Starke Mädchen brauchen entspannte Eltern - Dr. med. Judith Bildau - E-Book

Starke Mädchen brauchen entspannte Eltern E-Book

Dr. med. Judith Bildau

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  • Herausgeber: Humboldt
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2020
Beschreibung

Achtung: wilde Mädels! Mädchen im Vor- und Grundschulalter stellen ihre Eltern regelmäßig vor Herausforderungen: Gerade noch ängstlich und zurückhaltend, explodieren sie im nächsten Moment schon im heftigsten Wutanfall. Dazu kommen die Fragen, die sich die Eltern zur körperlichen und emotionalen Entwicklung ihrer Tochter stellen: Was ist normal, über was sollten wir mit unserem Kind sprechen? Dieser Ratgeber bringt all das auf den Punkt: Mama-Bloggerin und Frauenärztin Dr. Judith Bildau hat alle wichtigen Informationen absolut verständlich zusammengefasst und erklärt ehrlich, fachkundig und von Herzen, was Mädchen brauchen, um stark und glücklich zu werden. Stressfrei durch die Kindergarten- und Vorschulzeit „Ich will nicht schlafengehen!“ – „Mir ist ja sooo langweilig!“ – „Alle Jungs sind doof!“ – „Ich bin verliebt!“ – neben dem fundierten Wissen zur körperlichen und emotionalen Entwicklung, liefert Dr. Judith Bildau praktische Tipps zu allen typischen Stress-Situationen in der Kindergarten- und Grundschulzeit. Vom zickigen Trotz-Anfall bis zum ersten Verliebtsein – die alltagstauglichen Tipps und Rituale sorgen für ein entspanntes Familienleben. So werden Töchter glücklich groß!

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Seitenzahl: 183

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INHALT

Vorwort

Über mich

Wie Mädchen heute großwerden

Mädchen haben heute mehr Möglichkeiten

Eltern sollten Vorbilder sein

Die Kindergartenzeit

Die körperliche Entwicklung

Körpergröße und Gewicht

Das kannst du für eine gesunde körperliche Entwicklung deiner Tochter tun

Die motorische Entwicklung

Das kannst du für eine gesunde motorische Entwicklung deiner Tochter tun

Die emotionale Entwicklung

Das kannst für eine gesunde emotionale Entwicklung deiner Tochter tun

Typische Stresssituationen in der Kindergartenzeit

Die Qual der Wahl des Kindergartens

Die verschiedenen Betreuungsformen

Was kann ich tun?

Kleine Motzkuh – und nun?

Kleine Personen, große Bedürfnisse

Was kann ich tun?

Nachteule – meine Tochter möchte nicht schlafen

Warum Schlaf für Kinder so wichtig ist

Was kann ich tun?

Meine kleine Feinschmeckerin – meine Tochter isst schlecht

Keine Sorge bei schlechten Essern

Was kann ich tun?

Kleiner Angsthase – meine Tochter ist ängstlich

Ist Angst angeboren?

Was kann ich tun?

„Bleib bei mir!“ – meine Tochter kann sich nur schwer von mir trennen

Wie lange dauert die Trennungsangst?

Was kann ich tun?

„Mir ist ja sooo langweilig!“– wie Kinder lernen, sich allein zu beschäftigen

Langeweile sorgt für Hirnreife

Was kann ich tun?

Streit muss sein – auch Töchter müssen sich reiben

Richtig streiten will gelernt sein

Was kann ich tun?

„Warum habe ich keinen Pippimann?“– wenn Mädchen ihr Geschlecht entdecken

Doktorspiele sind normal

Was kann ich tun?

„Nein, das möchte ich nicht!“ – so stärkst du deine Tochter, sich und ihre Grenzen zu schützen

Die Dunkelziffer ist weitaus höher

Was kann ich tun?

„Kinder müssen lernen, ihre Gefühle einzuordnen!“

Die Grundschulzeit

Die körperliche Entwicklung

Körpergröße und Gewicht

Zähne

Das kannst du für eine gesunde körperliche Entwicklung deiner Tochter tun

Die motorische Entwicklung

Das kannst du für eine gesunde motorische Entwicklung deiner Tochter tun

Die emotionale Entwicklung

Das kannst du für eine gesunde emotionale Entwicklung deiner Tochter tun

Typische Stresssituationen in der Grundschulzeit

Der Ernst des Lebens – so unterstützt du deine Tochter bei ihrem Start in die Schule

Plötzlich steht das Leben Kopf

Was kann ich tun?

Schulalltag – wie kann ich meine Tochter beim Lernen motivieren?

Jedes Kind ist anders

Was kann ich tun?

„Alle Jungs sind doof!“ – warum ist die Abgrenzung zum anderen Geschlecht zunächst wichtig?

Das Rollenbild wird neu definiert

Was kann ich tun?

Internet, Handy und Co. – braucht meine Tochter das alles schon in der Grundschule?

Auch die Schulwelt ist schon online

Was kann ich tun?

Mobbingopfer – was du tun kannst, wenn deine Tochter in der Schule gemobbt wird

Mobbing gibt es in allen Altersstufen

Was kann ich tun?

„Lass mich mal allein zu Haus!“ – so übst du das Alleinbleiben

Wann ist die Zeit reif?

Was kann ich tun?

„Ich bin verliebt!“ – wie du bei der ersten großen Liebe helfen kannst

Zwischen Freude und Sorgen

Was kann ich tun?

Immer dieser Neid! – wie du deiner Tochter hilfst, mit schlechten Gefühlen umzugehen

Neid und Eifersucht können körperliche Symptome verursachen

Was kann ich tun?

„Ich schaffe das!“ – wie du Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein und Selbstliebe stärken kannst

Die drei großen „S“

Was kann ich tun?

„Eltern müssen der Leistungsblase etwas entgegensetzen“

Kluge Strategien für Töchter

Fremde sprechen deine Tochter vom Auto aus an

Fremde sprechen deine Tochter auf der Straße an

So sollten Mädchen Hilfe holen

Väter, Mütter, Bloggerinnen und Erzieherinnen erzählen

Schlusswort

Zum Weiterlesen

VORWORT

Mädchenmama sein. Das ist wohl meine Berufung. Ich habe insgesamt fünf Töchter. Drei davon habe ich selbst geboren, zwei hat mein Mann mit in unsere Ehe gebracht. Aber egal ob selbst geboren oder „geschenkt bekommen“, jedes einzelne dieser fünf wunderbaren Mädchen hat mich auf unterschiedliche Art und Weise gelehrt, was es bedeutet, eine Mädchenmama zu sein. Mit jedem dieser Mädchen habe ich ähnliche und immer wiederkehrende Situationen erlebt.

War ich bei meiner ersten Tochter noch sehr unerfahren und habe viel „nach Gefühl“ und intuitiv gehandelt, so habe ich im Laufe der Jahre und mit steigender Anzahl der Töchter gelernt, Gegebenheiten und kindliche Verhaltensmuster zu hinterfragen sowie bewusster und überlegter zu handeln. Zudem hat mir meine tagtägliche Arbeit als Ärztin dabei geholfen, auch medizinische und entwicklungspsychologische Aspekte in Verhaltensmustern zu erkennen.

Natürlich ersetzt dies nicht die Intuition und die Gefühlsebene, auf der wir unseren Töchtern begegnen sollten. Und ich habe diese emotionale Ebene auch nie verlassen. Dennoch hat es mir sehr geholfen, zu verstehen, dass gewisse Verhaltensweisen häufig verschiedenen kindlichen Entwicklungsstufen zuzuordnen sind. Denn ein Verstehen des jeweiligen innerkindlichen Prozesses lässt schließlich auch ein adäquates und bedürfnisorientiertes elterliches Verhalten zu und entspannt Situationen, in denen auch mal Wut und Hilflosigkeit vorherrschen können. So können wir unseren Töchtern verständnisvoll, liebevoll und unterstützend zur Seite stehen und sie hinaus in eine Welt begleiten, die sie in vielen Bereichen fordern wird.

Töchter sind etwas Großartiges! Häufig erinnern sie uns Mütter an uns selbst, wie wir einmal waren. Mit diesem Buch möchte ich alle Mütter dazu ermutigen, genau die Mutter zu sein, die sie als kleines Mädchen gebraucht und sich gewünscht hätten. Und alle Väter, die Väter zu sein, die ihre Töchter benötigen, um selbstbewusst und stark großwerden zu können.

Lasst uns gemeinsam eine Reise durch die Kindergarten- und Grundschulzeit unserer Mädchen machen, schauen, welche Entwicklungsstufen und -prozesse sie währenddessen erleben, was genau sie brauchen und wie wir sie auch in schwierigen Situationen bestmöglich unterstützen können – mit einem liebevollen und verständnisvollen Blick auf sie.

Eines meiner Lieblingszitate stammt von Astrid Lindgren: „Ich glaube, dass Erziehung Liebe zum Ziel haben muss.“ Dem habe ich im Grunde nichts weiter hinzuzufügen. Vielleicht nur, dass Verstehen und Verständnis vermutlich wichtige Bausteine der Liebe sind.

In diesem Buch soll es nicht darum gehen zu erklären, was richtig und was falsch in der Erziehung kleiner Mädchen ist. Bedauerlicherweise habe ich nicht selten erlebt (und erlebe es noch), dass Eltern untereinander Erziehungsmethoden und -stile verurteilen und bewerten. Ich möchte vorwegnehmen, dass mir dies fernliegt. Dieses Buch soll keine Handlungsanweisung sein, sondern eine persönliche und auch fachliche Unterstützung für Eltern, ihre Töchter besser verstehen zu können und letztendlich selbst entspannter durch die Zeit des Kindergartens und der Grundschule zu kommen. Denn ich denke, eines ist völlig klar: Starke Töchter brauchen entspannte Eltern. Und diese Entspannung kann einerseits durch das Verständnis der jeweiligen Entwicklungsstufen, die das Mädchen in diesem Moment durchmacht, entstehen, andererseits aber auch dadurch, dass Eltern typische Situationen, die im Alltag mitunter sehr belastend seien können, einmal von außen betrachten und schließlich eine Erklärung sowie eine Lösungsstrategie an die Hand bekommen. Häufig gehört nämlich zur Entspannung auch das Gefühl: „Ich bin nicht allein“ oder „Es geht vielen Mädcheneltern so wie mir“. „Diese Situationen sind nicht ungewöhnlich, und ich mache nichts falsch.“ Und: „Es ist tatsächlich eine Phase, ein Prozess, der auch wieder vorbeigehen wird.“

Deshalb ist dieser Ratgeber auch genau so aufgebaut. Zunächst beschreibe ich eine typische Situation, dann folgen Erklärungen, mitunter auch Erläuterungen, zu den wissenschaftlichen Hintergründen und schließlich praktische und leicht anzuwendende Lösungsstrategien. Wer eine schnelle „Soforthilfe“ braucht und nicht noch einmal das vollständige Kapitel lesen möchte, für den habe ich am Ende zudem noch einmal die wichtigsten Punkte kurz und knapp zusammengefasst.

Ich habe im Alltag häufig das Gefühl, dass wir Eltern ungern Problemsituationen mit anderen Eltern besprechen. Das ist schließlich nicht ganz so einfach. Letztendlich möchten wir alle ja vermeiden, dass wir hilflos wirken und dass unsere Kinder in einem falschen Licht erscheinen. Viel lieber möchten wir, dass bemerkt wird, wie sehr wir unsere Kinder lieben. Wie sehr wir versuchen, alles richtig zu machen. Wie viele Gedanken wir uns machen. Und natürlich möchten wir keinesfalls unzulänglich wirken.

Gerade Mütter neigen diesbezüglich zu Perfektionismus. Ich schließe mich dabei selbstverständlich nicht aus. In vielen Entwicklungsphasen meiner Töchter hätte ich mir ein Buch gewünscht, in dem der Autor/die Autorin ganz offen und ehrlich beschreibt, wie schwierig es manchmal sein kann. Und das nicht mal so selten. Das ist nun meine Absicht: ein Ratgeber für alle Mädcheneltern. Denn dazu zähle ich auch. Und ich arbeite tagtäglich als Frauenärztin mit ihnen. Mit den Töchtern und den Mamas. Damit, neben all dem Stress, den ein Leben mit Töchtern bietet, auch eine tiefe Entspannung und Freude über diese Wunderwesen Platz finden kann.

Natürlich kann ein Ratgeber eine Hilfestellung sein. Dennoch wünsche ich mir mehr Offenheit und Ehrlichkeit im Alltag unter den Eltern. Gerade in Vorbereitung auf dieses Buch habe ich gespürt, wie wertvoll ein Austausch untereinander ist. Einerseits mit Freunden, andererseits mit Experten.

Liebe Eltern, Mädcheneltern zu sein ist ein großes Geschenk! Manchmal scheint uns die Verantwortung schier zu erschlagen. Das ist ganz normal. Dennoch muss das nicht sein. Sobald wir unseren Töchtern entspannt und mit Verständnis gegenübertreten, wird sich viel von dieser Ruhe und Gelassenheit auf sie übertragen. Wir als Eltern sind der Schlüssel dazu. Denn: Starke Töchter brauchen entspannte Eltern.

Über mich

Ich bin Dr. med. Judith Bildau, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, und neben dem Mädchenmamasein ist mein Beruf auch meine Berufung. Ich habe mich nach dem Studium relativ zügig dazu entschlossen, Frauenärztin zu werden. Ich liebe meine tägliche Arbeit mit Frauen jeden Alters. Diese Arbeit erweitert meinen Horizont stets, und es macht mir viel Spaß, Mädchen und Frauen auf ihrem Lebensweg zu begleiten. Bei meiner Arbeit in der Praxis habe ich erlebt, dass sich besonders häufig junge Mädchen, gerne auch zusammen mit ihren Müttern, an mich wenden. Durch meine Arbeit in den sozialen Netzwerken und vor allem meiner Arbeit als Onlineärztin für das Onlinemagazin @mutterkutter (www.mutterkutter.de) ist der Weg für junge Mädchen und Frauen noch einfacher geworden, sich an mich zu wenden. So erhalte ich täglich Nachrichten von Frauen jeden Alters mit medizinischen Fragestellungen und der Bitte, Krankheitsbilder und medizinische Sachverhalte einfach und verständlich zu erklären.

Für mich ist dies ein großes Geschenk und noch einmal eine Erweiterung meiner praktischen Arbeit.

Ich bin fünffache Patchwork-Mädchenmama und habe Töchter im Alter vom Kindergarten bis zur Universität. Mein Mann geht diesen Weg seit vielen Jahren mit mir und ist ebenfalls als Arzt tätig. Gemeinsam leben wir in Rom. Unser Alltag ist, neben unseren beruflichen Aufgaben, geprägt davon, unsere Töchter großzuziehen, ihnen mit allen Facetten Eltern zu sein, sie zu begleiten, zu bestärken und zu unterstützen. Natürlich ist das nicht immer einfach. Vermutlich kann kein Elternteil dieser Welt sagen, dass es das ist. Gerade wenn die Altersspanne der Kinder so groß ist, gilt es, sich auf jedes Kind, auf jede Entwicklungsstufe, auf jedes Bedürfnis individuell einzustellen. Nicht zu vernachlässigen ist allerdings auch der Faktor, dass die Mädchen gegenseitig eine große Bereicherung füreinander sind. Sich auf ganz unterschiedliche Art und Weise unterstützen. Einen großen Zusammenhalt haben. Als kunterbunte Patchwork-Großfamilie, die zudem nicht in ihrem Heimatland lebt, ist unser Alltag nie langweilig. Ich arbeite als Frauenärztin sowohl in Rom als auch in der Südtoskana. Unsere Töchter gehen hier in Rom auf die Deutsche Schule. Übrigens bin auch ich eine von fünf Töchtern. Das lässt mich oftmals mit einem „wissenden Blick“ auf meine Töchter schauen, weil mir die Konstellation, in der sie sich befinden, emotional sehr gut bekannt ist.

Ich wünsche mir sehr, dass mich meine Töchter als entspannte Mutter erleben. Das bin ich natürlich nicht immer. Doch mein tiefer Wunsch ist, dass sie mich auch in schwierigen Situationen als ruhig und sicher wahrnehmen. Ich habe erfahren, dass sich die Kinder gerade wenn es eskaliert selbst am wenigsten wohlfühlen, aber dennoch nicht imstande sind, die Situation zu verlassen, geschweige denn, sie von außen zu betrachten. Dies ist Aufgabe von uns Eltern. Mit meinen größeren Töchtern sind mittlerweile ein Gespräch und eine konstruktive Auseinandersetzung mit Austausch von Argumenten möglich. Mit meinen beiden kleinsten Töchtern, die sich gerade im Kindergarten- und Grundschulalter befinden, nicht immer. Umso mehr gilt es für mich als Mutter, ihre Gefühlswelt und ihren Entwicklungsstand sowohl körperlich als auch geistig zu verstehen und zu akzeptieren. Je mehr mir das gelingt, desto leichter kann ich mich auf ihre Ebene begeben und gemeinsam mit ihnen eine Lösung finden. Das bedeutet für mich jedoch nicht, allen Bedürfnissen nachzugeben. Vielmehr geht es mir darum, einen altersgerechten Weg aus der Konfliktsituation zu finden, der vielleicht nicht in diesem Moment, aber möglicherweise etwas später von den Kindern verstanden wird.

Also, liebe Mädcheneltern, lasst uns nun gemeinsam auf die Reise durch zwei sehr wichtige Lebensphasen unserer Töchter gehen!

Eure

Judith Bildau

WIE MÄDCHEN HEUTE GROSSWERDEN

Noch vor einigen Jahrzehnten waren die Rolle der Frau und ihre Aufgaben klar definiert. Selbstverständlich gab es Ausnahmen, dennoch waren Erziehung und Werte sehr genau festgelegt und zudem konservativ geprägt. Das Rollenbild und -verständnis der Frauen hat sich deutlich verändert. Mädchen großziehen und begleiten – was bedeutet das eigentlich in der heutigen Zeit?

Im Mittelalter wurden Mädchen ab einem gewissen Alter bereits intensiv auf ihre vorgegebene Rolle als fügsame Ehe- und Hausfrau sowie Mutter vorbereitet. Tugenden wie Bescheidenheit, Gehorsam und Keuschheit galten als höchste Erziehungsziele. Schulbildung war für Mädchen nicht vorgesehen, genauso wenig wie die Entdeckung und Förderung eigener Talente, geschweige denn die Entwicklung einer eigenständigen Persönlichkeit. An diesem Konzept änderte sich über Generationen von Mädchen und heranwachsenden jungen Frauen kaum etwas.

Auch in den 1950er-Jahren zielte die Erziehung der Mädchen ganz klar auf ein Dasein als Hausfrau und Mutter ab. Als legitimes Erziehungsmittel diente den Eltern das Schlagen, zum Beispiel mit einem Kochlöffel. Auch Lehrer waren dazu berechtigt, den Kindern mit dem Zeigestock auf die Hände zu hauen. In den folgenden Jahrzehnten begannen die Eltern jedoch, Erziehungsmethoden und auch Geschlechterrollen zu hinterfragen.

So wurden in den 1970er-Jahren immer mehr vorhandene, starre Erziehungskonventionen aufgehoben und die Übermacht von Eltern, Lehrern und Erziehern infrage gestellt. Das Modell der antiautoritären Erziehung wurde im Grunde durch die Jahre Ende der 60er, Anfang der 70er geprägt. Im Mittelpunkt standen nun vielmehr sowohl die physische und psychische Unabhängigkeit der Kinder als auch das Überdenken alter Rollenverteilungen.

Da sich gerade in den letzten Jahren diesbezüglich die Erziehung der Geschlechter so stark gewandelt hat, wird es für uns schwierig, unsere Eltern als Vorbilder zu nehmen. Betrachten wir unsere Mütter, so können wir oftmals sagen, dass sie sich selbst in einem gesellschaftlichen Umbruch befanden, da sich starre Rollenverteilungen langsam auflösten. Selbstverständlich können wir unsere Mütter emotional und Werte betreffend als Vorbilder nehmen. Dennoch unterscheiden sich die Aufgaben, Möglichkeiten und Verantwortungen, die unsere Töchter heutzutage haben, sehr stark von denen, die unsere Mütter oder gar Großmütter hatten.

Mädchen haben heute mehr Möglichkeiten

Nicht nur die Entwicklungsmöglichkeiten unserer Töchter haben sich verändert, sondern damit verbunden auch unsere Aufgaben als Mädcheneltern. Mädchen und Frauen hatten noch nie so viele Möglichkeiten und Chancen wie in der heutigen Zeit. Selbstverständlich besteht nach wie vor Bedarf, was die Gleichstellung von Mann und Frau in der Gesellschaft angeht. Dennoch behaupte ich zu sagen, dass wir Eltern unsere Töchter in der westlichen Welt heutzutage zu völlig frei denkenden und frei handelnden Menschen erziehen können. Und dass es unsere Aufgabe ist, ihnen das Potenzial mit auf den Weg zu geben, ein Leben leben zu können, wie sie es sich wünschen. Die Möglichkeiten haben sie nämlich – zum Glück – in der heutigen Zeit.

Dies macht natürlich vieles einfacher, stellt uns Eltern aber auch vor neue Herausforderungen. Es bedeutet nämlich, dass wir unsere Töchter stark dafür machen müssen, ihren ureigenen Weg zwischen Muttersein, Familienleben, gesellschaftlichen und beruflichen Ambitionen zu finden. Dass wir ihnen Raum und Zeit geben müssen, sich frei zu entfalten. War der Weg in den letzten Jahrhunderten und mitunter den letzten Jahrzehnten vorgezeichnet, so steht er unseren Töchtern nun offen. Letztendlich gilt es, unsere Mädchen zu selbstbewussten, starken und selbstbestimmten Frauen zu erziehen. Die sich ihrer Möglichkeiten, aber noch vielmehr ihrer Wünsche bewusst werden. Die sich stark gegen immer noch in der Gesellschaft und in den Medien vorhandene Frauenbilder wehren und ihren ganz eigenen Weg gehen. Die die letzten gesellschaftlichen Nachteile, die Frauen heute noch haben, klug und mit Bedacht aufzulösen vermögen.

Für uns Eltern bedeutet dies von Anfang an, Erwartungshaltungen bezüglich unserer Töchter aufzugeben. Unsere Töchter nicht stereotyp zu betrachten, sondern ganz individuell. Sie in kein Schema zu pressen, sondern ihnen offen und vor allem in jeder Hinsicht fördernd zu begegnen. Ihnen zu ermöglichen, den Weg zu gehen, den sie für sich wählen.

Für viele Eltern mag das mittlerweile selbstverständlich sein. Dennoch erlebe ich in meinem Alltag und auch in der Praxis häufig Mütter (und auch Väter), die verzweifelt darüber sind, dass ihre Töchter burschikos erscheinen. Oder Eltern, die gar enttäuscht darüber sind, dass ihren Töchtern vermeintlich weibliche Interessen fehlen. Oder dass sie sich gar, wenn sie älter sind, für ein Leben fernab von Familie und Muttersein entscheiden. Eltern, die sich eigentlich einen „konservativen“ Weg für ihre Töchter gewünscht hätten, möglicherweise aus einer Angst heraus, dass ihnen die Lebensformen, die ihre Töchter gewählt haben, fremd und unwägbar erscheinen. Weil sie Sorge haben, dass die Ansprüche an Frauen heutzutage immer größer werden und ihre Töchter diesen gar nicht gerecht werden können. Das finde ich absolut verständlich.

Und dennoch: Mädchen großzuziehen und zu begleiten in der heutigen Zeit bedeutet, sie vorzubereiten auf diese Welt. Sie in ihrer ureigenen Entwicklung zu unterstützen. Unsere Erwartungshaltung ihnen gegenüber abzulegen. Und ihnen zu sagen: „Du bist wundervoll.“ „Du bist wertvoll.“ „Und ich gehe jeden Entwicklungsschritt mit dir, auch wenn er mich manchmal in den Wahnsinn treibt. Ich versuche zu verstehen.“ „Die Welt steht dir offen. Ich unterstütze dich dabei, deinen eigenen Weg zu finden.“

Eltern sollten Vorbilder sein

Diesbezüglich mein Appell an alle Mädcheneltern: Seid Vorbilder! Seid authentisch! Denn nur so könnt ihr echte Identifikationsfiguren für eure Töchter sein. Es hilft nichts, einen Ratgeber zu lesen und zu denken, dass man „das halt jetzt so macht“. Eure Töchter (und im Grunde alle Kinder) lernen am Beispiel. Lebt ihnen vor, wie man selbstständig und selbstsicher ist. Ich weiß natürlich durchaus, dass das nicht immer so einfach ist. Dennoch sage ich: Verstellt euch nicht. Eure Töchter beobachten euch ganz genau.

Das Beste, was ihr euren Töchtern mit auf ihren Weg geben könnt, ist emotionale Stabilität. Und dazu gehört auch, zu sagen: „Gerade weiß ich nicht, was richtig und was falsch ist. Aber das ist überhaupt nicht schlimm. Es ist dennoch alles gut, und du bist sicher.“ Oder: „Ich habe gerade Probleme damit, dich zu verstehen. Ich weiß nicht, was du mir mit deinem Verhalten sagen möchtest, was du brauchst. Und ich bin wirklich sauer auf dich. Aber ich bin da und gehe nicht weg. Du kannst dich auf mich verlassen.“ Klar, das hört sich jetzt platt an. Und es ist keine neue Erfindung von mir. Aber dieser Moment, in dem wir Eltern unseren Töchtern authentisch

DIE KINDERGARTENZEIT

Sie wachsen, ihre motorischen Fähigkeiten nehmen zu und auch die emotionale Entwicklung macht einen großen Sprung: Schneller als man sich versieht, werden aus kleinen Mädchen Kindergartenmädchen. Und damit beginnt ein neuer Lebensabschnitt.

Ich möchte mit meinem Ratgeber in der klassischen Kindergartenzeit beginnen. Diese startet in der Regel mit etwa drei Jahren. Ich weiß, dass viele eurer Töchter schon früher in irgendeiner Art der Betreuung sind, sei es in der Krippe, bei einer Tagesmutter oder bei Oma und Opa.

Doch gerade in der Kindergartenzeit finden eine ganze Menge körperliche, geistige und auch motorische Entwicklungen unserer Töchter statt. Wenn man sich ganz bewusst die Zeit nimmt, einmal nachzuvollziehen, welche Meilensteine die kleinen Mädchen zwischen dem Eintritt in den Kindergarten bis zum Eintritt in die Grundschule hinter sich lassen, dann müssen wir darüber doch sehr staunen. Und natürlich auch unheimlich stolz sein. Auf sie. Und auf uns.

Die körperliche Entwicklung

Die körperliche Entwicklung der Mädchen im Kindergartenalter erfolgt kontinuierlich. Der Körperbau wird symmetrischer und proportionaler. Der vermeintliche „Babyspeck“ gehört immer mehr der Vergangenheit an. Diese körperlichen Veränderungen wirken sich auch auf die damit verbundenen motorischen Entwicklungsprozesse aus. Die Kinder werden wendiger, schneller, geschickter. Als Ärztin ist es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass – neben den anderen Entwicklungsbereichen – auch die körperlichen Entwicklungen stark variieren können und dennoch in einem völlig normalen und gesunden Bereich liegen. Aus diesem Grund rate ich dringend davon ab, die Mädchen, wenn auch nur aus einem Augenwinkel heraus, untereinander zu vergleichen. Zu viele verschiedene Faktoren haben Einfluss auf die körperliche Entwicklung unserer Kinder. Natürlich spielt die Genetik eine gewisse Rolle dabei, wie groß und wie schwer unsere Kinder werden. Aber nicht nur! Wichtig sind bereits das Ernährungsverhalten und der Lebensstil der werdenden Mutter in der Schwangerschaft, wie sie sich genau ernährt hat, ob sie geraucht oder Alkohol getrunken hat. Wir Mediziner nennen das Ganze „fetale Programmierung“. Es werden also schon zu Beginn wichtige Weichen gestellt, die letztendlich angeboren, aber nicht vererbt sind.

Auch ein normales Geburtsgewicht des Kindes ist wichtig dafür, wie sich seine weitere körperliche Entwicklung gestaltet. Die sogenannte KIGGS-Studie (eine Langzeitstudie des Robert Koch-Instituts zur gesundheitlichen Lage der Kinder und Jugendlichen in Deutschland) hat zudem gezeigt, dass mit dem Beginn der Kindergartenzeit sowohl der Sozialstatus als auch ein möglich vorhandener Migrationshintergrund eine immer bedeutendere Rolle hinsichtlich der körperlichen Entwicklung zu spielen scheinen. So haben Kinder aus einem sozial schwachen Umfeld sowie Kinder mit einem Migrationshintergrund einen signifikant höheren Fettanteil.

Körpergröße und Gewicht