Star Wars: Verlorene Welten - Claudia Gray - E-Book

Star Wars: Verlorene Welten E-Book

Claudia Gray

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Beschreibung

Der lange Arm des Imperiums hat mittlerweile auch die entlegensten Winkel der Galaxie erreicht. So auch den Planeten Jelucan im Outer Rim. Für den jungen Aristoktaten Thane Kyrell und seine Freundin Ciena Ree ist damit ein Herzenswunsch in Erfüllung gegangen, denn nun können sie auf der Imperialen Akademie ihre Leidenschaft für das Fliegen ausleben. Doch schon bald muss Thane erkennen, dass er die rücksichtslosen Methoden des Imperiums verabscheut …

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Ian Doescher – ISBN 978-3-8332-3017-2

Nähere Infos und weitere Bände unter:

www.paninicomics.de

vonClaudia Gray

Aus dem Englischenvon Timothy Stahl

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Deutsche Ausgabe 2015 Panini Verlags GmbH, Rotebühlstraße 87, 70178 Stuttgart.

Alle Rechte vorbehalten.

Titel der Amerikanischen Originalausgabe: »Star Wars: Lost Stars (Journey to A Force Awakens)« by Claudia Gray, illustrated by Phil Noto.

© & TM 2015 LUCASFILM LTD.

Deutsche Ausgabe 2015 by Panini Verlags GmbH, Rotebühlstraße 87,

70 178 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.

Geschäftsführer: Hermann Paul

Head of Editorial: Jo Löffler

Head of Marketing: Holger Wiest (email: [email protected])

Presse & PR: Steffen Volkmer

Übersetzung: Timothy Stahl

Lektorat: Robert Mountainbeau

Umschlaggestaltung: tab indivisuell, Stuttgart

Satz und E-Book: Greiner & Reichel, Köln

YDSWJT004E

ISBN 978-3-8332-3203-9

Gedruckte Ausgabe

ISBN 978-3-8332-3194-0

Findet uns im Netz:

www.paninicomics.de

PaniniComicsDE

Dieses Buch ist dem Gedenken

an Karen Jones gewidmet,

die als Freundin und Fan

unvergleichlich war.

Wir dürfen uns glücklich schätzen,

dich gekannt zu haben.

Inhalt

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …

Acht Jahre nach dem Untergang der Alten Republik herrscht nun das Galaktische Imperium über die bekannte Galaxis. Der Widerstand gegen das Imperium ist so gut wie ausgeschaltet. Nur ein paar wenige tapfere Anführer wie Bail Organa von Alderaan wagen es noch, sich Imperator Palpatine offen entgegenzustellen.

Nach jahrelanger Auflehnung haben die vielen Welten im Outer Rim kapituliert. Mit jeder Unterwerfung eines Planeten wird die Macht des Imperiums noch stärker.

Der abgelegene Gebirgsplanet Jelucan ist die bislang letzte Welt, über die der Imperator die Kontrolle erlangt hat. Die Bewohner hoffen auf eine bessere Zukunft, während sich hoch über ihren Köpfen die Imperiale Flotte sammelt …

PROLOG

Ein Schiff durchschnitt den schiefergrauen Himmel über ihnen, so schnell, dass es nicht mehr war als ein Lichtstreif und ein fernes Kreischen, das sich fast im Wind verlor.

„Das ist ein Shuttle der Lambda-Klasse!“ Thane Kyrell zeigte vor Aufregung hüpfend nach oben. „Hast du es gehört? Dalven, hast du es gehört?“

Sein älterer Bruder versetzte ihm einen Klaps und grinste spöttisch. „Du weißt doch gar nicht, wie die Schiffe aussehen. Dazu bist du viel zu klein.“

„Bin ich gar nicht. Das war ein Shuttle der Lambda-Klasse. Man kann es am Geräusch der Triebwerke erkennen …“

„Kinder, seid doch still“, sagte Thanes Mutter, ohne sich zu ihnen umzudrehen. Sie konzentrierte sich ganz darauf, den Saum ihres safrangelben Kleides anzuheben, damit er nicht durch den Staub schleifte. „Ich habe ja gesagt, wir hätten das Hovercraft nehmen sollen. Stattdessen marschieren wir wie das Gesindel aus dem Tal zu Fuß nach Valentia hinunter.“

„In den Hangars wird’s zugehen wie im Irrenhaus“, beharrte Thanes Vater Oris Kyrell mit einem verächtlichen Schnauben. „Tausende von Leuten wollen da anlegen, ob sie nun eine Reservierung haben oder nicht. Willst du den ganzen Tag mit Streitereien über Landegenehmigungen vergeuden? Nein, so ist es besser. Und die Jungs halten doch gut mit.“

Auf Dalven traf das zu. Er war zwölf Jahre alt, hatte lange Beine und war stolz darauf, seinen jüngeren Bruder zu überragen. Thane fiel die Wanderung auf den unebenen Pfaden den Berg hinab jedoch schwerer. Bislang war er kleiner als die meisten Jungen seines Alters. Die großen Füße und Hände, die auf seine zukünftige Körpergröße hindeuteten, waren momentan nur plump, sonst nichts. Sein rötlich blondes Haar klebte ihm auf der verschwitzten Stirn, und er wünschte, seine Eltern hätten ihn seine Lieblingsstiefel tragen lassen anstatt dieser glänzenden neuen, die bei jedem Schritt an seinen Zehen zwickten. Aber er hätte auch eine noch mühsamere Reise auf sich genommen, um endlich TIE-Jäger und -Shuttles zu sehen – echte Raumschiffe, nicht so was wie eine klobige alte V-171.

„Und das war ein Shuttle der Lambda-Klasse“, murmelte er und hoffte, dass Dalven es nicht aufschnappte.

Er schnappte es aber auf. Ein Ruck ging durch seinen älteren Bruder, und Thane wappnete sich. Dalven schlug ihn nie besonders fest, wenn ihre Eltern in der Nähe waren, aber diese leichteren Stöße und Hiebe waren oft nur Warnungen vor schlimmeren, die später folgten. Diesmal jedoch tat Dalven nichts. Vielleicht war er abgelenkt durch die Erwartung des Spektakels, das sie heute zu Gesicht bekommen würden – die Demonstration des Flugvermögens und der Kampftechniken von Schiffen der Imperialen Flotte.

Oder vielleicht schämte sich Dalven auch einfach nur, weil ihm klar geworden war, dass Thane das Schiff sehr wohl identifiziert hatte, was ihm selbst nicht gelungen war.

Er sagt, er will auf die Imperiale Akademie, dachte Thane, aber das will er nur, weil er glaubt, dass er dadurch wichtig wird. Aber Dalven kennt nicht jedes Schiff so wie ich. Er liest weder die Handbücher, noch übt er mit einem Gleiter. Dalven wird nie ein richtiger Pilot werden.

Aber ich schon!

„Wir hätten Thane mit dem Haushalts-Droiden zu Hause lassen sollen.“ Dalvens Stimme hatte einen mürrischen Ton angenommen. „Er ist zu klein für all das. In spätestens einer Stunde wird er quengeln, dass er zurückwill.“

„Werd’ ich nicht“, entgegnete Thane. „Ich bin alt genug. Stimmt’s, Mama?“

Ganaire Kyrell nickte geistesabwesend. „Natürlich bist du alt genug. Du hast im selben Jahr das Licht der Welt erblickt wie das Imperium, Thane. Vergiss das nie.“

Wie sollte er das vergessen, wo sie ihn heute doch schon mindestens fünfmal daran erinnert hatte? Das wollte er ihr auch sagen, aber das hätte ihm nur einen weiteren Klaps von Dalven eingetragen – oder schlimmer noch, eine neuerliche Schimpftirade seines Vaters, dessen Worte tiefer schnitten als jede Klinge. Er konnte schon spüren, wie sie ihn anstarrten und nur auf ein Anzeichen von Trotz oder Schwäche seinerseits warteten. Thane wandte sich ab, als schaute er hinunter in Richtung ihres Zieles, der Stadt Valentia, damit weder Vater noch Dalven seine Miene sahen. Es war immer besser, wenn sie nicht wussten, was Thane gerade dachte.

Wegen seiner Mutter sorgte er sich deswegen nicht. Sie nahm ihn ja ohnehin kaum wahr.

Der Wind zerrte an seinem blau und goldfarben bestickten Umhang, und Thane fröstelte. Andere Welten mussten wärmer sein. Strahlender, geschäftiger, in jeder Hinsicht interessanter. Das glaubte er, obwohl er in seinem ganzen Leben noch keinen anderen Planeten besucht hatte. Es war eine unmögliche Vorstellung, dass es in der unermesslichen Weite der Galaxis keinen lebenswerteren Ort geben könnte als diesen.

Jelucan war erst spät in der galaktischen Geschichte besiedelt worden, wahrscheinlich, weil niemand sonst so verzweifelt gewesen war, dass er auf einen nahezu unbewohnbaren Felsbrocken am äußersten Rand des Outer Rim aus gewesen wäre. Vor fast fünfhundert Jahren war eine Gruppe von Siedlern von einer anderen, gleichermaßen unbedeutenden Welt hierher verbannt worden. Sie hatten in irgendeinem Bürgerkrieg auf der falschen Seite gekämpft oder so ähnlich. Die Einzelheiten kannte Thane nicht. Seine Eltern hatten ihm nur erzählt, dass diese ersten Siedler in völliger Armut in den Tälern gehaust hatten und kaum in der Lage gewesen waren, ihr Überleben zu sichern.

Die wahre Zivilisation hatte erst später Einzug gehalten, vor hundert oder hundertfünfzig Jahren nämlich, mit der zweiten Welle von Siedlern, die freiwillig hierhergekommen waren und gehofft hatten, ein Vermögen zu machen. Sie hatten den Bergbau etabliert, galaxisweiten Handel getrieben und ein Leben nach modernen Maßstäben geführt – anders als die Bewohner der Täler, die sich kaum wie Leute von heute, sondern eher wie prätechnische Nomaden verhielten. Natürlich waren auch sie Jelucaner, aber sie waren unfreundlich und arrogant und kapselten sich ab.

Oder es war einfach so, dass die Talbewohner immer noch sauer waren, weil man sie auf diesen eisigen, schroffen Klotz von einer Welt quasi abgeschoben hatte. Wenn es so war, konnte Thane es ihnen nicht verübeln.

„Schade, dass der Imperator nicht selbst dabei sein kann“, sagte seine Mutter. „Wäre das nicht etwas gewesen, wenn wir ihn mit eigenen Augen hätten sehen können?“

Als ob der Imperator jemals hierherkommen würde. Thane hütete sich jedoch, diesen Gedanken laut auszusprechen.

Jedermann sollte Imperator Palpatine lieben. Jedermann behauptete, er sei der mutigste, intelligenteste Mensch in der Galaxis, er sei derjenige gewesen, der nach dem Chaos der Klonkriege Ordnung geschaffen habe. Thane fragte sich, ob das alles so stimmte. Zumindest stand fest, dass Palpatine das Imperium stark und sich selbst zum mächtigsten Mann darin gemacht hatte.

Thane war es eigentlich egal, ob der Imperator nett war oder nicht. Die Ankunft des Imperiums war jedenfalls gut, weil es seine Schiffe mitbrachte. Er wollte nichts weiter, als diese Schiffe sehen – und später dann lernen, sie zu fliegen.

Und schließlich würde er weit fort von hier fliegen und nie mehr zurückkommen.

„Ciena! Schau auf den Weg, sonst fällst du hin.“

Ciena Ree konnte nicht aufhören, in den grauen Himmel hinaufzustarren. Sie hätte schwören können, ein Shuttle der Lambda-Klasse gehört zu haben, und mehr als irgendetwas sonst wollte sie auch eines zu Gesicht bekommen. „Aber Mama – ich weiß, dass ich ein Schiff gehört habe.“

„Immerzu hast du nur Schiffe und die Fliegerei im Kopf.“ Ihre Mutter Verine lachte leise und hob ihre Tochter hoch, dann setzte sie Ciena auf den breiten Pelzrücken des Muunyaks, das sie bergauf in Richtung Valentia führten. „Spar dir deine Kräfte für die große Parade auf.“

Ciena grub ihre Hände in das zottige Fell des Muunyaks. Es roch angenehm nach Moschus und Heu. Nach zu Hause.

Als sie nach oben spähte, sah sie einen dünnen Streif in den Wolken – er war bereits dabei, sich aufzulösen, aber doch Beweis dafür, dass das Shuttle da gewesen war. Sie schauderte vor Aufregung, dann dachte sie daran, das geflochtene Lederarmband an ihrem Handgelenk anzufassen. Sie drückte das Leder zwischen den Fingern und flüsterte: „Sieh durch meine Augen.“

Jetzt konnte es ihre Schwester Wynnet auch sehen. Ciena lebte ihr Leben für sie beide, und das vergaß sie nie.

Ihr Vater musste sie gehört haben, denn sein Gesicht zeigte jenes traurige Lächeln, das bedeutete, dass er auch an Wynnet dachte. Aber er tätschelte seiner Tochter nur den Kopf und strich ihr eine widerspenstige schwarze Locke hinters Ohr.

Nach einer zweistündigen Wanderung, die nur bergauf geführt hatte, erreichten sie schließlich Valentia. Außer in Hologrammen hatte Ciena vorher noch nie eine richtige Stadt gesehen. Ihre Eltern verließen ihr heimatliches Tal kaum, und wenn sie es doch einmal taten, hatten sie Ciena nie mitgenommen – bis heute. Ihre Augen wurden groß, als sie den Anblick der Bauten in sich aufnahm, die in das helle Gestein der Steilwände gehauen waren – manche davon waren zehn oder fünfzehn Stockwerke hoch. Sie erstreckten sich entlang der Bergflanke, so weit Ciena schauen konnte. Rund um die in den Stein geschlagenen Wohnstätten standen Zelte und Sonnendächer, strahlend bunt gefärbt und mit Fransen oder Glasperlen verziert. Imperiale Flaggen flatterten an Masten, die man eigens in den Boden gerammt oder auf dem Stein errichtet hatte.

Auf den Straßen drängten sich mehr Leute, als sie in all den acht Jahren ihres Lebens zusammen gesehen hatte. Manche verkauften Essen oder Andenken an das große Ereignis – imperiale Banner oder kleine holografische Darstellungen des Imperators, der gütig lächelnd und durchscheinend über einer schillernden kleinen Scheibe stand. Die meisten jedoch schlenderten dieselben überfüllten Straßen entlang wie sie und ihre Familie, alle in Richtung der Zeremonie. Sogar ein paar Droiden rollten, schwebten oder schoben sich durch die Menge, allesamt glänzender und offensichtlich sehr viel moderner als der eine zerschrammte Schleif-Droide in ihrem Dorf.

Sie hätte diese Leute und Droiden allerdings noch viel faszinierender gefunden, wenn sie ihr nicht alle im Weg gewesen wären.

„Werden wir etwa zu spät kommen?“, fragte Ciena. „Ich möchte die Schiffe nicht versäumen.“

„Wir kommen nicht zu spät.“ Ihre Mutter seufzte. Sie hatte das heute schon so oft gesagt, und Ciena wusste, dass sie jetzt lieber still sein sollte. Doch dann legte Verine Ree ihre Hände auf die Schultern ihrer jungen Tochter, und so sanft, wie die Berührung auch war, das Muunyak wusste, dass es stehen zu bleiben hatte. Mamas ausgeblichener schwarzer Umhang umwehte ihren zu dünnen Körper, als sie sagte: „Ich weiß, du bist aufgeregt, mein Herz. Das ist der bislang größte Tag deines Lebens. Warum also solltest du nicht gespannt sein? Aber hab Vertrauen. Das Imperium wird auf uns warten, wenn wir den Berg hinaufgestiegen sind, wann immer das sein wird. In Ordnung?“

Das Lächeln ihrer Mutter gab Ciena das Gefühl, als wäre sie in ein Fleckchen voller Sonnenschein getreten. „In Ordnung.“

Es war egal, wann sie oben ankamen. Das Imperium würde immer, immer auf sie warten.

Wie Mama es versprochen hatte, erreichten sie die Koppel rechtzeitig. Doch während ihre Eltern die Unterbringungs- und Futtergebühr für einen Tag entrichteten, hörte Ciena das Gelächter.

„Die sind auf diesem dreckigen Muunyak zur imperialen Zeremonie geritten!“, johlte ein Junge im Teenageralter, dessen Vorfahren der zweiten Welle von Siedlern entstammten. Das dunkle Rot seines Umhangs erinnerte Ciena an eine offene Wunde. „Die werden hier mit ihrem Gestank alles verpesten.“

Ciena spürte, wie ihre Wangen warm und rot wurden, weigerte sich jedoch, noch länger zu den Kindern, die sie verhöhnten, hinzuschauen. Stattdessen tätschelte sie die Flanke des Muunyaks, und das Tier blinzelte ihr zu, geduldig wie immer. „Wir kommen dich später wieder holen“, versprach sie. „Du brauchst dich nicht einsam zu fühlen.“ Keiner Spöttelei irgendwelcher dummer großer Kinder wegen würde sie sich für das Tier schämen. Sie liebte es und seinen Geruch. Die blöden Zweitweller wussten nicht, was es hieß, seinen Tieren nah und verbunden zu sein. Oder dem Land.

Doch nun sah sie Hunderte von Zweitwellern in ihren langen Gewändern aus Seide und reich besticktem Stoff. Ciena blickte hinab auf ihr hellbraunes Kleid und kam sich schäbig vor. Bis jetzt hatte sie dieses Kleid immer gemocht, weil der Stoff nur ein wenig heller war als ihre Haut, und es gefiel ihr, dass beides zusammenpasste. Jetzt fielen ihr der ausgefranste Saum und die losen Fäden an den Ärmeln ins Auge.

„Gib nichts auf ihr Gerede.“ Das Gesicht ihres Vaters war angespannt und verkniffen. „Ihre Zeit ist vorbei, und das wissen sie auch.“

„Paron“, flüsterte Cienas Mutter und umklammerte den Arm ihres Mannes. „Nicht so laut.“

Er fuhr weniger lautstark, aber mit noch größerem Stolz fort: „Das Imperium respektiert harte Arbeit. Absolute Loyalität. Die Werte des Imperiums entsprechen den unseren. Diese Zweitweller haben nichts anderes im Kopf, als sich die eigenen Taschen vollzustopfen.“

Das hieß Geldmachen. Ciena wusste das, weil ihr Vater es oft sagte, und zwar immer über die Zweitweller, die auf den höchsten Bergen lebten. Sie verstand nicht, was so schlecht daran sein sollte, Geld zu machen. Aber andere Dinge waren wichtiger … vor allem Ehre.

Ciena und jeder andere Bewohner der jelucanischen Täler stammte von Loyalisten ab, die nach dem Sturz ihres Königs von ihrer Heimatwelt vertrieben worden waren. Allesamt hatten sie sich für das Exil entschieden, anstatt die Treuepflicht gegenüber ihrem Anführer zu brechen. So hart das Leben auf Jelucan auch war, so unverändert ihre Arbeit und Not seither auch gewesen waren, das Volk der Täler war immer noch stolz auf die Wahl seiner Vorfahren. Wie jedes andere Kind in ihrem Dorf war Ciena in dem Wissen aufgewachsen, dass ihr Wort zu halten ihre Pflicht war und ihre Ehre der einzige Besitz, der wirklich zählte.

Sollten die Zweitweller doch herumstolzieren mit ihren neuen Kleidern und ihrem glänzenden Schmuck. Cienas schlichten Umhang hatte ihre Mutter eigenhändig gewebt und die Wolle dafür aus dem Pelz ihres Muunyaks gesponnen. Ihr Lederarmband wurde, während sie wuchs, immer wieder neu geflochten und verlängert, damit sie es ihr Leben lang ums Handgelenk tragen konnte. Sie besaß wenig, aber alles, was sie hatte, und alles, was sie tat, war von Bedeutung und Wert. Das begriff das Volk von den Bergen nicht.

Als könnte er die Gedanken seiner Tochter lesen, fuhr Paron Ree fort: „Wir haben jetzt andere Möglichkeiten. Bessere. Das haben wir doch schon gesehen, nicht wahr?“

Cienas Mutter lächelte und schlang ihren blassgrauen Schal fester um ihr Haar. Vor drei Tagen erst hatte man ihr einen Posten als Aufsicht in der nahen Mine angeboten – die Art von Autoritätsposten, die die Zweitweller gern unter sich vergaben. Aber jetzt hatte das Imperium das Sagen. Alles würde sich ändern.

„Du wirst mehr Auswahlmöglichkeiten haben, Ciena. Du hast die Chance, mehr zu tun. Mehr zu sein.“ Paron Ree lächelte streng, aber unverkennbar stolz auf seine Tochter nieder. „Die Macht lenkt all das.“

Soweit Ciena durch die wenigen Hologramme, die sie je gesehen hatte, wusste, glaubten die meisten Leute in der Galaxis nicht mehr an die Macht, jene Energie, die es einem ermöglichte, eins mit dem Universum zu werden. Selbst sie fragte sich manchmal, ob es je so etwas wie einen Jedi-Ritter gegeben haben konnte. Die beeindruckenden Geschichten, die man sich über tapfere Helden mit Lichtschwertern erzählte, die den Willen anderer beeinflussen und Gegenstände schweben lassen konnten … das waren doch gewiss nur Legenden.

Doch die Macht musste es geben, denn sie hatte das Imperium nach Jelucan geführt, auf dass es ihrer aller Zukunft veränderte. Für alle Zeit.

„Volk von Jelucan, der heutige Tag ist sowohl ein Ende als auch ein Anfang“, sagte der hochrangige offizielle imperiale Gast der Feier, ein Mann namens Großmoff Tarkin.

(Ciena wusste, dass es sich dabei um seinen Titel und seinen Namen handelte, aber sie war sich nicht sicher, ob sein Titel Großmoff und sein Name Tarkin war – oder ob er Moff Tarkin hieß und er wirklich sehr groß war. Sie würde später danach fragen, wenn keine Zweitweller mehr in der Nähe waren, die sie wegen ihrer Unwissenheit auslachten.)

Tarkin fuhr fort: „Heute endet Ihre Abgeschiedenheit vom großen Rest der Galaxis. Stattdessen beginnt für Jelucan eine neue, glorreiche Zukunft, indem Ihre Welt ihren rechtmäßigen Platz im Imperium einnimmt!“

Applaus und Jubel erfüllten die Luft, und Ciena klatschte mit all den anderen mit. Doch ihre scharfen Augen entdeckten ein paar Leute, die still blieben – ältere zumeist, die noch vor den Klonkriegen geboren worden sein mussten. Sie standen schweigend und ernst da und wirkten eher wie Trauergäste bei einer Beerdigung oder einer öffentlichen Entehrung. Eine blasse Frau mit silbrigem Haar senkte den Kopf, und eine Träne rann über ihre Wange. Ciena überlegte, ob sie womöglich einen Sohn oder eine Tochter gehabt hatte, der oder die in den Kriegen gefallen war. Dann mochte der Anblick all dieser Soldaten sie an ihren Verlust erinnern und sie traurig stimmen an diesem freudigen Tag.

Denn es waren viele Soldaten da – Offiziere in zackigen schwarzen oder grauen Uniformen und Sturmtruppen in glänzenden weißen Rüstungen. Und es schienen annähernd so viele Schiffe wie Soldaten zu sein: kantige TIE-Jäger so schwarz wie Obsidian, Angriffskreuzer vom gleichen Grau wie der Granit der Berge, und hoch oben im Orbit funkelten wie der Südstern am Morgen ein paar Pünktchen, bei denen es sich, wie sie wusste, in Wirklichkeit um Sternenzerstörer handelte. Es hieß, jeder einzelne Sternenzerstörer sei größer als ganz Valentia. Zwei- oder dreimal so groß.

Allein der Gedanke daran ließ Cienas Herz vor Stolz anschwellen. Jetzt war sie Teil des Imperiums – nicht nur ihr Planet, sondern auch sie selbst. Das Imperium regierte die ganze Galaxis. Die Schlagkraft der Imperialen Flotte übertraf die einer jeder anderen Streitmacht der gesamten Geschichte. Der Anblick der Schiffe, die über ihr in präziser Formation dahinflogen, ohne auch nur ein einziges Mal von ihren vorgeschriebenen Bahnen abzuweichen, ließ sie bis ins Innerste erbeben.

Das war Stärke, Größe, Erhabenheit. Das war die Art von Ehre und Disziplin, die man sie zu schätzen gelehrt hatte, in einem Maße jedoch, das sie sich nie hätte träumen lassen. Nichts konnte schöner sein als das, dachte sie.

Es sei denn, sie könnte eines Tages wirklich selbst eines dieser Schiffe fliegen.

Großmoff Tarkin sprach weiter, sagte etwas über Separatistenwelten, was allen einen Moment lang Unbehagen einzuflößen schien, aber dann fuhr er fort damit, wie großartig das Imperium sei und wie stolz alle sein mussten. Ciena jubelte, wenn die anderen jubelten, aber da war sie schon ganz auf das nächststehende Schiff konzentriert, ein Shuttle genau wie jenes, das sie am Himmel zu sehen geglaubt hatte. Wenn sie es sich nur einmal aus der Nähe hätte ansehen können …

Vielleicht ergab sich nach der Zeremonie eine Gelegenheit dazu.

Als die Ansprachen und die Musik ein Ende fanden, mussten die Kyrells zu einem Privatempfang mit hohen Offiziellen, und sie trugen Dalven auf, Thane im Auge zu behalten. Sie hatten die Worte noch nicht ganz ausgesprochen, da schätzte Thane im Stillen bereits ab, wie lange es wohl dauern würde, bis Dalven ihn stehen ließ, um sich mit seinen Freunden herumzutreiben. Fünf Minuten, dachte er. Fünf oder sechs.

Dieses Mal hatte er Dalven überschätzt – er entledigte sich seines kleinen Bruders nach nur drei Minuten.

Aber Thane konnte auf sich selbst aufpassen. Und wichtiger noch war, dass er auf eigene Faust viel näher an den imperialen Hangar herankommen konnte.

Obwohl die meisten der imperialen Schiffe zu ihren Sternenzerstörern zurückgerast waren – oder zu einer der neuen Einrichtungen, die auf den Hochebenen im Süden gebaut wurden –, befanden sich doch noch ein paar im imperialen Hangar. Das nächststehende war ein Shuttle der Lambda-Klasse, genau wie das, von dem Thane überzeugt war, es zuvor am Himmel gesehen zu haben.

Sicher, auf den Schildern stand „Zutritt verboten“. Aber manche Leute glaubten ja, kleine Kinder könnten keine Schilder lesen. Thane ging davon aus, dass er noch jung genug war, um mit dieser Ausrede durchzukommen, sollte man ihn erwischen.

Er wollte sich das Schiff ja nur einmal aus der Nähe ansehen … und es vielleicht berühren, nur einmal.

Also schlich er sich hinter die Bühne, die man für die Ansprachen am heutigen Tag aufgebaut hatte, dann schlüpfte er darunter. Thane musste zwar den Kopf einziehen, aber er konnte den ganzen Weg bis zum Hangar darunter entlanglaufen. Als er wieder zum Vorschein kam, lächelte er vor Stolz, doch dann sah er zu seiner Enttäuschung, dass er nicht der Einzige gewesen war, der diese Idee gehabt hatte. Auch etliche andere Kinder, die er aus der Schule kannte, hatten sich in der Nähe versammelt – etwas ältere Jungen, die er nie gemocht hatte –, und dann noch ein fremdes Mädchen, ein mageres Ding in abgetragener Kleidung, die verriet, dass sie aus den Tälern stammte. Neben dem kräftigen Purpurrot und Gold der Kleidung der Jungen fühlte Thane sich von ihrem braunen Kleid an Herbstlaub erinnert, das im Begriff war, vom Baum zu fallen.

„Gesocks wie du hat hier nichts verloren“, schnauzte Mothar Drik. Das Grinsen auf seinem breiten Gesicht war noch gemeiner als sonst.

Das ehrfürchtige Lächeln verschwand vom Gesicht des Mädchens, als es den Blick von dem Shuttle löste und auf ihre Peiniger richtete. „Ich wollte mir nur das Schiff angucken. Genau wie ihr.“

Mothar machte eine obszöne Geste. „Scher dich zurück in deinen Saustall und miste ihn aus. Da gehörst du hin.“

Das Mädchen gab nicht klein bei. Stattdessen ballte es die Fäuste. „Wenn ich ausmisten wollte, müsste ich mit dir anfangen.“

Thane lachte laut auf. Da erst entdeckten ihn ein paar der anderen Jungen. Einer von ihnen sagte: „Hey, Thane, willst du helfen, den Müll rauszubringen?“

Damit meinten sie, dass sie das Mädchen aus den Tälern vermöbeln wollten. Sie waren zu sechst, das Mädchen allein – ein Verhältnis, wie es nur Fieslingen gefiel.

Unter einem Vater wie Oris Kyrell aufzuwachsen, hatte Thane vieles gelehrt. Er hatte gelernt, wie streng und hart Regeln durchgesetzt werden konnten. Er hatte gelernt, dass die Reaktion seines Bruders auf die Grausamkeit ihres Vaters darin bestand, seinerseits ebenso grausam, wenn nicht sogar noch grausamer zu Thane zu sein. Er hatte gelernt, dass es nicht darauf ankam, wer nun eigentlich recht hatte und wer nicht – weil die Regeln von demjenigen festgelegt wurden, der den Stock in der Hand hielt.

Und vor allem hatte er gelernt, Fieslinge zu hassen.

„Oh ja“, erwiderte Thane. „Ich bring den Müll raus.“ Und damit stürmte er geradewegs auf Mothar los.

Der Idiot wusste gar nicht, wie ihm geschah – die Luft entwich ihm mit einem überraschten Wuff!, als er schwer auf den Rücken krachte. Thane landete ein paar Treffer, bevor ihn jemand von Mothar herunterzerrte, und als er sah, wie einer der anderen Jungen nach seinem Kragen griff, machte er sich auf die unausweichliche Faust im Gesicht gefasst … Aber da warf sich das magere Mädchen auf seinen Angreifer und riss den Arm des Jungen nach hinten. „Lass ihn in Ruhe!“, schrie sie.

Zwei gegen sechs war immer noch kein tolles Verhältnis, aber das Mädchen kämpfte mit harten Bandagen. Thane wusste, dass das auch auf ihn selbst zutraf, vor allem, weil er dank Dalven bereits gelernt hatte, wie man einen Hieb einsteckte und trotzdem weitermachte. Doch sie wurden in eine Ecke gedrängt, Thane hatte schon eine blutige Lippe, und die ganze Sache würde kein gutes Ende nehmen …

„Was geht hier vor?“

Alle erstarrten. Nur fünf Meter entfernt stand Großmoff Tarkin, umgeben von imperialen Offizieren und weiß gerüsteten Sturmtruppen. Bei ihrem Anblick gab Mothar Fersengeld, und seine Speichellecker folgten ihm auf dem Fuße. Somit standen Thane und das Mädchen allein da.

„Nun?“, fragte Tarkin und trat ohne Eile näher. Das Gesicht mit den scharf geschnittenen, blassen Zügen hätte in einen Quarzkristall eingeätzt sein können.

Das Mädchen trat vor. „Es ist meine Schuld“, sagte sie. „Die anderen Jungen wollten mich verhauen, und er hat versucht, sie davon abzuhalten.“

„Das war sehr dumm von dir“, wandte sich Tarkin an Thane. Er schien amüsiert zu sein. „Dich in einen Kampf zu stürzen, den du verloren hättest? Lege dich nie mit einer Übermacht an, Bursche. Das nimmt kein gutes Ende.“

Thane überlegte schnell. „Heute habe ich es Ihretwegen getan.“

Tarkin schmunzelte. „Dann wusstest du also, dass in Kürze eine noch größere Übermacht zur Stelle sein würde? Ein hervorragender strategischer Gedanke. Gut gemacht, mein Junge.“

Damit waren sie jetzt vom Haken, doch das Mädchen aus den Tälern schien das nicht zu wissen. „Ich hätte nicht im Hangar sein dürfen“, sagte sie mit gesenktem Kopf. „Ich habe eine Regel gebrochen. Aber ich wollte nichts Unredliches tun. Ich wollte nur die Schiffe sehen.“

„Natürlich“, erwiderte Tarkin und beugte sich ein wenig zu ihnen hinab. „Das verrät mir, dass ihr neugierig auf die Galaxis jenseits von Jelucan seid. Und ihr zwei seid hiergeblieben, als die anderen Kinder davonrannten. Das sagt mir, dass ihr tapfer seid. Nun möchte ich sehen, ob ihr auch klug seid. Was für ein Schiff haben wir hier?“

„Ein Shuttle der Lambda-Klasse!“, antworteten sie wie aus einem Mund, dann blickten sie einander an. Das Mädchen zeigte ein zaghaftes Lächeln, genau wie Thane.

„Sehr gut.“ Tarkin wies mit einer Hand auf das Schiff. „Möchtet ihr einen Blick hineinwerfen?“

War das sein Ernst? Es war sein Ernst. Thane konnte sein Glück kaum fassen, als einer der Sturmtruppler die Luke für sie öffnete. Er rannte mit dem Mädchen hinein, wo alles schwarz und glänzend und von Hunderten von Lämpchen beleuchtet war. Man zeigte ihnen das Cockpit, und sie durften sich sogar in die Pilotensessel setzen. Großmoff Tarkin stand hinter ihnen, starr wie ein Fahnenmast, und seine Stiefel glänzten so strahlend wie das polierte Metall rings um sie her.

„Zeigt mir die Höhenkontrolle“, sagte er. Sie deuteten beide umgehend darauf. „Ausgezeichnet. Und die Andock-Führung? Das wisst ihr also auch. Ja, ihr seid beide sehr gescheit. Wie heißt ihr?“

„Ich bin Thane Kyrell.“ Er fragte sich, ob Großmoff Tarkin seinen Nachnamen kennen würde. Seine Eltern behaupteten, dass die imperialen Obrigkeiten sie gut kannten. Doch Tarkins Miene zeigte weiterhin nur vage Neugier.

Das kleine Mädchen sagte: „Ich heiße Ciena Ree, Sir.“

Sir. Er hätte auch daran denken sollen, Tarkin mit „Sir“ anzusprechen. Aber wenigstens schien es Tarkin nicht zu kümmern. „Würdet ihr nicht auch eines Tages gern in den Dienst des Imperiums treten und Schiffe wie dieses fliegen? Dann wärt ihr vielleicht Captain Kyrell und Captain Ree. Wie würde euch das gefallen?“

Thanes Brust schwoll vor Stolz. „Das wäre das Allerbeste, was mir je passieren könnte, Sir.“

Tarkin wandte sich leise lachend zu einem der jungen Offiziere um, die hinter ihm standen. „Sehen Sie, Piett? Wir sollten nie zögern, die Peitsche einzusetzen, wenn es nötig ist – aber es gibt Momente, da ist die Verlockung noch effektiver.“

Thane hatte keine Ahnung, was das bedeutete, und es war ihm auch egal. Ihm war nur klar, dass er sich kein ruhmreicheres Schicksal mehr vorstellen konnte, als ein Offizier in der Imperialen Flotte zu werden. Und aus dem Grinsen auf Cienas Gesicht schloss er, dass sie dasselbe empfand.

Sie flüsterte: „Wir werden viel lernen müssen.“

„Und das Fliegen üben.“

Enttäuschung zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab, als sie betrübt sagte: „Ich habe kein Schiff zum Üben, und unser Simulator ist schon sehr alt.“

Natürlich hatte man in den Tälern keine guten Simulatoren, und wahrscheinlich hatte nur einer von fünfzig Angehörigen des Talvolks ein eigenes Schiff. Thane fühlte mit ihr, bis ihm etwas einfiel. „Dann kannst du ja zum Üben zu mir kommen.“

Cienas Miene hellte sich auf. „Wirklich?“

„Na klar.“ Viele Manöver ließen sich nur mit einem Copiloten durchführen. Er würde einen Partner brauchen, wenn er so gut fliegen lernen wollte, dass man ihn eines Tages in die Imperiale Sternenflotte aufnähme.

Außerdem wusste Thane schon jetzt eines – trotz all ihrer Unterschiede würden er und Ciena Ree Freunde werden.

1. KAPITEL

Fünf Jahre später

Dreißig Minuten blieben noch bis zum Flugtraining – das war jetzt schon kaum genug Zeit, um es zum Hangar zu schaffen. Und Ciena musste noch hier auf dieser blöden Bank sitzen bleiben …

Nein, dachte sie. Das ist nicht blöd. Die Familienehre der Nierre wurde infrage gestellt. Sie brauchen in dieser schweren Stunde den Beistand ihrer Freunde. Auch wenn ich deswegen das Flugtraining verpasse.

Aber ich würde so viel lieber fliegen.

Die grob behauene Bank stand vor dem kleinen Kuppelhaus der Familie Nierre, deren Land seit Generationen an das der Familie Ree grenzte. Vor der Bank verlief ein langer, mit Sand gefüllter Graben, in dem jetzt mehrere Flaggenmasten steckten, und jede Fahne stand für eine der Familien, die den Nierres in dieser dunklen Zeit die Treue geschworen hatten. Eine alte Tradition, die zurückreichte bis in die Anfänge der Besiedlung Jelucans, aber sie war heute noch so bedeutsam wie damals. Ein Mitglied aus jeder der loyalen Familien würde unentwegt bei den Nierres bleiben, bis die Wolke des Misstrauens über ihrer Ehre sich verzogen hatte.

Die meisten Talfamilien hatten eine Flagge gebracht, aber nicht alle. Ein paar wenige waren der Meinung, dass der Vater des Hauses seine Macht als imperialer Kommunikations-Inspektor missbrauchte, indem er private Treffen und Nachrichten meldete. Cienas Eltern hatten jedoch erklärt, dass niemand auch nur die Absicht haben sollte, wichtige Informationen vor dem Imperium zu verbergen, und deshalb seien nicht die Nierres ehrlos, sondern jene, die sie anklagten, und sie hätten Schuld auf sich geladen.

Das blonde Haar und die milchweise Haut waren in den Genen der Familie verankert. Trotzdem waren ihre Gesichter noch bleicher geworden, so sehr, dass sie alle krank aussahen. Wenn die offizielle Beschwerde an den imperialen Gouverneur aufrechterhalten und ein neuer Inspektor ernannt wurde, würde diese Schande den Nierres auf ewig anhängen – eine schwerwiegende Bedrohung, die es da auszuhalten galt. Also mussten die Freunde bei ihnen bleiben und ihnen Trost spenden, so gut sie konnten.

Ich würde auch wollen, dass jemand das für mich täte, wenn ich falschen Vorwürfen ausgesetzt wäre, dachte Ciena. Aber die Nierres würden sich noch mehr getröstet fühlen, wenn meine Eltern hier wären – was sie schon vor einer ganzen Stunde sein wollten.

Ihre Blicke suchten den Himmel ab, als könnte sie die alte V-171 schon vorüberfliegen sehen. Von der Bank aus konnte Ciena weiter ins Tal hinunterschauen, bis hin zu dem fernen silbrigen Schimmer des Wassers mehrere Tausend Meter tiefer. Rings um sie herum ragten zahllose schneebedeckte Gipfel auf, weißen Krallen gleich, die am steinfarbenen Himmel kratzten. Ihr dunkelblauer Umhang war so schwer, dass der Wind ihn nicht hochwehte, und er verbarg auch, dass sie anstatt eines traditionellen Kleides den zu großen Fliegeranzug trug, den sie Anfang des Jahres in einem Gebrauchtwarenladen gekauft hatte.

Dann hörte sie das ferne Surren eines Hangsteigers. Das waren jene bergtauglichen Hovercraft-Fahrzeuge, die vom Imperium unterstützte Händler vor fünf Jahren eingeführt hatten. Ciena konnte sich schon kaum noch erinnern, wie sie ohne diese Fahrzeuge zurechtgekommen waren. Sie liebte das alte Muunyak nach wie vor, aber das Tier war inzwischen noch langsamer. Als der Hangsteiger um die Biegung kam, wollte sie vor Freude aufspringen. Endlich!

Doch sie blieb mit ernster Miene auf der Bank sitzen, bis ihr Vater ausgestiegen war und auf sie zukam. Er war allein.

„Wo ist Mama?“, fragte Ciena und erhob sich.

„Es wird wieder einmal spät in der Mine.“ Ihr Vater schüttelte den Kopf. „Wir wussten ja, dass ihr Aufsichtsposten harte Arbeit verlangen würde, und ich bin stolz auf sie – aber manchmal vermisse ich sie.“

„Ich auch.“ Und das meinte Ciena auch so, dennoch konnte sie den Blick nicht von dem Hangsteiger abwenden. Wenn Papa ihr das Fahrzeug lieh, dann konnte sie noch rechtzeitig zum Hangar kommen.

Ihr Vater sah, dass sie es eilig hatte. Er presste die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen, und sein Blick verfinsterte sich. „Fliegst du heute wieder?“

„Papa, bitte. Wie soll ich es denn sonst auf eine der imperialen Akademien schaffen?“

„Du sollst ja viel und oft üben. Nichts würde deine Mutter und mich mit mehr Stolz erfüllen, als mitzuerleben, wie du eine Imperiale Offizierin wirst.“ Paron Ree hielt inne. Ein paar Vögel zogen über sie hinweg und kreischten, wie sie es immer taten. Ciena sah ihnen beim Fliegen zu, denn wann immer ihr Vater das folgende Thema anschnitt, fiel es ihr schwer, ihn auch nur anzuschauen. Und in der Tat fuhr er fort: „Wir wünschten nur, du würdest mehr an den neuen Simulatoren in Valentia üben, anstatt deine ganze Zeit mit diesem Jungen zu verbringen.“

„Thane ist mein Freund.“ Sie betonte das letzte Wort.

„Wir sollten nichts von Zweitwellern annehmen. Wir sollten aus eigener Kraft aufsteigen, nicht dank ihrer Geschenke.“

Manchmal überkam Ciena an dieser Stelle des Streits die Wut – aber wenn sie sich das heute erlaubte, dann würde sie definitiv nicht fliegen. Also holte sie tief Luft, bevor sie sagte: „Ich helfe Thane so sehr, wie er mir hilft. Wir arbeiten zusammen. Keiner von uns ist dem anderen etwas schuldig, und das weiß er so gut wie ich.“

Ihr Vater seufzte. „Leute seines Schlags haben ein schlechtes Gedächtnis. Aber geh nur. Nimm den Hangsteiger. Ich reite auf dem Muunyak heim. Deine Mutter und ich kommen später wieder her, und du bist bis dahin mit dem Training fertig und hast die Küche von oben bis unten geputzt.“

„Ja, Sir.“ Ihre Laune besserte sich schlagartig. Sie würde heute doch fliegen.

„Werde ein besserer Pilot als dieser junge Kyrell“, sagte ihr Vater, richtete seine Kleidung und trat auf das Haus der Nierres zu. „Sollte es nur einen Platz für einen Kadetten von Jelucan geben, möchte ich, dass du ihn bekommst.“

Ciena lachte. „Wir gehen beide. Die Imperiale Flotte wird ohne uns nicht auskommen!“

Darüber musste sogar ihr Vater lächeln.

Thane überlegte, ob er nicht den Haltebolzen des CZ-I-Lehrer-Droiden lösen könnte. Dann würde der Droide ihn gehen lassen, obwohl er seinen blöden Mathetest noch nicht fertig hatte.

„Deine Konzentration lässt nach“, sagte CZ-I. „Das ist einer optimalen Leistung nicht zuträglich.“

Thane zeigte auf den nächststehenden Chronometer. „Ich komme zu spät zum Flugtraining.“

„Du musst deine Lektionen abschließen, um das Thema zu beherrschen. Wie willst du sonst in einer Imperialen Akademie aufgenommen werden? Es ist die sehnlichste Hoffnung deiner Eltern, dass du in Dalvens Fußstapfen trittst.“

Manchmal fand Thane, dass CZ-I gerissener war, als es ein Droide eigentlich sein sollte. Nichts brachte Thane mehr in Rage als das Wissen, dass Dalven es irgendwie auf eine der Akademien geschafft hatte – zwar auf eine der weniger angesehenen, aber trotzdem. Thane hegte den Verdacht, dass sein Vater den örtlichen Musterungsoffizier bestochen hatte, damit der seinen älteren Sohn aufnahm, was wiederum das Ansehen der Familie förderte. Für Thane würde sich Oris Kyrell allerdings nicht in diesem Maße verwenden, er musste aus eigener Kraft in die Akademie kommen.

Also überlegte er rasch. „Ich werde auch nicht in eine Imperiale Akademie aufgenommen, wenn ich nicht gut genug fliegen kann“, erklärte er dann. „Und wie soll ich gut fliegen können, wenn ich nicht übe?“

„Deine Familie besitzt einen eigenen Hangar nebst Schiff. Somit kannst du jederzeit üben.“

Mit seinem schönsten Lächeln erwiderte Thane: „Aber du bist auch in unserem Besitz, CZ-I. Das heißt, ich kann auch jederzeit Mathematikunterricht nehmen. Mit einem Partner kann ich aber nur fliegen, wenn Ciena Zeit hat, und sie kommt heute. Ist es also nicht sinnvoll für mich, wenn ich dem Flugtraining Priorität einräume?“

CZ-I neigte den Kopf, und Thane hörte das leise Sirren, das bedeutete, dass der Droide angestrengt nachdachte.

Ganz beiläufig sagte Thane: „Weißt du, wenn ich zurückkomme, sollte ich dir wirklich ein Schmierbad geben. Ich sollte dich mal wieder schön lange einweichen. Ist ’ne Weile her, nicht?“

Es folgten noch einige Momente des Schweigens, ehe CZ-I befand: „Jetzt, wo du es erwähnst, fällt mir ein, dass meine Gelenke in letzter Zeit tatsächlich etwas steif sind.“

Grinsend schaltete Thane das Mathe-Hologramm ab und schnappte sich seine Fliegerjacke. „Ich bin wieder zu Hause, bevor meine Eltern von diesem blöden Bankett zurück sind. Okay?“

„Und morgen früh steht Mathematik auf dem Programm!“, rief CZ-I, während Thane schon zur Tür hinausflitzte.

Seine Familie hatte einen privaten Hangar, aber ihr Anwesen war mehr vertikal als horizontal angelegt, wie es bei den meisten Leuten auf Jelucan der Fall war. Ihr goldgedecktes Haus erstreckte sich fast über die gesamte Breite ihres Grundstücks, in erster Linie weil seine Eltern darauf bestanden hatten, dass Leute ihres Standes ein Haus brauchten, das eindrucksvoller war als das der Nachbarn. Diese Aufgeblasenheit ärgerte Thane jedoch weniger als der Umstand, dass sein Hangar deshalb dreihundert Meter entfernt war – dreihundert Meter bergab.

Aber zumindest war ihm eine Lösung eingefallen. Mit einem Grinsen setzte Thane seine Fliegerbrille auf und rannte auf den gegenüberliegenden Kamm zu. Die Handgriffe waren in Position und bereit, also brauchte er nichts weiter zu tun, als sie fest zu packen, die Bremse zu lösen und zu springen.

Augenblicklich rauschte er an dem Drahtseil entlang, das vom Haus aus zum Hangar hinunterführte. An den Haltegriffen baumelnd sauste er über den langen Felskamm hinweg nach unten. Kalte Bergluft umpfiff ihn, während er in das Tal tief unter ihm hinabschaute. Ein Gefühl, das nicht ganz so toll war wie tatsächlich zu fliegen, aber dicht dran.

Er reaktivierte die Bremse, als er auf den Endpfosten zuglitt – jedoch nur gradweise, weil er am Ende gerne noch ein wenig Schwung hatte, bis hin zu dem Punkt, an dem er schon gegen den Pfosten zu prallen drohte. Da erst ließ Thane los und sprang laut lachend zu Boden.

Dann hörte er jemanden sagen: „Eines Tages wirst du mit dem Gesicht an das Ding da knallen, das ist dir schon klar, oder?“

Thane drehte sich um und sah Ciena neben dem klotzigen alten Hangsteiger ihrer Familie stehen. In ihrem übergroßen Fliegeranzug sah sie noch kleiner und dünner aus, und ihr Gesicht mit den runden Wangen und der Stupsnase wirkte immer noch jünger, als sie tatsächlich war. Die Arme hatte sie vor der Brust verschränkt. Sie wollte einen strengen Eindruck erwecken, aber er konnte das Lächeln erkennen, das in ihren dunkelbraunen Augen glitzerte.

Er richtete sich auf und klatschte in die Hände, um seine Handschuhe zu säubern. „Du bist ja nur neidisch, weil ich es dich nie versuchen lasse.“

Ciena streckte ihm die Zunge heraus. „Ich könnte es aber, und das weißt du.“

Natürlich könnte sie es, daran zweifelte Thane gar nicht. Aber die Seilbahn begann oben bei seinem Haus, und seine Eltern hassten Ciena noch mehr, als ihre Eltern ihn hassten. Bei den wenigen Malen, die sie einander begegnet waren, hatte seine Familie Ciena so schlecht behandelt, dass Thane vor Scham fast übel geworden war. Ciena war nicht wilder darauf, den Kyrells noch einmal gegenüberzutreten, als sie es ihrerseits waren, das Mädchen wiederzusehen.

Nichtsdestotrotz taten sie beide stets so, als gäbe es keinen Grund, weshalb sie nicht Zeit miteinander verbringen sollten. Das war leichter, als darüber zu reden, warum ihre Familien sie voneinander trennen wollten.

„Ich hatte schon Angst, ich würde zu spät kommen“, fuhr Ciena fort, „und dabei war ich vor dir hier.“

„Trigonometrie.“ Thane verzog das Gesicht, und Ciena tat es ihm gleich. „Komm schon, fangen wir an. Echse-Kröte-Schlange um den Pilotensitz?“ Sie zählten beide stumm bis drei, dann streckten sie die Hand aus. Thane hatte sich für die Schlange entschieden, aber Ciena hatte Echse gewählt, und die Echse fraß die Schlange. Sie strahlte, und er zeigte auf die Luke der V-171. „Der Pilot geht voran.“

Es machte ihm eigentlich nichts aus, Copilot und Kanonier zu sein. Kadetten mussten Experten in beiden Positionen sein, wenn sie auf die Akademie wollten. Aber rückwärts im Cockpit zu sitzen, machte eben nicht ganz so viel Spaß.

Genau genommen gehörte die V-171 ja Dalven. Als er sich auf die Akademie verabschiedete, hatte er strikte Anweisung gegeben, dass niemand sie fliegen dürfe, solange er fort war.

Ja, klar.

Thane ließ sich nie eine Gelegenheit entgehen, sie zu fliegen – oder sich ein bisschen an seinem älteren Bruder zu rächen.

(Dalven war noch unverschämter gegenüber Ciena als die übrige Familie Kyrell. Kurz bevor Dalven zur Akademie gegangen war, hatte er grinsend gemeint, es gäbe nur einen Grund, sich mit einem Mädchen aus den Tälern einzulassen – und wenn es das wäre, worauf Thane scharf war, solle er sich doch eine suchen, die schon einen Busen hatte. Thane hatte Dalven die Lippe blutig geschlagen, bevor ihre Eltern sie trennen konnten.)

„Hey“, sagte Ciena. Thane merkte, dass er immer noch auf der Leiter stand, anstatt ins Cockpit zu klettern. „Bist du noch da?“

„Ja, ja.“ Thane glitt ins Schiff, eisern bemüht, nicht auf die Vorderseite von Cienas Anzug zu glotzen. „Tut mir leid. Los geht’s.“

Sie stülpten ihre Helme über, gurteten sich an und ließen das Dach herunter. Inzwischen war ihnen der Ablauf in Fleisch und Blut übergegangen. Es war etwas, das Thane tun konnte, ohne bewusst darüber nachzudenken. Er wusste, wann Ciena anfangen würde, die Schalter umzulegen, um das Triebwerk zu starten, und er kannte selbst den Rhythmus ihrer Fingerspitzen dabei. Seine eigene Konsole leuchtete gleichzeitig auf. „Alle Systeme geprüft und in Ordnung.“

„Bestätige, wir sind startbereit“, sagte sie. „Voller Schub. Holen wir uns ein Stück vom Himmel.“

Die alte V-171 erhob sich bebend vom Boden, links und rechts von ihnen leuchteten die Triebwerke blau auf. Dann drehten sie, legten sich zur Seite und düsten los.

Ciena brachte sie höher, den Gipfeln entgegen, die zu kalt und unwirtlich waren, als dass sich dort jemand hätte ansiedeln können. Eine Handvoll Bergbau-Droiden sprenkelten die Landschaft und hoben sich dunkel vom Schnee und den hellen Felsen ab, doch ansonsten war die Gegend unberührt. Thane hatte das Gefühl, Ciena und er hätten die Welt für sich allein.

Als sie auf einen der Höhenrücken im Osten zuflogen, erklang Cienas Stimme knisternd in den Lautsprechern seines Helms. „Ich sehe ein paar Eiszapfen, denen wir eine Lektion erteilen sollten.“

„Verstanden.“

Der Bergrücken erschien im Raster seines Sichtschirms und wurde scharf gestellt. Drei Eiszapfen hingen wie Stalaktiten vom Fels, zum größten Teil etwa so stark wie sein Arm. Groß für einen Eiszapfen – klein für ein Ziel.

Thane zielte, feuerte, und zertrümmertes Eis spritzte in alle Richtungen. Er grinste, als er Cienas johlenden Siegesruf hörte.

„Kannst du mir noch ein paar Ziele suchen?“, fragte er. Sie ballerten nie wahllos herum, denn schon ein paar aus dieser Höhe fallende Steine oder Eiszapfen konnten unten auf den bewohnten Ebenen eine Lawine auslösen. Doch er und Ciena kannten mittlerweile jede Stelle, an der sich Eis verbarg, auf das man gefahrlos schießen konnte.

„Natürlich“, antwortete sie. „Halt dich fest!“

Thane wusste genau, wie sie das Schiff nun in eine Abwärtsschleife legen würde. Selbst ohne ihr genaues Ziel zu kennen, konnte er anhand der kleinsten Bewegung der Tragflächen ausmachen, was sie als Nächstes tun würde. Er und Ciena hatten in den vergangenen fünf Jahren jede nur mögliche Gelegenheit genutzt, um als Team zu fliegen. Inzwischen arbeiteten sie so gut zusammen wie die zwei Hände eines einzigen Piloten.

Die V-171 tauchte in die Stepson-Klamm ein, einen schmalen, zerklüfteten Durchlass, in dem jede Kehre eine Herausforderung für ein Schiff war. Ciena manövrierte sie tief hinab, zweifellos suchte sie für Thane ein Überkopf-Übungsziel. Im Sinkflug passierten sie einen der vielen kleinen Wasserfälle in der Klamm. Trotz der eisigen Kälte floss das Wasser noch, auch wenn es eher tröpfelte als schäumte. Zu dieser Nachmittagsstunde wurde das Wasser vom Licht genau im richtigen Winkel getroffen, um einen Regenbogen zu erzeugen, und ein gefrorener Vorsprung in der Nähe fing das gebrochene Licht auf und reflektierte es in ein Dutzend verschiedene Richtungen zugleich. Jeder Stein und Schneestreif schien zu funkeln. Es war einer jener perfekten Augenblicke, die umso spektakulärer waren, weil sie im nächsten Moment vorbei sein und nie wiederkehren würden.

Thane hörte, wie Ciena flüsterte: „Sieh durch meine Augen.“

Er hatte gewusst, dass sie das sagen würde.

Vielleicht war es endlich an der Zeit, herauszufinden, warum.

Nach dem Flugtraining gingen Ciena und Thane zur Festung.

So hatten sie den Ort getauft, als sie acht gewesen waren und einen Hang zur Dramatik hatten. Tatsächlich war es nur eine Höhle, wenngleich eine Höhle, die sie im Laufe mehrerer Jahre zu ihrer Zufriedenheit hergerichtet hatten. Alle paar Wochen hatte einer von ihnen etwas angeschleppt, um das sie ihr Sammelsurium ergänzten. Die meisten der besseren Dinge (den Protonengas-Heizer, die Holo-Spiele) hatte Thane mitgebracht – abgelegtes Zeug seiner Familie, Luxusdinge, derer sie überdrüssig geworden waren oder die sie nie vermissen würden. Cienas Mitbringsel waren bescheidener, aber sie tröstete sich mit dem Gedanken, dass sie wichtiger waren. Die Festung wäre furchtbar ungemütlich gewesen ohne die dicken Decken und die kleinen Fellteppiche, die sie beigesteuert hatte. Auch das waren abgelegte Sachen, die Bewohner der Täler ausrangiert hatten, um ihre Wohnstätten den imperialen Standards entsprechend moderner zu gestalten. Aber sie waren warm und weich, die ideale Verkleidung für ihr Nest, in dem sie sich vor dem Rest der Welt versteckten.

Eigentlich befand sich die Höhle kaum fünfzig Meter vom Hangar der Kyrells entfernt, doch der Eingang lag unter einem Vorsprung verborgen und im Schatten eines weiteren, wodurch dieses Fleckchen so geheim schien, dass Ciena manchmal glaubte, sie und Thane wären die Ersten in der Geschichte Jelucans, die ihn betraten. Kurzum, es war der perfekte Treffpunkt.

Gelegentlich kam einer von ihnen alleine her, aber meistens suchten sie die Festung gemeinsam auf, redeten dann über alles Mögliche und träumten von ihrer Zukunft inmitten der Sterne.

„Mein Vater hat gesagt, es waren drei Dutzend Senatoren, die den Saal verlassen haben“, erzählte Ciena.

Thane hob die Schultern. Er interessierte sich weniger für Politik als Ciena und lümmelte weiter auf dem roten Teppich, von dem aus er in den Sonnenuntergang hinausblickte. „Was macht es denn für einen Unterschied, ob es zwanzig waren oder sechsunddreißig? Von Hunderten Senatoren sind das so oder so nicht besonders viele.“

„Sie haben sich der Abstimmung verweigert. Das Imperium wird Ersatzleute für sie bestimmen. Das ist eine große Sache, Thane.“

„Das sind nur ein paar reiche alte Politiker, die sich wichtig tun. Das ist deren Vorstellung von Spaß.“

„Wie kann man nur so seinen Eid verletzen? Seine Ehre?“ Ciena konnte es immer noch nicht fassen. „Jedermann weiß, dass es der Senat war, der die Galaxis in den Bürgerkrieg getrieben hat, bevor der Imperator wieder für Ordnung sorgte. Wie kann jemand den Frieden, den wir jetzt haben, als selbstverständlich hinnehmen?“

Thane zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich streiten sie sich um etwas ganz anderes und behaupten nur, es ginge um diese hehren Ideale. Wenn sie merken, dass sie keine Macht mehr haben, kommen sie schon zum Imperator zurückgekrochen und vergessen alles, worüber sie sich vorher gestritten haben.“

„Manchmal bist du wirklich zynisch.“

„Aber ich habe recht. Du wirst schon sehen.“

Ciena ließ sich seufzend nach hinten auf das dichte schwarze Gundarkfell sinken, das so bequem wie ein Bett war. Aus diesem Blickwinkel loderte der Sonnenuntergang in herrlichen Tönen hinter dem fernen Grat der Berge. Das Licht, in dem die Höhle glühte, färbte Thanes Haare richtig rot und verlieh seiner blassen Haut Wärme, und irgendetwas daran ließ sein Gesicht überraschend älter wirken.

Er wird einmal sehr gut aussehen, dachte Ciena. So seltsam diese Erkenntnis auch sein mochte, fand Ciena, dass sie nur objektiv war. Es war nicht so, dass sie und Thane … Als ob sie jemals … Nein, bestimmt nicht. Wenn ihre Eltern es schon nicht gern sahen, dass sie einen Zweitweller zum Freund hatte, wie würden sie da erst reagieren, wenn sie sich in einen verliebte? Und Thane hatte ihr zwar nie im Detail erzählt, wie sein Vater mit ihm umsprang, aber sie hatte die blauen Flecken gesehen und spürte in seinem Schweigen die Dinge, die er nicht ausgesprochen hatte. Thanes Vater würde zu noch schlimmeren Maßnahmen greifen, sollte er je glauben, dass sie beide zusammen waren.

Und außerdem, sie und Thane … Vielleicht standen sie einander zunahe, um sich zu verlieben. Manchmal hatte sie das Gefühl, sie wären wie zwei Hälften ein und derselben Person.

„Hey“, sagte Thane leise, fast behutsam. „Kann ich dich etwas fragen, das vielleicht … äh … ein bisschen persönlich ist?“

Hatte er erraten, worüber sie gerade nachgedacht hatte? Ciena setzte sich auf und zog die Knie an die Brust. „Fragen kannst du. Aber ich verspreche nicht, dass ich antworten werde.“

„In Ordnung.“ Er zögerte noch einmal, bevor er weitersprach. „Ab und zu, wenn wir etwas wirklich Wunderschönes sehen, flüsterst du: ‚Sieh durch meine Augen.‘ Ist das irgendetwas, das man in den Tälern so sagt? Was bedeutet es?“

Das war tatsächlich sehr persönlich, aber Ciena stellte fest, dass es ihr nichts ausmachte, wenn Thane es wusste. „Ja, das ist bei uns ein Brauch. Ein seltener allerdings. Weißt du … Als ich geboren wurde, war ich ein Zwilling.“

„Ein Zwilling?“ Thane setzte sich gerade auf. Das faszinierte selbst einen Zweitweller. Auf vielen Planeten gab es Mythen und Legenden über Zwillinge. „Wirklich? Aber ich dachte, du seist ein Einzelkind.“

„Jetzt schon. Meine Schwester Wynnet ist nur ein paar Stunden nach unserer Geburt gestorben.“

„Oh! Das tut mir leid.“

„Nein, ist schon gut. Ich erinnere mich ja nicht an sie. Aber ich lebe mein Leben für uns beide.“ Ciena hob ihren Arm, damit er ihr ledernes Armband sehen konnte. „Ist dir mal aufgefallen, dass ich das nie abnehme?“

„Na ja, schon, aber ich dachte, es gefällt dir eben.“

Ciena fuhr mit einer Fingerspitze über das geflochtene Band. „Ich trage es als Symbol dafür, dass ich mit Wynnet immer noch verbunden bin. Alles, was ich im Leben tue, alles, was ich sehe – das ist alles, was sie von der Welt je haben wird, weil ich es mit ihr teile. Wenn ich also etwas besonders Schönes sehe, alles, was außergewöhnlich ist, und manchmal auch Dinge, die richtig schlimm sind – dann sage ich diese Worte. Meine Schwester sieht durch meine Augen, und ich zeige ihr die wichtigsten Augenblicke meines Lebens.“

Thane legte sich wieder hin. „Das ist … wirklich toll. Im Ernst.“

Ciena nickte. „Manchmal fühlt es sich an wie eine riesige Verantwortung, auch für Wynnet zu leben, aber meistens erinnert es mich daran, Ausschau nach den Dingen zu halten, die wirklich besonders sind. Vielleicht würde ich nicht so viel davon wahrnehmen, würde ich nicht für sie danach suchen.“

Die Sonne war hinter dem Horizont versunken. Obwohl noch Licht den unteren Teil des Himmels erfüllte, war das Blau weiter oben so dunkel geworden, dass es kleine blinkende Lichtpunkte offenbarte.

Ciena flüsterte: „Eines Tages, wenn wir es auf die Akademie geschafft haben, werde ich ihr die Sterne zeigen.“

2. KAPITEL

Als sie vierzehn waren …

„Na, komm schon“, sagte Thane. Tief in der Festung saß er ihr im Schneidersitz gegenüber. „Das weißt du.“

„Wirklich?“

„Dieser Typ hat einen Krieg angefangen.“

Ciena schwirrte der Kopf. Seit drei Stunden wiederholten sie jetzt den Lehrstoff für galaktische Geschichte. „Also gut. Die Verbrecherbande, die auf Geonosis eine rechtmäßige Exekution störte und die Klonkriege auslöste, wurde angeführt von … von …“ Sie schloss die Augen, zuckte zusammen und sagte: „Mace Windu?“

Dann schlug sie die Augen wieder auf und sah, dass Thane sie angrinste. „Na, siehst du? Du hast es von Anfang an gewusst.“

Neben ihnen gackerte der CZ-I-Droide anerkennend. „Ihr Verständnis für Geschichte ist ausgezeichnet, Miss Ree. Meiner Meinung nach sollten Sie sich eher wegen Mathematik Sorgen machen.“

Enttäuschung machte sich auf Cienas Gesicht breit. Thane funkelte CZ-I an. „Wusst’ ich doch, dass wir ein Upgrade hätten installieren sollen, was dein Taktgefühl angeht.“

„Was nutzt aller Takt, wenn er vom Lernen abhält?“ CZ-I schlurfte näher, seine alten Gelenke ließen sich nicht mehr so leicht bewegen. „Als du mich zum ersten Mal in den Hangsteiger geschmuggelt hast, um mich zum Unterricht hierher zu bringen, hast du gesagt, ich solle dafür Sorge tragen, dass ihr beide die Prüfungen besteht. Das kann ich jedoch nicht, wenn ich vorgebe, ihr würdet bestimmte Themen verstehen, wenn das in Wirklichkeit nicht der Fall ist.“

Ciena hätte vor Verzweiflung aufstöhnen mögen. Das waren noch nicht einmal die Aufnahmeprüfungen für die Akademie. Mit diesen Prüfungen qualifizierte sie sich gerade einmal für die Vorbereitungskurse. „Wenn ich schon in diesen Tests versage, wie soll ich dann die richtigen bestehen?“ Sie bemühte sich um einen scherzhaften Ton, aber ihre Stimme brach.

Thane hörte es. „Hey“, sagte er und beugte sich zu ihr hinüber. „Du bist schlau genug. Du bist stark genug. Du kannst jedes Ein-Mann-Schiff der Imperialen Flotte fliegen, und ich wette, du würdest sogar mit einem Sternenzerstörer klarkommen, wenn man dir die Gelegenheit dazu gäbe.“

Sie musste lachen. „Das bezweifle ich.“

„Ich bezweifle das nicht.“ Seine Stimme wurde fester, nachdrücklicher. „Ich zweifle nicht an dir. Also hör du auf, an dir selbst zu zweifeln, okay? Wir schaffen das.“

Ciena wiederholte die Worte, damit sie selbst daran glauben konnte.

„Wir schaffen das.“

Als sie fünfzehn waren …

„Kyrell!“ Der K&A-Trainer – Kondition und Agilität – stand über Thane, der keuchend am Boden lag. „Komm in Gang oder lass es ganz bleiben!“

Jeden Monat mussten sie im Zuge der Vorbereitungsphase eine andere Hindernisstrecke laufen. Die Strecken wurden zunehmend schwieriger und auch gefährlicher. Wenn sich angehende Kadetten etwas brachen oder eine Narbe davontrugen, dann war das nur ein Beweis dafür, dass sie nicht fit genug waren, um überhaupt dort zu sein.

Wer die Strecke nicht zu Ende brachte, wurde zwar nicht automatisch ausgeschlossen, stand aber schon mal sehr weit oben auf der Liste derjenigen, die schließlich als Erste gehen würden.

Aber sein Rücken und die Schultern taten so weh …

„Hey.“ Ciena kniete neben ihm nieder. „Komm schon. Hoch mit dir.“

Thane schüttelte den Kopf. Seine Muskeln zitterten vor Entkräftung. Unter seiner losen K&A-Kleidung brannten bei jeder Bewegung Prellungen und Schrammen. Er hatte keine zwei Stunden geschlafen. Jeder Muskel schmerzte. Seine Knochen kamen ihm schwerer als Karbonit vor. „Ich kann nicht.“

„Und ob du kannst, verdammt noch mal!“

Er hob den Kopf von der gummiartigen roten Oberfläche des K&A-Raums und sah sie über sich knien. Sobald ihre Blicke sich trafen, wusste Thane, dass er die Wahrheit nicht vor ihr verheimlichen konnte. „Gestern Abend … mein Dad …“

Es war nichts Ungewöhnliches, dass Oris Kyrell seinen Söhnen eine Lektion erteilte. Oft benutzte er dazu den Stock, aber nur für ein paar Hiebe. Gestern Abend war sein Zorn allerdings explodiert wie noch nie zuvor. Thane hatte nicht begriffen, dass er sich wehren musste, bis er zu verletzt dazu gewesen war. Die Schläge und Tritte seines Vaters hatten nicht aufgehört, bis Thane blutend am Boden gelegen hatte. Weder sein Vater noch seine Mutter hatten ihm hinterher hochgeholfen, noch hatten sie seine Verletzungen am Morgen zur Kenntnis genommen. Offenbar hatten sie beschlossen, so zu tun, als hätte sich der Zwischenfall nie zugetragen.

Grün und blau geprügelt und schmerzerfüllt musste Thane die Wahrheit alleine ertragen – jedenfalls bis Cienas Augen ganz groß wurden, als sie begriff. „Du schaffst es trotzdem“, flüsterte sie. „Du bist immerhin schon so weit gekommen, richtig?“

„Ich versuch’s“, sagte er zwischen zwei tiefen Atemzügen. „Aber du musst zurück auf die Strecke. Du verlierst Zeit.“

„Ich stehe in K&A auf Platz eins, schon vergessen? Ich kann es mir leisten, ein paar Minuten zu verlieren. Und ich schwöre dir hier und jetzt, Thane Kyrell, wenn ich dich hochheben und bis zum Ende der Strecke tragen muss, dann werd’ ich das tun.“

„Ich weiß das Angebot zu schätzen, aber ich glaube nicht, dass das zählt.“

Andere Bewerber rannten an ihnen vorbei und sprangen über die nächste hohe Hürde. Nur ein paar wenige ächzten und stöhnten, weil sie die scharfen Ränder berührt hatten. Das waren die langsamsten Teilnehmer oder fast die langsamsten zumindest. Ciena würde als Letzte ins Ziel kommen, und Thane erwartete gar nicht, es bis zum Ende zu schaffen.

Er wälzte sich herum, um ihr ins Gesicht zu blicken, damit sie vielleicht sähe, wie ernst er es meinte. „Geh!“

Ciena beugte sich nur noch tiefer zu ihm herab. „Thane … lass deinen Vater nicht gewinnen.“

Der Hass auf seinen Vater vermochte, was Hoffnung nicht schaffte. Angetrieben von purem Trotz kämpfte sich Thane auf die Knie, dann auf die Füße. Obwohl er im ersten Moment wankte, gelang es ihm schließlich, sich zu fangen.

„Bereit?“ Ciena fing an, auf den Fersen zu wippen, sie brannte darauf, sich in Bewegung zu setzen.

„Ja.“ Thane holte tief Luft. „Ich bin bereit.“

Irgendwie warf er sich über die Hürde. Thane schaffte es zwar nur als Letzter ins Ziel – aber er schaffte es.

Später, als sie allein im Geräteraum waren, saß er auf der Bank, zog vorsichtig sein Shirt aus und ließ Ciena die schlimmsten seiner Verletzungen sehen. Die Scham brachte sein Gesicht zum Glühen. Auch wenn er wusste, dass er nicht derjenige war, der sich schämen sollte … Er saß da und zeigte Ciena, wie er sich verprügeln ließ, bis die Haut auf seinem Rücken aufplatzte.

Wenn sie Mitleid mit ihm hätte oder sagte, dass es ihr für ihn leidtue, dann, dachte Thane, würde er gehen müssen.

Doch Ciena sagte nichts. Schweigend öffnete sie den Verbandskasten und machte sich daran, eine Wundsalbe aufzutragen und eine Verletzung nach der anderen zu behandeln, bis Thane sich besser fühlte.

Als sie sechzehn waren …

Nur eine Handvoll Jugendlicher von ganz Jelucan würde es auf eine der Imperialen Akademien schaffen. Während Welten des Inner Rim oft Tausende von Kandidaten ins Rennen schickten, waren die Plätze für Bewohner der einstigen Separatistenwelten immer noch streng begrenzt. Die Ausbilder der Akademie klassifizierten die Anwärter höchstpersönlich. Während die Bewerber herausfanden, ob sie angenommen wurden, erfuhren sie zugleich, in welche Schule sie gesteckt wurden und auf welchem Planeten sie schon in zwei Wochen leben würden.

Ciena war es egal, welche Akademie es werden würde. Und ihr war jeder Planet recht. Solange sie nur ein imperialer Kadett sein würde.

An dem Morgen, an dem die Ergebnisse bekannt gegeben wurden, versammelte sich die ganze Klasse auf dem Schulhof. Eltern hatten keinen Zutritt auf das Schulgelände, nur Schüler und Offizielle des Imperiums, doch die Familien warteten draußen. Im Anschluss würde gefeiert werden oder Trost nötig sein. Fürs Erste hatten Ciena und Thane und die anderen nur einander.

„Ich konnte nicht schlafen“, gestand sie Thane, während sie beide links außen auf dem Hof standen und auf die Tür starrten, durch die der Prokurator mit den Resultaten kommen würde. „Kein bisschen.“

„Ich auch nicht.“ Thane schenkte ihr ein schiefes Lächeln. „Dadurch hatte ich Zeit, über ein paar mögliche andere Pläne für uns nachzudenken.“