Supraleitung - Werner Buckel - E-Book

Supraleitung E-Book

Werner Buckel

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Beschreibung

Grundlegende Konzepte und Eigenschaften von Supraleitern, die Herstellung und Entwicklung von neuen supraleitenden Materialien sowie moderne Anwendungsbereiche sind die Schwerpunktthemen des Buches. Das größte Potential zur Nutzung der Supraleitung liegt in der Energietechnik. Fast unbemerkt trägt die Einführung von Kabeln, Magneten, Transformatoren oder Lagern aus supraleitenden Materialien bei zur Effizienzsteigerung bei der Stromübertragung oder in Motoren. Durch seiner klare Sprache und zahlreiche erläuternde Abbildungen eignet sich der Band hervorragend als einführendes Lehrbuch. Der Schwierigkeitsgrad wird von Kapitel zu Kapitel gesteigert. So können auch Einsteiger ohne einschlägige Vorkenntnisse dem Stoff folgen. Dank der über 350 Literaturhinweise bekommt der Leser außerdem einen Überblick über die wichtigsten Publikationen zum Thema. Ein unverzichtbares Lehrbuch also für Physik-Studenten und Studierende der Ingenieurwissenschaften. Fachleuten in Forschung und Praxis leistet das Buch auch als Nachschlagewerk gute Dienste.

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Contents

Vorwort zur 7. Auflage

Vorwort zur 1. Auflage

Einleitung

1 Grundlegende Eigenschaften von Supraleitern

1.1 Das Verschwinden des elektrischen Widerstandes

1.2 Diamagnetismus, Flussschläuche und Flussquantisierung

1.3 Flussquantisierung im supraleitenden Ring

1.4 Supraleitung: ein makroskopisches Quantenphänomen

1.5 Quanteninterferenzen

Literatur

2 Supraleitende Elemente, Legierungen und Verbindungen

2.1 Vorbemerkungen

2.2 Supraleitende Elemente

2.3 Supraleitende Legierungen und metallische Verbindungen

2.4 Fulleride

2.5 Chevrel-Phasen und Borkarbide

2.6 Schwere-Fermionen-Supraleiter

2.7 Natürliche und künstliche Schichtsupraleiter

2.8 Die supraleitenden Oxide

2.9 Eisenpniktide und verwandte Verbindungen

2.10 Organische Supraleiter

2.11 Supraleitung an Grenzflächen

Literatur

3 Die Cooper-Paarung

3.1 Konventionelle Supraleitung

3.2 Unkonventionelle Supraleitung

Literatur

4 Thermodynamik und thermische Eigenschaften des supraleitenden Zustandes

4.1 Allgemeine Vorbemerkungen zur Thermodynamik

4.2 Die spezifische Wärme

4.3 Die Wärmeleitfähigkeit

4.4 Grundzüge der Ginzburg-Landau-Theorie

4.5 Die charakteristischen Längen der Ginzburg-Landau-Theorie

4.6 Typ-I-Supraleiter im Magnetfeld

4.7 Typ-II-Supraleiter im Magnetfeld

4.8 Fluktuationen oberhalb der Sprungtemperatur

4.9 Zustände außerhalb des thermodynamischen Gleichgewichts

Literatur

5 Kritische Ströme in Supraleitern 1. und 2. Art

5.1 Die Begrenzung des Suprastroms durch Paarbrechung

5.2 Typ-I-Supraleiter

5.3 Typ-II-Supraleiter

Literatur

6 Josephsonkontakte und ihre Eigenschaften

6.1 Stromtransport über Grenzflächen im Supraleiter

6.2 Das RCSJ-Modell

6.3 Josephsonkontakte unter Mikrowelleneinstrahlung

6.4 Flusswirbel in ausgedehnten Josephsonkontakten

6.5 Quanteneigenschaften von supraleitenden Tunnelkontakten

Literatur

7 Anwendungen der Supraleitung

7.1 Supraleitende Magnetspulen

7.2 Supraleitende Permanentmagnete

7.3 Anwendungen für supraleitende Magnetspulen

7.4 Supraleiter für die Leistungsübertragung: Kabel, Transformatoren und Strombegrenzer

7.5 Supraleitende Resonatoren und Filter

7.6 Supraleiter als Detektoren

7.7 Supraleiter in der Mikroelektronik

Literatur

Monographien und Stoffsammlungen

Stichwortverzeichnis

Beachten Sie bitte auch weitere interessante Titel zu diesem Thema

Mihály, L., Martin, M. C

Solid State Physics

Problems and Solutions

2009

ISBN: 978-3-527-40855-9

Hofmann, P.

Solid State Physics

An Introduction

2008

ISBN: 978-3-527-40861-0

Wangler, T. P.

RF Linear Accelerators

2008

ISBN: 978-3-527-40680-7

Fossheim, K., Sudboe, A.

Superconductivity

Physics and Applications

2004

ISBN: 978-0-470-84452-6

Autoren

Prof. Dr. W. Buckelt†

Prof. Dr. Reinhold Kleiner

Universität Tübingen

Physikalisches Institut, Experimentalphysik II

Tübingen, Deutschland

[email protected]

Titelbild

Der Hochtemperatursupraleiter YBa2Cu3O7 schwebt auf einem Magneten

Fotografie: J. Nagel, M. Rudolph und M. Kemmler, Universität Tübingen

7. aktualisierte und erweiterte Auflage 2013

Alle Bücher von Wiley-VCH werden sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag in keinem Fall, einschließlich des vorliegenden Werkes, für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler irgendeine Haftung.

Bibliografische Information

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2013 Wiley-VCH Verlag & Co. KGaA, Boschstr. 12, 69469 Weinheim, Germany

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Satz Hagedorn Kommunikation GmbH, Viernheim

Druck und Bindung betz-druck GmbH, Darmstadt

Umschlaggestaltung Schulz Grafik-Design, Fußgönheim

Print-ISBN: 978-3-527-41139-9

ePDF ISBN: 978-3-527-66870-0

ePub ISBN: 978-3-527-66869-4

mobi ISBN: 978-3-527-66868-7

obook ISBN: 978-3-527-66867-0

Heike Kamerlingh-Onnes

Für die freundliche Überlassung dieses Bildes danken wir

Herrn Professor Dr. C. J. Gorter, Kamerlingh-Onnes Laboratorium, Leiden

Vorwort zur 7. Auflage

Acht Jahre sind seit der letzten Auflage dieses Buches vergangen, es war an der Zeit, den Text zu überarbeiten und auf neue Entwicklungen einzugehen. So wurde mit den Eisenpniktiden eine neue Klasse von Supraleitern gefunden, deren Entdeckung unter den Physikern fast so viel Aufruhr verursachte wie in den 1980er Jahren die Entdeckung der Kupratsupraleiter. Auch gab es eine Vielzahl interessanter Anwendungen, etwa im Bereich der supraleitenden Kabel und Magnete oder, mit den Quantenbits, im Bereich der Mikroelektronik. Um den Umfang des Buches einigermaßen im Rahmen zu halten, konnten aber bei weitem nicht alle Ergebnisse aufgenommen werden. Ich bitte dies zu entschuldigen.

Wie auch in den vorangegangenen Auflagen steht weiterhin ganz im Sinne von Werner Buckel der Grundgedanke im Vordergrund, die Supraleitung auf möglichst einfache Art darzustellen. So soll auch Nichtfachleuten einen Einblick in dieses nun 100 Jahre alte und nach wie vor spannende Gebiet gegeben werden.

Mein herzlicher Dank gilt allen Kollegen, die mit vielen Vorschlägen und Tipps zur Neugestaltung des Buches beigetragen haben, insbesondere Frau Vera Palmer, Frau Ulrike Werner, sowie den Herren Harald Reiss, Paul Seidel und Peter Kes. Herrn Klaus Schlenga, Bruker EST, danke ich besonders für die Textgestaltung des Abschnitts 7.3.1. Frau van Bühl (Nexans), Frau Cheri Hart (AMSC), sowie den Herren Joachim Albrecht (Hochschule Aalen), Alexander Henning (Bruker ASC), Tom H. Johansen (Superconductivity Lab. der Universität Oslo), Hans Henning Klauss (TU Dresden), Hubertus Lütkens (Paul Scherrer Institut), S. Mahieu (IRAM), Xiaofeng Qian (MIT), Daniel Schmickler (Zenergy GmbH und Fa. Converteam UK Ltd.), Wolfgang Schmidt (Siemens AG), Michael Strasik (Boeing), sowie dem CERN danke ich für die Überlassung unveröffentlichter Abbildungen. Den Herren Joachim Nagel, Matthias Rudolph und Matthias Kemmler (Physikalisches Institut der Universität Tübingen), danke ich für die Erstellung des Titelbildes.

Tübingen, im Januar 2012

Reinhold Kleiner

Vorwort zur 1. Auflage

Nahezu 5 Jahrzehnte konnte die Supraleitung nicht befriedigend gedeutet werden. Heute haben wir eine mikroskopische Theorie, die eine Fülle von Erscheinungen erfaßt und zum Teil sogar quantitativ beschreibt. Damit ist das Phänomen Supraleitung zumindest im Prinzip verstanden.

Mit dem Bau großer supraleitender Magnete hat die technische Auswertung der Supraleitung begonnen. Weitere Anwendungen in der Elektrotechnik, z. B. für die Leistungsübertragung, werden intensiv studiert. Auf einigen Gebieten der elektrischen Meßtechnik hat die Supraleitung durch eine Steigerung der Empfindlichkeit um einige Größenordnungen, z. B. bei der Magnetfeldmessung, geradezu einen Durchbruch bewirkt.

Damit wird das Interesse an dieser Erscheinung in Zukunft nicht auf den Physiker beschränkt bleiben. Vielmehr werden mehr und mehr Ingenieure mit diesem Phänomen konfrontiert werden. Die Anwendungen werden auch dazu führen, daß die Supraleitung stärker in das Blickfeld der technisch interessierten Öffentlichkeit rückt.

An alle diese interessierten »Nichtfachleute« wendet sich die vorliegende Einführung in die Supraleitung. Es wird versucht, unsere Grundvorstellungen über die Supraleitung möglichst anschaulich und unter bewußtem Verzicht auf mathematische Formulierungen darzustellen. Auf dem Hintergrund dieser Vorstellungen werden die vielfältigen Erscheinungen diskutiert. Auch die Anwendungen werden dabei eingehend behandelt.

Natürlich kann eine solche einführende Darstellung nur eine begrenzte Auswahl von Überlegungen und Fakten bringen. Jede solche Auswahl muß notwendigerweise sehr subjektiv sein. Unter Verzicht auf viele Einzelheiten wurde versucht, ein möglichst umfassendes Bild der Supraleitung und insbesondere ihrer Quantennatur zu geben. Dabei schien es nicht zweckmäßig, der historischen Entwicklung zu folgen. Vielmehr werden die Erscheinungen ihrem inneren Zusammenhang nach geordnet und behandelt. Zweifellos wird dabei viel hervorragende Pionierarbeit nicht entsprechend gewürdigt. Auch das Literaturverzeichnis gibt keineswegs einen repräsentativen Querschnitt der vielen tausend Arbeiten, die zum Thema Supraleitung erschienen sind. Es soll dem interessierten Leser lediglich einen Zugang zur Originalliteratur eröffnen. Im übrigen kann für Spezialfragen auf eine ganze Reihe hervorragender Monographien verwiesen werden.

Das Buch hat seinen Zweck erfüllt, wenn es dazu beitragen kann, die Supraleitung einem weiteren Kreis von Interessierten näher zu bringen. Vielleicht kann es darüber hinaus als kurze Zusammenfassung auch denen eine kleine Hilfe sein, die selbst Fragen der Supraleitung bearbeiten.

Viele haben mich bei der Arbeit an diesem Buch dadurch tatkräftig unterstützt, daß sie stets bereit waren, über alle auftauchenden Probleme mit mir eingehend zu diskutieren. Ihnen allen habe ich sehr zu danken. Ganz besonders danke ich meinem lieben Kollegen Falk, der unermüdlich bereit war, meine Fragen zu beantworten und zu diskutieren. Herzlich zu danken habe ich meinen Mitarbeitern, sowohl in Karlsruhe als auch in Jülich, unter ihnen besonders den Herren Dr. Baumann, Dr. Gey, Dr. Hasse, Dr. Kinder und Dr. Wittig. Den Herren Dr. Appleton (EEDIRDC), Dr. Schmeissner (CERN), Dr. Kirchner (München); Prof. Rinderer (L.ausanne), Dr. Eßmann (Stuttgart) und Dr. Voigt (Erlangen) sowie den Firmen Siemens, Vakuumschmelze und General Electric möchte ich sehr herzlich für die freundliche Überlassung von Bildern danken. Dem Physik Verlag bin ich für die angenehme Zusammenarbeit sehr verbunden.

Besonders herzlich habe ich aber meiner lieben Frau zu danken, die mit großer Geduld ertragen hat, daß ich manche Abende und Sonntage ausschließlich mit der Arbeit an diesem Buch verbracht habe.

Jülich, im August 1971

Werner Buckel

Werner Buckel15.5.1920 – 3.2.2003

Einleitung

Viele Phänomene in der Physik resultieren aus dem Gegeneinander gegensätzlicher Wechselwirkungen. Ein wichtiges Beispiel ist das Wechselspiel zwischen der ungeordneten thermischen Bewegung der Bausteine der Materie und den ordnenden Kräften zwischen diesen Bausteinen. Wird mit wachsender Temperatur die thermische Bewegungsenergie genügend groß im Vergleich zu der Energie irgendeiner ordnenden Wechselwirkung, so bricht der geordnete Zustand der Materie, der sich bei kleinen Temperaturen eingestellt hat, zusammen. Alle Phasenübergänge, etwa vom gasförmigen in den flüssigen Zustand, genauso wie der Aufbau der Atome selbst aus den elementaren Bausteinen der Materie unterliegen dieser Gesetzmäßigkeit. Es muss daher nicht überraschen, dass oft unerwartete – und später für die Technologie wichtige – neue Eigenschaften der Materie durch Experimente bei extremen Bedingungen entdeckt werden. Ein Beispiel einer solchen Entdeckung ist die Supraleitung.

Im Jahre 1908 war es Heike Kamerlingh-Onnes1), Leiter des von ihm gegründeten und zu Weltruhm geführten Kältelaboratoriums der Universität Leiden, gelungen, das Helium als letztes der Edelgase zu verflüssigen [1]. Dessen Siedetemperatur liegt bei Atmosphärendruck bei 4,2 Kelvin und kann durch Abpumpen weiter erniedrigt werden. Mit der Verflüssigung des Heliums war ein neuer Temperaturbereich in der Nähe des absoluten Nullpunktes erschlossen. Der erste erfolgreiche Versuch hatte noch die gesamte Kapazität des Instituts erfordert; aber schon bald konnte Kamerlingh-Onnes bei diesen Temperaturen experimentieren. Er begann zunächst eine Untersuchung des elektrischen Widerstandes der Metalle.

Die Vorstellungen über den elektrischen Leitungsmechanismus waren zu der damaligen Zeit noch recht lückenhaft. Man wusste zwar, dass es Elektronen sein müssen, die den Ladungstransport bewirken. Man hatte auch schon die Temperaturabhängigkeit des Widerstandes vieler Metalle gemessen und gefunden, dass der Widerstand im Bereich der Zimmertemperatur linear mit der Temperatur abnimmt. Im Gebiet tiefer Temperatur zeigte sich allerdings, dass diese Abnahme immer kleiner wird. Es standen im Prinzip drei Möglichkeiten zur Diskussion:

1. Der Widerstand konnte mit sinkender Temperatur stetig gegen Null gehen (James Dewar, 1904; Abb. 1, Kurve 1);
2. er konnte einem festen Grenzwert zustreben (Heinrich Friedrich Ludwig Matthiesen, 1864; Abb. 1, Kurve 2) oder
3. er konnte durch ein Minimum laufen und für sehr tiefe Temperaturen gegen unendlich gehen (William Lord Kelvin, 1902; Abb. 1, Kurve 3).

Gerade für die dritte Möglichkeit sprach die Vorstellung, dass bei genügend tiefen Temperaturen die Elektronen eigentlich an ihre Atome gebunden sein sollten. Damit sollte die freie Beweglichkeit verschwinden. Die erste Möglichkeit, wonach der Widerstand für kleine Temperaturen gegen Null gehen würde, war durch die starke Abnahme mit sinkender Temperatur nahegelegt worden.

Kamerlingh-Onnes untersuchte zunächst Platin- und Goldproben, weil er diese Metalle schon damals in beachtlich reiner Form erhalten konnte. Er fand, dass der elektrische Widerstand seiner Proben bei Annäherung an den absoluten Nullpunkt einem festen Wert, dem sog. Restwiderstand zustrebte, in seinem Verhalten also der unter Punkt 2 genannten Möglichkeit entsprach. Dieser Restwiderstand war in seiner Größe abhängig vom Reinheitsgrad der Proben. Je reiner die Proben waren, desto kleiner war der Restwiderstand. Kamerlingh-Onnes neigte nach diesen Ergebnissen zu der Auffassung, dass ideal reines Platin oder Gold bei den Temperaturen des flüssigen Heliums einen verschwindend kleinen Widerstand haben sollte. In einem Vortrag auf dem Dritten Internationalen Kältekongress in Chicago 1913 schildert er diese Überlegungen und Experimente. Er sagt dort: »Allowing a correctionfor the additive resistance I came to the conclusion that probably the resistance of absolutely pure Platinum would have vanished at the boiling point of Helium« [2]. Diese Vorstellung wurde auch gestützt durch die gerade in einer sehr stürmischen Entwicklung begriffene Quantenphysik. Von Albert Einstein war ein Modell des festen Körpers angegeben worden, nach dem die Schwingungsenergie der Atome bei sehr kleinen Temperaturen exponentiell abnehmen sollte. Da der Widerstand sehr reiner Proben nach der – wie wir heute wissen, völlig richtigen – Ansicht von Kamerlingh-Onnes nur durch diese Bewegung der Atome hervorgerufen werden sollte, lag seine oben zitierte Hypothese auf der Hand.

Für einen Test dieser Vorstellung entschloss sich Kamerlingh-Onnes zu einer Untersuchung des Quecksilbers, des einzigen Metalls, von dem er damals hoffen konnte, es durch mehrfache Destillation in einen noch höheren Reinheitsgrad zu bringen. Er schätzte ab, dass er den Widerstand des Quecksilbers am Siedepunkt des Heliums mit seiner Anordnung gerade noch beobachten könnte, dass dieser aber dann bei noch tieferen Temperaturen rasch gegen Null gehen sollte.

Abb. 1 Zur Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstandes bei tiefen Temperaturen.

Abb. 2 Supraleitung von Quecksilber (nach [3]).

Die ersten Experimente, die Kamerlingh-Onnes mit seinen Mitarbeitern Gerrit Flim, Gilles Holst und Gerrit Dorsman durchführte, schienen diese Auffassung zu bestätigen. Der Widerstand des Quecksilbers wurde bei Temperaturen unter 4,2 K wirklich unmessbar klein. In seinem Vortrag 1913 beschreibt Kamerlingh-Onnes diese Phase der Überlegungen und Versuche wie folgt: »With this beautiful prospect before me there was no more question of reckoning with dificulties. They were overcome and the result of the experiment was as convincing as could be.«

Aber schon bald erkannte er bei weiteren Experimenten mit einer verbesserten Apparatur, dass der beobachtete Effekt keineswegs identisch sein konnte mit der erwarteten Widerstandsabnahme. Die Widerstandsänderung erfolgte nämlich in einem Temperaturintervall von nur einigen Hundertstel eines Grades, glich also eher einem Widerstandssprung als einer stetigen Abnahme.

Abb. 2 zeigt die von Kamerlingh-Onnes publizierte Kurve [3]. Er selbst sagt dazu: »At this point (etwas unterhalb von 4,2 K) within some hundredths of a degree came a suddenfall notforeseen by the vibrator theory of resistance, that hadframed, bringing the resistance at once less than a millionth of its original value at the melting point… Mercury has passed into a new state, which on account of its extraordinary electrical properties may be called the superconductive state.« [2]

Damit war auch der Name für dieses neue Phänomen gefunden. Die Entdeckung kam unerwartet bei Experimenten, die eine wohlbegründete Vorstellung testen sollten. Es zeigte sich bald, dass die Reinheit der Proben von untergeordneter Bedeutung für das Verschwinden des Widerstandes ist. Das genügend sorgfältig und kritisch durchgeführte Experiment hatte einen neuen Zustand der Materie aufgedeckt.

Wir wissen heute, dass die Supraleitung ein sehr verbreitetes Phänomen ist. So tritt Supraleitung bereits im Periodensystem der Elemente bei einer ganzen Reihe von Metallen auf, wobei – bei Umgebungsdruck – Niob das Element mit der höchsten Übergangstemperatur von ca. 9 Kelvin ist. Im Lauf der Zeit wurden tausende supraleitender Verbindungen gefunden, und die Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen.

Welches Gewicht die wissenschaftliche Welt der Entdeckung der Supraleitung zumaß, geht aus der Verleihung des Nobelpreises für Physik an Kamerlingh-Onnes im Jahr 1913 hervor. Damals konnte aber wohl niemand ahnen, welche Fülle grundsätzlicher Fragestellungen und interessanter Möglichkeiten sich aus dieser Beobachtung ergeben würde, und dass es erst etwa ein halbes Jahrhundert später gelingen sollte, die Supraleitung wenigstens im Prinzip zu verstehen2).

Der Durchbruch im theoretischen Verständnis der Supraleitung kam durch die Arbeiten von John Bardeen, Leon Neil Cooper und John Robert Schrieffer (»BCS-Theorie«), die hierfür 1972 den Nobelpreis erhielten [4]. Sie erkannten, dass beim Übergang in den supraleitenden Zustand die Elektronen paarweise in einen Zustand kondensieren, in dem sie nach den Gesetzen der Quantenmechanik eine kohärente Materiewelle mit wohldefinierter Phase bilden. Die Elektronen wechselwirken hierbei über die »Phononen«, die Schwingungen des Kristallgitters.

Das Ausbilden einer kohärenten Materiewelle, oft »makroskopische Wellenfunktion« genannt, ist die wesentliche Eigenschaft des supraleitenden Zustands. Ähnliche Erscheinungen kennen wir auch aus anderen Bereichen der Physik. So hat man beim Laser eine kohärente, aus Photonen gebildete Lichtwelle. Beim Phänomen der Superfluidität bilden Helium-Atome unterhalb des sogenannten Lambda-Punktes – er liegt bei dem Isotop 4 He bei 2,17 Kelvin, und bei 3He bei etwa 3 Milli-kelvin – eine kohärente Materiewelle [5, 6]. Diese Supraflüssigkeit kann unter geeigneten Bedingungen völlig reibungsfrei fließen. Schließlich kann man seit kurzem Gase aus Alkaliatomen wie etwa Rubidium oder Kalium in einen kohärenten Quantenzustand kondensieren. Diese »Bose-Einstein-Kondensation« wurde von Bose und Einstein 1925 vorhergesagt. Erst 1995 konnten solche Kondensate aus einigen tausend Atomen durch spezielle optische und magnetische Kühltechniken bei Temperaturen unterhalb von 1 Mikrokelvin realisiert werden [7]. Auch für die Entdeckung des Lasers, der Superfluidität und der Bose-Einstein-Kondensation wurden Nobelpreise vergeben4).

Über 75 Jahre war auch die Supraleitung ein ausgesprochenes Tieftemperaturphänomen. Dies änderte sich 1986, als J. G. Bednorz und K. A. Müller Supraleiter auf der Basis von Kupferoxid entdeckten. Die beiden Forscher erhielten hierfür bereits 1987 den Nobelpreis [8]. Im Septemberheft 1986 der Zeitschrift für Physik B publizierten Bednorz und Müller eine Arbeit mit dem vorsichtigen Titel »Possible High Tc Superconductivity in the Ba-La-Cu-O System«, in der berichtet wurde, dass dieses Material bei ca. 30 K seinen Widerstand verliert [9]. Die Arbeit fand überraschenderweise wenig Beachtung. Zweifel, ob es sich wirklich um Supraleitung handelte, wurden geäußert. Die Proben waren Mischungen aus mehreren Phasen, darunter auch isolierende Substanzen. Sie hatten deshalb extrem große spezifische Widerstände. Es war durchaus denkbar, dass irgendeine Phasenumwandlung im Gefüge den Widerstandsabfall verursachte5). So musste ein überzeugender Beweis für die Supraleitung dieser Proben noch erbracht werden.

Dies geschah durch Bednorz, Müller und Takashige über den Nachweis des Meißner-Ochsenfeld-Effektes [10]. Die Abb. 3 gibt die entscheidende Messung dieser Arbeit wieder. Die beiden Proben zeigten oberhalb von 40 K den für Metalle bekannten kleinen Paramagnetismus, der nahezu temperaturunabhängig ist. Um 30 K, also im gleichen Temperaturbereich, in dem der Widerstandsabfall auftritt, bildet sich beim Abkühlen im Magnetfeld ein wachsender Diamagnetismus – der Meißner-Ochsenfeld-Effekt – aus; die magnetische Suszeptibilität wird negativ.

Dieses Resultat war auch deshalb für die Fachleute so überraschend, weil Bernd Matthias und seine Mitarbeiter schon Mitte der 1960er Jahre eine systematische Untersuchung metallischer Oxide begonnen hatten (siehe [11]). Sie suchten bei den Substanzen auf der Basis von Oxiden der Übergangsmetalle wie W, Ti, Mo und Bi. Dabei fanden sie außerordentlich interessante Supraleiter, z. B. im Ba-Pb-Bi-O System, aber keine besonders hohen Übergangstemperaturen.

Der »Goldrausch« begann um die Jahreswende 1986/87, als bekannt wurde, dass die Ergebnisse von Bednorz und Müller in einer japanischen Gruppe um S. Tanaka voll reproduziert werden konnten. Nun begannen die Wissenschaftler in unzähligen Labors in aller Welt diese neuen Oxide zu studieren. Diese außerordentliche wissenschaftliche Anstrengung brachte bald Erfolge. Es konnte gezeigt werden, dass im System La-Sr-Cu-O Supraleiter mit Übergangstemperaturen über 40 K hergestellt werden können [12]. Schon einige Wochen später wurden

Heute kennen wir eine ganze Reihe von »Hochtemperatursupraleitern« auf Kupferoxidbasis. Die meistuntersuchten Verbindungen sind dabei YBa2Cu3O7 (auch »YBCO« oder »Y123«) und Bi2Sr2CaCu2O8 (auch »BSCCO« oder »Bi2212«), die maximale Sprungtemperaturen um 90 K besitzen. Viele Verbindungen haben Sprungtemperaturen über 100 K. Den Rekord hält HgBa2Ca2Cu3O8, das bei Raumdruck ein Tc von 135 K hat und unter einem Druck von 30 GPa bereits bei 164 K supraleitend wird. Abb. 4 zeigt die Entwicklung der Sprungtemperaturen seit ihrer Entdeckung durch Kamerlingh-Onnes. Besonders auffällig ist die sprunghafte Erhöhung durch die Entdeckung der Kupferoxide.

Abb. 3 Magnetische Suszeptibilität von zwei Proben des La-Ba-Cu-O-Systems als Funktion der Temperatur (nach [10]).

Wir haben in das Diagramm auch die metallische Verbindung MgB2, sowie die Materialgruppe der Eisenpniktide aufgenommen. Für MgB2 wurde erstaunlicherweise erst Anfang 2000 Supraleitung mit einer Sprungtemperatur von 39 K nachgewiesen, obwohl das Material seit langem kommerziell erhältlich war [16]. Auch diese Entdeckung hat in der Physik ein sehr großes Aufsehen verursacht, und bereits in den beiden folgenden Jahren wurden wesentliche Eigenschaften des Materials geklärt. MgB2 verhält sich demnach ähnlich wie die »klassischen« metallischen Supraleiter. Ebenso groß war das Aufsehen bei der Entdeckung der Eisenpniktide 2008 [17], das sind Verbindungen der Form LaFeAsO0.89F0.11 oder Ba0.6KFe2As2, die derzeit Übergangstemperaturen bis 55 K aufweisen. Bei diesen Materialien bilden Schichten aus Eisen-Arsen den zentralen Baustein, ganz analog zu den Kupferoxidebenen bei den Kupraten.

Abb. 4 Entwicklung der supraleitenden Übergangstemperatur seit Entdeckung der Supraleitung (nach [15]).

Viele Eigenschaften der Kuprate – aber auch anderer supraleitender Verbindungen – sind sehr ungewöhnlich, wie wir im Verlauf des Buchs vielfach sehen werden. Ebenso ist über 25 Jahre nach deren Entdeckung immer noch unklar, wie die Cooper-Paarung in diesen Materialien zustande kommt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit spielen dabei aber magnetische Wechselwirkungen eine große Rolle. Vielleicht lernt man Genaueres durch den Vergleich mit den Eisenpniktiden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft den maximalen Strom, den ein Supraleiter widerstandsfrei tragen kann – der so genannte kritische Strom. Wir werden sehen, dass die Eigenschaft »Widerstand Null« keineswegs immer gilt. Unter Wechselstrombedingungen wird der Widerstand endlich und wächst mit steigender Frequenz des Wechselstroms an. Aber auch unter Gleichstrombedingungen ist der kritische Strom begrenzt. Er hängt von der Temperatur und vom Magnetfeld, aber auch von der Art und Geometrie des Leiters ab. Auch heute noch ist es eine große Kunst, Leiter so auszulegen, dass hunderte von Ampere widerstandsfrei fließen können.

Mit der Entdeckung der Hochtemperatursupraleiter ist das Phänomen Supraleitung nicht mehr allzuweit von dem uns gewohnten Temperaturbereich organischen Lebens entfernt, und man hofft, eines Tages Materialien zu finden, die dieses Phänomen auch bei Zimmertemperatur und darüber zeigen.

Aber auch tiefe Temperaturen werden für die tägliche Nutzung immer zugänglicher. So sind Kühlschränke und Gefriertruhen selbstverständliche Gebrauchsgegenstände. Gerade in jüngster Zeit hat man sehr große Fortschritte in der Kühltechnik erzielt, und moderne, einfach gebaute Kryokühler erreichen heutzutage leicht Temperaturen von 30 K, z.T. sogar 4,2 K und weniger [18]6). Auch Kühlung mit flüssigem Stickstoff ist in vielen Bereichen der Industrie ein Standardverfahren. Die Supraleitung wird damit in wachsendem Maß in unser Alltagsleben Eingang finden, etwa im Bereich der Energietechnik oder der Mikroelektronik.

Bereits seit geraumer Zeit verwendet man – unter Einsatz flüssigen Heliums als Kühlmittel – die metallischen Supraleiter in der Medizin, etwa zur Erzeugung hoher Magnetfelder in Kernspintomographen, oder in der Magnetfeldsensorik. Spannungsstandards basieren auf supraleitenden Bauelementen. Bei diesen Anwendungen sind die Verbindungen NbTi, Nb3Sn, sowie der Elementsupraleiter Nb besonders wichtig. Auch die Hochtemperatursupraleiter werden immer mehr eingesetzt. Im Bereich der Energietechnik sind erste supraleitende Kabel im Einsatz und man stellt supraleitende Motoren etwa für den Antrieb von Schiffen her. Supraleitende Filter aus YBa2Cu3O7 finden in der Kommunikationstechnik Verwendung. Magnetfeldsensoren aus diesem Material werden auf »freiem Feld« zur Detektion von Mineralien oder auch zur zerstörungsfreien Prüfung von Werkstoffen eingesetzt. Hochtemperatursupraleiter können auf Magneten schweben und sogar unter den Magneten hängen. Damit hat man die Möglichkeit einer berührungs- und nahezu reibungsfreien Lagerung und Bewegung, was sehr reizvoll für viele Bereiche der Technik ist.

Dieses Buch soll einen ersten Eindruck vom Phänomen der Supraleitung geben. Es konnten nur ausgewählte Aspekte berücksichtigt werden. Auch mussten speziellere Themen sehr kurz dargestellt werden, um den Umfang des Buchs in einem vernünftigen Rahmen zu halten. Dennoch mag das Buch einiges von der Faszination vermitteln, die die Supraleitung seit nun einem Jahrhundert den Physikern bietet.

Literatur

1 H. Kamerlingh-Onnes: Proc. Roy. Acad. Amsterdam 11, 168 (1908).

2 H. Kamerlingh-Onnes: Comm. Leiden, Suppl. Nr. 34 (1913).

3 H. Kamerlingh-Onnes: Comm. Leiden 120b (1911).

4 J. Bardeen, L. N. Cooperu. J. R. Schrieffer: Phys. Rev. 108, 1175 (1957).

5 D. R. Tilley u. J. Tilley, »Superfluidity and Superconductivity«, Van Nostrand Reinhold Company, New York (1974).

6 D. M. Lee: Rev. Mod. Phys. 69, 645 (1997); D. D. Osheroff: Rev. Mod.Phys. 69, 667 (1997); R. C. Richardson: Rev. Mod. Phys. 69, 683 (1997).

7 E. A. Cornell u. C. E. Wieman: Rev. Mod. Phys. 74, 875 (2002); W. Ketterle: Rev. Mod. Phys. 74, 1131 (2002).

8 J. Bednorz u. K. A. Müller: Rev. Mod. Phys. 60, 585 (1988).

9 J. G. Bednorz u. K. A. Müller: Z. Physik B 64 189 (1986).

10 J. G. Bednorz, M. Takashige u. K. A. Müller: Europhys. Lett. 3, 379 (1987).

11 Ch. J. Raub: J. Less-Common Met. 137, 287 (1988).

12 R. J. Cava, R. B. van Dover, B. Batlogg u. E. A. Rietmann: Phys. Rev. Lett. 58 408 (1987). C. W Chu, P. H. Hor, R. L. Meng, L. Gao, Z. J. Huang u. Y. Q. Wang: Phys. Rev. Lett. 58, 405 (1987).

13 M. K. Wu, J. R. Ashburn, C. J. Torng, P H. Hor, R. L. Meng, L. Gao, Z. J. Huang, Y. O. Wang u. C. W Chu: Phys. Rev. Lett. 58, 908 (1987).

14 Z. X. Zhao: Int. J. Mod. Phys. B 1, 179 (1987).

15 J. R. Kirtley u. C. C. Tsuei: Spektrum der Wissenschaften, Oktober 1996, S. 58.

16 J. Nagamatsu, N. Nakagawa, T. Muranaka, Y. Zenitani, u. J. Akimitsu: Nature 410, 63 (2001).

17 H. Takahashi, K. Igawa, K. Am, Y. Kamihara, M. Hirano u. H. Hosono: Nature 453, 376 (2008).

18 C. Heiden, in [M26], S. 289; C. Lienert, G. Thummes u. C. Heiden: IEEE Trans. Appl. Supercond. 11, 832 (2002).

1 Eine Biographie findet sich z. B. in Spektrum der Wissenschaft, Mai 1997, S. 84–89.

2 Für eine Darstellung der Geschichte der Supraleitung sei auf die Monographie [M1] verwiesen.

4 1962 an Landau (4He), 1964 an Townes, Basov und Prokhorov (Laser), 1996 an Lee, Osheroff und Richardson (3He), 2001 an Cornell, Wieman und Ketterle (Bose-Einstein-Kondensation).

5 In metallischen Natrium-Ammoniak-Lösungen wurden Mitte der 1940er Jahre beim Abkühlen unter etwa 70 K scharfe Widerstandsabfälle beobachtet, die zunächst als Supraleitung gedeutet wurden. Tatsächlich handelte es sich aber um die Ausscheidung von Natriumfäden aus der Lösung [R. A. Ogg Jr.: Phys. Rev. 69, 243 u. 668 (1946); 70, 93 (1946)].

6 Im Laborbetrieb lassen sich durch verschiedene Kühlverfahren Temperaturen bis herab zu einigen Millikelvin kontinuierlich aufrecht erhalten. Mit Hilfe der Kernspinentmagnetisierung sind Endtemperaturen im Mikrokelvin-Bereich und darunter möglich. Für einen Überblick siehe z. B. die Monographien [M32, M33].

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Grundlegende Eigenschaften von Supraleitern

Das Verschwinden des elektrischen Widerstands, die Beobachtung des ideal diamagnetischen Verhaltens oder das Auftreten quantisierter magnetischer Flussschläuche sind sehr charakteristische Eigenschaften von Supraleitern, die wir in diesem ersten Kapitel detailliert betrachten werden. Wir werden sehen, dass all diese Eigenschaften verständlich werden, wenn wir den supraleitenden Zustand als eine kohärente Materiewelle erkennen. Wir werden in diesem ersten Kapitel auch Experimente kennenlernen, die diese Welleneigenschaft eindrucksvoll demonstrieren.

Wenden wir uns aber zunächst der namensgebenden Eigenschaft der Supraleitung zu.

1.1 Das Verschwinden des elektrischen Widerstandes

Schon aus den ersten Beobachtungen der Supraleitung an Quecksilber ergab sich die grundlegende Frage, wie groß die Widerstandsabnahme bei Eintritt der Supraleitung ist. Oder anders ausgedrückt: Wie gerechtfertigt ist es, von einem Verschwinden des elektrischen Widerstandes zu sprechen?

Bei den ersten Untersuchungen zur Supraleitung wurde eine konventionelle Methode der Widerstandsmessung verwendet. Es wurde die elektrische Spannung an der von einem Strom durchflossenen Probe gemessen. Dabei konnte nur festgestellt werden, dass der Widerstand bei Eintritt der Supraleitung auf weniger als ein Tausendstel abnimmt. Von einem Verschwinden des Widerstandes zu sprechen, war also nur insoweit gerechtfertigt, als der Widerstand unter die Empfindlichkeitsgrenze der Messanordnung absank und damit nicht mehr nachgewiesen werden konnte.

Man muss sich darüber klar werden, dass es grundsätzlich unmöglich ist, mit einem Experiment die Aussage, der Widerstand sei exakt Null, zu beweisen. Ein Experiment kann immer nur eine obere Grenze für den Widerstand eines Supraleiters liefern.

Es ist natürlich für das Verständnis einer solch neuen Erscheinung sehr wichtig, mit möglichst empfindlichen Methoden zu testen, ob auch im supraleitenden Zustand noch ein Restwiderstand gefunden werden kann. Es geht also darum, extrem kleine Widerstände zu messen. Dafür wurde schon 1914 von Kamerlingh-Onnes die schlechthin beste Methode verwendet. Kamerlingh-Onnes beobachtete nämlich das Abklingen eines Stromes in einem geschlossenen supraleitenden Kreis. Die in einem solchen Strom gespeicherte Energie wird, falls ein Widerstand vorhanden ist, allmählich in Joulesche Wärme verwandelt. Man braucht also nur einen solchen Strom zu verfolgen. Klingt er im Laufe der Zeit ab, so ist mit Sicherheit noch ein Widerstand vorhanden. Kann man kein solches Abklingen feststellen, so lässt sich aus der Beobachtungszeit und der Geometrie des supraleitenden Stromkreises eine obere Grenze für den Widerstand angeben.

Abb. 1.1 Zur Erzeugung eines Dauerstromes in einem supraleitenden Ring.

Diese Methode kann um viele Zehnerpotenzen empfindlicher gemacht werden als die übliche Strom-Spannungs-Messung. In Abb. 1.1 ist sie im Prinzip veranschaulicht. Wir haben einen Ring aus supraleitendem Material, z. B. Blei, oberhalb der Übergangstemperatur Tc, also im normalleitenden Zustand. Ein Magnetstab sorgt dafür, dass die Ringöffnung von einem Magnetfeld durchsetzt wird. Nun kühlen wir den Ring auf eine Temperatur ab, bei der er supraleitend ist (T < Tc). An dem Magnetfeld1) durch die Öffnung ändert sich dabei praktisch nichts. Dann nehmen wir den Magneten weg. Dabei wird in dem supraleitenden Ring ein Strom angeworfen, weil jede Änderung des magnetischen Flusses Φ durch den Ring eine elektrische Spannung längs des Ringes erzeugt. Diese Induktionsspannung wirft den Strom an.

Wäre der Widerstand exakt Null, so sollte dieser Strom als sogenannter »Dauerstrom« ungeändert fließen, solange der Bleiring supraleitend bleibt. Ist irgendein Widerstand vorhanden, so nimmt der Strom nach einem Exponentialgesetz ab.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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