Synapsen auf Abwegen - Holger Prade - E-Book

Synapsen auf Abwegen E-Book

Holger Prade

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Beschreibung

Der Alltag bietet urkomische Situationen. Ich lehne mich zurück, beobachte und kommentiere nur. Man darf also sicher sein, dass in jeder Geschichte etwas Wahrheit steckt.

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Seitenzahl: 183

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Was gesagt werden musste:

Danke Mutti, dass du quergelesen und korrigiert hast.

Ein Dankeschön an alle, die sich meine Geschichten in ihrer Entstehung haben anhören müssen und mich motivierten, jede Woche ein oder zwei neue Geschichten zu schreiben.

Und ein besonders dickes Danke an Selina Weigel, die mir das Cover wieder ideenreich und wunderschön anfertigte.

Wenn ich eines nicht kann, dann ist das zeichnen. Okay und singen und schnitzen kann ich auch nicht so richtig gut und...

Aber hey, das geht euch doch gar nichts an. Warum wollt ihr das überhaupt wissen?

Kümmert euch lieber um meine Bücherhinweise auf der letzten Seite und bestellt was.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Einleitung - Worin der Leser erfährt, was den Autor bewegt

Kapitel 2

Märchen und Phantasie für (bedauernswerte) Kinder

Kapitel 3

Eine ganz normale Familienradtour

Kapitel 4

Oh du fröhliche – Narrenzeit

Kapitel 5

Sommer, Sonne und Urlaub

Kapitel 6

Hurra, wir haben ein Haustier

Kapitel 7

Ich (also meine Frau) wollte doch nur ein Sofa

Kapitel 8

Karl-Heinz das kritische Baustellenmaskottchen

Kapitel 9

Selbständigkeit – ein Motivationsschub

Kapitel 10

Das doppelte Ich

Kapitel 11

ICD-10 F 40.1

Kapitel 12

Dem Volksmund daneben geschaut

Kapitel 13

Die Bildungsbunkerbibliothek

Kapitel 14

Wehwehchen und Jammertal

Kapitel 15

Überraschungen und Wunder

Kapitel 16

Erst kommt das Fressen, dann die Moral

Kapitel 17

Mitarbeiter sind immer wertvoll

Kapitel 18

das neue babylonische Sprachgebrabbel

Kapitel 19

Zuviel Zeit?

Kapitel 20

Bärte und ihre Männer

Kapitel 21

Heilig Abend, das Fest der Erziehung

Kapitel 22

Hart aber unfair Mein Weg zum Nichtraucher

Kapitel 23

Am Anfang stand das A

Kapitel 24

Gewinner im Morgenstress

Kapitel 25

Weinverkostung

Kapitel 26

Alt werden will jeder Alt sein aber niemand

Kapitel 27

Was es über Handtücher zu wissen gibt

Kapitel 28

Bau am Matterhorn kein Zelt ganz vorn

Kapitel 29

Die Kaffeefahrt – Manche (r) kauft alles

Kapitel 30

Tariftohuwabohu, bis der Arzt kommt

Kapitel 31

Die Geburtstagsfeier

Weiterführende Literatur

Vorwort

Ein Alltag, der nur Sorgen und Probleme kennt, macht unglücklich. Die Synapsen im Gehirn richten sich am Unglücklichsein aus, Die Unglücksspirale füttert sich selbst und fälscht die Wahrnehmung. Doch selbst im größten Unglück gibt es schöne Momente. Diese bewusst wahr zu nehmen und in Erinnerung zu behalten, ist daher existentiell. Dann begeben sich die Synapsen auch nicht auf Abwegen. Am Ende jeden Tages sollte man sich mindestens fünf schöne Momente in Erinnerung rufen. Humorvolle Geschichten gehören dazu. Wer jeden Tag vier meiner Geschichten liest, braucht nur noch eine fünfte hinzufügen. Dadurch macht auch eine Weiterempfehlung Sinn. Meine Bücher verdoppeln durch eine schöne Verpackung ihren Wert.

Aber nehmen Sie mich nicht allzu ernst.

Wenn im Alltag Dinge passieren, dann ist oft der Blick von außen der bessere und nicht der des Beteiligten. Man bemerkt meist erst danach, dass gerade die miesesten Erlebnisse die komischsten Komponenten besitzen. Ich versuche sie einzufangen, lehne mich mit einer Tüte Chips, Zettel und Stift gemütlich zurück, beobachte und kommentiere. Man darf also sicher sein, dass in jeder Geschichte etwas Wahrheit steckt und es bereitet mir viel Freude, Sie dazu einzuladen.

Viele liebe Grüße

Euer Holger

Kapitel 1

Worin der Leser erfährt, was den Autor bewegt

Ein Blick, eine Geste, ein Sonnenuntergang, eine Biene bei der Arbeit, eine zärtliche Geste, eine Baumrinde anfassen, das Wunder einer Blüte, mit den Händen im Boden wühlen, Mitgefühl, Hilflosigkeit und selbstloses Helfen.

Ach ja und dann sind noch männerspezifische Dinge bewegend, wie Hunger, Durst, Schmerz, eine kalte Bratwurst oder ein viel zu warmes Bier.

Kapitel 2

Märchen und Phantasie für (bedauernswerte) Kinder

Selbstverständlich lese ich abends vor. Gar keine Frage und meine Kinder lieben es.

Wir sind eine gewaltfreie Familie und irgendwie muss sich die uns innewohnende Aggressivität ja Bahn brechen, auch bei den Kindern. Da sind Märchen genau richtig. Ob von den Gebrüdern Grimm oder ihrer morbideren Steigerungsform Martin Andersen Nexö, ob Alexander Puschkin, Clemens Bretano, Charles Perrault oder Alexander Afanasjew, Ludwig Pechstein, ob Blechschmidts Bergmanssagen oder die Schatzsagen aus dem Erzgebirge, sie alle sind geeignet, Kinder zu brutalen Monstern werden zu lassen. Dabei unterscheiden sich die Nationen gewaltig. Haben Sie schon mal litauische Märchen gelesen? Da sind am Ende immer alle tot. Blutrünstiger geht es gar nicht mehr.

Nicht ganz so geeignet sind märchenhafte Geschichten neueren Datums. Da wären zum Beispiel Astrid Lindgreen, die ihrer rot bezopften Bibi Langstrumpf ein Pferd ins Wohnzimmer stellte. Kann man Pferde eigentlich stubenrein werden lassen? Die können nämlich bis zu 10 Liter pieseln. Wegen der Menge nennt man das strahlen.

Ein Alexander Wolkow machte seine kleine süße Elli zur Heldin, indem er sie von den Eltern wegreißt und in einem fliegenden Haus bis ins ferne Wunderland entführt. Dort lässt er sie dann mitsamt dem Haus in einer halsbrecherischen Bruchlandung niedergehen und dabei eine alte arme ahnungslose Frau erschlagen. Das geht ja noch. Auch die russischen Märchen mit der Baba Jaga und Väterchen Frost sind nicht ganz so blutrünstig. Da erfriert man höchstens, oder wird in Eis, eine Pflanze oder ein Tier verwandelt.

Schauen wir uns aber zunächst die Mythen an, bevor wir uns den Märchen widmen. Sie sind alltagstauglich und geben ihre hässliche Poesie erst auf den zweiten Blick preis.

Das Kinderkriegen: Wie muss ein Eheleben im Bett aussehen, wenn der Sex ein Niveau hat, bei dem sich die Ehegesponse am Ende ein Baby von einem Storch bringen lassen müssen? Wer will in so einem Haushalt seine Kindheit verbringen? Sexuell unfähige oder frustrierte Eltern, Babydirektversand und als Bote ein Storch. Da nützt es auch nichts, wenn die Lieferung frei Haus ist. Besonders übel empfinde ich es, dass der Storch das Baby meist heimlich vor der Tür ablegt und abhaut. Und was ist in der Urlaubszeit? Spätestens zu Jahresende werden dann bereits Drohungen ausgestoßen: ‚Morgen Kinder wirds was geben.‘ Da kann das Kind noch nicht mal laufen.

Schauen wir uns die nicht kinderfreie, polizeilich auffällige Zahnfee näher an. Man stelle sich vor, da bricht eine wildfremde Frau mitten in der Nacht in das Zimmer eines unschuldigen Kindes ein und stiehlt ihm ein abgefallenes Körperteil. Ob eine kleine Münze unter dem Kopfkissen den Einbruchsdiebstahl, den erlittenen Schock und den schmerzlichen Verlust wieder gut machen kann, darf bezweifelt werden.

Dann gibt es Monster unter dem Bett oder im Schrank. Und als ob das nicht genug ist, schleicht noch der Schwarze Mann vor dem Haus herum und droht hereinzukommen.

Wobei man gar nicht übertreiben muss, um bei den Kleinen bleibenden Eindruck zu schinden. Vater und Mutter können die eigene Autorität erhöhen, indem sie zuerst als mutige Helden ins Kinderzimmer kommen und die bösen Typen vertreiben. Doch muss dann unbedingt noch die Würze der Einschüchterung und der Boshaftigkeit in die langweilige Suppe der Kindheit eingestreut werden. Dabei sollten Eltern nie klarstellen, dass es überhaupt keine Monster gibt. Unter das Bett schauen und verkünden: „Da ist nichts.“, reicht völlig aus. Die unterschwellige Botschaft lautet dann: "Kein Monster unter dem Bett. Also jetzt gerade mal nicht, sonst schon." Wenn man die abendliche Bett-Monsterkontrolle von den Kindern mit einem feuchten Lappen durchführen lässt, wird es perfekt. Die kleinen Heulsusen erfahren noch früh genug, dass das alles Quatsch ist und revoltieren. Man nennt das Pubertät und die Eltern können somit schon Jahre vorher vorab zurückschlagen.

Meine Kinder konnten mal eine halbe Nacht nicht einschlafen, weil ich sie auf die Gardinen-Eumel aufmerksam gemacht hatte. Angeblich leben die in Gardinen und turnen nachts daran rauf und runter. Gardinen bewegen sich im Wind immer. Jetzt sahen sie ständig hin, wenn sie wackelten. Manchmal bildeten sie sich auch ein, Gardineneumel gesehen zu haben. Da man nicht alles erklären muss, hatte ich offengelassen, ob Eumel gefährlich sind oder nicht. Das können sie sie ja selbst fragen, wenn sie eins erwischen.

Doch zurück zu den deutschen Märchen. Dort erleiden die Helden fast immer ein Trauma, bevor sie sich überglücklich mit Prinz oder Prinzessin vereinigen. Nach dem vermeintlich guten Ausgang schlagen sich Prinz oder Prinzessin vermutlich ihr ganzes Leben mit dem psychisch gestörten Partner herum und zwar ohne Psychotherapie. Da hilft dann auch ein schöner Jüngling von adligem Geblüt nichts, wie beim Froschkönig. Ich glaube nämlich nicht, dass der Aufenthalt in einem Teich als Frosch und der harte Aufprall an der Wand eine gesunde Psyche hinterlassen haben. Kaum zu glauben, dass er das Weib, welches deutlich was gegen Amphibien hat, später noch heiratet. Außerdem gab es deswegen beim Abendmahl mehrfach Zoff wegen ihrer Amphibienphobie mit ihr. Oder nehmen wir Rotkäppchen her. Die Handlung ist voll von Täuschung, Mord und Gewalt. Ein auffällig gekleidetes minderjähriges Mädchen wird von ihrer Mutter allein in den Wald geschickt und muss feststellen, dass ein Wolf ihre Oma erst zwangsentkleidet und dann auch noch gefressen hat. Weil der männliche Wolf sich als transsexuell betrachtet, zieht er die Kleidung der alten Dame an und mimt sie in deren Bett nach. Ich weiß, dieses Bild hatten Sie jetzt gerade nicht im Kopf, ist aber zu spät. Nachdem das Mädchen irritiert und misstrauisch mit dem tierischen Waldtransenmörder ein sinnfreies Frage/Antwortspiel über Augen, Mund und Hände überstanden hat, wird gefressen. Die frohe "Rettung" naht nun in Form eines morbiden, der die Wolfstranse aufschlitzt. Am Ende zieht die Rotkäppchen (jetzt als Zombie, wie sonst?) die ekelhaften Bekleidungssteile wieder an und die Zombieoma lädt zu Kaffee und Kuchen ein.

Das hat mit Sicherheit die gesamte Familie dauerhaft verändert. Irgendwie überlebt der Wolf. Allerdings hat er nach der dicken Oma einen ausgeweiteten Magen, was ihm ermöglicht, sich an sieben jungen Geißlein gleichzeitig zu vergreifen. Und wieder ahmt er eine Frauenstimme nach. Die Tatsache, dass er Geißlein im Ganzen verschluckt, lässt schlussfolgern, dass er keine Zähne hatte und zu den genüsslich beschriebenen hinterhältigen Methoden greifen musste, um zu überleben. Irgendwie hatte er auch bei den süßen Schäfchen richtig Pech und geriet erneut an Psychos. Er wurde wieder aufgeschlitzt (vermutlich an der noch nicht ausgeheilten Schlitzwunde), lebend mit Steinen abfüllt und abschließend ertränkt. Die Lehre für Kinder - aus diesen beiden Versuchen Nahrung aufzunehmen - lautet also: "Kau ordentlich durch, bevor du schluckst. Und wenn du das nicht kannst, zerteile vorher deine Opfer in zarte Stückchen. Nutze Kreissäge, Beil, Tigersäge, Kettensäge, Schlachtermesser... Was du eben im Kinderzimmer so zur Verfügung hast."

Doch zurück zur ersten Geschichte. Erst Jahre später hörte man wieder vom vermutlich schwer gestörten Rotkäppchen und ihrer Schwester. Ja, sie hatte eine. Hatten Sie das nicht gewusst?

Sie nennen sich jetzt Schneeweißchen und Rosenrot. Die jungen weiblichen Tunichtgute bedrohen wenig später einen netten kleinwüchsigen hilfsbedürftigen Herrn mit einer Schere, welcher haarige Zauberkräfte am Kinn trägt. Dann berauben sie ihn gegen seinen Willen seines zauberhaften Zauberbartes. Das Ganze nimmt kein gutes Ende für den Herrn, der vor den Mädchen flüchten muss. Kein Wunder, dass er sich verkrümelt. Er taucht erst als Rumpelstilzchen wieder auf, nachdem sein Bart nachgewachsen war. Der altruistische hilfsbereite rüstige Rentner rettet einem Müllermädchen dreimal das Leben, indem er für sie Stroh zu Gold spinnt. Doch dann wird er von ihr um seinen Lohn betrogen und zieht sich endgültig enttäuscht zurück. Am Ende zerreißt er sich vor lauter Verzweiflung in zwei Teile.

Wilhelm Grimm war dieser Selbstmord etwas zu unwahrscheinlich und daher ließ er ihn mit dem Fuß aufstampfen und im Boden verschwinden. Jetzt kann man geteilter Meinung sein, ob sich selbst lebendig begraben besser ist, als eine geteilte Persönlichkeit.

Das ist aber im Gegensatz zu Hänsel und Gretel noch harmlos. Diese werden von ihren Eltern (der Vater wird von der Mutter vorgeschickt) im Wald ausgesetzt, da sie ihr Brot lieber selbst essen, als es mit ihren Kindern zu teilen. In Folge geraten die beiden in die Hütte einer Massenmörderin und Kannibalin, welche Kinder als Leibspeise hat. Sie kommen nur davon, indem sie selbst töten. Dass die Hexe keinen Freitod gewählt haben dürfte, ist klar oder? Hexenhammer und Hexenverbrennung standen da Pate. Dann packen die Killer sich die Taschen mit dem Eigentum ihres Opfers voll. Als frisch gebackene Raubmörder werden sie dann von ihren Eltern mit offenen Armen aufgenommen, natürlich nur, weil sie Schätze dabeihaben.

Na, liebe Kinder! Waldspaziergang gefällig? Bei uns steht eine Stromerhöhung an, da reicht es nur noch für den Fernseher, aber nicht mehr für euch.

Gut, das könnte jetzt zugegebenermaßen für den einen oder anderen etwas schräg gewesen sein, war aber so. Fahren wir eine Stufe runter, oder versuchen wir es zumindest.

Aschenputtel. Das Märchen geht zum Teil auf Charles Perraults Cendrillon ou la Petite Pantoufle de verre (Aschenputtel oder der kleine Glasschuh) von 1697 zurück. Ludwig Bechstein übernahm es 1845 in sein Deutsches Märchenbuch als Aschenbrödel und stellte damit die Vorlage für Cinderella. Damit hätten wir wenigstens zwei der weniger populären Märchenerzähler erwähnt. Die Brüder Grimm nahmen es dann als 21. Geschichte auf. Hier die Geschichte: Ein minderjähriges Mädchen verliert erst die Mutter und dann den Vater. Es bleiben nur ein an das christl. Weihnachtsfast erinnerndes Pferd namens Nikolaus, ein ebenfalls Kosten verursachender Hund namens Kasperle und eine Schmuckschatulle, auf der ständig eine Eule hockt und vermutlich auch kackt. Und dann wächst da noch ein Nussbaum aus den Überresten ihrer Mutter heraus und wird für sie zu einem Altar. Die Stiefmutter mit ihren zwei Töchtern weiß nichts mit der Jugendlichen anzufangen. Sie macht aus ihr eine heruntergekommene unbezahlte Arbeitskraft, die und sperrt sie vom Familienleben aus. Obwohl die dauerverschmutzte „Putze“ am Ende einen Prinzen bekommt, ist der elterliche Hof dennoch futsch. Alle Beteiligten haben ganz offensichtlich einen an der Klatsche.

Da wäre noch eine weitere Hauptfigur, ein verantwortungsloser Prinz, der sich den Regierungspflichten entzieht und statt im Palast zu regieren, lieber auf Jagd geht und Tiere abschießt. Das wäre auf die heutige Zeit übertragen so, als würde die Regierung ein wichtiges Gesetz verabschieden und niemand säße im Parlament. Stattdessen hätten sich die Abgeordneten per Hammelsprung in den Tiergarten versetzt und schlachteten sich Macheten schwingend blutig durch die Gehege. Wie sich später zeigt, hegt er auch keine Achtung vor dem Haus seiner Eltern. Immerhin schüttet er Pech auf die große teure Eingangstreppe des Schlosses, um eine vor ihm flüchtende Frau zu fangen. So etwas machen wir Männer ja ständig.

Mit Lösungsmittel bekommt man die Treppe jedoch nicht sauber und ob es so etwas damals schon gab?. Man möchte sich da baulich gar nicht hineindenken. Was der Vater von dem Hallodriprinzen hält, wird im Märchen nicht thematisiert, ich kann es mir aber gut vorstellen.

Dass der Tunichtgut der "femme fatal" vom Gutshof auf den Leim geht und ihr verfällt, ist schon irgendwie zu erwarten. Mit der Methode "anlocken und immer wieder verschwinden", macht sie ihn so spitz, dass der Fußfetischist seine Macht missbraucht und alle Frauen des Landes zwingt, einen alten Latsch anzuprobieren, während er sie gleichzeitig keines einzigen Blickes würdigt. Das junge Mädel muss aber auch einen abartig geformten Fuß gehabt haben. Jedenfalls passt der Schuh keiner einzigen Frau im ganzen Königreich. In der Hoffnung seinen Irrsinn ausnutzen zu können, lässt die ihre Kinder liebende Schwiegermutter eine ihrer Töchter sich sogar eine Ferse abschneiden, um in den Schuh zu kommen.

Mütter tun eben alles für ihre Kinder!

Der Schuh ist dann voller Blut und den zieht das Aschenbrödel, wie der Schmutzfink-Fatale genannt wird, mit Begeisterung auch noch an.

Halten wir fest:

Am Ende heiratet der arbeitsscheue Sohn in Regierungsverantwortung ein gerissenes Weib ohne Familie, Einfluss und Eigentum. Sein Vater macht gute Miene zum bösen Spiel. Zurück bleiben drei frustrierte Frauen auf einem Gutshof. Von denen ist jetzt verstümmelt ist und humpelt. Es fehlt außerdem eine Magd. Sie haben eben alle einen an der Klatsche und welche Rolle spielten die drei Nüsse? Die sind entweder Schleichwerbung eines großen Modehauses, die Kleider aus Nüssen schlüpfen lassen oder eben nur phantasievoller Blödsinn.

Spätestens seit 1973, als die Tschechen darüber einen Film in Moritzburg drehten, wissen wir, dass die ganze „Gang“ sächselte. "Herzlich willkommen gnädige Dame" hörte sich also in der Realität vermutlich so an "Gries düsch, meine Gutschte."

Da am Schluss das ganze irre Zeug auch noch gut ausgeht, ist dieses Märchen so gar nicht für Kinder geeignet. Es sollte eine Lehre für alle Väter sein, die nicht hart genug bei ihren Söhnen durchgreifen. Bezüglich Aschenbrödels frage ich mich auch, was das heutige Jugendamt dazu sagen würde.

Ich denke mir jedenfalls lieber selbst Märchen und Geschichten aus. Das ist dann nicht ganz so blutrünstig und irre. Die Kleinen lernen wenigstens was und die Moralkeule kann ich selbst dosieren. Das macht Spaß.

Wobei.... Der Wolf ist in unseren Wäldern ja wieder zurück und ein rotes Cape kriegen wir auch noch irgendwo her.

Nachruf: Einen Tag nach der Fertigstellung dieses Kapitels starb die Darstellerin von Aschenbrödel Libuse Safrankova am 09.06.2021 im Alter von 68 Jahren. Ich habe sie als Kind sehr gern gesehen.

Wissenswertes:

Die Femme fatale ist ein besonders attraktiver und verführerischer Frauentypus, der – mit magisch-dämonischen Zügen ausgestattet – Männer erotisch an sich bindet, sie aber auch manipuliert, ihre Moral untergräbt und sie meist auch auf „fatale“ Weise ins Unglück stürzt.

Kapitel 3

Eine ganz normale Familienradtour

Ich muss es einfach zugeben. Ich beneide Familien, die am Elbradweg in Dresden mit ihren Kindern fröhlich und in perfekter Eintracht an mir vorbeiradeln. Alle sind vorschriftsmäßig mit Helm und Schutzhandschuhen ausgerüstet, tragen festes Schuhwerk und der überalterte Papa hat eine knallenge bunte Clownshose an. Sie trägt emanzipierte Kurzhaarfrisur, hat eine sportlich/vegetarische Figur mit wenig Brust und ist eigentlich nur am lila Helm als Frau erkennbar. Habe mal nachgelesen. Diese hautengen Strampelanzüge trägt man, damit der Körper dem Wind keinen Widerstand bietet. Welchem Wind bitteschön?! Durch die Kinder sind die so langsam, dass auch der wildeste Fahrtwind zum Stehen kommt. Eigentlich sehen beide wie Flitzer auf dem Fußballfeld aus.

Dabei haben sie vermutlich schon seit Jahren knochenknackenden Arthrosesex. Hoffentlich entwickelt keiner dieser Bioheinis Anzüge aus Naturdarm. Die würden sowas wegen der Nachhaltigkeit massenhaft anziehen. Und wenn doch, dann hoffentlich erst dann, wenn ich im Himmel mit Spartacus indianische Friedenspfeife rauche. Jedenfalls umgeben sich die Arthrose-Eltern mit dem Nimbus der intellektuellen Unantastbarkeit und haben die Welt bereits begriffen. Die Kinder radeln dennoch mühsam hinter ihnen her. Beim heiteren Berufe raten würde ich sie in der Kategorie unproduktiv aber gut bezahlt, mit intellektuell verseuchtem, aber langweiligem Berufsleben einordnen.

Wir hatten als „Normalos“ jedenfalls unsere üblichen Probleme, bevor wir zu fünft zu unserer Radtour von Radeberg nach Dresden aufbrachen.

8,00 Uhr:

Ich habe das Frühstück fertig, aber niemand ist da.

9,00 Uhr:

Endlich Frühstück, habe aus Langeweile bereits 4 Pötte Kaffee getrunken und muss jetzt nachkochen.

10,00 Uhr:

Zwei von drei Kinderhelmen sind unauffindbar. Jemand blockiert eine halbe Stunde das Bad und lässt alle warten.

10,30 Uhr:

Endlich sitzen alle auf ihren Rädern. Beim Start springt direkt vor der Haustür eine Kette vom Rad meines Mittleren. Dann bemerke ich den viel zu wackligen Korb auf dem Gepäckträger meiner Frau und danach stelle ich fest, dass das Vorderrad meiner Jüngsten die Luft nicht hält. Also wird erstmal repariert – von mir. Alle steigen wieder ab und gehen ins Haus und warten auf mich.

Natürlich nicht ohne Bemerkungen wie: "Hättest du die Räder nicht vorher überprüfen können?" oder "Wir sind spät dran, mach hin." Als ob ich daran schuld wäre, dass alle nicht aus den Federn kamen, oder unsere Schulkinder mir nicht sagen, wenn an den Rädern etwas kaputt ist.

(Abgesehen davon fahre ich selbst sonst nie Rad. Basta!)

11:00 Uhr:

Die Reparatur ist abgeschlossen. Nebenbei stelle ich fest, dass jemand meinen alten Drahtesel benutzt hat und jetzt beide Leuchten fehlen. Natürlich war es niemand. Ich finde nach längerer Suche noch zwei Ersatzlampen und baue sie an.

11,25 Uhr:

In der Küche spielen sie seit einer Stunde zur Überbrückung Karten. Dann bin ich endlich fett- und ölverschmiert fertig und will mich waschen. Wieder ist jemand im Bad. Mein Handy fehlt auch. Ich bringe verschlossenes Bad und vermisstes Handy gedanklich zusammen und weiß jetzt auch, wo mein Jüngster ist. Meine Frau stellt fest, dass ich einen Ölfleck auf der Hose habe. Ich wechsele sie noch schnell. Dann regt mein Ältester an, noch kurz am Lebensmittelmarkt anzuhalten, er hätte nicht genug zu trinken dabei. Als ob der eine Liter ekligen Farbstoffwassers aus seinem Rucksack nicht reichen würde.

11,45 Uhr:

Als alle endlich wieder auf ihren Rädern sitzen, fällt meiner Frau auf, dass die Kinder in den letzten Jahren gewachsen sind und ich die Sättel noch einstellen könnte. Also steigen alle wieder ab und ich stelle einen Sattel nach dem nächsten auf die richtige Höhe ein.

12,00 Uhr:

Inzwischen wird die Morgensonne zur Mittagssonne und erste leckere Bratgerüche ziehen aus den Nachbarfenstern zu uns herüber. Als alle wieder auf ihren Sätteln sitzen, knurren uns die Mägen. Eigentlich wollte ich um diese Uhrzeit schon durch den Wald hindurch und an der Elbe sein.

Aber jetzt fahren wir endlich los. Doch jetzt muss ICH zur Toilette. Die vielen Tassen Kaffee fordern ihren Tribut. Drehe also nochmal kurz um.

Die Familie nutzt die Gelegenheit und geht inzwischen Getränke einkaufen. Mit den Lebensmittelvorräten auf dem Gepäckträger meiner Frau, hätte Dschingis Khan seine Truppen von der Mongolei bis nach Europa durchfüttern können. Ich habe einen dankbaren Moment, als mir klar wird, dass noch niemand einen mobilen Kühlschrank für Fahrräder erfunden hat. Der Transport wäre bestimmt meine Aufgabe geworden. Esse sowieso lieber eine frische Bratwurst vom Grill, als frisch gewölbte Stullchen, die der heißen Sonne schon stundenlang widerstanden haben.

12,30 Uhr:

Alle Einkäufe sind erledigt. Die Familie fährt lärmend in den Wald. Wir halten an einer der vielen Weggabelungen an und versuchen uns anhand der Wanderwegmarkierungen zu orientieren. Entweder hat einer den Baum gedreht oder derjenige, der die Markierung angebracht hat, kam aus dem Blindenheim. Zwei Wege kommen in Betracht. Alle zücken ihre Handys und versuchen über mobile Daten den Weg zu finden, doch keiner hat Empfang. Ich mache einen Witz über Hänsel und Gretel und das wir angesichts des Brotkorbes genügend Brotkrumen mithaben. Nur mein Ältester lacht, der ist übrigens auch auf der Bratwurstseite. Meine Frau brummelt etwas von falscher Erziehung und fehlendem Vorbild in meine Richtung und ich ignoriere es.

12,50 Uhr: