Liebst du mich nicht, Mami? - Marisa Frank - E-Book

Liebst du mich nicht, Mami? E-Book

Marisa Frank

2,0

Beschreibung

Der Sophienlust Bestseller darf als ein Höhepunkt dieser Erfolgsserie angesehen werden. Denise von Schoenecker ist eine Heldinnenfigur, die in diesen schönen Romanen so richtig zum Leben erwacht. Das Kinderheim Sophienlust erfreut sich einer großen Beliebtheit und weist in den verschiedenen Ausgaben der Serie auf einen langen Erfolgsweg zurück. Denise von Schoenecker verwaltet das Erbe ihres Sohnes Nick, dem später einmal, mit Erreichen seiner Volljährigkeit, das Kinderheim Sophienlust gehören wird. »Alexandra, Alexa!« Erstaunt blieb Alexandra Bühler stehen. So hatte sie schon lange niemand mehr gerufen. Sie drehte sich um und sah in das lachende Gesicht ihres Jugendfreundes. »Volker!« Unwillkürlich streckte Alexandra ihm ihre Hände entgegen. Sie freute sich aufrichtig. Sie hatten nicht nur zusammen die Schulbank gedrückt, nach dem Abschluß hatten sie noch gemeinsam eine Modeschule besucht. Um seine Ausbildung zu vervollständigen, war Volker Schwarzer dann nach Paris gegangen, und so hatten sie sich mit der Zeit aus den Augen verloren. Volker Schwarzer ergriff die ihm gebotenen Hände und drückte sie herzhaft. »Ich war mir nicht sicher. Aber laß dich ansehen. Du hast dich kein bißchen verändert.« »Ich bin inzwischen dreißig geworden.« Unwillkürlich seufzte Alexan­dra. »Das sieht dir kein Mensch an«, versicherte Volker rasch. Alexandra mußte lachen. »Du bist noch derselbe Schmeichler wie früher«, stellte sie fest.

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Sophienlust Bestseller – 8 –

Liebst du mich nicht, Mami?

Tobias ist noch zu klein, um zu verstehen …

Marisa Frank

»Alexandra, Alexa!« Erstaunt blieb Alexandra Bühler stehen. So hatte sie schon lange niemand mehr gerufen. Sie drehte sich um und sah in das lachende Gesicht ihres Jugendfreundes.

»Volker!« Unwillkürlich streckte Alexandra ihm ihre Hände entgegen. Sie freute sich aufrichtig. Sie hatten nicht nur zusammen die Schulbank gedrückt, nach dem Abschluß hatten sie noch gemeinsam eine Modeschule besucht. Um seine Ausbildung zu vervollständigen, war Volker Schwarzer dann nach Paris gegangen, und so hatten sie sich mit der Zeit aus den Augen verloren.

Volker Schwarzer ergriff die ihm gebotenen Hände und drückte sie herzhaft. »Ich war mir nicht sicher. Aber laß dich ansehen. Du hast dich kein bißchen verändert.«

»Ich bin inzwischen dreißig geworden.« Unwillkürlich seufzte Alexan­dra.

»Das sieht dir kein Mensch an«, versicherte Volker rasch.

Alexandra mußte lachen. »Du bist noch derselbe Schmeichler wie früher«, stellte sie fest. »Aber es ist schön, dich zu treffen. Was machst du? Was führt dich nach Stuttgart?«

»Ich wohne hier, ich arbeite hier.« Volker ließ Alexandras Hand los.

»Du wohnst hier? Ja, seit wann?«

»Seit einem halben Jahr. Sag bloß, du wohnst auch hier?«

»Nicht direkt hier, aber in der Umgebung von Stuttgart.« Alexandra lachte ihn an. Ihre Freude über das Wiedersehen war echt.

»Wo?« wollte Volker nun genau wissen. »Ich glaube, wir haben uns eine Menge zu erzählen.« Er legte seinen Arm um ihre Schultern und zog sie über den Kleinen Schloßplatz. »Gehen wir was essen? Dort ist ein Restaurant. Eigentlich sollte ich… Aber was soll’s!«

»Was solltest du?« Alexandra sah zu ihm hoch.

»Ich hätte eine geschäftliche Verabredung im Königshof.« Volker hielt aber nicht inne, sondern ging weiter.

»Wir können uns doch ein andermal sehen«, schlug Alexandra vor. Sie wollte Volker ihren Arm entziehen doch er hielt sie fest.

»Kommt nicht in Frage! Jetzt, wo der Zufall dich meine Wege kreuzen ließ. Ich habe mich oft gefragt, was aus dir geworden ist.«

»Eine biedere Hausfrau«, sagte Alexandra. Sie seufzte.

Sofort hakte Volker ein. »Du bist nicht glücklich?«

»Doch, gewiß«, sagte Alexandra lächelnd, aber dann fügte sie hinzu: »Nur manchmal droht mir die Decke auf den Kopf zu fallen. Zum Glück lebt die Mutter meines Mannes auch in Backnang, sie nimmt mir dann unseren Sohn ab.«

»Du wohnst also in Backnang und hast einen Sohn«, stellte Volker fest. »Mädel, laß dich anschauen.« Volker blieb stehen und hielt Alexandra etwas von sich ab. »Ich kann dich mir nicht als verheiratete Frau vorstellen. Du wäschst Windeln und hältst deinem Mann die Pantoffeln warm.« Die Vorstellung amüsierte Volker so daß er lachen mußte.

»So schlimm ist es auch wieder nicht.« Alexandra runzelte ihre Stirn. »Mein Mann und ich sind Partner. Er hilft auch mal im Haushalt, und Tobias haben wir uns gewünscht. Er wird bald drei.« Nun klang Stolz aus ihrer Stimme.

»Meine Alexa hat einen Sohn! Ich muß gestehen, so weit habe ich es nicht gebracht.«

»Du bist nicht verheiratet?« Forschend sah Alexandra Volker ins Gesicht. Sie erinnerte sich gut, sie war nicht die einzige gewesen, die für Volker Schwarzer geschwärmt hatte. Er war begehrt gewesen. Jede wäre gern einmal mit ihm ausgegangen. Es hatte aber gestimmt, Volker hatte sie bevorzugt.

»Ich bin noch zu haben. An eine Heirat habe ich eigentlich überhaupt noch nicht gedacht. Vielleicht habe ich auch keine Zeit dazu, aber das erzähl’ ich dir später.«

Sie waren im Restaurant angelangt, und schwungvoll öffnete Volker für sie die Tür.

Sie fanden einen Tisch in einer Ecke. Als sie sich gesetzt hatten, sah Volker sie mit leuchtenden Augen an. »Ich kann es nicht fassen. Wann haben wir uns zum letztenmal gesehen?« Über den Tisch streckte er ihr seine Hände entgegen. Lachend nahm Alexandra sie. »Laß mich raten«, fuhr Volker fort. »Acht Jahre?«

»Nein, zehn.«

»Richtig. Ich weiß auch noch, wo wir uns das letzte Mal begegnet sind. Ich wollte nur wissen, ob du es noch weißt.«

»Natürlich, es war bei Monika. Bis in die frühen Morgenstunden haben wir diskutiert. Mein Gott, was hatten wir für Pläne!« Alexandra lachte, und dann wurde in Erinnerungen gewühlt. Zwischendurch aßen sie zu Mittag, dann bestellte Volker Wein. »Unser Wiedersehen muß begossen werden.« Damit überging er Alexandras Bedenken.

Nachdem sie alle gemeinsamen Bekannten durchgehechelt hatten, sah Alexandra ihn an. »Und du, was machst du?«

»Ich habe vor einem halben Jahr in Stuttgart einen Modesalon eröffnet.«

Interessiert beugte sich Alexandra näher zu ihm hin. »Du hast es also gewagt. Ich weiß, du hast bereits in der Realschule davon geträumt.«

»Ja, ich habe es gewagt.« Unwillkürlich richtete Volker sich etwas auf. »Lange genug bin ich in Paris in die Lehre gegangen.«

»Ich finde das wunderbar.« Bewundernd sah Alexandra ihn an. »Und wo ist dein Salon?«

»In der Königstraße.«

»Was? Das ist ja die Hauptgeschäftsstraße von Stuttgart.« Alexandra konnte es nicht fassen. »Und wie geht es? Erzähl schon!«

Volker war zufrieden, und das kam auch zum Ausdruck. Dann stutzte er. »Alexa, dich hat der Himmel geschickt. Du warst doch ganz groß im Modellentwerfen. Willst du es nicht wieder tun? Ich könnte dann mit eigenen Modellen auf den Markt kommen.«

»Aber ich habe das schon Jahre nicht mehr getan.«

»Dann versuch es doch. Ich bin sicher, daß du es schaffst. Du hast stets das richtige Gespür gehabt. Sag bloß, du hast keine Ideen mehr.«

»Ideen hätte ich schon«, zögernd kam es von Alexandras Lippen.

»Aber du willst nicht, nun ich kann dich nicht dazu zwingen.« Volker griff nach dem Weinglas. Er war enttäuscht.

Alexandra griff ebenfalls nach ihrem Glas. Sie nahm einen kräftigen Schluck. »Wollen würde ich schon«, sagte sie ehrlich. »Es wäre sogar herrlich. Ich hätte eine Beschäftigung. Ich meine – ich will damit nicht sagen, daß ich nichts zu tun habe. Wir haben ein kleines Häuschen, dazu gehört ein großer Garten.« Jetzt erschien ein Lächeln auf ihrem Gesicht. »Tobias ist auch sehr anspruchsvoll. Er ist sehr lebhaft.«

Volker hatte das Gefühl, bereits gewonnen zu haben. Er nahm ihre Hand und drückte sie. »Wir werden ein wunderbares Team sein.« Im Moment schien ihm das wirklich am wünschenswertesten. »Deine Modelle werden nur in meinem Salon verkauft. Ich beteilige dich natürlich am Umsatz.«

»Moment, Volker.« Alexandra versuchte, seinen Optimismus zu zügeln. »Ich habe schon Jahre nicht mehr gezeichnet. Wer weiß, ob meine Modelle überhaupt ankommen.«

»Das laß nur meine Sorge sein. Ich werde sie groß herausstellen. Du trägst dabei kein Risiko. Du lieferst mir vorerst nur die Zeichnungen. Es wäre gut, wenn ich bis Anfang nächster Woche bereits drei Zeichnungen haben könnte. Wie wär’s mit einem Hosenanzug?«

»Volker«, unterbrach ihn Alexandra, »ich weiß gar nicht, ob ich dazu Zeit finde. Ich sagte dir doch, daß mein Sohn drei Jahre wird. Er ist sehr anspruchsvoll. In seiner Gegenwart finde ich sicher keine Muße zum Skiz­zieren.«

»Du sagtest aber doch, daß du eine Schwiegermutter hast.« Volker lachte. Für ihn war alles schon eine abgemachte Sache.

»Habe ich, aber Mutter verwöhnt Toby zu sehr. Ich überlasse ihn ihr daher nur selten. Heute konnte ich einfach nicht anders, ich mußte wieder einmal Stadtluft schnuppern.«

»Welch ein Glück! Ich ahnte doch nicht, daß du so in der Nähe lebst. Nach Backnang ist es nur ein Katzensprung. Wir können uns jetzt öfter sehen.«

Diese Worte erinnerten Alexandra an die Uhrzeit. Sie sah auf ihre Armbanduhr. Ein Schreckenslaut entfuhr ihr. »Schon so spät! Ich sollte schon zu Hause sein. Ich muß unbedingt den nächsten Zug nehmen.

»Zum Glück ist es von hier nicht weit zum Bahnhof.«

»Seit wann fährst du mit der Bahn? Wie ich mich erinnere, warst du eine leidenschaftliche Autofahrerin.«

»Ich habe mein eigenes kleines Auto.« Alexandra sagte es nicht ohne Stolz. »So kann ich mit Toby jederzeit ins Grüne fahren. Aber nach Stuttgart ist es mit der S-Bahn bequemer. Volker, ich habe mich wirklich gefreut, dich zu sehen.« Sie erhob sich und streckte ihm ihre Hand hin.

»Kommt überhaupt nicht in Frage. Ich bringe dich selbstverständlich zum Bahnhof.« Mit einer energischen Geste winkte er der Kellnerin.

Auf dem Weg zum Bahnhof setzten beide ihre Unterhaltung fort. »Ich suche dich bald mal in deinem trauten Heim auf«, meinte er. »Ich bin neugierig auf deinem Mann. Hoffentlich ist er kein Tyrann.«

»Wie kommst du auf so was?« Verblüfft sah Alexandra ihn an.

»Nun, ich hoffe, er wird dich arbeiten lassen. Ich meine, manche Männer mögen es nicht, wenn ihre Frau eigenes Geld verdient.«

»Nein, so denkt Holger nicht«, meinte Alexandra, aber es klang nicht sehr überzeugt. »Es ist auch nicht sicher, ob du mich gebrauchen kannst«, setzte sie hinzu. »Wir wollen einmal abwarten. Vielleicht taugen meine Skizzen nichts.«

»Ich bin ganz sicher, daß du Erfolg haben wirst. Du warst schon in der Schule eine der Besten.« Tief sah Volker ihr dabei in die Augen. Sie standen bereits auf dem Bahnsteig.

Seine Worte taten Alexandra ungeheuer wohl. Sie war sich in der letzten Zeit oft sehr überflüssig vorgekommen. Die ewig sich wiederholende Hausarbeit, das Putzen, Kochen und Einkaufen, hatten ihr wenig Befriedigung gebracht. Und für Holger war das alles selbstverständlich. Nie hatte er ein Wort der Anerkennung.

»Du mußt es versuchen.« Volker legte ihr beide Arme auf die Schultern. »Weißt du noch, welchen Erfolg du mit deinem Abendkleid hattest? Du bekamst den ersten Preis.« Der Zug fuhr in die Halle.

»Ich muß einsteigen«, sagte Alexandra. Sie rührte sich jedoch nicht. Was Volker da vorgeschlagen hatte, war verlockend. Sie hätte sich mit ihm gern weiter unterhalten.

»Bleib hier«, drängte Volker da auch schon. »Ich zeige dir meinen Salon. Bald werden deine Entwürfe als Modelle im Schaufenster zu sehen sein.« Er schüttelte sie leicht. »Kannst du dich erinnern? Ich träumte von einem eigenen Modesalon, und du wolltest für mich die Kleider entwerfen. Alexa, jetzt wird es Wirklichkeit. Laß uns zurückgehen, ich fahre dich später mit dem Auto nach Backnang.«

Das brachte Alexandra zur Vernunft. »Ausgeschlossen. Sie warten schon auf mich. Wahrscheinlich war meine Schwiegermutter bereits einmal vergebens am Bahnhof. Du mußt wissen, Toby liebt die Bahnhöfe.«

Volker ließ sie sofort los. »Natürlich, aber vergiß nicht, ich warte auf deine Entwürfe.«

»Ich werde es versuchen.« Jetzt lächelte Alexandra. »Du wirst dich wundern, ich habe auch schon eine Idee.«

»Na, was sagte ich!« Volker strahlte. »An was denkst du?«

»Wird nicht verraten.« Der Lautsprecher mahnte zum Einsteigen.

»Schade«, sagte Volker. Aber das hörte Alexandra schon nicht mehr. Sie stieg bereits die Stufen hinauf und verschwand im Innern des Waggons.

Kaum hatte sich der Zug in Bewegung gesetzt, begann Alexandra in ihrer Handtasche zu kramen. Sie suchte nach einem Blatt Papier. Schließlich entdeckte sie ein Kuvert. Einen Kugelschreiber fand sie auch. Bis Backnang sah sie nicht mehr hoch. Mit lockerer Hand warf sie einige Skiz­zen auf das Papier. Als sie in Backnang ausstieg, war sie noch so in Gedanken, daß sie ihre Schwiegermutter übersah.

»Mami, Mami!« schrie Tobias verzweifelt und zappelte heftig auf den Armen der Großmutter.

»Alexandra, was ist denn los?« Empört eilte Jutta Bühler auf ihre Schwiegertochter zu.

»Mutter, entschuldige.« Verwirrt strich Alexandra sich über die Stirn.

»Mami, Mami!« Jetzt brüllte Tobias aus vollem Halse.

»Willst du deinen Sohn nicht nehmen?« fragte Frau Bühler. Sie hielt den zappelnden Kleinen etwas von sich.

»Natürlich, komm her, mein Schatz.« Alexandra nahm ihren Sohn in die Arme. »Wer wird denn gleich schreien. Mami ist ja hier.«

»Ja, Mami ist wieder da.« Tobias schlang seiner Mutter die Ärmchen um den Hals. »Toby lieb, Toby hat Mami abgeholt.«

»Ja, Toby ist lieb.« Alexandra küßte ihren Sohn.

»Warum kommst du so spät?« fragte ihre Schwiegermutter. »Du wolltest doch um 15 Uhr zurück sein.«

»Ich habe jemanden getroffen.« Auf den fragenden Blick ihrer Schwiegermutter hin setzte sie hinzu: »Einen Jugendfreund, wir haben dieselbe Schule besucht.«

»So?« sagte Jutta Bühler, und es klang sehr gedehnt.

»Nicht so, wie du denkst.« Alexandra lachte. »Ich werde dich aber bitten müssen, dich in nächster Zeit öfter um Tobias zu kümmern. Ich brauche Ruhe, ich will arbeiten.«

»Arbeiten? Nun, du weißt, Toby ist mein kleiner Schatz. Du kannst ihn mir zu jeder Tages- und Nachtzeit bringen.«

»Toby war lieb«, versicherte der Kleine, der seinen Namen gehört hatte.

»Ja, Toby war lieb«, bestätigte seine Großmutter sofort. Sie sah ihre Schwiegertochter an. »Du siehst, Toby und ich verstehen uns ausgezeichnet.«

*

»Ja. Ich komme mit!« Fester preßte Alexandra Bühler den Telefonhörer an ihr Ohr. »Ja, ich komme mit«, wiederholte sie nochmals. »Du hast recht. Es sind meine Modelle, die vorgestellt werden. Du, ich freue mich. Ich spreche sofort mit meiner Schwiegermutter. Sie kümmert sich über dieses Wochenende sicher gern um Tobias.«

Volker Schwarzer am anderen Ende der Leitung räusperte sich. »Und dein Mann?« fragte er dann.

Kurz zögerte Alexandra mit der Antwort, dann meinte sie jedoch: »Holger hat sicher nichts dagegen. Er hat zu Beginn nicht recht an meine Arbeit geglaubt, doch nun sieht er den Erfolg.« Glücklich lachte Alexandra in den Hörer. »Ich gehe gleich zu meiner Schwiegermutter. Du kannst aber für mich schon ein Hotelzimmer bestellen.« Nach einem Gruß legte sie auf.

»Toby, wo bist du?« rief Alexandra.

»Weiß nicht«, kam die Antwort aus dem Nebenzimmer.

»Was soll das heißen?« Alexandra betrat das Kinderzimmer. Sie sah sich um, konnte ihren Sohn aber nirgends sehen.

»Mami sieht Toby nicht«, triumphierte Tobias hinter der Spielzeugkiste. »Toby hat sich versteckt. Toby weiß auch nicht, wo er ist.«

»Soll Mami Toby suchen?« fragte Alexandra. Versteckenspielen war im Moment eins von Tobias’ liebsten Spielen. »Und wenn Mami den Tobias nicht findet, dann muß sie allein zu Omi fahren.«

Sekundenlang herrschte Stille und Alexandra verbiß sich ein Lächeln. Dann kam Tobias auch schon hervorgeschossen. »Toby will mit zu Omi. Toby hat sich selbst gefunden.«

»Das ist prima, dann gehen wir jetzt deine Händchen waschen.« Alexandra schnappte sich ihren Jungen und trug ihn hinüber ins Badezimmer. Brav hielt er seine Hände unter den Wasserstrahl, anschließend jedoch wehrte er sich.

»Toby will keine andere Hose anziehen. Toby ist so schön.«

»Doch, Tobias muß!« bestimmte Alexandra.

»Bei Omi muß Toby nie eine andere Hose anziehen«, beschwerte sich der Kleine sofort. »Omi schimpft auch nicht, wenn die Hose einen Fleck bekommt.«

»Es ist nicht wegen des Flecks.« Alexandra nahm ihn wieder hoch und trug ihn ins Kinderzimmer zurück. »Draußen ist es kalt, deshalb mußt du eine gefütterte Hose anziehen und deine warmen Schuhe.«

»Draußen scheint aber die Sonne«, widersprach Toby erneut. Alexandra unterdrückte einen Seufzer. Im Moment steckte ihr Sohn voll Widerspruchsgeist.

»Aber es ist April, und da scheint die Sonne noch nicht so warm wie im Mai oder Juni.«

Alexandra setzte den Kleinen aufs Bett. Der hatte aber bereits eine neue Idee: »Mami, ich will den Osterhasen sehen. Wenn ich ihn nicht sehe, dann kann er die Eier und die Schokolade wieder mitnehmen.«

»Jetzt kannst du den Osterhasen nicht mehr sehen«, meinte Alexandra geduldig, während sie ihm eine andere Hose überzog. »Er ist schon wieder zurück in den Wald gehoppelt.«

»Ich kann ihn im Wald besuchen gehen«, schlug Tobias vor. »Toby kann schon weit laufen.«

»Jetzt laufen wir zuerst einmal zur Omi.« Alexandra band Tobias die Schuhbänder zu, dann stellte sie ihn auf seine Füße.

»Wir gehen zur Omi«, kommentierte Toby und ging zufrieden zur Tür. Auch auf der Straße stand sein Mündchen keine Sekunde still. Er machte seine Mutter auf alles Mögliche aufmerksam, schließlich fragte er: »Ist Omi auch zu Hause?«

Alexandra verhielt ihren Schritt. Erst jetzt fiel ihr ein, daß sie das nicht wußte.

Ihre Schwiegermutter konnte genausogut bei einer Freundin sein.

»Was machen wir, wenn Omi nicht da ist?« fragte Tobias. Er verstand das Zögern seiner Mutter richtig.

»Dann haben wir einen schönen Spaziergang gemacht«, entschied Alexandra. Aber sie hoffte, sie würden ihre Schwiegermutter zu Hause antreffen. Sie mußte mit ihr sprechen. In drei Wochen fand in St. Gallen eine Modeschau statt, bei der Modelle von Volker Schwarzer vorgeführt wurden, und diese Modelle hatte sie entworfen. Erst wenn sie Tobias über dieses Wochenende gut versorgt wußte, wollte sie mit ihrem Mann sprechen.

»Mami, ist dies ein Spaziergang?« fragte Tobias in ihre Gedanken hinein.

»Warum? Natürlich, wir gehen doch.« Fester packte Alexandra das kleine Händchen.

»Nein, das ist kein Spaziergang«, widersprach Tobias. »Da ist keine Wiese und kein Wald. Da darf ich nicht laufen, wohin ich will. Mit Papi gehen wir immer richtig spazieren.«

Lächelnd stimmte Alexandra zu. Gleich darauf verkündete Tobias: »Wir sind da!« Er riß sich von der Hand der Mutter los und raste zur Haustür. Vergebens streckte er sich. Die Türklinke war für ihn noch unerreichbar. Ungeduldig drehte er sich nach seiner Mutter um. »Mami, helfen!« forderte er.

»Natürlich, mein Schatz.« Alexandra drückte die Türklinke herunter und Tobias jubelte. »Toby ist ein Schatz. Omi, Toby, der Schatz, ist da.« Er rannte in den Flur, während er die Treppe hinaufstieg, schrie er laut. »Omi, Omi, Toby ist da.«

»Nicht so laut!« mahnte Alexandra, die hinter ihrem Sohn hereilte. Ihre Schwiegermutter wohnte in einem alten Mietshaus

Tobias achtete jedoch wieder einmal nicht auf seine Mutter. Er hatte die Wohnungstür erreicht. Mit beiden Fäusten trommelte er dagegen und rief laut: »Omi, aufmachen! Omi, du mußt da sein!«

»Willst du wohl still sein!« schimpfte jetzt Alexandra. Doch da wurde die Tür bereits geöffnet.

»Toby, mein kleiner Liebling, ist da«, sagte Frau Bühler erfreut und schloß ihren Enkel in die Arme.

»Toby lieb«, verkündete der Kleine und schlang seine Ärmchen um den Hals der Großmutter.

»Nein, Tobias war jetzt nicht lieb«, sagte Alexandra. Sie nahm ihren Sohn aus den Armen der Schwiegermutter und stellte ihn wieder auf den Boden. »Ich habe dir schon so oft gesagt, du sollst hier nicht so laut sein.«

»Alexandra, sei doch nicht so streng. Der Kleine freut sich eben, wenn er zu mir kommen darf.«

»Und die Nachbarn regen sich dann wieder auf, wenn er so laut ist«, sagte Alexandra.