Star Wars. Das Erbe der Jedi-Ritter 5. Die letzte Chance - James Luceno - E-Book

Star Wars. Das Erbe der Jedi-Ritter 5. Die letzte Chance E-Book

James Luceno

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Beschreibung

Nach verheerenden Siegen der Alien-Macht Yuuzhan Vong sind die Moral und die Kräfte der Neuen Republik fast am Ende. Leia Organa und Han Solo haben sich auseinander gelebt. Leia überwacht nun die Evakuierung der Flüchtlinge, während Luke Skywalker versucht, die Jedi-Ritter zusammenzuhalten. Da lässt sich einer der Jedi auf eine mutige, aber äußerst leichtsinnige Undercover-Mission ein - und Han Solo stolpert mitten in eine tödliche Schlacht ...

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Inhaltsverzeichnis

WidmungDanksagungDramatis PersonaeKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Copyright

Für Carmen, Carlosund Dimitri –13 Jahre danach.

Danksagung

Mein allerherzlichster Dank gilt jenen, die mir über die Schulter geschaut und dieses Buch bereichert haben – Shelly Shapiro, Sue Rostoni, Dan Wallace und Alex Newborn.

Dramatis Personae

Anakin Solo: Ein Jedi-Ritter

Beed Thane: Archon von Vergill

Borga Besadii Diori: Herrscherin der Hutt

Brand: Commodore der Neuen Republik

Chine-kal: Ein Kommandant der Yuuzhan Vong, Crèche

Droma: Ein raumfahrender Ryn

Gaph: Ein Ryn, Flüchtling

Han Solo: Captain der Millennium Falke

Jacen Solo: Ein Jedi-Ritter

Kyp Durron: Ein Jedi-Meister

Leia Organa Solo: Botschafterin der Neuen Republik

Luke Skywalker: Ein Jedi-Meister

Malik Carr: Ein Kommandant der Yuuzhan Vong

Melisma: Eine Ryn, Flüchtling

Nas Choka: Oberster Kommandant der Yuuzhan Vong

Prinz Isolder: Angehöriger des Königshauses von Hapes

Randa Besadii Diori: Ein Hutt

Roa: Ein Gefangener

Sapha: Eine Ryn, Gefangene

Talon Karrde: Ein Verbindungsmann

Viqi Shesh: Senatorin

Wurth Skidder: Ein Jedi-Ritter

1

Es war Morgen in Gyndines Hauptstadt, wenngleich diese Tatsache auf der Oberfläche des Planeten kaum jemand bemerkte. Die aufgehende Sonne, insofern man sie überhaupt sehen konnte, zeigte sich lediglich als bleiche Scheibe hinter wallendem Rauch, der von brennenden Wäldern und Städten aufstieg. Schlachtenlärm hallte donnernd aus den Bergen herüber, und ein heißer, sengender Wind fegte über die Landschaft. Trübes Zwielicht, durchbrochen nur von blendend hellen Blitzen, beherrschte den Tag.

Diese künstlichen Blitze wurden von Kriegern und Kriegsmaschinen erzeugt, die auf der verbrannten Erde unterwegs waren oder im Orbit über diesem Wahnsinn durch den verfinsterten Himmel preschten. In den bleiernen Wolken jagten sich unbarmherzig verfeindete Kampfschiffe, und ihr Getöse trug seinen Teil zum Lärmpegel der Schlacht bei. Östlich der belagerten Hauptstadt bohrten sich Energiestrahlen gnadenlos in die Oberfläche, aufgefächert wie flutendes Sonnenlicht oder konzentriert zu grellen Lichtwänden, die den Horizont wie einen erstarrten Sonnenaufgang rot glühen ließen.

Geschosse aus überhitztem Fels regneten auf die Überreste der Stadt herunter, durchlöcherten die verbliebenen Türme und brachten jene Gebäude zum Einsturz, die längst ausgebrannt waren. Ferrobetonstücke und verbogenes Plasteel landeten in von Bombentrichtern übersäten Straßen und Gassen. Zivilisten rannten verzweifelt umher und suchten nach Schutz, während andere sich paralysiert vor Angst in verkohlten Unterständen verkrochen, die bis vor kurzem Hauseingänge und Geschäfte gewesen waren. In manchen Vierteln erwiderten Ionenkanonen und fast erschöpfte Turbolaser-Batterien den Geschosshagel mit cyanblauem Licht. Doch nur in der Umgebung der Botschaft der Neuen Republik wurde das feindliche Feuer von einem hastig errichteten Schutzschild abgewehrt.

Gefährlich nah am Rand des schimmernden Schildes hatten sich tausende Angehörige verschiedener Spezies hinter einem Schockzaun versammelt und drängten auf Einlass. Verwirrte Droiden trieben sich in der Umgebung der Menge herum und waren sich des Schicksals bewusst, das sie erwartete, wenn die Invasoren die Stadt überrannten.

Hätte der Schockzaun das einzige Hindernis zu einer sicheren Zuflucht dargestellt, wäre die Menge vermutlich in Panik geraten und hätte das Botschaftsgelände gestürmt. Doch das Grundstück wurde außerdem von schwer bewaffneten Soldaten der Neuen Republik bewacht, und zudem durfte man das Kraftfeld nicht vergessen. Dieser Schirm aus Energie musste zunächst deaktiviert werden, ehe man sicher hindurchgehen konnte, und dies war immer nur dann der Fall, wenn ein Evakuierungsschiff zu einem der Transporter im nahen Raum startete.

Gyndines Flüchtlinge, die sich die aschfahlen Gesichter der verpesteten Luft wegen mit Tüchern verhüllt hatten, versuchten alles, um ihr nacktes Leben zu retten. Sie hielten schützend verängstigte Kinder in den Armen oder umklammerten armselige Bündel mit persönlichen Habseligkeiten, flehten die Soldaten an oder boten ihnen Bestechungsgelder, beschimpften und bedrohten sie. Doch die Männer mit den grimmigen Gesichtern hatten den Befehl zu schweigen und schenkten niemandem auch nur einen tröstenden Blick oder ein ermutigendes Wort. Lediglich die Augen straften die vorgespiegelte Mitleidlosigkeit Lügen, wenn die Soldaten sich flehentlich derjenigen Person zuwandten, die als Einzige über solche Bitten und Forderungen entscheiden durfte.

Gerade jetzt bemerkte Leia Organa Solo wieder einen dieser Blicke, den ihr einer der Soldaten zuwarf, der dicht beim provisorischen Kommunikationsbunker stand. Da ihr Gesicht schmutzverschmiert war und sie das lange Haar unter einer Mütze mit Krempe versteckt hatte, würde vermutlich niemand in der Menge die einstige Heldin der Rebellen-Allianz und frühere Staatschefin erkennen, aber der himmelblaue Overall – auf dessen Ärmeln das Emblem der SELCORE prangte, des Sonderausschusses des Senates für Flüchtlingsfragen – zog die Aufmerksamkeit der Verzweifelten auf sich. Und so durfte sie sich kaum bis auf fünf Meter an den Zaun heranwagen, ohne dass man ihr schreiende Kinder und Gebetsketten entgegenreckte oder Botschaften an Verwandte auf anderen Welten zurief.

Sie wagte es nicht, mit irgendwem Blickkontakt aufzunehmen, damit sich niemand ermutigt fühlte oder ihre eigene Seelenpein spürte. Um ihr inneres Gleichgewicht zu wahren, bezog sie ihre Kraft aus der Macht. Zudem erkundigte sie sich regelmäßig im Bunker, ob ein weiteres Evakuierungsschiff gelandet war und darauf wartete, Flüchtlinge an Bord zu nehmen.

Stets einen Schritt hinter ihr, folgte ihr der treue Ohlmahk, der mit seiner Wildheit eher wie ein Raubtier und weniger wie ein Leibwächter wirkte. Wenigstens der kleine Noghri schien sich inmitten dieses Chaos wohl zu fühlen, wohingegen C-3PO, dessen goldglänzende Oberfläche durch den Ruß stumpf geworden war, offenbar völlig entsetzt war. Neuerdings bezog sich die Besorgnis des Protokolldroiden allerdings weniger auf seine eigene Sicherheit, sondern auf die größere Bedrohung, welche die Yuuzhan Vong für alles Maschinenleben darstellten, das häufig zuerst leiden musste, sobald wieder eine Welt gefallen war.

Eine mächtige Explosion erschütterte den Permabeton unter Leias Füßen, und im Herzen der Stadt blühte ein orangefarbener Flammenpilz auf. Ein sengender Wind, der Tröpfchen eines noch heißeren Regens heranwehte, zerrte an Leias Mütze und Overall. Durch die Feuersbrünste hatten sich mikroklimatische Stürme entwickelt, die schon die ganze Nacht über das Plateau gefegt waren. Hagel vermischte sich mit der Asche aus Gyndines Ruinen, und bei allen, die sich im Freien befanden, rief er auf der nackten Haut Blasen hervor wie Säure. Sogar durch die isolierten Sohlen ihrer kniehohen Stiefel spürte Leia die anomale Hitze des Bodens.

Auf ein lautes Sirren hin drehte sie sich zum Schild um und sah gerade noch, wie es sich in verzerrten Wellen auflöste.

»Evak-Schiff hat abgehoben«, berichtete ihr ein Soldat aus dem Kommunikationsbunker, der beide Hände auf die Ohrmuscheln seines Kom-Helms presste. »Zwei weitere sind auf dem Weg nach unten.«

Leia schaute zum düsteren Himmel hinauf. Vage erkannte sie die abgeflachte Form des abfliegenden Schiffes, das mit Repulsorenenergie startete und dann auf einer Säule aus blauem Feuer in die Höhe schoss, wobei es von einem halben Dutzend X-Flügler eskortiert wurde. Ein Schwarm Korallenskipper, der in den Bergen gelauert hatte, nahm sofort die Verfolgung auf.

Leia fuhr zu den Soldaten am Schockzaun herum. »Die nächste Gruppe soll eintreten!«

Schulter an Schulter gedrängt schoben sich die Vordersten in der Menge – Menschen, Sullustaner, Bimms und andere – durch das Tor der Botschaft. Da der Schild heruntergelassen war, schlugen nun feindliche Geschosse, die sonst abgewehrt worden wären, wie flammende Meteoriten ein, eines traf den Ostflügel des im imperialen Stil errichteten Gebäudes und setzte es in Brand.

Leia klopfte den Evakuierten auf die Schultern, während sie auf eine Raumfähre zuströmten, die in der Landezone wartete. »Beeilung!«, drängte sie. »Beeilung!«

»Schilde werden wieder aufgebaut«, meldete der Kom-Offizier aus dem Bunker. »Zurückbleiben!«

Leia knirschte mit den Zähnen. Für sie war dies immer der schwerste Moment.

Die Soldaten am Tor stellten die Absperrung wieder her und suchten die Umgebung nach Störungen ab. In Reaktion darauf drängte die Menge verstärkt vorwärts, empört über die Ungerechtigkeit und die Willkür. Die Flüchtlinge in vorderster Front fürchteten, ihre Chance auf Rettung wegen ein oder zwei Personen zu verlieren, die vor ihnen in der Reihe standen, und schlängelten sich zwischen den anderen hindurch, während hinten gedrängelt und geschoben wurde. Leia sah, wie vergeblich das war, und dennoch weigerte sich die Menge, sich zu zerstreuen, weil man gegen alle Wahrscheinlichkeit hoffte, die Streitkräfte der Neuen Republik könnten die Invasoren so lange in Schach halten, bis der letzte Zivilist evakuiert war.

»Mistress Leia«, sagte C-3PO und hastete mit erhobenen Händen und glühenden Photorezeptoren auf sie zu. »Der Deflektorschild verliert an Stärke! Wenn wir nicht bald verschwinden, kommen wir hier um!«

Wie so viele andere heute, dachte Leia.

»Wir nehmen das letzte Schiff«, erklärte sie C-3PO, »so lange bleiben wir. Bis dahin mache dich nützlich beim Erfassen von Namen und Spezies der Flüchtlinge.«

C-3PO reckte die Arme noch höher und machte abrupt kehrt. »Was soll bloß aus uns werden?«

Leia seufzte müde und stellte sich die gleiche Frage.

Das Bombardement hatte vor zwei Tagen begonnen, als eine Flottille der Yuuzhan Vong überraschend aus dem Hutt-Raum ins benachbarte Circarpous-System eingefallen war. In aller Eile hatte man versucht, die Hauptstadt des Sektors zu befestigen, doch da Flotten und Einsatztruppen bereits die wichtigsten Systeme im Kern und in den Koloniewelten sichern mussten, hatte die Neue Republik einer trotz der bescheidenen orbitalen Werften zweitrangigen Welt wie Gyndine wenig Unterstützung anzubieten.

Überdies entbehrte der Angriff der Yuuzhan Vong jeglichen Sinns und Zwecks – abgesehen davon, dass dadurch Verwirrung gestiftet wurde. Nach dem erst kürzlich erfolgten Verlust mehrerer Welten des Mittleren Rands hatte man das entferntere Gyndine als ideale Durchgangsstation für Flüchtlinge betrachtet; und tatsächlich waren viele von jenen, die vor dem Zaun warteten, von Ithor, Obroa-skai, Ord Mantell oder anderen vom Feind besetzten Planeten hergebracht worden. Langsam wurde deutlich, dass die Yuuzhan Vong ebenso sehr Vergnügen daran fanden, Vertriebene zu verfolgen, wie daran, Gefangene zu opfern und Droiden zu zerstören. Sogar mit diesem Bodenangriff auf Gyndine stellten sie unter Beweis, wie meisterhaft sie Welten erobern und Welten vernichten konnten.

Die Stimme des Kom-Offiziers beendete Leias Grübeln. »Botschafterin, wir empfangen die Übertragung einer Sonde von der Front.«

Leia zögerte, dann betrat sie gebückt den Bunker, wo sich eine Reihe Männer und Frauen um ein Hologramm versammelt hatte. Es dauerte einen Augenblick, bis sie begriff, was sie da sah, und selbst da wollte sie die Wahrheit nicht akzeptieren.

»Was im Namen von …«

»Feuerspeier«, erklärte jemand, als habe er ihre Verblüffung vorausgeahnt. »Gerüchten zufolge haben die Yuuzhan Vong auf Mimban einen Zwischenstopp eingelegt, damit diese Dinger sich in den Sümpfen voll Gas saugen konnten.«

Leia musste sich setzen, so sehr zitterten ihre Beine, und sie schlug die Hand vor den Mund. Wie die Vorboten einer neuen Dämmerung des Grauens marschierte eine Legion von blasenförmigen Riesengeschöpfen heran, die auf sechs Stummelbeinen liefen und mit beweglichen Rüsseln ausgestattet waren, aus denen gallertartige Flammen strömten.

»Offensichtlich vermischen sie Methan und Schwefelwasserstoff mit einer Substanz in ihren Organen und produzieren so dieses flüssige Feuer«, erläuterte die Frau an den Kontrollen des Holoprojektors, eher fasziniert als fassungslos. »Außerdem versprühen sie Anti-Laser-Aerosole.«

Dieses neue Beispiel für die durch Gentechnologie geschaffenen Ungeheuer des Feindes, diese dreißig Meter großen Feuerspeier, marschierten weniger, sondern schwebten vielmehr über das Gelände, wie locker verankerte Fesselballons, die alles und jedes, das ihnen in den Weg kam, in Brand setzten.

Leia hatte das Gefühl, sie könne das flammende Vernichtungswerk noch hier in der Botschaft riechen.

»Was auch immer sie sind, sie haben ein dickes Fell«, sagte der Kom-Offizier. »Alles unterhalb der Stärke eines Turbolaserstrahls lässt sie kalt.«

Da sie nicht in der Lage waren, diese todbringenden Kleinluftschiffe aufzuhalten, gaben die Einheiten von Gyndine ihre Stellungen auf und zogen sich in Richtung Stadt zurück. Auf dem Schlachtfeld blieb die verkohlte Kriegsmaschinerie zurück – Panzerdroiden, alte mobile Loronar-Turbolaser und sogar einige AT-AT-Läufer, die umgestürzt waren und enthauptet alle viere von sich streckten.

»Sie ziehen sich zurück!«, bemerkte Leia scharf. »Wer hat den Befehl erteilt?«

Noch während sie es sagte, bereute sie die Bemerkung. Die Offiziere starrten sie entweder wortlos an oder schauten unbehaglich zu Boden. Konnte sie diesen Soldaten den Rückzug übel nehmen, während die Neue Republik seit Anfang der Invasion im Grund nichts anderes tat – sie zog sich zum Kern zurück, als sei dort wegen der Dichte der Sternsysteme verstärkter Schutz notwendig? Wer bestimmte, welche Maßnahmen wohl begründet waren und welche der Ehrenhaftigkeit entbehrten?

Schweigend verließ Leia den Bunker und stieß draußen auf den erschütterten C-3PO, der auf sie wartete.

»Mistress Leia, ich habe eine höchst beunruhigende Nachricht erhalten!«

Leia konnte ihn kaum verstehen. In der kurzen Zeit, die sie im Bunker verbracht hatte, war der Feind in die Außenbezirke der Hauptstadt vorgedrungen. Die Aufregung unter den Flüchtlingen hatte sich noch gesteigert, die Menge drängte nach vorn und wogte von einer Seite zur anderen. Durch eine Lücke in der Skyline der City glaubte Leia die ersten Feuerspeier zu erkennen.

»Es scheint«, fuhr C-3PO fort, »dass die Einwohner von Gyndine dem Eindruck unterliegen, frühere Anhänger des Imperiums würden bei der Evakuierung systematisch benachteiligt.«

Leia fiel die Kinnlade herunter, und ihre braunen Augen blitzten. »Das ist absurd. Glauben die etwa, ich könnte ehemalige Imperiale am Äußeren erkennen? Selbst wenn ich dazu in der Lage wäre …«

C-3PO senkte die Stimme verschwörerisch. »Genau betrachtet ist diese Behauptung sogar statistisch belegbar, Mistress. Von den Fünftausend, die bislang evakuiert wurden, stammte der überwiegende Anteil von Welten, die sich, wie eindeutig dokumentiert ist, frühzeitig auf die Seite der Rebellen-Allianz stellten. Wie auch immer, das geht auf nicht mehr als …«

C-3POs Erklärung wurde von einer ohrenbetäubenden Explosion übertönt. Elektrische Blitze tanzten wild über den Rand der Energiekuppel, dann verschwand der Schild. Im gleichen Moment flackerten die Warnlichter des Schockzauns und erloschen. Erschrocken hielt die Menge den Atem an.

»Der Generator wurde getroffen!«, sagte C-3PO. »Wir sind erledigt!«

Wieder drängten die Flüchtlinge heran, und die Soldaten rückten enger zusammen. Waffen wurden entsichert, ein Unheil verkündendes Geräusch.

C-3PO wich in Richtung Botschaftstor zurück. »Die werden uns einfach überrennen!«

Olmahk strahlte tödliche Bedrohlichkeit aus, während er sich neben Leia aufbaute. Sie wollte ihn mahnen, die Ruhe zu bewahren, als einer der Soldaten die Nerven verlor, eine Schallwaffe direkt in die Menge hielt und abfeuerte, woraufhin ein Dutzend Flüchtlinge zusammenbrach und der Rest kopflos auseinander stob.

Ohne nachzudenken rannte Leia zu dem überforderten Soldaten und riss ihm die Waffe aus den schlaffen Händen. »Wir sollten diese Leute retten, nicht verletzen!«

Sie warf die Waffe zur Seite. Als sie sich über das Gesicht und die Stirn fuhr, riss sie sich dabei versehentlich die Mütze vom Kopf, und ihr Haar fiel über die Schultern. Sie drängte sich zum Bunker durch, packte sich das nächste Komlink und verlangte, zum Kommandeur des Kampfverbandes durchgestellt zu werden.

»Botschafterin Organa Solo, hier spricht Commander Ilanka«, meldete sich eine Bassstimme kurz angebunden.

»Wir brauchen jedes verfügbare Schiff, Commander – und zwar sofort. Die Truppen der Yuuzhan Vong dringen in die Stadt ein.«

Es dauerte einen Augenblick, bis Ilanka antwortete. »Tut mir Leid, Botschafterin, aber wir haben hier draußen alle Hände voll zu tun. Vor kurzem sind drei weitere feindliche Kriegsschiffe auf der anderen Seite des Mondes aus dem Hyperraum eingetroffen. Leider müssen Sie sich mit den Schiffen begnügen, die Sie da unten haben. Außerdem möchte ich Sie auffordern, diese möglichst umgehend starten zu lassen. Und, Botschafterin, Sie sollten sich selbst an Bord eines von ihnen begeben.«

Leia beendete die Verbindung mit einem Daumendruck auf die entsprechende Taste und ließ den Blick alarmiert über die Flüchtlinge schweifen. Wie soll ich eine Auswahl treffen?, fragte sie sich. Wie?

Ein Hagel flammender Yorikkorallen-Meteoriten ging auf die Botschaft und die benachbarten Gebäude nieder und setzte alles in Brand, was getroffen wurde. Das Inferno löste eine Explosion im Treibstofflager nahe der Landezone aus; in weitem Umkreis flogen Splitter umher. Auf der rechten Seite ihres Gesichts spürte Leia plötzlich einen stechenden Schmerz, als wäre ihr die Wange aufgeplatzt. Instinktiv tastete sie die Wunde mit den Fingern ab und erwartete Blut, doch das fliegende Bruchstück war so heiß gewesen, dass es das offene Fleisch regelrecht kauterisiert hatte.

»Mistress Leia, Ihr seid verletzt!«, rief C-3PO, sie jedoch verscheuchte ihn mit einem Wink, ehe er bei ihr war. Aus den Augenwinkeln nahm sie einen groß gewachsenen sehnigen Menschen wahr, der von zwei Soldaten abgeführt wurde. Die Mütze hatte er tief in die Stirn gezogen, das Gesicht war geschwollen und voller Blutergüsse.

»Was ist mit ihm?«, fragte Leia die Soldaten.

»Ein Aufwiegler«, berichtete der kleinere Soldat. »Wir haben ihn dabei erwischt, wie er lauthals verbreitete, nur treue Anhänger der Neuen Republik würden evakuiert. Jeder mit imperialer Vergangenheit könne ihm genauso gut einen Kuss auf den …«

»Schon gut, Sergeant«, unterbrach ihn Leia. Sie taxierte den Festgenommenen kurz und überlegte, was er wohl damit gewann, solche Lügen zu verbreiten. Gerade wollte sie den Mund öffnen, um ihn zu fragen, da alarmierte sie ein bedeutungsvolles Schnüffeln von Olmahk.

Leia trat näher an den Mann heran und blickte ihm forschend in die Augen. Während sie den rechten Zeigefinger hob, entwich Olmahk ein leises Knurren. Der Häftling schreckte zurück, als er Leias Absicht erkannte, aber seine Reaktion spornte die Soldaten lediglich an, fester zuzupacken. Leia kniff die Augen zusammen, denn nun war sie sicher. Sie stieß ihm den Finger ins Gesicht und traf ihn an der Stelle, wo der rechte Nasenflügel in die Wange überging.

Zur Überraschung der Soldaten schien sich das Fleisch zurückzuziehen und das Gesicht mitzunehmen, woraufhin sich ein zweites Gesicht darunter enthüllte, schmerzgequält und stolz, in dessen Haut leuchtend bunte Muster und Schnörkel tätowiert und geritzt waren. Die fleischartige Maske, die bei Leias Berührung die Flucht ergriffen hatte, verschwand im Ausschnitt der lockeren Jacke, wölbte die Kleidung, während sie nach unten rutschte, und kam wie fleischfarbener Sirup in Form einer Pfütze an den Hosenbeinen wieder zum Vorschein.

Die Soldaten sprangen erschrocken zurück, der Sergeant zog seinen Blaster und feuerte mehrmals auf die lebende Pfütze. Der Yuuzhan Vong, den nun niemand mehr festhielt, trat ebenfalls einen Schritt zurück, riss seine Jacke auf und legte eine Weste frei, die ebenso lebendig war die die Ooglith-Maske noch vor einem Moment. Mit den wimpernlosen Augen fixierte er Leia, hob den Kopf und stieß einen Schlachtruf aus, der das Blut gerinnen ließ.

»Do-ro’ik vong pratte!« Wehe unseren Feinden!

»Runter! Runter!«, schrie Leia den Männern in ihrer Nähe zu.

Olmahk drückte sie zu Boden, und kurz darauf sprang der erste Knallkäfer aus der Weste des Yuuzhan Vong. Das Geräusch ähnelte dem eines Korkens, der aus einer Flasche Schaumwein schießt, aber auf die Explosionen folgten die Schreie von Soldaten und unglücklichen Zivilisten, die Leias Warnung nicht gehört oder nicht beachtet hatten. Im Umkreis von zehn Metern fielen Männer und Frauen um wie gefällte Bäume.

Leia spürte, wie sich Olmahks Gewicht von ihr hob. Als sie aufsah, hatte der Noghri dem Yuuzhan Vong bereits mit den Zähnen die Kehle herausgerissen. Links und rechts lagen Verwundete und stöhnten vor Schmerz. Andere taumelten umher und hielten sich mit den Händen den aufgerissenen Leib, komplizierte Knochenbrüche oder zerfleischte Gesichter.

»Schafft die Verletzten zum Verbandsplatz!«, befahl Leia.

Unaufhörlich hagelten Yorikkorallen-Geschosse auf die Botschaft und die Landezone herab, wo ein Dutzend Soldaten die Einschiffung beim letzten Evakuierungsschiff überwachten.

Längst hatte sich die Menge durch das Tor gedrängt, doch mit Betäubungsstöcken und Schall wurden die meisten daran gehindert, das wartende Schiff zu erreichen. Benommen und gefolgt von Olmahk, machte sich Leia nun selbst dorthin auf den Weg. Sie entdeckte C-3PO, dessen Brust eine tiefe Beule von einem der Knallkäfer davongetragen hatte, nur knapp über der runden Steckvorrichtung für das Ladegerät.

»Alles in Ordnung?«, fragte sie ihn.

Er hätte geblinzelt, wenn er dazu fähig gewesen wäre. »Dem Erbauer sei Dank, dass ich kein Herz habe!«

Während die drei sich dem Evakuierungsschiff näherten, humpelte ein alter AT-STin Sicht, der an der Seite verkohlt war, Hydrauliköl verlor und seinen Granatenwerfer eingebüßt hatte. Der Allterrain-Scouttransporter, eine leicht gepanzerte Kiste auf riesigen Vogelbeinen, kam schnaufend und rasselnd zum Stillstand und brach dann auf dem Permabeton-Vorfeld der Landezone zusammen. Im nächsten Moment ging die Heckklappe hoch, eine Rauchwolke quoll hervor, und ein junger Mann kroch hustend, doch ansonsten unverletzt, aus dem Cockpit.

»Wurth Skidder«, sagte Leia und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich hätte es mir gleich denken können, bei diesem Auftritt.«

Skidder, schlank und mit scharfen Gesichtszügen, kam behände auf die Beine und warf seinen schwelenden Jedi-Umhang ab. »Die Yuuzhan Vong haben unsere Verteidigungsstellungen überrannt, Botschafterin. Die Schlacht ist verloren.« Er grinste selbstgefällig. »Sie sollten es als Erste erfahren.«

Leia hatte von Luke erfahren, dass Skidder sich auf Gyndine aufhielt, doch jetzt traf sie ihn zum ersten Mal. Während der Rhommamool-Krise vor acht Monaten hatte es ziemlichen Ärger mit ihm gegeben, als er zwei von Rodianern bemannte osarianische Sternjäger abgeschossen hatte, die die Absicht hatten, Leia bei der Ausführung ihrer damaligen diplomatischen Aufgabe zu behindern. Damals hatte sie ihn für rücksichtslos, leichtsinnig und übertrieben selbstbewusst gehalten, was seine Fähigkeiten anging, doch Luke behauptete steif und fest, die Schlacht von Ithor und die Verwundung, die Skidder dort davongetragen habe, hätten ihn vollkommen verändert, und zwar zum Besseren. Vermutlich deshalb, dachte Leia, weil er seitdem ständig Gelegenheit bekam, sein Lichtschwert einzusetzen.

»Sie kommen ein wenig spät mit Ihrem Bericht, Wurth«, erwiderte sie, »aber gerade rechtzeitig, um von hier zu verschwinden.« Sie deutete mit dem Kopf in Richtung Landezone. »Mein Bruder würde es mir nie verzeihen, wenn ich Sie nicht wohlbehalten nach Coruscant zurückbringen würde.«

Skidder antwortete mit einer kunstvoll galanten Verbeugung und streckte ihr den rechten Arm entgegen. »Ein Jedi meidet Streit um jeden Preis.« Kurz starrte er sie an. »Im Jedi-Kodex ist keine Rede von einer Verpflichtung, Zivilisten gehorchen zu müssen, aber ich füge mich aus Respekt vor Ihrem berühmten Bruder.«

»Schön«, gab Leia sarkastisch zurück. »Sorgen Sie nur dafür, dass Sie rechtzeitig an Bord gelangen.« Jemand tippte ihr auf die Schulter, und sie fuhr herum.

»Botschafterin, wir haben einen Platz für Sie, Ihren Bodyguard und Ihren Droiden reserviert«, meldete ein Offizier des Schiffes. »Doch Sie müssen sofort an Bord gehen, Ma’am. Der Gesandte der Neuen Republik ist bereits eingestiegen, und wir haben Befehl zu starten.«

Leia nickte, dann drehte sie sich wieder zu Skidder um, der jedoch auf das Tor der Botschaft zurannte. »Skidder!«, schrie sie ihm hinterher und bildete mit den Händen einen Trichter vor dem Mund.

Er blieb stehen, wandte sich um und winkte ihr zu, hatte sie also wenigstens gehört. »Ich habe nur noch eine Kleinigkeit zu erledigen«, rief er zurück.

Leia runzelte verärgert die Stirn, sah den Offizier an und ließ den Blick dann zwischen dem Schiff und der großen Flüchtlingsmenge hin und her schweifen. »Sicherlich haben Sie noch Platz für ein paar Leute.«

Der Offizier presste die Lippen aufeinander. »Wir haben die maximale Ladekapazität des Schiffes erreicht, Botschafterin.« Er folgte ihrem Blick zu den Flüchtlingen. »Na gut, vier weitere Personen.«

Dankbar legte ihm Leia die Hand auf den Unterarm, und die beiden eilten zur Rampe. Hinter einer Mauer aus Soldaten stand an der Spitze der Flüchtlingsreihe eine Gruppe stachelhaariger, pelziger Aliens, die lange Schwänze hatten und bunte, abgetragene Westen und Wickelröcke trugen.

Ryn, wurde Leia überraschend klar – die Spezies, der auch Hans neuer Freund Droma angehörte.

»Vier«, erinnerte der Offizier sie, während sie die Ryn zählte. »Einige müssen leider zurückbleiben.«

Sechs Ryn, um genau zu sein, blieben zurück. Vier Gerettete waren besser als keiner. Sie schob sich zwischen den zwei breitschultrigen Soldaten an der Rampe durch und winkte die Aliens vor. »Ihr vier«, sagte sie und zeigte nacheinander auf die Betreffenden. »Schnell!«

Erleichterung und Freude breitete sich auf ihren Mienen aus. Die auserwählten vier umarmten jene, die zurückbleiben mussten. Ein Säugling wurde von hinten zu einer der Frauen vorn gereicht. Dann hörte Leia jemanden sagen: »Melisma, wenn du Droma findest, erzähl ihm, dass wir hier sind.«

Leia zuckte zusammen und sah sich nach der Frau um, die diesen Namen erwähnt hatte, doch hatte sie keine Zeit, die entsprechende Ryn ausfindig zu machen. Die Soldaten zogen sich bereits zur Rampe zurück und nahmen sie mit.

»Augenblick!«, sagte sie, blieb unvermittelt stehen und weigerte sich weiterzugehen. »Skidder. Wo ist Skidder? Ist er schon an Bord?«

Sie beugte sich vor, schaute über die verwüstete Landezone und entdeckte ihn, wie er auf das Schiff zurannte, eine Frau hinter sich herzerrte und ein langhaariges Kind im linken Arm trug. Dieser Anblick gab Leia zu denken. Vielleicht hatte sich Skidder tatsächlich geändert.

»Kümmern Sie sich darum, dass er an Bord kommt«, wies Leia den zuständigen Offizier an und wartete ab, während ein Geschoss von einem Korallenskipper nur wenige Meter von der Rampe in den Permabeton einschlug. »Und wenn es nicht anders geht, nehmen Sie einen Schuhlöffel.«

2

Der Tod verfolgte die Fähre bis zur Grenze des Weltraums, in Gestalt von Geschossen, die vom Boden und von Jägern abgefeuert wurden, und er lauerte außerdem in Form von Dovin Basalen an Bord von Kriegsschiffen, die in Gyndines Atmosphäre eingedrungen waren. Die X-Flügler-Eskorte musste sich den Weg durch Schwärme von Korallenskippern freischießen und dabei auch ein fregattenähnliches Schiff beseitigen. Fünf Piloten opferten ihr Leben für die Evakuierten.

Leia saß im überfüllten Cockpit, beobachtete die Schlacht draußen und fragte sich, ob sie das Transportschiff rechtzeitig erreichen würden. Eine andere Fähre, die vor Tagesanbruch gestartet war, hatte dieses Glück nicht gehabt. Der ovale Rumpf trieb vielfach durchlöchert im goldenen Sonnenlicht träge dahin und spie seinen Inhalt und seine Trümmer in den Weltraum.

Überall, wohin Leias Blick fiel, gingen Schiffe der Neuen Republik und der Yuuzhan Vong mit Lasern und Geschossen aufeinander los, während feindliche Landeschiffe sich ins Geschehen stürzten, mit ausgebreiteten flügelartigen Fortsätzen und entflammbaren Korallen, die in der Atmosphäre rot aufglühten. Weiter vom Planeten entfernt entdeckte sie die neu angekommenen Schiffe, die Commander Ilanka erwähnt hatte. Zwei davon hatten ballonartige Rümpfe, aus denen ein Dutzend oder mehr gabelförmige, verzweigte Arme ragten. Das dritte ähnelte einem Haufen aneinander klebender Blasen oder Eier kurz vorm Schlüpfen.

In der Passagierkabine der Fähre unterhielten sich die Flüchtlinge mit gedämpfter Stimme oder beteten zu den verschiedensten Göttern. Die Angst der Davongekommenen konnte Leia förmlich riechen. Sie drehte gerade eine Runde zwischen ihnen, als ein wohlvertrautes Beben durch das Schiff ging, und erleichtert stellte sie fest, dass sie von einem Traktorstrahl erfasst worden waren.

Kurz darauf wurden sie sanft, fast zärtlich, in eine der Landebuchten des Transporters gezogen.

Doch selbst jetzt griff der Tod weiter nach ihnen.

Während des Ausschiffens drangen plötzlich zwei Korallenskipper, die irgendwie den Energieschild überlistet hatten, in den Frachtraum ein, glitten über das Deck und explodierten vor einem Schild, der noch eben rechtzeitig hochgefahren worden war. Bei diesem Zwischenfall verloren mehrere Flüchtlinge und Mannschaftsmitglieder das Leben, etwa zwanzig erlitten Verletzungen.

Zwei Assistentinnen von Leia, die an Bord des Transporters geblieben waren, eilten herbei, während sie unter den Korallentrümmern hervorkroch. Sie ließ deutlich erkennen, was sie davon hielt, dass die beiden ihr das Haar aus dem Gesicht kämmen wollten.

»Sie sorgen sich um meine Frisur«, wetterte sie, »und die Leute dort drüben brauchen dringend medizinische Versorgung.«

»Aber Ihre Wange«, sagte eine der Frauen bekümmert.

Die Splitterwunde hatte Leia vollkommen vergessen. Ganz von selbst wiederholte ihre Hand die Bewegung, die sie schon unten vollzogen hatte, und strich mit den Fingerspitzen über die Ränder des Risses. Erschöpft seufzte sie und setzte sich mit verschränkten Beinen auf das Deck.

»Tut mir Leid.«

Schweigend ließ sie es nun zu, dass die Wunde versorgt wurde, da sie auch plötzlich bemerkte, wie erschöpft sie war. Als C-3PO und Olmahk zu ihr kamen, sagte sie: »Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich zuletzt geschlafen habe.«

»Das war vor fünfundsiebzig Stunden und sechs Minuten, Mistress«, half C-3PO ihrem Gedächtnis nach. »Standardzeit, versteht sich. Wenn Sie wünschen, könnte ich die Spanne auch in anderen Zeitmaßsystemen berechnen, was jedoch …«

»Jetzt nicht, C-3PO«, sagte Leia schwach. »Eigentlich solltest du lieber ein Ölbad nehmen, bevor deine beweglichen Teile einrosten.«

C-3PO legte den Kopf schief und stemmte die Arme fest in die Seite. »Wunderbar, besten Dank, Mistress Leia. Ich fing schon langsam an zu befürchten, ich würde diese Worte gar nicht mehr aus Ihrem Mund hören.«

»Und Sie«, sagte Leia und wandte sich an Olmahk, »waschen sich endlich das Blut dieses Yuuzhan Vong vom Kinn.«

Der Noghri gab eine trotzige Erwiderung von sich, dann nickte er knapp und ging mit C-3PO davon.

Fünfundsiebzig Stunden, dachte Leia.

Die Wahrheit allerdings war, dass sie schon seit Hans Aufbruch von Coruscant vor nun bald einem Monat nicht mehr gut geschlafen hatte. Es verging kein Tag, an dem sie sich nicht fragte, was er vorhatte, während er vorgeblich nach Roa suchte, seinem alten Lehrmeister, der bei einem Überfall der Yuuzhan Vong auf das Jubelrad, eine Station im Orbit von Ord Mantell, gefangen genommen worden war. Außerdem suchte er gleichzeitig nach den Clan-Angehörigen seines neuen Freundes, eines Ryn. Ob der Droma, den einer der Ryn auf Gyndine erwähnt hatte, möglicherweise derjenige war, mit dem sich Han gegenwärtig herumtrieb?

Gelegentlich erhielt sie Berichte, der Millennium Falke sei in diesem oder jenem System gesichtet worden, doch bislang hatte sie keinen persönlichen Kontakt zu Han hergestellt.

Seit Chewbaccas Tod war er nicht mehr der Alte – was allerdings nicht nur für ihn galt, denn Chewbacca war ziemlich zu Anfang der Invasion gestorben. Natürlich war es normal, dass Han über Chewies Tod mehr als alle anderen trauerte, aber selbst Leia hatte es überrascht, in welche Richtung sich sein Kummer entwickelt hatte – oder wohin ihn sein Gram trieb. Der fröhliche Spitzbube war zu einem zornigen Mann geworden. Anakin war der Wut seines Vater als Erster zum Opfer gefallen; anschließend hatte es auch alle anderen in Hans Umgebung erwischt.

Fachleute sprachen von den verschiedenen Stadien der Trauer, die Betroffene für gewöhnlich nacheinander durchmachten. Aber bei Han fielen alle Stadien zusammen – Wut, Leugnung, Verzweiflung – und offenbar schien er sich weder an die neue Situation zu gewöhnen, noch den Tod seines Freundes zu verarbeiten. Hans Stagnation beunruhigte Leia am meisten. Obwohl er es vehement bestreiten würde – und zwar lautstark –, hatte der Gram bei ihm einen Rückfall hervorgerufen: zum Einzelgänger Solo, der sein empfindliches Wesen dadurch schützte, dass er auf Distanz zu seinen Empfindungen ging, zu jenem Solo, der behauptete, sich ausschließlich um sich persönlich zu kümmern, und der Gefühle durch Nervenkitzel ersetzte.

Als Droma – ein ebensolcher Abenteurer – zum ersten Mal in Hans Orbit eingedrungen war, hatte Leia das Schlimmste befürchtet. Doch nachdem sie den Ryn ein wenig kennen gelernt hatte, fasste sie wieder Mut. Gewiss konnte er Chewie nicht ersetzen – denn wie hätte irgendwer den Wookiee ersetzen können? –, zumindest bot Droma Han jedoch die Möglichkeit, eine neue Freundschaft zu knüpfen. Und wenn Han das zustande brachte, würde er sich vielleicht auch wieder seinen alten Freunden und Verwandten zuwenden. Mit der Zeit würde sich alles klären – wie es sich mit Han verhielt, mit ihrer Ehe, mit den Yuuzhan Vong und mit dem Schicksal der Neuen Republik.

Nachdem ihre Assistentinnen ihr einen Streifen juckendes Synthfleisch auf die Wange geklebt hatten, erhielt Leia die Erlaubnis, sich in den Frachtraum für die Passagiere zu begeben, wo bereits viele Flüchtlinge ein Stück des Deckbodens für sich erobert hatten. Trotz der Schlacht, die draußen wütete, herrschte eine Atmosphäre der Erleichterung vor. Leia entdeckte den Gesandten der Neuen Republik auf Gyndine und ging zu ihm. Er war ein bemerkenswert gut aussehender Mann, der dasaß und die Hände vors Gesicht geschlagen hatte.

»Ich habe versprochen, alle von dieser Welt zu evakuieren«, erklärte er ihr verdrießlich. »Das Versprechen konnte ich nicht halten.« Er schüttelte den Kopf. »Ich konnte es einfach nicht halten.«

Tröstend legte Leia ihm die Hand auf die Schulter. »Man hat Sie für die Teilnahme an der Schlacht von Kashyyyk mit der Ehrenmedaille ausgezeichnet, lobend erwähnt für die Dienste in der Yevetha-Krise, und Sie waren Mitglied des Senatsbeirates für den Staatschef …« Leia hielt inne und lächelte. »Bewahren Sie Ihre Schuldzuweisungen für die Yuuzhan Vong auf, Gesandter. Sie haben mehr geleistet, als irgendwer für möglich gehalten hätte.«

Sie ging weiter, lauschte Gesprächsfetzen, die meist von der ungewissen Zukunft handelten, von Gerüchten über die Schrecken der Flüchtlingslager, oder Kritik an der Regierung der Neuen Republik zum Ausdruck brachten. Glücklich bemerkte sie, dass die Ryn einen Platz für sich gefunden hatten, bis sie feststellte, dass man sie in eine dunkle Ecke des Frachtraums verbannt hatte und sich ihnen niemand auf mehr als einen Meter nähern wollte.

Leia gelangte nur auf einem verschlungenen Weg zu ihnen, zwischen Familien und Gruppen hindurch und manchmal über am Boden Liegende hinweg. Bei ihnen angekommen, wandte sie sich an die Ryn, die das Kind im Arm hielt.

»Als Sie an Bord gegangen sind, hörte ich, wie jemand den Namen Droma erwähnt hat. Kommt dieser Name bei Ihrer Spezies häufig vor? Ich frage, weil ich zufällig einen Ryn mit diesem Namen kenne, Droma, jedenfalls flüchtig.«

»Mein Neffe«, antwortete der einzige männliche Ryn unter ihnen. »Seit dem Überfall der Yuuzhan Vong auf Ord Mantell haben wir ihn nicht mehr gesehen. Dromas Schwester gehörte zu jenen, die … die auf Gyndine bleiben mussten.« Er deutete auf das Kind. »Das Kind gehört ihr.«

»Oh«, sagte Leia, eher an sich selbst gerichtet. Sie holte tief Luft und richtete sich auf. »Ich weiß, wo Ihr Neffe ist.«

»Dann befindet er sich in Sicherheit?«

»In gewisser Weise. Er ist bei meinem Mann. Die zwei suchen nach Ihnen.«

»Was für eine Ironie!«, sagte der Ryn. »Und jetzt entfernen wir uns noch weiter voneinander.«

»Sobald wir Ralltiir erreichen, versuche ich, eine Verbindung zu meinem Mann herzustellen.«

»Vielen Dank, Prinzessin Leia«, sagte die Ryn mit Namen Melisma und überraschte sie damit.

»Botschafterin«, verbesserte Leia.

Die vier lächelten. »Für uns Ryn«, sagte der Mann, »werden Sie immer eine Prinzessin bleiben.«

Die Bemerkung erfreute sie, und gleichzeitig schauderte sie. Die Ryn wären überhaupt nicht auf Gyndine gelandet, wenn Leia selbst sie nicht von Bilbringi hätte dorthin verlegen lassen. Und was war mit den sechs, die sie gezwungen hatte zurückzubleiben und die das Gefangenenlager oder gar der Tod erwartete? War sie in den Augen von Dromas Schwester eine Prinzessin oder doch eher eine Deserteurin? Die schmeichelnde Bemerkung mochte ernst gemeint gewesen sein, doch vielleicht handelte es sich auch nur um Sarkasmus.

Leia war gerade zur Brücke unterwegs, als die Besatzung auf die Gefechtspositionen gerufen wurde. Zu dem Zeitpunkt, da sie die Kommandozentrale erreichte, wurde das Schiff bereits von heftigen Explosionen erschüttert, die die Schilde auf ihre Haltbarkeit prüften.

»Botschafterin Organa Solo«, sagte Commander Ilanka von seinem Drehstuhl aus, während vor dem geschwungenen Sichtfenster ein grelles Licht aufblitzte. »Ich freue mich, Sie an Bord zu haben. Wie ich gehört habe, sind Sie mit dem letzten Evakuierungsschiff angekommen.«

»Wie übel stecken wir in Schwierigkeiten?«, fragte sie und ignorierte den Sarkasmus.

»Ich würde die Situation als verzweifelt mit einer gewissen Tendenz zur Hoffnungslosigkeit bezeichnen. Ansonsten sind wir in guter Verfassung.«

»Sind wir in der Lage zu springen?«

»Der Navcomputer arbeitet an den Koordinaten«, antwortete die Navigatorin von ihrem Platz.

»Wir werden von Korallenskippern verfolgt«, fügte ein Unteroffizier hinzu.

Leia schaute zum Zielerfassungsbildschirm, auf dem zwanzig oder mehr pfeilförmige Formen zu sehen waren, die sich rasch dem Schiff näherten. Sie drehte sich um und schaute hinüber nach Gyndine; erneut dachte sie an die tausende, die sie dort ihrem Schicksal hatte überlassen müssen. Dann plötzlich fiel ihr auf, dass sie Wurth Skidder weder an Bord der Fähre noch auf dem Transportschiff gesehen hatte. Gerade wollte sie ihn schon über die Lautsprecheranlage des Schiffes ausrufen lassen, da betrat der Offizier der Evakuierungsfähre die Brücke. Er erinnerte sich sowohl an Skidder als auch an Leias Befehle.

»Als Sie mir sagten, ich solle mich darum kümmern, dass sie an Bord kommen, habe ich das auf die Mutter und ihr Kind bezogen, nicht auf ihren Retter.« Er sah Leia unterwürfig an. »Es tut mir Leid, Botschafterin, aber er hatte nicht das geringste Interesse einzusteigen. Wer ist dieser Mann?«

»Einer, der glaubt, er könne die Galaxie mit links retten«, murmelte Leia.

Auf Gyndine waren mehrere Explosionen auf der dunklen Hälfte des Planeten zu sehen. Die Orbital-Schiffswerft flammte auf und fiel langsam auseinander. Leia wurde bei dem Anblick schwindlig; sie musste sich am Schott festhalten. Die Explosionen riefen weniger Erinnerungen wach, sondern beschworen eher quälende Visionen dessen herauf, was sich noch ereignen würde.

Der Navcomputer gab einen Signalton von sich. »HyperraumKoordinaten erhalten und gespeichert«, sagte die Navigatorin.

Das Schiff erschauerte. Die Sterne bildeten Streifenmuster, als würde die Vergangenheit einen verzweifelten Versuch unternehmen, der Zukunft vorauszueilen, und der Transporter machte den Sprung.

Wurth Skidder hockte im Schatten des schwelenden Botschaftsgebäudes und schaute zu, wie der letzte Militärtransporter abhob. Tausende der einheimischen Soldaten Gyndines hatten sich auf das abgeschlossene Gelände zurückgezogen, da sie die vage Chance witterten, mit den Truppen der Neuen Republik evakuiert zu werden. Doch nur wenige hatte man mitgenommen, und viele von denen waren Offiziere mit politischen Verbindungen zu Coruscant oder anderen Kernwelten.

In der Stadt dauerten die erbitterten Kämpfe an. Die Mehrheit der Bodentruppen jedoch hatte eingesehen, dass ihre Hoffnung auf Rettung mit dem letzten Schiff verschwunden war, und hatte daraufhin die Repetierblaster fallen lassen und die Uniformen ausgezogen, in dem Glauben, die Yuuzhan Vong würden Zivilisten weniger streng behandeln.

Was einmal mehr bewies, wie langsam sich Neuigkeiten zu den ferneren Welten herumsprachen, dachte Skidder voller Bedauern.

Wenn es darum ging, Gefangene ihren Göttern zum Opfer darzubringen, traf der Feind keine solchen Unterscheidungen. Tatsächlich führte manchmal eine Uniform – oder zumindest der Beweis eines kämpferischen Geistes – zu einem gnadenvoll raschen Tod, der den kriegerischen Idealen der Yuuzhan Vong zu verdanken war, im Gegensatz zu dem qualvollen Sterben, das jene erwartete, die in Gefangenschaft gerieten. Skidder hatte Gerüchte über Zerstückelungen und Vivisektionen gehört: auch von ganzen Schiffen voller Gefangener, die als Bittopfer für den Sieg mitten in Sterne geschossen wurden, war die Rede.

Als ob die Invasoren die Hilfe von Göttern brauchten.

Diese Gassäcke und Feuer spuckenden Ungeheuer, die Gyndines Wälder niedergebrannt und die Seen in brodelnde Kochtöpfe verwandelt hatten, versammelten sich in den östlichen Randgebieten der Hauptstadt. Selbst Teppiche aus Brandbomben hätten eine solche Verheerung nicht anrichten können. Die Infanterieeinheiten der Yuuzhan Vong – reptilienartige humanoide Chazrack-Krieger – folgten den Feuerspeiern, merzten die letzten Widerstandsnester aus und besorgten das Aufräumen. Der Himmel war ein wenig heller geworden, doch das Licht, das durch Rauch und Wolken hätte fallen können, wurde von den ankommenden Landeschiffen verdeckt.

Eines von ihnen, ein grobmaschiges Zelt, das von krummen Stäben durchbohrt war, schwebte jetzt über dem Botschaftsgelände. Skidder hatte gerade eine neue Position eingenommen, um das Schiff besser beobachten zu können, da riss der zeltartige Rumpf plötzlich auf und gab ein Dutzend oder mehr stabförmige Bündel frei, die zu Boden fielen. Erst als er die biolumineszenten Augen sah, die zuckenden Fühler und Hunderte von mit Saugfüßen ausgestattete Beine, die sich über die Länge der untergliederten Körper zogen, erkannte er, dass es sich um Lebewesen handelte.

Er betrachtete diese Kreaturen mit unverhohlener Ehrfurcht. Sie konnten sich nicht nur vorwärts und rückwärts bewegen, sondern auch zur Seite huschen, was sie auch sofort taten und so eine lebendige Mauer um das Botschaftsgelände bildeten, die sich langsam einer Schlinge gleich zusammenzog und so alle Flüchtlinge zur Mitte hin drängte.

Der Anblick dieser Ungeheuer würde selbst im Herzen des Tapfersten Furcht keimen lassen, aber Skidder hatte die Macht auf seiner Seite und ließ sich nicht erschrecken. Diese Wesen mochten noch so groß sein, doch auch er hatte seine Möglichkeiten; er konnte leicht über sie hinweg in die Freiheit springen, wenn er wollte. Danach wäre es ihm ein Leichtes gewesen, sich vor den Yuuzhan Vong zu verstecken. Er hätte sich in die ländlichen Gegenden zurückziehen können, fernab der Zerstörung, und dort leben; dafür hatten sich viele Bewohner Gyndines entschieden, als sich die Nachricht von dem bevorstehenden Angriff herumgesprochen hatte. Allerdings war Wurth Skidder sicherlich kein Plünderer und schon gar kein Deserteur.

Die Tatsache, dass so wenige ihre Gefangenschaft überlebt und darüber berichtet hatten, machte es zwingend notwendig, jemanden einzuschmuggeln, der vor allem Interesse daran hatte, den Krieg zu gewinnen – und nicht, wie es der Senator von Caamas, Elegos A’Kla, versucht hatte, um den Feind zu verstehen, was lediglich zu seiner Ermordung geführt hatte.

Danni Quee, eine ExGal-Wissenschaftlerin, war kurz nach Ankunft der Yuuzhan Vong auf der Eiswelt Helska 4 in Gefangenschaft geraten und hatte Skidder vom Ende eines anderen Häftlings erzählt, des Jedi Miko Reglia, einem engen Freund. Quee hatte von den Psychofoltern der Yuuzhan Vong – und ihrem Yammosk, dem so genannten Kriegskoordinator – berichtet, denen man den ruhigen und bescheidenen Miko unterzogen hatte, um ihn zu brechen. Während Quees Flucht war Miko gestorben.

Rache verstieß gegen den Jedi-Kodex – jedenfalls in der Form, wie ihn Meister Skywalker lehrte. Rache war laut Skywalker der Weg zur dunklen Seite. Doch gab es Jedi-Ritter, die in Skidders Augen ebenso stark in der Macht waren wie Skywalker und trotzdem nicht mit allen Lehren des Meisters übereinstimmten. Jedi-Meister Kyp Durron zum Beispiel. Im Flüsterton wurde darüber diskutiert – sogar auf Yavin 4 angesichts der Invasion durch die Yuuzhan Vong –, ob die Dunkelheit manchmal mit Dunkelheit bekämpft werden muss. Und die Yuuzhan Vong waren das finsterste Böse seit dem Imperator Palpatine.

Skidder war scharfsinnig genug und begriff, wie sehr er darauf brannte, Skywalker und den anderen zu beweisen, dass er nicht nur ein heißblütiger Jüngling war, sondern ein Jedi-Ritter von altem Schrot und Korn, der sein Leben freiwillig aufs Spiel setzte und sich, falls notwendig, zugunsten einer größeren Sache opfern würde.

Er trat aus dem Schatten.

Die überdimensionalen insektenartigen Kreaturen hatten alle Flüchtlinge in der Mitte zusammengetrieben. Einige der Wesen rollten sich zu Ringen ein und pferchten die Gefangenen mithilfe der Saugnäpfe an ihren Beinen zusammen, sodass niemand über sie hinwegklettern konnte.

Skidder warf sein Lichtschwert weg, das er sich als Ersatz für jenes angefertigt hatte, welches er auf Ithor verloren hatte, und außerdem alles andere, was ihn als Jedi-Ritter identifizieren würde. Dann wartete er den richtigen Moment ab. Eines dieser Geschöpfe kam näher und schob Flüchtlinge vor sich her. Skidder rannte los und gesellte sich zu der Gruppe, ehe sich dieses Wesen ebenfalls zu einem Ring schloss – und zu seinem größten Erstaunen landete er mitten in einer Schar Ryn.

Während das gentechnisch erzeugte Ungeheuer Kopf und Schwanz zusammenbrachte, wurde Skidder an eine Ryn gepresst, der er die Angst von den Augen ablesen konnte. Er suchte ihre langfingrige Hand und ergriff sie.

»Nur Mut«, sagte er in Basic. »Hilfe ist schon da.«

3

»Fliegt sich genauso wie vorher«, verkündete Han zuversichtlich, während der frisch in mattem Schwarz lackierte Millennium Falke die kleine Welt hinter sich zurückließ, auf der üppige Wälder in Grün- und Purpurtönen sprossen.

»Dir genügt eine Schicht Farbe, und schon fühlst du dich unbesiegbar«, sagte Droma und runzelte die Stirn. »Wer hätte das gedacht?«

Han nahm die Feinjustierung der Triebwerke vor. »Nächster Halt Sriluur. Jemand hat es mal als den Ursprung aller stinkenden Winde beschrieben, die durch die Galaxis wehen, aber …«

»Du nimmst an, derjenige wollte nur höflich sein«, ergänzte Droma den Satz.

»Habe ich dir nicht gesagt, du solltest das sein lassen?« Han blickte den Ryn an, der in dem übergroßen Stuhl von Chewbacca auf absurde Weise klein wirkte. »Jedenfalls brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Ich war häufiger auf Sriluur, als ich zählen kann. Und eins kann ich dir sagen: Es war viel schwieriger, den imperialen Kreuzern auszuweichen als heute den Schlachtschiffen der Yuuzhan Vong.«

»Han Solo war auf Sriluur«, stellte Droma richtig. »Solange du nicht die Absicht hast, deine wahre Identität zu enthüllen, bist du nur ein dreckiger Raumfahrer mit einem frisch lackierten Schiff und einer Menge Todessehnsucht.«

Han setzte eine finstere Miene auf, strich sich durch das überwiegend graue Haar an seinem Kinn und versuchte, einen Blick auf sein Spiegelbild in einem der Transparistahlfenster des Cockpits zu erhaschen.

»Mach dir keine Sorgen«, äffte Droma ihn nach, »der Bart sieht gut aus. Bloß werden wir trotz deiner Gesichtszier Verdacht erregen, sobald wir anfangen, Fragen nach den Gefangenenschiffen der Yuuzhan Vong zu stellen.«

»Vielleicht, aber Sriluur ist das Risiko wert. Die Weequays sind vielleicht nicht gerade die freundlichsten Zeitgenossen der Galaxis, dafür bekommen sie jedoch so allerhand mit. Wenn uns jemand sagen kann, wo wir Roa oder die Angehörigen deines Clans finden, dann sie.«

Droma zupfte nervös an seinem Schnurrbart herum. »Hoffen wir nur, dass dein Pheromonlevel hoch genug ist.«

Das entlockte Han lediglich ein lässiges Abwinken. »So kommunizieren die doch nur innerhalb ihrer eigenen Spezies. Ich bin bei ihnen immer mit Basic klar gekommen.« Er lächelte höhnisch. »Ich möchte gern sehen, wie du voraussagst, was ein Weequay als Nächstes sagen wird.«

»Duften.«

»Hä?«

»Wie ein Weequay als Nächstes duften wird.«

Han drückte die Zunge in die Wange, nickte langsam und betätigte Schalter am Navcomputer. »Vielleicht haben wir Glück und landen auf Sriluur in einem Sandsturm«, meinte er beiläufig.

»Weil das Schiff dann besser getarnt wäre?«

Grinsend knurrte Han ihn an. »Nein, damit ich ausprobieren kann, wie viel Sand man braucht, um dieses Perpetuum mobile zu stopfen, das du deinen Mund nennst.«

Droma schnitt eine Grimasse und seufzte gekünstelt. »Ich glaube, mir gefällt es einfach nicht, so nah an den Hutt-Raum heranzufliegen – ob nun Yuuzhan Vong in der Gegend sind oder nicht. Hutts und Ryn mögen sich nicht. Die haben viele von uns versklavt, als Unterhaltungskünstler an ihren Höfen. Einige meiner Vorfahren mussten einem Desilijic-Hutt weissagen. Wenn sie Ereignisse ankündigten, die dann nicht eintraten, ließ der Hutt den Ryn von seinem Henker töten oder an eine seiner Hofbestien verfüttern.«

»Du hast mein Wort«, sagte Han, »kein Hutt wird uns daran hindern, deinen Clan zu finden. Deine Familie wird schon bald wieder zusammen sein.«

»Danach können wir uns dann um deine kümmern«, murmelte Droma.

Han warf ihm einen verärgerten Blick zu. »Könntest du mir bitte näher erläutern, was du damit meinst?«

Droma wandte sich ihm zu. »Zum Beispiel dich und Leia. Wenn ich nicht gewesen wäre, würdest du jetzt bei ihr sein. Ich hoffe nur, sie wird mir irgendwann verzeihen.«

»Mit dem, was zwischen uns steht, hast du überhaupt nichts zu tun.« Han presste die Lippen aufeinander. »Verdammt, es hat nicht einmal etwas mit mir und Leia zu tun. Sondern mit mir und« – mit einer fahrigen Geste deutete er auf das Sternenfeld vor dem Fenster – »dem da.«

Einen Moment lang schwieg Droma, ehe er antwortete. »Sogar seine besten Freunde kann man nicht vor ihrem Schicksal bewahren, Han.«

»Lass lieber das Schicksal aus dem Spiel«, fauchte Han. »Nichts steht fest – weder diese Sterne noch irgendetwas anderes in unserem Leben.« Er ballte die Hand zur Faust. »Hiermit bestimme ich mein Leben.«

»Und trotzdem landest du immer wieder in Situationen, die du dir nicht ausgesucht hast.«

»Wie zum Beispiel, jetzt neben dir zu sitzen.«

Stirnrunzelnd gab Droma zurück: »Ich habe durch verschiedene Tragödien auch schon Freunde und Verwandte verloren, und ich habe genau das Gleiche versucht wie du jetzt.«

Han sah ihn an. »Und was versuche ich?«

»Du versuchst, vor dieser Tragödie davonzulaufen. Du flüchtest dich in irgendwelche selbst gestellten Aufgaben, auch wenn du dich dadurch in Gefahr begibst. Du begräbst deine Trauer unter Wut, ohne zu begreifen, dass du damit auch Liebe und Mitleid beerdigst. Um der Liebe willen leben wir doch, Han. Ohne Liebe können wir gleich aufgeben.«

Gegen seinen Willen musste Han an Leia denken, die auf Gyndine saß, an Jaina, die mit dem Renegaten-Geschwader flog, an Anakin und Jacen, die sich wer weiß wo mit den Jedi herumtrieben. Als er sich nun überlegte, wenn auch nur für einen Augenblick, wo er ohne sie wäre, trafen ihn die bösen Worte und Beschuldigungen, die er seit Chewies Tod von sich gegeben hatte, wie Stöße aus einem Schnellfeuerblaster. Falls ihnen irgendetwas zustößt …, schoss es ihm durch den Kopf, und er spürte, wie sich unter ihm ein schwarzer Abgrund auftat und alles zu verschlingen drohte, an das er bislang geglaubt hatte. Um sich zu schützen, verscheuchte er diese düsteren Bilder.

»Ich bin eine ganze Reihe von Jahren gut ohne Liebe zurechtgekommen, Droma. Sobald Liebe ins Spiel kommt, geht alles den Bach hinunter. Es ist, als würde man in einen Schwerkraftschacht gesogen oder von einem Traktorstrahl eingefangen. Wenn man ihr zu nahe kommt, gibt es kein Entrinnen mehr.«

Droma nickte und schien zu verstehen. »Dein Fehler war es also, dich überhaupt mit Chewbacca anzufreunden. Hättest du ihn auf Distanz gehalten, wärest du besser dran gewesen. Dann bräuchtest du jetzt nicht zu trauern.«

»Es war kein Fehler, mit ihm Freundschaft zu schließen«, entgegnete Han.

»Aber wenn du all die Jahre die Mauer um dich herum aufrechterhalten hättest, wärest du ihm niemals näher gekommen.«

»Okay, da bin ich ein Risiko eingegangen. Damals.«

»Darf ich dich noch auf einen weiteren Fehler aufmerksam machen? Du hast seinen Tod nicht kommen sehen und bist wütend, weil es dich kalt erwischt hat.«

»Damit hast du wohl Recht. Ich hätte wachsamer sein sollen.«

»Nehmen wir einmal an, du hättest alles getan, was du konntest, und trotzdem wäre die Sache schief gegangen. Würdest du dann heute dennoch trauern oder wärest du zufrieden und würdest ihn nicht vermissen?«

»Natürlich würde ich ihn trotzdem vermissen.«

»Auf wen bist du dann eigentlich wütend – auf dich selbst, weil du etwas unterlassen hast, oder auf das Schicksal, weil es dich überlistet hat?«

Han musste heftig schlucken. »Ich weiß nur eins – den gleichen Fehler werde ich nicht noch einmal machen. Von jetzt an bin ich auf alles vorbereitet, was mir das Schicksal auftischt.«

»Und wenn trotzdem wieder etwas schief geht?«

Daraufhin starrte Han ihn verärgert an. »Wird es bestimmt nicht.«

Tief in den unergründlichen Schluchten zwischen den Wolkenkratzern von Coruscant schaltete der sullustanische Admiral Sien Sovv sein privates Komlink ab und teilte die tragische Nachricht den zwölf Offizieren mit, die im jüngst fertig gestellten Kriegsbunker der Verteidigungsstreitkräfte der Neuen Republik saßen.

»Wir haben Gyndine verloren.«

Das unbehagliche Schweigen, welches auf die Verkündung dieser Neuigkeit hin folgte, überraschte ihn nicht. Der Verlust des Planeten hatte im Grunde festgestanden, seit der Feind ihn als Ziel ausgewählt hatte. In der Stille summten und klickten Maschinen, die Geheimdienstnachrichten aus allen Sektoren der Neuen Republik empfingen und weiterleiteten. Im Licht von Projektoren bewegten sich virtuelle Kampfgeschwader von Sternenschiffen träge durch virtuelle Welten.

»Man wird uns alle degradieren, weil wir das zugelassen haben«, sagte Brigadegeneral Etahn A’baht schließlich und sprach damit aus, was viele im Raum dachten. Und dann breitete sich wieder Schweigen aus.

»Während ich mich selbst zu jenen zählen muss, die am Ende dagegen stimmten, eine Streitmacht von angemessener Stärke loszuschicken, um Gyndine zu schützen«, fuhr der auberginehäutige Dorneaner fort, »möchte ich doch die Bemerkung wiederholen, die ich im Laufe der Diskussion machte, die dieser bedauernswerten Entscheidung vorausging. Indem wir Welten wie Gyndine dem Feind überlassen, unterstützen wir das weit verbreitete Vorurteil, die Neue Republik sei lediglich daran interessiert, den Kern zu beschützen. Dadurch wiederum spielen wir dem Feind in die Hände, weil wir uns selbst von innen heraus schwächen.«

Auf der anderen Seite des länglichen Tisches murmelte jemand in höhnischem Tonfall, und alle wandten den Kopf Commodore Brand zu. »Vielleicht wäre es weiser gewesen, eine ganze Flotte nach Gyndine zu schicken und damit Kuat oder Fondor ihres Schutzes zu berauben.«

A’baht ließ sich davon nicht beeindrucken und hielt dem säuerlichen Blick des Menschen stand. »Ist das Ihre Rechtfertigung dafür, die Yuuzhan Vong den ganzen Inneren Rand erobern zu lassen? Ist der Innere Rand der Preis, den wir zu zahlen bereit sind, um den Kern zu beschützen?« Er legte eine Kunstpause ein, um seine Worte wirken zu lassen. »Weise wäre es hingegen, diese selektiven Verteidigungsmaßnahmen zu beenden und unsere Truppen dort einzusetzen, wo sie gebraucht werden.«

Er blickte in die Runde. »Beunruhigt es denn niemanden hier, dass die bedrohten Welten begonnen haben, sich ohne Kampf zu ergeben? Vormalige Verbündete weigern sich, uns die Benutzung ihrer Systeme als Bereitstellungsräume zu erlauben, weil sie Vergeltungsmaßnahmen der Yuuzhan Vong befürchten?«

Ehe jemand antworten konnte, fuhr er fort. »Schon ein flüchtiger Blick auf die Situation zeigt uns, dass die Populationen, die auf unser Drängen hin Widerstand leisteten, Vergiftung und Zerstörung ihrer Welten erdulden mussten, während jene, wie die Hutts, die sich auf einen Handel mit den Yuuzhan Vong eingelassen haben, jegliches Blutvergießen vermeiden konnten.«

»Sie beleidigen uns, wenn Sie uns mit den Hutts vergleichen«, meinte Brand verärgert. »Ihre Kapitulation stand doch niemals außer Frage, oder?«

A’baht machte eine beschwichtigende Geste. »Ich habe sie nur als Beispiel angeführt, Commodore. Eine Tatsache bleibt jedoch bestehen – Nal Hutta wurde jene Verheerung erspart, die Dantooine, Ithor, Obroa-skai und zahllose andere Welten erleiden mussten. Ich will lediglich darauf hinweisen, dass die Bevölkerung im Mittleren Rand und in der Expansionsregion das Vertrauen in unsere Fähigkeit verliert, diesen Krieg zu beenden. Ich formuliere das absichtlich so drastisch, da offensichtlich die wenigsten von Ihnen selbst in diesem fortgeschrittenen Stadium begreifen, welch großer Gefahr wir gegenüberstehen. Die Ereignisse haben uns zu einem Punkt geführt, wo jedes System für sich selbst sorgen muss.«

Mit einer schwungvollen Geste deutete A’baht auf die Holoprojektoren und die Bildschirme. »Sogar dieser Raum verrät, wie sehr wir die Gefahr leugnen. Anstatt unser Treffen in der Öffentlichkeit abzuhalten, verkriechen wir uns hier unten, als würden wir uns vor der Wahrheit verstecken.«

»Niemand versteckt sich«, widersprach Brand. »Dank der Unfähigkeit unseres Geheimdienstes hätten wir jedoch beinahe zwei Saboteure hier eingelassen – oder macht es Ihnen gar nichts aus, dass unsere Sicherheit so eklatant vernachlässigt wurde?«

»Die Saboteure hatten es auf die Jedi abgesehen, nicht auf uns«, warf der Direktor des Flottengeheimdienstes, Addar Nylykerka, ein.

A’baht fuhr zu ihm herum. »Und weshalb? Weil die Jedi bis zum Angriff auf Ithor unsere Verteidigung angeführt haben. Jetzt müssen wir die Verteidigung selbst übernehmen, oder wir lassen den nicht wieder gutzumachenden Zerfall der Neuen Republik zu. Wir müssen unsere Entschlossenheit demonstrieren, die Yuuzhan Vong aufzuhalten, und zwar bevor weitere Welten fallen.«

Er schlug einen milderen Ton an. »Natürlich ist unsere Sicherheit ein wichtiger Aspekt, das will ich nicht bestreiten; dennoch müssen wir ein gutes Beispiel geben. Mit unserer Rückkehr nach Dometown haben wir alle, die denken, wir wollten uns verstecken, in ihrer Ansicht bestärkt.«

Dometown, die riesige Höhle mit Wohnungen und Geschäftsgebäuden, war ursprünglich von einem Investorenkonsortium finanziert worden, zu dem auch der frühere General Lando Calrissian gehört hatte. Doch die erwarteten hunderttausende Interessenten, die die Hektik der Oberfläche gegen die unterirdische Ruhe tauschen sollten, hatten sich nie eingestellt, und so war das Unternehmen Bankrott gegangen. Aus dem Besitz von Banken und verschiedenen Kreditgebern war die Anlage schließlich an das Militär der Neuen Republik übergegangen.

»Im untersten Stockwerk werden inzwischen wieder neue Hotels und Restaurants eröffnet«, berichtete A’baht, »da man erwartet, die gegenwärtig noch glücklichen Bewohner der stolzen Türme werden nach unten ausweichen müssen, wenn die Yuuzhan Vong angreifen. Und denken Sie an meine Worte, wenn es so weit ist: Nirgendwo wird ein Überleben möglich sein, nicht einmal hier unten. Demzufolge, was auf Sernpidal und Obroa-skai stattfindet, werden die Yuuzhan Vong Coruscant nach ihren eigenen Vorstellungen wieder aufbauen und jene, die in die Tiefe geflohen sind, lebendig begraben.«