Sturmland - Die Reiter - Mats Wahl - E-Book

Sturmland - Die Reiter E-Book

Mats Wahl

4,6

Beschreibung

Schweden 50 Jahre in der Zukunft: Das Klima hat sich massiv verändert. Verheerende Stürme haben ganze Landstriche verwüstet und ein feiner Sand färbt alles blutrot. Die meisten Menschen sind dem Befehl der Regierung gefolgt und in die Städte gezogen. Die wenigen Familien auf dem Land leben in ständiger Angst vor Gewalt. So auch die Familie der 16-jährigen Elin. Als Elin und ihr Bruder Vagn auf freiem Feld in einen Hinterhalt geraten, geht alles blitzschnell. Elin verteidigt sich mit ihrer Armbrust, aber Vagn wird entführt. Eine lebensgefährliche Suche nach ihrem Bruder beginnt. Teil eins des düsteren, erschreckend realistischen Zukunftsepos – spannend und mitreißend ab der ersten Zeile.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 300

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,6 (16 Bewertungen)
13
0
3
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Über das Buch

Was erwartet uns, wenn die Natur nicht mehr zu retten ist und uns der Überlebenskampf alles abverlangt? Verheerende Stürme, Wildschweinhorden, eine alles überwachende Regierung und zensierte Medien. Das ist die Welt der 16-jährigen Elin, die mit ihrer Familie abgeschottet und aufs Nötigste beschränkt auf dem Land lebt. Mit primitiven Waffen verteidigen sie sich gegen Eindringlinge, unterwegs sind sie auf Pferden. Die Angst vor Überfällen und Regierungskontrollen ist allgegenwärtig. Trotz aller Vorsicht werden Elin und ihr Bruder Vagn überfallen. Elin kann sich verteidigen, aber nicht verhindern, dass Vagn entführt wird. Eine lebensgefährliche Suche nach dem Bruder beginnt. Der große schwedische Autor Mats Wahl erzählt vom Überlebenskampf zweier Familien in einer veränderten, zerbrechlichen Welt. Eine Welt, die mehr mit der Gegenwart zu tun hat, als uns lieb ist. Spannend, atemlos, faszinierend.

Hanser E-Book

Mats Wahl

STURMLAND

Die Reiter

Aus dem Schwedischenvon Gesa Kunter

Carl Hanser Verlag

Die Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel Blodregn: Ryttarna bei Natur & Kultur, Stockholm.

Gedichtzeilen auf S. 125:

Philip Larkin: This Be The Verse aus Collected Poems,

Farrar, Straus & Giroux, 2001

Gedichtzeilen auf S. 142 und 146:

Gustaf Fröding: Det var dans bort i vägen,

aus Gustaf Fröding: Schilf, Schilf, rausche. Ausgewählte Gedichte. Aus dem Schwedischen von Klaus-Rüdiger Utschick. München 1999 (Anacreon Verlag)

ISBN 978-3-446-25194-6

© Mats Wahl, 2014

Alle Rechte der deutschen Ausgabe:

© Carl Hanser Verlag München 2016

Umschlag: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen

Piktogramme: Thinkstock, getty images

Satz im Verlag

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele andere Informationen finden Sie unter www.hanser-literaturverlage.de

Erfahren Sie mehr über uns und unsere Autoren auf www.facebook.com/HanserLiteraturverlage oder folgen Sie uns auf Twitter: www.twitter.com/hanserliteratur

Datenkonvertierung E-Book: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

1

Der Wind pfeift und etwas knallt gegen die Scheibe. Das Mädchen dreht den Kopf, während es sich das Nachthemd überstreift und bis zu den Waden fallen lässt. Es zittert vor Kälte, klappert mit den Zähnen und wirft der Mutter einen fragenden Blick zu.

»Was war das da am Fenster?«

Die Mutter ist klein und dünn und hat schulterlanges blauschwarzes Haar.

»Ein Vogel vielleicht. Frierst du?«

Das Mädchen kriecht ins Bett und zieht die Decke hoch und die Frau, deren Name Anna ist, setzt sich zu seinen Füßen. Die Lampe flackert. Es wird nie ganz dunkel, aber der zitternde Schein erhellt den kleinen Raum nur unzureichend. Eine Weile bleibt das Licht beständig, bevor es wieder flackert, um anschließend mit voller Kraft wiederzukommen.

»Kann es nicht kaputtgehen?«

»Das ist Panzerglas. Das hält.«

Das Mädchen beißt sich auf die Unterlippe.

»Erzähl vom Schnee.«

»Das hast du doch schon hundertmal gehört.«

»Erzähl es noch einmal.«

Die Frau hält einen Augenblick inne, bevor sie beginnt.

»Ich war in deinem Alter und wir wohnten in dem alten Haus. Der Schnee fiel direkt nach Weihnachten. Es kam nicht viel herunter, aber es war Schnee.«

Das Mädchen reißt die Augen auf, so als hätte es die Frage nie zuvor gestellt.

»Und was habt ihr damit gemacht?«

»Ihn zu Kugeln gerollt und aufeinandergestapelt. Ein Stock als Nase, Zapfen als Augen.«

»Das wurde ein Schneemann!«, jubelt das Mädchen.

Die Frau lächelt.

»Du und Karin?«, wundert sich das Kind.

»Ja.«

»Ich möchte auch einen Schneemann bauen. Glaubst du, dass ich das irgendwann tun werde?«

»Vielleicht«, lügt die Frau und streichelt mit der Hand sanft über die Decke. Das Mädchen streicht sich den Pony aus der Stirn, während es die Mutter beobachtet.

»Denkst du oft an deine Schwester?«

»Ja.«

»Weißt du, wo sie ist?«

»Nein.«

»Was passiert, wenn die Polizei sie findet?«

Die Frau zieht die Decke hoch bis zum Kinn des Mädchens.

»Schlaf jetzt.«

Das Mädchen legt den Kopf auf das Kissen und flüstert.

»Erzähl weiter vom Schnee.«

Die Mutter sieht abwesend aus, so als ob sie an etwas anderes denkt, als denke sie an die Schwester.

»Er war feucht und blieb drei Tage lang liegen.«

»Hat es da schon gestürmt?«

»Es hat die ganze Zeit gestürmt. Der Wald war schon von hier bis Forsa verwüstet.«

Das Mädchen ist einen Moment still und die Mutter glaubt, dass es eingeschlafen ist.

Aber es ist wach.

»Gab es da noch Autos, die hierherfuhren?«

»Das letzte Auto, das hier herauffuhr, kam am letzten Schneetag. Es hinterließ Reifenspuren im Schnee. Am Tag drauf waren noch Spuren in der Erde. Dann wurde es warm, fast wie im Sommer, obwohl es mitten im Winter war.«

»Und die ganze Zeit stürmte es«, ergänzt das Mädchen.

»Ja, es stürmte die ganze Zeit.«

»Und das Auto hatte Zement dabei.«

»Es hatte Stahltüren und Fenster und Fensterläden und das Gestänge des Windrads und vieles andere dabei.«

»Und dann hat Großvater das alte Haus abgerissen«, sagt das Mädchen. »War das nicht traurig?«

»Es war ein Jammer, aber das Haus konnte nicht stehen bleiben. Der Sturm hatte das Dach abgedeckt. Einer der Hunde wurde erschlagen, als die Dachbalken auf den Kartoffelacker stürzten. Außerdem gab es vieles, das man verkaufen konnte. Das ganze Holz, die Heizung und den Heizkessel.«

Die Zimmertür wird geöffnet und ein Mann tritt ein. Er ist so groß, dass er den Kopf einziehen muss, als er durch die Tür geht, und er ist breitschultrig und hat große Hände. Das Bett quietscht, als er sich setzt und vorbeugt und dem Mädchen über die Wange streichelt. Die Hand ist so groß wie dessen ganzes Gesicht.

»Schlaf gut«, flüstert er.

Das Mädchen schließt die Augen.

»Schaf gut«, sagt die Frau.

Der Mann und die Frau erheben sich. Als sie das Zimmer verlassen, löscht die Frau das Licht.

»Wie sehr stürmt es?«, fragt sie und zieht die Tür so weit zu, dass sie nur noch einen Spaltbreit offen steht.

2

Das siebenjährige Mädchen erwacht, lauscht den Geräuschen aus der Küche und sieht sich um. Es ist immer noch dunkel. Es steht auf und schleicht über den kalten Fußboden, hebt die Decke an, kriecht neben seine Schwester und schmiegt sich an deren Rücken. Es streicht mit der Hand über den Flanellstoff.

Die Katze, die am Fußende des älteren Mädchens schläft, streckt die Vorderpfoten aus, wetzt ihre Krallen an der Decke und springt vom Bett.

»Wach auf«, flüstert das kleine Mädchen und streichelt dem älteren Mädchen über den Rücken.

Aber die Ältere scheint nicht aufwachen zu wollen.

»Wach auf«, wiederholt die Jüngere, »wach auf, Elin!«

Elin wendet den Kopf. Die Stimme ist vom Schlaf noch heiser und rau.

»Was ist denn?«

»Sie kommen gleich, um dir zu gratulieren.«

Elin rollt sich auf der Seite zusammen und zieht die Knie zur Brust hoch.

»Lass mich in Ruhe. Es ist zu früh.«

»Sie kommen aber bald.«

»Geh und leg dich wieder hin, Lisa.«

»Kann ich nicht hier liegen bleiben, bis sie kommen?«

»Nur, wenn du leise bist.«

Das kleine Mädchen ist für einen Moment still, bevor es flüstert: »Wenn ich sechzehn werde, bekomme ich Großmutters Halskette. Das hat Vagn versprochen.«

»Ruhe jetzt. Lass mich schlafen.«

»Warst du traurig, als du deine Kette verloren hast?«

»Was glaubst du wohl?«

»Sie kommen gleich. Ich höre sie in der Küche.«

Da wird die Tür geöffnet und der Mann und die Frau, die am Abend zuvor am Bett des kleinen Mädchens gesessen haben, treten ins Zimmer. Die Frau geht voran und der Mann trägt eine Torte mit sechzehn Kerzen.

»Hoch soll sie leben!«, singen sie.

Hinter dem Mann und der Frau kommt ein junger Mann. Er ist genauso groß wie der Mann und hat fast ebenso große Hände. Er ist rothaarig und sommersprossig, trägt eine Jeans, die ausgebessert und geflickt wurde, und ein graues T-Shirt, aus dem er längst herausgewachsen ist. An seinem linken Fuß sieht man das Ende einer tätowierten Schlange, die sich unter dem Hosenbein hinauf in Richtung Knie schlängelt. Er sieht verschlafen aus.

Hinter dem Jungen kommt der Alte, dünn, klein und weißhaarig. Er trägt einen kleinen Tisch, auf dem eine Teekanne, eine Teetasse und ein Teller mit einem Löffel stehen. Das kleine Mädchen ist aufgestanden und hält die Mutter an der Hand.

Der Alte platziert den Tisch vor das Bett und der Mann mit den großen Händen stellt die Torte auf den Tisch. Elin setzt sich auf, beugt sich vor zu den Kerzen, holt Luft und pustet.

Als die sechzehn Kerzen alle ausgeblasen sind und es im Zimmer dunkel wird, schlüpfen die beiden Hunde durch die Tür. Ein Dackel und ein Jämthund. Beide Tiere nähern sich dem Tisch mit vor Erwartung triefenden Mäulern. Der Schwanz des Dackels peitscht gegen das Bein des Alten.

3

Das Wohnhaus ist aus Beton gebaut und keine drei Meter hoch. Das Stahldach ist leicht gen Süden geneigt und mit flachen Solarzellen belegt.

Hinter dem Wohnhaus befindet sich das Tierhaus, auch das ist mit Stahldach und Solarzellen ausgestattet.

Es sind zehn Meter zwischen den Häusern und man kommt vom einen zum anderen über einen Gang, der von einem Stacheldrahtzaun eingefasst ist. Der Gang ist mit einem pappengedeckten Dach aus Halbzollbrettern überbaut.

Auf dem Tierhaus ist das Windrad an einem fünfzehn Meter hohen Fachwerkmast montiert. Das Dach des Tierhauses ist mit Stacheldrahtrollen eingefasst. Wer sich einen Weg zum Windrad bahnen will und nicht den Weg durch die Luke im Dach des Tierhauses nimmt, ist gezwungen, sich durch den Stacheldraht zu schneiden.

Um das Haus herum ist der Wald verwüstet und in sich zusammengefallen.

Die einzigen Bäume, die nicht umgestürzt sind, wachsen am Nordabhang auf dem Hügel einen Kilometer südlich. Da, wo der Sturm den Wald entwurzelt hat, hat man Fichten gepflanzt. Zwischen den gefällten Bäumen wurde nur teilweise gerodet und die halbmeterhohen Bäume leuchten wie grüne Lichter auf das graubraune Gehölz. Doch die Waldtiere spielen den kleinen Fichten übel mit.

Mithilfe von lichtempfindlichen Kameras sieht man vom Haus gut fünfhundert Meter in alle Richtungen, auch wenn es dunkel ist. Vögel, Hasen und Füchse lösen den Alarm nicht aus, aber Rehe und Hirsche, Elche und Wildscheine schon. Und Menschen.

Mitten am Tag sitzt die Familie am Küchentisch und isst. Das hochaufgelöste Bild, das eine ganze Wand bedeckt, zeigt, was die Kameras aufzeichnen. In der oberen rechten Ecke ist die Entfernung angegeben: 492 Meter, darunter die Richtung mit 187 Grad und die Geschwindigkeit mit 8 Kilometern pro Stunde.

Die Kamera wechselt zwischen drei Auflösungen. Vollbild, Nahaufnahme und extreme Nahaufnahme. Jede wird vier Sekunden lang gezeigt.

Die ganze Familie wendet sich zur Wand, die Hunde wittern etwas und knurren. Der Alte sucht seine Brille.

»Erkennst du, wer da kommt, Gunnar?«

Der großgewachsene Mann legt die Gabel hin.

»Torsons«, murmelt er.

Der Alte fischt die Brille aus der Brusttasche seines Hemds.

»Was wollen sie? Ist das die Folge des Streits im Gemeinderat?«

»Immer Ärger mit Björn Torson«, seufzt Gunnar und erhebt sich, geht zur Wand neben der Eingangstür und fängt den Blick des Alten auf.

»Nicht unwahrscheinlich, dass es etwas damit zu tun hat. Sie sehen streitlustig aus. Du, geh raus zu ihnen.«

Gunnar zieht einen halbmeterhohen Schemel hervor, stellt ihn neben die Tür und klettert hoch. Unter dem Dach öffnet er eine Luke, die einen halben Meter lang und zwanzig Zentimeter hoch ist. Sie befindet sich längs der Traufe innerhalb der Tür und bildet den nach Süden gerichteten Ausguck.

»Soll ich die Fensterläden schließen?«, überlegt der Junge, der auch aufgestanden und zum Fenster gegangen ist.

»Das ist nicht nötig«, meint Gunnar, spannt die Armbrust und legt einen Bolzen vor die Sehne.

Auf dem Bildschirm sieht man, wie sich die Reiter nähern. Die Richtung ist immer noch 187 Grad. Der Abstand 260 Meter.

Der Alte nimmt sich eine mit Lammfell gefütterte Jacke, knöpft sie zu, öffnet die schwere Tür und geht hinaus auf den Hof und wartet, die Arme über der Brust verschränkt.

Hinter ihm ist die mit Rostschutzfarbe gestrichene Tür geschlossen worden. Es stürmt so, dass seine weißen Haare aufrecht stehen.

Drinnen bellen die Hunde.

Der Junge mit dem tätowierten Bein ist auch zur Tür gegangen und hat sich einen Gürtel mit Bolzen umgelegt. Er nimmt eine Armbrust von der Wandhalterung und spannt die Sehne mit dem Zughaken ebenso wie Elin.

Die vier Reiter kommen vor dem Alten zum Stehen.

»He, du Frans!«, grüßt der erste und das Pferd schüttelt den Kopf. Es stürmt heftig und das Pferd hat etwas ins rechte Auge bekommen. Es zittert, schüttelt den großen Kopf und scharrt mit einem Huf. Es ist ein Wallach mit einem Fleck wie ein Stückchen Kreide zwischen den Augen. Ansonsten ist das Tier kakaobraun.

Der Weißhaarige hebt eine Hand.

»Friede, Björn. Die Familie macht einen Ausflug, wie ich sehe.«

Der Alte streift mit einem Blick die anderen Reiter und Björn Torson entblößt seine schlechten Zähne. Die Lippen sind dunkel, als hätte er Blaubeeren gegessen.

»Man geht nicht gerne alleine raus in diesen Zeiten. Die Borlänge-Gang wurde an der Älvsbrücke gesichtet und in den Bussen gibt es mittlerweile bewaffnete Wachen.«

»Das stimmt, man muss aufpassen. Geht es euch gut auf Torp?«

»Wir kommen schon zurecht.«

Björn Torsons Ida reitet heran und zügelt das Pferd neben dem des Vaters. Sie ist groß und schlank und sitzt gerade im Sattel, während sie mit dem Kolben der Armbrust über den Rücken des Pferds streicht. Die Lederjacke hat Fransen an den Ärmeln und im Gürtel trägt Ida ein langes Messer. Wie ihr Vater hat sie schiefe Zähne, die Lippen sind schmal und die Augen wachsam. Das Fell ihres Pferds ist hell.

Frans streicht sich mit der Hand durchs Haar und der Wind zerrt pfeifend daran. Derjenige, der Björn heißt, beißt sich auf die Lippen. Sein Lächeln ist nicht freundlich, als er auf Frans zeigt.

»Sieht aus, als ob der Wind dir das Haar vom Kopf reißt. In deinem Alter sollte man eine Mütze tragen.«

Frans streicht sich über den Nacken und schnaubt.

»Wenn du gekommen bist, um mir Ratschläge bezüglich meiner Kleidung zu erteilen, hast du dich umsonst auf den Weg gemacht. Da gibt es andere Menschen, die sich um meine Garderobe kümmern.«

Björn Torson sieht am Alten vorbei zum Haus und mustert die verschlossene Tür.

»Ich sehe, dass Gunnar aus dem Guckloch späht. Lauert er Wildschweinen auf oder ist er plötzlich schüchtern geworden? Oder schämt er sich dafür, wie er sich vor den Leuten aufgeführt hat?«

Der Alte presst die Lippen zusammen und kneift die Augen zu, als eine Staubwolke tanzend vom Wind herangetragen wird.

»Wie gesagt, man geht in diesen Zeiten nicht gerne hinaus, und wenn ich so mit bewaffneten Menschen vor mir dastehe, bin ich froh, dass ich nicht auf mich alleine gestellt bin. Was hast du für ein Anliegen?«

Ida beugt sich über den Pferdehals, streichelt das Tier zwischen den Ohren und fährt Frans an.

»Willst du uns nicht hereinbitten? Es ist stürmisch auf deinem Hof und wir sind trotz allem fast Nachbarn.«

»Soviel ich weiß, stürmt es bei euch nicht minder, und wenn ihr schon bis hierher geritten seid, so könnt ihr wohl noch einen Moment den Sturm aushalten.«

Der hinterste Reiter ruft. Es ist Björns Ältester, ebenso groß wie die Schwester, sein Kinnbart ist zu einem wippenden Zopf geflochten.

»Du bist nicht gastfreundlich, Frans!«

»Da hast du recht, Norman!«, ruft Frans zurück. »Gastfreundschaft steht heutzutage unter anderen Vorzeichen als früher.«

»Es fängt bald an zu regnen!«, ruft Norman. Sein Reittier, ein Fuchs mit fülligem Schweif, wirft den Kopf zur Seite.

Frans fängt Björn Torsons Blick auf.

»Wirst du mir jetzt verraten, was du willst, bevor der Regen kommt?«

Björn sieht zu seiner Tochter. Dann räuspert er sich.

»Bullen-Olson war im letzten Herbst hier.«

Frans nickt.

»Er hat dir seine letzten Rollenlager verkauft.«

Frans nickt wieder.

»Wir brauchen ein neues«, führt Björn weiter aus. »Wir dachten, dass du eins verkaufen willst. Ich zahle gut.«

Frans streckt seine leeren Handflächen aus, als wolle er zeigen, dass er nichts besitzt.

»Die Qualität der Lager ist schlecht dieser Tage und sie fressen sich schnell fest. Wir haben eins, das im Windrad sitzt, und eins in Reserve. Das ist das, was wir haben und was Bullen-Olson uns verkauft hat. Zwei Lager. Das ist alles und wir haben keins abzugeben.«

»Bullen-Olson hat uns etwas anderes erzählt«, brummt Björn und seine Miene verfinstert sich. »Er hat behauptet, dass er alle Lager, die er hatte, an dich verkauft hat.«

Björns Pferd wirft den Kopf zur Seite und scharrt mit dem rechten Huf. Es wittert die Gefahr, die zwischen den Männern heraufzieht. Als es wiehert, klingt es wie ein Schrei.

»Das stimmt«, sagt Frans. »Er hat uns die Lager verkauft, die er besaß. Es waren genau zwei. Darum kann ich dir nicht helfen. Du musst bei Wong bestellen.«

Es beginnt zu regnen.

Die Tropfen werden schnell größer und die Reiter ziehen ihre Regenumhänge und Ponchos über, die sie hinter den Satteln festgebunden haben. Der jüngste von ihnen hat sich die Regensachen am schnellsten angelegt. Er ist so hochgewachsen wie die Geschwister, die Wangen graubleich und dunkel unter den Augen. Er sieht nicht gesund aus, heißt Harald und ist unbedeutend älter als Elin.

»Du willst also nicht an uns verkaufen?«, schnaubt Björn verärgert aus seinem Plastikumhang heraus.

»Wie gesagt, wir haben nichts zu verkaufen.«

»Du taugst nicht viel als Nachbar«, urteilt die Frau auf dem beigefarbenen Pferd, das das Maul vorreckt und nach Frans’ Haaren schnappt. Frans tätschelt seine Stirn und das Pferd zieht die Oberlippe zurück und zeigt die gelben Zähne. Es sieht aus, als ob es lachen würde.

»Wie heißt das Pferd?«

Die Antwort kommt wie ein Kläffen.

»Calyps.«

»Das werde ich mir merken!«, ruft Björn. »Ich komme zu dir und bitte dich, deinen Überfluss mit mir zu teilen. Du hast mir nichts gegeben, obwohl ich gut zu bezahlen gedachte. Aber ich wusste immer schon, dass ihr ein Drecksgesindel seid in diesem Haus. Wenn nicht schon vorher, so hat man es spätestens letzte Weihnachten im Gemeinderat gemerkt, als Gunnar sich aufgeblasen hat und schlecht über mich vor den anderen gesprochen hat. Das Einzige, was ich dieses Mal wollte, ist nur das Beste für die Gegend.«

Er spuckt auf die Erde.

Dann lenkt er das Pferd zur Seite und die drei Männer reiten eingehüllt in ihre Plastikumhänge davon, während Ida noch stehen bleibt. Der feindliche und wachsame Blick wandert zwischen dem Haus und dem zerfurchten Gesicht des Alten hin und her.

Erst als ihr Vater und ihre Brüder schon ein Stück entfernt sind, verzieht sie die Lippen zu einem spöttischen Lächeln, drückt die Fersen in die Flanken des Tieres und folgt ihnen.

Der Regen wird beständig stärker, aber der Wind nimmt ab, sodass der Regen gerade herunterfällt, statt von der Seite zu peitschen. Der Alte macht auf dem Absatz kehrt und wendet sich zur Tür. Das Haar hängt ihm strähnig ins Gesicht.

4

Die Familie sitzt zur Bildwand gerichtet, alle außer Lisa, die sich in ihrem Zimmer mittels einer eigenen Bildwand mit gleichaltrigen Mädchen in anderen Erdteilen unterhält. Sie haben Unterricht. Das Fach ist Spanisch.

»Hola!«, sagt der Mann, der die Stunde leitet.

»Hola!«, antworten Siebenjährige aus fünf Ländern.

Frans und Gunnar sitzen nebeneinander am Küchentisch und Gunnar hat einen Arm um Frans’ Schultern gelegt. Anna und Elin gehen eine Einkaufsliste durch.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!