Submissiv - Anna Bunt - E-Book

Submissiv E-Book

Anna Bunt

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Beschreibung

Nach vielen Enttäuschungen bei der Suche nach dem richtigen Dom ist die devote Anna erst einmal skeptisch, als sie den Seemann Ben kennenlernt. Er hat ganz andere Vorstellungen und Vorlieben als sie und will eine Sub, die ihm auf Augenhöhe begegnet. Wie soll das mit der totalen Unterwerfung vereinbar sein, von der Anna so sehr träumt? Als Ben ihr dann gleich beim ersten Treffen einen Heiratsantrag mitten im Spielzimmer eines SM-Clubs macht, ist die Verwirrung perfekt. Doch schon bald kann sich Anna ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen und leidet unter den langen Trennungen, die eine Beziehung mit einem Seemann mit sich bringt. Schließlich kündigt sie ihren Job und besucht ihren Meister auf seinem Schiff - eine abenteuerliche Reise voller aufregender erotischer Erlebnisse beginnt.

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Anna Bunt

Submissiv

Aus dem Leben einer devoten Frau

Erotischer Roman

INHALT

»Wir gelangen nur selten anders als durch Extreme zur Wahrheit – wir müssen den Irrtum – und oft den Unsinn – zuvor erschöpfen, ehe wir uns zu dem schönen Ziele der ruhigen Weisheit hinaufarbeiten.«

Friedrich Schiller, »Philosophische Briefe«

1.

Die erste große Reise

Ich schaue aus dem Fenster. Unter mir eine einzige braune Sandwüste. Eine ganze Stunde lang sehe ich nichts anderes. Ich sitze ganz vorn auf dem ersten Platz hinter dem Cockpit. Es gibt keine Business Class. Die graue Plastikwand vor mir schmückt ein Wappen aus einem Krummsäbel und zwei gekreuzten Schwertern. Das Zurschaustellen von Waffen irritiert mich. Wir bekommen warme, für mich undefinierbar duftende Tücher. Unauffällig beobachte ich den Mann, der neben mir sitzt. Er reinigt Gesicht und Hände und ich tu es ihm gleich. Die Stewardess trägt ein grünes Käppchen, unter dem ein rotes, leicht durchsichtiges Tuch ihren Haarknoten im Nacken nur scheinbar verhüllt. Ich sehe in ihre perfekt geschminkten Mandelaugen und sie schenkt mir ein Lächeln, das ich erwidere. Dann setzen wir zur Landung an.

Es ist heiß. Daran kann auch der warme Wind nichts ändern, der mir um die Nase weht, als ich die Gangway hinuntergehe. Das schwarze Tuch, das ich um meine Schultern gelegt habe, flattert in der Luft. Um es nicht zu verlieren, muss ich es erneut um mich schlagen. Während ich mich der Tür zum Flughafengebäude nähere, erblicke ich mein Spiegelbild. Die Sonne lässt mein Haar glänzen und ich freue mich, dass ich Flip-Flops tragen kann, obwohl es Dezember ist. Meine Sonnenbrille, denke ich, die habe ich tatsächlich vergessen. Automatisch öffnet sich die Glastür vor mir. Ich pralle gegen eine Wand aus eisiger Kälte. Die Klimaanlage! Nicht viele Menschen sind mit mir von Muskat nach Salalah gereist. Nur eine Handvoll. Trotzdem warten wir für deutsche Gewohn- heiten überdurchschnittlich lange auf unser Gepäck. Die Warterei macht mich nervös. Hoffentlich ist der Agent auch wirklich wie verabredet im Flughafengebäude. Ich weiß nicht einmal, wie er aussieht. Ein kleines bisschen Angst schleicht sich in mein Bewusstsein, als mir klar wird, wie viele Kilometer von zu Hause entfernt ich mich gerade befinde, doch ich verdränge sie ganz schnell.

*

Auf dem Schild, mit dem mich der Agent tatsächlich wenig später empfängt, lese ich »Mrs. Bunt, ConCarrier« – mein Name und der Name des Schiffes. Der Agent ist hoch gewachsen und für meinen Geschmack etwas zu schlank. Schlecht sieht er aber nicht aus mit seiner recht ebenmäßigen dunklen Haut, dem raspelkurzen Haar und den schwarzen, freundlichen Augen. Doch irgendwie wirkt er wie ein Junge, finde ich. Höchstwahrscheinlich bin ich ein paar Jährchen älter als er. »Welcome to Salalah«, begrüßt er mich mit einem freundlichen Lächeln und ich folge ihm nach draußen, wo ein dunkelblauer Mercedes auf mich wartet.

Im Wageninneren ist es angenehm kühl. Als ich mich auf den schwarzen Ledersitz fallen lasse, spüre ich langsam Müdigkeit. Seit 33 Stunden bin ich nun schon unterwegs. Davon habe ich nur vier Stunden in einer Flughafenlounge in nervösem Halbschlaf verbracht. Immer wieder drängte sich die Angst davor in mein Bewusstsein, den Anschlussflug zu verpassen, und hielt mich vom Schlafen ab. Doch jetzt bin ich gewissermaßen angekommen. Den restlichen Weg bis zur ConCarrier, die schon seit heute Morgen im Hafen von Salalah liegen muss, werden andere für mich erledigen.

Der Agent setzt sich hinters Steuer, nachdem er mein Gepäck im Kofferraum des Wagens verstaut hat. Es folgen die höflichen Fragen, die man Reisenden üblicherweise stellt. How was your trip und so. Doch »There is another thing ...« beginnt er den nächsten Satz, da werde ich hellhörig. Die ConCarrier sei nicht wie erwartet heute Morgen im Hafen eingelaufen. Mir wird heiß, noch bevor er weitersprechen kann. Das Schiff habe Verspätung, würde aber für morgen früh erwartet. Er habe Anweisung, mich in ein Hotel zu bringen. Eigentlich keine allzu schlimme Nachricht, aber sie trifft mich trotzdem. Ganze zehn Wochen habe ich Ben nicht gesehen und nun werde ich noch weitere 24 Stunden warten müssen. In meiner momentanen Situation reicht das bereits aus, enttäuscht zu sein. Ich hoffe, dass ich müde genug bin, um mindestens 20 von den 24 noch verbleibenden Stunden bis zum Wiedersehen schlafen zu können.

Im Empfangsbereich des Hotels, vor dem wir wenige Minuten später aussteigen, ist nahezu alles aus Marmor: Böden, Wände, Decken, Tische, Treppen. Einzig und allein die altmodischen roten Sofas in einer Ecke sind mit Leder bespannt. Verdammtes Hotel! Ich will zu meinem Schatz! Das gibt’s doch nicht, dass ich tatsächlich bis morgen früh hier bleiben muss. Genauer gesagt, bis morgen früh um acht. Dann will mich der Agent wieder an der Rezeption abholen, hat er gesagt und sich verabschiedet.

Schweren Herzens steige ich die breite Treppe zum ersten Stockwerk hinauf. Immerhin muss ich meinen Koffer nicht selbst tragen. Ich folge dem Boy durch unzählige kalte, extrem breite Marmorgänge. Ob ich aus diesem Labyrinth jemals wieder alleine herausfinden würde, weiß ich nicht.

Mein Zimmer gleicht einem Saal. Das große Bett in der Mitte des Raumes wirkt fast verloren. Es ist mit sauberem weißem Leinen bezogen. Des Weiteren stehen mir eine Couch, ein Spiegel, eine Klimaanlage, TV und ein Schreibtisch zur Verfügung. Die große Fensterfront wird von dicken Vorhängen verdeckt. Als ich dahinterschaue, verstehe ich auch warum. Vom Fenster blickt man direkt auf eine hässliche Mauer. Das ist mir allerdings im Moment ziemlich egal.

Ich lasse mich aufs Bett sinken und zappe durchs arabische Fernsehen. Natürlich verstehe ich keinen Ton. Diese Sprache klingt so fremd in meinen Ohren, dass ich nicht einmal einzelne Worte identifizieren kann, was mir bereits am Flughafen in Muskat aufgefallen war. Immer und immer wieder hatte ein Lautsprecher blechern dieselbe Durchsage wiederholt. Als es endlich Zeit für meinen Flug war, konnte ich sie schon fast auswendig.

Ben ruft an. Ich verberge meine Enttäuschung über unser verspätetes Wiedersehen nicht, als ich mit ihm spreche. Doch die Müdigkeit übermannt mich noch während des Gesprächs. Ich schaffe es gerade noch, mich zu verabschieden, und sinke, ohne zu duschen, in einen tiefen Schlaf. Nachts um drei wache ich verschwitzt auf, schalte den Fernseher aus und die Klimaanlage ein. Dann schlafe ich weiter bis morgens um sechs. Ohne Frühstück setze ich mich wieder in den dunkelblauen Mercedes des Agenten, der mich etwa zwei Stunden später zum Hafen bringt. Endlich! Ich bin viel zu aufgeregt, um etwas zu mir zu nehmen.

Bereits während des sechsstüdigen Flugs von Zürich nach Muskat habe ich mir alle Details unseres Wiedersehens ausgemalt. Natürlich bin ich dabei geil geworden, zur Bordtoilette gegangen und habe mir einen schnellen Orgasmus beschert. Dabei habe ich mir ausgemalt, wie ich ihm wortlos in seine Kabine folge, wie er die Tür hinter uns schließt, mich an den Haaren packt – so dass es ein kleines bisschen weh tut – und mich gegen die kalte Wand aus Stahl drückt, bevor er mich küsst, unter meinen Rock greift und feststellt, dass ich darunter völlig nackt bin.

*

Wir rasen über eine vierspurige Straße durch die Wüste. Ab und zu an Hotels mit Parkanlagen wie kleine Oasen am Straßenrand vorbei. Dann haben wir das Ende der Straße erreicht. Zuerst Schlaglöcher, gefolgt von einer Buckelpiste, danach erneut Asphalt und eine Schranke mit Häuschen. Drinnen sitzt ein Mann, der desinteressiert wirkt und uns passieren lässt.

Viel zu lange dauern die Formalitäten, die erledigt werden müssen, bevor man mich in den Hafen lässt. Ich habe Anweisung, im Auto sitzen zu bleiben und nur auszusteigen, wenn der Agent es von mir verlangen würde. Er hat meinen Reisepass mitgenommen, was mich verunsichert. Natürlich ist das blöd von mir. Als allein reisende Frau wird man in diesem Land komisch angeschaut und nicht immer freundlich behandelt, das verunsichert mich. Auch jetzt noch, wo ich mich nur noch wenige Meter von meinem Ziel entfernt befinde. Irgendwie kann ich mir inmitten dieser fremden Welt gar nicht vorstellen, in wenigen Augenblicken auf den Menschen zu treffen, der mir so vertraut ist. Vertrauter als jeder andere auf dieser Erde.

Ich beobachte drei Männer, die im Schatten eines weißen Gebäudes Zigaretten rauchen. Sie tragen lange weiße Kutten, die laut rascheln, wenn sie sich bewegen, außerdem ein weiß-blaues Käppchen auf dem Kopf. Diese Kleidung widerspricht wohl allem, was man in Mitteleuropa als männlich empfinden würde. Der Agent ist zwar auch Omani, er trägt aber westliche Kleidung. Wie er mir zuvor erklärt hat, darf er anders nicht in den Hafen. Bestimmt eine halbe Stunde ist vergangen, als er endlich zurückkehrt und mir meinen Pass in die Hand drückt. Daumen hoch. Wir fahren los, passieren einen Kontrollpunkt, wo uns ein Uniformierter eine Maschinenpistole ins Auto hält. Reine Routine, wie es aussieht.

Ich rieche das Wasser, noch bevor ich es sehe. Dunkelblau und glitzernd hebt sich der Ozean vom kahlen Braun der Wüste ab. Ich halte Ausschau nach der großen Blechkiste, die mich in den nächsten Wochen durch den Indischen Ozean tragen wird. Es dauert viel zu lange, bis ich sie sehe: ConCarrier, lese ich auf der stählernen Wand, die sich endlich vor mir erhebt, und irgendwie kommt mir die ganze Situation jetzt unwirklich vor. So viele Geschichten habe ich über die moderne Seefahrt gehört, so viele Fotos gesehen und nun bin ich real in dieser Welt, die so anders ist als alles, was ich kenne. Wir passieren große orange Kräne, die sich auf Eisenbahnschienen bewegen. Das Auto hält im Schatten der Bordwand des riesigen Containerschiffs, das höher als ein durchschnittliches Mehrfamilienhaus in die Luft ragt. Das Quietschen der Kräne, LKW-Geräusche und die Rufe der Arbeiter dringen an mein Ohr, als wir aussteigen. Ich bin völlig reizüberflutet.

Als der Agent den Kofferraum öffnet, steht plötzlich ein kleiner, fröhlich grinsender Philippino neben mir und begrüßt mich mit »Hi, Ma’am«. Weil er mich Ma’am genannt hat, bin ich zu perplex, um etwas erwidern zu können, und lächle ihm deshalb nur zu. Er winkt mir und ich folge ihm über die Gangway, die einer Leiter aus Stahl gleicht. Dabei wird mir schnell klar, dass meine Flip-Flops nicht das geeignetste Schuhwerk sind. Aber egal. Wo ist denn jetzt mein Schatz? Ich hatte angenommen, er würde mich bereits an Deck erwarten und mir von oben zuwinken oder so. Stattdessen betrete ich alleine ein etwas altmodisches Büro. Auch hier keine Spur von Ben. Dafür zwei Männer, die sich als Elektriker und Erster Offizier vorstellen. Ein kleiner Smalltalk. Englisch mit osteuropäischem Akzent. Fragen, die man Reisenden eben so stellt – ich kenne das bereits.

Schließlich greift der Erste Offizier zum Telefon, um Ben anzurufen. Mein werter Herr und Meister scheint meine Ankunft verpennt zu haben. So habe ich mir das nicht vorgestellt! Als er wenige Minuten später endlich das Büro betritt, sieht er völlig verschlafen aus und riecht auch so. Die Haare stehen in alle Richtungen ab. Ich frage mich, wie viele Wochen er sich wohl nicht mehr rasiert hat. Die Begrüßung fällt spärlich aus. Umarmung, Küsschen. Hallo, schön, dass du da bist. Immerhin. Eigentlich hätte ich wissen müssen, dass Gefühlsausbrüche vor Kollegen nicht stattfinden würden. »Komm, wir gehen frühstücken«, sagt er dann und zieht mich hinter sich her in Richtung Offiziersmesse, wo wir die nächsten Wochen unsere Mahlzeiten einnehmen werden. »Aber mein Gepäck ...«, protestiere ich. »Bringt der Steward hoch.«

Die Offiziersmesse ist so gar nicht das, was man sich darunter vorstellt: zwei mit altmodischem braunem Stoff bezogene Holzbänke, Stühle aus Metallrohr mit Kunstlederbezug und einfache Plastikdecken auf den Tischen. Der Koch serviert Omelette. Wir sind kaum fertig mit dem Frühstück, da muss Ben auch schon arbeiten. Währenddessen darf ich mich alleine in seiner Kabine aufhalten. Na toll!

Die Kabine besteht aus einem Wohn-, einem Schlafzimmer und einem kleinen Bad. Alle Türen schließen sich mechanisch von alleine und machen dabei Geräusche wie Kühlschranktüren. Brauner Teppichboden im Wohnzimmer wird ergänzt durch einen Tisch, eine Mischung aus Sofa und Bank und eine altmodische Schrankwand. Auch deren Türen schließen sich automatisch und alle Möbel sind mit dicken silbernen Schrauben am Boden befestigt. Durch ein kleines rundes Bullauge sehe ich Kräne vor dem Fenster auf und ab fahren, an denen große Container hängen. Das Schlafzimmer ist klein. Ich frage mich, wie Ben in diesem Minibett, das links von mir an der Wand steht, Platz findet. Ich muss auf einer Matratze vor der Tür zum Bad am Boden schlafen. Was man nicht alles für ein kleines Abenteuer in Kauf nimmt! Das Bad ist ebenfalls klein, aber nicht unkomfortabel: Dusche, Toilette, Waschbecken.

*

2:23 Uhr zeigt das digitale Display des kleinen Weckers neben Bens Bett an, als mich das Klingeln des Telefons aus dem Schlaf reißt. Kurz muss ich mich besinnen, wo ich überhaupt bin, dann nehme ich den Hörer ab. »Beweg deinen Hintern auf die Brücke, Frau, und bring mir eine Cola mit.« Noch bevor ich etwas erwidern kann, hat Ben auch schon aufgelegt.

Ich ziehe mir schnell ein etwa knielanges Baumwollkleidchen über, nehme eine Cola aus dem Kühlschrank und verlasse noch völlig schlaftrunken die Kabine. Hitze schlägt mir auf dem Gang entgegen und treibt mir den Schweiß aus allen Poren. Über zwei schmale, außerordentlich steile Treppen gehe ich zwei Stockwerke nach oben. Der Fußboden quietscht unter meinen Schuhen. Etwas langsamer, als ich könnte, steige ich hinauf. Ich muss mich konzentrieren, um nicht zu stolpern. Die Stufen sind ungewohnt schmal.

Ich atme kurz durch, als ich vor der schweren Eisentür stehen bleibe, die zur Brücke, der Kommandozentrale des Schiffes, führt. Ein Schild weist darauf hin, dass hier nur autorisiertes Personal Zutritt hat. Ich habe keine Ahnung, wie es hier wohl aussehen mag, ich weiß nur, dass Ben gerade da oben stehen muss und das Schiff steuert. Ich habe ein wenig Hemmungen, durch diese Tür zu gehen, weil ich ja kein autorisiertes Personal bin. Doch wenn er mich zu sich bittet, wird es schon in Ordnung sein, hoffe ich. Die Kälte der Klimaanlage schlägt mir entgegen, als die schwere Eisentür hinter mir ins Schloss fällt. Ich stehe vor einer weiteren Treppe, die in rotes Licht getaucht ist. Sonst ist alles dunkel, als ich über die Treppe den eigentlichen Raum der Brücke betrete. Es ist überraschend ruhig hier. Nichts als ein paar kleine grüne, rote und gelbe Lichter und der hellgrüne Schirm des Radars erhellen den Raum. Dazu das immer gleiche Stampfen und Vibrieren der Maschine. Bereits nach wenigen Stunden auf diesem Schiff nimmt man es nicht mehr wahr.

Meine Augen müssen sich erst an die Dunkelheit gewöhnen. Ben sitzt in einem Sessel vor einer Unmenge von Geräten, kleinen Schaltern und bunten Lämpchen und blickt in die schwarze Nacht hinaus. Er dreht sich nicht um, als ich zu ihm gehe. Wortlos reiche ich ihm die gewünschte Cola und schaue erst mal hinaus aufs Meer. Dahin, wo im Moment eigentlich gar nichts zu sehen ist. Die Schwärze der Nacht überwältigt mich. Panik steigt in mir auf, als mir bewusst wird, dass wir mit ziemlich hohem Tempo ins Schwarze rasen. Es fühlt sich an, wie in ein schwarzes Loch zu stürzen – nur waagerecht statt nach unten. Ich trete näher an die Fensterscheibe heran und schaue Meter weit hinunter, sieben Stockwerke tief auf das Deck, wo im Dunkeln viele kleine bunte Kisten stehen. Seitlich davon sehe ich das Wasser, das weißen Schaum bildet, wo es auf das dicke Metall der Schiffswand trifft.

Der Anblick des Schiffes unter mir beruhigt mich ein bisschen, gibt mir Sicherheit. Es ist so groß und fühlt sich so stabil an, dass man sich irgendwie gar nicht vorstellen kann, es könnte untergehen. Ich spüre, wie Ben hinter mich tritt und wie mein Körper unmittelbar auf seine Nähe reagiert. Seit ich auf der ConCarrier bin, hat er mich nicht angefasst, und auch jetzt tut er es nicht. Trotzdem kann ich seine Nähe fühlen. Nur wenige Zentimeter Luft befinden sich zwischen uns. Ich spüre seinen warmen Atem an meinem Ohr. »Seltsam, nicht«, sagt er mit leiser Stimme. »Es ist, als würde man in die Dunkelheit stürzen, ohne zu wissen wohin.« Ich nicke. »Das ist nur am Anfang so. Man gewöhnt sich ziemlich schnell daran«, fügt er hinzu. Seine große warme Hand legt sich von hinten über meine Schlüsselbeine. Dort verweilt sie für einen kurzen Moment, bevor sie tiefer gleitet, bis unter den dünnen Baumwollstoff meines Kleides. Seine Finger ergreifen meine linke Brustwarze, drücken sie ein wenig und halten sich daran fest. Wie ein Blitz läuft diese Berührung durch meinen Körper. Ich bin elektrisiert. Mein Brustkorb beginnt sich schneller zu heben und zu senken. Ben ist jetzt näher an mich herangetreten und ich kann seinen Atem noch immer an meinem Ohr spüren. »Schatz«, sage ich leise, indem ich meinen Hinterkopf an seine Schulter lehne. Nach wie vor schnell atmend. »Mh?« – »Ich bin so, so geil.« Die letzten drei Worte spreche ich betont langsam. »Ich weiß.« Ein kleines Lachen. Sonst keine Reaktion.

In solchen Momenten hasse ich ihn für seine Beherrschung. Und das, obwohl ich genau weiß, dass sie eines der Dinge ist, die mich so sehr an ihn fesseln. Aber wenigstens einen Versuch war es wert. Wir stehen jetzt einfach nur weiter so da und stürzen waagerecht in die Dunkelheit. Ich ertrage mein Verlangen kaum noch. Mein Unterleib brennt und sendet heiße Wellen aus, die sich über meinen ganzen Körper verteilen. Es fühlt sich an, als würde sich die Energie in den Spitzen meiner Finger und Zehen sammeln, so dass sie zu kribbeln beginnen. Und mit jedem Moment wird das Kribbeln stärker. Ich stelle mir vor, wie er endlich unter meinen Rock greift und wie er mich danach von hinten fickt. Er soll jetzt unter meinen Rock greifen! Sofort! Doch nichts geschieht. Die Geilheit läuft mir die Oberschenkel hinunter und ich kann nicht verstehen, wie er einfach nur hinter mir stehen und nichts tun kann. Na ja, schließlich kenne ich ihn. Ich atme tief und tiefer ein.

Da löst er sich von mir und geht zurück zu seinem Sessel. Er setzt sich und kontrolliert scheinbar konzentriert ein paar Hebel, Lämpchen und Bildschirme. Dann lehnt er sich zurück. »Komm her«, sagt er. »Blas mir einen.« Einerseits bin ich froh, dass sich die sexuellen Handlungen immerhin fortsetzen, andererseits weiß ich nicht, wohin mit meiner Geilheit, die sicherlich noch wachsen wird, wenn ich mich gleich vor ihn knien werde. Ich öffne seine Hose und hole seinen Schwanz heraus. Wie immer ist er noch nicht hart. Irgendwie ärgert mich das jedes Mal aufs Neue. Wie geht das denn? Nicht einmal zehn Wochen Enthaltsamkeit scheinen auszureichen, um dieses Ding auch nur einmal unkontrolliert zum Stehen zu bringen. Er sagt, er findet das unangenehm in der Hose, weshalb er ihn immer schön nach unten hängen lässt. So etwas habe ich noch nie erlebt. Dass man das kontrollieren kann? Ich meine, als Mann. Verfluchte Selbstbeherrschung! Geliebte Selbstbeherrschung. Wie so vieles in meinem Leben ist auch diese Sache paradox.

Ich schließe meine Lippen um ihn, was ihn glücklicherweise ziemlich schnell hart macht. Während ich lutsche und sauge, überlege ich, was wohl passieren würde, wenn in diesem Moment der Kapitän die Brücke betreten würde. Ziemlich unwahrscheinlich um diese Uhrzeit! Wer verlässt schon freiwillig mitten in der Nacht sein Bett? Das Ding in meinem Mund hat sich zwischenzeitlich ziemlich schnell von hart in bretthart verwandelt. Ich weiß, dass es nun nicht mehr lange dauern wird, bis er mich am Hinterkopf packen und mich daran hindern wird aufzuhören. Ein bisschen aufgestaute Geilheit scheint bei ihm wohl doch vorhanden zu sein. Als ich seine Hände bereits nach ungewöhnlich kurzer Zeit in meinen Haaren spüre, fällt mir auf, dass wir heute ziemlich schnell zum Punkt kommen. Fest und fester wird sein Griff. Kein Entkommen für mich! Und die Bewegungen werden schneller und schneller. Einen kurzen Moment noch. Ich schnappe ein letztes Mal nach Luft, versuche meinen Würgreiz zu unterdrücken, kurz bevor er sich mit einem kleinen Seufzer entlädt. Ich schmecke sein salziges, warmes Sperma auf meiner Zunge. Ein bisschen was davon läuft aus meinem Mund, über die Lippen und tropft auf meine Brust. Ich habe ihn vermisst. Er streichelt mein Gesicht und sieht dabei entspannt und noch ein wenig entrückt aus. Ich blicke in seine blauen Augen. Er lächelt. »Geh jetzt nach unten. Wenn ich komme, will ich dich mit dem Arsch in der Luft auf dem Tisch.«

Wie ein Kühlschrank hört sich die Kabinentür an, als er sie hinter sich schließt. Eine altmodische braune Lampe verbreitet spärliches Licht im ebenso braunen Raum. In den zehn Minuten, die er für die Wachübergabe gebraucht hat, hat es mich viel Beherrschung gekostet, mich nicht selbst von meiner Geilheit zu erlösen,während ich auf ihn wartete. Die befohlene Position hat es mir nicht gerade einfacher gemacht. Sicherlich wäre es in meinem momentanen Zustand kein Problem, zwei Orgasmen direkt hintereinander zu haben, doch lieber ist mir einer, der dafür umso intensiver ausfällt.

Bens große Hand landet klatschend auf meinem Hintern und beendet meine Gedanken. Ich höre, wie er den Schrank öffnet. Aus dem Augenwinkel nehme ich Seile wahr. Am Boden befinden sich Ösen aus Stahl. Ob die wohl immer da sind? Wofür sonst könnte man sie noch verwenden, wenn nicht zum Festzurren einer nackten Frau auf einer Tischplatte aus Holzimitat? Ein Seil nach dem anderen legt sich um meinen Körper. Mit jedem werde ich ein bisschen geiler, fühle ich mich ein bisschen mehr ausgeliefert, hilfloser, aber auch ein bisschen sicherer. Zum Schluss fixiert er meine Hände und Füße mittels besagter Ösen am Boden. Nun bin ich nichts anderes mehr als sein Besitz, Mittel zur Befriedigung seiner Lust. Und meiner. Für einen kurzen Moment geschieht wieder nichts. Dann schlägt er mir klatschend mehrfach mit der Hand auf den Hintern. Ich frage mich jedes Mal aufs Neue, warum eigentlich seine bloße Hand mehr schmerzt als bei anderen Männern der Rohrstock. Ich atme aus. Spüre, wie seine Hand sich langsam nähert und zwischen meine Beine greift. Dabei ist er so sanft, dass ich ihn mehr ahnen als spüren kann, und genau das macht mich noch viel schärfer, als ich es sowieso schon bin. Langsam arbeitet er sich vor, beginnt wie in Zeitlupe seinen Finger in mich zu schieben. Nur das letzte kleine Stückchen geht ganz schnell, bevor er innehält. Unvermittelt bewegt er sich ein paar Mal fast schon grob vor und zurück. Ich schreie auf.

Ist es Lust oder Schmerz oder beides? Ich bin so von meinen Gefühlen eingehüllt, dass ich anfangs gar nicht merke, wie er sich an meinem Kitzler zu schaffen macht. Ich bin nur noch Geilheit, nur noch Gefühl und kann kaum noch lokalisieren, an welchem Teil meines Körpers diese Geilheit entsteht. Sie hüllt mich voll und ganz ein, sie ist überall – vom Scheitel bis zur Sohle, von den Fingerspitzen bis in die Zehen. Für einen kurzen Moment komme ich noch mal zu mir. Ich habe das Gefühl, sein Finger und mein Unterleib werden eins. Es ist, als würde ich an ihm kleben, als wären wir magnetisch.

Ich muss mich an ihm reiben, bis ich komme. Es gibt keine andere Möglichkeit, kein Zurück mehr und von Dauer kann heute keine Rede sein. Mehrfach lässt er den Finger ruhen und bringt mich so fast um den Verstand. Ich versuche, meinen Hintern zu bewegen, doch die Seile um meinen Körper hindern mich daran. Diese Bewegungsunfähigkeit macht mich rasend, ungeduldig, wie von Sinnen, aber sie kickt mich auch. Und dann greift er endlich zu. An der Art, wie er mich berührt, spüre ich, dass er ihn jetzt will: meinen Orgasmus. Innerhalb von Sekundenbruchteilen, fremdgesteuert, bricht es über mich herein. Ich habe keine Kontrolle mehr über meinen Körper, spüre nur noch, wie sich Bens Hand über meinen Mund legt, um meine Schreie zu dämpfen, dann befinde ich mich für gefühlte zehn Minuten in einem Zustand geistiger Entrückung. Das Nächste, was mein Bewusstsein wieder wahrnimmt, ist, wie sich sein Schwanz in mein eng zusammengekrampftes Inneres schiebt und es mit jedem Stoß weitet. Wieder beginne ich zu stöhnen, seine große Hand wie bereits kurz zuvor über meinem Mund. »Oh Baby, ich habe dich so sehr vermisst«, sagt er, bevor er zum zweiten Mal kommt.