Standart Skill – Voll verglitcht! - Standart Skill - E-Book

Standart Skill – Voll verglitcht! E-Book

Standart Skill

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Beschreibung

Ein interaktives Abenteuer-Buch von Fortnite-Legende Standart Skill! Für Stanni ist es ein guter Tag. Er spielt ein paar Runden in seinem Lieblingsgame, stellt sogar fast einen Rekord auf. Doch dann verändert sich plötzlich die Spielwelt: Probleme treten auf. Er will sich ausloggen, doch es geht nicht. Stanni steckst fest – mitten in einem Videospiel! Mit einem Mal verspürt er Hunger und Durst, kann schmecken und riechen … und sich verletzen! Was wie ein ganz normaler Tag begann, wird zum größten Abenteuer seines Lebens. Er ist gefangen im Tal Royal. Um wieder in die echte Welt zurückzukehren, muss Stanni herausfinden, was es mit den Fehlern im Spiel auf sich hat. Und er muss sich beeilen!

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Seitenzahl: 207

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STANDART SKILL

Voll verglitcht!

STANDARTSKILL

VOLL VERGLITCHT!

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

Originalausgabe

2. Auflage 2020

© 2020 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Texte: Standart Skill, Matthias Kempke

Redaktion: Mirka Uhrmacher

Umschlaggestaltung und Illustrationen: © Marek Bláha

Satz: Achim Münster, Overath

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-96775-001-0

ISBN E-Book (PDF) 978-3-74531-114-3

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-74531-115-0

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.rivaverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

INHALT

DAS SPIEL

GESTRANDET

TRIPPY TOWN

DAS SÄGEWERK

EINE ÜBERRASCHENDE ERKENNTNIS

IN DEN UNTERGRUND

EINE ENTSCHEIDUNG

VIEL ZU FRÜH!

DIE SCHULE VON LOS LAMAS

EIN ETWAS ANDERER UNTERRICHT

DIE TÜR

SCHLEIMER

DIE RUNDENERÖFFNUNG

CHAOS IN LOS LAMAS

AUF DER FLUCHT

IN DEN TUNNELN

DER BLICK INS TAL

DER AUFSTIEG

EIN GEHEIMNISVOLLER ORT

DER VERLORENE SPIELER

EIN WEG ZURÜCK

EIN NEUER ANFANG

KOSMISCHE LAMA-GEHEIMNISSE

Ja, hallo, Standart Skill am Start! Heute mal mit etwas ganz anderem! Diese Geschichte, meine lieben Freunde, ist genau so passiert, wie ihr es lesen werdet. Genau so! Na ja, oder zumindest fast. Ich sag mal so, damals war ich noch der kleine Stanni, ein Teenager. Aber meine Skills, die konnten sich trotzdem schon sehen lassen! Mein Abenteuer begann in einer ganz normalen Runde. Ich hatte gut abgeräumt, wir waren nur noch zu zweit. Sicherer Sieg, Freunde! Aber was dann passierte … könnt ihr euch gar nicht vorstellen! Ich will nicht zu viel verraten. Lasst uns einfach anfangen, und ihr werdet schon sehen, was ich meine.

Viel Spaß!

Euer Stanni

DAS SPIEL

Ein Schatten huschte über die nächtliche Straße. Stanni hatte seinen Gegner nur kurz aus dem Augenwinkel gesehen. Blitzschnell duckte er sich hinter ein Auto, das am Straßenrand stand. Ein gelber Sportwagen. Eigentlich genau sein Ding. Doch das Herz schlug Stanni nicht wegen der schicken Karre bis zum Hals. Dafür hatte er keine Zeit. Er musste gewinnen!

Stanni hatte in dieser Runde schon 22 Gegenspieler besiegt. Max, sein bester Freund und Teamkollege, hatte sich 19 Punkte gesnackt. Das waren jetzt 41 Punkte für ihr Team! 42 wären episch. Und 43?

Legendär, dachte Stanni. Noch nicht ganz Weltrekord, aber auch nicht so weit davon entfernt.

Nur noch zwei Gegner trieben sich hier in Trippy Town herum. Laut Spielerliste waren es Pain_Bot99 und NinjaDirk.

NinjaDirk?! Dämlicher Name. Stanni hätte gern mit den Augen gerollt, aber er musste sich konzentrieren. Er spähte über die Motorhaube des Autos – und dann sah er es! Alles lief wie in Zeitlupe ab. Ein Gegner machte sich im Café »Zum knusprigen Hörnchen« gerade über eine Kiste Loot her. Direkt hinter dem hell erleuchteten Schaufenster mit den saftigen Donuts.

Schlechte Idee, Pain_Bot99. Ganz schlechte Idee.

Der andere spielte mit einem »Sergeant PainGiver«-Skin: ein fies aussehender Robo-Kopfgeldjäger mit Cowboyhut, schweren Patronengurten über den rostigen Schultern und drei feuerroten Augen auf der Metallstirn. Ein sehr teurer Skin.

»Pain_Bot99«, flüsterte Stanni – dann sprang er auf und glitt pfeilschnell auf seinen Widersacher zu.

Pain_Bot99 bemerkte ihn sofort. Ruckartig zog er seine zwei Space-Colts und schoss durch die Glasscheibe. Doch damit hatte Stanni gerechnet! Er wich geschickt aus und duckte sich neben den Hauseingang. Die Farbkugeln des Kampfroboters schlugen hinter ihm auf dem gelben Sportwagen ein und hinterließen schillernde Regenbogenflecken.

»Netter Versuch, du Noob!«, rief Pain_Bot99 siegessicher.

Doch noch bevor der Roboter wusste, wie ihm geschah, tauchte Stanni schon wieder aus seiner Deckung auf und stürmte nach vorn ins Café. Er zielte. Und traf. Wieder und wieder! Pain_Bot99 leuchtete nur so vor bunten Farbkleksen. Schließlich sank der Roboter fluchend auf die Knie. Funken sprühten aus seiner Brust. Dann verpuffte er in einer Konfetti-Wolke.

»Leckerschmecker für Spaßentdecker!«, rief Stanni laut und sammelte die glänzenden Items ein, die sein Roboter-Gegner gedroppt hatte.

»Hast du ihn? Sag mir, dass du ihn gekriegt hast!« Max’ Stimme ertönte gedämpft über Stannis Kopfhörer. Er klang nervös. Kein Wunder. Jetzt noch zu verlieren, wäre wirklich bitter. Und wenn Max nervös war, schaute er nie auf die Zahl am oberen Bildrand, die gerade von Vier auf Drei gefallen war.

»Hab ihn, Bruder!«, antwortete Stanni. »Da draußen ist nur noch einer übrig! Wie sieht’s bei dir aus?«

»Hab den Letzten Richtung Norden laufen sehen«, sagte Max besorgt. »Zum Rand der Zone. Aber hab ihn am Stadtrand aus den Augen verloren.«

»NinjaDirk …«, flüsterte Stanni. Ein wirklich völlig bescheuerter Name.

»Kommst du rüber?«, fragte Max.

»Bin unterwegs!«, rief Stanni und sprintete los.

Immer in Bewegung bleiben. Stanni lief und sprang geduckt durch die Seitenstraßen von Trippy Town. Er kannte jeden Winkel und jede Gasse der Stadt. Als er an den Schaufenstern vorbeilief, sah er die Reflexion einer coolen, sportlichen Kämpferin mit kurzen Haaren. Stannis Avatar. Die Community nannte sie »Siren«. Sie war ein »No Skin«. Das heißt, man konnte Siren von Anfang an spielen und musste sie im Gegensatz zu anderen Skins nicht erst freischalten. Wenn man als No Skin spielte, dann glaubten viele Leute, sie hätten es mit einem Anfänger zu tun, der sich noch keinen richtigen Skin leisten konnte. Und wer glaubte, einen Anfänger vor sich zu haben, der wurde unvorsichtig. Ganz genau wie Pain_ Bot99 eben. Aber das war nicht der einzige Grund, warum Stanni als Siren spielte: Er hatte sie von Anfang an einfach cool gefunden, und er war der festen Überzeugung, dass sie flinker und schwerer zu treffen war als andere Avatare. Aberglaube? Vielleicht … Stanni war es egal. Er fühlte sich mit Siren wohl. Mit ihr saß jeder Sprung, jede Drehung. Stanni hatte all seine Skills mit Siren entwickelt.

Endlich erreichte er den Stadtrand. Die Sonne ging gerade auf und tauchte Trippy Town und die Landschaft vor der Stadt in ein warmes orangefarbenes Licht. Der Himmel schien regelrecht zu brennen. Ein atemberaubender Anblick.

Heute kann nichts schiefgehen, dachte Stanni und sah sich um. Außerhalb der Stadt wurde es schnell ländlicher. Im Trippy Town Park schien alles ruhig zu sein. Die Straße zog sich an Kornfeldern und Bauernhöfen vorbei und erstreckte sich wie ein helles Band bis zu den Arctic Alps im Norden. Ihre eisbedeckten Kuppen glitzerten im Sonnenlicht.

Stanni lief weiter. Irgendwo hier am Stadtrand musste ihr letzter Gegner sein. Die gelblich wabernde Zone, die den aktuellen Spielbereich markierte, ließ gar keine andere Möglichkeit mehr zu.

Plötzlich flackerte die Sonne lila auf und wechselte für den Bruchteil einer Sekunde ihre Position am Himmel. Die Schatten der Bäume tanzten zuckend über den Boden. Stanni blickte verwirrt nach oben. War das ein Glitch gewesen? Oder hatte er sich das nur eingebildet? Jetzt sah alles wieder normal aus, als wäre nichts gewesen.

»Max, hast du das auch gesehen?«, fragte Stanni verwundert. »Die Sonne ist gerade …«

»Bruder, hinter dir! Pass auf!«, rief Max so laut, dass es in Stannis Ohren klingelte.

Die Warnung kam in letzter Sekunde. Stanni sprang hinter einem Baum in Deckung. Im gleichen Moment explodierte einige Meter neben ihm eine Glitter-Rakete.

»Junge, das war knapp!«, keuchte Stanni. »Wo steckst du, Max?«

Von der rechten Seite ertönte in einiger Entfernung wieder ein lauter Knall, gefolgt von einer weiteren Explosion.

»Bin gleich down«, seufzte Max. »Nur noch fünf HP. Hat mich voll erwischt.«

Stanni sprintete los. Hoffentlich konnte er Max noch helfen. Die Runde hatte doch so gut ausgesehen!

»Wie konnte der dich denn treffen, Diggi? Du bist doch viel schneller als sein Raketenwerfer!«

»Keine Ahnung.« Die Enttäuschung war Max anzuhören. »Ich hatte krasse Lags, hier war kurz alles lila, und dann hat wieder alles geruckelt.«

Stanni atmete durch. Er hatte sich die Sache mit der Sonne also nicht eingebildet. Was ging hier nur ab? Es nervte extrem, wenn man wegen irgendwelchen technischen Faxen ein Spiel verlor. Und in diesem Game kam das seit ein paar Tagen immer öfter vor.

»Ich komm und helf dir!«, rief Stanni, doch da knallte es schon wieder. Die Zahl am oberen rechten Rand veränderte sich. Statt drei Spielern waren nur noch zwei übrig.

»Zu spät«, sagte Max. »Bin raus. Stanni, hol das Ding für uns, okay?«

Stanni nickte grimmig und kauerte sich hinter einen Busch, um die Lage zu checken. Auf dem Parkplatz der Trippy Town Tankstelle vor ihm leuchtete ein gelb glänzender Glitter-Fleck. Dort hatte er ganz sicher Max verloren. Die Items, die sein Kumpel gedroppt hatte, lagen auch noch da. NinjaDirk hatte offenbar keine Verwendung für sie.

NinjaDirk … Stanni knirschte mit den Zähnen. Kurz dachte er darüber nach, sich das Zeug von Max zu schnappen. Es wäre nur gerecht, wenn er ihren letzten Gegner mithilfe von Max’ Loot zur Strecke brachte. Sogar die epische Schlabberschleim-Minigun seines Kumpels schwebte noch über dem Asphalt! Aber Stanni zögerte. Er hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache. Irgendetwas stimmte hier nicht …

Er holte sein seltenes Paintball-Sniper-Gewehr raus. Schussrate und Schaden top. Extrabunt. Durch das Zielfernrohr spähte er zur Tankstelle, doch es war nichts zu sehen. Stanni wartete ab. Er war sich sicher, dass der Kerl mit dem komischen Namen etwas plante.

Da! Eine Bewegung auf dem Dach! Jetzt wusste er, was hier gespielt wurde.

Clever, dachte Stanni. Das Ganze war eine Falle. Der Typ hatte sich mit seinem Raketenwerfer hinter einem Werbeschild verschanzt. Kaum zu sehen. Aus dieser Position musste er Max erwischt haben.

»Camper«, grummelte Stanni. Wäre er zur Tankstelle gelaufen, um sich Max’ Zeug zu schnappen, hätte es ihn garantiert erwischt. Mies.

»In Ordnung, du Paulberger, der hier ist für Max …«

Stanni atmete durch und zielte mit seinem Scharfschützengewehr auf den Camper. Dann feuerte er.

Ein lila Blitz nahm ihm die Sicht. Die Tankstelle leuchtete grell auf. Stanni blinzelte und sah seinen Gegner unnatürlich zucken und umherflackern. Noch ein Glitch!

Doch so schnell, wie er begonnen hatte, war er auch wieder vorbei. Stanni traute seinen Augen nicht. Sein Schuss hatte das Ziel verfehlt. Er hatte nur das Schild getroffen, hinter dem sich der Camper versteckte. »Trippy Town Tanke: Tanken und Freunde treffen!« stand dort.

»Hey! Das ist nicht fair!«, rief Stanni.

Im gleichen Moment sah er ein Funkeln auf dem Dach der Tankstelle. Der andere Spieler hatte seinen Glitter-Raketenwerfer abgefeuert. Stannis verpatzter Schuss hatte seine Position verraten. Jetzt hieß es schnell sein.

Stanni lief nach links. Einen Augenblick später schlug die Rakete dort ein, wo er eben noch gehockt hatte. Sofort feuerte sein Widersacher einen zweiten Schuss ab, doch auch dem konnte Stanni ausweichen.

»Der Typ ist ein Camper. Liebt Raketenwerfer. Stellt Fallen. Und unterschätzt meine Skills. Der glaubt bestimmt, dass ich mich nicht raus traue.«

Doch Stanni wusste, dass man manchmal einfach genau das Gegenteil von dem tun musste, was die anderen erwarteten. Also lief er los, direkt auf die Tankstelle zu. Die dritte Rakete des Campers zischte über seinen Kopf hinweg und schlug hinter ihm ein. Dann schoss der Camper wieder. Stanni schlug einen Haken und lief nach rechts.

Nach wenigen Metern stand nur noch das Schild auf dem Dach der Tankstelle zwischen ihm und seinem Sieg. Wenn der Camper jetzt feuern wollte, musste er entweder aus seiner Deckung kommen, oder er würde das Schild treffen und sich selbst in die Luft jagen.

Stanni wartete gespannt. Keine Explosion.

Schade, dachte er und kauerte sich hinter eine Mülltonne. Wieder holte er sein Scharfschützengewehr hervor und zoomte auf das Dach der Tankstelle. Hinter dem Schild konnte er die Beine des Campers auftauchen und wieder verschwinden sehen. Sein Gegner sprang nervös auf und ab. Eine gute Taktik. Aber Stanni hatte es nicht auf die Beine seines Widersachers abgesehen.

»Camper lieben es zu campen«, lächelte er. »Und zwar immer wieder. An ein und demselben Ort.« Daher zielte er einen Fußbreit neben das Schild, wo sein Gegner vorher gehockt hatte.

»Na komm schon«, flüsterte Stanni gespannt. »Mach es dir gemütlich.«

Sein Gegner schien sich zu beruhigen. Das nervöse Springen hörte auf. Endlich ging er in die Hocke. Wahrscheinlich, um nach Stanni Ausschau zu halten. Und dann schob sich der Camper in Stannis Sichtfeld. Genau dorthin, wo er zuvor gecampt hatte.

Geht doch, grinste Stanni in sich hinein.

NinjaDirk war fast ganz in Schwarz gekleidet, trug eine schwarze Sonnenbrille und ein gelbes Bandana über der Stirn. Die Buchstaben ND waren auf das Bandana geschrieben. Stanni verdrehte die Augen. ND für NinjaDirk.

»Trippy Town Tanke: Tanken und Freunde treffen!«, flüsterte Stanni. Dann schoss er. Einmal. Zweimal. Und traf. Der Oberkörper und die Sonnenbrille seines Gegners färbten sich kunterbunt, ehe sich NinjaDirk in eine Konfetti-Wolke verwandelte, die von der sanften Morgenbrise davongeweht wurde.

Stanni hatte es geschafft! In großen blinkenden Zahlen zeigte das Spiel das Endergebnis dieser Runde an:

Ihr Team-Score lag bei satten 43 Punkten!

»Extrem legendär!«, rief Stanni.

Für einen kurzen Moment zuckten die Zahlen lila auf, dann die gesamte Spielwelt um Stanni herum. Ihm wurde ganz schwindelig.

Wieder so ein Glitch!, dachte er.

Aber das war ihm egal. Er hatte es immerhin geschafft zu gewinnen, trotz Lags und Glitches! Und er wusste genau, was er jetzt zu tun hatte.

Stanni tanzte. Shuffle Dance!

»Für dich, Max!«, rief er.

Und als Stanni nach gefühlten fünf Minuten seinen Tanz mit einer finalen Disco-Pose beendet hatte, passierte …

… gar nichts.

GESTRANDET

Die Grillen zirpten am Stadtrand von Trippy Town. Die Sonne kroch gemächlich weiter über den Horizont. Die Morgenbrise trieb ein paar Blätter vor sich her. Eigentlich hätte jetzt ein schicker großer Button erscheinen sollen, der ihn zurück ins Hauptmenü des Spiels brachte. Aber da war kein Button. Keine Bildschirmanzeigen. Da war gar nichts.

Ärgerlich. Wenn ihm der Lag gerade seine Punkte und den Sieg gekostet hatte, dann würde er …! Er wusste nicht genau, was er dann tun würde, aber er würde sich richtig ärgern.

»Max?«, rief Stanni. Seine Frage hallte unbeantwortet über den Parkplatz der Tankstelle.

Stanni seufzte und tastete frustriert nach der Kopfhalterung seiner VR-Brille. Lags und Glitches hin oder her, die Technik für dieses Spiel war super. Man fühlte sich richtig mittendrin, und die Brille kam ganz ohne störende Kabel aus. Stanni liebte das Ding. Es war leicht und modern und verfügte über eine fantastische Auflösung und Farbtiefe. Man hatte den Eindruck, wirklich im Spiel zu sein.

Das Ganze hatte natürlich seinen Preis: Die VR-Brille hatte ihn all seine Ersparnisse gekostet. Die kompletten Sommerferien waren dafür draufgegangen. Rasenmähen. Prospekte verteilen. Er hatte unzähligen Omis und Opis den Einkauf getragen und ihre steinalten Computer repariert. Doch das war es wert gewesen, um diese völlig neue Welt bereisen zu können.

Wenn er die VR-Brille gleich absetzen würde, dann wäre er wieder in seinem Zimmer. Neben seinem Schreibtisch mit dem Stapel aus unerledigten Hausaufgaben und seinem Rechner, auf dem bestimmt schon tausend Nachrichten von Max vor sich hin blinkten. Er musste die Brille nur absetzen.

Doch Stanni griff ins Leere.

Hektisch tastete er auf seinem Gesicht herum – und stach sich aus Versehen einen Finger ins Auge.

»Aua!«, rief er. »Wo ist meine VR-Brille?« Er tastete weiter. Auf seinem Kopf saß nur seine Baseball-Kappe.

Halt! Wie? Was?, wunderte sich Stanni. Meine Baseball-Kappe? Aber das kann doch nicht sein …

Er stolperte schnell zum Eingang der Tankstelle hinüber, auf deren Dach er eben noch den Camper in Konfetti verwandelt hatte, und starrte ungläubig auf die Fensterscheibe. In der Spiegelung war nicht sein Avatar zu sehen. Nein, das war nicht Siren! Das war … er selbst!

Philipp, fünfzehn Jahre alt, von allen nur Stanni genannt, wegen seines Spielernamens »Standart Skill«. Ein alter Witz über seine Zielgenauigkeit beim Darts-Werfen. Er trug wie immer sein Baseball-Cap und die goldene Glückskette.

»Äh … hä?«, stammelte Stanni. Mehr fiel ihm nicht ein. Das war doch nicht normal. Das war episch unnormal. Nein. Das war legendär unnormal!

»Okay. Durchatmen …«, murmelte er. »Und ganz ruhig bleiben …«

Er blickte sich um. Die gelbe Zone, die das Spielgebiet für diese Runde begrenzt hatte, war verschwunden. Das hieß, er konnte sich jetzt frei auf der Map bewegen.

Schnell versuchte er die Übersichtskarte aufzurufen, aber seine rechte Hand griff schon wieder ins Leere. Kein Controller. Und ohne Controller gab es keine Karte. Und auch keine Waffen. Kein Inventar. Nichts.

Gar nichts? War er wenigstens noch so beweglich wie Siren? Für den Fall, dass wieder eine Rakete auf ihn zuraste?

Stanni begann zu laufen, zu hüpfen und Haken zu schlagen. Nach zehn Sekunden ging ihm die Puste aus. Er schwitzte. Seine Lunge brannte. Seine Augen tränten. Hoffentlich hatte das niemand gesehen … Wie peinlich. Null Kondition!

»Ich kann ja gar nix!«, keuchte Stanni entsetzt. »Null Skills!«

Er lief in die Tankstelle und sah sich um. Sein Blick fiel auf eine Schachtel mit Sportriegeln. »PowerCrunch-Bars«. Kein Spiel-Item, so viel war sicher. Darum hatte sich Stanni die Riegel wahrscheinlich auch nie genauer angesehen. Aber PowerCrunch klang gut. Er schnappte sich einen der Riegel und wickelte ihn aus.

»Riecht nussig.« Er biss ab. »Und schmeckt auch nussig. Und nach Erdbeere.« Seit wann Spiele auch Gerüche und Geschmack übertragen konnten, wusste er nicht. Ob das ein neues Update der VR-Brille war?

Moment. Hatte er gerade etwas geklaut?!

Stanni wurde rot. Welche Regeln galten wohl für Müsliriegel? Welche Regeln galten hier überhaupt?

»Falls mich jemand hört«, rief er zur Sicherheit laut. »Ich habe haufenweise Münzen! Ich würde euch ja Geld hierlassen, aber ich komm nicht in mein Inventar, okay?«

Keine Antwort.

Er zuckte mit den Schultern. Immerhin hatte er es versucht.

Nach zwei kurzen Runden durch die Regalreihen hatte sich Stanni einen Rucksack geschnappt und sich mit einem Energy-Drink mit »Turbobeeren-Geschmack« und einer bunten Mischung aus Müsliriegeln eingedeckt. Er musste sicher auch ohne Anzeige auf seine HP achten. Und er hatte Hunger. Aber was nun?

Kein Plan, dachte Stanni und ging im Kopf seine Möglichkeiten durch. Damit er nichts vergessen konnte, schnappte er sich ein kleines Notizbuch und einen Filzstift aus der Schreibwarenecke neben der Kasse. »Wenn man keinen Plan hat, dann macht man sich eben einen.«

Eine Landkarte schien es in der Trippy Town Tanke allerdings nicht zu geben. Nicht sehr realistisch, dachte Stanni. Zum Glück kannte er das Tal Royal fast auswendig und konnte sich aus dem Kopf seine eigene Karte zeichnen. Als er fertig war, betrachtete er sein Werk.

»Gar nicht schlecht!«, fand er, dann nahm er einen lila Filzstift und zeichnete am Nordrand von Trippy Town eine Markierung ein. Hier war der erste seltsame Glitch aufgetreten: die Sonne. Glitch Nummer zwei und drei betrafen die Tankstelle. Hier hatten die nächsten Spielfehler dafür gesorgt, dass er Max verloren hatte und selbst hier gestrandet war.

Punkt eins von Stannis Plan war damit erledigt. Läuft, dachte er.

Also weiter zum zweiten Punkt.

Kurz überlegte er, sich einfach in der Tankstelle zu verschanzen und auf Hilfe zu warten. Aber andererseits, was sollte da draußen schon schiefgehen? Außer ihm waren nach der letzten Runde doch keine anderen Spieler übrig geblieben … oder?

»Lage checken«, erinnerte er sich selbst und schulterte seinen neuen Rucksack. Für den Fall, dass sich da draußen doch noch Gegner herumtrieben, griff er sich außerdem einen der Hockeyschläger, die neben der Eingangstür bei den Sportartikeln standen. Dann atmete er durch, umklammerte den Schläger und trat durch die Tür ins Freie.

TRIPPY TOWN

Auf den Straßen war niemand zu sehen. Stanni hatte den Plan gefasst, auf das Dach eines der drei höchsten Hochhäuser am Marktplatz in der Stadtmitte zu klettern. Auf einen der Trippy Town Towers. Von dort oben wollte er nach anderen Spielern Ausschau halten. So hatte er es zusammen mit Max auch oft gemacht. Und wenn es noch andere Leute gab, die hier im Spiel gestrandet waren und nach Hilfe suchten, würden sie bestimmt auch zu den Hochhäusern kommen. So wie in den ganzen Zombiefilmen. Also machte er sich auf den Weg.

Überall waren die Spuren der letzten Spielrunde zu sehen: zerbrochene Fensterscheiben, aufgesprengte Türen, zerschmetterte Möbel und umgestürzte Holzzäune. Bunte Flecken auf Autos und Häuserwänden. Und jede Menge Konfetti. Hier hatten schwere Kämpfe gewütet.

Normalerweise wäre Stanni nach der letzten Runde wieder in der Lobby aufgetaucht. Dann hätte er ein neues Spiel gestartet, und in der Spielwelt wäre wieder alles wie neu gewesen. Aber jetzt?

Was für ein Chaos!, dachte er und stapfte weiter.

Nach einigen Minuten erreichte er die alte Feuerwache von Trippy Town. Hier stand ein Wasserhydrant, der einen Wasserstrahl in hohem Bogen über die Straße spritzte. Die Fontäne zauberte einen Regenbogen in die Luft, der im Sonnenlicht sogar noch bunter schimmerte als die Farbflecke auf dem Hydranten. Das Ding hatte wohl in der letzten Runde ein paar Treffer abbekommen.

Beim Anblick des Wassers bemerkte Stanni, wie durstig er war. Er kramte den Energy-Drink aus dem Rucksack und trank ihn mit ein paar großen Schlucken leer. Das Getränk war warm und schmeckte daher nicht so gut, wie er gehofft hatte, half aber trotzdem. Wieso auch immer ein Energy-Drink in einem Game gegen echten Durst helfen konnte. Die Dose warf er in einen der vielen Mülleimer, die hier überall herumstanden.

Temperatur, Geschmack, Hunger und Durst … das alles konnte doch nicht wirklich von der VR-Brille kommen. Technisch war das gar nicht möglich! Oder?

Stanni blickte sich um. Warum war er hier? Er sollte zu Hause in seinem Zimmer sitzen. Er sollte mit Max quatschen, Hausaufgaben machen, Abendessen. Er sollte alles Mögliche tun, aber ganz sicher nicht hier in einer Wasserpfütze stehen, die langsam seine Schuhe durchnässte. Das fühlte sich alles viel zu echt an.

Irgendetwas musste im Spiel schiefgelaufen sein. Nur was? Warum gab es keine neue Runde? War das etwa alles nur ein Traum?

Na klar! Das war’s! Stanni schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Warum war er nicht früher darauf gekommen? All das war nur ein Traum, und alles, was er tun musste, war aufwachen!

Stanni kniff sich in den Arm.

Und wartete.

Er war noch hier. Und jetzt tat ihm auch noch der Arm weh. Zur Sicherheit kippte er sich etwas Wasser über den Kopf.

»Kalt!« Er schüttelte sich. Und war immer noch hier. Nass. Und sein Arm tat auch immer noch weh. Belastend. Er seufzte. Also kein Traum. Aber was dann? Ein Bug? Der größte Bug aller Zeiten? Die Mutter aller Bugs! Und mit den Glitches hatte alles angefangen.

Nachdenklich ging er weiter. Als Siren hätte er nur Minuten bis zu den Trippy Town Towers gebraucht. Mit ihr wäre er von Dach zu Dach gesprungen und mit ihrem Gleiter bequem durch die Häuserschluchten gesegelt. Aber er war nicht Siren. Er war nur Stanni.

Plötzlich stolperte er und landete hart auf dem Boden.

»Uff! Junge, auch das noch …«, ächzte er. »Aua!« Er spürte ein Stechen im rechten Arm. Vorsichtig untersuchte er die schmerzende Stelle. Er hatte sich den Ellenbogen aufgeschürft. Etwas Blut war zu sehen. Keine bunte Farbe. Kein Konfetti.

Echtes Blut.

Das war kein Spiel mehr. Das war eine Welt, in der man sich verletzen konnte! Stanni lief es kalt den Rücken hinunter. Das war jetzt anders unheimlich.

»Egal«, versuchte er sich selbst zu beruhigen. Er war in Trippy Town. Mittendrin. Live! Mit Arm-Aufschürfen und allem Drum und Dran. Die meisten Spieler hätten direkt den ganzen Arm gegeben, um so was zu erleben! Wenn er doch nur sein Handy dabeihätte, um ein paar Beweisfotos zu machen! Das hier würde ihm sonst niemand glauben.

Etwas zuversichtlicher rappelte Stanni sich wieder auf – und stieß sich schmerzhaft das Knie.

»Verdammt!« Vor lauter Grübelei hatte er nicht darauf geachtet, worüber er eigentlich gestolpert war, und war direkt wieder dagegengelaufen. Aber als er den Übeltäter sah, freute er sich.

»Eine Kiste!«, rief er begeistert. Das schmerzende Knie war vergessen, der Ellenbogen auch fast. Kisten bedeuteten Loot. Ausrüstung. Schilde. Munition. Vielleicht einen Verband für seinen Ellenbogen. Stanni kniete sich sofort hin und rüttelte am Deckel. Nichts passierte. Er rüttelte fester, stand auf, zog mit aller Kraft. Nichts. Dafür taten ihm jetzt die Finger weh.

»Das Ding muss doch aufgehen!«

Er trat dagegen, und plötzlich leuchteten links und rechts vom Schloss zwei kleine runde Lampen auf. Zusammen mit dem Schloss ergaben sie ein lächelndes Gesicht, das Stanni müde anblinzelte. Die Kiste gähnte und sagte: »Guten Morgen! Ich bin Goodie-Kiste 7772. Ist es nicht ein wunderbarer Tag?«

Stanni war baff. »Du sprichst?«

»Tja, wir Kisten stecken eben voller Überraschungen«, sagte die Kiste und zwinkerte Stanni mit der rechten Lampe zu. Dann brach sie in schallendes Gelächter aus. Es war ansteckend. Stanni musste auch lachen.

»Der war gut«, gab er zu.

»Bist du einer der neuen Praktikanten bei den Kisten-Befüllern? Oder bist du vom Reparatur-Team?«, fragte Goodie-Kiste 7772.

Befüller? Reparatur-Team? Von so etwas hatte Stanni noch nie gehört.

»Ich bin Stanni.«

»Sehr erfreut! Gut, dass du mich geweckt hast. Ich könnte deine Hilfe brauchen!«, sagte die Kiste. »Mein Schloss klemmt!«