Stille Nacht und das Geheimnis der Zauberflöte - Reinhard Schwabenitzky - E-Book

Stille Nacht und das Geheimnis der Zauberflöte E-Book

Reinhard Schwabenitzky

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Beschreibung

Eine Gitarre, eine weltberühmtes Lied – und eine wundersame Flöte Die Zeitreise des 12-jährigen Lucas in den kalten Dezember 1818 Jahr für Jahr verzaubert das Lied Stille Nacht, heilige Nacht an Heiligabend Menschen rund um die ganze Welt. Kein Wunder, ging doch einiges recht geheimnisvoll zu, als es im Jahr 1818 erstmals in der St.-Nikolaus-Kirche von Oberndorf bei Salzburg erklungen ist. Ein wie aus dem Nichts aufgetauchtes Pferd, eine unerwünschte Heirat, ein fremder Junge und eine wundersame Flöte brachten damals das Leben im bayrischen Laufen und in der beschaulichen Salzburger Gemeinde Oberndorf ordentlich durcheinander. Eingebettet in die abenteuerliche Zeitreise des 12-jährigen Lucas vom Heute ins Jahr 1818 sind die LeserInnen hautnah dabei, wie der Lehrer Franz Xaver Gruber dem Gedicht Stille Nacht von Hilfspriester Josef Mohr seine unsterbliche Melodie unterlegt.

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Reinhard Schwabenitzky

Stille Nacht

und das Geheimnisder Zauberflöte

© 2018 Verlagsanstalt Tyrolia, Innsbruck

Umschlaggestaltung: Roberto Baldissera, Agentur für Grafik, Innsbruck

Layout und digitale Gestaltung: Tyrolia-Verlag, Innsbruck

Druck und Bindung: CPI Moravia Books, Pohořelice (CZ)

ISBN 978-3-7022-3707-3 (gedrucktes Buch)

ISBN 978-3-7022-3708-0 (E-Book)

E-Mail: [email protected]

Internet: www.tyrolia-verlag.at

Gewidmet meinem Sohn Lucas

Inhalt

Prolog

I. Hallein, Gegenwart

II. Oberndorf, Dezember 1818

III. Salzburg, Gegenwart

Epilog

Historisches

Prolog

»Das ist nicht zu schaffen«, dachte sich der 31-jährige Franz Xaver Gruber – Lehrer, Mesner und Organist in Arnsdorf, einem kleinen, sympathischen Ort nördlich der Stadt Salzburg, als er am Vormittag des 24. Dezember 1818 verzweifelt vor seinem Klavichord saß. Er sollte eine Melodie zu einem Gedicht finden, und am Abend, zur Christmette, musste das Lied fertig sein. Immer und immer wieder versuchte er eine Tonfolge nach der anderen, jedoch keine wollte gut genug sein, um diesem wunderbaren Gedicht auch nur annähernd zu entsprechen. Doch nur wenn es ihm gelingt, eine Melodie zu finden, die dieses Gedicht zu einem Lied vereint, kann hier Frieden einkehren. So hatte es ihm sein Freund, der Hilfspriester Josef Mohr, der dieses Gedicht verfasst hatte, zu verstehen gegeben. Ein Frieden für drei Menschenkinder, die sich in einer äußerst misslichen Lage befanden.

Lehrer Gruber wusste aber auch, dass es da einen gab, der diesen Frieden mit allen Mitteln – dazu zählen auch besonders abscheuliche – verhindern wollte. Die Gier dieses Mannes war unermesslich, seine Seele schwarz.

I.

Hallein, Gegenwart

Lucas Schratt, ein fröhlicher, aufgeweckter zwölfjähriger Junge, stand in einer Bäckerei in Hallein, biss genussvoll in die Schokoschnecke, die er sich kaufen durfte, und bezahlte für das Brot, das er für seine Familie besorgt hatte. Er war bester Dinge – nicht ahnend, welch veritable Katastrophe ihm in wenigen Minuten bevorstand.

Hallein, südlich der Stadt Salzburg gelegen, ein Städtchen, welches das berühmte Salzbergwerk am Dürrnberg beheimatet, bietet seinen Bürgern wie auch den Reisenden fast alles, was zu einem guten Lebensgefühl gehört: unterschiedliche kulturelle Veranstaltungen, interessante Museen, malerische mittelalterliche Gässchen, Gebäude und Plätze, gut sortierte Geschäfte und eine vielfältige Gastronomie, die typische Salzburger Speisen und Schmankerl genauso anbietet wie Kulinarisches aus aller Welt.

Dass ausgerechnet hier, an einem schönen Novembertag, das Verhängnis der Familie Schratt, bestehend aus dem 35-jährigen Vater Peter, seiner Frau, der 33-jährigen Maria, und dem 12-jährigen Lucas, seinen Anfang nahm, konnte niemand ahnen.

Das Fahrzeug der Familie stand auf dem bereits weihnachtlich geschmückten Hauptplatz der Stadt und erregte großes Aufsehen, denn es bot den Bewohnern und Besuchern einen nicht alltäglichen Anblick. Auf der Ladefläche eines PS-starken Lastwagens war eine echte abgewetterte Berghütte aufgebaut, mit Holzschindeln auf dem Dach und Blumenkästen vor den Fenstern, bestückt mit natürlich wirkenden Kunstblumen – eine echte »Alm auf Rädern«. Seitlich, unterhalb einer kleinen, sorgfältig gezimmerten Veranda konnte man eine Plattform als Bühne herausziehen und daneben eine Holztreppe als Zugang zur Hütte. Nachdem soeben die Vorweihnachtszeit begonnen hatte – die Christkindlmärkte waren gerade eröffnet –, war die Bühne ebenfalls weihnachtlich geschmückt.

Im Inneren dieses merkwürdigen Gefährts gab es zwei Räume, das Wohnschlafzimmer der Eltern – in dem auch die Kochnische untergebracht war – und die Kammer von Lucas. Zwischen den beiden Räumen befanden sich Dusche und WC.

Mit diesem Wohnlaster, inklusive Satellitenschüssel auf dem Dach, tingelte Familie Schratt von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf, quer durch ganz Europa. Zur Schule gehen war daher für Sohn Lucas nur sporadisch möglich – seine Lehrer waren das Internet und die Eltern. Die Prüfungen aber musste er an regulären Schulen ablegen. Phantasievoll wie er war, schwebten seine Gedanken mal da-, mal dorthin. Lange konzentriert vor Schulbüchern zu sitzen war nicht seine Sache, er war aber intelligent genug, um bei Prüfungen Wissenslücken geschickt zu umgehen, und wusste immer, was zu tun war, um die jeweilige Klasse positiv abzuschließen.

Das Liedrepertoire der fahrenden Sängerfamilie Schratt war schier unerschöpflich, so dass man sie auf den Marktplätzen Italiens genauso singend und gefühlvoll musizierend antreffen konnte wie auf jenen Deutschlands, Österreichs und vieler anderer Länder. Ihr Einkommen war trotzdem spärlich, ließ kaum Luxus wie etwa einen Restaurantbesuch zu, und neue Kleider wurden nur dann gekauft, wenn man die alten wirklich nicht mehr tragen konnte. Der Lebensunterhalt, die Instandhaltung ihres Gefährts, die Standgebühren und die Pflege ihrer wertvollen Instrumentensammlung, welche sie wie ihren Augapfel hüteten, waren einfach zu kostspielig.

An diesem Novembernachmittag in Hallein saßen die Eltern Schratt, stilvoll in Tracht gekleidet, auf der Bühne ihres Lasters. Peter, ein vielseitig begabter Musiker, mit einem Violoncello, und Maria, die eine wunderschöne alte Zither so weich zum Klingen brachte, dass zusammen mit dem Cello und ihren feinen Stimmen ein unvergleichliches Musikerlebnis entstand. Immer mehr Passanten blieben stehen, um der Darbietung des uralten Weihnachtsliedes Der Morgenstern ist aufgedrungen zuzuhören. Der berührende Vortrag der beiden Wandermusiker zog die Zuschauer derart in ihren Bann, dass sie der Hektik des Alltags wenigstens für einige Momente entfliehen konnten. Ein älterer Herr kramte sein Portemonnaie hervor und legte behutsam ein paar Münzen in einen dafür bereitgestellten Hut – einige weitere taten es ihm gleich.

Aber Peter und Maria machten sich langsam Sorgen, wo denn ihr Sohn so lange bleibe. Broteinkaufen kann doch nicht so zeitraubend sein!

Lucas kam aufgrund seiner offenen Art bei Gleichaltrigen – und auch, weil er nicht schlecht aussah, besonders bei den Mädels sehr gut an. Ihm selber schien dieser Vorzug nicht aufzufallen; seine Neugier auf Neues und Anderes war einfach zu groß, um sich über sich selber und seine Wirkung auf andere viele Gedanken zu machen. So gesehen hatte er sich gerne an das Wanderleben, andere Länder, Völker und Mentalitäten gewöhnt.

Der Anfang jedoch war nicht leicht. Von heute auf morgen weg von zu Hause, alle Freunde verlieren und mit ihnen nur noch über Skype oder WhatsApp kommunizieren statt mit ihnen Fußball zu spielen, herumzutollen oder freche Mädels zu necken. Gut, manche seiner Freunde waren damals offenbar nur deshalb mit ihm zusammen, weil seine Eltern anerkannt und gut situiert waren. Als aber dann dieser Einschnitt kam, waren sie weg, und einige hatten sich sogar gegen Lucas gewendet und dummes Zeug über ihn und seine Familie verbreitet. Dazu meinte sein Vater dann cool: »Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.«

Die Schratts waren nicht immer Wandermusiker gewesen. Sie waren wegen der Gutgläubigkeit von Vater Peter einem üblen Spekulanten auf den Leim gegangen und hatten alles verloren, Haus mit Garten, Geld, Schmuck, alles; ausgenommen das, was Lucas als Eigentum besaß: die wertvollen alten Instrumente, die er von seinem Großvater geerbt hatte, und sein gut gefülltes Sparbuch. Damit konnte man den Laster kaufen und mit der Almhütte ausstatten. Die Schratts sahen keine andere Möglichkeit mehr, ihr Leben zu gestalten, als mit ihren Instrumenten zu tingeln. Trotz allem, das Familienleben war intakt geblieben. In guten wie in schlechten Zeiten hielten die drei fest zusammen, hatten in besseren gemeinsam gesungen und musiziert und damit – ohne es damals zu ahnen – die Basis für ihren heutigen Unterhalt geschaffen.

Im Laufe des Wanderlebens und der damit verbundenen notwendigen täglichen Arbeit hatte es sich ergeben, dass für Lucas viele Dinge des Alltags, mit denen sich seine Altersgenossen nach wie vor intensiv beschäftigen, ihren Reiz verloren hatten. Zum Glück, wie seine Eltern meinten. Handy und Tablet waren zwar hilfreich, um den Kontakt mit Freunden aufrechtzuerhalten oder als Lernhilfe, aber inzwischen kaum noch, um darauf Spiele zu spielen. Viel Zeit dafür hätte er ohnehin nicht gehabt, denn er musste immer wieder neue Lieder einstudieren, auf den Instrumenten üben – und, was kaum jemanden in seinem Alter zum Jubeln bringt, lernen.

Durch die bereits in jungen Jahren gemachten Erfahrungen dachte und reagierte Lucas erwachsener als die meisten Gleichaltrigen, ja er erkannte und durchschaute vieles sogar klarer und ungefärbter als so mancher Erwachsene. Doch diese Fähigkeiten halfen ihm nicht, dem zu entgehen, was an diesem Novembernachmittag auf ihn zukam – und auch nicht den daraus erwachsenen fatalen Konsequenzen.

Lucas stand in der Bäckerei, hatte sich mit Notwendigem für seine Eltern und sich eingedeckt und auch eine Schoko-Schnecke vom Vortag günstig erstanden. Bepackt mit einer großen, weißen Papiertüte trat er gut gelaunt aus der Bäckerei – vor ihm ein hübsches rothaariges Mädel mit einem grünen Halstuch, etwa in seinem Alter. Sie warf ihm einen koketten Blick zu und eilte davon.

Was nun geschah, erlebte Lucas wie in Zeitlupe: Das rothaarige Mädchen wollte die Straße überqueren, da glitt eine Semmel aus ihrer Einkaufstüte, rollte davon, zwischen zwei parkenden Autos hindurch und weiter auf die Straße. Das Mädel sprang hinterher, zwängte sich zwischen zwei am Straßenrand geparkten Geländewagen durch – getönte Scheiben versperren ihr die Sicht auf die Straße – sie sah das Auto nicht, das sich mit beachtlichem Tempo näherte. Blitzschnell erfasste Lucas die Situation, ließ fallen, was er in Händen hatte, sprang auf die Straße, packte das Mädchen an der Taille, wirbelte es hinter sich, vergaß dabei, dass nun er selbst mitten auf der Fahrbahn stand, und schaute mit weit aufgerissenen Augen dem heranfahrenden Auto entgegen. Er schloss seine Augen. Quietschende Reifen! Das Quietschen nahm kein Ende – schließlich doch. Als Lucas die Augen öffnete, war das Auto höchstens zehn Zentimeter vor seinen Knien zum Stehen gekommen – Stille – feiner weißer Nebel vom Streusalz stieg auf. Lucas wollte schon erleichtert aufatmen, ebenso der Autofahrer. Da! Wieder quietschende Reifen und noch ein Quietschen – in zwei unterschiedlichen Tonlagen. Dann ein knirschendes Aufprallgeräusch, und noch ein zweites. Das Auto, das vor Lucas zum Stehen gekommen war, wurde bis auf wenige Zentimeter auf den immer noch starr vor Schreck mitten auf der Fahrbahn verharrenden Lucas zugeschoben. Und dann noch ein Reifenquietschen und noch ein Aufprall. Nun aber sprang Lucas zur Seite – und keine Sekunde zu früh, denn der gesamte Konvoi wurde um mindestens einen halben Meter in die Richtung geschoben, wo Lucas gerade noch gestanden war.

Der letzte Wagen war ein besonders edles, großes und schweres Fahrzeug, gelenkt von einem uniformierten Chauffeur mit Namen Kunz – wie Lucas später erfuhr. Das rothaarige Mädel mit dem grünen Halstuch hatte mehr aus Interesse als mit Entsetzen mitangesehen, was es durch seine Unachtsamkeit ausgelöst hatte, und eilte nun flink und unbemerkt davon. Von ihr hatte keiner der Passanten etwas mitbekommen, und auch von Lucas nur einen Teil, denn deren Interesse lag eindeutig bei der Serienkarambolage.

Ratlos und immer noch durcheinander blickte Lucas dorthin, wo das Mädchen verschwunden war, dann zur ramponierten Autokolonne und schließlich zu Kunz, der aus der teuren Limousine kletterte und als perfekter Diener seines Herrn zur Vorderseite des Autos eilte, um zuallererst den Schaden an der Limousine zu begutachten.

Ein freundlicher Passant hatte Lucas’ Bäckerwaren aufgesammelt, notdürftig sauber gewischt und ihm gereicht.

Geistesabwesend nickte ihm Lucas dankend zu.

Und mit dem souveränen Schritt eines routinierten Beamten betrat der Halleiner Stadtpolizist Blümler das Geschehen. Sein Büchlein zückend wollte er notieren, was ihm Beteiligte und Zeugen vom Unfall zu berichten hätten. Als Erstes befahl er den Gaffern, sofort Schluss zu machen mit der Filmerei und dem Fotografieren der Karambolage und der betroffenen Insassen, wenn sie nicht möchten, dass er ihre Handys konfisziere. Dann ordnete er an, dass Lucas sich nicht von der Stelle zu bewegen habe, um schließlich auf Kunz zuzusteuern. Dieser hatte vor lauter Buckeln, obwohl erst Mitte 30, schon einen krummen Rücken, den er unter seiner Uniform zu verbergen suchte. Als er den Polizisten Blümler auf sich zukommen sah, streckte er ihm sofort, unterwürfig grinsend, sein Unschuldsgesicht entgegen!

Nur ein paar Häuserzeilen weiter gaben Peter und Maria Schratt inzwischen, in schon erlebter Qualität, das Weihnachtslied Brich an du schönes Morgenlicht zum Besten. Ihren einfühlsamen Gesang begleiteten sie wieder mit dem antiken Cello und der schönen alten Zither. Lucas’ Eltern waren schon ziemlich beunruhigt; Peter sah auf die Uhr – offensichtlich machten sie sich Sorgen um ihren Sohn – so lange wegzubleiben, nur um Brot zu kaufen? Da stimmt doch was nicht!

Kunz, der Fahrer der schweren Limousine, näherte sich nun ängstlich einem Café, aus welchem man den Auftritt der Schratts und das Treiben draußen auf dem Platz gut beobachten konnte. Am Tisch mit der besten Aussicht saß ein einzelner Herr, vor sich einen Espresso, an den Augen ein Opernglas, mit dem er die Sänger auf der »fahrenden Almhütte« genau fixierte. Dabei schien ihn die leise ins Caféhaus dringende weihnachtliche Musik nicht sonderlich zu interessieren, sein Augenmerk war vielmehr auf die alten Instrumente der beiden Schratts gerichtet. Der Mann hieß Alfons Rhomburg. Er war der alleinige Besitzer einer gigantischen Fastfood-Kette, welche primär seine »Rhomburger« zum Verkauf anbot, eine Art Burger, gefüllt mit Design-Fleisch und anderem nicht gerade gesundem, aber dem Durchschnittsgeschmack angepasstem Zeug.

Rhomburg war eine eiskalte Erscheinung, hatte hellbraune, fast schon gelbe, stechende Augen, eine Halbglatze, einen schmalen, harten Mund, war perfekt und teuer gekleidet, dazu trug er einen dicken Goldring am Finger und eine sündteure Platinuhr am Handgelenk. Einer, bei dem man auf Anhieb merkte: mit dem ist nicht gut Kirschen essen.

Kunz betrat unterwürfig das Café und reichte Rhomburg – er war offensichtlich sein Chef – vorsichtig einen Stapel Tageszeitungen.

»Es tut mir leid, Herr Rhomburg«, krächzte er … und wurde sofort durch Rhomburgs knarrende, gefährlich leise Stimme unterbrochen: »Haben Sie die Zeitungen in Lappland gekauft oder wo waren Sie so lang, Kunz?«, worauf dieser stammelte: »Äh, nein … Ich hatte einen kleinen Unfall, war aber nicht meine Schuld …«

Kunz merkte dann aber, dass Rhomburg seine Erklärung gar nicht interessierte. Stattdessen schaute dieser wie gebannt zum Fenster hinaus. Kunz folgte seinem Blick und sah, wie sich Lucas, begleitet vom Polizisten Blümler, dem Laster seiner Eltern näherte. Aufgeregt zeigte Kunz auf ihn und sagte: »Da, das, das ist er, der wars!«

»Kunz, Ihre Geschichte interessiert mich einen Dreck, werfen Sie lieber einen Blick nach da oben!«, sagte Rhomburg und reichte ihm das Opernglas. Kunz schaute durch, suchte nach dem, was Rhomburg zu interessieren schien – und blieb auf den alten Instrumenten der Familie Schratt hängen. Sofort begriff er, worauf sein Chef es abgesehen hatte, und bestätigte dies mit einem breiten, konformistischen Grinsen.

Maria und Peter ahnten Schlimmes, als sie ihren Sohn in Begleitung eines Polizisten kommen sahen. Lucas lächelte etwas verkrampft zu ihnen hinauf, versuchte sie mit einem Schulterzucken – so als sei gar nichts passiert – zu beruhigen, ging dann gemeinsam mit Blümler die Treppen hinauf und verschwand mit ihm in der Hütte.

Peter und Maria sangen das Lied mit schneller werdendem Takt zu Ende – und kaum war der letzte Ton verklungen, verbeugten sie sich und eilten dem Applaus davon in die Hütte.

Lucas war mit seinem Unfallbericht fertig. Seine Eltern hatten mitgelesen und wirkten erleichtert, also war es für Lucas’ Vater kein Problem, den Bericht zu unterschreiben. Sein Sohn trug keine Schuld an der Karambolage, schließlich hatte er durch sein mutiges Handeln einen Menschen vor einem Unfall bewahrt, wenn nicht gar dessen Leben gerettet. Polizist Blümler nahm das Original des Unfallberichts entgegen – den Durchschlag erhielt Peter – und meinte, dass Lucas ein wahrer Held sei, wenn stimme, was er in den Bericht geschrieben habe. Man müsse jedoch die Göre erst finden, die er angeblich gerettet habe. Sie sei schließlich die einzige Zeugin – keiner der betroffenen Autofahrer habe sie gesehen und auch kein Passant. Doch auch wenn man sie nicht finden würde, sei dies kein Beinbruch, in diesem Fall müsse ja die Haftpflichtversicherung einspringen. Eine solche Versicherung hatten die Schratts allerdings nur für ihr Gefährt, nicht aber für das, was Lucas passiert war. Für so etwas war kein Geld übrig. Dann kann man nur hoffen, dass das Gericht Lucas glaubt – und wenn nicht, dass das Ganze nicht zu teuer wird, meinte der freundliche Polizist beruhigend und schickte noch die Floskel nach, die das Gegenteil meint: »Wird schon schiefgehen«.

Er salutierte und öffnete die Tür nach draußen, wodurch er Kunz beinahe die Treppe hinuntergestoßen hätte. Kunz wollte nämlich gerade anklopfen. Blümler entschuldigte sich bei ihm und meinte aufmunternd zu den Schratts: »Das ist übrigens der Herr, der sich am meisten über ihren Sohn aufgeregt hat. Vielleicht ist er da, um sich bei ihm zu entschuldigen«, und schloss dann hinter sich die Tür.

»Entschuldigen?« Kunz lächelte etwas schief und meinte: »Schauen wir mal …«

Peter, Maria und Lucas begrüßten Kunz mit einem Nicken und warteten gespannt auf das, was er ihnen zu sagen hatte. Kunz aber sagte vorläufig gar nichts – wie es schien, hatte es ihm die Sprache verschlagen. Mit offenem Mund sah er sich staunend im Raum um, wobei seine Augen zu glänzen begannen, als er die vielen wunderschönen alten Instrumente sah. Obwohl die Hütte sehr klein war, hatte man allerhand davon hier untergebracht: Violinen, eine Viola, einen Kontrabass, ein Cimbal (ein ungarisches Hackbrett), Lucas’ traumhaft schöne Gitarre, ein Akkordeon, Hackbrett, Posaune, Harfe, Laute, Flügelhorn et cetera – und alles in bestem Zustand. Die Instrumente hingen an den Wänden, standen auf Musikständern, lagen auf einer Kommode – eben überall da, wo Platz war und sie nicht beschädigt werden konnten.

Nachdem Kunz seine Sprechpause selbst etwas zu lang vorkam, grüßte er nun freundlich und sagte: »Äh, ja …, die Lieder, die Sie da vorhin gesungen haben … Ich soll Ihnen von meinem Chef ausrichten, dass ihn die Schönheit und der Charme Ihrer Darbietung mehr als verzaubert, ja sogar berührt hat. Und das hier soll ich Ihnen dafür überreichen.«

Mit diesen Worten legte er mehrere große Scheine auf den Tisch – insgesamt fünfhundert Euro!

Die drei Schratts betrachteten irritiert das viele Geld. »Da stimmt was nicht«, dachte Lucas sofort. So großzügig kann doch heutzutage niemand sein. Was will der Mann?

Kunz fuhr fort: »Mein Chef lässt außerdem fragen, was Sie für die Instrumente, die Sie vorhin gespielt haben, also für das Violoncello und die Zither da – er zeigte dabei auf die beiden Instrumente – haben möchten? Wären Sie mit 20.000 Euro zufrieden?«

Und schon legte er einen auf diesen Betrag ausgestellten Scheck Peter vor die Nase. Die Schratts schauten einander an. Schließlich holte Lucas tief Luft, aber bevor er etwas sagen konnte, ergänzte Kunz: »Anzeige würde ich dann natürlich auch keine machen …«

Nun ging mit Lucas die manchmal etwas übertriebene Selbstsicherheit durch, denn dass eine Anzeige im Raum stand, konnte er beim besten Willen nicht vermuten: »Anzeige? Die können Sie ruhig machen! Schuld ist aber immer noch der, der hinten drauffährt, so viel weiß ich! Und die Instrumente sind nicht zu verkaufen!«

Und jetzt fand auch Maria ihre Stimme wieder: »Außerdem hat mein Sohn ein Menschenleben gerettet – und wäre dabei selbst beinahe zusammengefahren worden. Außerdem hat er recht, die Instrumente können wir tatsächlich nicht verkaufen. Wir leben von unserer Musik, von unseren alten Liedern, die ohne diese antiken Instrumente bei weitem nicht so schön klingen würden.«

Kunz überlegte eine Zeit und meinte dann: »Ihr letztes Wort?« Worauf die drei Schratts nickten und Kunz blitzschnell sein Smartphone zückte und dabei murmelte: »Ich darf doch?« Bevor die Familie reagieren konnte, fotografierte er all die schönen, alten Instrumente, bedankte sich, nahm den Scheck wieder an sich und machte sich davon.

Stille.

Wohl war der Familie Schratt jetzt nicht zumute. Irgendetwas hatte der Kerl vor! Was das war, sollte sie ein paar Wochen später erfahren, als sie wegen eines wichtigen Termins eigens von Südtirol, wo sie mehrere Auftritte hatten, wieder in die zweitgrößte Stadt des Salzburger Landes zurückkehren musste.

Das Halleiner Bezirksgericht war nicht mehr ganz neu – und das sah man ihm auch an. Als Sohn fahrender Sänger hatte Lucas schon einige Schulhäuser aus ähnlicher Entstehungszeit erleben müssen. Als er nun mit seinen Eltern das Gebäude betrat, trug dieser Eindruck nicht gerade dazu bei, sein mulmiges Gefühl zu vertreiben. Die Gänge rochen nach Bohnerwachs und Enttäuschung.

Kurze Zeit darauf fanden sich Lucas und Peter Schratt auf der Anklagebank wieder – ihnen gegenüber saßen der Kläger, Chauffeur Kunz, und dessen Anwalt. Am Richtertisch thronten ein eher teilnahmslos wirkender Richter in schwarzer Robe; neben ihm die Beisitzerin. Anwalt hatten die Schratts keinen. Hinten, einige Reihen von Maria Schratt entfernt, erspähte Lucas eine ihm fremde Person mit dunkler Brille: Rhomburg, den Chef des Klägers Kunz. Noch kannte er diesen im Halbdunkel sitzenden, geheimnisvoll wirkenden Mann nicht.

Am Wort war der Richter und der war gar nicht so teilnahmslos, wie es anfangs schien. An Kunz gewandt sagte er: »Alle anderen am Serienunfall Beteiligten haben ihre Schäden über ihre Versicherungen geregelt – wieso Sie die Familie Schratt angezeigt haben, anstatt Ihre Vollkaskoversicherung für den Schaden aufkommen zu lassen, entzieht sich meiner Kenntnis, Herr Kunz. Kann es sein, dass Ihr Chef den Bonus seiner Versicherung nicht verlieren wollte? Egal, ist schließlich nicht mein Problem.«

Während Kunz verstohlen und peinlich berührt zu seinem keine Miene verziehenden Chef blickte, zuckten die Schratts zusammen, als der Richter laut mit seinem Hammer auf den Tisch klopfte und sich weiter an Kunz wandte: »Es waren zweifelsfrei Sie, der den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat, Herr Kunz. Den Paragraphen, der das regelt, erspare ich mir zu verlesen. Ich verurteile Sie hiermit zur Zahlung von Euro 28.467,16. Diese Summe beinhaltet den errechneten Schaden, den Sie durch Ihren Aufprall verursacht haben, die gesetzliche Mindeststrafe und sämtliche Prozesskosten.«

Kunz drehte sich nun ziemlich entsetzt zu Rhomburg um und erhaschte dessen kaum merkliche, beruhigende Geste. Zugleich wollten Lucas, Peter und Maria erleichtert aufatmen, doch der Richter setzte, an Peter gewandt, fort: »Und Sie, Herr Peter Schratt, Sie haben Ihre Sorgfalts- und Aufsichtspflicht gegenüber Ihrem Sohn Lucas verletzt. Leider hat dieses Mädel, das Ihr Sohn angeblich gerettet haben soll, außer ihm niemand gesehen. Ich muss also dem Gutachten des Sachverständigen folgen und verurteile Sie zur Zahlung einer Restsumme von 14.000 Euro; darin ist auch Ihre Strafe enthalten. Beide verurteilten Parteien können natürlich Berufung einlegen. Die Sitzung ist geschlossen.«

Peter, Maria und Lucas Schratt blieben betroffen sitzen, während die anderen sich erhoben und den Saal verließen – ausgenommen Kunz. Dieser eilte aufgeregt zu Rhomburg und erfuhr von ihm, dass seine Strafe natürlich mit dessen Versicherungen geregelt werden würde und ihm nur die Gerichtskosten blieben. Kunz war erleichtert. Rhomburg gab ihm noch einige Anweisungen und verließ dann ebenfalls den Raum.

Peter blickte ihm nach und seufzte: »14.000 Euro, wo sollen wir die denn hernehmen? Und Berufung? Um Gottes willen, dann wird’s ja noch teurer! Auf keinen Fall!«

Daraufhin Lucas, pendelnd zwischen Verzweiflung und Wut: »Das ist ungerecht, ich kann nämlich echt nichts dafür! Wieso glauben die mir nicht?!«

Plötzlich stand Kunz bei ihnen und sagte überaus freundlich: »Herr Schratt, mein Chef macht Ihnen noch einmal ein Angebot, da er annimmt, dass Sie sich schwertun, eine so hohe Summe zu begleichen. Hören Sie zu: Unsere Firma feiert dieses Jahr am Heiligen Abend ein großes Jubiläum. Herr Rhomburg meint, vielleicht hätten Sie ja Lust, da aufzutreten. Er bietet Ihnen ein Honorar von 20.000 Euro. Darüber hinaus wird dieser Event auch im Fernsehen übertragen. Sie wären dann vermutlich über Nacht berühmt und sicher auf lange Zeit Ihre Geldsorgen los. Ihr Programm sollte ein paar Weihnachtslieder beinhalten und als Höhepunkt selbstverständlich das Lied Stille Nacht. Mein Chef muss es aber sofort wissen, sonst engagiert er jemand anderen. Den Vertrag habe ich dabei.«

Mit diesen Worten zog er einen fertigen Vertrag aus seinem Aktenkoffer.

Stille. Staunen.

Kunz weiter: »Lesen Sie ihn bitte schnell durch. Ich erkundige mich inzwischen, wann Sie aus dem Saal hier rausmüssen.« Dann eilte er davon.

Peter, Lucas und Maria lasen schnell und ziemlich aufgeregt den Vertrag. Ein großzügigeres Angebot als dieses hatten sie noch nie erhalten, nicht einmal davon zu träumen gewagt. Kunz hatte recht, damit wären sie alle Sorgen los. Doch Maria, die fast immer die Übersicht bewahren konnte, entdeckte eine Klausel im Vertrag, die sie irritierte. »Wenn wir den Vertrag nicht erfüllen können, müssen wir 20.000 Euro Konventionalstrafe zahlen«, sagte sie und erklärte weiter, »und wenn wir nicht zahlen können, haften wir mit all unseren Instrumenten!«

Die Schratts schauten sich an, überlegten, wirkten skeptisch. Doch dann meinte Lucas: »Was soll schon passieren? Außerdem müssen wir unterschreiben, wie sollen wir denn sonst die Strafe von 14.000 Euro zahlen! Dazu müssten wir ohnehin eines oder mehrere unserer Instrumente verkaufen! Wenn wir aber den Vertrag unterschreiben, ist die Strafe für uns kein Problem und es bleiben immer noch 6000 Euro für uns übrig! Berühmt werden wir dann auch, schließlich sind wir dann im Fernsehen – und wir sind gut! Das weiß dieser Rhomburg, sonst würde er uns ja nicht engagieren!«

Wie auf Stichwort kam Kunz zurück: »Na, wie sieht’s aus?«

Peter unterzeichnete wortlos und überreichte ihm den Vertrag, worauf Kunz 5000 Euro auf den Tisch blätterte. »Ein kleiner Vorschuss, wenn Sie den bitte hier bestätigen …«

Peter unterschrieb die Bestätigung und Kunz machte sich merkwürdig freudig und eilig auf den Weg nach draußen zu seinem Herrn, folgende Worte hinterlassend: »Wir sehen uns! Ich freu mich schon – und mein Chef auch!«

Die Schratts sahen ihm lange nach und hatten das Gefühl: Hier ist etwas faul. Nur wussten sie noch nicht was.

»Wo ist der Haken?«, meinte Maria.

»Wenn es einen gibt, werden wir früh genug an ihm hängen«, versuchte Peter gute Laune zu verbreiten, und legte den Arm um Lucas und Maria. »Tun wir einfach so, als ob uns heute das Glück auf den Kopf gedonnert wäre, und gehen fein essen. Ich jedenfalls habe Hunger!«

Und sie gingen essen, seit langem wieder einmal in ein gutes Restaurant, ließen es sich schmecken und träumten anschließend davon, dass es eines Tages normal sein würde, dann essen gehen zu können, wann sie es wollten – ohne jeden Cent drei Mal umdrehen zu müssen, ohne sich nachher darüber zu ärgern, Geld dafür ausgegeben zu haben.

Am nächsten Tag fuhr die rollende Alm der Familie Schratt über die Landstraße in Richtung Festspielstadt Salzburg. Peter saß hinter dem Steuer, Lucas surfte neben ihm mit seinem Tablet im Internet und Maria war in den Vertrag vertieft.

Salzburg, hier waren sie schon oft, hatten alle Sehenswürdigkeiten besichtigt, die Festung, das Haus der Natur und die anderen Museen, hatten im Sommer am Domplatz den »Jedermann« gesehen, den Mirabellgarten und die Wasserspiele in Hellbrunn – diese hatten Lucas jedes Mal begeistert – wie auch den naturbelassenen Tiergarten nebenan, der direkt an einen hochragenden Felsen gebaut ist. Eine Stadt, in der es sich leben lässt, mit unterschiedlichsten Bildungs- und Unterhaltungsangeboten, Sehenswürdigkeiten und Einkaufsmöglichkeiten, mit vielen Seen in der Umgebung, den Bergen zum Schifahren und Wandern nicht weit. Hier könnten sich die Schratts vorstellen, einmal sesshaft zu werden.

Während Peter auf den Verkehr achtete und sich mit sorgenvollen Gedanken dem Zentrum der Stadt näherte, begann Maria plötzlich laut aus dem Vertrag vorzulesen: »Das Lied Stille Nacht muss exakt so vorgetragen werden wie vom Textdichter Josef Mohr und dem Komponisten Franz Xaver Gruber zur Uraufführung am 24. Dezember des Jahres 1818 in Oberndorf bei Salzburg.«

»Na und?«, war Lucas’ spontane Reaktion, »diesen Absatz hatten wir doch schon gelesen! – Sekunde bitte …«

Er googelte auf seinem Tablet, fand die Webseite der Stille-Nacht-Gesellschaft und dort die Originalabschrift dieses weltberühmten Liedes. »Da, hier sind die Originalnoten und der originale Text oder die ‚Authentische Veranlassung‘, wie es hier heißt. … Zwei Männerstimmen – ich werde die Tenorstimme geben, Papa den Bass, ich begleite uns mit der Gitarre und den Chor für die Wiederholung des Refrains, den wird dieser Rhomburg besorgen müssen. Was also ist das Problem?«

Maria nahm daraufhin das Tablet an sich und las, was noch über das Lied auf der Webseite steht, und sagte dann: »Diese Abschrift stammt zwar vom Komponisten Franz Xaver Gruber selbst, doch die ist aus dem Jahr 1854 – das sind fast 40 Jahre nach der Uraufführung! Und dann steht da noch, dass jüngst ein Druck entdeckt wurde, der vor 1832 entstanden war. Schon zwischen diesen beiden Fassungen gibt es Unterschiede und bei der Fassung aus dem Jahr 1832 werden sogar Fehler bei der Abschrift vermutet! Und die Originalnoten sind verschollen, lieber Lucas!«

»Na gut, dann singen wir eben von der zuletzt entdeckten Fassung das, was uns logisch erscheint, und den Rest von der vom Gruber«, tönte Lucas. »Mehr als das, was die Stille-Nacht-Gesellschaft schreibt, kann der Rhomburg auch nicht wissen.«

Daraufhin sein Vater: »Und wenn Rhomburg die Originalfassung aus dem Jahr 1818 besitzt und die stimmt mit keiner der anderen Fassungen überein?«

Stille.

Dann Lucas: »Der hat keine Originalfassung! So gierig wie der ist, hätte er die längst für mehrere hunderttausend Euro versteigert.«

»Trotzdem werden wir einen Beweis brauchen, dass das Lied, wie wir es singen, die Originalversion ist. Wir werden es nämlich beweisen müssen – nicht er, steht im Vertrag«, sagte Maria, worauf Peter nach einer Zeit des Nachdenkens sarkastisch meinte: »Den Haken, an dem wir hängen, haben wir ja dann gefunden. Merkt ihr was? Dieser Rhomburg hat alles von Anfang an eingefädelt, auch die Anzeige. Sogar der Richter hat sich darüber gewundert. Der hat es ausschließlich auf unsere Instrumente abgesehen.«