Sorgenweg ins Glück - Marie Francoise - E-Book

Sorgenweg ins Glück E-Book

Marie Francoise

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Beschreibung

Dr. Daniel ist eine echte Erfolgsserie. Sie vereint medizinisch hochaktuelle Fälle und menschliche Schicksale, die uns zutiefst bewegen – und einen Arzt, den man sich in seiner Güte und Herzlichkeit zum Freund wünscht.   »Eine Woche«, murmelte sich Tamara Behring zu, dann zählte sie noch einmal die Tage am Kalender ab, obwohl sie das schon mindestens zwanzigmal gemacht hatte.   »Eine Woche«, wiederholte sie und fühlte dabei heftiges Herzklopfen. Sollte es diesmal tatsächlich geklappt haben? Tamara wagte kaum, an ihr Glück zu glauben. Andererseits gab es eigentlich keinen Zweifel mehr, schließlich war ihre Regel nur ganz selten einmal verspätet eingetroffen, und wenn, dann waren es höchstens einmal zwei oder drei Tage gewesen. Jetzt war sie aber schon eine Woche darüber.   Und dann hielt sie es plötzlich nicht mehr länger aus. Rasch lief sie zur nächsten Apotheke und besorgte sich einen Schwangerschaftstest. Einen Augenblick lang spielte sie auch mit dem Gedanken, ihrem Mann Siegfried von ihrem Verdacht zu erzählen, verwarf ihn aber wieder. Vielleicht war es besser, Stillschweigen zu bewahren, bis sie Gewißheit hatte. Schließlich wollte sie in Siegfried keine Hoffnungen wecken, die sich vielleicht dann doch nicht erfüllten. Immerhin warteten sie ja schon seit fast zwei Jahren vergeblich auf ein Baby.   Gleich am nächsten Morgen nahm Tamara den Schwangerschaftstest vor und wartete gespannt auf das Ergebnis, aber es war negativ. Tiefe Enttäuschung breitete sich in ihr aus, doch als sich ihre Tage auch weiterhin nicht einstellten, wuchs ihre Hoffnung wieder.   »Vielleicht habe ich nur einen Fehler gemacht«, sagte sie zu sich selbst. »Immerhin war es ja mein erster Schwangerschaftstest.« Doch daran glaubte sie im Grunde selbst nicht. Schließlich war der Test nicht so kompliziert durchzuführen gewesen, daß man dabei einen gravierenden Fehler hätte begehen können.   Trotzdem entschloß sich Tamara ganz

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Seitenzahl: 129

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Dr. Daniel – 34 –Sorgenweg ins Glück

Marie Francoise

  »Eine Woche«, murmelte sich Tamara Behring zu, dann zählte sie noch einmal die Tage am Kalender ab, obwohl sie das schon mindestens zwanzigmal gemacht hatte.

  »Eine Woche«, wiederholte sie und fühlte dabei heftiges Herzklopfen. Sollte es diesmal tatsächlich geklappt haben? Tamara wagte kaum, an ihr Glück zu glauben. Andererseits gab es eigentlich keinen Zweifel mehr, schließlich war ihre Regel nur ganz selten einmal verspätet eingetroffen, und wenn, dann waren es höchstens einmal zwei oder drei Tage gewesen. Jetzt war sie aber schon eine Woche darüber.

  Und dann hielt sie es plötzlich nicht mehr länger aus. Rasch lief sie zur nächsten Apotheke und besorgte sich einen Schwangerschaftstest. Einen Augenblick lang spielte sie auch mit dem Gedanken, ihrem Mann Siegfried von ihrem Verdacht zu erzählen, verwarf ihn aber wieder. Vielleicht war es besser, Stillschweigen zu bewahren, bis sie Gewißheit hatte. Schließlich wollte sie in Siegfried keine Hoffnungen wecken, die sich vielleicht dann doch nicht erfüllten. Immerhin warteten sie ja schon seit fast zwei Jahren vergeblich auf ein Baby.

  Gleich am nächsten Morgen nahm Tamara den Schwangerschaftstest vor und wartete gespannt auf das Ergebnis, aber es war negativ. Tiefe Enttäuschung breitete sich in ihr aus, doch als sich ihre Tage auch weiterhin nicht einstellten, wuchs ihre Hoffnung wieder.

  »Vielleicht habe ich nur einen Fehler gemacht«, sagte sie zu sich selbst. »Immerhin war es ja mein erster Schwangerschaftstest.« Doch daran glaubte sie im Grunde selbst nicht. Schließlich war der Test nicht so kompliziert durchzuführen gewesen, daß man dabei einen gravierenden Fehler hätte begehen können.

  Trotzdem entschloß sich Tamara ganz spontan zu einem Besuch bei ihrem Gynäkologen.

  »Meine Regel ist seit fast zwei Wochen überfällig«, erklärte sie. »Aber der Schwangerschaftstest aus der Apotheke war negativ.«

  Dr. Geiger machte sich ein paar Notizen, dann meinte er: »Wir werden den Test hier in der Praxis noch einmal wiederholen, dann sehen wir weiter.«

  Doch das Ergebnis war auch diesmal negativ, und eine Untersuchung durch Dr. Geiger ergab keine Auffälligkeiten.

  »Das sieht alles ganz normal aus«, erklärte der Arzt. »Die Gebärmutter ist auch nicht vergrößert.« Bedauernd sah er Tamara an. »Es tut mir leid, Frau Behring, aber bei Ihnen spricht nichts für eine bestehende Schwangerschaft – abgesehen von der Tatsache, daß Ihre Regelblutung ausgeblieben ist.«

  Tamara seufzte tief auf. »Ich habe mich so sehr gefreut, als meine Tage nicht gekommen sind. Irgendwie dachte ich, diesmal hätte es endlich geklappt.«

  Dr. Geiger nickte verständnisvoll. »Ich weiß schon, wie verzweifelt Sie sich ein Baby wünschen, Frau Behring, aber genau das könnte auch der Grund für das Ausbleiben Ihrer Regel sein. Die Psyche spielt in einem solchen Fall oft eine große Rolle. Es gibt Frauen, die sich in den Kinderwunsch so sehr hineinsteigern, daß sie tatsächlich Anzeichen einer beginnenden Schwangerschaft aufweisen. Die Regelblutung bleibt aus, morgendliche Übelkeit stellt sich ein, und manchmal erfolgt sogar eine Gewichtszunahme. Nur der Schwangerschaftstest bleibt natürlich negativ.«

  Tamara erschrak sichtlich. »Sie glauben, das könnte bei mir auch passiert sein?«

  »Nein, Frau Behring, nicht unbedingt. Ich wollte Ihnen mit diesem Beispiel nur zeigen, daß das Ausbleiben Ihrer Regel in diesem Fall nicht viel zu besagen hat. Ich fürchte, das könnte Ihnen in Zukunft noch öfter passieren.«

  Tamara seufzte wieder und strich dabei ihr langes kastanienbraunes Haar zurück. Der Blick ihrer ausdrucksvollen blauen Augen war sehr melancholisch geworden.

  »Allmählich weiß ich wirklich nicht mehr, was wir noch tun sollen«, erklärte sie niedergeschlagen. »In mühsamer Kleinarbeit errechne ich meine fruchtbaren Tage, aber anscheinend ist das alles völlig sinnlos. Nicht einmal die Hormontherapie, die Sie bei mir durchgeführt haben, hat etwas genützt.«

  Dr. Geiger blätterte seine Unterlagen durch. »Sie waren vor einem Jahr in der Birkner-Klinik, um sich gründlich untersuchen zu lassen.«

  Tamara nickte. »Der dortige Chefarzt sagte mir, daß alles in Ordnung wäre. Nach menschlichem Ermessen könnte ich jederzeit schwanger werden, und auch mein Mann ist nach Untersuchungsergebnissen seines Arztes zeugungsfähig.«

  »Ich weiß«, entgegnete Dr. Geiger nachdenklich. »Nach dem Bericht der Birkner-Klinik wäre die Hormontherapie bei Ihnen gar nicht nötig gewesen, aber ich dachte…« Er stockte, dann stand er abrupt auf und trat zu seinem Bücherschrank, in dessen einer Ecke Zeitschriften gestapelt waren. »Ich habe da vor kurzem etwas gelesen…« Der Rest des Satzes war nur noch ein unverständliches Gemurmel, weil sich Dr. Geiger immer tiefer in den Zeitschriftenberg hineinwühlte.

  »Man wird ja mit ärztlichen Fachzeitschriften geradezu überschwemmt«, fuhr er fort, als er aus dem untersten Stapel ein Heft herauszog. »Aber gelegentlich ist eben auch etwas dabei, was man brauchen kann.«

  Er blätterte kurz, bis er den gesuchten Artikel gefunden hatte.

  »Hier, die Waldsee-Klinik in Steinhausen«, erklärte er.

  Tamara runzelte die Stirn. »Steinhausen? Soll das hier in der Nähe sein?«

  »Nein, leider nicht«, entgegnete Dr. Geiger bedauernd. »Steinhausen liegt in Bayern, in der Nähe von München. Ein ehemaliger Studienkollege von mir ist dort Direktor dieser Klinik. Dr. Robert Daniel. Ein erstklassiger Gynäkologe und darüber hinaus ein Mann von einer sehr sympathischen Bescheidenheit. Er würde sich selbst niemals ins Rampenlicht rücken.« Er lächelte. »Im Grunde erstaunt es mich, daß er diesem Bericht überhaupt zugestimmt hat. Wahrscheinlich nur aus dem Bedürfnis heraus, möglichst vielen Menschen helfen zu können.«

  Dr. Geigers Worte machten Tamara neugierig, doch jede weitere Frage erübrigte sich, weil der Arzt ihr in diesem Moment die Zeitschrift über den Tisch schob.

  »Das Fachchinesisch überlesen Sie einfach«, riet er ihr.

  Hastig überflog Tamara den Bericht und erkannte sofort, worauf Dr. Geiger hinauswollte.

  »Sie glauben, ich sollte dorthin fahren?« fragte sie, als sie zu Ende gelesen hatte.

  Dr. Geiger nickte. »Ja, und zwar zusammen mit Ihrem Mann. Die Idee, Ehepaare, die kein Kind bekommen können, gemeinsam zu untersuchen, hat meines Erachtens enorme Vorteile, und gerade in Ihrem Fall würde ich diese Chance nutzen.« Er zuckte die Schultern. »Verbinden Sie die Fahrt nach Bayern doch einfach mit einem kleinen Urlaub. Dieser Vorgebirgsort muß ja sehr idyllisch liegen, und nach Österreich ist es auch nur ein Katzensprung. Wenn Sie Wintersport betreiben, dann wäre diese Jahreszeit einfach ideal.«

  Tamara zögerte. Natürlich war die Idee verlockend, und vielleicht könnte man ihr und Siegfried in dieser Klinik ja tatsächlich helfen.

  »Ich müßte zuerst mit meinem Mann sprechen«, meinte sie.

  Dr. Geiger nickte. »Tun Sie das, Frau Behring. Und wenn Sie sich entschieden haben, rufen Sie mich einfach an. Ich werde dann gleich einen Termin in der Waldsee-Klinik vereinbaren.«

*

  Siegfried Behring war todmüde, als er nach der Arbeit heimkam, trotzdem nahm er seine Frau liebevoll in den Arm und küßte sie zur Begrüßung.

  »Zur Zeit ist es in der Firma einfach chaotisch«, stöhnte er und ließ sich auf das bequeme Sofa fallen. »Ich könnte zehn Beine, zwanzig Arme und mindestens drei Köpfe gebrauchen.« Er winkte ab. »Wahrscheinlich wäre das immer noch zuwenig.«

  »Das heißt, es wäre genau der richtige Zeitpunkt für einen erholsamen Winterurlaub«, meinte Tamara.

  Überrascht sah Siegfried sie an. »Wie bitte? Seit wann willst du denn in die Kälte fahren? Sonst konnte es dir im Urlaub doch nicht warm genug sein.«

  Spontan setzte sich Tamara zu ihm und griff nach seiner Hand. »Hör zu, Sigi, ich war heute bei Dr. Geiger.«

  In Siegfrieds Augen leuchtete es kurz auf. »Bist du etwa… schwanger?«

  Ein melancholischer Schimmer huschte über Tamaras Gesicht. »Nein, Sigi, leider nicht.« Dann schüttelte sie die trüben Gedanken, die sie ergriffen hatten, gleich wieder ab. »Allerdings geht es genau darum. Es gibt da eine Klinik, in der Ehepaare, die wie wir keine Kinder bekommen können, gemeinsam untersucht werden.«

  Siegfried winkte ab. »Wir haben uns doch beide schon untersuchen lassen. Trotzdem…«

  »Laß mich doch erst mal fertig erzählen«, bat Tamara. »Diese Klinik weist viel größere Möglichkeiten zur Untersuchung auf.« Sie seufzte. »Der Bericht stand leider in einer medizinischen Fachzeitschrift, und du weißt ja, wie die darin mit lateinischen Wörtern um sich schmeißen, aber Tatsache ist jedenfalls, daß die Erfolgsquote dieser Klinik sehr viel höher liegt als der Durchschnitt.«

  »Na ja, wenn du meinst«, entgegnete Siegfried gedehnt, dann nahm er Tamara zärtlich in den Arm. »Versteh mich bitte nicht falsch, Liebes, aber diese ganzen Untersuchungen und Behandlungen, die bisher überhaupt nichts gebracht haben… Allmählich beginne ich schon an allem zu zweifeln.« Er überlegte kurz. »Außerdem kann ich mir nicht denken, was diese Klinik mit dem Winterurlaub zu tun haben soll, den du vorhin erwähnt hast.«

  Tamara schluckte. Sie wußte genau, daß Siegfried nicht gerade begeistert sein würde, wenn sie ihm die ganze Geschichte erzählte. Er hatte in den letzten beiden Jahren schon so viel über sich ergehen lassen, dazu die komplizierten Rechnungen, zu denen Tamara in letzter Zeit gezwungen war, die Zeugung nach Plan, die mit Liebe gar nicht mehr viel zu tun hatte, und jeden Monat dann aufs neue die Enttäuschung, wenn es wieder nicht geklappt hatte.

  »Diese Klinik befindet sich in Bayern, in einem kleinen Vorgebirgsort namens Steinhausen«, gestand Tamara. »Deshalb dachte ich…«

  »Du bist ja verrückt«, entfuhr es Siegfried, dann fügte er rasch hinzu: »Tut mir leid, Liebes, aber…« Er schüttelte den Kopf. »Wegen ein paar Untersuchungen, die möglicherweise gar nichts bringen werden, bis nach Bayern zu fahren… ist das nicht doch ein bißchen übertrieben?«

  »Sigi, ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll«, entgegnete Tamara eindringlich. »Ich habe diesen Bericht gelesen, und irgendwie hatte ich ein ganz eigenartiges Gefühl dabei – so, als sollten wir uns diese Chance nicht entgehen lassen.« Sie zögerte und ließ sich dann zu einem Zugeständnis hinreißen. »Wenn die Untersuchungen in dieser Klinik wieder nichts ergeben, dann lassen wir es in Zukunft bleiben – die Rechnungen, die Hormontherapie, einfach alles. Aber bitte, Sigi, laß es uns dieses eine Mal noch versuchen.«

  Angesichts dieser inständigen Worte konnte Siegfried natürlich nicht hart bleiben – vor allem, weil er sich selbst ja mindestens ebensosehr ein Baby wünschte wie Tamara.

  »Na schön«, gab er nach. »Fahren wir also nach Bayern.« Er lächelte. »Vorausgesetzt, ich bekomme irgendwann innerhalb der nächsten zwölf Monate Urlaub.«

  Da fiel Tamara ihrem Mann um den Hals. »Sigi, ich liebe dich!«

  Er lachte. »Hättest du das jetzt auch gesagt, wenn ich die Reise nach Bayern abgelehnt hätte?«

  Mit plötzlichem Ernst sah sie ihn an. »Ja, weil ich dich immer lieben werde – egal, was kommt.«

  Zärtlich streichelte er ihr Gesicht. »Ich liebe dich auch, Tamara.«

*

  Dr. Robert Daniel war gerade im Begriff, sein Sprechzimmer zu verlassen, als seine Empfangsdame Gabi Meindl noch einen Anruf durchstellte.

  »Daniel«, meldete er sich.

  »Geiger«, entgegnete der Anrufer. »Erinnerst du dich noch an mich?«

  Dr. Daniel runzelte nachdenklich die Stirn. »Geiger? Doch nicht etwa Fritz Geiger?«

  »Genau dieser!«

  »Meine Güte, Fritz! Das ist ja eine Ewigkeit her, seit wir beide zuletzt Kontakt zueinander hatten.«

  »Ist mir aber in bester Erinnerung geblieben«, erklärte Dr. Geiger. »Weniger deinetwegen als vielmehr wegen des gestrengen Herrn Professors.«

  Dr. Daniel lachte. »Er hat sich bis heute nicht verändert.«

  »Habe ich auch gar nicht erwartet. Hast du denn noch immer mit ihm zu tun?«

  »Nicht direkt. Aber gelegentlich bin ich schon froh, daß ich den guten Professor Thiersch in der Nähe habe. Gerade bei Tumoren jeder Art ist seine Hilfe unüberbietbar.« Dr. Daniel lächelte, obwohl sein Gesprächspartner das ja nicht sehen konnte. »Aber ich denke nicht, daß du nur anrufst, um dich nach Professor Thiersch zu erkundigen.«

  »Da hast du vollkommen recht«, meinte Dr. Geiger. »Mein lieber Robert, du machst ja gewaltige Schlagzeilen.«

  »Wie bitte? Ich bin mir keiner Schuld bewußt.«

  Dr. Geiger lachte. »Ich spreche ja auch nicht von negativen Schlagzeilen. Nein, im Ernst, Robert. Es geht um deine Waldsee-Klinik. Ich habe in einem medizinischen Fachblatt davon gelesen. Ihr erzielt enorme Erfolge in der Kinderwunschbehandlung.«

  »Na ja, es geht«, entgegnete Dr. Daniel bescheiden. »Es war halt so eine Idee von mir, und wir fahren ganz gut damit.«

  »Das ist wieder mal typisch für dich«, meinte Dr. Geiger. »Du stellst dein Licht ganz gewaltig unter den Scheffel. Hör mal, Robert, was du da auf die Beine gestellt hast…«

  »Erstens mal habe ich die Waldsee-Klinik nicht allein auf die Beine gestellt, und zweitens…«

  »Laß gut sein, Robert«, fiel Dr. Geiger ihm ins Wort. »Du mußt dich nicht verteidigen. Es geht vielmehr darum, daß ich deine Hilfe brauche… besser gesagt, eine meiner Patientinnen braucht sie. Eine siebenundzwanzigjährige Frau, die sich seit zwei Jahren bemüht, schwanger zu werden. Vor einem Jahr war sie in der Birkner-Klinik zur Untersuchung – eine sehr exklusive Privatklinik«, fügte er erklärend hinzu. »Der dortige Chefarzt behauptet, mit ihr wäre alles in Ordnung.«

  »Das klingt, als würdest du diese Diagnose anzweifeln«, bemerkte Dr. Daniel stirnrunzelnd.

  »Na ja, ich will ihm nicht auf die Füße treten«, entgegnete Dr. Geiger. »Aber der gute Professor Birkner streicht horrende Honorare ein, ohne wirklich etwas für seine Patienten zu tun. Ich wollte eigentlich auch nicht, daß Frau Behring dorthin geht, aber eine Freundin von ihr sang das reinste Loblied auf den alten Birkner, und deshalb war sie dann nicht davon abzubringen, sich dort untersuchen zu lassen. Aber wie auch immer – vielleicht ist mit ihr ja wirklich alles in Ordnung, und es liegt an ihrem Mann. Er hat sich ebenfalls mehrmals untersuchen lassen und zwar von verschiedenen Ärzten, die aber übereinstimmend zu der Meinung kamen, er wäre zeugungsfähig.«

  »Ist das alles, was an Tests durchgeführt wurde?« woltle Dr. Daniel wissen.

  »So ziemlich, ja«, antwortete Dr. Geiger. »Ich habe bei Frau Behring noch eine Hormontherapie versucht, die aber ebenfalls keinen Erfolg gebracht hat. Ich selbst verfüge überdies in meiner Praxis nur über sehr eingeschränkte Möglichkeiten. Die Räume sind klein, also kann ich hier wirklich nur das Nötigste machen. Für alle größeren Untersuchungen muß ich die Patientinnen an die umliegenden Krankenhäuser überweisen.«

  »Und jetzt möchtest du, daß Frau Behring und ihr Mann bei uns in der Waldsee-Klinik untersucht werden«, folgerte Dr. Daniel.

  »Richtig«, stimmte Dr. Geiger zu. »Wie gesagt, ich habe den Bericht über die Klinik gelesen und ihn auch Frau Behring gezeigt. Sie und ihr Mann wollen nun den weiten Weg vom Ruhrgebiet nach Bayern in Kauf nehmen und hoffen, daß du ihnen helfen kannst.«

  »Das ist eine ziemlich große Verantwortung, die du mir da überträgst«, meinte Dr. Daniel. »Wenn sie – was ich natürlich nicht hoffe, den Weg nun umsonst machen werden?«

  »Die beiden sind sich dieses Risikos durchaus bewußt, und die Waldsee-Klinik wird auch wohl ihr letzter gezielter Versuch sein. Danach werden sie ihr Schicksal annehmen – so oder so.«

  »Das ist eine vernünftige Einstellung«, urteilte Dr. Daniel. »Ich habe leider schon viele Ehen kaputtgehen sehen, weil die Entscheidung, sich mit der Kinderlosigkeit abzufinden, einfach zu spät erfolgte.« Er schwieg kurz. »Wahrscheinlich ist es auch schwierig, das zu akzeptieren.«

  »Ja, das denke ich auch«, stimmte Dr. Geiger zu. »Wie steht’s da eigentlich mit dir, Robert? Bist du verheiratet?«

  »Verwitwet«, antwortete Dr. Daniel und konnte nicht verhindern, daß beim Gedanken an seine allzu früh verstorbene Frau etwas wie Melancholie in ihm aufkam.

  »Das tut mir leid«, murmelte Dr. Geiger.

  »Aber ich habe zwei Kinder«, fuhr Dr. Daniel rasch fort, um von diesem traurigen Thema abzulenken. »Stefan arbeitet als Assistenzarzt in der Waldsee-Klinik. Meine Tochter Karina studiert in Freiburg Medizin und wird irgendwann einmal wohl meine Praxis übernehmen.«

  »Kinder blieben Henriette und mir leider versagt«, entgegnete Dr. Geiger. »Aber wir führen trotzdem eine gute Ehe.« Dann lenkte er ganz bewußt von diesem privaten Thema wieder ab. »Wie sieht’s nun aus, Robert? Welchen Termin kann ich Frau Behring nennen?«

  »Am besten wird es wohl sein, wenn sie sich persönlich mit mir in Verbindung setzt, damit wir den günstigsten Zeitpunkt anhand ihres Zyklus erreichnen können.«

  »In Ordnung, Robert, ich werde Frau Behring Bescheid sagen.« Dr. Geiger schwieg kurz. »Ich hoffe von Herzen, daß du ihr helfen kannst.«

*