. Ihr Urlaub konnte beginnen. Auf ihren Knien lagen die Zeitungen, die Hermann noch besorgt hatte.

Etwas erschöpft von den Vorbereitungen lehnte die junge Frau ihren Kopf zurück und studierte die Mitreisenden. Dann fielen ihr die Augen zu.

*

»Ist es noch weit bis Riva?« fragte Jutta Berger und gähnte verstohlen. Dann fuhr sie sich mit den Fingern durch ihr mittelblondes Haar, das sich in weichen Wellen sanft um ihre schmalen Schultern kringelte. Sie war eine hübsche Frau, aber keine auffallende Schönheit.

Manchmal lag um ihre vollen Lippen ein mißmutiger Zug, der ihre gelegentliche Unzufriedenheit widerspiegelte.

Oliver Berger, der Mann, mit dem sie bereits seit sieben Jahren verheiratet war, kannte das schon. Meist sprudelten dann die Vorwürfe nur so aus ihrem Mund. Er ließ sie reden. Was brachte es ihm auch, wenn er sich dagegen wehrte.

Sie hatte ja auch ein wenig recht. Am Anfang schien ihre Ehe mehr als glücklich zu sein. Als dann noch Sascha das Licht der Welt erblickte, war ihre kleine Welt vollkommen, und der Himmel hing für sie voller Geigen.

Mittlerweile aber klangen die Töne der Geigen ein wenig schrill und manchmal sogar falsch, denn in ihre wunderbare Ehe war der Alltag eingekehrt. Und den empfand Jutta offensichtlich für zu eintönig.

Zugegeben, auch ihn, Oliver, traf ein gerüttelt Maß an Schuld, denn er ging auf in seinem Beruf als Modedesigner. Seine Ideen fanden bei den Auftraggebern Anklang. Er konnte sich über mangelnde Arbeit bestimmt nicht beklagen.

Was dabei aber schön langsam verkümmerte, das war seine Ehe. Trotz dieses Wissens konnte Oliver sich nicht aufraffen, etwas an seinem Leben zu ändern. Ihm gefiel es so, wie es war, auch wenn Jutta so oft etwas daran auszusetzen hatte.

»Dann eben nicht«, murrte die junge Frau an seiner Seite und starrte angestrengt aus dem Seitenfenster. »Ich sehe schon, das wird wieder ein besonders abwechslungsreicher Urlaub. Einmal sprichst du mit mir, das nächste Mal befindest du dich mit deinen Gedanken wieder auf einer Weltreise. Das wird eine einzige Abwechslung sein.«

»Bitte, Jutta, fang doch nicht schon wieder davon an. Wir haben zwei Wochen Ferien. Die wollen wir uns doch nicht mit diesen unsinnigen Streitereien vergällen.«

»An mir liegt es doch nicht«, begehrte die junge Frau schnippisch auf. »Ich versuche doch alles, um dich bei guter Laune zu halten. Aber du hältst es ja nicht einmal für nötig, mir auf eine ganz simple Frage eine Antwort zu geben.«

»Sprich bitte leiser. Du weißt doch, daß Sascha schläft.« Oliver warf einen forschenden Blick in den Rückspiegel. Der hübsche Junge mit den mittelbraunen Haaren lehnte entspannt in seinem Sitz und hielt die Augen geschlossen. Die Ähnlichkeit mit seiner Mutter war unverkennbar.

Eine heimliche Zärtlichkeit schlich sich in Olivers Herz, als er seinen Sohn ansah. Dann mußte er sich jedoch wieder auf den Verkehr konzentrieren. Zwar fuhren hier nicht sehr viele Autos, aber die Straßen konnten sich mit denen in Deutschland nicht messen. An der rechten Seite erhoben sich die Felswände und verhinderten so einen Ausbau. Ein Augenblick Unaufmerksamkeit konnte das Leben kosten, denn an ein Ausweichen bei Gefahr war nicht zu denken.

Als sie auf einem Verkehrsschild die nächste Ortschaft entzifferte, atmete sie erleichtert auf. »In etwa zehn Minuten müßten wir es geschafft haben«, sagte sie versöhnlich und streichelte den Arm ihres Mannes.

»Na, hast du dich wieder beruhigt, meine kleine Wespe?« fragte Oliver und warf seiner Frau einen zärtlichen Blick zu.

»Ich bin keine Wespe«, widersprach Jutta heftig. »Aber manchmal hast du so eine Art an dir, die mich einfach auf die Palme bringt. Dann könnte ich dir den Hals umdrehen oder ganz einfach Gift ins Essen mischen, so einen Zorn habe ich dann auf dich.«

»Das würde mir bestimmt nicht bekommen«, gestand Oliver mit einem schwachen Lachen. »Aber dir mit Sicherheit auch nicht. Du müßtest dann dein weiteres Leben als Giftmischerin hinter schwedischen Gardinen verbringen. Meinst du, das wäre angenehmer als der gelegentliche Ärger mit mir?«

»Das ist es ja, was mich immer noch davon abhält, diesen entscheidenden Schritt zu wagen«, stöhnte die junge Frau gespielt.

Rasch gab er ihr einen Kuß auf den Handrücken, dann ließ er sie wieder los, um sich auf das letzte Stück des Weges zu konzentrieren.

Als die Straße gerade und übersichtlich wurde, trat er das Gaspedal voll durch. So langsam sehnte er sich nach etwas mehr Bewegungsfreiheit und nach einem warmen Abendessen, denn er hatte seit dem Frühstück, das er regelrecht heruntergeschlungen hatte, nichts mehr gegessen.

»Ich glaube, dort vorne ist es schon.«

»Tatsächlich? Ich habe das Ortsschild von Riva gar nicht gesehen«, sagte Jutta überrascht. »Und Sascha schläft noch immer. Der arme Kleine ist ganz erledigt von der weiten Fahrt.«

»Sie hat ja auch über zehn Stunden gedauert mit den drei Pausen, die wir eingelegt haben.«

»Die waren aber nötig. Sascha hat jedesmal getobt wie ein Verrückter. Für ein Kind ist es noch viel schlimmer, so lange sitzen zu müssen, noch dazu angegurtet.« Ein zärtliches Lächeln glitt über Juttas hübsches Gesicht.

Kaum eine Viertelstunde später hatten sie das Hotel Limone gefunden, das etwas außerhalb von Riva auf einer kleinen Anhöhe thronte. Die Zufahrtsstaße war nicht sonderlich breit, aber doch bequem zu fahren, und das Haus, in dem sie die nächsten zwei Wochen verbringen wollten, sah eigentlich ganz passabel aus.

»Ich glaube, hier werde ich mich wohl fühlen. Schau doch, wie herrlich blau der Gardasee ist«, jubelte die junge Frau, als sie sich umschaute.

Oliver stieg nun ebenfalls aus, nachdem er vorsorglich noch die Handbremse angezogen hatte. Schützend hob er die Hand vor Augen, denn die Sonne schien noch immer strahlend vom azurblauen Himmel, obwohl es schon siebzehn Uhr vorbei war.

»Der See ist aber doch ein ganz schönes Stück von unserem Hotel entfernt«, stellte der Mann enttäuscht fest. »Auf den Bildern hat es ausgesehen, als müßten wir nur ein paar Schritte bis zum Wasser gehen.«

»Das ist doch nicht so schlimm, alter Brummbär«, tadelte Jutta Berger und öffnete die Fondtür. Sascha träumte immer noch. »Der Junge kann schlafen wie ein Igel beim Winterschlaf«, sagte die Frau und löste vorsichtig die Gurte, die das Kind am Sitz festhielten.

Der Kleine schlug die Augen auf. »Sind wir schon da, Mami? Ich hab’ so einen schrecklichen Durst.«

»Ja, wir haben es geschafft, mein Kleiner. Du bekommst jetzt ein großes Glas Limonade. Und wenn wir ausgepackt haben, dann machen wir noch einen kleinen Spaziergang. Ist das ein Wort?«

Sascha schlang jubelnd seine Ärmchen um den Hals der Mutter. »Klasse«, rief er aus und drückte ihr einen Kuß auf die Wange.

»Also, dann Abmarsch, gehen wir hinein. Vielleicht findet sich jemand, der uns beim Tragen der Koffer hilft.« Jutta nahm ihr Söhnchen an der Hand, dann holte sie noch ihre Handtasche und machte sich auf den Weg ins Hotel.

Oliver Berger stand lässig an sein Auto gelehnt und ließ seine Blicke kreisen. Es war eine herrliche Landschaft, die sich da vor ihm auftat. Am Horizont zog sich die endlos lange Kette der Alpen hin, und mittendrin spiegelte sich die Sonne im Wasser des riesigen Sees.

Liebevoll umfing sein Blick die Frau, die jetzt an der Eingangstür angelangt war. Sascha, der Sechsjährige, hüpfte munter an ihrer Seite. Seine Familie!