Star Trek - Prey 2: Der Trick des Schakals - John Jackson Miller - E-Book

Star Trek - Prey 2: Der Trick des Schakals E-Book

John Jackson Miller

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Beschreibung

Die Allianz zwischen den Klingonen und der Föderation steht auf Messers Schneide. Lord Korgh hat die Kontrolle über das Haus des Kruge an sich gerissen und damit seinen fast ein Jahrhundert lang vorbereiteten Plan in die Tat umgesetzt. Die Unbesungenen, ein klingonischer Kult, wüten durch die Galaxis, schlagen im Schutz ihrer getarnten Bird-of-Preys zu. Und der geheimnisvolle Buxtus Cross setzt einen Plan in Gang, der das Klingonische Reich für immer verändern wird. Mit dem Auftrag, den Frieden zu bewahren, der vor fast einem Jahrhundert mit dem Khitomer-Abkommen seinen Anfang nahm, stellen sich Admiral William T. Riker und die U.S.S. Titan der Gefahr. Mit Unterstützung von Captain Jean-Luc Picard und der U.S.S. Enterprise sucht Riker nach den Unbesungenen und versucht gleichzeitig die Wahrheit hinter der Verschwörung aufzudecken, bevor es zu spät ist. Doch selbst als Commander Worf auf eine höchst persönliche Mission der Ehre aufbricht, versuchen finstere Mächte, die Krise zu ihrem Vorteil zu nutzen. Doch die Pläne der Verschwörer drohen außer Kontrolle zu geraten und gefährden so das Imperium, über das sie herrschen wollen.

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STAR TREK™

PREY

BUCH 2

DER TRICK DES SCHAKALS

JOHN JACKSON MILLER

Based onStar Trek and Star Trek: The Next Generationcreated by Gene Roddenberry

Ins Deutsche übertragen vonKatrin Aust

Die deutsche Ausgabe von STAR TREK – PREY 2: DER TRICK DES SCHAKALSwird herausgegeben von Amigo Grafik, Teinacher Straße 72, 71634 Ludwigsburg.

Herausgeber: Andreas Mergenthaler und Hardy Hellstern, Übersetzung: Katrin Aust; verantwortlicher Redakteur und Lektorat: Markus Rohde; Lektorat: Jana Karsch; Korrektorat: André Piotrowski; Berater für klingonische Sprache: Lieven L. Litaer; Satz: Rowan Rüster/Amigo Grafik; Cover Artwork: Martin Frei;

Print-Ausgabe gedruckt von CPI Moravia Books s.r.o., CZ-69123 Pohorelice. Printed in the Czech Republic.

Titel der Originalausgabe: STAR TREK – PREY: BOOK TWO: THE JACKAL‘S TRICK

German translation copyright © 2018 by Amigo Grafik GbR.

Original English language edition copyright © 2016 by CBS Studios Inc. All rights reserved.

™ & © 2018 CBS Studios Inc. STAR TREK and related marks and logos are trademarks of CBS Studios Inc. All Rights Reserved.

This book is published by arrangement with Pocket Books, a Division of Simon & Schuster, Inc., pursuant to an exclusive license from CBS Studios Inc.

Print ISBN 978-3-95981-662-5 (August 2018) · E-Book ISBN 978-3-95981-663-2 (August 2018)

WWW.CROSS-CULT.DE · WWW.STARTREKROMANE.DE · WWW.STARTREK.COM

Für Ken Barnes,der mir die Welt des Trek-Fandoms offenbarte:Frieden und ein langes Leben!

Inhalt

HISTORISCHE ANMERKUNG

Prolog 2367

Kapitel 1

Kapitel 2

AKT EINS DER HERR DES TIGERS 2386

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

AKT ZWEI DIE VERKLEIDUNG DES WOLFS 2386

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

ZWISCHENAKT DIE LIST DES FALKEN 2293

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

AKT DREI DIE FALLE DES JÄGERS 2386

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

ZWISCHENAKT DIE SCHWELLE DES TODES 2386

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

DANKSAGUNGEN

HISTORISCHEANMERKUNG

Nach dem Tod von Commander Kruge auf dem Genesis-Planeten (STAR TREK III: AUF DER SUCHE NACH MR. SPOCK) blieb seine Nachfolge ungeklärt, bis seine getreuen Offiziere niedergeschlagen worden waren. Diese zogen sich nach ihrer Entehrung in den Briar Patch zurück. Ihre Nachfahren entwickelten sich zu geschickten Jägern, die dem Klingonischen Reich mit Hass und Verachtung gegenüberstanden.

Ein Jahrhundert später, im Jahr 2385, beauftragte Korgh – Kruges Protegé – einen betazoidischen Illusionisten namens Cross damit, sich als Kruge auszugeben, der von den Toten auferstanden war. Die Entehrten erhielten den Phantom Wing, eine Schwadron von Bird-of-Preys, und wurden zu den Unbesungenen.

Die Unbesungenen massakrierten die Adeligen des Hauses des Kruge und kidnappten den Klon von Kahless. Dann erklärten sie ihre Absicht, das Reich zu bereinigen, und ihre erste Tat war die Hinrichtung des Klons.

Nachdem er die Kontrolle über das Haus des Kruge übernommen hatte, gab Korgh Captain Picard und der Enterprise – und somit der Föderation – die Schuld an der von ihm selbst erdachten Tragödie. Ein von Admiral William Riker geplantes Gipfeltreffen geriet daraufhin in Gefahr. Doch Korgh ahnte nicht, dass Cross aus Gründen, die nur er selbst kannte, Kahless am Leben ließ (STAR TREK – PREY»Das Herz der Hölle«).

Die Hauptereignisse dieses Buchs beginnen im März 2386, einige Jahre nach der Begegnung der U.S.S. Enterprise-E mit dem romulanischen Praetor Shinzon 2379 (STAR TREK – NEMESIS). Der Prolog spielt 2367, nachdem Ardra bei ihrem Versuch, das Volk von Ventax II hinters Licht zu führen, festgenommen wurde (TNG: »Der Pakt mit dem Teufel«). Der Zwischenakt ist im Jahr 2293 angesiedelt, kurz vor der Explosion des klingonischen Mondes Praxis (STAR TREK VI: DAS UNENTDECKTE LAND).

»Meine Stunde wird kommen.«

– Bildunterschrift auf Fotos von Kaiser Wilhelm II.,die dreißig Jahre vor dem Ersten Weltkriegin England verteilt wurden

PROLOG

2367

1

»Buxtus Cross … Sie sind angeklagt … wegen vorsätzlichen Mordes …«

Die Stimme des untersetzten Mannes, der im Türrahmen stand, klang rau und stockend, während er die Anklage von einem Padd in seiner Hand ablas. Er konnte seine Glatze nicht verbergen und trug einen dieser lavendelfarbenen Mäntel, die bei den Bürokraten der Föderation momentan sehr im Trend lagen. Durch das Gewicht der schweren Tasche in seiner anderen Hand hatte sein ganzer Körper ziemlich Schlagseite bekommen. Sein Tonfall schien so beiläufig, als würde er nichts weiter als eine Speisekarte vorlesen.

»… Sie werden beschuldigt, sich als Sternenflottenoffizier ausgegeben zu haben. Die weiteren Vorwürfe lauten: Betrug und Nutzung holografischer Technologie mit der Absicht der Täuschung und der Fälscherei …«

Buxtus Cross raffte die Spielkarten von dem kleinen Tisch im Beratungsraum des Gefangenentransports Clarence Darrow zusammen und bedachte den Neuankömmling mit einem Augenrollen.

Was für eine miese Inszenierung. Im Gerichtssaal des Raumhafens der Föderation, wo Cross im Zuge der Anklage vernommen worden war, hatte es vor ähnlichen Exemplaren regelrecht gewimmelt, allesamt gehetzte Kreaturen, die umherrannten und sich ihren kleinen Gesetzesspielchen widmeten. Dort hatte der zwanzigjährige Betazoid zum ersten Mal mit angehört, welcher Verbrechen man ihn überhaupt beschuldigte, während im Raum hinter ihm ein ganzer Haufen weiterer Angeklagter wartete.

Es war der größte Saal, vor dem Cross je aufgetreten war – doch so hatte er sich das Stück nun wirklich nicht vorgestellt.

Der Sprecher war mit dem Vorlesen der Anklageschrift fertig und betrat den Raum. Das Kraftfeld, das die Tür abschirmte, wurde im nächsten Moment wieder aktiviert. »Emil Yorta«, sagte der Mensch und zog die Nase kraus, während er sich dem Tisch näherte. »Ich bin, ähm, ab sofort Ihr Pflichtverteidiger.« Er streckte die Hand aus. Cross schüttelte sie mit gleichgültiger Miene und wandte sich wieder seinen Karten zu.

»Es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat, bis wir aufbrechen konnten«, sagte Yorta, ließ seine vollgestopfte Tasche auf den Tisch plumpsen und machte sich dann im weitläufigen Mandantenbesprechungsraum der Arrestsektion auf die Suche nach einem weiteren Stuhl. »Seit die Borg Anfang des Jahres Wolf 359 angegriffen haben, sind viele Transportschiffe der Föderation anderweitig im Einsatz. Wir, ähm, niederen Beamten haben Schwierigkeiten, von Ort zu Ort zu kommen.«

»Mein Trip ins Gefängnis wurde verschoben – und Sie denken, ich sei darüber enttäuscht?«, knurrte Cross. »Okay.« Er blickte erneut zu Yorta und dieses Mal musterte er ihn etwas genauer. Der Typ war das wandelnde Chaos. »Moment. Sie sind mein Verteidiger? Aber Sie sind kein Offizier.«

»Nein – und das ist Ihr Glück«, entgegnete Yorta und schleppte den Stuhl zum Tisch hinüber. Er stand daneben und wühlte in seiner Tasche. »Wie sich herausgestellt hat, wurde Ihre unehrenhafte Entlassung aus der Sternenflotte am Morgen des, ähm, Verbrechens ausgesprochen. Das bedeutet, Sie fallen zwar immer noch unter die Gerichtsbarkeit der Sternenflotte, werden aber als Zivilist angeklagt.« Yorta fischte einen Kommunikator aus seiner Tasche und lugte unter buschigen Augenbrauen zu ihm hinüber. »Natürlich ist es auch ebendiese unehrenhafte Entlassung, die die Gegenseite Ihnen als Motiv ankreiden wird.«

»Wie gewonnen, so zerronnen.«

Yorta schnaubte. »So würde ich das nicht betrachten, aber fahren wir fort. Warten Sie einen Moment.« Er steckte den Kommunikator an sein Revers und berührte ihn. »Arrestaufsicht?«

Eine barsche Stimme meldete sich: »Ja?«

»Hier spricht Verteidiger Yorta in Beratungszelle – ähm, Zelle acht, glaube ich. Ich beginne nun die Besprechung mit meinem Mandanten. Deaktivieren Sie bis auf Weiteres die Überwachungssensoren.«

»Sensoren abgeschaltet. Informieren Sie Ihren Mandanten, dass er besser nicht auf dumme Gedanken kommen soll.«

Cross blickte auf. »Dumme Gedanken?«

»Er meint, Sie sollen Ihren Anwalt nicht massakrieren«, antwortete Yorta und nahm Platz. »Und ich gebe übrigens eine miserable Geisel ab. Bisher hat noch niemand etwas im Austausch für mich gekriegt.«

»Das ist beruhigend.« Außerhalb der Zelle konnte Cross sehen, wie die Wache zu einem Schreibtisch schlenderte, wo sie sich gerade so außer Hörweite befand. Die Frau hatte nicht viel zu tun: Der Betazoid war klein und schmächtig, keine wirkliche Bedrohung – zumindest nicht in physischer Hinsicht. Und eine lokale Transporterabschirmung sicherte den gesamten Arrestbereich.

Yortas Augen überflogen sein Padd. »Hier ist es. Ah – Ihre Verhandlung findet in sechzehn Tagen auf Sternenbasis 11 statt.«

»So bald schon?«

»Ein schlimmeres Verbrechen als den Mord an einem Offizier kann man eigentlich nicht begehen. Da mahlen sogar die Mühlen der zivilen Justiz ein wenig schneller – wenn auch nicht ganz so flott wie die der Sternenflotte. Aber wie dem auch sei, wenn Sie verurteilt werden, könnten Sie in einer Haftanstalt wie Thionoga landen – das ist nicht gerade lustig. Und deshalb bin ich hier. Wir, ähm, können die Reisezeit nutzen, um Ihre Verteidigung vorzubereiten.«

»Ich bin nicht davon ausgegangen, dass Sie wegen des Essens hier sind.« Cross zuckte mit den Schultern. Er streckte sich auf seinem Stuhl und legte die Füße auf den Tisch. »Wo wir gerade davon sprechen, wann gibt’s Essen?«

»Wie können Sie nur so gelassen sein? Sie sind wegen Mordes angeklagt.«

»Ja, aber nur wegen einem.« Dem, von dem Sie wissen.

Tatsächlich hatte Buxtus Cross drei Leute getötet. Sein erster Mord war eine Verzweiflungstat gewesen, doch er war damit so leicht davongekommen, dass er der Versuchung erlegen war, es erneut zu tun, nur um zu sehen, ob ihm das Gleiche noch einmal gelingen würde. Beim dritten Mord hatte er seine persönliche Belustigung hinter sich gelassen und sich in ein neues Territorium vorgewagt: Er wollte ein Publikum unterhalten.

Der Verteidiger studierte sein Padd. »Hier steht, Ihre Eltern waren beide zivile Ingenieure – sie starben vor ein paar Jahren bei einem Unfall.« Er sah auf. »Das tut mir leid.«

»Mir nicht. Sie schleppten mich von einem Konstruktionsauftrag zum nächsten auf jede Kolonie im Quadranten. Wenn ich Zeit mit ihnen verbringen wollte, musste ich erst eine Grundsteinlegung organisieren.«

»Ah, ja«, sagte Yorta und las weiter. »Hier steht es: ›Als Jugendlicher mürrisch und verschlossen.‹ Das könnte sich für uns noch als nützlich erweisen. Aber wie es scheint, versuchten Ihre Eltern, Aufträge an Orten anzunehmen, wo es größere Gemeinschaften von Betazoiden gab.«

Nicht dass ich jemals Zeit hatte, mich dort einzuleben, dachte Cross. Erst mit fünfzehn war es ihm gelungen, so etwas wie ein Gefühl der Zugehörigkeit zu entwickeln, als er endlich lange genug an einem Ort bleiben konnte, um Freundschaften zu schließen. Auf einer Welt mit vielen heißen Quellen und sprudelnden Geysiren hatte er sich mit Gregor angefreundet, einem Menschen, der ihm Zaubertricks beigebracht hatte, und Cenise, einer temperamentvollen Betazoidin, die ihn zu ihren außerschulischen Theaterproduktionen eingeladen hatte. Gemeinsam hatten sie ihn aus seinem Schneckenhaus gelockt – und gemeinsam hatten sie ihm das Herz gebrochen. Gregor wusste, was Cross für Cenise empfand – und trotzdem hatte er sie ihm weggenommen.

Es war also ein Akt eifersüchtiger Verzweiflung, der Cross eines Tages handeln ließ – und es war ein wirklich überzeugender Akt, mit dem er Gregor drangekriegt hatte. Als sie sich eines Tages auf der Suche nach Drehorten für ein Videoprojekt befanden, erzählte Cross Gregor, dass ihre liebe Freundin Cenise in einen See gewatet sei, der bekannt war für seinen gefährlichen Geysir – und dass sie verschwunden sei. Gregor glaubte Cross aufs Wort, doch weit und breit war keine Hilfe in Sicht, also stürzte er sich mutig in die Fluten. Als der Geysir ausbrach, zahlte er den ultimativen Preis.

Panik hatte den jungen Cross ergriffen, als er erkannte, was er soeben getan hatte, aber sie war schnell gewichen, ersetzt durch etwas anderes. Als er Cenise daraufhin von dem tragischen Schicksal berichtet hatte, das Gregor widerfahren war, waren seine telepathischen Sinne von ihrer aufrichtigen Verzweiflung und Trauer vollkommen überwältigt worden. Ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein, hatte er diese Emotionen repliziert und widergespiegelt, sodass er über Gregors Tod ebenso am Boden zerstört wirkte wie Cenise.

Und nicht im Geringsten schuldig erschien.

Nach dem Tod seiner Eltern war er in der Obhut des Staates gelandet – und nachdem er nun schon einmal mit Mord davongekommen war, wurde Cross auf eine neue Heimatwelt geschickt, wo er beinahe ohne Zögern nach einer Chance Ausschau hielt, es noch einmal zu versuchen. Die Person, die er dort beseitigt hatte – ein Rivale aus dem Theaterclub –, war nie sein Freund gewesen, was den Mord sehr viel einfacher gemacht hatte. Es war ihm gelungen, über einen Kommunikator die Stimme seines Opfers zu imitieren und einen Gorn aus dem kriminellen Milieu, der berüchtigt war für seine Wutausbrüche, zu beleidigen, indem er einige böse Bemerkungen über dessen Eltern machte. Cross hatte den tödlichen Schlag nicht selbst ausgeführt, dennoch war die Tat auf ihre Art nicht minder befriedigend. Seine Schauspielkunst war mörderisch gut.

Was ihn schließlich zu Lieutenant Fenno geführt hatte: einem trotteligen Bolianer und dem Grund, warum Cross nun an Bord der Clarence Darrow festsaß. Niemand hatte sich auch nur die Mühe gemacht, so zu tun, als würde Cross länger als zehn Minuten in der Rolle des Schiffscounselors bestehen können. Er studierte andere nicht, um ihnen zu helfen, sondern um sie im Studentenwohnheim der Akademie besser imitieren zu können. Im Fall von Fenno hatte er die Manierismen des Offiziers perfekt einstudiert. Und das hatte sich als äußerst nützlich erwiesen.

»Hier steht«, meinte Yorta, »dass Fenno einen Bericht eingereicht hat, der dazu geführt hätte, dass man sie achtkantig aus der Sternenflotte hinausgeworfen hätte. Aber dann reichten Sie einen weiteren Bericht ein, wobei Sie sein Abbild verwendeten – generiert auf einem Holodeck?«

»Nur sein Abbild«, erklärte Cross voller Stolz. »Der Dialog und die Bewegungen basierten allein auf meiner eigenen Schauspielkunst. Niemand konnte einen Unterschied erkennen.«

»Ah, ja – das habe ich gelesen. Aber der Holodeckcomputer informierte Fenno, dass er imitiert worden war.«

»Dämliches Teil!« Cross stand seit jeher mit der Technik auf Kriegsfuß. Wie hätte er ahnen können, dass das Holodeck über solche Sicherheitsvorkehrungen verfügte?

»Mutmaßungen zufolge teilte Fenno Ihnen mit, dass er Sie ertappt habe, und beorderte Sie in sein Büro, um dort zu warten, bis er die Sicherheit rufen konnte.« Yortas Augen verengten sich, während er den Rest las. »Aber es heißt, kurz nach Ihrer Ankunft hätten Sie seine Lieblingstasse, aus der er stets seinen Raktajino zu sich nahm, durch eine andere Tasse ersetzt, die eine Chemikalie freisetzte, die für Bolianer tödlich ist.«

Der Trick des verzauberten Bechers. Es war so einfach gewesen. Cross hatte vorgegeben, über einen Stuhl zu stolpern, und die Tasse mit einem Taschenspielertrick ausgetauscht, bevor er sie Fenno überreicht hatte. Der Gefangene grinste verschlagen. »Das hätten Sie sehen sollen. Fenno nahm einen großen Schluck, stolperte aus seinem Büro in den Gemeinschaftsbereich und brach zusammen. Und da war ich, ohne irgendeine medizinische Ausbildung, und versuchte verzweifelt, ihn wiederzubeleben. Ich habe sogar Tränen vergossen, als es mir nicht gelang. Die Kritiker haben sich mit ihrem Lob beinahe überschlagen.«

»Bis bei der Autopsie das Gift entdeckt wurde, das irgendwo hergekommen sein musste. Der Replikator, den Sie benutzt hatten, um die falsche Tasse zu replizieren, hatte den Vorgang aufgezeichnet.«

»Ich dachte, ich hätte die Aufzeichnung gelöscht. Ich stolpere immer über die Technik.«

Yorta hob eine Augenbraue. »Sie gestehen die Tat also?«

»Natürlich.«

»Dann verstehe ich nicht, was wir hier tun.« Yorta lehnte sich zurück und steckte das Padd in seine weite Manteltasche. »Warum bin ich hier? Sie könnten sich einfach schuldig bekennen.«

»Um auf direktem Weg nach Thionoga geschickt zu werden? Nein, danke. Ich will einen Prozess, ein gefesseltes Publikum, das mir tagelang seine Aufmerksamkeit schenkt. Es könnte mein letzter Auftritt werden.«

Yorta starrte ihn fassungslos an. »Auftritt?«

»Aber ja!«, erwiderte Cross und hob die Spielkarten vom Tisch auf. »Ich habe an ein paar Sachen gearbeitet.« Er fächerte die Karten auf. »Ziehen Sie eine!«

Yorta kratzte sich am Kopf und stand auf. »Junger Mann, ich denke, Sie erwartet …«

»Hier spricht der Captain. Roter Alarm! Alle auf die Gefechtsstationen!«

Die Deckenbeleuchtung färbte sich rot und ein Alarm schrillte durch den Raum. Über Yortas Schulter hinweg konnte Cross sehen, wie die Wache draußen ihren Schreibtisch verließ und in den Korridor hinausrannte.

Yorta berührte seinen Kommunikator. »Brücke, was ist hier los?«

»Wir wurden geentert – von den Borg!«

2

Die darauffolgenden fünf Minuten waren die sonderbarsten, die Cross in seinen jungen Jahren bisher erlebt hatte.

Nach der ursprünglichen Durchsage bekamen sie über das Komm-System der Clarence Darrow einen fortlaufenden Bericht über die Ereignisse. Die Darrow war sowohl ein administratives Schiff als auch ein Gefangenentransport mit geringer Sicherheitsstufe. Die Wachleute waren dementsprechend darauf trainiert, Leute am Ausbrechen zu hindern, nicht am Eindringen. Die Berichte über Borg-Drohnen, die sich mittschiffs materialisiert hatten, versetzten die Besatzung in einen hörbare Schockstarre. Niemand konnte sagen, woher die Eindringlinge gekommen waren. Keiner der Sensoren hatte das Auftauchen eines Borg-Kubus gemeldet.

Jedes vierte Wort, das Cross von der Besatzung aufschnappte, lautete »Rückzug«. Jedes fünfte war ein Kraftausdruck.

Yorta selbst wusste ebenfalls einige Schimpfworte beizusteuern, als ihm klar wurde, dass niemand auf seine Bitte reagieren würde, ihn aus der Zelle herauszulassen. Die Wachen waren anderweitig beschäftigt, also saß er nun genauso hier fest wie Cross. Yorta, der anscheinend über ungeahnte Energie verfügte, rannte wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Beratungszelle und suchte nach einem Ausweg. Völlig perplex setzte Cross sich einfach wieder auf seinen Stuhl und beobachtete seinen Anwalt mit faszinierter Miene, während er nervös seine Karten mischte. Was hätte er auch sonst tun können?

Als von draußen plötzlich Lärm zu hören war, hatte Yorta bereits den Besprechungstisch umgeworfen und schob ihn gerade auf den kraftfeldgesicherten Durchgang zu. Eine Borg-Drohne erschien jenseits des Kraftfelds und kam mit abgehackten Bewegungen auf sie zu. Yorta schrie wie ein aufgebrachter Schimpanse. Panisch wirbelte er herum – und verfing sich mit dem Fuß in seiner offenen Tasche, die vom Tisch gefallen war. Er segelte nach vorne und schlug mit dem Kopf auf die Rückenlehne seines Stuhls. Krachend landete er auf dem Boden, wo er bewusstlos liegen blieb.

Cross ließ die Spielkarten in seinen Schoß fallen und klammerte sich an die Armlehnen seines Stuhls, als die Drohne das Kraftfeld deaktivierte. Er hatte Bilder von den Borg gesehen, doch ihr wahrhaftiger Anblick war weit furchteinflößender. Die verlängerten mechanischen Arme endeten in schrecklichen Schneidwerkzeugen, Drähte stachen auf verstörende Weise aus der Haut der Kreatur, die früher einmal eine Person gewesen war. Ein Laserstrahl, der aus dem Augenimplantat der Drohne entsprang, tanzte durch den Raum. Einen Moment lang starrte Cross den Eindringling wie hypnotisiert an.

Dann riskierte er einen genaueren Blick. Der Laser war schwächer, als er erwartet hätte, und das Licht wurde gebrochen, als würde es durch einen nichtexistenten Nebel projiziert. Die Umrisse der Drohne erschienen unscharf. Die scharfen Kanten des Borg-Implantats wirkten verschwommen und undeutlich.

Die Borg-Drohne betrat den Beratungsraum und schaute ihn direkt an, ein Blick, der Cross aus seiner Erstarrung holte und aus seinem Stuhl hochfahren ließ. Doch der kleine Raum bot keinerlei Platz zum Verstecken, also brachte er lediglich den Stuhl zwischen sich und die Drohne. In monotonem Tonfall forderte sie: »Identifizieren Sie sich.«

»Cross. Ein Gefangener. Ich bin ein Niemand.«

»Mischen Sie sich nicht ein oder Sie werden assimiliert.«

Er stieß ein nervöses Kichern aus. »Sie wollen mich nicht assimilieren. Ich würde Ihre gesamte Zivilisation auf den Kopf stellen.«

Mit dröhnenden Schritten umrundete die Drohne den umgekippten Tisch und entdeckte den gestürzten Yorta. Ihre Aufmerksamkeit fiel auf die Tasche am Boden. Als sie in die Knie ging, um die Tasche zu durchsuchen, starrte Cross auf den Kopf der Kreatur.

Die Drohne blickte zu ihm auf. »Was?«

»Seitlich an Ihrem Kopf.« Cross deutete darauf. »Da wächst was raus. Ähm, ich meine, abgesehen von den Drähten und dem Metall.«

Eine Welle elektrischer Interferenzen durchlief die riesige Gestalt der Kreatur. Aus dem Kopf des Borg ragte definitiv etwas hervor: etwas Großes und Fleischiges. Die Drohne ignorierte ihn und wühlte weiter in der Tasche. Als sie nicht fand, wonach sie suchte, warf die Drohne die Tasche aufs Deck und stand auf. Sie wandte sich an Cross. »Haben Sie eine Frau gesehen?«

Die Tatsache, dass er überhaupt etwas gefragt wurde, überraschte ihn ebenso sehr wie die Frage an sich. »Irgendeine bestimmte?«

»Sie ist unter dem Namen Ardra bekannt.«

Cross dachte einen Moment nach – und schnippte dann mit den Fingern. »Eine Sekunde.« Er kam hinter dem Stuhl hervor und trat neben Yortas bewusstlose Gestalt. Mühsam rollte er den Anwalt herum und fand die Manteltasche, in der sein Padd steckte. »Ich glaube, er hatte hier drauf eine Liste der Gefangenen.«

»Geben Sie mir das!«, forderte der Borg und streckte seine klauenartige Hand aus. Cross gehorchte und zog sich dann wieder hinter seinen Stuhl zurück.

Einige Sekunden lang stand die Drohne einfach nur da und las. Mit einem metallischen Geräusch, das sich irgendwie wie ein verärgertes Stöhnen anhörte, warf sie das Padd aufs Deck. Sie berührte eine Kontrolle an ihrem Handgelenk und sagte: »Das ist der totale Reinfall. Ardras Prozess wurde vorgezogen. Sie befand sich auf einem früheren Transport.«

»Verdammt!«, ertönte die Antwort, die aus einem Lautsprecher zu kommen schien, der wohl irgendwo in der Ausrüstung der Drohne versteckt sein musste. »Verstanden. Wir beamen das Team raus.«

Cross beobachtete die Drohne einige Sekunden lang, um zu sehen, ob sie nun verschwinden würde. Doch nichts geschah. Dann sprach sie wieder: »Ich bin immer noch hier, Blackstone. Beamt mich raus!«

»Es geht nicht.«

Die Drohne erstarrte, sie schien offensichtlich besorgt zu sein. »Was soll das heißen, es geht nicht?«

»Wir können dich nicht erfassen. Irgendwas stimmt nicht.«

Cross hob zögerlich die Hand. »Eine Transporterabschirmung. Sie sichert die gesamte Arrestsektion ab.«

Sichtlich verwirrt starrte die Drohne ihn an – und dieses Mal flackerte ihr gesamter Körper. »Blackstone, empfangt ihr ein Abschirmungsfeld? Hier sollte es doch keins geben.«

»Es ist neu«, erklärte Cross. »Ich habe gehört, wie sich die Wachen darüber unterhielten.«

Die Reaktion der Drohne ließ echte Panik erkennen. Wie Yorta zuvor bewegte sie sich nun ruckartig durch den Raum. »Das ist ein ernstes Problem, Blackstone. Wo ist der nächste Ort, an dem ihr mich rausbeamen könnt?«

»Da willst du nicht hin. Die Wachen organisieren sich gerade neu. Halte durch, Gaw, wir wollen ein paar Dinge ausprobieren.«

Die Drohne hielt inne und trat dann unruhig von einem Fuß auf den anderen. Nun, da seine anfängliche Todesangst verflogen war, achtete Cross auf das, was seine empathischen Sinne ihm vermittelten. Er hatte nicht erwartet, sonderlich viele Emotionen von der Borg-Drohne empfangen zu können, aber das hier fühlte sich anders an – als würde die Drohne einer Spezies angehören, die Betazoiden nicht gut lesen konnten. Den Grund dafür erkannte er, als ein Lichtblitz die Drohne verwandelte … in einen Ferengi.

»Na toll!«, schimpfte die pummelige Gestalt. »Die Illusion ist zusammengebrochen, Blackstone.«

»Wir dachten, die Projektion abzubrechen, könnte helfen, die Abschirmung zu überwinden.«

»Und?«

»Hat nicht funktioniert. Und das Feld verhindert, dass wir die Illusion wieder aufbauen können. Ups!«

»Und praktischerweise bin ich schon in einer Gefängniszelle«, sagte der Ferengi. »Wenn ihr nichts mehr von mir hört, seid ihr alle gefeuert.« Er richtete den Stuhl wieder auf, der durch Yortas Sturz zu Boden gegangen war, und setzte sich.

Cross ließ ihn nicht aus den Augen. Seine Faszination war noch größer als zuvor, als er angenommen hatte, er hätte es mit einer Borg-Drohne zu tun. »Ihr Name ist also Gaw?«

»Und Sie sind Cross. Freut mich, Zellengenosse.«

»Diese Illusion – Sie haben eine Borg-Invasion vorgetäuscht?«

»Für kurze Zeit.« Gaw schüttelte den Kopf. Cross nahm an, dass er mittleren Alters sein musste. »Wir haben ein getarntes Schiff, das Bilder um Personen herum projizieren kann. Ich darf es Ihnen leider nicht genauer erklären – die Technik ist geheim.«

»Aber es hat nicht gereicht.« Cross drehte seinen Stuhl um und nahm rittlings darauf Platz, um Gaw ansehen zu können. »Ich wusste, dass Sie kein Borg sind – und nicht nur wegen der Aussetzer. Sie haben sich nicht gut verkauft.«

Gaw begegnete seinem Blick und zuckte mit den Schultern. »Ich nehme normalerweise nicht an Außeneinsätzen teil. Ich bin ein Wahrheitsfabrikant – einer der Ingenieure. Ich erschaffe die Illusionen. Aber wir brauchen Leute, die die entsprechenden Rollen spielen können – und unser Darstellungskünstler wurde vor ein paar Jahren geschnappt. Wir hatten gehofft, Ardra rauszuholen, damit sie unsere Mannschaft übernimmt.«

»Die Person, nach der Sie gesucht haben?«

»Ich kenne ihren echten Namen nicht. Normalerweise behält sie einfach den Namen der letzten Rolle, die sie gespielt hat.«

»Method Acting«, vermutete Cross. »Wofür sitzt sie?«

»Sie hat sich als Gottheit ausgegeben.«

»Als Gottheit?«

»Genau genommen eher als Teufel. Sie hat die Ventaxianer ziemlich gut aufs Kreuz gelegt. Doch dann hat irgend so ein Wichtigtuer alles ruiniert. Diese verdammte Enterprise!«

Cross hatte keine Ahnung, was Gaw mit »Enterprise« eigentlich meinte, aber für ihn klang das alles nach einem wunderbaren Vorhaben. »Sie sind also was genau? Ein Team von Trickbetrügern?«

»Im Moment, ja. Ich fürchte allerdings, unsere Tage sind gezählt.«

Cross’ Verstand raste. Bisher hatte er noch nie davon gehört: Umherziehende Gruppen von Scharlatanen, denen Hightech zur Verfügung stand, mit der man sogar die Föderation austricksen konnte? Das klang fantastisch – um nicht zu sagen, perfekt. Perfekt für ihn.

Zum ersten Mal, seit der Eindringling hereingekommen war, achtete er wieder auf die Durchsage, die aus den Lautsprechern schallte. Die Mannschaft hatte sich anscheinend wieder unter Kontrolle, nun, da die anderen »Drohnen« weggebeamt worden waren. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Wachen zu den Gefängnisdecks zurückkehren würden. Er erhob sich von seinem Stuhl und tänzelte auf Yorta zu, der allmählich zu sich kam.

»Was tun Sie?«, fragte Gaw, auch wenn seine Züge kein wirkliches Interesse verrieten.

»Ich werde Sie retten.« Er fand den Kommunikator, der an Yortas Revers steckte, und atmete einmal tief durch, während er versuchte, sich genau daran zu erinnern, wie die Stimme des Anwalts geklungen hatte. Dann berührte er den Kommunikator und sagte: »Brücke!«

Ein Augenblick verging. »Was ist? Wer spricht da?«

»Hier spricht Emil Yorta«, verkündete Cross mit der Stimme eines anderen Mannes und zwinkerte dem Ferengi zu. »Hier im Raum, ähm, ist eines dieser Borg-Dinger. Sie müssen das, ähm, wie auch immer es heißt, senken und mich hier rausbeamen!«

Dann hörten sie die Antwort: »Halten Sie sich bereit, Yorta!«

Der Ferengi machte große Augen, als einen Moment später die am Boden liegende Gestalt des Anwalts schimmerte und verschwand. Gaw berührte schnell die Kontrolle an seinem Armband. »Blackstone, das Feld wurde gesenkt!«

»Wir sehen es«, erwiderte dieselbe Stimme, die zuvor gesprochen hatte. »Gerade rechtzeitig – die Wachen haben soeben dein Deck betreten. Einer zum Rausbeamen!«

Gaw starrte den jungen Betazoiden an, der grinste, während er sich vom Boden erhob, wo vor einem Augenblick noch Yorta gelegen hatte. »Einen Moment, Blackstone.« Er nickte Cross zu. »Warum sind Sie hier, Junge?«

Dieses Mal ahmte er perfekt den Tonfall des Richters nach, der die Anklageschrift verlesen hatte: »Buxtus Cross, Sie sind angeklagt wegen vorsätzlichen Mordes, weil Sie sich als Sternenflottenoffizier ausgegeben haben, wegen Betrugs und wegen der Nutzung holografischer Technologie mit der Absicht der Täuschung und der Fälscherei …« Er beobachtete, wie Gaws Augen zu leuchten begannen. »Und das ist noch nicht alles, was ich kann.« Mit einer flinken Bewegung seines Arms ließ er sein Kartendeck in der Hand erscheinen. »Wollen Sie einen Trick sehen?«

»Vielleicht später.« Gaw dachte einen Moment nach und verkündete dann: »Zwei zum Hochbeamen, Blackstone. Ich glaube, ich habe hier was gefunden.«

AKT EINS

DER HERR DES TIGERS2386

»Diktatoren reiten auf Tigern hin und herund wagen nicht abzusteigen.Und die Tiger werden hungrig.«– Winston Churchill

3

INDUSTRIEANLAGE DES HAUSES DES KRUGEKETORIX PRIME, KLINGONISCHES REICH

Wenn du eine gute Zeit haben willst, besagte ein altes Sprichwort der Sternenflotte, folge einfach der treibenden Flasche Champagner. Mit einiger Sicherheit befand sich diese auf dem Weg zu einem Raumschiff, das darauf wartete, zu seinem Jungfernflug aufzubrechen.

Einige der besten Partys, die Admiral William Riker je erlebt hatte, waren Schiffstaufen gewesen – oder vielmehr die Aftershowpartys, wenn alle Reden bereits gehalten worden waren. Bei der Sternenflotte gehörten Jungfernflüge definitiv zu den Ereignissen, wo Pomp und zeremonielles Gehabe angebracht waren. Offiziere und Zivilisten trugen ihre Galauniform, um eine weitere Meisterleistung der Ingenieurskunst zu feiern. In der Regel fanden Raumschiffe entweder durch Gewalt ihr Ende oder sie gerieten irgendwann als in die Jahre gekommene Auslaufmodelle in Vergessenheit. Dass jemand eingeladen wurde, dabei zuzusehen, wie ein Schiff in seine Einzelteile zerlegt wurde, kam praktisch nie vor. Gefeiert wurde vorher, wenn den Schiffen noch eine glorreiche Zukunft bevorstand.

Riker war nicht überrascht, dass der Jungfernflug eines klingonischen Schiffs eine völlig andere Erfahrung war. Die Jarin, ein moderner Bird-of-Prey der B’rel-Klasse, war vor einem Jahr vom Haus des Kruge in Auftrag gegeben worden und der klingonische Hohe Rat hatte dabei geholfen, den Bau in den Schiffswerften des Hauses zu koordinieren. Die Schiffstaufe fand ohne großes Zeremoniell direkt im Konstruktionshangar statt. Riker ging davon aus, dass das bei den Klingonen durchaus üblich war. Wenn sie ein Kriegsschiff bauten, konnten sie es wahrscheinlich kaum erwarten, es in den Kampf zu schicken. Es gab keine Reden, keine Lieder. Das sparte man sich für nach dem Sieg auf. Ein paar barsche Worte von irgendeinem General, dann war es Teil der klingonischen Verteidigungsstreitmacht und bereit, unter seinem frischgebackenen Kommandanten aufzubrechen.

Es war die Taufe dieses Schiffs, nun unter dem Kommando des irgendwie unreif wirkenden Bredak, Sohn von Lorath, die Admiral Riker nach Ketorix geführt hatte. Bredaks Großvater, Lord Korgh – einst der gin’tak, der Verwalter des Hauses des Kruge –, hatte nach der Ermordung der Familienältesten auf Gamaral die Herrschaft über das Haus übernommen. Innerhalb kürzester Zeit hatte er nicht nur die Kontrolle über eines der mächtigsten Häuser des Reichs erlangt, er war auch zu einer äußerst beliebten – und aufwieglerischen – Figur im Hohen Rat aufgestiegen.

Lord Korgh hatte sich außerdem eine Position verschafft, die es ihm erlaubte, Riker, den diplomatischen Abgesandten der Sternenflotte, wie einen Bittsteller zur Untätigkeit zu verdammen. Eigentlich hatte der klingonische Kanzler Martok seine Zustimmung zu der diplomatischen Konferenz, die Riker auf H’atoria organisieren sollte, bereits gegeben, doch der Planet wurde von der Familie Kruge verwaltet. Mit seinen hundertzwanzig Jahren erwies sich Korgh nach wie vor als ein ebenso gerissener Verhandlungsstratege wie jemand, der ein gutes Drittel jünger und fitter war als er. So war es ihm gelungen, sich eine Position zu erschleichen, die es ihm ermöglichte, darüber zu bestimmen, wann und wo genau die Konferenz auf H’atoria stattfinden würde.

Und dann war Lord Korgh dazu übergegangen, Rikers Anrufe nicht mehr zu beantworten.

Doch der Admiral würde sich nicht hinhalten lassen – vor allem, wenn sein Auftrag die Mannschaft seines Flaggschiffs Titan dazu verdammte, untätig herumzusitzen. Als sein diplomatischer Attaché, Lieutenant Ssura, herausgefunden hatte, dass Korgh zum ersten Mal seit seinem politischen Aufstieg zu den Produktionsstätten des Hauses zurückkehren würde, hatte Riker alles darangesetzt, ebenfalls dort zu sein.

Er und Ssura beobachteten aus der Ferne, wie Korgh seinen Enkel in einer herzlichen Umarmung an sich drückte. Die Entourage des ehemaligen gin’tak war in der letzten Zeit deutlich gewachsen. Aufgrund der anhaltenden Bedrohung des Hauses war er von drei kräftigen Bodyguards umgeben. Bredak verabschiedete sich von seinem Großvater, salutierte in Richtung der Anwesenden, die auf der Plattform standen, und ging schließlich an Bord seines neuen Schiffes. Einige Augenblicke später schloss sich die Laderampe und die riesigen Triebwerke wurden gezündet.

»War es das?«, fragte Ssura. Die Katzenaugen des caitianischen Attachés folgten der Jarin, als sie sich in die Luft erhob. »Ist das alles?«

»Das war’s«, erwiderte Riker. »Die Show ist vorbei.«

Oder vielleicht auch nicht, dachte er, als der höchstrangige Offizier der Verteidigungsstreitmacht, der bei diesem Ereignis zugegen war, von der obersten Plattform herabstieg und auf ihn zukam. Er war General Kersh, einer stämmigen Klingonin mittleren Alters, zuvor bereits begegnet, allerdings hatten sie noch kein Wort miteinander gewechselt. Als sie Riker am Fuß der Treppe erblickte, verzog die dunkelhäutige Kersh ihr Gesicht, als sei ihr ein fauliger Geruch in die Nase gestiegen. Sie näherte sich mit gebleckten Zähnen. »Immer noch hier?«

»Immer noch hier«, bestätigte Riker. »Die Vereinigte Föderation der Planeten wünscht der Jarin und ihrer Mannschaft viel Erfolg auf ihren zukünftigen Missionen, General!«

»Wie könnte sie Erfolg haben?« Kersh wandte den Kopf und blickte zurück zu dem Schiff, das sich nun mit leichtem Schwanken einen Weg aus dem überfüllte Hangar bahnte. »Ich habe einem Kind das Kommando über ein Kriegsschiff übertragen, weil es der Enkel eines Mannes ist, der bis vor einem Monat noch meiner Familie diente.« Ihr Blick kehrte zu Riker zurück und sie fixierte ihn mit leicht zusammengekniffenen Augen. »Der große ›Lord Korgh‹ sollte Ihnen für Ihre Inkompetenz danken!«

Riker spürte Empörung in sich aufwallen. Natürlich hatte Kersh mehr als genug Gründe, ihn zu verachten. Während eines Vorfalls, der als Takedown bekannt geworden war, hatten Störenfriede, die einer fortschrittlichen Zivilisation angehörten, von Riker und einigen anderen Besitz ergriffen und sie ausgesandt, um Unheil zu stiften. Unglücklicherweise war Riker ausgerechnet in klingonisches Gebiet geschickt worden, wo er versucht hatte, einen Außenposten auszuschalten, den Kersh verteidigt hatte. Niemand war verletzt worden – dafür hatte Riker gesorgt – und der Schaden am Außenposten war minimal. Doch Kershs Stolz und ihre Ehre waren ein völlig anderes Thema.

Das war jedoch nur der Anfang gewesen. Als die Enterprise auf Rikers Befehl hin eine Zeremonie bewachen sollte, hatte sie dabei versagt, das Massaker an den Adeligen des Hauses des Kruge zu verhindern – unter den Opfern war auch Kershs Großvater J’borr. Anschließend war der frühere gin’tak Korgh auf den Plan getreten und hatte erklärt, der Adoptivsohn des lange verstorbenen Commander Kruge zu sein. Es war völlig unklar, ob Kersh das Haus überhaupt hätte übernehmen können. Die klingonischen Regeln im Bezug auf Geschlecht und Besitz waren sehr streng. Doch es war klar, dass Kersh Riker für Korghs neue Position verantwortlich machte.

Er suchte nach einer unverfänglichen Bemerkung. »Das Reich hat wieder einmal eine großartige Zeremonie auf die Beine gestellt.«

»Ganz im Gegensatz zu Ihnen, Riker. Hier wurden keine unbewaffneten Zivilisten ermordet.« Kersh deutete auf die Gerüste um sie herum. »Aber Sie haben immer noch die Möglichkeit, klingonisches Eigentum zu zerstören.«

Riker und Ssura wechselten einen Blick. Was könnte man darauf erwidern?

Der General ließ ihnen nicht die Chance, sich eine Antwort zu überlegen. Sie machte auf dem Absatz kehrt und stolzierte auf eine Treppe zu, die zur tiefsten Ebene des Hangars hinabführte. Sie war kaum mehr als ein paar Meter weit gekommen, als sie stehen blieb, um einen armen Arbeiter zurechtzustutzen, der während der Zeremonie blaugemacht hatte.

»Das hätte besser laufen können«, meinte Riker nüchtern. Er gab sich keine Mühe, die Stimme zu senken, da der Lärm im Hangar seine Worte ohnehin weitgehend übertönte.

»Ich verstehe das nicht«, sagte Ssura. »Commander Worfs Bericht besagt, dass Kersh über einen scharfen Verstand verfügt und sehr zuverlässig ist.«

»Das mag schon stimmen. Trotzdem hasst sie mich bis aufs Blut.« Der Admiral drehte sich um und schaute zur Plattform hinüber, wo Korgh gerade ein Interview gab. Riker hatte nur wenig Ahnung, wie die Medien im Reich arbeiteten, Korgh dagegen offenbar schon. Der neu ernannte Lord ließ keine Gelegenheit aus, sich darüber zu ergehen, warum das Khitomer-Abkommen den Klingonen in jeder Hinsicht geschadet hatte.

Korgh war mitten in seiner Hasstirade, als es Riker endlich gelang, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Er hörte nicht auf, mit dem Interviewer zu sprechen, und der Hauch eines Lächelns umspielte seine Lippen, während er Riker warten ließ. Der Admiral verschränkte die Arme, bereit, sich so lange in Geduld zu üben wie nötig, bis …

Etwas veränderte sich. Korghs Blick zuckte nach oben. Er starrte über Rikers Kopf hinweg – und Überraschung und Besorgnis zeichneten sich auf seinem Gesicht ab.

Riker drehte sich in dem Moment um, als Ssura seinen Arm packte und nach oben deutete. »Sir!«

Auf ihrem Weg in den Hangar waren sie daran vorbeigekommen: einer Disruptorkanone, die beinahe fertiggestellt war, dafür vorgesehen, auf dem Flügel eines Bird-of-Prey montiert zu werden. Das tonnenschwere Ungetüm aus graugrünem Metall hing an einem riesigen Kransystem, mit dem es über den Boden des Hangars bewegt wurde. Die Ketten, mit denen es gesichert war, gerieten in Bewegung und glitten aus den Flaschenzügen – und nun war auch die Kanone in Bewegung und stürzte auf die Frau zu, die direkt darunter stand.

»Kersh!« Riker nahm zwei Schritte Anlauf und sprang von dem Steg, auf dem er sich befand. Kersh sah ihn, doch die Kanone – die nun wie ein Geschoss auf sie zuraste –, bemerkte sie nicht. Erschrocken riss sie die Hände hoch, um sich zu verteidigen, doch Riker hatte zu viel Schwung. Während die beiden in die Grube einer Hebebühne fielen, schlug die Kanone mit einem dröhnenden Knall an der Stelle auf, wo sie einen Augenblick vorher noch gestanden hatte.

Die Senke war nur wenige Meter tief, dennoch reichte der Aufprall, um ihnen beiden die Luft aus der Lunge zu treiben. Kersh erholte sich als Erste und stieß Riker zur Seite, der mit vollem Gewicht auf ihr gelandet war. Im Halbdunkel packte sie seine Kehle, um ihren Angreifer zu erwürgen, wer immer das sein mochte.

»Halt!«, brachte er heraus. »Ich bin es, Riker!«

In ihrer blinden Wut schien Kersh für seine Worte vollkommen taub zu sein. Der Admiral fürchtete bereits, dass sie ihn tatsächlich aus Versehen töten würde, als neuerlicher Lärm sie innehalten ließ: Orangefarbenes Disruptorfeuer durchlöcherte die Wände der Grube über ihren Köpfen. Kershs Augen weiteten sich und sie lockerte ihren Griff.

Er packte ihre Hände und löste ihre Finger von seinem Hals. »Erwürgen können Sie mich später! Wir stehen unter Beschuss!«

4

Jeglicher Vorteil, den die metallene Grube als Schützengraben besessen haben mochte, wurde durch die Position der Angreifer zunichtegemacht, die sich irgendwo auf den Laufstegen oberhalb des Hangars befanden. Die Schützen hatten sich so aufgestellt, dass sie sich im rechten Winkel zueinander befanden. So hatten sie freie Sicht in fast alle Ecken der Grube. Der Admiral und der General kauerten einige quälend lange Sekunden gemeinsam in der einzigen Ecke, die ihnen Schutz bieten konnte – bis sie schließlich Schritte hörten und das Feuer erwidert wurde.

Als die Schüsse gegen die Wände der Grube nachließen, zog Kersh ihre Waffe. Riker war es allerdings nicht gestattet worden, auf dem Gelände eine Waffe zu tragen. »Jetzt«, sagte sie und bat ihn um eine Räuberleiter. Er half ihr, aus der Grube zu klettern – und nahm im Gegenzug ihre Hilfe an. Sie duckten sich hinter die herabgestürzte Kanone, die an der Stelle, wo Kersh kurz zuvor noch gestanden hatte, eine beeindruckende Delle im Boden hinterlassen hatte.

Einer von Korghs Bodyguards, der den alten Klingonen hinter einem Stapel Träger in Deckung gebracht hatte, deutete auf die Gerüste vor ihnen. Korghs andere beiden Beschützer kletterten gerade die Leitern hinauf, während weitere Wachleute auf der gegenüberliegenden Seite den Hangar betraten.

»Ssura!«, rief Riker.

»Hier, Sir!« Der Caitianer befand sich etwas abseits, am Rand des Hangars. Er hatte seine katzenhaften Kletterfähigkeiten genutzt, um einen Ausrüstungsturm zu erklimmen und sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Er streckte den Arm aus. »Admiral, ich sehe sie!«

Die Angreifer hatten kehrtgemacht und befanden sich nun auf den Laufstegen direkt über ihnen. Das laute Scheppern ihrer Schritte auf den Metallgittern über ihren Köpfen verriet Riker, wo genau sie sich befanden. Mehr brauchte Kersh nicht. Sie stellte ihren Disruptor auf volle Feuerkraft und schoss auf das Gitter. Zur Antwort ertönte der Schrei eines männlichen Klingonen. Auch wenn der Laufsteg den Disruptorstrahl teilweise ablenkte, reichte es nicht, um die Person darauf zu schützen. War es tatsächlich nur eine Person – oder mehrere? Und hatte Kersh alle erwischt? Riker machte einige Schritte rückwärts und versuchte, von unten einen Blick auf den Laufsteg zu erhaschen. Stattdessen sah er eine maskierte Gestalt, die mit gezogenem Disruptor auf ihn zustürzte.

Im Gegensatz zu Kersh, die nicht damit gerechnet hatte, dass Riker sich auf sie werfen würde, konnte der Admiral den Angriff kommen sehen und darauf reagieren – und zwar, indem er sein Gewicht auf das rechte Bein verlagerte. Diesmal gab es keine Grube, in die sie hätten stürzen können, also gingen die beiden einfach zu Boden und rollten über das Deck. Während sie miteinander rangen, sah Riker abwechselnd den Boden und das Gesicht seines Angreifers, das hinter einer Schweißermaske verborgen war.

Auf dem Rücken liegend, gelang es dem Admiral, ein Knie nach oben zu ziehen und seinen Gegner für einen Moment von sich wegzustoßen. Doch der Angreifer nutzte die Chance dazu, mit seinem Disruptor auf Rikers Gesicht zu zielen. »Wir müssen das Reich bestrafen – und jene, die dumm genug waren, sich mit ihm zu verbünden!«, rief er mit dem Finger am Abzug. »Wir sind die Kinder des wahren Kahless!«

Kräftige Hände packten die Schultern des Angreifers und rissen ihn von Riker fort. Kersh schleuderte den Attentäter nach hinten, sodass er Hals über Kopf in die Grube stürzte, die ihr eben noch selbst die Haut gerettet hatte. Riker hörte das Knirschen des Aufpralls, begleitet von einem markerschütternden Aufschrei.

Dann drang ein schmerzerfülltes Stöhnen von unten herauf. »Wir … sind die vor’uv’etlh … die nicht fallen werden …«

»Das sind Sie gerade«, kommentierte Kersh und reichte Riker ihren Disruptor. Er schob sich damit zum Rand der Grube vor, während Kersh ins Loch hinabkletterte.

Der Attentäter – falls er denn einer war – versuchte verzweifelt, auf die Knie zu kommen. Seine Schweißermaske war verrutscht und er tastete erfolglos nach seinem Disruptor. Kersh verpasste ihm einen heftigen Tritt gegen das Visier, der ihn rückwärts gegen die Wand der Grube schleuderte. Der Kampfgeist schien ihn mit einem Mal verlassen zu haben und er brach zusammen.

Riker bemerkte, dass er die gleiche schmutzige Uniform trug wie die anderen Arbeiter im Hangar. Der einzige Unterschied war seine Maske. Die Unbesungenen, die klingonische Terroristensekte, die Kershs Verwandte getötet und den Klon von Kahless hingerichtet hatte, trugen ebenfalls Masken, das wusste Riker – und der Angreifer hatte soeben Teile ihres Manifests zitiert.

Als er Ssura auf sich zukommen sah, reichte er den Disruptor an ihn weiter und ließ sich wieder in die Grube hinabgleiten. Nachdem sie den Disruptor des verwundeten Mannes gefunden und eingesteckt hatte, riss Kersh ihm die Maske vom Kopf.

Riker war nicht überrascht, als darunter ein klingonisches Gesicht zum Vorschein kam. Kersh wirkte dafür umso überraschter. »Du!«, zischte sie.

»Sie kennen ihn? Wer ist er?«

»Ein Feigling«, stieß Kersh angewidert hervor. »Dieser wertlose targ hat vor Jahren unter einem meiner besten Sergeants gedient. Er wollte eine Beförderung – doch statt seinen Vorgesetzten offen herauszufordern, wie es sich für einen wahren Krieger gehört, haben er und sein Bruder ihn im Schlaf ermordet!« Kersh packte den angeschlagenen Attentäter am Kragen und schüttelte ihn. »War das dein Bruder da oben auf dem Laufsteg? Sprich!«

»Der Disruptorschuss … er starb vor meinen Augen«, erwiderte der Klingone erschüttert. Nach Kershs Tritt blutete er aus Nase und Mund.

Kersh riss einen Mitarbeiterausweis von seiner Brust. Ohne einen weiteren Blick darauf zu werfen, warf sie ihn Riker zu. Der Admiral las den Namen darauf: »Sie heißen Har’tok?«

»So hieß er, als er noch einen Namen hatte«, berichtigte Kersh.

Riker blinzelte. »Wollen Sie damit sagen, dass er entehrt wurde?«

»Natürlich.« Kersh durchsuchte Har’toks Kleidung und ging dabei nicht gerade zimperlich vor. »Wie sonst sollten wir mit jenen verfahren, die nichts ahnende Opfer überfallen?«

Ihre Methoden haben sich nicht verändert, dachte Riker. Er verglich das Gesicht auf dem Ausweis mit der mitgenommenen Visage des Besiegten. Es war dieselbe Person – doch ihr klingonischer Gefangener wirkte um einiges älter. Etwas an dieser Sache stimmte nicht. »Dieser Kerl hat sich nicht gerade erst hier eingeschlichen. Er arbeitet seit Jahren hier.«

»Das kommt vor«, erwiderte der General, kam auf die Beine und trat mit gleichgültiger Miene von dem Angreifer zurück. »Die Entehrten treiben sich überall herum. Wir behalten sie nicht im Auge.«

»Aber Ketorix ist ein strategisches Versorgungszentrum.« Soweit Riker das beurteilen konnte, lagerte in der Fabrik und dem Hangar allein genug Munition, um die gesamte Stadt in die Luft zu jagen. »Wie kann jemand wie er die Freigabe bekommen, hier zu arbeiten?«

»Das ist ganz einfach, wenn er in seinem früheren Leben etwas Nützliches gelernt hat.« Kersh wischte sich die Hände an ihren Ärmel ab. »Vorarbeiter stellen jeden ein, wenn sie dadurch Geld sparen können. Sie stellen keine Fragen. Es interessiert sie nicht, dass er ein Niemand ist.«

»Ich hätte jemand werden können, Kersh. Und mein Bruder auch«, brachte Har’tok stöhnend hervor, während der Schmerz ihm beinahe den Verstand raubte. »Aber Sie haben alles zunichtegemacht, als sie auf eine Entehrung gedrängt haben. Und jetzt haben Sie ihn getötet!«

Hier geht es um Rache? Wieder überlegte Riker, wie lange Har’tok und sein Bruder schon hier gearbeitet hatten. »Sie haben sich hier einen Job gesucht, in der Hoffnung auf eine Chance, Kersh zu töten?«

Har’tok wandte den Blick ab. »Nein. Uns wurde gesagt, wir würden den Weg zu etwas Größerem finden, wenn wir hier arbeiten. Aber niemand hat nach uns gefragt.«

»Etwas Größeres?«, hakte Riker nach. »Wer hat Ihnen das gesagt – und was sollte das bedeuten?«

»Das spielt keine Rolle.« Har’tok funkelte Kersh böse an. »Als wir Sie gesehen haben, haben wir zugeschlagen.«

Kersh verschränkte die Arme vor der Brust. »Das verstehe ich nicht. Ich habe diese Fabrik schon oft besucht – Sie hatten jede Menge Gelegenheiten, mich anzugreifen. Warum ausgerechnet heute?«

»Weil ich nun weiß, dass ich jemand bin.« Der Schmerz in Har’toks Augen wich einem Ausdruck von Trotz. »Die Unbesungenen haben sich erhoben. Für Generationen von Entehrten ist ein neuer Tag angebrochen. Für uns alle!«

»Nicht für Sie«, rief eine Stimme von oben. Riker hob den Kopf und sah Korgh, der in Begleitung von zwei Bodyguards am Rand der Grube stand. Wie ein Mann eröffneten seine Wachleute das Feuer und zielten in die Vertiefung. Instinktiv wich Riker vor dem Disruptorfeuer zurück – doch die Schüsse von Korghs Männern waren präzise. Mit einem schmerzerfüllten Schrei löste sich Har’tok in nichts auf.

Riker starrte einen Augenblick lang auf den verkohlten Fleck an der Metallwand, wo sich der Arbeiter eben noch befunden hatte – und dann schaute er zurück zu Korgh. »Sie hätten ihn befragen können!«

»Wir schenken seinesgleichen keinerlei Gehör, Admiral.« Korgh kniete sich hin und reichte Riker eine Hand, um ihm aus der Grube zu helfen. Kersh folgte ihm aus eigener Kraft. Sobald sie oben waren, wandte sich der Lord an die Klingonin: »General, sind Sie sicher, dass das die einzigen zwei waren?«

»Ja. Die beiden waren nach ihren feigen Taten vom Hohen Rat verurteilt worden.«

Korgh stieß einen hörbaren Seufzer aus. »Dann ist es so, wie wir befürchtet haben. Das alles ist die Schuld dieser verdammten Unbesungenen.«

Noch einmal betrachtete Riker den Ausweis in seiner Hand. Die Unbesungenen hatten auf Thane im Briar Patch gelebt, bevor sie sich aus dem Staub gemacht hatten – laut Worf wurden sie von jemandem angeführt, der sich als Commander Kruge ausgab, nach hundert Jahren Abwesenheit von den Toten wiederauferstanden. Die Unbesungenen waren hervorragend ausgebildet und tödlich. Har’tok wirkte nicht einmal annähernd so professionell. »Sind Sie sicher, dass die Unbesungenen dahinterstecken? Ich glaube nicht, dass diese Typen hier mit ihnen in Verbindung standen.«

»Sie haben recht, Riker – und das ist das Problem. Die Zahl der Unbesungenen beträgt höchstens zwei- bis dreihundert. Es gibt allerdings eine ganze Menge weitere Entehrte – und ihre Nachfahren –, die sich von ihnen durchaus zu Gewalttaten inspirieren lassen könnten.« Korghs Gesichtszüge verfinsterten sich. »Davor haben wir uns am meisten gefürchtet – und Ihre Sternenflotte ist dafür verantwortlich.«

Riker schluckte schwer. Zwar konnte er Korghs Beschreibung der Ereignisse nicht zustimmen, allerdings war es ihm ebenso wenig möglich, das anzuzweifeln, was er soeben mit eigenen Augen mit angesehen hatte.

»Also, Admiral«, sagte Korgh und strich seine kostbare Robe glatt. »Warum wollten Sie mich denn nun sehen?«

5

ORIONISCHES PIRATENCAMPAZUR-NEBEL

Sie hatte wieder und wieder getötet, doch es hatte ihr keinerlei Vergnügen bereitet.

In Valandris’ Adern floss klingonisches Blut, auch wenn das Reich ihre Existenz leugnete. Für sie und ihre Gefährten der Unbesungenen stand die Jagd über allem – selbst über der sogenannten Ehre, von der die Heuchler auf Qo’noS ständig schwafelten. Die grünhäutigen Orioner waren ihre neueste Beute und vor wenigen Tagen hatte sie bei einer Mission im Hyralan-Sektor die ersten von ihnen zur Strecke gebracht. Diese hatten sich allerdings als nicht gerade beeindruckend erwiesen – und zu ihrer Enttäuschung stellten auch die Exemplare auf diesem namenlosen Planeten keine größere Herausforderung dar.

Nein – sie entpuppten sich sogar als ein noch erbärmlicherer Haufen. Die Mannschaft der Dinskaar hatte sich wenigstens verteidigt. Doch das hier war ein Massaker: Sie zog von einem schäbigen Gebäude zum nächsten und löschte alle Piraten aus, die sie fand. Ein grüngesichtiger Junge, kaum alt genug, um überhaupt eine Bedrohung darzustellen, stürzte in der Lagerhalle hinter einem Regal hervor und Valandris rammte ihm ihr d’k tahg in den Hals. Sie hatte den klingonischen Begriff für das Messer bisher nie benutzt, aber der neue Anführer ihrer Leute hatte ihnen versichert, dass es in Ordnung war. Die Lager der Chu’charq waren voll von solchen Waffen.

»Nur die klingonische Gesellschaft ist verdorben«, hatte Lord Kruge ihnen erklärt. Dabei hatte der rauchige Klang seiner Stimme die Zuhörer an den Feuertod erinnert, den er vor langer Zeit gestorben war. »Ihre Klingen sind jedoch hervorragend. Reinigen Sie sie mit dem Blut der Unwürdigen.«

Ein Disruptorschuss, der aus dem nahe gelegenen Büro kam, zischte mit großem Abstand über ihren Kopf hinweg. Mit einem Ruck zog sie ihre Waffe aus dem Rücken des Nachwuchspiraten und warf sie mit einer lässigen Bewegung in die Luft. Die Waffe drehte sich und Valandris fing sie auf, wobei sich ihre Finger um die Spitze schlossen, ohne sich zu verletzen. Dann ließ sie den Arm zurückschnellen und schleuderte das Messer in Richtung des Angreifers. Die Klinge durchschnitt die stickige Luft und segelte in den angrenzenden Raum – um sich schließlich in das Gesicht der kräftigen Gestalt zu bohren, die auf sie geschossen hatte. Der Fettsack brach schwerfällig in seinem Büro zusammen, umgeben von all dem wertlosen Schrott, für den er offenbar gelebt hatte. Sein Kontor hatte sich in ein Leichenhaus verwandelt.

Stille senkte sich über den Raum. Valandris seufzte. Nicht ein einziger Orioner war im Kampf auch nur halb so gut gewesen wie Leotis, der Gangsterboss, dem sie an Bord der Dinskaar entgegengetreten war. Und der hatte selbst einen lausigen Gegner abgegeben. Sie riss ihre Waffe aus dem Schädel des fetten Mannes.

Sie löste den Blick vom blutgetränkten Boden und betrachtete das Innere des Gebäudes, das kaum mehr war als eine behelfsmäßige Konstruktion, die schon so alt war, dass sie inzwischen zu einer permanenten Einrichtung geworden war. Doch der Plunder um sie herum bot nichts von Wert, keine Belohnung für ihren Sieg. Potok, der Gründer der Kolonie der Entehrten, und seine Verwandten hatten Jagdtrophäen abgelehnt und ihren Kindern und Nachfolgern verboten, solche Dinge von der Jagd mitzubringen. Sie galten als Zeichen von Status und nach den strikten Regeln von Potoks Ideologie hatten jene, die selbst niemals Ehre erlangen würden, solcherlei Auszeichnungen nicht verdient. Dennoch hatten Generationen von Jägern auf Thane heimlich Klauen, Schuppen und Reißzähne ihrer Beute als Andenken behalten. Dieser Ort hier enthielt jedoch nichts weiter als glitzernden Tand und illegale Substanzen, die Währung der ruchlosen orionischen Geschäftemacher. Für Valandris war das alles wertloses Zeug.

Sie verließ das Gebäude und trat hinaus. Der Nebel über ihr tauchte den Himmel in ein angenehm beruhigendes Kobaltblau, doch der Eindruck täuschte, denn die Nacht war alles andere als friedlich – bald würde hier jedoch wieder Ruhe einkehren. Die Orioner, die dieses Camp als Versteck nutzten, standen bereits an der Schwelle des Todes. Die Hälfte ihrer Leute hatte für diese Attacke nicht einmal ihre Masken aufgesetzt. Die Orioner wussten, wer und was die Unbesungenen waren, und das allein hatte gereicht, um wilde Panik auszulösen.

Aus der Mannschaft der Chu’charq erkannte sie ihre junge Cousine Raneer, die einen Sturmangriff auf eine Handvoll fliehender Piraten anführte. Raneer hatte sich in Sachen Kampffertigkeit seit ihrer letzten Begegnung mit den Orionern verbessert, fand Valandris – auch wenn es hier nicht viel zu lernen gab.

Schließlich schien niemand mehr übrig zu sein, gegen den sie noch hätte kämpfen können – bis etwas hinter der Tür einer heruntergekommenen Holzhütte hervorschoss. Nein, nicht etwas, sondern jemand: Der stämmige Körper eines orionischen Muskelprotzes segelte mit erschlafften Gliedern durch die Luft, bevor er mit einem fleischigen Klatschen draußen auf dem Boden landete. Sein Angreifer trat mit erhobener Faust und einem Lächeln im Gesicht aus dem Eingang hinter ihm.

»Komm schon, steh auf!« Der glatzköpfige Klingone bleckte eine Reihe abgebrochener Zähne in einem höhnischen Grinsen. »Du hast sogar einen Arm mehr. Steh auf und kämpfe!«

Valandris stieß ein leises Lachen aus. Mit über fünfzig war Zokar eines der älteren Mitglieder der Unbesungenen. Die gefährliche Fauna ihres Planeten sorgte für eine kurze Lebenserwartung. Der Angriff eines zikka’gleg hatte Zokar den Arm gekostet, kurz nachdem er auf dem Planeten der Entehrten eingetroffen war. Doch statt aufzugeben, hatte die Verletzung den bissigen Muskelberg noch gefährlicher gemacht.

Sein Gegner indes schien tatsächlich aufgegeben zu haben – oder vielleicht doch nicht? Valandris sah, wie er langsam zu sich kam. »Vergiss es«, meinte Zokar, nachdem er einige Sekunden lang darauf gewartet hatte, dass der Riese sich wieder erholte. Mit einer flinken Bewegung zog er seine Disruptorpistole und verwandelte den Orioner in eine Wolke aus glühendem Staub, die rasch verging.

»So«, sagte er und steckte die Waffe weg. Er entdeckte Valandris und lächelte. »Was hältst du davon?«

»Nicht viel.«

»Drinnen hat er sich besser geschlagen.«

»Das meine ich nicht«, erwiderte sie. »Er war im Begriff aufzustehen. Er hätte im Kampf sterben sollen.«

Zokar verzog spöttisch das Gesicht: »Was denn, bist du jetzt etwa Kahless?«

»Der Klon?«

»Ich meine den aus den alten Zeiten. ›Aufrecht sterben‹ – das ist einer seiner Slogans.« Zokar machte eine ausladende Geste, die das gesamte Dorf mit seinen abgeschlachteten Bewohner mit einschloss. »Falls es dir nicht aufgefallen ist, diese Idioten folgen nicht gerade der klingonischen Lebensweise. Genauso wenig wie wir.«

Das konnte Valandris nicht verleugnen. Die Entehrung hatte ihnen ihr rechtmäßiges Erbe genommen, Generationen von Klingonen auf Thane waren ihrer Herkunft und Tradition beraubt worden und dabei bestand ihr einziges Verbrechen darin, die falschen Eltern zu haben. Sie schuldeten dem Reich und seinen Moralvorstellungen nichts – und ihrem Erlöser alles.

»Da ist er«, sagte Zokar und deutete auf die beiden Bird-of-Preys, die an dem Überfall beteiligt gewesen waren: Die Chu’charq und die Rodak, die mit offenen Laderampen am Rand der Lichtung standen. Vier maskierte Mitglieder der Unbesungenen in schwarzer Kampfmontur verließen nun das erstere der beiden Schiffe. Die Eskorte geleitete zwei weitere Personen, die gemessenen Schrittes hinunter in das zerstörte Camp gingen. N’Keera, die Hohepriesterin der Unbesungenen, trug wie immer eine lange Robe und war von einem Hauch des Mysteriösen umgeben. Sie stützte ihren ständigen Begleiter und unfehlbaren Anführer ihrer Gemeinschaft: den legendären Gefallenen Lord.

Kruge.

»Ich bin zufrieden«, sagte der alte Klingone und hielt inne, um Atem zu schöpfen. Seit ihrer Flucht aus dem Flammenmeer auf Thane waren sie an Bord der Schiffe eingepfercht gewesen. Daher überraschte es Valandris nicht, dass er hier einen Spaziergang unternahm, wie er es zu Hause so oft getan hatte. Stechende Augen in einem von uralten Brandnarben gezeichneten Gesicht betrachteten das Camp mit einem Ausdruck von Genugtuung. »Ja, ich bin zufrieden. Gute Arbeit.«

Zokar trat als Erster vor und verbeugte sich. »Ich sagte den Leuten auf der Rodak bereits, dass diese Orioner keine echten Gegner sein würden – sie sind harmlos, absolute Schwächlinge. Sieht aus, als hätte ich recht gehabt.«

Valandris verdrehte die Augen. Zokar war einzigartig unter den Unbesungenen. Er hatte mehr als sein halbes Leben im Klingonischen Reich verbracht und sich den Verbannten erst angeschlossen, nachdem er seinen Namen verloren hatte. Und selbst danach hatte er ständig davon gesprochen, wo er herkam, und damit sogar gegen Potoks Gebote verstoßen. Seit Kruge vor einem Jahr angekommen war und versprochen hatte, sie auf einer Mission anzuführen, die die Galaxis verändern würde, hatte Zokar keine Gelegenheit ausgelassen, um zu zeigen, dass er mehr als jeder andere über das Ziel wusste, auf das sie sich zubewegten.

Valandris und Zokar schlossen sich der Gruppe an und die Eskorte schwärmte aus, um sicherzustellen, dass niemand mehr am Leben war und sie belästigen konnte. »Dieses Camp gehörte einem ehrlosen Mistkerl namens Fortar«, erklärte Kruge, während er das Dorf durchquerte.

»Oh ja, Fortar!« Zokar lachte. »Die Klingonen sind seit zwanzig Jahren hinter ihm her, mein Lord. Aber sie haben nie herausgefunden, wo er sich versteckt hielt.«

»Sie haben mich nie gefragt. Es ist wichtig zu verstehen, wie der Feind denkt.« Kruge warf seiner Gehilfin einen bedeutungsvollen Blick zu und schaute sich dann um. »Für solche Geschöpfe wird in der neuen Ordnung kein Platz mehr sein. Dies ist ein Neuanfang.«

N’Keera sprach mit leiser Stimme und deutete auf die heruntergekommenen Hütten und Baracken. »Sind hier irgendwelche Schätze gelagert?«

»Sie selbst hätten diesen Schund sicher so genannt«, erwiderte Valandris. »Ich habe sie gesehen. Die Schätze einer dem Untergang geweihten Kultur.«

»Schätze«, sagte Zokar. »Sollen wir sie verbrennen?«

Valandris sah, wie N’Keera bei dem Wort »verbrennen« zusammenzuckte – genau wie Zokar, als er ihre Reaktion bemerkte.

Für einen langen, gefährlichen Moment starrte Kruge Zokar an. Dann lachte er. »Du brauchst keine Angst zu haben, in meiner Gegenwart von Feuer zu sprechen. Ich habe meine Angst davor auf dem Genesis-Planeten zurückgelassen, lange bevor deine Altvorderen geboren waren.«

Zokar atmete erleichtert auf.

»Nein, sobald ihr sicher seid, dass wirklich alle Orioner tot sind, werdet ihr mit euren Teams auf die Schiffe zurückkehren. Ruht euch aus, meditiert – bereitet euch auf die Heldentaten vor, die vor uns liegen. Unsere anderen Bird-of-Preys im Orbit werden uns informieren, wenn sich jemand nähert.«

»Natürlich.« Zokar, dessen großspuriger Tonfall zurückgekehrt war, deutete auf die Rodak. »Ich biete Ihnen das Schiff meines Teams an, Lord Kruge. Damals, während meiner Zeit in der Verteidigungsstreitmacht, diente ich auf einigen Bird-of-Preys – ich habe meine Leute gut ausgebildet.« Sein Mund verzog sich zu einem unverschämten Lächeln. »Ich weiß, Sie sind zuvor schon mit erstklassigen Mannschaften geflogen. Wir bieten Ihnen die Chance, es wieder zu tun.«

Valandris beobachtete, wie N’Keera und Kruge erneut einen Blick wechselten. Sie meinte, Unbehagen auf den Zügen der beiden zu lesen, und verteidigte ihr eigenes Schiff. »Die Chu’charq ist die Operationsbasis unseres Lords, Zokar. Und das wird auch so bleiben.«

Zokar blickte sie finster an. »In dieser Bewegung gibt es keine Titel, Valandris. Du verdienst keinen besonderen Status.«

»Wirklich? Wenn mich nicht alles täuscht, war ich diejenige, die Fortar getötet hat.«

»Pah! Fette Herrscher abzustechen, beeindruckt …«

»Ruhe!« N’Keera hob eine Hand und sprach in ernstem Ton: »Lord Kruge wird sich über diese Dinge ein andermal Gedanken machen. Jetzt zieht euch auf eure Schiffe zurück, wie euer Lord es euch befohlen hat!«

Kruge rümpfte die Nase. »Vielleicht wäre eine zusätzliche Stunde der Meditation für euch beide angebracht.«

Valandris und Zokar nickten kleinlaut. »Ja, mein Lord«, sagten sie im Chor.

Kruge trat vor. »N’Keera und ich werden für eine Weile auf der Oberfläche bleiben. Ich werde einen Spaziergang durch das Dorf machen – um mir mit eigenen Augen ein Bild davon zu machen, was ihr hier erreicht habt.«

Valandris Augen weiteten sich. »Sie sollten hier nicht ohne Leibwächter unterwegs sein, mein Lord. Es könnte gefährlich sein.«

Kruge hielt abrupt inne und drehte sich um. Er hob eine Augenbraue. »Hältst du mich für ein Kind, Valandris, das in die Wiege gehört?«

Sie senkte den Blick. »Natürlich nicht.«

»Lass mich dir sagen: Als ich sechs Tage alt war, tötete ich meine Amme in einem Kampf auf Leben und Tod – danach wurde ich zu den Wachhunden in den Zwinger gesteckt. Sie brachten mir Manieren bei und lehrten mich den Geschmack von Fleisch.« Kruge bleckte die Zähne – erst bedrohlich, dann wurde daraus ein breites Grinsen.

Alle lachten – selbst Valandris stimmte erleichtert mit ein.

Entschlossenen Schrittes entfernte er sich von der Gruppe. »Damit sich mein junges Kindermädchen keine Sorgen macht, werde ich nicht alleine gehen. Meine teure N’Keera wird mich begleiten.« Er hielt ihr seine Hand hin und die junge Klingonin löste sich aus der Gruppe und ergriff sie. »Wenn Gefahr droht, werdet ihr es wissen. Jetzt geht.«