Ich will wieder einen Papi - Marisa Frank - E-Book

Ich will wieder einen Papi E-Book

Marisa Frank

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Beschreibung

Der Sophienlust Bestseller darf als ein Höhepunkt dieser Erfolgsserie angesehen werden. Denise von Schoenecker ist eine Heldinnenfigur, die in diesen schönen Romanen so richtig zum Leben erwacht. Das Kinderheim Sophienlust erfreut sich einer großen Beliebtheit und weist in den verschiedenen Ausgaben der Serie auf einen langen Erfolgsweg zurück. Denise von Schoenecker verwaltet das Erbe ihres Sohnes Nick, dem später einmal, mit Erreichen seiner Volljährigkeit, das Kinderheim Sophienlust gehören wird. Volker Hehn hatte sich etwas nach vorne gebeugt. Sein Blick lag auf Katrin Metz. Wieder einmal wurde ihm bewußt, was für eine aparte Erscheinung sie war. Er lächelte ihr zu, dann griff er nach der Weinflasche. »Du trinkst doch noch ein Glas?« Katrin zögerte. Schließlich legte sie ihre Hand über ihr Glas und schüttelte den Kopf. »Es wäre dann schon mein drittes.« »Und, wäre das schlimm?« Volker erhob sich. Er ging um den Couchtisch herum. Von hinten legte er Katrin beide Hände auf die Schultern. Sie hob den Kopf und lächelte zu ihm empor. »Katrin!« Seine Stimme klang rauh. Er beugte sich über sie und küßte sie. »Warum bestehst du auf deine eigene Wohnung? Warum ziehen du und Heiko nicht zu mir? Warum heiraten wir nicht?« Katrin befreite sich aus seinem Griff.

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Sophienlust Bestseller – 60 –

Ich will wieder einen Papi

… und ich eine neue Mama

Marisa Frank

Volker Hehn hatte sich etwas nach vorne gebeugt. Sein Blick lag auf Katrin Metz. Wieder einmal wurde ihm bewußt, was für eine aparte Erscheinung sie war. Er lächelte ihr zu, dann griff er nach der Weinflasche. »Du trinkst doch noch ein Glas?«

Katrin zögerte. Schließlich legte sie ihre Hand über ihr Glas und schüttelte den Kopf. »Es wäre dann schon mein drittes.«

»Und, wäre das schlimm?« Volker erhob sich. Er ging um den Couchtisch herum. Von hinten legte er Katrin beide Hände auf die Schultern.

Sie hob den Kopf und lächelte zu ihm empor.

»Katrin!« Seine Stimme klang rauh. Er beugte sich über sie und küßte sie. »Warum bestehst du auf deine eigene Wohnung? Warum ziehen du und Heiko nicht zu mir? Warum heiraten wir nicht?«

Katrin befreite sich aus seinem Griff. Sie schüttelte leicht den Kopf. Auf ihrer Stirn erschien eine unwillige Falte. »Darüber haben wir uns doch schon oft unterhalten«, meinte sie und stand auf.

Volker Hehn fuhr sich mit der rechten Hand durch das Haar. »Weißt du, Katrin, aus dir werde ich nicht klug. Jede andere Frau wäre über einen Heiratsantrag glücklich. Ich bin schließlich kein armer Mann, ich kann meiner zukünftigen Frau etwas bieten.« Er streckte sich. Sein Selbstbewußtsein hatte wieder einmal einen Schlag erhalten.

Katrin lächelte schon wieder. »Darum geht es doch gar nicht. Ich kann mir einfach noch nicht vorstellen, mit einem anderen Mann zusammenzuleben. Du weißt…« Sie brach ab.

Volker preßte seine Lippen fest aufeinander. Er ging an seinen Platz zurück. »Du gestattest doch?« Er griff zur Weinflasche und schenkte sich nach. Erst dann sah er sie wieder an: »Ich weiß, du hast deinen Mann geliebt. Ich akzeptiere das auch. Fünf Jahre bist du nun schon Witwe, das ist eine lange Zeit. Du weißt, daß ich dich liebe. Und ich weiß, daß ich dir nicht unsympathisch bin.«

»Du hast ja recht«, sagte Katrin. Sie wich seinem Blick aus. Es war nicht das erste Mal, daß sie davon sprachen. Es klang auch sehr vernünftig, was er vorbrachte. Alle ihre Bekannten wußten bereits, daß sie mit Volker Hehn mehr als nur befreundet war. Aber ihre Freiheit ganz aufgeben, davor schreckte sie zurück.

Volker führte das Glas an die Lippen und trank einen kleinen Schluck. Als er es wieder abstellte, lächelte er ihr zu. »Schön, daß du es einsiehst. Ich möchte mit dir heute auch noch über etwas anderes sprechen.«

»Gut, ich bin gleich wieder zurück. Ich sehe nur rasch nach Heiko.«

Der Mann nickte. Seine Miene wurde wieder düster. So war es immer. Wenn er mit ihr ernsthaft sprechen wollte, dann mußte sie stets irgend etwas für ihren Jungen tun.

An der Tür wandte Katrin sich nochmals nach ihm um.

»Ich bin gleich zurück. Heiko schläft sicher.«

Volker verkniff es sich, seine Gedanken laut auszusprechen und ließ Katrin gehen. Ihr Schlafzimmer, sowie Heikos Kinderzimmer befanden sich im ersten Stock. Leise näherte sie sich dieser Tür. Sie hielt inne und horchte. Im ersten Augenblick glaubte sie, ein Geräusch zu hören. Sie wartete noch etwas, dann drückte sie vorsichtig die Türklinke herunter. Einen Spalt breit öffnete sie die Tür. Da der Lichtschein vom Gang in das Zimmer fiel, konnte sie ihren sechsjährigen Sohn im Bett liegen sehen. Er rührte sich nicht. Zärtlich formte Katrin ihre Lippen zu einem Kuß. Jetzt sah Heiko wie ein Engelchen aus, aber sie wußte nur zu gut, daß er dies nicht war.

Leise zog Katrin sich zurück. »Er schläft«, sagte sie, als sie wenig später das Wohnzimmer wieder betrat.

»Das hätte ich dir sagen können. Heiko wäre sonst längst hier aufgekreuzt.« Volker lächelte. »Jetzt können wir uns endlich ungestört unterhalten. Du trinkst doch auch noch ein Glas?«

Katrin nickte. Mit den Gedanken war sie aber noch bei ihrem Sohn. »Er muß sehr müde gewesen sein, daß er gleich eingeschlafen ist«, meinte sie.

»Fast sieht es so aus, als ob du deswegen böse bist.« Volker sah sie an. »Ich mag Heiko, aber hin und wieder bin ich froh, wenn er nicht anwesend ist.« Er griff nach ihrer Hand.

»Er kann sehr anstrengend sein«, stimmte Katrin zu.

»Das meinte ich eigentlich nicht.« Volker drückte ihre Hand. »Ich möchte einmal mit dir wirklich allein sein. Bitte, verstehe mich jetzt nicht falsch. Vor Heiko ist man nie sicher. Er kann jeden Moment hier aufkreuzen.«

Katrin lächelte. Volker hatte recht, und sie mußte ihn wegen seiner Geduld bewundern. »Soll ich uns noch etwas zu essen machen? Vielleicht belegte Brote?«

»Kommt nicht in Frage. Ich möchte mit dir reden.« Volker ließ ihre Hand los, erhob sich, füllte Katrins Glas, kam um den Tisch herum und reichte es ihr. Dann nahm er eines in die Hand. »Ich möchte mit dir anstoßen.« Er hielt ihr sein Glas hin. »Auf die Zweisamkeit.«

Katrin stieß mit ihm an, dann legte sie ihren Kopf in den Nacken. »Los, heraus mit der Sprache! Willst du, daß ich dich in ein Konzert oder zu einer Modenschau begleite?« Sie wußte, daß er sie gerne mitnahm, wenn er sich mit Geschäftsfreunden traf. »Wenn ich es rechtzeitig weiß, kann ich Frau Maier bitten, daß sie bei Heiko bleibt.«

»Ja, ich möchte, daß du mich begleitest, aber nicht zu einer Modenschau.« Volker setzte sich an Katrins Seite. »Wir beide fliegen nach Paris. Was hältst du davon?«

Katrin lächelte. Da sie seine Worte nicht allzu ernst nahm, spann sie den Gedanken fort: »Ein Abendspaziergang an der Seine, anschließend in ein Künstlerlokal am Montmartre. Ich war lange nicht mehr in Paris.«

»Dem kann man abhelfen.« Volker legte seinen Arm um ihre Schultern. »Ich bin öfter dort. Ich kann dir mein Paris zeigen.«

Sie gab dem Druck seiner Hand nach, lehnte sich an ihn. »Erzähle mir von deinem Paris.«

Er berührte mit den Lippen ihre Schläfen. »Paris, die Stadt der Liebenden. Abseits vom Heer der Touristen ist es wirklich noch sehr romantisch. Die Avenue des Champs-Elysées entlangfahren und das um Mitternacht in einer Kutsche. Vor dir dann der beleuchtete Triumphbogen. Dann fahren wir hinaus nach Versailles. Die Gartenanlagen dort sind bezaubernd.«

»Wunderbar«, sagte Katrin. Sie lehnte sich enger an ihn. »Wir schlendern an der Seineinsel entlang, besichtigen den Notre-Dame…«

»Liebling, es wird Wirklichkeit.« Er nahm sie in die Arme und drehte sie zu sich herum. »In vierzehn Tagen sind wir in Paris.«

Noch schmunzelte Katrin. Im Grunde war sie einer Reise nach Paris nicht abgeneigt.

Volker sah ihr tief in die Augen und fuhr fort: »Drei, vier Tage habe ich in Paris zu tun, dann fahren wir weiter nach Monaco, oder St. Tropez. Du kannst wählen.«

Jetzt erst begriff Katrin, daß er es ernst meinte. Sie löste sich von ihm. »Für Heiko wäre das zu anstrengend, er hätte sicher keinen Spaß daran. Wenn ich mit ihm verreise, dann irgendwohin an die Nordsee.«

»Ich dachte auch gar nicht daran, Heiko mitzunehmen. Du und ich, wir beide, wäre das nicht schön?«

Unwillkürlich nickte Katrin, dann schüttelte sie jedoch entschieden ihren Kopf. »Es geht nicht. Ich kann Heiko nicht allein lassen.«

»Aber, Katrin!« Volker gab sich mit dieser Antwort nicht zufrieden. »Du hast so einen großen Bekanntenkreis, da wird doch jemand vierzehn Tage oder drei Wochen auf Heiko aufpassen können.«

Katrin rückte noch weiter von ihm ab. »Das geht nicht! Das habe ich noch nie getan!«

»Dann ist eben dieses Mal das erste Mal.« Volker griff nach ihren Händen. »Du hast die letzten Jahre wirklich nur für deinen Sohn gelebt. So kann es doch nicht weitergehen. Heiko wird bald sechs.«

»Trotzdem«, beharrte Katrin. »Heiko ist sehr lebhaft. Die einzige, die mit ihm gut zurechtkommt, ist Frau Maier. Einen Tag könnte sie schon einmal auf Heiko aufpassen, aber mehrere Tage? Nein, das ist ausgeschlossen.«

»Du willst mich also nicht begleiten?« Volker fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Langsam habe ich es satt, ständig zurückzustehen.«

Katrin senkte den Kopf. »Das kann ich verstehen«, sagte sie. »Ich würde auch wirklich sehr gerne…«

»Hör zu«, unterbrach er. »Es gibt noch eine Möglichkeit.«

»Einen Augenblick, da war doch etwas!« Katrin wandte den Kopf in Richtung Tür.

»Bitte, weiche mir jetzt nicht aus. Du hast selbst gesagt, daß Heiko schläft.«

»Entschuldige!« Katrin wandte sich wieder ihm zu. »Ich habe ein Geräusch gehört, aber wahrscheinlich habe ich mich getäuscht.«

Volker beachtete ihre Worte nicht weiter. Entschlossen sagte er: »Ich möchte, daß du mich nach Paris begleitest. Wenn du Heiko nicht zu Bekannten geben willst, dann gib ihn nach Sophienlust, das ist ein Kinderheim.«

Katrin fuhr auf. »Das kann doch nicht dein Ernst sein.«

»Aber, Liebes!« Er griff nach ihr. »Du weißt doch, daß ich Heiko mag. Ich würde dir nie zu etwas raten, was für den Jungen von Nachteil wäre. Ich habe mich erkundigt. Sophienlust wird von einer Frau von Schoenecker verwaltet, einer Gutsfrau. Sie nimmt nicht nur Waisen auf, sondern auch Kinder, deren Eltern verreisen müssen, oder aus sonstigen Gründen keine Zeit haben. Das wäre für uns genau das Richtige.« Er atmete tief durch. Eindringlich sah er sie an. Würde es ihm gelingen, sie zu überzeugen?

»Ein Kinderheim«, murmelte Katrin und schüttelte den Kopf.

»Ich bin sicher, daß Heiko sich dort wohl fühlen wird. Ich habe von Sophienlust nur das beste gehört. Man nennt dieses Heim auch das Haus der glücklichen Kinder.« Etwas heftiger setzte er hinzu: »Wir haben uns ein paar unbeschwerte Tage verdient. Jedes Ehepaar hat das Recht, auch einmal ohne Kinder zu verreisen. Katrin, du weißt, daß ich dich heiraten möchte. Ich will Heiko ein guter Vater sein.«

Da Katrin nichts entgegnete, fragte Volker: »Willst du wirklich dein weiteres Leben mit Heiko allein verbringen? Glaubst du nicht, daß der Junge einen Vater braucht?«

Die Frau erhob sich. Unwillig meinte sie: »Mit deiner Einladung nach Paris hat das nichts zu tun. Ich kann doch meinen Sohn nicht in ein Kinderheim geben.«

»Heiko würde es dort gut haben. Und ich hätte endlich einmal die Frau, die ich liebe, für mich. Bisher waren es wirklich nur gestohlene Stunden, die wir miteinander verbringen konnten. Ist es da ein Wunder, daß ich mich nach mehr sehne?«

Katrin ging um den Tisch herum. »Du hast von Anfang an gewußt, daß ich einen Sohn habe. Du hast gewußt, daß dieser mir sehr viel bedeutet.«

»Das akzeptiere ich ja auch alles.« Volker kam ihr nach. Er faßte sie bei den Schultern. »In vierzehn Tagen fahre ich nach Paris. Bitte, denke darüber nach, ob du mich nicht doch begleiten kannst.«

Katrin seufzte. »Wie denn?«

»Ich würde mit dir und Heiko gerne mal zu diesem Kinderheim fahren. Wir könnten uns wenigstens einmal alles ansehen.« Er erkannte die Abwehr auf ihrem Gesicht. Abrupt ließ er sie los. »Ich gehe jetzt. Du brauchst mich nicht zur Tür bringen, ich finde den Weg allein.« Er küßte sie nicht zum Abschied. Mit kurzem: »Ich rufe dich morgen abend an. Vielleicht hast du bis dahin über meine Worte nachgedacht«, ging er.

*

Katrin Metz ließ sich auf die Couch fallen. Gedankenverloren griff sie nach dem Weinglas und drehte es zwischen ihren Fingern. Plötzlich hörte sie Schritte. War Volker zurückgekommen? Sie nagte an ihrer Unterlippe. Was sollte sie ihm nur sagen? Heiko in ein Kinderheim zu geben, kam für sie überhaupt nicht in Frage.

Hinter ihr öffnete sich die Tür. »Mami!« klang eine Kinderstimme auf.

Katrin fuhr herum. Heiko kam auf sie zu. Das schlechte Gewissen stand ihm im Gesicht geschrieben. Die Mutter breitete ihre Arme aus. »Du schläfst nicht? Bist du aufgewacht, als Onkel Volker gegangen ist?«

Der Junge stürzte sich nicht wie sonst in die Arme der Mutter. Er machte ein paar Schritte, dann blieb er stehen. »Ich habe überhaupt noch nicht geschlafen«, gestand er. »Ich habe nur so getan.«

Katrin legte ihr Gesicht in strenge Falten. »Da muß ich aber mit dir schimpfen.«

Der Kopf des Jungen sank auf die Brust.

»Das ist noch nicht alles. Ich habe auch gelauscht.« Plötzlich rannte er auf seine Mutter zu und warf sich in ihre Arme. »Mami, ich will in dieses Kinderheim.«

»Was?« Katrin glaubte nicht richtig gehört zu haben. Sie hielt ihren Sohn etwas von sich ab, um in sein Gesicht sehen zu können.

Der Sechsjährige nickte heftig. »Ich gehe in das Kinderheim, und ich werde auch sehr brav sein.«

Katrin verstand noch immer nicht richtig.

»Du mußt Onkel Volker sagen, daß du mit ihm nach Paris fährst. Es macht nichts, wenn es länger als zwei Tage dauert«, drängte Heiko.

Die junge Frau runzelte die Stirn. Sie hob ihren Sohn hoch. »Was ist denn in dich gefahren? Willst du mich los sein?«

Heftig schlang Heiko seine Arme um den Hals der Mutter. »Nein«, versicherte er. »Aber ich habe alles gehört. Die Tür war nicht ganz zu. Onkel Volker ist sicher böse, wenn du nicht mit ihm mitfährst.«

Katrin wurde immer unsicherer. Sie wußte nicht, was sie darauf sagen sollte. Eigentlich hätte sie ihren Sohn zurechtweisen müssen, aber das brachte sie nicht fertig. Treuherzig sah er sie an.

»Weißt du, daß es schon spät ist? Eigentlich solltest du schon längst schlafen.« Mit Heiko auf dem Arm erhob sich Katrin.

Der Kleine strahlte sie an. »Du bist mir nicht böse?«

»Nur, wenn du jetzt rasch einschläfst und so etwas in Zukunft nicht mehr vorkommt.« Katrin versuchte ein strenges Gesicht zu machen.

Ihr Sohn ließ sich jedoch nicht täuschen. Er schmiegte sich an sie. »Und du sagst morgen Onkel Volker, daß alles klargeht.«

Die Mutter antwortete nicht. Sie trug Heiko in den ersten Stock hinauf. Liebevoll legte sie ihn in sein Bettchen und zog die Decke bis zur Nasenspitze. Zärtlich strich sie ihm über das Haar, dabei meinte sie: »Liebling, ich fahre doch nicht ohne dich weg. Da brauchst du überhaupt keine Angst haben.«

Ruckartig setzte Heiko sich wieder in seinem Bett auf. »Aber du sollst, Mami. Du kannst dich auf mich verlassen. Ich bin kein Baby mehr.«

Katrin verstand noch immer nicht. Sie setzte sich an den Bettrand und fragte: »Möchtest du mitkommen?«

Heiko schob seine Unterlippe nach vorne, während er über diese Frage nachdachte. Dann entschied er: »Das hätte keinen Sinn, du mußt einmal mit Onkel Volker allein sein.«

»Warum?«

Heiko seufzte. »Das ist doch ganz einfach. Wenn du einmal länger mit Onkel Volker zusammen bist, hast du ihn vielleicht lieber. Ich meine so lieb, daß du ihn auch heiratest.«

Katrins Arme sanken herunter. Ungläubig sah sie ihren Sohn an.

Dieser warf die Bettdecke zurück und setzte sich auf ihre Knie. »Mami«, begann er zu erklären. »Ich möchte doch einen Papi haben, und weil kein anderer da ist, müssen wir einfach Onkel Volker nehmen. Er ist doch ganz nett.«

Die Frau schluckte. Daß es Heiko so ernst damit war, hätte sie nicht für möglich gehalten. Endlich gelang ihr ein Lächeln. »Wir haben doch einmal einen Papi gehabt. Wir müssen doch nicht unbedingt einen neuen haben.«

»Doch!« beharrte Heiko. »Alle meine Freunde haben einen Papi. Ich habe meinen Papi nicht einmal gekannt.«

»Das stimmt nicht«, widersprach Katrin. Sie war ratlos. »Ich habe dir Fotos von ihm gezeigt.«

»Fotos! Das ist doch nichts. Ich will so wie die anderen einen Papi. Einen Papi, er mit mir schwimmen geht.«

»Das kann ich doch auch«, unterbrach Katrin.

Unbeirrt fuhr Heiko fort: »Einen Papi, der mit mir Fußball spielt, der mir Flieger bastelt. Ich weiß, daß du das auch tust, aber wenn es ein Papi macht, dann ist es eben anders.«

Katrin saß wie betäubt da. Sie konnte kein Wort sagen. Sie hatte gedacht, ihren Sohn zu kennen. Von solchen Gedanken jedoch hatte sie keine Ahnung gehabt. Vielleicht war es doch nicht richtig, den Jungen allein großzuziehen.

»Mami!« Heiko schmiegte sich an sie. »Es muß nicht unbedingt Onkel Volker sein. Onkel Rudi würde mir eigentlich besser gefallen, aber der hat ja schon eine Frau.«

Katrin wußte nicht was tun.

Heiko hingegen legte seine Stirn in Falten.

»Mami«, schlug er vor, »wenn du Onkel Volker nicht willst, dann laß uns darüber nachdenken, wer sonst noch in Frage kommt. Ich bin aber für Onkel Volker, weil er mir jedesmal etwas mitbringt.«

Da seine Mutter noch immer nicht reagierte, fragte er zaghaft: »Gefällt dir Onkel Volker überhaupt nicht?«

Katrin riß sich zusammen. »Natürlich gefällt Onkel Volker mir. Er kommt oft zu uns…«

»Und er will dich heiraten«, rief Heiko dazwischen. »Das habe ich gehört. Ich werde darauf aufpassen, daß Onkel Volker immer lieb zu dir ist.«

Katrin verbarg ihr Gesicht in dem blonden Struwwelkopf ihres Sohnes. »So gerne möchtest du einen Papi?« fragte sie leise.

»Alle haben einen Papi«, antwortete Heiko ebenso leise.

Gerührt küßte Katrin ihren Sohn, bevor sie ihm versprach: »Ich werde darüber nachdenken.«

»Aber nicht zu lange, Mami, sonst überlegt Onkel Volker es sich anders. Wenn du nicht mit ihm mitfährst, ist er sicher sauer. Ich glaube, in dem Kinderheim wird es mir gefallen«, setzte er tapfer hinzu. »Immer wird Onkel Volker schon nicht mit dir allein wegfahren wollen.«

»Das glaube ich auch nicht.« Katrin erhob sich. Sie schwenkte Heiko durch die Luft, dann legte sie ihn ins Bett. »Nun wird aber geschlafen.«

Heiko gähnte, dann fragte er: »Bist du auch schon müde?«

»Nein«, antwortete Katrin wahrheitsgemäß. Im Moment hätte sie keine Ruhe gefunden.

»Das ist gut.« Heiko grinste. »Dann kannst du noch nachdenken, ob ein anderer Mann als Papi in Frage kommt. Auf jeden Fall kannst du mit Onkel Volker nach Paris fahren. Vielleicht willst du ihn dann heiraten.« Er streckte sich und drehte sein Köpfchen zur Seite. Im Halbschlaf murmelte er noch: »Mami, ich habe dich lieb.«

*

Heiko Metz rutschte unruhig auf dem Rücksitz hin und her. Nun kamen ihm doch Bedenken. »Können wir nicht anhalten?« brummte er. »Ich muß mal.«

»Gleich, Heiko«, beruhigte Volker ihn. »Der nächste Ort ist Wildmoos, und dort gibt es sicher ein Gasthaus, in dem es bestimmt auch ein Eis gibt.«

Besorgt wandte Katrin den Kopf. »Kannst du noch so lange warten?«

»Wenn es ein Eis gibt, immer«, versicherte ihr Sohn. Eine Zeitlang schwieg er, dann fragte er: »Bekomme ich ganz viel Eis?«

Volker Hehn lächelte. »Du bekommst auch Kuchen.«

»Soviel ich mag?«

Katrin drehte sich erneut zu ihrem Sohn um. »Was soll das?« fragte sie.

»Mami, misch dich nicht ein«, bat Heiko mit ernsthafter Miene. »Ich habe Onkel Volker gefragt, ob ich Eis und Kuchen essen kann, soviel ich will.«

»Natürlich darfst du das«, bestätigte Volker erneut. Er fuhr langsamer. »Wenn du dringend mußt, dann kann ich hier anhalten.«

»Ich kann im Gasthof gehen, da bleiben wir dann ja lange.« Zufrieden lehnte sich Heiko zurück.