Stardust Kiss - Sabrina Heilmann - E-Book

Stardust Kiss E-Book

Sabrina Heilmann

0,0
2,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Stell dir vor, du bist der einzige Mensch, der die Seelen Millionen anderer retten kann? Das Einzige, was du dafür tun musst, ist sterben. Anna hat mit gerade einmal vierundzwanzig Jahren alles verloren, was ihr wichtig ist. Den Mann, den sie geliebt hat, ihre Mutter, ihre Freunde und ihr Leben. Nach dem Tod erwacht sie in einer Zwischenwelt, die weder Himmel noch Hölle ist. Alles ist farblos, trostlos und voller Menschen, die ihrem Dasein fristen – gleichgültig, eintönig, geführt von einer rachsüchtigen Herrscherin. Anna ahnt nicht, dass sie eine Gefahr ist – für die Ordnung dieser Welt, die Trostlosigkeit der Menschen und für die skrupellose Herrscherin Hela. Hela tut alles dafür, Anna zu finden, sie gefangen zu nehmen und ihre Seele zu opfern, um die Düsternis dieser Welt zu bewahren. Als Anna und ihr Vater in einen Hinterhalt geraten, bringt ausgerechnet einer von Helas Gefolgsleuten Anna in Sicherheit, während ihr Vater zurückbleibt. Damian bringt sie zu ihrer Großmutter, er passt auf sie auf und umsorgt sie. Dennoch wird Anna das Gefühl nicht los, dass Damian ein dunkles Geheimnis vor ihr verbirgt. Aber ist dieses Geheimnis wirklich von Bedeutung, wenn ihr Herz eine andere Sprache spricht und seine Gegenwart etwas in ihr auslöst, das sie mit dem Tod verloren geglaubt hatte? Ist Damian in der Lage, zu lieben, oder wird er die Chance nutzen und Anna opfern? Das Leben nach dem Tod, eine Liebe, die alles überwindet, und zerstörende Geheimnisse geschickt verknüpft mit Teilen der nordischen Mythologie. Der erste Paranormal Romance Roman von Sabrina Heilmann – überraschend anders und doch vertraut.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 372

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



STARDUST KISS
DAS BUCH
PLAYLIST
PROLOG
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
EPILOG
DEIN GRATIS GESCHENK
DANKSAGUNG
DIE AUTORIN
IMPRESSUM

Impressum neobooks

STARDUST KISS

STERN DER UNENDLICHKEIT

SABRINA HEILMANN

PARANORMAL ROMANCE

Dieses Werk ist reine Fiktion. Jegliche Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sowie Schauplätzen sind zufällig und nicht beabsichtigt. Alle darin beschriebenen Vorkommnisse sind frei erfunden.

1. Auflage

Copyright © Sabrina Heilmann, Dezember 2019

Der Inhalt dieses eBooks ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren, Vervielfältigen und Weitergabe sind nur zu privaten Zwecken erlaubt. Der Weiterverkauf des eBooks ist ausdrücklich untersagt. Der Abdruck des Textes, auch nur in Auszügen, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorin.

Korrektur: KKB – Lektorat und Korrektur

Coverbild © Sabrina Heilmann

Coverfotos:

Frau: ©rbvrbv, www.despositphotos.com Wolf: ©comfreak, www.pixaby.com

DAS BUCH

Stell dir vor, du bist der einzige Mensch, der die Seelen Millionen anderer retten kann?

Das Einzige, was du dafür tun musst, ist sterben.

Anna hat mit gerade einmal vierundzwanzig Jahren alles verloren, was ihr wichtig ist. Den Mann, den sie geliebt hat, ihre Mutter, ihre Freunde und ihr Leben.

Nach dem Tod erwacht sie in einer Zwischenwelt, die weder Himmel noch Hölle ist. Alles ist farblos, trostlos und voller Menschen, die ihrem Dasein fristen – gleichgültig, eintönig, geführt von einer rachsüchtigen Herrscherin.

Anna ahnt nicht, dass sie eine Gefahr ist – für die Ordnung dieser Welt, die Trostlosigkeit der Menschen und für die skrupellose Herrscherin Hela.

Hela tut alles dafür, Anna zu finden, sie gefangen zu nehmen und ihre Seele zu opfern, um die Düsternis dieser Welt zu bewahren.

Als Anna und ihr Vater in einen Hinterhalt geraten, bringt ausgerechnet einer von Helas Gefolgsleuten Anna in Sicherheit, während ihr Vater zurückbleibt. Damian bringt sie zu ihrer Großmutter, er passt auf sie auf und umsorgt sie. Dennoch wird Anna das Gefühl nicht los, dass Damian ein dunkles Geheimnis vor ihr verbirgt.

Aber ist dieses Geheimnis wirklich von Bedeutung, wenn ihr Herz eine andere Sprache spricht und seine Gegenwart etwas in ihr auslöst, das sie mit dem Tod verloren geglaubt hatte?

Ist Damian in der Lage, zu lieben, oder wird er die Chance nutzen und Anna opfern?

Das Leben nach dem Tod, eine Liebe, die alles überwindet, und zerstörende Geheimnisse geschickt verknüpft mit Teilen der nordischen Mythologie.

Der erste Paranormal Romance Roman von Sabrina Heilmann – überraschend anders und doch vertraut.

PLAYLIST

Rún – Skáld

Shut your Eyes – Snow Patrol

Last Words – Michael Patrick Kelly

Fallout – UNSECRET feat. Neoni

The other side – Ruelle

Dead of Night – Ruelle

Deamon House – Mimi Page

Floki appears to kill Athelstan – Trevor Morris, Einar Selvik, Steve Tavaglione

Gleipnir – Skáld

Níu – Skáld

Feels like falling – UNSECRET feat. Erin McCarley

Für alle,

die mir in den letzten Jahren unaufhörlich Nachrichten und Mails geschrieben und diese Geschichte nicht aufgegeben haben.

PROLOG

»Nichts wird mehr sein, wie es einmal war.«

Das dünne Eis zerbrach unter meinem Körper. Ein Strudel zog an meinen Gliedern und drohte mich zu ersticken. Ich spürte den harten Aufprall und kam hustend zu mir. Schmerz schoss durch mich hindurch und ich stöhnte auf. Nasser Sand klebte an meinen Wangen, eiskaltes Wasser tropfte aus meinen blonden Haaren, eine Welle rollte über mich und sorgte dafür, dass meine Lunge sich erneut mit Wasser füllte. Ich war zu schwach, mich zu bewegen, dabei wusste ich, dass ich mich in Sicherheit bringen musste.

»Paul, sie ist hier«, hörte ich eine Stimme, bevor zwei starke Arme mich mit Leichtigkeit nach oben hoben und aus dem Wasser trugen.

Ich kniff die Augen fest zusammen. Noch immer liefen Tränen über meine Wangen. Ich fühlte mich kraftlos und wünschte, es wäre zu spät gewesen. Mein Vater hatte mich rechtzeitig zurückgeholt, ohne ihn hätte ich die Kraft nicht gehabt und wäre jetzt eine verlorene Seele im See. Frei von Schmerz und Leid.

Nur ich und die Unendlichkeit.

»Anna, komm zu dir. Wir müssen dich hier wegbringen, du schwebst in Gefahr«, drang Damians ängstliche Stimme an mein Ohr. »Paul!« Als Damian den Blick von mir abwandte, wanderte mein Blick in Richtung meines Vaters. Ich schluckte schwer. Er war verletzt und blutete am Kopf. Angst schnürte mir die Kehle zu.

»Damian, sie kommen«, brachte Dad gequält hervor und blickte besorgt zum Waldrand, wo auch ich das schwache Licht einiger Fackeln ausmachen konnte. »Bring sie weg und erkläre ihr alles, was wir besprochen haben.«

»Ich kann dich nicht allein lassen, sie werden dich opfern.« Damian klang panisch.

»Bring meine Tochter in Sicherheit! Ich vertraue dir!«, sagte er mit Nachdruck, bevor er sich stöhnend aufrichtete. Blut lief über sein linkes Auge und er wischte es achtlos beiseite.

»Papa«, hauchte ich schwach. Besorgt lächelte er mich an, bevor er etwas aus einer Halterung an seiner Hose zog. War das ein Schwert?

Damian drückte meinen schwachen Körper fester an sich und sah ein letztes Mal zu meinem Vater.

»Nun geh schon! Bring sie weg!«, schrie dieser und Damians Beine trugen uns schnell zum anderen Ende des Waldes. Ich schloss die Augen. Damian rannte und bahnte sich den Weg zwischen den Bäumen hindurch. Äste schlugen ihm ins Gesicht, er stieß sich die Rippen, wich Baumstämmen auf dem Boden und Löchern aus.

Ich spürte die Wärme, die von seinem Körper ausging, und nahm sein panisches Atmen wahr. Benommen öffnete ich die Augen wieder.

»Was … was ist hier los?«, fragte ich mit schwacher Stimme. Damian verlangsamte seinen Schritt, kam für einen Sekundenbruchteil zum Stehen und sah mir direkt in die Augen.

»Dein Leben wird sich um einhundertachtzig Grad drehen, Anna. Nichts wird mehr sein, wie es einmal war«, hauchte er, aber da hatte ich das Bewusstsein endgültig verloren.

1

»Sie begriffen, dass kein Paradies existierte.«

Das Herz schlug heftig in meiner Brust, als ich panisch die Augen aufriss und im ersten Moment nicht wusste, wo ich mich befand.

Meine Augen suchten die Umgebung ab, verweilten einen Augenblick an der dunkelbraunen Holzdecke, an der ein grob gearbeiteter Kronleuchter hing. In ihm brannten vier weiße Wachskerzen und erfüllten den dunklen Raum mit schwachem Licht. Der Geruch von verbranntem Buchenholz lag in der Luft. In den Zimmerecken hoben sich die hellen Spinnweben von den Holzwänden ab.

Lächerlich, dass sich jemand Spinnenweben in sein Haus projizierte, wo es nicht einmal verdammte Spinnen in dieser Welt gibt.

Ich atmete tief durch und richtete mich auf. Mein Körper fühlte sich an, als wäre ein Zug über ihn gerollt, meine Glieder schmerzten und mein Kopf dröhnte. Stimmen rauschten in der Ferne und ich konnte nicht ausmachen, was sie sagten. Dafür wurden meine Gedanken immer lauter und klarer.

Bilder rauschten durch sie hindurch.

Ein Mann mit dunklen Haaren und einer Brille auf der Nase. Mein Mann.

Oliver.

Menschen, die mich umsorgten, sich freuten, mich wiederzusehen. Bettina. Linda. Meine Mutter.

Mein Herz pochte heftiger, Schmerz durchstach es wie ein Dolch. Ich krümmte mich zusammen, erlaubte den Empfindungen, mich einzunehmen.

Tränen sammelten sich in meinen Augen, als ich begriff, was ich gewonnen und wieder verloren hatte.

Ich fühlte Schnee, der meine Wangen bedeckte. Kälte, die mich umhüllte. Wind und Wetter. Die warmen Strahlen der Sonne. Hörte die Geräusche von Tieren. Vögel, die zwitscherten. Rehe, unter deren Füßen kleine Äste im Wald knackten.

All das gab es hier nicht. Denn diese Welt war nicht echt. Ich war tot, endgültig. Alle Menschen hier waren unwiderruflich tot. Ausgelöscht und in eine Zwischenwelt verbannt, die weder Himmel noch Hölle war.

Trostlos, farblos, grau, unscheinbar.

Immer der gleiche fade Ablauf. Seelen, die dem Leben nach dem Tod fristeten, auf der Suche nach Frieden.

Nach Liebe.

Nach Hoffnung.

Leere Hüllen, die nach einer gewissen Zeit aufgaben, weil sie begriffen, dass kein Paradies existierte.

Nur eine kalte, graue Parallelwelt.

Eine Welt ohne Wetter. Ohne Tiere.

Und ohne Glück.

Die Tränen bahnten sich den Weg über meine Wangen und ich verlor mich in dem Strudel meiner Erinnerungen. Mein menschliches Leben zog wie ein Film an mir vorbei, riss die gesamte Stärke mit sich, die ich mir mühsam aufgebaut hatte.

Der Tod meines Vaters, der Streit mit meiner Mutter.

Das Hilfsprojekt in Afrika, meine erste Nacht mit Oliver. Der Moment, in dem ich realisierte, dass er mich verlassen hatte.

Meine Rückkehr nach fünf Jahren und der Moment, in dem ich verstand, dass ich Oliver nie wiedersehen würde.

Die Diagnose: Sambia-Grippe, sofort tödlich nach wenigen Monaten.

Oliver, der mir die Nachricht überbrachte.

Ich drehte mich auf die Seite und schluchzte erstickt in eines der Kissen. Mein Herz brannte, der Verlust brachte mich wieder und wieder um, nahm den letzten Funken Lebenswille mit sich.

Ich warte am Horizont auf dich. Nur ein schwaches Flüstern.

Mein letzter Atemzug in Olivers Armen.

Ich schnappte panisch nach Luft und legte die Hände um meine Kehle. Die Bilder rauschten unaufhörlich und zerstörerisch weiter.

Mein Vater, der am Horizont auf mich wartete und mich in diese Welt führte, aus der es kein Entkommen gab. Der leere Ausdruck in den Augen der Menschen.

Personen, so verschieden, wie die Jahre, in denen sie gestorben waren.

Und Damian – seine wunderschönen grünen Augen.

Hände berührten meine Schultern und ein Stromstoß durchzuckte mich. Die Tränen versiegten, das Zittern meines Körpers hörte auf. Die Bilder verschwanden und hinterließen eine schmerzhafte Leere.

»Damian«, hauchte ich mit brüchiger Stimme. Mit Leichtigkeit zog er mich an sich, presste mich an seinen Körper und gab mir den Halt, den ich zwischen den Erinnerungen und meinem jetzigen Leben verloren hatte.

Und trotzdem sog der Strudel aus Trauer, Verzweiflung und Wut mich immer tiefer. Die Erinnerungen fraßen sich in mein Herz und vergifteten es. Hass gewann den Kampf gegen die Tränen.

»Anna, shhh«, sagte er mit ruhiger Stimme und strich mir über den Rücken.

Ich schluchzte und schnappte nach Luft. Mein menschliches Leben und alles, was ich damit verband, schnürte mir die Kehle zu. Panik breitete sich in mir aus und ich stieß Damian grob von mir. Ich sprang vom Bett auf, raufte mir die Haare und drehte unruhige Kreise im Zimmer, wie eine Löwin in Gefangenschaft.

»Ich kann das nicht«, weinte ich. »Ich kann mich nicht mehr erinnern. Nicht nach allem, was in den letzten drei Tagen geschehen ist. Ich kann nicht. Ich kann einfach nicht!«

Damian machte einen Schritt auf mich zu und packte mich an den Schultern, aber ich riss mich sofort von ihm los.

»Anna, beruhig dich.«

»Ich muss die Erinnerungen loswerden. Ich darf mich nicht erinnern. Das kann ich nicht«, schluchzte ich und kniff die Augen fest zusammen. Mein Körper erstarrte und ich ballte die Hände zu Fäusten.

»Anna, was machst du?« Damians panische Stimme drang zu mir durch, aber ich musste sie ausblenden, wenn ich erfolgreich sein wollte.

Er würde meinen Schritt nicht verstehen, aber das war mir egal. Ich wusste, dass es für mich das Beste war, wenn ich alle Erinnerungen an mein menschliches Leben an einem Ort meines Gedächtnisses verbannte, wo ich sie so schnell nicht wiederfinden würde.

Wie sollte ich mich mit dem Leben in der Zwischenwelt arrangieren, wenn ich immer noch einem anderen nachtrauerte? Wie konnte ich jemals meinen Frieden finden, wenn die Ungerechtigkeit meines Todes mich jeden Tag aufs Neue zerstörte?

Die ganzen Erinnerungen und Gefühle sollten verschwinden, ich wollte von ihnen nichts mehr wissen. Ich bündelte sie im Geist zusammen und drängte sie immer weiter zurück.

»Anna!« Damians Stimme wurde von einem Schwall kalter Luft zu mir getragen. Ich hörte das Rauschen der Blätter im Wind, hörte Grollen und die wütende Stimme der Natur – all das durfte in dieser Welt nicht existieren und trotzdem vernahm ich es.

Auch sie war mit meiner Entscheidung nicht einverstanden. Sie wollte nicht, dass ich ihre Macht dafür missbrauchte. Aber ich konnte nicht anders. Ich stellte mir vor, dass meine Erinnerungen und Gefühle schimmernde Seifenblasen waren. In Gedanken bündelte ich sie zu einer Einzigen, die der Wind mit sich trug. Sie verschwand im Nebel, bis ich sie nicht mehr sah.

Ich atmete tief durch, ließ den Druck mit der Luft aus meiner Lunge entweichen und öffnete die Augen.

Damian stand vor mir und starrte mich fassungslos an. Ich erwiderte seinen Blick, mein Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig.

»Was hast du getan?«, fragte er atemlos.

Meine Lippen verzogen sich zu einem gleichgültigen Lächeln. »Das, was ich schon hätte tun sollen, als ich das erste Mal einen Fuß in diese gottverdammte Welt gesetzt habe.«

Abwehrend verschränkte ich die Arme vor der Brust, während Damians stechend grüne Augen mich fixierten.

»Du hast dir die Erinnerungen an dein menschliches Leben genommen«, stellte er fest und wirkte dabei so betroffen, als ginge es hier um sein Leben und nicht um meines.

Ich zuckte mit den Schultern. »Und? Als ob es mir hier von Nutzen wäre. Wen interessiert schon, wer Anna Wagner wirklich war. Hier bin ich nur eine Seele wie die tausend anderen auch.«

»Pah«, schnaubte Damian. »Du bist nicht wie die tausend anderen, Anna. Das wirst du niemals sein. Denkst du, der Älteste hat dich aus Nächstenliebe für drei Tage auf die Erde geschickt? Denkst du wirklich, du durftest Oliver sehen, weil du ihn so schrecklich vermisst und man dir einen Gefallen tun wollte?«

Damian spie mir die Worte förmlich entgegen. Dass er Oliver erwähnte, löste in meinem Inneren nichts aus und zeigte mir, dass ich die Gefühle los geworden war und es funktioniert hatte.

»Es war eine Falle. Verdammt, du hast überhaupt keine Ahnung, was in dieser Welt vor sich geht. Du bist hierhergekommen und hast dich selbst bemitleidet. Du hast die Regeln gebrochen und dich in Gefahr gebracht. Du hast deinen Vater in Gefahr gebracht! Und mich auch!«

Mein Atem beschleunigte sich und mein Herz setzte eine Sekunde aus.

Mein Vater.

Was war mit ihm geschehen, nachdem Damian mich vom See weggebracht hatte?

Ich schluckte schwer, erinnerte mich an seine Verletzung und das Blut. Männer waren aus dem Wald gekommen. Sicher hatte man ihn gefangen genommen, oder gar ...

Ich brachte den Gedanken nicht zu Ende, hatte auch keine Chance dazu, denn Damian war noch nicht fertig mit mir.

»Du hast gedacht, das hier ist ein Spiel, Anna? Dass man in dieser Welt machen kann, was man will, ohne die Konsequenzen dafür zu tragen? Du hast keine Ahnung, was hier vor sich geht.«

Damian redete sich in Rage, er war wütend auf mich, dabei verstand ich überhaupt nicht warum. Ich hatte keinen Fehler gemacht, oder doch? Plötzlich fühlte ich mich furchtbar und gleichzeitig zu Unrecht angegriffen.

»Dann hättet ihr mich im Seelensee zersplittern lassen sollen!«, schrie ich zurück, angesteckt von seiner Wut, die mir entgegenschlug und die ich nicht verstand. Hätte mein Vater mich nicht rechtzeitig aus der Welt der Lebenden zurückgeholt, wäre das meine Strafe gewesen. »Ich hätte meinen Frieden gefunden«, fügte ich gekränkt hinzu.

»Du hast keinen Schimmer, was du dir da wünschst, Anna.« Damian klang ruhiger und machte einen Schritt auf mich zu. »Nimm dir einen Moment für dich und dann reden wir in Ruhe, einverstanden? Das führt jetzt zu nichts.«

Ich schluckte schwer und nickte erschöpft, auch wenn ich mir nicht sicher war, was das bedeutete. Ganz offensichtlich ging in dieser Welt etwas vor sich, das ich nicht verstand. Etwas, woran ich meinen Anteil hatte ... für das ich vielleicht allein verantwortlich war.

In den ersten Monaten nach meinem Tod hatte mein Vater alles dafür getan, mir das Leben in der Zwischenwelt so erträglich wie möglich zu machen. Er wusste, dass ich litt und um mich selbst trauerte. Ich hatte Oliver vermisst, jeden verdammten Tag. Ich war zum Seelensee gelaufen und hatte mich heimlich davon gestohlen.

Mein Vater hatte Kontakte zum Ältesten und verteidigte mich wieder und wieder. Er handelte für mich sogar aus, dass ich die Menschen, die ich im Sommer zuvor zurückgelassen hatte, an Weihnachten für drei Tage offiziell besuchen durfte. Ich war wieder lebendig gewesen.

Aber dass irgendetwas an diesem Deal nicht gestimmt hatte, hatte ich geahnt, nachdem Damian in mein Leben getreten war.

»Mein Name ist Damian«, stellte er sich vor. Er war wenige Jahre älter als ich, höchstens siebenundzwanzig, hatte volles, dunkles Haar, stechend grüne Augen und einen blassen Teint. Seine Gesichtszüge waren kantig, der Dreitagebart war gepflegt. »Der Älteste schickt mich, um mit dir, Anna, zu sprechen. Paul, ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn ich deine Tochter zu einem kleinen Spaziergang durch den Garten entführe. Ich werde sie dir zurück nach Hause bringen, sobald alles geklärt wurde.«

Mein Herz schlug unaufhörlich. Dad nickte und verließ das Gebäude. Ich blickte ihm einige Sekunden nach, dann sah ich zu Damian. Dieser ging, ohne ein Wort zu sagen, zu einer kleinen Holztür und öffnete sie. Er forderte mich mit einem Nicken dazu auf, voranzugehen, doch ich stoppte, als ich in die Dunkelheit blickte. Panisch suchte ich Damians Augen. Sie leuchteten und stachen bei seinem dunkeln Haar hervor wie teure Smaragde.

»Hat keine Angst kopfüber in den Seelensee zu springen, fürchtet sich aber vor der Dunkelheit«, murmelte er amüsiert und betrat kopfschüttelnd den dunklen Gang. »Netter Sprung übrigens.«

Fassungslos blickte ich ihm nach und folgte ihm schließlich, auch wenn mir noch immer unwohl war.

»Du hast mich gesehen? Warum hast du mich dann nicht aufgehalten?«, fragte ich. Sein leises Lachen drang aus einiger Entfernung zu mir und ich trat blind einen Schritt nach vorn. Es war so dunkel, dass ich die Hand vor Augen nicht erkannte. Plötzlich stieß ich gegen einen Widerstand, taumelte benommen zurück und fluchte lauthals auf. »Verdammt!«

Damian lachte erneut und ich realisierte, dass er es gewesen war, mit dem ich zusammengestoßen war.

»Was soll das hier werden?«, fragte ich ungehalten. »Bin ich hier, um bestraft zu werden, weil ich die Regeln missachtet habe? Hast du meinen Vater belogen?«

»Nein, ich habe niemandem gesagt, dass du am See warst«, erwiderte Damian und öffnete die nächste Tür. Grelles Licht blendete mich und ich kniff die Augen zusammen. »Komm mit.«

Wir betraten einen großen, gepflegten Garten. Schmale Wege schlängelten sich durch die grünen Rasenflächen und Blumenbeete. Doch auch hier fehlte etwas. Die Sonne versteckte sich nach wie vor hinter milchig trübem Himmel und ließ den Garten trostlos wirken.

»Wenn ich dich jedes Mal verpfeifen würde, wenn ich dich zum See rennen sehe, würdest du längst eingesperrt in einem unserer Kerker sitzen«, seufzte Damian und schloss die Tür hinter mir.

»Warum verrätst du mich nicht?« Ich suchte seine grünen Augen, doch er wich meinem Blick aus und lief stattdessen einfach los.

»Weil ich in etwa fühle, was du durchmachst. Und weil du mit einer Hartnäckigkeit unsere Regeln missachtest, dass ich dich dafür schon wieder bewundern möchte. Es ist eigentlich absurd, dass du für deine Dreistigkeit jetzt auch noch belohnt wirst.«

»Was soll das bedeuten?«, fragte ich und legte die Stirn in Falten. Ich verstand nicht, was es mit dem Angebot auf sich hatte, aber ich vertraute meinem Vater, wenn er sagte, dass es mir helfen würde.

»Ich weiß nicht, wie dein Vater das geschafft hat, aber er konnte den Ältesten überzeugen, dich während der Weihnachtsfeiertage zurück in die Welt der Lebenden zu schicken.«

Abrupt blieb ich stehen und starrte Damian an.

»Ich glaube dir nicht«, flüsterte ich. »Wo ist der Haken?«

»Es gibt Regeln, Anna, und Bedingungen«, sagte er.

»Natürlich gibt es die.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust.

»Du wirst am 24. Dezember um Mitternacht auf die Erde zurückgeschickt und kehrst am 27. Dezember um Mitternacht zurück. Wir bringen dich dorthin, wo du sein willst, und du wirst für drei Tage wieder lebendig sein.«

Heiße Tränen sammelten sich in meinen Augen und ich rieb mir die Arme. Es klang unglaublich, dennoch war ich mir des hohen Preises bewusst, den ich für mein kurzweiliges Glück zahlen musste.

»Was sind die Bedingungen?«

»Niemand, dem du während dieser Zeit auf der Erde begegnest, wird sich nach dem Ablauf deiner Zeit an euer Aufeinandertreffen erinnern. Ganz im Gegenteil, der Schmerz wird für die beteiligten Personen nur intensiver. Und auch für dich wird es Regeln geben, wenn du wieder nach Hause kommst.«

»Ich bin hier nicht zu Hause«, antwortete ich mechanisch.

»Du wirst den Seelensee nie wieder benutzen dürfen, nicht einmal mit Ausnahme. Bis zu dem Tag, an dem du jemanden am Horizont in Empfang nimmst, wirst du dein Leben hier nach den Regeln der Gemeinschaft leben. Wir haben dir vieles durchgehen lassen, Anna, weil du noch so jung bist, aber mit diesem Gefallen ist deine Schonzeit endgültig vorbei.«

»Was passiert mit mir, wenn ich mich nach meiner Rückkehr nicht daran halte?«

»Anna, das willst du nicht wissen. Vertrau mir einfach, wenn ich dir sage, dass dein Leben hier für dich dann noch schlimmer wird, als du es bisher schon empfindest. Sie werden dir den letzten Funken Hoffnung nehmen, den du noch besitzt«, raunte er mir zu und eine Gänsehaut überzog meinen Körper.

Die Erinnerung ebbte ab.

Etwas war seit diesem Gespräch schiefgegangen, sonst hätte man uns am See nicht aufgelauert. Ich versuchte, zu verstehen, was es war. Aber in meinem Kopf herrschte Chaos.

Damian war mit mir geflohen, weil Vater es von ihm verlangt hatte.

Er vertraute ihm, aber konnte ich das auch? Damian gehörte noch immer zum Wachpersonal. Er war ein Untergebener des Ältesten und der Herrscherin, von der Dad mir bisher nicht mehr erzählt hatte, als nötig gewesen wäre. Ich kannte nicht einmal ihren Namen.

Du hast keine Ahnung, was hier vor sich geht.

Ich schluckte schwer.

Das stimmte. Ich hatte nicht den geringsten Schimmer, was in dieser Welt vor sich ging, weil ich mich die gesamte Zeit nur auf mich und meine Trauer konzentriert hatte.

Erschöpft sank ich zurück auf das weiche Bett und hielt den Blick gesenkt. Mein blondes Haar fiel mir ins Gesicht und ich kniff die Lippen fest aufeinander, während meine Finger sich in das Bettlaken gruben.

Sehr zu meinem Missfallen waren zwar die Erinnerungen und Gefühle verschwunden – mir war alles, was mein menschliches Leben betraf, gleichgültig – die innere Unruhe und die Unsicherheit aber waren zurückgeblieben.

Ich musste mich selbst stärken, mir Mut zusprechen und mich daran erinnern, dass ich nicht schwach war. Mein gesamtes Leben lang musste ich kämpfen und beweisen, dass mehr in mir steckte, als man mir auf den ersten Blick zutraute.

Ich hob den Blick und bemerkte den matten Spiegel in der Ecke, dessen weißer Lack bereits von dem Holzrahmen abblätterte.

Mit gestrafften Schultern stand ich auf, positionierte mich vor ihm und betrachtete mein Spiegelbild. Mein langes, blondes Haar hing strähnig von meinem Kopf, meine blauen Augen wirkten müde, die dunklen Ringe unter ihnen taten ihr übriges. Die Kleidung, die ich trug, war nicht meine. Nachdem ich im See gelandet war, musste man sie mir gewechselt haben. Der dünne, schwarze Pullover war viel zu groß, genauso wie die Jogginghose. Ich gab ein absurdes Bild in dieser alten Waldhütte ab. Vermischte Vergangenes mit der Zukunft, aber genau das war es, was die Zwischenwelt zu dem machte, was sie war.

Menschen jedes Jahrhunderts lebten hier. Es war leicht, sie auseinanderzuhalten und ihrem Todeszeitpunkt zuzuordnen, denn viele hielten an den für sie gewohnten Dingen fest. Kleidung, Sprache, die Art, wie sie lebten. Während mein Vater und ich, bevor all das passiert war, in einem kleinen Mehrfamilienhaus untergekommen waren, stand nur ein Stück weiter eine kleine Holzhütte, in der eine Frau lebte, die über dem Feuer kochte und am Waldrand Kräuter sammelte. Daneben stand ein prunkvolles Haus aus den 1920er Jahren, in der ein amerikanisches Ehepaar lebte, das ab und an rauschende Feste feierte. Obwohl Zeit in der Zwischenwelt keine Rolle spielte, schien jede Seele an ihrem menschlichen Leben festzuhalten. Es war absurd und gerade deswegen eines der wenigen Dinge, die ich an dieser Welt liebte. Menschen unterschiedlicher Zeiten und Nationalitäten kamen miteinander aus, ohne dass Hass geschürt wurde. Vielleicht hielt man aber auch nur zusammen, weil die Herrscherin, die Ältesten und ihre dämonischen Wachen jeden Hass, der hier existierte, für sich beanspruchten.

Ich ließ die Luft aus meiner Lunge entweichen und fixierte mein Spiegelbild wieder. Wenn ich wirklich etwas verändern wollte, war ein neues Erscheinungsbild ein Schritt in die richtige Richtung.

Als ich die Augen schloss, spürte ich den sanften Windhauch der Kraft, die mich umgab. In Gedanken stellte ich mir vor, wie ich aussehen wollte, und hatte plötzlich das Bild einer nordischen Kriegerin im Kopf. Ich wusste nicht, warum ich ausgerechnet daran dachte, aber es fühlte sich richtig an. Wenn ich ehrlich war, hatte sich seit Ewigkeiten nichts so gut angefühlt.

Durch bloße Vorstellung veränderte ich mich und erstarrte, als ich die Augen öffnete und mein Spiegelbild betrachtete. Die Frau, die mir entgegenblickte, war immer noch ich, und trotzdem wirkte sie so viel stärker und kämpferischer.

Mein blondes Haar fiel in Locken über meine Schultern. Das Deckhaar war auftoupiert und nach hinten gebunden und an den Seiten hingen dünne, geflochtene Strähnen hinab. Meine blauen Augen leuchteten unter dem schwarzen Lidschatten und dem dicken Lidstrich. Der Rest des Make-ups war zart, dennoch hob es meine Wangenknochen hervor und ließ mein Gesicht hart und kantig wirken. Lederbänder, an denen Holzschmuck befestigt war, hingen um meinen Hals. Ich trug ein hellbraunes Lederbustier, eine Weste aus weichem, hellgrauen Fell, eine eng anliegende schwarze Hose und schwere Boots. Ich hob eine Hand und die dünnen Metallarmreifen rutschten klirrend an meinem Handgelenk nach unten. Nordische Symbole und Runen zierten meinen linken Arm und ergaben ein wunderschönes Bild.

Ich tauschte ein zufriedenes Lächeln mit meinem Spiegelbild.

Ja, ich war immer noch ich, aber ich war eine furchtlose, stärkere Version meiner selbst. Ohne die Schwäche, die die Erinnerungen an das menschliche Leben mit sich brachten.

Kriegerisch.

Unerschrocken.

Erbarmungslos, wenn es sein musste.

Nicht, weil mich jemand dazu zwang. Sondern weil ich mich in diesem Moment genauso brauchte.

2

»Sie hat es getan, weil du sie brauchst.«

Ich verließ das winzige Zimmer und trat in einen großen Raum. Im Kamin brannte Feuer, davor stand eine abgenutzte Couch. An der linken mit Holz verkleideten Wand gab es eine Küchenzeile mit einem alten Gasherd. Ein Kühlschrank war nicht zu sehen, dafür stand ein Korb mit frischem Gemüse auf der Arbeitsplatte. An einem langen Esstisch aus dunklem Holz, mit gleichfarbigen Stühlen saßen ein blonder Mann und zwei Frauen, um die dreißig, eine blond, die andere rothaarig. Von Damian gab es keine Spur. Sie schienen mich nicht zu bemerken, erst als ich mich räusperte, stand eine der beiden Frauen auf. Ihre Haare hatten den gleichen Blondton wie meine eigenen, waren zu einem Dutt nach oben gebunden und mit geflochtenen Strähnen umwickelt worden. Auch ihre Augen hatten einen vertrauen, blauen Farbton, die hohen Wangenknochen, das kantige Gesicht und die vollen Lippen waren meinen so ähnlich, dass ich glaubte, erneut in den Spiegel zu sehen.

Ich schluckte schwer und starrte die Frau, die ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte, stumm an.

»Du siehst gut aus«, durchbrach sie die Stille und quittierte mein Aussehen mit einem zufriedenen Lächeln. »Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, warst du noch ein Baby.«

Sie machte einen Schritt auf mich zu und legte mir mit einem liebevollen Ausdruck in den Augen die Hand auf die Wange. Ich zuckte unter ihrer Berührung zurück und ging einen Schritt rückwärts.

»Wer bist du?«, fragte ich und bemerkte, wie der Mann und die Rothaarige ebenfalls von den Stühlen aufstanden. »Wo ist Damian? Was ist das für ein Ort?«

Die Lippen des blonden Mannes verzogen sich zu einem Grinsen. »Ich wusste, dass sie mich nicht erkennen würde«, raunte er der Frau mit den roten Haaren zu und ich legte die Stirn in Falten.

»Ich bin deine Großmutter, Anna. Aber bitte, nenn mich Ranva, so heiße ich hier.«

»Meine Großmutter?«, fragte ich irritiert. Die meisten Menschen, die ich kannte, behielten in dieser Welt das Alter, in dem sie gestorben waren. Natürlich kam es oft vor, dass Menschen sich jünger machten. Im Grunde konnte man jederzeit aussehen, wie man wollte, solange man die Kraft besaß, die Manipulation anzuwenden.

Ranva machte einen Schritt auf mich zu und legte mir erneut eine Hand auf die Wange. Sofort fluteten Bilder meinen Kopf.

Ich war noch ein Baby, Dad hielt mich auf dem Arm und trat an eine ältere Frau heran. Ihre blauen Augen leuchteten und sie strahlte.

Die Bilder ebbten ab und Ranva zog ihre Hand zurück. Ich schluckte schwer und starrte meine Großmutter an.

»In diesem Leben hieß ich Helga Wagner. Man nennt mich hier Ranva, das ist nordisch für schöner Rabe. Dieser Name wurde mir vor langer Zeit gegeben. Wenn ich in die Zwischenwelt zurückkehre, nehme ich ihn und dieses Aussehen wieder an.«

Ich hörte Ranva zu und dennoch verstand ich die Bedeutung ihrer Worte nicht. Hatte sie schon mehrere Leben gelebt? Und wenn ja, was hatte all das mit mir zu tun? Warum war ich hier und wo zum Teufel war Damian? Ich begriff überhaupt nichts mehr.

»Du überforderst sie«, sagte der Mann plötzlich und machte einen Schritt auf uns zu. Etwas an ihm war vertraut, aber ich konnte nicht sagen, was das war. »Schau mich nicht so verwundert an. Ich bin es, Damian. Wir beide hatten wohl den gleichen Gedanken.« Damit spielte er auf meine eigene Veränderung an.

»Du bist ...« Ich stockte und betrachtete ihn genauer. Damians dunkles Haar war einem weichen dunkelblond gewichen, es war wirrer und etwas länger. Seine Gesichtszüge wirkten reifer und dadurch härter. Er sah nun aus wie Anfang dreißig, nicht mehr wie in den Zwanzigern. Ein gepflegter Bart betonte seine kantigen Züge, sein Körper sah trainierter aus und steckte in einem braunen Hemd und einer schwarzen Lederhose.

Erst jetzt fiel mir auf, was die Vertrautheit ausgelöst hatte. Seine stechend grünen Augen waren unverändert. Mein Körper entspannte sich und meine Abwehrhaltung brach in sich zusammen.

Er war es wirklich.

»Warum hast du das getan?«, fragte ich und wich seinem Blick nicht aus.

Damian atmete tief durch. »Ich bin mir sicher, dass die Wachen bereits nach uns suchen. Sie würden mich sofort erkennen, das kann ich nicht riskieren. So habe ich zum Zeitpunkt meines Todes ausgesehen. Das bin ich. Alles andere war eine Maske.«

Ich nickte und versuchte die wenigen Informationen, die ich bekam, irgendwie zusammenzubringen.

Mein Blick fiel auf die Rothaarige. »Und wer bist du?«, fragte ich sie gerade heraus und ein freundliches Lächeln erhellte ihre weichen Gesichtszüge. Sie machte einen Schritt auf mich zu und schloss mich sofort in eine freundliche Umarmung.

»Ich bin Vickey, eine Freundin deiner Großmutter. Mir gehört die Hütte.«

Sie löste sich wieder von mir und ich betrachtete sie einen Moment stumm. Der Ausdruck ihrer brauen Augen war freundlich. Ihre rotes Haar fiel in geschwungenen Locken über ihre Schultern und den Rücken. Ihr weißes Kleid, über dem sie eine schwarze Corsage trug, war sexy aber nicht billig.

»Wir sollten uns setzen und in Ruhe besprechen, wie es jetzt weitergehen soll«, sagte Ranva und deutete auf den Tisch.

Vickey und Damian nickten und ich folgte ihnen. Ich ließ mich auf den Holzstuhl sinken und legte die Arme auf dem Tisch ab. Abwartend sah ich zu meiner Großmutter ... war es überhaupt richtig, sie so zu nennen?

»Wir sollten damit anfangen, Anna zu erklären, was hier vor sich geht«, durchbrach Damian die kurz eingetretene Stille.

»Das halte ich im Moment für keine gute Idee«, hielt Ranva dagegen und ich sah zwischen den beiden hin und her. »Sie ist noch nicht soweit.«

»Und wie lange willst du warten? Bis es zu spät ist und sie in den nächsten Hinterhalt gerät?« Damian verschränkte die Arme vor der Brust. »Anna drei Tage zurück in die Welt der Lebenden zu schicken war eine Falle, Ranva. Man ist davon ausgegangen, dass sie nicht rechtzeitig zurückkehrt und ihre Seele im Seelensee zerspringt. Man will Anna tot sehen. Deswegen haben sie uns am See aufgelauert. Ich verstehe nicht, wie du das zulassen konntest.«

Ranva verzog wütend das Gesicht. »Weil ich davon nichts gewusst habe, Damian«, zischte sie. »Paul hat das mit dem Ältesten ausgehandelt, um Anna einen Gefallen zu tun. Dass sie die Chance genutzt haben, war fast zu erwarten. Er hat mir aber erst davon erzählt, als Anna bereits weg war. Ich hätte es zu verhindern gewusst.«

»Moment«, ging ich dazwischen und tauschte einen Blick mit Damian. »Als wir uns kennengelernt haben, hast du so getan, als würden mich für diesen Gefallen Konsequenzen erwarten und als müsste ich mich in die Gemeinschaft einfügen. Du hast so getan, als wärst du dem Ältesten treu ergeben. Du hast alles überwacht und mich zum See gebracht.«

»Lass es mich in Ruhe erklären, Anna.« Damian wollte eine Hand auf meine legen, aber ich schüttelte lediglich den Kopf und zog die Hand schnell weg.

»Damian hat recht, das ist jetzt nicht wichtig, Anna. Du kannst ihm vertrauen und nur das sollte dich im Moment interessieren.« Die Kälte in der Stimme meiner Großmutter ließ mich erschauern. Ich senkte den Blick und erwiderte nichts.

»Die Wachen haben Paul am See definitiv erwischt, leider konnte ich nicht in Erfahrung bringen, was mit ihm geschehen ist. Hätte man ihn gefangen genommen, hätten wir das erfahren«, erzählte Ranva weiter.

Sofort machte sich ein Stich in meinem Herzen bemerkbar. Dad war zurückgeblieben, damit Damian mich wegbringen konnte. Ich würde mir nie verzeihen, wenn ihm etwas zugestoßen wäre.

»Wir müssen ihn suchen.« Ich hob den Blick und starrte meine Großmutter an.

»Nein«, erwiderte sie entschlossen und meine Gesichtszüge verfinsterten sich.

»Warum nicht?«, fragte ich härter als geplant.

»Die Wälder sind voller Wachen. Wir sind in der Hütte in Sicherheit, weil ein Schutzbann sie unsichtbar macht. Niemand wird sich in Gefahr begeben, bis die Situation sich entspannt hat. Hast du das verstanden, Anna?«

»Vergiss es!«, fauchte ich und sprang auf. Der Stuhl kratzte über den unebenen Steinboden. »Ich werde nicht hier rumsitzen und mich von euch vertrösten lassen, während mein Vater in Gefahr ist! Ich weiß nicht, was für ein Spielchen ihr spielt und was ihr alles vor mir geheim haltet, aber wenn mein Vater gefangen genommen wurde, dann allein wegen mir. Ich werde ihn suchen und befreien! Entweder ihr helft mir oder unsere Wege trennen sich an dieser Stelle!«

»Du törichtes Mädchen«, hörte ich Ranva knurren, als ich auf dem Weg war, die Hütte zu verlassen. »Du hast keine Ahnung, was von deiner Seele abhängt.«

Ich knallte die Holztür hinter mir zu und trat auf einen schmalen Waldweg. Frische Luft umhüllte mich, Nadel- und Laubbäume standen dicht beieinander, ein sanfter Nebel kroch über den Waldboden.

Wütend setzte ich einen Fuß vor den anderen und lief der Morgendämmerung entgegen. Ich hatte keine Ahnung, wo ich hingehen sollte. Aber ich wusste, dass ich hier unter keinen Umständen bleiben konnte. Diese Heimlichtuerei widerstrebte mir. Damian hatte mir Vorwürfe gemacht, weil ich nicht verstand, was in dieser Welt vor sich ging. Und die Frau, die vorgab meine Großmutter zu sein, war der Meinung, dass ich es nicht verstehen würde und daher nicht erfahren durfte.

Was sollte das? Für wen hielten sie mich?

»Anna!« Damians dunkle Stimme ließ mich sofort zusammenzucken und erstarren. Langsam drehte ich mich um.

»Was willst du?«, fragte ich und hasste die Unsicherheit in meiner Stimme.

»Dich davor bewahren, einen Fehler zu machen«, erwiderte er leise. »Anna, wir werden deinen Vater suchen, das verspreche ich dir. Aber bitte bring dich jetzt nicht in Gefahr. Du hast keine Ahnung, was man bereit wäre, dir anzutun.«

Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Nein, das habe ich tatsächlich nicht, weil ihr mir nicht sagt, was hier vor sich geht. Warum will man meine Seele zerstören? Warum bin ich so wichtig für den Ältesten? Und welche Rolle spielst du in dem Ganzen?«

»Du kannst mir vertrauen, Anna.«

»Pah«, schnaubte ich. »Kann ich das wirklich oder spielst du auch nur ein Spiel?«

Damian schüttelte den Kopf. »Ich musste so tun, als wäre ich dem Ältesten treu ergeben, weil man uns beobachtet hat. Man hat mir die Worte in den Mund gelegt, die ich dir sagen sollte, und mich damit beauftragt, dich zum See zu bringen und ein Auge auf dich zu haben – schon seit du das erste Mal einen Fuß in die Zwischenwelt gesetzt hast. Das stimmt. Aber es war nicht der Älteste, der mir diese Aufgabe gegeben hat, sondern Hela, die Herrscherin dieser Welt. Sie wollte über jeden deiner Schritte Bescheid wissen.«

Ich schüttelte den Kopf und meine Verwirrung nahm zu, anstatt sich zu klären.

»Es führt zu weit, dir das jetzt zu erklären. Du sollst nur wissen, dass ich auf deiner Seite stehe. Das tue ich, seit ich dich das erste Mal gesehen habe.«

Damian machte erneut einen Schritt auf mich zu und strich mit den Fingern sanft über meine Wange. Der Ausdruck in seinen grünen Augen war liebevoll, fast schon verletzlich. Als er meine Haut berührte, zuckte ein Stromstoß durch meinen Körper und ich hielt den Atem an. Irritiert blinzelte ich und ein nervöses Gefühl breitete sich in meinem Inneren aus. Etwas, das ich so intensiv nie zuvor gespürt hatte. Nicht einmal bei ...

Ich schluckte schwer und erwachte aus meiner Starre. Instinktiv wich ich zurück und baute die Mauer wieder auf, die mich vor meinen Gefühlen schützen sollte.

»Tut mir leid, Damian, mir ist egal, auf welcher Seite du stehst. Ich traue dir nicht!«

Ich schob mich an ihm vorbei und stieß dabei absichtlich gegen seine Schulter. Obwohl ich immer noch am liebsten abgehauen wäre, ging ich wieder in die Hütte und zog mich in das Zimmer zurück, in dem ich vorhin aufgewacht war.

***

Ich riss die Augen auf und blinzelte. Dunkelheit umgab mich, aber in einiger Entfernung flackerte ein Licht. Ich folgte ihm, einen langen Gang entlang und schob behutsam eine schwarze Holztür auf.

Als ich den Raum betrat, stand ich in einem modern eingerichteten Wohnzimmer.

Eine unheilvolle Stille hatte sich ausgebreitet, als ich plötzlich eine Frau auf der Couch sitzen sah. Ihre blonden Haare fielen ihr ins Gesicht, ihr Körper bebte. Weinte sie?

»Mama«, flüsterte ich, aber sie schien mich nicht zu bemerken.

Mit zittrigen Fingern griff meine Mutter nach dem Briefumschlag, der vor ihr lag, und entfaltete den Zettel darin. Mein Herz pochte heftig in meiner Brust, als ich hinter sie trat und die Zeilen erkannte, die ich selbst geschrieben hatte.

Meine liebe Mama,

wenn du diesen Brief liest, wirst du dich an ein alternatives Weihnachtsfest erinnern, das du erlebt hast. Bisher habe ich es bewusst vermieden, in den Briefen der Anderen darüber zu schreiben, doch bei dir kann ich diesen Schritt nicht gehen. Du musst dich wieder an das erinnern, was gewesen ist.

Ich durfte für drei Tage auf die Erde zurückkehren und Weihnachten mit Oliver verbringen. Er hat euch alle eingeladen und wir haben uns ausgesprochen. Du hast mir erklärt, was mit dir los war und zwischen uns ist alles in Ordnung.

Ich weiß, wie verrückt das für dich klingen muss, aber ich will nur, dass du weißt, dass ich dir verziehen habe und dass ich dich liebe.

Ich habe dich vermisst, Mama, und ich hoffe, dass du glücklich bist.

Ich warte am Horizont auf dich (zusammen mit Papa.)

Anna

»Nein, ich bin nicht glücklich«, flüsterte Beatrice und ließ den Brief auf den Boden fallen. »Und ich erinnere mich.«

Ich erstarrte und hielt den Atem am. Sie konnte sich erinnern? Aber das war unmöglich.

Erst jetzt fiel mein Blick auf die Dinge, die neben dem Brief auf dem Couchtisch lagen. Tabletten, Wodka.

Mit zittrigen Fingern öffnete meine Mutter die Schlaftablettenverpackung und blickte auf die Flasche, die mit billigem Alkohol gefüllt war.

»Mama, nein«, rief ich und erwachte aus meiner Starre. Das konnte sie doch nicht tun. »Nein, Mama!« Ich sprang über die Couchlehne, neben sie und wollte ihr die Verpackung aus den Händen schlagen, aber ich fasste wie ein Geist durch sie hindurch. Sie bemerkte mich nicht und ich war machtlos.

»Nein«, schluchzte ich. »Das ist falsch, völlig falsch.«

Meine Mutter schluckte eine Handvoll Tabletten und spülte sie mit dem Alkohol nach unten. Dann ließ sie sich nach hinten fallen und schloss die Augen. Eine Vielzahl von Bildern schoss durch ihre Gedanken und manifestierten sich in meinem Kopf. Ich klammerte mich weinend an meine Mutter, die mich nicht spüren konnte. Aber ich war hier, bei ihr.

Mama erinnerte sich daran, wie sie mich das erste Mal nach der Geburt sah. Wie ich sie das erste Mal anlächelte, wie ich immer größer wurde und schließlich mit meinem Vater auf Bäume kletterte. Sie sah mich auch, wie ich in Norwegen vor ihrer Tür gestanden und Oliver für mich um ein Gespräch gefleht hatte. Mein verzweifelter Blick, die tränennassen Augen, die Hoffnung, dass alles gut werden würde.

»Es wurde nicht gut«, flüsterte plötzlich eine Stimme. Ich schreckte auf und sah eine ältere Frau mit grauen Haaren und einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. Als sie mich bemerkte, nickte sie mir zu. Unter Mühe versuchte meine Mutter, die Augen zu öffnen, um zu sehen, woher die Stimme kam. »Ich bin hier, mein liebes Kind.«

Meine Großmutter, mütterlicherseits.

Mama sah sich um, ihr Blick wurde weich.

»Mutter«, flüsterte sie.

»Lass los, mein Kind. Lass los, für deine Tochter.«

»Was ist mit Anna?«

»Eine Aufgabe liegt vor ihr, die sie nicht allein bewältigen kann. Sie braucht dich.«

»Nein, ich brauche sie nicht«, weinte ich und schüttelte den Kopf. Tränen strömten über meine Wangen und ich sprang auf. »Großmutter, bitte, ich brauche sie nicht. Sie darf nicht ... sterben. Bitte.«

Meine Mutter kniff die Augen fest zusammen. Sie wollte sich von ihrer sterblichen Hülle lösen und in den Körper tauchen, den man ihr in der Zwischenwelt gewährte. Das spürte ich, genauso wie den Sog, der mich aus dieser Szenerie zog.

Ein weißer Schleier aus Nebel umgab meine Mutter. Ihre Seele löste sich von der menschlichen Hülle.

»Nein«, schluchzte ich.

»Du hast es geschafft«, hörte ich meine Großmutter flüstern und wurde endgültig aus dieser Welt gezogen.

***

Ich schreckte auf und strich mit den Fingern über meine nassen Wangen. Noch immer liefen Tränen über sie. Mein gesamter Körper zitterte wie Espenlaub, mein Hals war trocken und schmerzte.

»Mama«, flüsterte ich und schlug die Hände vor mein Gesicht. Ich schluchzte laut und schnappte nach Luft.

Warum hatte sie das getan? Warum?

Plötzlich legte jemand seine Arme um mich und zog mich zur Seite. Beruhigend strich eine Hand über meinen Rücken.

»Was ist passiert?« Damians Stimme drang durch meine Schluchzer. »Shh, ist ja gut.«

»Meine Mutter ... sie ist tot. Sie ... hat sich umgebracht ... und ... ich bin schuld«, weinte ich und klammerte mich verzweifelt an ihn. Ich machte mich in seinen Armen so klein wie ein Baby und drängte den Umstand zurück, dass ich Damian nicht vertraute.

»Warum hat sie das getan? Warum konnte sie sich an Weihnachten erinnern? Können die anderen sich auch erinnern, Damian?«

»Niemand hätte sich an die drei Tage erinnern dürfen ... es sei denn ... deine Mutter hat schon zuvor mit dem Gedanken gespielt, ihr Leben zu beenden, dann ... das würde ihre Erinnerungen erklären.«

»Wir müssen sie finden, Damian.« Ich löste mich leicht von ihm und suchte seine grünen Augen.

Mit dem Daumen wischte er mir eine Träne von der Wange. »Sie wird dich finden, vertrau mir.«

Ich schüttelte den Kopf und sank erneut schwach gegen ihn. »Wie kannst du dir da so sicher sein?«, brachte ich leise hervor.

»Weil sie dich liebt.«

Ich schluckte schwer und presste die Lider aufeinander. »Sie hätte das nicht tun dürfen.«

Damians gleichmäßige Berührungen und das monotone Heben und Senken seines Brustkorbs lullten mich ein. »Sie hat es getan, weil du sie brauchst.«

»Nein«, erwiderte ich kraftlos.

Damian hauchte mir einen Kuss in die Haare, dann wurde es wieder dunkel um mich herum.

3

»Du vertraust mir nicht.«

Als ich aufwachte, war Damian verschwunden. Ich richtete mich auf und ließ den Kopf hängen. Noch immer fühlte ich mich erschöpft und kraftlos.

Langsam stand ich auf und kämpfte gegen den Schwindel an, der mich einen Augenblick taumeln ließ.

»Verdammt«, fluchte ich und stützte mich an dem Holzbalken neben der Tür ab, bis es wieder ging. Als ich das Zimmer verließ und in den großen Hauptraum der Holzhütte trat, war niemand zu sehen. Im Kamin prasselte nach wie vor ein Feuer und ich steuerte auf die Couch davor zu. Ich ließ mich darauf sinken, winkelte meine Beine an und starrte in die prasselnden Flammen. Ich spürte die Wärme nicht, aber ich wusste noch genau, wie ein Kaminfeuer sich auf der Haut anfühlte. Wärmend, prickelnd, angenehm beruhigend.

Auch wenn wir in dieser Welt so etwas wie ein neues Leben hatten, gab es dennoch Unterschiede. Kleinigkeiten, wie die, dass ich das Feuer nicht auf der Haut spürte, dass ich keine Kälte empfand, es keinen Regen gab, keinen Wind.

Die Welt nach dem Tod war kein Paradies, sondern nichts außer eintöniger Gleichgültigkeit.

»Hey, du bist endlich wach«, vernahm ich Vickeys freundliche Stimme und drehte mich erschrocken zu ihr um. Sie kam gerade durch die Haustür und hatte ein Bündel Pfefferminze in der Hand. »Damian meinte, dir ging es nach dem Gespräch gestern nicht so gut.«

»Hmm«, brummte ich kurz angebunden.

Vickey füllte Wasser in einen Teekessel und setzte ihn auf den Herd.