Star Wars. Das Erbe der Jedi-Ritter 4. Der Untergang - James Luceno - E-Book

Star Wars. Das Erbe der Jedi-Ritter 4. Der Untergang E-Book

James Luceno

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Beschreibung

Han Solo ist vom Tod seines besten Freundes und Partners wie gelähmt. Doch da stößt er auf eine finstere Verschwörung, die auf das Herz der Neuen Republik und ihre Fähigkeit zur Selbstverteidigung zielt – auf die Jedi. Han Solo muss sich nun überwinden und mit der Hilfe eines unerwarteten Verbündeten dem Heldentod von Chewbacca einen letzten Sinn geben.

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Seitenzahl: 430

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Inhaltsverzeichnis

WidmungDanksagungDramatis PersonaeKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29Copyright

Für meinenjungen Sohn Jakeund denNeuen Orden der Jedi-Ritter

Danksagung

Mein allerherzlichster Dank gilt jenen, die mich auf den rechten Weg brachten und mir mit Rat und Tat zur Seite standen: Dan Wallace, der das weite Universum besser als jeder andere kennt; Rob Brown, dessen Vorschläge mir halfen, Kapitel 7 zu gestalten; Alex Newborn, der mich auf eine neue Figur für Kapitel 14 brachte. Außerdem möchte ich mich bei Mike Kogge, Matt Olsen, Eelia Goldsmith Henderscheid, Enrique Guerrero und Kris Boldis für ihre aufmerksamen Kommentare bedanken; dazu bei den Autorenkollegen Robert Salvatore, Mike Stackpole und Kathy Tyers für ihre Detailarbeit; und bei Shelly Shapiro, Sue Rostoni und Lucy Autrey Wilson, ohne die Das Erbe der Jedi-Ritter niemals Form angenommen hätte. Schließlich gilt mein unendlicher Dank meinem verstorbenen Freund und Mitarbeiter Brian Daley.

Dramatis Personae

Nom Anor: Ein Exekutor der Yuuzhan Vong

Malik Carr: Ein Kommandant der Yuuzhan Vong

Reck Desh: Ein Söldner der Friedensbrigade

Droma: Ein raumfahrender Ryn

Elan: Eine Priesterin der Yuuzhan Vong

Harrar: Ein Priester der Yuuzhan Vong

Belindi Kalenda: Eine Agentin des Geheimdienstes der Neuen Republik

Raff: Ein Kriegstaktiker der Yuuzhan Vong

Major Showolter: Ein Agent des Geheimdienstes der Neuen Republik

Luke Skywalker: Ein Jedi-Meister

Mara Jade Skywalker: Eine Jedi-Meisterin

Anakin Solo: Ein Jedi-Ritter

Han Solo: Captain des Millennium Falken

Leia Organa Solo: Botschafterin der Neuen Republik

Tla: Ein Kommandant der Yuuzhan Vong

Vergere: Elans Intima, eine Fosh

1

Falls das Zentralgestirn des Systems von den Ereignissen, die sich auf dem vierten seiner Planeten und in dessen näherer Umgebung zugetragen hatten, in Mitleidenschaft gezogen worden war, so ließ sich dies mit bloßem Auge nicht erkennen. Während der Stern den nahen Raum in goldenes Licht tauchte, wirkte er ebenso unbekümmert wie vor der Schlacht. Nur die eroberte Welt hatte gelitten, wie die zerstörte Oberfläche im schräg einfallenden Sonnenlicht zeigte. Einstmals grüne, blaue oder weiße Gebiete erschienen jetzt aschgrau oder rotbraun. Unter gehetzten Wolken stieg Rauch von ausgelöschten Städten und ehemals grünen Wäldern auf, in denen Feuerstürme gewütet hatten. Dampf erhob sich aus überhitzten Gletscherseen und seichten Meeren.

Durch diesen Schleier aus Asche, Dampf und Rauch zog das Kriegsschiff dahin, das die Hauptverantwortung für die Verwüstungen trug. Die schuppige, schwarze Oberfläche des eiförmigen Gefährts aus massiven Yorik-Korallen wurde an manchen Stellen von weicherem Material aufgelockert, das wie Vulkanglas glänzte. In den Vertiefungen verbargen sich Raketenwerfer und Plasmawaffen. In anderen, eher kraterähnlichen Löchern waren die Laser absorbierenden Dovin Basale untergebracht, die das Raumfahrzeug antrieben und vor Schaden schützten. An Bug und Heck ragten blutrote und kobaltblaue Arme wie Tentakel hervor, an denen Jäger hingen. Kleinere Schiffe umschwirrten summend das große. Manche erledigten Reparaturen in beschädigten Bereichen, andere luden leere Waffensysteme, und einige wenige brachten Plündergut von der versengten Planetenoberfläche nach oben.

Ein ganzes Stück abseits des Schlachtfelds schwebte ein kleineres Schiff, das aussah wie ein polierter und facettierter Edelstein. In bestimmten Intervallen pulsierte ein Licht durch das Schiff und leuchtete nacheinander in verschiedenen Schattierungen auf, als würden Informationen von einem Sektor in den nächsten transferiert.

In einer Kanzel an der Unterseite des eckigen Bugs saß eine hagere Gestalt im Schneidersitz auf Polstern und begutachtete das Treibgut, das eine launische Gravitationsströmung in seine Nähe geweht hatte: Stücke von Großkampfschiffen und Sternjägern der Neuen Republik, den Rumpf eines zivilen Fahrzeugs, der Beschriftung zufolge die Penga Rift.

Nicht weit entfernt schwebte das verkohlte Skelett einer Verteidigungsplattform. An einer Seite drehte sich ein Kreuzer auf einer kleiner werdenden Umlaufbahn und ergoss seinen Inhalt in den luftleeren Raum wie ein Topf mit einem Riss, aus dem Körner rieseln. An einer anderen Stelle wurde ein Transportschiff, das auf der Flucht von dem riesigen Stachel eines aufgeblähten Kaperschiffs geschnappt worden war, zu einem gigantischen Kriegsschiff geschleppt.

Die sitzende Gestalt betrachtete dies alles ohne Freude und ohne Bedauern. Diese Verwüstungen waren von den Umständen diktiert worden. Was geschehen war, hatte geschehen müssen.

Ein Akolyth stand im hinteren Teile der Kommandokanzel und übertrug die neuesten Berichte, die von einem schmalen, lebendigen Apparat empfangen wurden, der mit sechs Insektenbeinen an der Innenseite seines Unterarms befestigt war.

»Der Sieg gehört uns, Eminenz. Unsere Luft- und Bodentruppen haben die wichtigsten Bevölkerungszentren eingenommen, und ein Kriegskoordinator hat sich auf der Oberfläche niedergelassen.« Der Akolyth schaute auf den Empfänger-Villip an seinem Arm, dessen sanfte Biolumineszenz das karge Licht in der Kanzel beträchtlich verstärkte. »Kommandant Tlas Taktiker ist der Meinung, die Sternenkarten und die historischen Daten, die hier gespeichert wurden, werden sich für unseren Feldzug als überaus wertvoll erweisen.«

Der Priester, Harrar, blickte hinüber zum Kriegsschiff. »Hat der Taktiker Kommandant Tla seine Gefühle wissen lassen?«

»Unser Eintreffen missfällt dem Kommandanten, Eminenz. Zwar leugnet er die Notwendigkeit von Opfergaben nicht, doch macht er geltend, dass der Feldzug bislang auch ohne religiöse Aufsicht von Erfolg gekrönt war. Er fürchtet, unsere Gegenwart könne ihm bei der Erfüllung seiner Aufgabe hinderlich sein.«

»Kommandant Tla übersieht dabei, dass wir dem Feind an verschiedenen Fronten gegenübertreten müssen«, erwiderte Harrar. »Man kann jeden Gegner besiegen, aber Unterwürfigkeit ist keine Garantie, dass man ihn für den Glauben gewonnen hat.«

»Soll ich das wirklich dem Kommandanten übermitteln, Eminenz?«

»Das ist nicht Ihre Pflicht. Überlassen Sie das mir.«

Harrar, ein Mann mittleren Alters, erhob sich und trat an den Rand des polygonalen, durchsichtigen Bereichs, wo er stehen blieb und die Hände mit den drei Fingern hinter dem Rücken faltete – die fehlenden Glieder hatte er bei Weihezeremonien und Ritualen geopfert und auf diese Weise seinen Aufstieg erst möglich gemacht. Seine hohe schlanke Gestalt war in geschmeidige Stoffe mit gedämpften Farbtönen gehüllt. Ein gemustertes Kopftuch, das auf traditionelle Weise geknotet war, hielt seine langen schwarzen Zöpfe im Zaum. Im Nacken sah man, wie sich die Wirbel durch die dünne Haut drückten.

Unter ihm drehte sich der Planet.

»Wie heißt diese Welt?«

»Obroa-skai, Eminenz.«

»Obroa-skai«, sagte Harrar grübelnd vor sich hin. »Was bedeutet der Name?«

»Zur Zeit ist die Bedeutung noch unklar. Obwohl man in den erbeuteten Daten sicherlich die richtige Erklärung finden wird.«

Harrar tat die Angelegenheit mit einem Wink ab. »Jetzt spielt es auch keine Rolle mehr.«

Das Aufblitzen einer Waffe am Terminator von Obroa-skai, der Grenzlinie zwischen Licht und Schatten, zog Harrars Blick auf sich. Ein Yorik-Korallen-Kampfschiff schob sich ins Licht und feuerte vom Heck auf ein Quartett Sternjäger mit stumpfer Schnauze, die es augenscheinlich von der dunklen Seite des Planeten verjagt hatten. Die kleinen X-Flügler näherten sich rasch, ihre Triebwerke glühten, und von den Flügelspitzen schossen Energiestrahlen auf das größere Schiff. Harrar hatte gehört, die Piloten der Neuen Republik seien geschickt darin, Dovin Basale zu täuschen, indem sie Frequenz und Stärke ihrer Laserblitze ständig variierten. Die vier Jäger verfolgten das Yuuzhan-Vong-Kampfschiff mit einer Zielstrebigkeit, die auf äußerste Selbstbeherrschung schließen ließ. Solch erbitterte Zuversicht sagte einiges über ihre Qualitäten aus, welche die Yuuzhan Vong im weiteren Verlauf der Invasion nicht unterschätzen durften. Zu leicht vergaß man den feinen Unterschied, und der Kriegerkaste musste man klar machen, dass im Glauben des Feindes der Überlebenswille ebenso fest verankert war wie der Tod im Glauben der Yuuzhan Vong.

Das Kampfschiff hatte die Richtung geändert, stieg auf und wollte sich anscheinend in den Schutz von Kommandant Tlas Kriegsschiff begeben. Doch die vier Sternjäger hatten sich entschlossen, es nicht ziehen zu lassen. Sie lösten ihre Formation auf, beschleunigten und zogen die Schlinge um das Kampfschiff enger.

Die X-Flügler-Piloten führten ihr Manöver mit beeindruckender Präzision durch. Sie schossen Laserblitze und leuchtend pinkfarbene Torpedos ab und stellten so die Stärke der Dovin Basale des Kampfschiffs auf die Probe. Für jeden Blitz oder Torpedo, der von den Schwerkraftanomalien der Dovin Basale geschluckt wurde, erreichte ein weiterer sein Ziel und schlug ein Loch in den Rumpf, wobei in alle Richtungen Bruchstücke der rötlich-schwarzen Yorik-Korallen flogen. Wie gelähmt von den unaufhörlichen Einschlägen schwankte das Kampfschiff, hoffte auf einen Augenblick der Ruhe, den ihm die Sternjäger jedoch nicht gönnten. Blaue Energiestöße hämmerten auf das Schiff ein und brachten es von seinem Kurs ab. Die Funktion der Dovin Basale wurde mehr und mehr gestört. Da eine Verteidigung immer hoffnungsloser erschien, lenkte das Schiff die Energie in die Waffensysteme und ging zum Gegenangriff über.

In einer verzweifelten Machtdemonstration eröffnete ein Dutzend Gefechtsstände sein goldenes Vergeltungsfeuer. Aber die Sternjäger waren schlicht zu schnell und zu beweglich. Ein ums andere Mal wichen sie aus und bestrichen den plötzlich verwundbaren Rumpf des Kampfschiffs mit ihren Salven. Die Innereien des Schiffes spritzten aus tiefen Wunden und von Lasern hervorgerufenen Rissen. Die Zerstörung eines Plasmawerfers löste eine Kettenreaktion aus, an der Steuerbordseite folgte eine Explosion der anderen. Geschmolzene Yorik-Korallen blieben hinter dem Schiff zurück wie ein Kondensstreifen. Blendendes, grelles Licht leuchtete im Herzstück auf. Das Schiff wälzte sich auf den Bauch und verlor an Geschwindigkeit. Dann schüttelte es sich ein letztes Mal und verschwand in einem Feuerball, der kurz darauf verglüht war.

Zunächst sah es aus, als würden die X-Flügler nun das große Kriegsschiff selbst attackieren, doch die Piloten ergriffen im letzten Moment die Flucht. Vom Kriegsschiff wurden etliche Salven abgefeuert, allerdings fand keine ihr Ziel.

Harrars gefurchtes Gesicht war starr wie eine schattenhafte Maske, als er sich zu dem Akolythen umdrehte. »Schlagen Sie Kommandant Tla vor, dass seine eifrigen Bordschützen den Kleinen die Flucht gestatten sollen«, sagte er mit erstaunlicher Gelassenheit. »Schließlich muss jemand davon berichten können, was sich hier ereignet hat.«

»Die Ungläubigen haben hart gekämpft und sind tapfer gestorben«, wagte der Akolyth einzuwerfen.

Harrar drehte sich ganz zu ihm um, und seine tief liegenden Augen funkelten amüsiert. »Habe ich da Respekt vernommen?«

Der Akolyth senkte demütig den Kopf. »Nur eine Beobachtung meinerseits, Eminenz. Um meinen Respekt zu erlangen, hätten sie willig die Wahrheit erkennen müssen, die wir ihnen bringen.«

Ein Bote von niedrigem Rang betrat die Kanzel und salutierte, indem er die gekreuzten Fäuste gegen die Schultern schlug. »Belek tiu, Eminenz. Ich komme mit der Nachricht, dass die Gefangenen versammelt sind.«

»Wie viele?«

»Einige hundert. Möchten Sie die Auswahl für das Opfer beaufsichtigen?«

Harrar richtete sich auf und strich seine elegante Robe glatt. »Mit größtem Vergnügen.«

Die durchsichtige Luke der Transportröhre führte in einen riesigen Frachtraum, der mit Gefangenen gefüllt war, die man auf Obroa-skai oder im Luftraum darüber gemacht hatte. Harrars Gefolge aus Leibwachen und Begleitern betrat den Frachtraum vor dem Priester selbst, der auf einem Schwebekissen hockte, ein Bein unter sich geschoben hatte und das andere über der Kante baumeln ließ. Der pulsierende Dovin Basal, der das Kissen in den Schwebezustand versetzte, reagierte auf Harrars leise Kommandos und stieg fast bis zur Gewölbedecke des Raumes auf, als der Priester mehr Höhe verlangte, schob sich auf das eine oder andere entfernte Schott zu, als Harrar vorwärts fahren wollte, und führte auf Befehl das gleiche Manöver rückwärts durch.

Der Frachtraum, der von biolumineszenten Flächen an Wänden und Decke beleuchtet wurde, war in mehrere getrennte Sperrfelder aufgeteilt, die in zwei parallelen Reihen angeordnet waren und von größeren Dovin Basalen erzeugt wurden. Gedrängt standen hier Schulter an Schulter Gelehrte und Forscher von einer großen Anzahl sowohl menschlicher als auch anderer Welten – Bothans, Bith, Quarren und Caamasi –, die in einem Wirrwarr von Sprachen schnatterten, während Wachen in schwarzer Uniform und mit Amphistäben die Verteilungsprozedur beaufsichtigten. Da der Frachtraum eher für die Versorgung der Korallenskipper und weniger für lebende Fracht gedacht war, roch es hier unerträglich nach natürlichen Ausdünstungen, Blut und Schweiß.

Und vor allem lag der Gestank von Angst in der Luft.

Harrar schwebte auf seinem Kissen und betrachtete die Szenerie unter seiner Kapuze hervor. Sein Gefolge blieb hinter ihm zurück, so dass nun der Weg durch den Mittelgang für ihn frei war und er die Gefangenen auf beiden Seiten inspizieren konnte. Um die ersten beiden Sperrfelder zu erreichen, musste der Priester jedoch einen großen Einstiegsschacht umgehen, der über und über mit konfiszierten Droiden gefüllt war, deren mechanische Glieder, Zubehörteile oder sonstige Auswüchse sich vollkommen verknäult hatten.

Als Harrar vor diesem kleinen Berg aus Maschinen den Befehl zum Anhalten gab, erzitterten die obersten Droiden unter seinem prüfenden Blick. Begleitet vom ständigen Surren der Servomotoren fuhren halbkugelförmige, rechteckige oder menschenähnliche Köpfe herum, Audiosensoren richteten sich auf und unzählige Photorezeptoren stellten sich scharf. Dabei kam es zu einem Lawinenabgang, der mehrere Maschinen kreischend kopfüber zum Fuß der Berges unter Deck poltern ließ.

Harrars neugieriger Blick fiel auf einen verdrehten Protokolldroiden, dessen rechter Oberarm mit einem bunten Stoffband umwickelt war. Er befahl dem Kissen, ihn zu dieser bewegungsunfähigen Maschine zu bringen. »Weshalb haben manche dieser abscheulichen Dinger eine Vorliebe für Kleidung?«, fragte er seinen obersten Diener.

»Sie haben als Forschungsassistenten gedient, Eminenz«, erklärte der Diener. »Die Bibliotheken von Obroa-skais durften nur betreten wurden, wenn man in einem Vertragsverhältnis mit ausgebildeten Forschern stand. Das Zeichen auf dem Armband der Maschine symbolisierte das so genannte Obroanische Institut.«

Harrar zeigte sich entsetzt. »Wollen Sie damit sagen, dass ernsthafte Forscher sich mit diesen Maschinen auf eine Stufe gestellt haben?«

Der Diener nickte knapp. »Offenbar ja, Eminenz.«

Auf Harrars Miene zeichnete sich Verachtung ab. »Wenn man einer Maschine erlaubt, sich selbst als gleichgestellt zu betrachten, wird sie bald zu der Überzeugung kommen, überlegen zu sein.« Er streckte den Arm aus, riss dem Droiden das Band vom Arm und warf es auf das Deck. »Sucht eine repräsentative Auswahl dieser Monstrositäten für das Opfer zusammen und verbrennt den Rest«, befahl er.

»Wir sind erledigt«, jammerte eine erstickte synthetische Stimme tief im Innern des Haufens.

Arme unterschiedlicher Länge, Farbe und Hautstruktur, diesmal jedoch von Lebewesen, reckten sich Harrar flehend entgegen, als ihn das Kissen zum vorderen Sperrfeld trug. Manche der Gefangenen bettelten um Gnade, die meisten hingegen schwiegen in düsterer Vorahnung. Harrar begutachtete sie gleichgültig, bis sein Blick zufällig auf einen pelzigen Humanoiden fiel, aus dessen vorgewölbten Brauen ein Paar beringter, kegelförmiger Hörner ragte. Die haarlosen Hände und Füße waren von schwerer körperlicher Arbeit rau und schwielig geworden, doch in den klaren Augen offenbarte sich die Intelligenz dieses Wesens. Der Humanoide trug ein sackähnliches, zerlumptes Gewand, das bis zu den Knien reichte und an der Hüfte von einer aus Naturfasern geflochtenen Kordel zusammengehalten wurde.

»Welcher Spezies gehörst du an?«, fragte Harrar in makellosem Basic.

»Ich bin ein Gotal.«

Harrar deutete auf das gegürtete Sackgewand. »Deine Tracht passt eher zu einem Büßer als zu einem Gelehrten. Zu welchem von beiden würdest du dich zählen?«

»Ich bin beides und gleichzeitig weder das eine noch das andere«, sagte der Gotal absichtlich vieldeutig. »Ich bin ein Priester der H’kig.«

Harrar drehte sich begeistert auf seinem Kissen um und wandte sich seinem Gefolge zu. »Was für ein Glück. Wir haben einen Heiligen in unserer Mitte.« Er richtete den Blick wieder auf den Gotal. »Erzähl mir etwas über deine Religion, H’kig-Priester.«

»Was interessiert Sie an meinem Glauben?«

»Nun, wir üben den gleichen Beruf aus. Es wäre sozusagen ein Gespräch von einem Priester zum anderen.«

»Wir H’kig schätzen das einfache Leben«, sagte der Gotal.

»Ja, aber mit welchem Ziel? Um eine reiche Ernte einzufahren, um euch selbst zu erhöhen, um euch einen Platz im Leben nach dem Tode zu sichern?«

»Tugend ist ein Lohn an sich.«

Harrar sah ihn verdutzt an. »Und das behaupten eure Götter?«

»Es ist einfach nur unsere Wahrheit – eine unter vielen.«

»Eine unter vielen. Und welche Wahrheit haben die Yuuzhan Vong dir gebracht? Beteure, dass du unsere Götter anerkennst, und ich bin möglicherweise geneigt, dir das Leben zu schenken.«

Der Gotal starrte ihn leidenschaftslos an. »Nur ein falscher Gott kann so versessen auf Tod und Zerstörung sein.«

»Dann stimmt es also: Ihr fürchtet den Tod.«

»Vor einem Tod, den ich im Namen der Wahrheit, der Erlösung vom Leiden oder der Verbannung des Bösen erleide, habe ich keine Angst.«

»Leiden?« Harrar lehnte sich bedrohlich zu ihm vor. »Gestatte mir, dir etwas über Leiden zu erzählen, Priester. Der Schmerz ist die wichtigste Stütze im Leben. Jene, die diese Wahrheit erkannt haben, begreifen den Tod als Erlösung vom Leiden. Deshalb gehen wir gern in den Tod, denn wir haben uns mit unserem Schicksal abgefunden.« Er ließ den Blick über die Gefangenen schweifen und hob die Stimme. »Wir verlangen von niemandem mehr als von uns selbst: nämlich jene Opfer, die die Götter bei der Schöpfung des Kosmos erbracht haben, wieder gutzumachen. Wir bieten ihnen Fleisch und Blut, damit sie ihre Arbeit fortsetzen.«

»Unser Gott verlangt keinen anderen Tribut als gute Taten«, entgegnete der Gotal.

»Taten, von denen man Schwielen an den Händen bekommt«, sagte Harrar angewidert. »Wenn mehr von euch nicht erwartet wird, wen wundert es da, dass eure Götter euch verlassen haben, als ihr sie am dringendsten gebraucht habt.«

»Wir wurden nicht verlassen. Schließlich haben wir immer noch die Jedi.«

Zustimmendes Gemurmel breitete sich unter den Gefangenen aus, zurückhaltend zunächst, dann immer zuversichtlicher.

Harrar betrachtete die unterschiedlichen Gesichter: die mit wulstigen und die mit dünnen Lippen, die faltigen und die glatten, die haarlosen und die zotteligen, die gehörnten und die pelzigen. In ihrer Heimatgalaxis hatten die Yuuzhan Vong versucht, solche Vielfalt zu unterdrücken, hatten Kriege begonnen, die Jahrtausende wüteten und unzählige Völker und Welten ausradierten. Diesmal jedoch gingen die Yuuzhan Vong nach einem umsichtigeren Plan vor und vernichteten nur jene, die einer Reinigung im Wege standen.

»Diese Jedi, sind das eure Götter?«, erkundigte sich Harrar schließlich.

Der Gotal ließ sich mit der Antwort einen Augenblick Zeit. »Die Jedi-Ritter sind die Bewahrer von Frieden und Gerechtigkeit.«

»Und diese ›Macht‹, von der ich gehört habe – wie würdest du sie beschreiben?«

Der Gotal grinste schwach. »Das ist etwas, was Sie niemals in die Hände bekommen werden. Obwohl ich, wenn ich es nicht besser wüsste, glauben würde, Sie würden der dunklen Seite der Macht entstammen.«

Damit war Harrars Interesse geweckt. »Die Macht hat eine lichte und eine dunkle Seite.«

»Wie alle Dinge.«

»Und was seid ihr im Vergleich zu uns? Bist du sicher, dass ihr das Licht verkörpert?«

»Ich weiß nur, was mein Herz mir sagt.«

Harrar überlegte. »Dann geht es bei dieser Auseinandersetzung um mehr als nur einen armseligen Krieg. Es ist ein Streit der Götter, in dem du und ich nur Werkzeuge sind.«

Der Gotal hielt den Kopf aufrecht. »Das mag sein. Aber das letzte Urteil ist bereits gefällt.«

Harrar lächelte höhnisch. »Hoffentlich tröstet dich dieser Glaube in deiner letzten Stunde, Priester – die, wie ich dir versichern kann, kurz bevorsteht.« Erneut wandte er sich an die Masse der Gefangenen. »Bis jetzt haben eure Spezies nur die Krieger und die Politiker der Yuuzhan Vong kennen gelernt. Heute jedoch sollt ihr am eigenen Leib erfahren, dass diejenigen eingetroffen sind, die über euer Schicksal entscheiden werden.«

Er winkte sein Gefolge nach vorn. »Diese Macht ist eine eigenartige, widerspenstige Religion«, sagte er leise, nachdem einer seiner Diener an sein Dovin-Basal-Kissen herangetreten war. »Wenn wir hier herrschen wollen, müssen wir herausfinden, wie sie diese vielen Individuen miteinander verbindet. Und wir müssen die Jedi-Ritter ein für alle Mal bezwingen.«

2

Sogar in einer Galaxis wie dieser, die so reich an Wundern war, nahmen die säulenartigen Baumstämme und ihre weit verzweigten Äste, die der Wookiee-Stadt Rwookrrorro als Fundamente dienten, einen besonderen Platz ein. Betrachtete man die Stadt von oben vor dem Hintergrund des unendlichen Waldes, erweckte sie den Eindruck, man habe sie vor der rauen Unterwelt des Planeten gerettet und als Beispiel für das perfekte Zusammenspiel von Natur und Technik in Kashyyyks bewölkten Himmel gestellt.

Am Rande der Stadt, fern der kreisförmigen Gebäude, die sich aus dem sumpfigen Boden erhoben und selbst die Stämme der Riesenbäume klein wirken ließen, auf einem großen Ast, der mehrere Baumwipfel überspannte, fand eine Zeremonie statt, in der der zeitlose Naturzyklus von Leben und Tod gefeiert werden sollte.

Die Teilnehmer, zwei Dutzend Wookiees und Menschen beiderlei Geschlechts, hatten sich in lockerem Kreis um einen runden Holztisch gruppiert. Einige standen, andere hockten auf dem Boden, doch alle trugen ernste Mienen, wenn man einmal von den beiden einzigen Anwesenden absah, die keine Lebewesen waren, die Droiden C-3PO und R2-D2, deren Metallgesichter in allen Situationen neutral blieben.

C-3PO hatte den knolligen Kopf leicht zur Seite geneigt und die Arme auf eine Weise verdreht, die kaum dem Vorbild jener Lebensform entsprach, nach deren Vorbild er entworfen worden war. Dem Droiden allerdings kam diese starre Pose natürlich vor, was mit seiner Konstruktion und den ständig wechselnden Anforderungen der Servomotoren zusammenhing, die ihm zu gestikulieren und zu gehen ermöglichten. Neben ihm stand R2-D2 unbeweglich da, stemmte die drei Beine fest in den Wroshyr-Ast.

C-3PO machte eine beiläufige Bemerkung darüber, welch wirklich außergewöhnlichen Ausblick man von dieser Stelle habe. In den Wipfeln hing dichter Nebel, der die jungen Anpflanzungen der Wookiees in der näheren Umgebung verhüllte und das Morgenlicht streute wie ein Prisma. Diesen Ausblick hätte man – wenn auch nicht er selbst – als atemberaubend bezeichnen können.

[Wirr versammeln uns hier zum Angedenken an Chewbacca, den ehrenwerten Sohn, geliebten Gemahl, hingebungsvollen Vater, treuen Freund und Waffengefährten, Kämpferr und Clanbruderr von uns allen, zumindest im Geiste, wenn schon nicht auf die traditionelle Weise.]

Der Wookiee-Redner hieß Ralrracheen, wenngleich C-3PO häufig gehört hatte, dass man ihn schlicht Ralrra nannte. Er war groß und alt, selbst für seine auf Bäumen lebende Spezies. Auffällig an ihm war weniger die ergrauende Schnauze als vielmehr der merkwürdige Sprachfehler. Bei jeder anderen Gelegenheit hätte C-3PO die Aufgabe gehabt zu dolmetschen, doch an diesem besonderen Morgen war keiner der anwesenden Menschen auf seine polyglotten Fähigkeiten angewiesen.

[In Chewbacca brannte die Flamme des Trotzes am hellsten], fuhr Ralrra fort, wobei seine schwarze Nase zuckte und die langen Arme an den Seiten baumelten. [Auf Kashyyyk oder weit forrt auf fernen Welten, bewies er seinen Mut und seine Unbestechlichkeit – er warr ein Wookiee mit einem Herzen, das fürr zehn, und einer Kraft, die fürr fünfzig gereicht hätte].

Chewbacca war sechs Standardmonate zuvor gestorben, bei einer unglückseligen Rettungsaktion auf dem Planeten Sernpidal, den die Yuuzhan Vong vernichtet hatten. Dass es nicht gelungen war, seinen Leichnam zu bergen, stimmte alle Anwesenden sehr traurig; anderenfalls hätte man für Chewbacca eine richtige Bestattungsfeier abhalten könnten – wenn auch nur im engsten Familienkreis. Was die Wookiees mit ihren Toten machten, blieb ein streng gehütetes Geheimnis. Manche Experten vermuteten Einäscherung, andere dagegen glaubten an Begräbnisse in Baumlöchern oder das Herabsenken der Leichen in die trüben Tiefen, aus denen die Spezies aufgestiegen war. Wieder andere behaupteten, die Toten würden mit heiligen Ryyyk-Klingen zerteilt und auf ausgewählten Wroshyr-Ästen ausgelegt, um von Katarns, großen Raubtieren, oder Kroyie-Vögeln gefressen zu werden.

C-3PO begriff durchaus, dass man ihm die Teilnahme an der Bestattung wohl in keinem Falle erlaubt hätte. Jeder, der bei dieser Gedenkfeier zugegen war, gehörte zu Chewbaccas Großfamilie, jedoch würde man ihn – und R2-D2 noch weniger – wohl kaum dazu zählen. Trotz ihrer Liebe zu Maschinen, ob nun mit Intelligenz ausgestattet oder nicht, benahmen sich diese Wesen aus Fleisch und Blut ausgesprochen eigensinnig, was Familie und Verwandtschaft anging.

Gleich neben Ralrra hockten Chewbaccas Vater Attichitcuk und seine Schwester Kallabow mit ihrem kastanienbraunen Fell. Bei ihnen saßen auch Chewbaccas Witwe Mallatobuck und ihr Sohn Lumpawarrump, der den Namen Lumpawaroo – kurz Waroo – angenommen hatte, nachdem er sein Initiationsritual erfolgreich hinter sich gebracht hatte. Zu den weiteren Wookiees gehörten Freunde, Brüder, Cousins, Nichten und Neffen – unter ihnen auch Lowbacca, ein Jedi-Ritter.

Menschen waren nur sechs anwesend: Master Luke, Prinzessin Leia, Master Han und die drei Abkömmlinge der Solos, Anakin, Jacen und Jaina. Auffallenderweise fehlte Lando Calrissian, der, zu Master Hans größter Beunruhigung, eine Nachricht geschickt hatte, dass unerwartete und nicht näher erläuterte Ereignisse seine Anwesenheit verhindern würden. Master Lukes Frau Mara wäre ebenfalls zugegen gewesen, wenn nicht ein plötzlicher Rückfall ihrer geheimnisvollen Krankheit sie gezwungen hätte, auf Coruscant zu bleiben.

Der kunstvoll gearbeitete Tisch in der Mitte des Kreises ruhte auf einem Teppich aus Wroshyr-Blättern, der Sockel war mit dunkelgrünen Kshyy-Ranken geschmückt, die runde Tischfläche mit Kolvissh-Blüten, Wasaka-Beeren, Orga-Wurzeln und den gelb glänzenden Blüten der Syren-Pflanze bestreut. In der kühlen Luft hing der Duft von glimmendem Baumharz-Weihrauch.

[Hier auf Kashyyyk wurde Chewbaccas Mut bereits in seiner Jugend bekannt], fuhr Ralrra fort. [Mit seinem verstorbenen Freund Salporin] – er hielt inne und nickte Salporins Witwe Gorrlyn zu – [verließ Chewbacca die sichere Stadt und wagte sich über den Rryatt-Weg zum Brunnen des Todes im Herzen des Schattenwaldes. Ausschließlich mit einer Ryyyk-Klinge bewaffnet, trat err mutig dem falschen Shyrr, Jaddyyk-Sumpf, Nadelkäfern und Schattenwächtern entgegen und erntete die Fasern des Fleisch fressenden Syren, wodurch er gleichzeitig das Recht erlangte, ein Bandelier und eine Waffe zu tragen und den Namen zu bestimmen, unter dem er bekannt sein wollte. Auch in die große Anarrad-Grube wagte sich Chewbacca – nicht nur ein- oder zweimal, sondern gleich fünfmal, und bei drei dieser Jagden brachte er den Krallenkatarn zur Strecke. Einmal dagegen erlitt er eine Verletzung von der Bestie.] Ralrra zeigte auf eine Stelle an seinem zotteligen Oberkörper. [Hier, auf der linken Brust.

Zur Vorbereitung seiner Hochzeit, die ebenfalls auf diesem Ast stattfand, stieg Chewbacca zur fünften Ebene hinunter, fing dort mit bloßen Händen einen Quillarat und schenkte ihn Malla als Ausdruck seiner Liebe. Und als die Zeit für Waroos Initiation gekommen war, unterstützte Chewbacca seinen Sohn und ermutigte ihn dabei, so gut er konnte.]

Während einige von Chewbaccas Taten auf seiner Heimatwelt C-3PO durchaus bekannt waren, fehlten in seinem Speicher jedoch bestätigende Daten, weshalb er Erinnerungen an seine eigenen Erlebnisse mit dem Wookiee hervorkramte und sofort mit einem Schnellfeuer von Bildern überzogen wurde, von denen manche fünfundzwanzig Standardjahre zurückreichten.

Die erste Erinnerung: Chewbacca, der wie ein zimtfarbener Turm in der Andockbucht im Raumhafen von Mos Eisley auf Tatooine steht … dann Chewbacca als schlechter Verlierer bei einem Dejarik-Turnier … Chewbacca in Bespins Cloud City, wo er C-3POs Kopf falsch aufsetzte, nachdem Ugnaughts den Kopf zum Spielen benutzt hatten … Master Hans Behauptung, Chewbacca denke stets nur mit dem Magen …

Viele Male war Chewbacca als »von Flöhen zerbissene Pelzkugel«, »übergroßer Mopp«, »Teppich auf Beinen« und »lärmendes Untier« bezeichnet worden, manchmal sogar von C-3PO selbst – natürlich nur, um Menschen zu imitieren – und stets voller Zuneigung angesichts von Chewbaccas empfindlicher Natur und seiner enormen Körpergröße.

Plötzlich befiehl C-3PO ein seltsames Gefühl, und er war nicht mehr in der Lage, weitere Erinnerungen abzurufen. Eine unnatürliche und fast unangenehme Hitze breitete sich in seinen Schaltkreisen aus und veranlasste ihn, die Diagnoseprogramme zu starten, die am Ende jedoch den Auslöser der Störung nicht ausfindig machten konnten.

[Seine angeborrene Neugier brachte Chewbacca dazu, Kashyyyk in jungen Jahren zu verlassen, doch wie wir alle geriet er bald in die Sklaverei des Imperiums. Glücklicherweise erlangte Chewbacca seine Freiheit mithilfe eines Mannes von gleicher Stärrke und Ehrre zurück – unserres geliebten Bruderrs Han Solo. Zusammen mit Han Solo, dem er die Lebensschuld geschworen hatte, sollte Chewbacca eine entscheidende Rolle in der Rebellion spielen und in den Ereignissen, die am Ende zum Sturz des Imperators Palpatine führten.]

C-3PO fokussierte seine Photorezeptoren auf Master Han, der die rot geränderten Augen zusammengekniffen hatte und mit der Rechten die Hand seiner Tochter Jaina hielt. Die dunkelblaue Hose im Militärstil, die Master Han trug, ähnelte jener zerschlissenen, die er für die Nachwelt hatte erhalten wollen, die sich allerdings am gestrigen Tag als zu eng für Master Hans leicht an Umfang zugenommenen Bauch erwiesen hatte und ohne Hoffnung auf Reparatur geplatzt war. C-3PO, der dabei gewesen war, was Master Hans Verärgerung eher noch vergrößert hatte, half dabei, die Ornamente, die unter dem Namen corellianische Blutstreifen bekannt waren, an dem Ersatzstück zu befestigen.

Gegenüber von Vater und Tochter standen Master Jacen und Mistress Leia, die den Kopf ihrem ältesten Sohn auf die Schulter gelegt hatte und deren Wangen vor Tränen glänzten. Ganz in der Nähe hockte Master Anakin und brütete zurückgezogen vor sich hin, zusammen mit Master Luke, dem der Tod gewiss kein Fremder war, hatte er doch sowohl seine natürlichen Eltern, Adoptivvater und -mutter als auch Obi-Wan Kenobi und Yoda verloren, zwei seiner Jedi-Lehrer.

[Chewbacca wurde schließlich Soldat der Neuen Republik], knurrte und brummte Ralrra. [Er half bei der Befreiung von Kashyyyk nach derr Schlacht von Endorr. Aber stets blieb er vor allem und in erster Linie Han Solo verpflichtet, als Freund und Beschützerr und als Bewacher seiner Frau und seiner drei Kinder.] Ralrra wandte sich Han zu. [Chewbacca hatte die Ehrre, seinen Freund bei verschiedenen Gelegenheiten zu retten, sogar noch jüngst in der Yevetha-Krise, als er Han Solo aus der Gefangenschaft an Bord eines yevethanischen Kriegsschiffs befreite.]

Erneut richtete C-3PO die Photorezeptoren auf Master Han, der den Kopf voller Trauer hängen ließ, während Jaina ihm die Hände auf die Schultern legte. Master Hans Verhältnis zu Chewbacca war ähnlich wie das zwischen C-3PO und R2-D2, obwohl manchmal der Eindruck entstand, die beiden Droiden seien schon länger zusammen als der Mensch und der Wookiee.

R2-D2 beobachtete Master Han offensichtlich ebenfalls, denn der Astromechdroide drehte seinen Monokularrezeptor plötzlich zu C-3PO und wimmerte zittrig, gerade so, als hätte ihn das gleiche rätselhafte Gefühl befallen.

C-3PO veränderte den Neigungswinkel seines Kopfes.

In den vergangenen Monaten hatte er ausreichend Gelegenheit gehabt, das Trauerverhalten der Menschen zu studieren, doch trotz aller Beobachtungen war er dem Verständnis dieses Prozesses nicht näher gekommen als vor Chewbaccas Tod auf dieser grässlichen Welt. Alle Lebewesen starben irgendwann, wenn nicht altersbedingt, dann als Ergebnis von Unfällen oder als Folge einer der vielen Krankheiten, die niemand vollständig aufzulisten vermochte. Der Tod schien in gewisser Hinsicht mit der Deaktivierung oder Speicherlöschung vergleichbar zu sein, tatsächlich indes unterschied er sich vollkommen davon und stellte das totale Ende des Seins dar – mit dem auch alle Abenteuer endeten. Angesichts dieser Enthüllung fühlte sich C-3PO genötigt, sich zu fragen, ob er sich bislang immer über die Bestimmung seines Lebens getäuscht hatte. Falls Droiden, wie er so oft verkündete, zum Leiden erschaffen waren, wie verhielt es sich dann bei diesen Wesen aus Fleisch und Blut?

Vielleicht war es besser, in diese Richtung nicht allzu weit zu forschen.

Aufgrund seiner Konstruktionsweise besaß C-3PO keine Fähigkeit, Tränen zu vergießen oder Herzeleid zu empfinden, wie man es nannte, trotzdem gestattete ihm seine Programmierung ein wenig Trauer, wenn auch nicht bis zu jenem Grad, den man bei Menschen und anderen Lebewesen feststellen konnte. Und plötzlich wurde ihm klar, dass Trauer hinter diesem seltsamen Gefühl steckte, das ihn immer noch plagte. So sehr er sich auch Mühe gab, er brachte keinen vernünftigen Gedanken zustande, und mit jedem Blick auf Master Han wuchs seine Bestürzung.

Als derjenige, der Chewbacca am nächsten gestanden hatte – und vielleicht auch, weil er ein so menschliches Wesen war –, schien Master Han am meisten zu leiden; er schwankte zwischen Schmerz und Wut, Verzweiflung und Erschütterung. Der Mann, den C-3PO einst als unmöglich bezeichnet hatte, war nun wie von Sinnen und so unansprechbar, als wäre er in Karbonid eingefroren, und offensichtlich konnte C-3PO nichts tun, um ihn aufzumuntern. Die Fähigkeit, Millionen von Kommunikationsformen flüssig zu beherrschen, garantierte keineswegs das Verständnis menschlichen Verhaltens, geschweige denn menschlicher Emotionen. C-3PO war schließlich nur ein Droide und kannte sich in diesen Angelegenheiten nicht besonders gut aus.

Als Master Han Prinzessin Leia den Hof gemacht hatte, war er einmal an C-3PO herangetreten, hatte ihm die Hand auf den Arm gelegt und gesagt: »Du bist ein guter Droide, C-3PO. Es gibt nicht viele Droiden, die ich so gern mag wie dich.« Und daraufhin hatte er C-3PO um einen Rat in einer Herzensangelegenheit gebeten, und C-3PO hatte ihm hocherfreut ein Gedicht rezitiert, um ihn in dem Wettstreit mit Prinz Isolder um die Hand der Prinzessin zu unterstützen.

Aber verflucht sei mein Metallkörper, sagte C-3PO zu sich. Warum hatte ihn sein Schöpfer nicht mit einem Programm ausgestattet, damit er Master Han jetzt helfen konnte? Stattdessen konnte er nur sinnlose Philosophie anbieten.

[Das Abenteuer ist ebenso verlockend und gefährlich wie das Herz der Syren-Pflanze], brüllte Ralrra klagend. [Aber noch in seiner letzten Tat opferte Chewbacca sich auf und gab sein Leben, um jemanden zu retten, der ihm lieb und teuerr war.] Der betagte Wookiee schaute den jungen Anakin an, dann Master Han und Mistress Leia. [Und wie immer zog er seine Klauen in der Schlacht nicht ein. Jetzt wird Chewbaccas Geist sich mit dem unseren vereinen, so wie die Zweige des Wroshyr einander suchen und stützen, und uns beistehen und stärrken fürr die Herausforderungen, die uns noch bevorstehen.]

In C-3POs Existenz hatte es so viele Kriege gegeben, dass ihn die neuerliche Invasion nicht hätte überraschen sollen. Aber irgendetwas war anders an den Yuuzhan Vong und diesem Krieg von galaktischem Ausmaß, den sie führten. Das lag weniger daran, dass sie weder einen Unterschied zwischen verschiedenen Spezies oder Welten machten – Neue Republik, Imperiale Restwelten oder bündnisfreie –, und auch nicht daran, dass ihre organischen Raumschiffe und Waffen solch schreckliche Zerstörungskraft besaßen. Dagegen erfüllte es C-3PO mit tiefer Sorge, dass in diesem neuesten Konflikt selbst Droiden nicht verschont wurden. Demnach würde er möglicherweise schon bald, ob er nun wollte oder nicht, Trauer und Tod richtig verstehen.

Der runde Tisch war mit Essen und Getränken überladen – Schüsseln voller Xachibik-Brühe, gegrillte Trakkrrrn-Rippen, Waldhonigkuchen, mit Rillrrnnn-Samen garnierte Salate sowie Wein, Saft und Schnaps. Menschen und Wookiees aßen und tranken in kleinen Gruppen und erzählten sich Geschichten über Chewbaccas Großtaten, die manchmal Gelächter, dann wieder Tränen und Nachdenklichkeit hervorriefen. Die Brise hatte an Stärke zugenommen, ließ die Blätter rauschen und die Windspiele erklingen.

Han saß niedergeschlagen auf einem Holzhocker und stützte sich mit den Ellbogen auf die Knie. »Wisst ihr, ich hätte nie geglaubt, das einmal zu sagen, aber im Augenblick beneide ich C-3PO.«

Jaina folgte dem Blick ihres Vaters zu dem Droiden, der neben seinem zylindrischen Gegenstück stand und vollkommen verständnislos dreinschaute. »Du meinst, es sei besser, kein Herz zu haben.«

»In Zeiten wie diesen jedenfalls.« Müde seufzte Han und rieb sich mit der Hand das Gesicht.

Jaina deutete auf den Tisch. »Ich hole dir etwas zu essen, Dad. Du musst vollkommen ausgehungert sein.«

Er rang sich ein Lächeln ab. »Danke, Liebes, aber ich habe wirklich keinen Appetit.«

»Trotzdem solltest du etwas essen«, beharrte sie mütterlich.

Hans Miene hellte sich ein wenig auf, und er ergriff ihre Hand. »Iss du nur, ich möchte nicht.«

Sie runzelte die Stirn. »Bist du sicher?«

»Positiv.« Er deutete mit dem Kopf in Richtung Tisch. »Geh schon. Iss genug für uns beide.«

Widerwillig trat Jaina auf den Tisch zu. Han beobachtete sie noch kurz, wie sie sich unter die anderen Trauergäste mischte. Während er ihnen zuschaute, fragte er sich, ob er die Macht wohl genauso handhaben könnte wie die Jedi. Würde er auf der lichten Seite bleiben oder würde er die Kräfte der dunklen Seite einsetzen, um den Yuuzhan Vong zu zeigen, was Rache bedeutete? Explosionsartig schossen ihm schreckliche Bilder von Gewalt durch den Kopf, doch er verscheuchte sie rasch. Seit Monaten kehrten diese Bilder nun schon immer wieder, und sie hatten zu nichts geführt. Gleichgültig, was für Rachegedanken er hegte – Chewie würden sie ihm nicht zurückbringen.

Er blickte auf seine Hände, die er zu Fäusten geballt hatte. Während er sich die letzten sechs Monate zurückgezogen und vollständig isoliert, in ein dunkles Zimmer oder eine Kneipe auf Coruscant verkrochen hatte, hatten die Jedi zumindest den Kampf gegen den Feind aufgenommen, und genau das musste er jetzt ebenfalls tun.

Im Stillen schalt er sich, holte tief Luft und stieß sie durch die gespitzten Lippen aus. Dann öffnete er die Fäuste, schlug sich auf die Schenkel und stand auf. Er wollte gerade zum Tisch gehen, als Mallatobuck und einige andere Mitglieder von Chewbaccas Familie auf ihn zutraten. Malla hielt eine Holzkiste im Arm, die etwa einen Meter lang war.

[Han Solo], sagte sie und lächelte ihn an, [dies sollst du haben.]

Han legte die Stirn in Falten. Sie stellte die Kiste auf den Hocker und öffnete die feingeschmiedete Metallspange. Im Inneren lag auf einem Bett aus Polstermaterial ein wunderschön geschnitzter Bogenwerfer, dessen zerkratzter und fleckiger Schaft dunkelbraun glänzte. Die Waffe, ein kunstvoll getarnter Magnetbeschleuniger, verschoss Explosivpfeile mit extrem hoher Geschwindigkeit. Zudem war sie mit einem Fernrohr und einem Nachlademechanismus ausgestattet, den nur wenige menschliche Hände würden bedienen können.

»Ich erkenne ihn wieder«, sagte Han und nickte. Er presste die Lippen aufeinander und unterdrückte ein Stöhnen. »Das war einer der ersten, bei deren Herstellung ich ihm zugeschaut habe.«

Malla heulte. [Chewbacca hat ihn kurz nach unserer Heirat gemacht – als du hier warst. Er ist sicherlich nicht sein bestes Stück geworden, doch seine Wärme und seine Kraft stecken darin.]

Han nahm die Waffe in die Hand. »Ich kann sie spüren.« Er umarmte Malla, der er kaum bis zum Kinn reichte. »Ich werde das Stück in Ehren halten.«

Waroo reichte Han ein Tragefutteral aus Leder. [Das hat ebenfalls meinem Vater gehört. Ich weiß, er würde es gern sehen, wenn du es bekommst.]

Han hängte sich das Futteral über die Schulter und wusste sehr wohl, dass es ihm bis über die Knie hing. Malla, Waroo, Lowbacca und die Übrigen brüllten ohrenbetäubend vor Freude. Jaina kehrte gerade rechtzeitig mit einem Teller voller Essen zurück, um in das Lachen einzustimmen.

»Wenn Chewie dich jetzt sehen könnte«, sagte sie und grinste zum ersten Mal an diesem Tag.

Han rieb sich eine Träne aus dem linken Auge, lächelte und legte den Arm um seine Tochter. »Der große Trottel würde sich totlachen.«

Jowdrrl, Chewbaccas kastanienbraune Cousine, knurrte Malla etwas zu, das Han nicht verstand. Malla bemerkte Hans fragende Miene und klärte ihn auf. [Jowdrrl wollte wissen, wann du mit deiner Familie nach Coruscant zurückkehrst.]

Han und Jaina zogen die Schultern hoch. »Darüber habe ich noch überhaupt nicht nachgedacht«, antwortete Han. »Vielleicht morgen irgendwann, nehme ich an.«

Jowdrrl brummte ausgiebig. [Ich frage nur, weil Dryanta und ich noch ein wenig Zeit für die Vorbereitungen brauchen.]

Hans Miene offenbarte seine Verwirrung. »Vorbereitungen? Wofür? Wollt ihr mit uns nach Coruscant kommen?«

Chewbaccas Vater, Attichitcuk, brüllte bedeutungsvoll. [Jowdrrl und Dryanta bereiten das Fest für Waroos und Lowbaccas Abschied vor.]

»Waroo und Lowbacca«, sagte Han nervös.

[Sie übernehmen Chewbaccas Lebensschuld.]

Han fiel die Kinnlade herunter. Er blickte mit wachsendem Unbehagen von einem Wookiee zum anderen. »Aber – aber das geht nicht. Chewie ist tot. Seine Lebensschuld ist damit beglichen.«

Attichitcuk gab ein langes, tiefes Knurren von sich. [Vielleicht hat der Tod die trotzige Lebensflamme meines Sohnes ausgelöscht, doch die Lebensschuld besteht weiter, bis deine Flamme ebenfalls erloschen ist.]

Jaina klemmte die Unterlippe zwischen die Zähne und legte ihrem Vater tröstend die Hand auf den Arm. Han schob sie jedoch zur Seite und schüttelte heftig den Kopf.

»Nein, nein, das kann ich nicht annehmen. Chewie hat mir schon mindestens zehnmal das Leben gerettet. Er starb sogar dabei, als er Anakin rettete.« Während er redete, regte er sich immer mehr auf. »Außerdem bin ich derjenige, der in euer aller Schuld steht.« Er richtete den Blick auf den dunkelbraunen Sohn von Dewlannamapia. »Deine Mutter war besser zu mir als meine eigene.« Er schaute Gorrlyn an. »Dein Ehemann Salporin hat sein Leben gegeben, um Leia vor dem Noghri-Attentäter zu beschützen.« Er wandte sich an Jowdrrl und Dryanta. »Euer Cousin Shoran starb an Bord der Pride of Yevetha und rettete mich dadurch!«

[Und du hättest dein Leben ebenso für ihn gegeben], grollte Attichitcuk und hätte beinahe die scharfen Zähne entblößt. [So ist das eben bei einer Lebensschuld.]

Malla starrte Han ebenfalls böse an. [Du willst doch Chewbaccas Andenken nicht entehren, indem du es uns verweigerst, seine Schuld zu begleichen?]

Jaina schluckte hörbar. »Dad will natürlich seine Andenken nicht entehren.« Sie blickte ihrem Vater in die Augen. »Nicht wahr, Dad?«

Han starrte sie mit halb offenem Mund an. Mallas vibrierendes Knurren hatte die Erinnerung an den Tag nach der Hochzeit wachgerufen, als er Chewie überredet hatte, bei seiner Braut zu bleiben und ihn nicht nach Nar Shaddaa zu begleiten. Er dachte auch an Groznik, einen Wookiee, der seine Lebensschuld von einem Mann namens Throm auf die Renegaten-Pilotin Elscol Loro, dessen Witwe, übertragen hatte.

»Sicher, sicher«, sagte er schließlich und blickte von Jaina zu Malla. »Eher würde ich mir den Arm abhacken, als Chewies Andenken zu entehren. Das wisst ihr. Es ist nur, dass …«

Alle warteten.

»Ich bin noch nicht bereit dafür.« Er schüttelte den Kopf, als wollte er ihn klar bekommen, dann sah er zu Attichitcuk und den anderen auf. »Irgendwie lebt Chewie für mich noch. Ich kann niemandem erlauben, seinen Platz einzunehmen. Das müsst ihr verstehen. Er war einfach mehr als ein Beschützer für mich. Er war mein bester Freund.«

Die Wookiees wechselten mitfühlende Blicke und unverständliche Schreie.

[Er klammert sich an die Erinnerung an meinen Mann], sagte Malla traurig.

[Er braucht Zeit], stellte Attichitcuk knurrend fest und klang dabei nicht einmal bedrohlich.

»Genau«, stimmte Han zu und umklammerte den Strohhalm. »Ich brauche Zeit.«

Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Chewbaccas Vater schließlich mit dem riesigen Kopf nickte. [Dann wollen wir dir Zeit gewähren. Eine Lebensschuld besteht nicht nur darin, den Leib vor Schaden zu bewahren. Sie betrifft auch die Seele.]

Han war der gleichen Meinung. »Eben darum geht es mir.«

Malla legte ihm die riesigen Pranken auf die Schultern. [Dann soll es so sein.]

3

Holographische Bilder von Sternensystemen und ganzen galaktischen Sektoren drehten sich pirouettenartig im blaugrauen Licht des Projektorstrahls. Einblendungen blitzten auf und zeigten Hyperraumstraßen, die weit entfernte Regionen des Alls miteinander verbanden. Durch Fingerdruck auf einen Sensorbildschirm wurden Informationen über die jeweilige Welt angezeigt, über Sterne und über Lichtgeschwindigkeitsrouten. Punkte aus Kunstlicht blähten sich zu Informationsblasen auf und enthüllten Daten über eingeborene Spezies und Kulturen, über die Planetentopographie, Bevölkerungsstatistik und in einigen Fällen auch über die Verteidigungskapazitäten.

»Es betrübt mich, dass wir auf solch langsame Technologie angewiesen sind, Eminenz«, entschuldigte sich Kommandant Tlas Taktiker, »aber noch haben wir leider keinen Weg gefunden, die Daten von den Metallhüllen zu trennen. Und bis unsere Villips die Möglichkeit haben, die darin enthaltenen Informationen aufzusaugen, müssen wir uns mit den Maschinen des Feindes begnügen. Jede wurde gereinigt und durchgecheckt, trotzdem, fürchte ich, lässt sich ihre Unvollkommenheit kaum übersehen.«

Obwohl ihn diese Apparate, die man ihm gebracht hatte, anwiderten, sprach Harrar den Taktiker von Schuld frei. »Etwas aus Unwissenheit zu verabscheuen, bedeutet, es zu fürchten. Das tiefere Verständnis der Natur dieser Maschinen wird lediglich meine Entschlossenheit stärken, diese Maschinen zu vernichten.« Mit einer der verstümmelten Hände machte er eine abschätzige Geste.

Der Taktiker, Raff, neigte den Kopf und hob die knochigen, behandschuhten Finger an das animierte Hologramm. »Wie Sie sehen können, Eminenz, stellt diese Abbildung nichts anderes als die Galaxis dar. Obwohl es sich um eine sehr grobe Darstellung handelt, wird sie uns helfen, zum Kern vorzustoßen.«

Sein geschützter Zeigefinger berührte den Sensorbildschirm, und in dem Lichtkegel nahm eine Abbildung des Sternsystems von Obroa-skai und der benachbarten Systeme Gestalt an.

An dem Taktiker waren nicht nur die Hände dürr. Dünne Ärmchen ragten aus den weiten Ärmeln seiner Robe, und der spindeldürre Hals schob sich wie ein Stab aus dem hohen und ebenfalls weiten Kragen. Da er sich in den Dienst von Yun-Yammka, dem Gott des Krieges, gestellt hatte, besaß Raff einen Mund – ein schwarzer Rachen – mit einem übergroßen Zahn, weshalb er manchmal sehr undeutlich sprach. Doch was zählte, war seine Fähigkeit zu denken und zu analysieren. Seine ständige Verbindung mit den Kriegskoordinatoren und Dovin Basalen hielt ihn in fast allen Bereichen der Kriegsführung auf dem Laufenden, von Details über die einzelnen Schiffe der Neuen Republik bis hin zu den Verluststatistiken. Entsprechend seinen Fähigkeiten war sein haarloser und aufgeblähter Schädel mit Tätowierungen verziert, welche die Windungen und Falten des Gehirns darunter andeuteten.

»Unglücklicherweise bezieht sich der Großteil der freigesetzten Daten auf historische Zusammenhänge und ist für uns von zweifelhaftem Wert. Obroa-skai widmete sich der Aufgabe, kulturelle Dokumente in den Originalsprachen und ursprünglichen Formaten zu archivieren.« Der Taktiker deutete auf eine frei schwebende Palette, die mit blutverschmierten Durafolien, Datenkarten und anderen Speichermedien voll gepackt war und nur darauf wartete, vom heiligen Feuer in Asche verwandelt zu werden. »Daher brauchen wir so viele Entschlüsselungs- und Übersetzungsgeräte. Trotzdem hat sich unser Angriff auf die Bibliothek dieser Welt gelohnt. Letzten Endes werden diese Dokumente – nachdem sie einmal in Villip-Sprache übertragen sind – uns mit reichhaltigen Informationen über die psychologischen Strukturen vieler dieser Spezies versorgen. Und dieses Wissen wird mit darüber entscheiden, ob wir die eroberten Territorien wirklich kontrollieren können.«

Ein männlicher Diener, barfuß und in ein langes Gewand gekleidet, stieg die grob behauenen Stufen aus Yorik-Korallen hinauf, die zur Kommandoplattform führten, und stellte Teller mit Speisen und eine Karaffe voll bernsteinfarbener Flüssigkeit auf den niedrigen Tisch zwischen Priester und Taktiker. Sein spitzes Kinn war purpurn gefärbt, was einen Bart vorspiegeln sollte, und die Tränensäcke unter seinen Augen waren vollständig tätowiert. Seine Stirn neigte sich oberhalb der vorstehenden Brauen scharf nach hinten und war auf gleiche Weise mit Zeichen und Mustern bedeckt.

Am Fuße der Plattform wartete eine einsame Gestalt geduldig im Schatten. Harrar bat den Diener, Trankopfer für ihn, den Taktiker und die Gestalt unten vorzubereiten. Er nippte an seinem Getränk, während er sich durch den Kopf gehen ließ, in welch hohen Tönen der Taktiker die Siegesbeute gelobt hatte.

Generationenlange Reisen im intergalaktischen Raum hatten ihre Spuren an vielen der Yuuzhan-Vong-Schiffe hinterlassen – an Kriegsschiffen und Weltenschiffen gleichermaßen. Wo früher einmal kostbare Vorhänge und Teppiche für eine warme Atmosphäre gesorgt hatten und die Monotonie der Decks unter prächtigen Mosaiken verschwunden war, herrschte nun karge Kälte vor. Die gewölbten Decken der Gemeinschaftsräume wurden zwar noch immer von verzierten Säulen getragen, doch ihre Oberflächen waren zerschrammt und unansehnlich. Die biolumineszenten Gewächse, die Sauerstoff und Licht produzierten, gediehen nicht mehr so gut wie einst, und oft flackerten sie wie ersterbende Kerzen. Sogar die grottenartigen Räume, die für die Führungsschicht reserviert waren, hatten an Ansehnlichkeit verloren.

»Was lässt sich den erbeuteten Dokumenten über die Jedi entnehmen?«, wollte Harrar nach einer Weile wissen.

»Erstaunlich wenig, Eminenz. Man spürt, dass die Daten über die Jedi entweder absichtlich der Bibliothek vorenthalten oder systematisch entfernt wurden.«

Harrar setzte seinen Drink ab. »Zwischen diesen beiden Möglichkeiten besteht ein enormer Unterschied. Wie würden Sie die Sache einschätzen?«

»Ich würde von Letzterem ausgehen. Da sich in der Bibliothek philosophische Dokumente aller Art finden, wäre nicht einzusehen, aus welchem Grund Studien über die Jedi verboten sein sollten.«

»Vielleicht haben die Jedi selbst solche Aufzeichnungen untersagt«, schlug Harrar als Erklärung vor. »Möglicherweise sind sie geheimer, als uns bisher klar war.«

»Das würde auch das Fehlen jeglicher Bildnisse im Zusammenhang mit ihnen erklären und außerdem die Tatsache, dass die Macht keine Manifestation einer übergeordneten Kraft zu sein scheint.«

»Und dennoch haben Sie Grund zu der Annahme, die Aufzeichnungen seien gesäubert worden?«

»Selbst, wenn das von Gesetzes wegen vorgeschrieben gewesen wäre, Eminenz, hätte es dennoch höchstwahrscheinlich mündliche oder niedergeschriebene Überlieferungen gegeben – wenn nicht von einem Jedi, dann von jemandem außerhalb des Ordens, vielleicht sogar von einem Gegner. Eine Chronik der Taten der Jedi, Biographien prominenter Jedi, solche Dinge.«

»Ein Orden, sagen Sie.«

Taktiker Raff blickte nach unten zu der verhüllten Gestalt und nickte zustimmend. »Die Jedi scheinen als Orden angefangen zu haben, der sich philosophischen und religiösen Studien widmete. Es ist unklar, wann genau sie zum ersten Mal diese Energiequelle entdeckten, die sie die Macht nennen, oder ob sie möglicherweise schlicht die Ersten waren, die Zugang zu ihr erhielten. In jedem Falle haben sie sich offenbar nach und nach von einsam Meditierenden zu Dienern der Allgemeinheit entwickelt, und Tausende Generationen lang haben sie in der ganzen Galaxis für Gerechtigkeit gekämpft.«

Harrar legte seine sechs Finger aneinander und berührte damit seine tätowierten Lippen. »Dazu wäre eine Armee nötig gewesen.«

»Exakt, Eminenz.«

»Doch wurde keine Jedi-Armee gegen unsere Krieger eingesetzt. Den Kriegsberichten zufolge handelte es sich lediglich um einige wenige.« Der Priester lächelte schwach bei dieser Erkenntnis. »Da hat jemand nicht nur Dokumente in den Obroa-skai-Bibliotheken beseitigt, sondern den Jedi-Orden selbst gleich mit.«

»Das glaube ich auch.«

»Aber wer?«

Der Taktiker zuckte mit den Schultern. »Die Anhänger der so genannten dunklen Seite? Jene, die die Jedi Sith nennen?«

Harrar lehnte sich in die Polster zurück, die ihn stützten. »Dann hätten wir vielleicht Verbündete in dieser Galaxis.«

»Falls es noch Sith gibt, ja.«

Während Harrars Erwiderung waren entschlossene Schritte zu hören. Sie stammten von einer jungen Frau, deren langes schimmerndes Kleid ihre schlanke Figur und ihre herbe Schönheit noch betonte. Das rabenschwarze Haar wurde zum Großteil von einem Turban verdeckt, und irisierende Insekten leuchteten an den Säumen ihrer Robe. Mit langen Schritten trat sie verwegen zum Fuß der Kommandoplattform, wo sie die Arme unter den Brüsten verschränkte und Kopf und Schultern ehrerbietig senkte.

»Willkommen, Elan«, grüßte Harrar freundlich.

Elan hob den Kopf, der weder so schräg wie der des Priesters noch so asymmetrisch wie der des Taktikers war. Von den breiten Wangenknochen aus verjüngte sich ihr Gesicht bis zu dem gespaltenen Kinn. Die Puppillen der eisblauen Augen zeigten lavendelfarbene und kastanienbraune Wirbel, und ihre Nase war breit und wies so gut wie keinen Nasenrücken auf.

»Wie kann ich Ihnen zu Diensten sein, Eminenz?«

»Im Augenblick dadurch, dass Sie sich zu uns gesellen.« Einladend und ganz ohne einen Hauch von Herablassung tätschelte Harrar das Polster neben sich. »Sie sind gerade rechtzeitig zum Opfer gekommen.«

Elan blickte über die Schulter.

Sie wurde von einem winzigen Wesen von kunterbunter Erscheinung und eigenartigem Benehmen begleitet. Das Bunte rührte von kurzen Federn her, der schmucke Torso wies zwei dünne Arme auf, die jeweils in einer graziösen, vierfingrigen Hand endeten. Geschmeidige Ohren und doppelte spiralförmige Fühler saßen an dem länglichen, leicht übergroßen Kopf, dessen hinterer Teil in einem feinen Federkamm auslief. Das leicht konkave Gesicht hatte schlitzförmige Augen, einen breiten Mund und einen zarten Schnauzbart. Auf großen Spreizfüßen bewegte sich das Wesen mit flinken Sprüngen vorwärts.

Harrar bemerkte Elans Zögern. »Ihre Intima ist uns ebenfalls herzlich willkommen.«

Elan sah den Fremden an, der in der Nähe stand, dann ergriff sie die rechte Hand ihrer Begleiterin. »Komm, Vergere.« Sie stieg die Treppe hoch, setzte sich und machte auch für Vergere Platz, die es sich neben ihr bequem machte wie ein nistender Avian. Daraufhin blickte sie den Priester an. »Warum haben Sie uns gerufen, Eminenz?«

Harrar spielte den Enttäuschten und winkte dem nächststehenden Diener zu. »Wir wollen uns die Opferung anschauen.«

Der Diener verneigte sich und rief zwei kunstvoll getarnten Villips einen Befehl zu, woraufhin diese sofort ein optisches Feld erzeugten. Mitten in der Luft öffnete sich ein virtuelles Fenster, das den gesamten vorderen Bereich des Raumes ausfüllte, Schotten und Einrichtung verschwinden ließ und den Blick auf den umgebenden Weltraum freigab. Es war, als wäre dieser Teil des Schiffs klar wie Transparistahl geworden und als drängte der Kosmos plötzlich an Bord.

Obroa-skais Zentralgestirn war ein brodelnder Kessel im Zentrum des von den Villips erzeugten Feldes. Auf den Stern zu trudelte ein zerbeulter Gallofree-Transporter, der während der Schlacht erbeutet worden war und dessen Schilde gerade vor Hitze zu glühen begannen. Im Inneren des schotenförmigen Schiffes hielten sich zweitausend Gefangene und Droiden auf, die, durch Geräusche geläutert und durch Weihrauch gereinigt, aufgestapelt wie Feuerholz die letzten Minuten ihres Lebens verbrachten.

Harrar, seine Gäste und seine Diener verstummten und verharrten still, während das rote Glühen, das der Stern bei dem Transportschiff hervorrief, sich von der Nase bis zum Heck auszudehnen begann und die metallischen Decksaufbauten schmelzen ließ. Parabolantennen, Sensorreihen und Schildgeneratoren wurden flüssig wie Wachs. Die Außenhülle bekam Falten und löste sich vom Rahmen. Der Rumpf warf Blasen, krümmte sich und brach schließlich in sich zusammen. Das Schiff wurde zur Fackel, zu einem flammenden Strich, der schließlich verschwand.

Harrar hob die Hände in Schulterhöhe und hielt die Handflächen nach vorn. »Zur Lobpreisung des Schöpfers Yun-Yuuzhan und in demütiger Dankbarkeit für Deine Taten zu unserem Wohl, nimm diese Lebewesen, die der Existenz unwürdig sind, von uns als Opfer an. Mögen wir weiterhin Unterstützung für die Aufgabe finden, die Du uns gestellt hast, um Licht in dieses dunkle Reich zu bringen und es von Unwissenheit und Bösem zu befreien. Wir öffnen uns Dir …«

»Mögest Du Nahrung in unseren Opfergaben finden«, murmelten die anderen.

»Wir erheben unsere Herzen …«

»Damit Du uns gnädig bist.«

»Wir ergeben uns Dir aus freien Stücken …«

»Denn durch Dich erobern wir.«