Stift auf dem Bau - Günter Menze - E-Book

Stift auf dem Bau E-Book

Günter Menze

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Beschreibung

In dem Buch schildere ich die Situation eines Maurerlehrlings in den Jahren 1952 bis 1955, die Verhältnisse auf dem Bau, die Menschen vom Bau und die Ausbildung eines Maurers.

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Seitenzahl: 101

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Stift auf dem Bau

Als ich noch Maurerlehrling war 1952 bis 1955

Diplom-Ingenieur Günter Menze 2

Die Veröffentlichung aller ihrer Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verfassers unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Microverfilmungen und die Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Copyright

by Günter Menze, Bad Soden am Taunus

Verlag und Druck: tredition GmbH,. Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN 978-3-7482-8020-0 Paperback

978-3-7482-8021-7 Hardcover

978-3-7482-8022-4 E-book 3

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Warum ich Maurer gelernt habe

2. Die 50er Jahre in der Bundesrepublik

3. Die Lehre beginnt

4. Handlanger

5. Die erste richtige Baustelle

6. Das erste Richtfest

7. Mauerziegel

8. Ausführungsbeispiele Maurerarbeiten 8.1 bis 8.9

9. Mauermörtel

10. Weitere Beispiele Maurerarbeiten 10.1 bis 10.10

11. Berufsschule

12. Baustelleneinrichtung

13. Männer vom Bau

14. Zement

15. Betonbau 15.1 bis 15.11

16. Entwässerungsarbeiten

17. Weitere Arbeiten, an denen ich mitwirken durfte 17.1 bis 17.4

18. Putzarbeiten 18.1 bis 18.5

19. Freizeit

20. Rückblick auf meine Lehrzeit

21 Anhang

Vorwort

Seit 65 Jahren bin ich mit dem Bau verbunden, zuerst als Maurerlehrling, dann mit dem Studium an einer Staatsbauschule und an der Technischen Hochschule Darmstadt (heute TU Darmstadt) und schließlich in verschiedensten Positionen als Architekt, Bauleiter, Stadtplaner und Stadtbaurat. In diesen Jahren habe ich viel erlebt, Erfahrungen gesammelt, gestaltet und organisiert. Die Zeit meiner Maurerlehre ist jedoch für mich wichtig und prägend für die Ausübung meiner Tätigkeiten geblieben. Das Verständnis für die Probleme bei der Bauausführung und die Gedankenwelt der Arbeiter auf der Baustelle, deren Einstellung zur Arbeit, zu ihrem Beruf und zur Lebensführung im privaten Bereich sind für mich immer gegenwärtig geblieben und haben so manche Entscheidung mit beeinflusst. Im Laufe der Jahre haben sich die Lebensbedingungen, weltanschauliche Einstellungen, die Technik und die Arbeitswelt gewaltig verändert. So ist es nicht verwunderlich, dass die junge Generation so keine Vorstellung hat, wie wir vor 65 Jahren gelebt und gearbeitet haben. Durch einen Zufall sind mir meine Werkstattwochenbücher, die ich während meiner Lehrzeit führen musste, wieder in die Hände gefallen. Beim Durchblättern konnte ich feststellen, dass die Ausbildung in den 50er Jahren doch recht umfassend war, allerdings auch die Bauausführung, die Bauaufgaben und die Rahmenbedingungen. Ich unternehme daher mit dieser Veröffentlichung den Versuch die Zeit meiner Lehre auf dem Bau zu schildern und so in Erinnerung zu halten. Natürlich können meine Erlebnisse und meine Ausbildung nicht allgemein gültig sein. Ich kann nur schildern, was auf meinen Baustellen so ablief unter den Bedingungen, unter welchen damals ein mittleres Bauunternehmen arbeitete und den Bauaufgaben, die wir zu erledigen hatten. Als Lehrlinge, aber auch als Gesellen, waren wir auf das fokussiert, was auf unseren Baustellen geschah und den Erfahrungen, die in diesem Umfeld gemacht wurden. Großbaustellen mit modernsten Baugeräten gab es zwar, aber die interessierten uns nicht weiter. Bei uns wurde vor allem gemauert, dreigeschossige Gebäude des sozialen Wohnungsbaus in einfacher aber in solider Ausführung. Beton benutzten wir in erster Linie nur für die Fundamente, Bodenplatten und Geschossdecken. Mit der Berufsschule haben wir die Industriemesse in Hannover besucht und mit Erstaunen festgestellt, was es alles gab, aber auf unseren Baustellen nicht zu finden war. In den nachfolgenden Ausführungen habe ich meine Ausbildung anhand der Werkstattwochenbücher geschildert, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Zeichnungen keine Werkpläne eines Architekten, sondern aus dem Erleben und der Erinnerung eines Maurerlehrlings entstanden sind. Ich glaube, ich konnte die ganze Palette der Arbeiten aufzeigen, die zu meiner Ausbildung gehörten. Es ist noch zu bemerken, dass wir als Maurer auch Putzarbeiten ausführten, die allerdings bei der Gesellenprüfung in diesem Bereich nicht geprüft wurden. Zur Abrundung und Vervollständigung der Schilderung meiner Ausbildungsjahre habe ich auch versucht einen kleinen Einblick in das Leben außerhalb der Baustelle aufzuzeichnen.

Bad Soden am Taunus im September 2019

1. Warum ich Maurer gelernt habe

Ich bin häufig gefragt worden, warum ich den Beruf eines Architekten gewählt habe. Darauf konnte ich nur antworten, dass es mir als Kind gar nicht klar war, was ein Architekt oder ein Bauingenieur eigentlich macht. Ich wusste nur, dass mein Großvater mütterlicherseits "Bauingischnör" war, dass er Häuser baute und dass er ein Mann war, der auf alle Fragen eine Antwort hatte und mir geduldig auf unseren Spaziergängen in der Eilenriede in Hannover jeden Baum und jede Pflanze erklären konnte. Auch im Zoo schien er von jedem Tier etwas zu wissen. Opa war für mich die wichtigste männliche Bezugsperson, da mein Vater starb, als ich sechs Jahre alt war und meine Mutter sich längere Zeit mit mir bei ihren Eltern in Hannover aufhielt. Wenn ein Mann wie Opa Bauingenieur war, dann wollte ich auch so etwas werden, daran habe ich nie gezweifelt, auch nie über eine andere Berufswahl nachgedacht. Feinere Unterschiede, wie Baumeister, Architekt, Ingenieur für Hochbau oder für Tiefbau machte ich nicht, ich kannte ja auch nicht den Unterschied, geschweige denn den Weg, den man einschlagen musste, um einen solchen Beruf zu erlernen. Mit dem Ende des 10. Schuljahres Anfang 1952 musste ich mich mit meinem Berufsweg näher befassen. Mit meinem Opa hatte ich da ja einen hervorragenden Berater. Von ihm erfuhr ich, dass die Voraussetzung für den Besuch einer Ingenieurschule eine abgeschlossene Ausbildung in einem Bauberuf war. Es spielte dabei keine Rolle, ob man Maurer, Zimmermann, Bauschreiner oder Bauschlosser gelernt hatte, ich glaube, auch eine abgeschlossene Ausbildung als Bauzeichner hätte zum Ziel geführt. Ich habe mich dafür entschieden eine Lehre als Maurer anzufangen. Allerdings brauchte man gute Zeugnisse und musste eine Aufnahmeprüfung machen.

2. Die 50er Jahre in der Bundesrepublik

Bevor ich jedoch mit der Schilderung meiner Ausbildung beginne, möchte ich einen kleinen Überblick über die Situation in Deutschland in der ersten Hälfte der 50er Jahre geben. Der Zweite Weltkrieg war zwar schon sieben Jahre vorbei, aber die Folgen waren noch überall zu spüren. Auch der Wille zur Überwindung der Probleme war vorhanden. Dazu gehörte einmal die Wiederherstellung der im Krieg zerstörten Infrastruktur und vor allem die Schaffung von Wohnraum. Auch waren noch nicht alle Soldaten aus der Kriegsgefangenschaft zurück und viele Heimkehrer noch nicht wieder richtig in der Wirtschaft integriert. In Korea tobte seit 1950 ein grausamer Krieg zwischen Nord Korea und China auf der einen Seite und der UN unter Führung der USA und Süd Korea auf der anderen Seite.

An den Olympischen Spielen 1952 in Oslo (Winterspiele) und Helsinki durfte Deutschland zum ersten Mal nach dem Krieg wieder teilnehmen. In Oslo gab es drei Goldmedaillen, einmal Silber und dreimal Bronze. In Helsinki konnte die deutsche Mannschaft zwar 7 Silber-und 17 Bronzemedaillen gewinnen, aber keine Goldmedaille. Es waren nur westdeutsche Sportler am Start. Die DDR hatte die Teilnahme an einer gemeinsamen deutschen Mannschaft abgelehnt. Es gab als Besonderheit eine Mannschaft aus dem Saarland, das zu dieser Zeit noch unter französischer Verwaltung stand. Am 24. Juni wurde die erste Ausgabe der Bild-Zeitung kostenlos verteilt, dann kostete das "Groschenblatt" 10 Pfennig. Vor Weihnachten werden vom Fernsehsender Köln und Hannover regelmäßige Sendungen, natürlich in schwarz-weiß, ausgestrahlt. Deutscher Fußballmeister 1951/52 wurde der VfB Stuttgart durch einen 3: 1 Sieg über Saarbrücken.

Das Jahr 1953 bleibt allen in Erinnerung durch den Arbeiteraufstand in der DDR am 17. Juni und die Niederschlagung durch die Rote Armee. Am 6. September wurde ein neuer Bundestag gewählt. Konrad Adenauer erreichte mit der CDU 45,2 %, die SPD 28,8%, die FDP 9,5 % der abgegebenen gültigen Stimmen.

Der Messerschmitt-Kabinenroller kam auf den Markt als Konkurrenz zur Isetta von BMW und dem Goggomobil. Am 23. Juli trat in Korea ein Waffenstillstand in Kraft, drei Jahre hatte dort ein Bürgerkrieg getobt, der uns alle sehr beschäftigt hatte. Deutscher Fußballmeister 1952/53 wurde Kaiserslautern durch einen 4: 1 Sieg über Stuttgart

Am 23. Oktober 1954 wurde die Bundesrepublik Deutschland zum Beitritt in die NATO eingeladen. Theodor Heuss wurde als Bundespräsident wiedergewählt. Die Gewerkschaften forderten die Fünf-Tage-Woche und eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden. Die durchschnittliche Arbeitszeit betrug 48 Stunden. Deutschland wurde in Bern Fußballweltmeister durch einen 3: 2 Sieg über Ungarn. Ich habe dieses Spiel mit Freunden zusammen in einer Gastwirtschaft gesehen, denn einen eigenen Fernseher hatte kaum jemand. Im Endspiel um die deutsche Fußballmeisterschaft schlug Hannover 96 den FC Kaiserslautern 5: 1

Im Jahre 1955 holte Bundeskanzler Adenauer die letzten Kriegsgefangenen aus Russland zurück. Nach einer Volksabstimmung wurde das Saarland wieder in die Bundesrepublik eingegliedert. Die Lufthansa nahm den Flugverkehr wieder auf. Die Silberpfeile von Mercedes mit Weltmeister Fangio feierten Triumphe. Deutscher Fußballmeister wurde Rot-Weiß Essen durch einen 4: 3 Sieg über Kaiserslautern.

Für die Männer vom Bau waren diese Ereignisse zwar wichtig, aber gerade bei den Jüngeren interessierte man sich neben dem Sport für Film und Schlager. 1952 gab Brigitte Bardot ihren Filmeinstand. "Casablanca" mit Humphrey Bogart und "Der rote Korsar" mit Burt Lancaster waren Kassenschlager. Die deutschen Filme waren eher leicht unterhaltsam, wie "Die Försterchristel", "Ferien vom Ich", oder "Wir werden das Kind schon schaukeln". Romy Schneider gab 1953 ihr Filmdebüt in "Wenn der weiße Flieder wieder blüht". Die deutschen Stars waren Heinz Rühmann, Rudolf Prack, Willi Fritsch, Hans Moser, O. W. Fischer, Dieter Borsche, Theo Lingen, Hans Albers, Walter Giller, Johanna Matz, Marianne Hold, Nadja Tiller, Sonja Ziemann, Grethe Weiser und viele andere. Wir sahen in "Fanfar der Husar" Gerard Philipe neben Gina Lollobrigida und 1954 "Verdammt in alle Ewigkeit" mit Frank Sinatra und Burt Lancaster sowie Joachim Fuchsberger in "08/15 in der Kaserne". Ein weiterer Kinohit war "Blondinen bevorzugt" mit Mariliyn Monroe. 1955 präsentierte Alfred Hitchcock "Das Fenster zum Hof", James Dean spielte im Klassiker "Jenseits von Eden" und verunglückte am 30.September 1955 tödlich. Heinz Rühmann sahen wir in "Wenn der Vater mit dem Sohne" und Christiane Hörbiger (Der Major und die Stiere) und Fritz Wepper (Der dunkle Stern) gaben ihr Filmdebüt. Meine Aufzählung ist nur bruchstückhaft, denn das Filmangebot war sehr reichhaltig und die Kinos wurden gut besucht. Wir zahlten damals für den "Sperrsitz" DM 1,50, das Parkett DM 1,25 und in dem Zweiten Parkett bis zum "Rasiersitz" in der ersten Reihe" DM 1,00 für eine Kinokarte.

Bei der Unterhaltungsmusik freuten wir uns über Schlager von Peter Alexander (Die süßesten Früchte fressen nur die großen Tiere), Cornelia Froboess (Pack die Badehose ein), Gerd Wendland (Vagabundenlied), Monika Andergast (Du bist die Rose vom Wörthersee), Rudi Schuricke (Dreh Dich noch einmal um, bevor wir auseinander gehen) Caterina Valente begann ihre Karriere, und Bill Haley eröffnete mit "Rock around the clock" eine neue Musikära. Unsere Eltern hatten für das "Gehopse" wenig Verständnis. Ebenso war Jazz in der älteren Generation verpönt. Der Besuch in einem Jazz-Keller, wie das Tabu in Hannover wurde als Verstoß gegen die guten Sitten betrachtet. Von den vielen anderen Interpreten sollte man auch noch Hans Albers, Margot Hielscher, Vico Torriani, Bill Ramsey und Chris Howland erwähnen. Die Schallplatten gab es vorwiegend als Singles. Man benutze auf dem Plattenspieler einen automatischen 10 - Plattenwechsler um ein längeres Musikvergnügen zu haben, ohne die Platten von Hand neu auflegen zu müssen.

3. Die Lehre beginnt

Ich hatte die Mittelschule in Burgdorf besucht. Ende des 10. Schuljahres - Anfang 1952 - musste ich mit der Maurerlehre beginnen. Im Frühjahr 1952 war es kein Problem eine Lehrstelle zu finden, zumal ich mit der erworbenen Mittleren Reife einen Vorsprung vor den Mitbewerbern hatte, die nach Abschluss der Volksschule eine Lehre anfingen. Ich hatte nicht nur einen Bildungsvorsprung, ich war mit meinen 17 Jahren auch körperlich weiter entwickelt als die meisten Volksschulabgänger, mit in der Regel 14 Jahren. Auf der Suche nach einer geeigneten Lehrstelle war mir mein Großvater wieder eine Hilfe, denn er kannte von seiner Arbeit her eine Vielzahl von Bauunternehmen, deren Chefs und deren Erfahrungen bei der Ausbildung von Lehrlingen. So hat sich meine Mutter dafür entschieden mich bei der Firma Heinrich Schaper in Lehrte in die Lehre zu schicken. Lehrte war ca. 8 km von Burgdorf entfernt, aber schließlich spielte es keine entscheidende Rolle, wo der Lehrbetrieb seinen Sitz hatte, denn die Baustellen befanden sich meist im Umfeld von Hannover. Heinrich Schaper hatte ein für damalige Verhältnisse mittleres Familienunternehmen und beschäftige ca. 50 bis 70 Maurer, Zimmerleute und Handlanger (Bauhelfer). Der Bauhof befand sich in Lehrte in der Köthenwalder Straße, auf dem Grundstück stand auch das Wohnhaus des "Alten" mit zwei Büroräumen.