19,99 €
Außenabdichtung, Trockenlegung, Normen und Richtlinien, Dämmung, Schutz von Abdichtung, Auswahl von Abdichtungen, Auswahl von Stoffen, Werkzeug, Spritztechnik, Kontrolle von Abdichtungen, Undichtigkeiten finden, Kalkulation
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 254
Veröffentlichungsjahr: 2020
Die richtige Auswahl und Verarbeitung von Abdichtung, Dämmung und Noppenbahn im erdberührten Bereich
Schwerpunkte:
Bitumendickbeschichtung Dichtschlämmen Hybridabdichtungen Kaltselbstklebebahn Horizontalsperre Radonabdichtung
„Bauen ist der stete Kampf gegen Wasser“
Sie sind Fachmann, Azubi oder Student am Bau
Gutachter, Hausbesitzer oder Bauherr?
Dann ist dieses Fachbuch genau richtig für Sie!
Selbst ist der Mann:
Wählen Sie sich ihre ganz individuelle und
genau für ihr Bauwerk geeignete Abdichtung
aus und schlagen sie nach, welches Werkzeug
sie benötigen und worauf sie bei der Verarbeitung achten müssen.
Sie wollten als Selbständiger schon immer
mehr maschinell arbeiten, wussten aber noch
nicht so richtig, welche Technik geeignet ist und
was man so benötigt? Sie sind hier genau richtig!
Sie sind Gutachter und möchten ihren Blick für
die Verarbeitung und Fehlerquellen schärfen?
Eine Fülle von Fehlerquellen und falscher Verartung
wird sie die Arbeiten, die sie sehen, anders
bewerten lassen.
Oder sind sie in einer Ausbildung im Bauwesen?
Dann werden sie früher oder später mit Abdichtungen
konfrontiert. Hier erhalten sie eine
gute Einführung in die praktischen Grundlagen
und Hinweise auf weiterführende Literatur oder
Normen.
Als Bauleiter haben Sie über die ausgeschriebene
Leistung zu entscheiden, Handwerker oder Fachbetriebe
mit der Durchführung zu beauftragen und
diese zu überwachen. Das Buch soll es Ihnen leichter
machen.
Sie sind Planer oder Architekt und haben ein
Ausschreibungsprogramm mit vielen Modulen. Dieses
Fachwerk soll Hintergründe erklären und ihnen
mehr inhaltliche Sicherheit geben, sowie helfen,
Ausschreibungsfehler zu vermeiden.
Auf den letzten 4 Seiten können Sie Ihre individuelle Abdichtung und die benötigten Stoffe aussuchen.
Alles Wissenswerte über die von Ihnen gewählte Abdichtung finden Sie dann im Buch.
Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen und ein allzeit dichtes Bauwerk.
Dipl. Ing. Holger Prade
Den Kampf gegen Wasser kann man in unseren Breitengraden nicht auf Dauer gewinnen. Das bezeugen die vielen, besonders an Sockeln, sichtbaren Wasser- und Frostschäden in unseren Städten und Dörfern. Wer Schutzmaßnahmen ausführen lässt, hofft zeit seines Lebens, ein dichtes Bauwerk zu haben. Die übliche Gewährleistungszeit beträgt aber meist nur 4 Jahre. Nur in Ausnahmefällen wird eine längere Gewährleistung vereinbart. Hier klaffen Hoffnung und Realität oft weit auseinander. Daher ist es wichtig, die richtige Abdichtung auszuwählen und um Fehler oder Pfusch zu vermeiden, die Ausführung zu kontrollieren, zu dokumentieren und mit geeigneten Schutzmaßnahmen zu kombinieren. --- Dabei sollten die Zielvorstellungen des Bauherren das Maß aller Dinge sein und nicht die Mindestvorgaben des Bodengutachters und ebenfalls nicht die vermeintlich wirtschaftlichere Variante, die das Ausschreibungsprogramm des Architekten anbietet.
Im gewerblichen Bereich torpedieren Sparmaßnahmen häufig die Zielvorstellungen. Dagegen geben private Auftraggeber oft zu viel Geld aus. Nicht immer sind Profitgier und Verkaufsdruck von Lieferanten und Baufirmen ursächlich. Häufig wird nach dem Motto verfahren, das machen wir schon immer so. Aber ob das für jedes Bauwerk immer optimal ist?! Na ja. - Manchmal trauen sich Handwerker auch mehr zu, als sie wirklich können. Damit meine ich nur zum geringsten Teil die handwerklichen Fähigkeiten. Vielmehr fehlen Wissen und Verständnis für das Bauwerk. Ursachen und Wirkprinzipien werden häufig nicht erkannt. „Viel hilft viel“ ist dann häufig der Rettungsring der Unwissenden. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der brasilianische Urwald gegenüber dem Dschungel an Abdichtungsverfahren, Abdichtungsstoffen, deutschen und europäischen Normen, Richtlinien, Veröffentlichungen, Technischen Merkblättern, Verarbeitungsvorschriften u.v.m eher wie ein kleines Baumgrüppchen ausnimmt.
Ich hoffe, dass ich nachfolgend sowohl interessierten Laien als auch Fachleuten den einen oder anderen Tipp geben kann, denn Wissen steht am Anfang der Fehlervermeidung.
Das gilt auch umgekehrt, leider weiß niemand alles. Insofern sind sowohl weitergehende Fragen, ein Fachdisput, Rückmeldungen aller Art und besonders Kritik gleichrangig gern gesehen.
Lesetipp:
Sie möchten sich nur informieren? Dann lesen Sie von vorn nach hinten.
Geht es um ein konkretes Objekt? Dann wählen Sie ganz hinten ihre Abdichtung und Materialien aus und lesen vorn nach, was sie dazu benötigen und wie Sie die Kosten überschlägig ermitteln können. Prüfen Sie immer, ob die ausgewählten Materialien für den Anwendungsfall zugelassen sind!!
Geboren 1965 in Auerbach im Vogtland
Studium Baustoffingieurwesen (HAB Weimar, heute Bauhausuniversität)
1989 1 Jahr Studium unterbrochen und selbständig mit studentischer Handwerkertruppe „Weimarer Wichtel“
stellv. Geschäftsführer in Stukkateur- und Malerunternehmen in München
1 Jahr Traineeprogramm Bilfinger / Berger AG in Mannheim und Wechsel nach Dresden
9 Jahre Bauleiter: Sanierung von mehreren Banken, Neubau von Wohngebäuden, Neubau Kraftwerk Boxberg Werk IV und Neubau Mikrochipwerk AMD in Dresden
Abteilungsleiter Sanierung bei Bilfinger / Berger
Spartenleiter Sanierung, Wechsel zum Tochterunternehmen Ausbau Dresden GmbH
18 Jahre Beginn der Selbständigkeit mit Radeberger Bausanierung und Radeberger Sanierungsgesellschaft mbH Schwerpunkte:Gebäudeabdichtung, Betonsanierung, Industriebodenbeschichtung, Radonabdichtung, Mauerwerkssanierung
-> Sanierung/Abdichtung von über 3.000 Bauwerken bundesweit
seit 2017 Zertifizierter Sachverständigter für Wasserschäden an Bauwerken
glücklich mit der besten Frau der Welt verheiratet, 3 wunderbare Kinder
0. Geschichte und Einleitung
1. Welche Bauteile sollen abgedichtet werden?
1.2.3 weitere Kriterien zur Auswahl der Abdichtung und des Lastfalles
Untergrundvorbereitung
2.1. Reinigungsverfahren
2.1.1 Hochdruckwasserreinigung
2.1.2 Sandstrahlen und Feuchtsandstrahlen
2.2 Hohlkehle oder Dreieckskehle
2.3 Kanten
2.4 Dämmstoffkeile
2.5. Ausgleichsputz
3. Bitumendickbeschichtung
3.1 Prüfinstitute
3.2 Ein- oder zweikomponentig?
3.3 Grundierung
3.4 Kratz- und Lunkerspachtelungen
3.5 Die einzelnen Lagen und ihre Dokumentation
3.5.1 Bitumendickschichtprotokoll
3.6 Gewebeeinlage
3.7 Arbeitsunterbrechung bei Verarbeitung mit der Hand
3.8 Werkzeug und Werkzeugreinigung
3.10 Vorteile und Nachteile von PMBC (oder auch PMB, KMB)
3.11 Altabdichtungen als Untergrund
3.12 Bituminöse Abdichtung nach AIB – die 5 Grundregeln der Bauwerksabdichtung
3.13 fehlerhafte Darstellungen, Verarbeitungstipps
3.13.1 Fehlerhafte Darstellungen
3.13.2 Weitere Verarbeitungstipps
3.14 Lichtschächte
3.15 Fenster- und Türelemente
3.16 Kalkulation einer Bitumendickbeschichtung in Handarbeit
4. Mineralische Dichtschlämmen und Sockelputze
4.1 Anwendungsgebiete
4.2 kunststoffmodifizierte mineralische Dichtschlämme - starr
4.3 Sockel und Sockelputz
4.3.1 allgemeines zum Thema Sockel
4.3.2 Sandsteinsockel
4.3.3 Gedämmte Sockel mit Oberputz
4.3.4 Ungedämmte Sockel mit Sockelputz
4.3.5 passive Schutzmaßnahmen
4.4 kunststoffmodifizierte mineralische Dichtschlämme – flexibel
4.5. bitumenfreie und bitumenhaltige Hybridabdichtungen
5. Kaltselbstklebebahnen (KSK)
5.1 Die Bahnen und ihre Verwendung
5.2 Eigenschaften, Vor- und Nachteile
5.3 Verarbeitung und Detaillösungen für Innen- und Außenecken
5.3.1 Der Arbeitsplatz
5.3.2 Innen- und Außenecken
6. Kurzinfo Bitumenbahnen
6.1 Allgemeines
6.2 Einsatzgebiete
6.3 Vor- und Nachteile
6.4 Auswahl
6.5 Verarbeitungstipps
6.5.1 Untergrund
6.5.2 Grundierung
6.5.3 Einlagen und Beschieferung
6.5.4 Der Umkehrstoß
6.5.5 Lagerung
6.5.6 Musterkalkulation
7. Rohrdurchführungen
7.1 Vorgefertigte Kabel-und Rohrdurchführungen durch Wände
7.1.1 Dichtmanschette aus Kunststoff (alle Lastfälle)
7.1.2 Futterrohr und innenliegende Ringraumdichtung (Feuchte)
7.1.3 Flanschverbindung (anstehendes Wasser)
7.1.4 Pressring-Kabeldurchführungen
7.1.5 PMBC mit Gewebemanschette
7.2. Abdichtung mit Kunststoff
7.3 Fehlerquellen
8. Abdichtung von Fugen
8.1 Allgemeines
8.1.1. Was gehört zu welcher Fuge?
8.2 Fugenbänder
8.3 Fugendichtstoffe
8.3.1 Allgemeines und Begriffe
8.3.2 Einsatzgebiete und Normen
8.3.3 Sonderfall: rückwärtige Durchfeuchtung von Fugen
8.4 Wartung
8.5 Mustervertrag für Wartung dauerelastischer Fugen
8.6. Verbrauchsrechner
9. Maschinelle Verarbeitung von Abdichtmaterialien
9.1. Schneckenpumpe
9.2 Peristaltiktechnik
9.2.1 Wirkprinzip und Anwendungsgebiet
9.2.2 Gerät und Zubehör
9.3 Airlessspritztechnik
10. Dämmung erdberührter Bereiche
10.1 Einteilung und Unterscheidung
10.2 Schaumglas
10.3 Perimeterdämmung
10.3.1 Allgemeines
Dämmung EPS bis 6m Einbautiefe
Dämmung XPS 300 KN/mm
2
hochdruckfeste Dämmung XPS über 300 KN/mm
2
z.B. 500KN/mm
2
10.3.2 EPS
10.3.3 XPS
10.3.5 Hersteller
10.4 Befestigungsmittel für Dämmungen
10.5 Bituminöse Kleber
10.6 Mineralische Kleber
10.7 PU-Perimeterkleber
10.8 Dübel
10.9 Sonstige Verarbeitungs- und Fehlerhinweise
11. Noppenbahnen
11.1. Einsatzgebiete
11.2 Noppenbahn einlagig
11.2.1 Noppenbahnen im Landschafts-, Garten- und Ingenieurbau
11.2.2 Verlegerichtung - ein ganzes Kapitel!!
11.2.3 Richtige Befestigung auf Dämmung
11.3 Noppenbahn zweilagig
11.4 Noppenbahn dreilagig
11.5 Die richtige Auswahl
11.6 Vlies
12. Obere Abschlüsse und Abschlussschienen
12.1 Arten der Ausführung und Einbauhinweise
13. passive Schutzmaßnahmen
13.1 Vorsatzschale aus Beton oder Vormauerungen
13.2 Außenanlagen
13.2.1 Kiesstreifen
13.2.2 Pflasterbelag
13.2.3 Begrünungen
13.2.4 Lehm
14. nachträgliche Horizontalsperre
14.1 Verfahren und Anwendungsgebiete
14.1.1 chem. Horizontalsperre
14.1.2 Sägeverfahren
14.1.3 Elektroosmose
14.1.4 Schleierinjektion
14.2 druck-und druckloses Bohrlochverfahren
14.2.1 Allgemeines
14.2.2 Hinweise zum Einbau
14.2.3 Mit oder ohne Druck?
14.3 Cremetechnologie
Cremetechnologie als Problemlöser
Zusammenfassung
14.4 Sägeverfahren
14.5 „Richtige Lüftung“ - Feuchtigkeit und Schimmel vermeiden
14.5.1 Grundlagen der Schimmelpilzbildung
14.5.2 Luftfeuchtigkeit und Taupunkt
14.5.3 Feuchtigkeit in der Wohnung
14.5.4 Schimmelbefall vermeiden
14.5.5 Richtig lüften
14.5.6 Jahreszeitliche Besonderheiten
15. Bauwerksbeschreibung/ Untersuchung
15.1 Allgemeines
15.2. Vorgehensweise bei der Bauwerksuntersuchung von Wohn- und Bürogebäuden
15.2.1 Aufgabenstellung
15.2.2 Vorgespräch
15.2.3 Besichtigung innen
15.2.4 Besichtigung außen
15.2.5 freilegen erdberührter Bauteile/ Keller
15.3. Ausblühungen
15.4. Formblatt zur Erstuntersuchung
16 Radonabdichtung
16.1 Was ist Radon (Rn)?
16.2 Radonkonzentration und Grenzwerte – ein Gesundheitsproblem
Europäische Regelung
16.3 Wege des Radons ins Wohnhaus
16.4 Maßnahmen
16.4.1 Aktiv-passiv, konstruktiv-stofflich
16.4.2 Der Boden
16.5 Sonstiges
17. Frischbetonverbundsystem und nachträgliche Abdichtung
18. Hydrophobierung, Versiegelung, Beschichtung
18.1 Hydrophobierung / Imprägnierung
18.1.1. Allgemeines, Begriffe
18.1.2 chemische Grundlagen
18.1.3 Anwendung
18.1.4 Hilfsstoffe
18.2 Versiegelung
18.2.1 Böden
18.2.2 Wände
18.2.3 Sonderfall Wasserglas
18.3 Sockel
18.4. Beschichtungen
19. Beispiele für gravierende typische Abdichtungsfehler:
20. rechtliche Aspekte §633 BGB und §13 VOB/B
20.1. Allgemeines zu VOB und BGB
21. Anhänge
21.1 Normen, Merkblätter, Richtlinien
20.1.1 Europäische und nationale Normen
20.1.2 Richtlinien und Merkblätter
21.2 Literaturhinweise
22. Nachwort
23. Auswahltabellen für Bauwerk, Abdichtung, Materialien, Normen
23.1. Links zur Übersichtstabelle Radon für Europa, Deutschland und Sachsen
23.2 Vier Auswahltabellen mit Anleitung
Abb. 1 Übersicht einer kompletten Abdichtung auf Ziegelmauerwerk, hier sind die meisten Themen dargestellt, auf die nachfolgend näher eingegangen werden soll - *Quelle: Bild aus BORNIT-Hochbau-Kompasse dankend zur Verfügung gestellt
Die Geschichte der Abdichtung ist so alt wie die Geschichte der Baustoffe sowie deren erste Vorschriften. König Hammurapi in Ägypten veranlasste, dass sie in eine Dioritsäule gemeißelt wurden. Demnach musste ein Baumeister, der falsche Baustoffe einsetzte, geteert, gefedert und aus der Stadt gejagt werden. Der Kodex Hammurapi (auch bezeichnet als babylonische Sammlung) besteht nicht nur aus Baustoffvorschriften, sondern aus insgesamt 282 keilschriftlich überlieferten Rechtsordnungen. Die Römer nutzten zur Abdichtung ein vulkanisches Tuffgestein, das nahe des italienischen Ortes Puteoli (heute Pozzuoli) gefunden wurde. Ein richtiges Abdichtmaterial war das noch nicht, wurde es doch von allein nicht fest. Man brauchte Zusatzstoffe, um unter Zugabe von Wasser eine Verfestigung hervorzurufen. Auch heute noch bezeichnet man sogenannte latent hydraulische (chem. Reaktion muss erst angeregt werden) Zemente, als Puzzolanzemente. Man stellte zunächst Ziegel, Töpfe und allerlei sonstige
Abb. 2 Kodex Hammurapi - *Quelle: Wikipedia
In Mesopotamien wurden dagegen Asphalte oder Naturbitumen schon vor 3.000 Jahren genutzt. „Bitumenreste als Fragmente von Dichtmaterial, die mehr als 3000 Jahre älter sind als die in Ra’s al-Jins im Oman (2400–2300 v. Chr.) gefundenen, haben Archäologen in as-Sabiyah (Kuwait) entdeckt.“
Erst später nutzte man den Baustoff zum Errichten von dichten Bauwerken, z. B. von Wasserbauwerken wie unterirdischen Tavernen und Aquädukten. Es war (Lehm und Ton mal beiseite genommen) sozusagen die erste bekannte mineralische Abdichtung.
Zuerst war Bitumen (auch Erdpech genannt) eher ein Gestaltungsmittel, mit dem Gemälde umrahmt und Altäre gestrichen wurden, doch fand man schnell auch andere nützlichere Anwendungen heraus.
Neben den (wir würden heute sagen:) Ingenieurbauwerken und Palästen gab es aber auch andere Bauwerksteile, die Abdichtungen benötigten. Flache und flach geneigte Dächer zählen schon seit der Antike zu beliebten Bauformen. Bereits im 6. Jahrhundert vor Christus wurde der sagenumwobene Palast der Königin Semiramis wegen seiner blühenden Dachgärten bewundert. Weil dort eine Wüstenlandschaft in eine blühende Landschaft verwandelt wurde, zählt er heute zu den 7 Weltwundern.
Ab dem 6. bis 15. Jahrhundert wurden in Europa auch Kupfer und Blei für die Abdichtung eingesetzt.
Die nachfolgend beschriebenen Abdichtstoffe haben also eine lange Tradition im Bauwesen hinter sich und sind nicht so neu, wie wir häufig denken.
Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde aus einer gewerblichen Arbeit für Klein- und Kleinstflächen, durch die Entwicklung von Bitumenbahnen, auch eine ingenieurtechnische Leistung. Nunmehr war es möglich, auch größere Flächen abzudichten.
Bis zu den heutigen Normen war es dann aber doch noch ein weiter Weg.
Von der Deutschen Reichsbahn kommt Ende des 19. Jahrhunderts eine erste Vorschrift: die AIB heraus*. 1905 wird das erste Fachbuch zur Verarbeitung von Bitumen durch C. Richardson veröffentlicht. Ein Jahr später wird in Deutschland ein Patent auf die erste Bitumenemulsion angemeldet. Bitumen findet sich wenige Jahre später als Isolation in elektrischen Anlagen, zur Abdichtung von Zündschnüren und Hausdächern wieder. Auch im Wasserbau wird das Bitumen zur Abdichtung von Staudämmen verwendet.
Im Jahr 1936 wird erstmals die Prüfung für den Erweichungspunkt RuK, im folgenden Jahr die für den Brechpunkt nach Fraaß entwickelt.
Am Ende des Zweiten Weltkrieges dient Bitumen als Brennsatz für Feststoffraketen. Zudem findet es damals Verwendung als Klebstoff bei der Brikettherstellung und als Bestandteil von Isolierbändern. Im Jahr 1957 kommt es zur Entwicklung von Schaumbitumen. Zehn Jahre später wird das für die heutige Anwendung sehr wichtige polymermodifizierte Bitumen entwickelt und getestet. Erst 1967 wird in Deutschland die erste Norm „Abdichtungen für Tunnelbauwerke“ herausgegeben. 1983 folgt die DIN Norm 18195 Teile 1-7. Bitumendickbeschichtungen werden (längst überfällig) erst zur Jahrtausendwende 2000 in diese DIN aufgenommen. 2004 kommen die Teile 8-10 hinzu.
Die DIN 18195 war noch sehr unvollständig, sodass nachfolgend eine Unmenge von Richtlinien und Merkblättern entstanden:
Die bedeutendsten davon sind: für WU Beton die „Richtlinie des DAfStb“ herausgegeben vom deutschen Ausschuss für Stahlbeton, das ZDB Merkblatt für Verbundabdichtungen, Merkblätter für Schwimmbeckenabdichtung oder für Trinkwasserbehälter sowie die Bauregelliste. Weitere Abdichtungsvorschriften stehen in den „Konstruktionsregeln für Parkbauten“. Für Sockelabdichtung und Sockeldämmung gab die „Deutsche Dämmstoffindustrie“ ebenfalls ein Merkblatt heraus. Hinzu kommen die Verarbeitungsvorschriften der einzelnen Hersteller.
Es verwundert also nicht, dass es so gut wie niemanden gab, der alle Regelwerke kannte, von den Handwerkern vor Ort mal ganz abgesehen. Selbst Gutachter erstaunten immer wieder, wenn ihnen ein bisher noch unbekanntes Regelwerk zitiert wurde.
Es lag nahe, hier Abhilfe zu schaffen. Dies geschah mittels der kompletten Überarbeitung der DIN 18533, die 2017 im zweiten Halbjahr die DIN 18195 ablöste.
* siehe auch die 5 Grundregeln der Bauwerksabdichtung in Abschnitt 3.10
Der aktuelle Stand (2017):
Die DIN 18533 unterteilt sich in:
Teil 1) Anforderungen, Planungs- und Ausführungsgrundsätze
Teil 2) Abdichtungen mit bahnenförmigen Abdichtstoffen
Teil 3) Abdichtung mit flüssig zu verarbeitenden Abdichtungsstoffen
Sie gilt nicht für Abdichtungen nach dem Wasserhaushaltsgesetz WHG, für Tunnelbauwerke und nicht für den Bereich der Denkmalpflege, insofern die DIN 18533 nicht angewandt werden kann. Sie gilt auch nicht für WU-Bauwerke, denn diese sind unverändert in der Rili DAfStb geregelt.
Die verwendeten Begrifflichkeiten sind in der DIN EN 15814 in der Ausgabe 03/2015 sowie im verbliebenen Teil 1 der DIN 18195 definiert. Die eine oder andere, im Laufe der Zeit durchgeführte Umbenennung, stellte leider nicht immer eine Verbesserung dar.
Als Beispiel sei die namentliche Entwicklung der Bitumenabdichtung genannt:
Schwarzanstrich
Bitumenabdichtung
Kunststoffmodifizierte Bitumendickbeschichtung – KMB
Polymermodifizierte Bitumendickbeschichtung – PMB
Polymer Modified Bituminous Coating – PMBC
Die Fachwelt wird sich mit solchen „Idiotien“ abfinden, der Laie wird dabei hoffnungslos abgehängt. Und das ist nicht zielführend! Statt die Norm für eine große Mehrheit der Bevölkerung verständlicher und praktikabel zu machen, kann nur noch ein Teil der Fachwelt diese Norm ohne weitere Hilfe überhaupt lesen. Und das passiert in einer Branche, in der ein sehr, sehr großer Teil der Abdichtungen von Privatleuten ausgeführt wird.
Daher soll mit diesem Werk die richtige Auswahl der heutigen Abdichtung, und der zugehörigen Dämm- und Schutzschichten erdberührter Bauteile erleichtert werden. Alle benötigten Informationen sind irgendwo verfügbar, sie müssen jedoch aufwändig zusammengetragen werden. Was im Einzelnen zu beachten ist, ist meist unbekannt. Selbst Fachfirmen agieren häufig nach dem Prinzip "Das machen wir schon immer so" und alte Platzhirsche wissen sowieso alles besser. Das liegt u. a. auch daran, dass es im Bereich Abdichtung keine periodisch wiederkehrenden und vorgeschriebenen Schulungen (wie in der Betoninstandsetzung) oder einen praktischen und theoretischen Leitfaden gibt, der dem Fachmann (und noch viel mehr dem Nichtfachmann) die richtige Auswahl erleichtert.
Eine Abdichtung kann langfristig nur funktionsfähig bleiben, wenn sie mit den richtigen Schutzschichten kombiniert wird. Schutzschichten haben die Aufgabe mechanische Belastungen wie Erddruck, spitze Steine, direkten Kontakt mit Wasser (in der Erde Grundwasser und Feuchtigkeit im Sockelbereich, Eis, Schlagregen und Spritzwasser) oder angreifende Flüssigkeiten (gelöste Tau- und Streusalze, Abwässer, Diesel o.ä.) von der Abdichtung fern zu halten. Das übernimmt im Regelfall eine Dämmung, welche mit oder ohne Drainagerillen versehen werden kann. Damit sie beim Verfüllen und auch noch danach an Ort und Stelle bleibt, kommt darüber eine Gleitschicht. Diese kann aus Noppenbahnen (mit und ohne Drainagefunktion) oder aus dickeren Vliesen bestehen und fängt bereits erste mechanische Belastungen ab. Von oben kann die ganze Konstruktion noch mit Abschlußleisten verdeckt und vor Oberflächenwassser und zusetzen mit Schwämmstoffen geschützt werden.
Wichtig! Abdichtungen bestehen aus der Abdichtung selbst, einem mechanischen Schutz und im erdberührten Bereich – zusätzlich!- aus Gleitschichten.
Abdichtungen und Dämmungen machen beim Neubau nur geringe 2% bis 6% der Gesamtbausumme aus; Noppenbahnen sogar nur 0,003 bis 0,01%.
Auch in der Altbausanierung sind die reinen Abdichtungsarbeiten meist der kleinste Kostenfaktor.
Generell gilt: teurer ist nicht in jedem Fall auch besser! Sehr häufig kann man zusammen mit der richtigen Kombination von Abdichtung und Schutzschicht Zeit oder Geld sparen, manchmal auch Beides.
Fehler zu machen bedeutet, später ein Vielfaches an Geld für Nachbesserungen auszugeben. (siehe auch Abschnitt 3.16) oder Abschnitt 6.5.6: Kalkulation)
Sie suchen eine Abdichtung oder wollen einfach nur etwas mehr erfahren? Dann führe ich Sie nun durch den "Dschungel", der Sie am Ende befähigen soll, sich auf den Übersichtsblättern die richtige Abdichtung auszuwählen und mit den Schutzschichten zusammenzustellen, sondern sie auch problemlos zu verarbeiten.
Man kann gegen Gase, Öle, Strahlungen und Flüssigkeiten abdichten. Wir betrachten hier „nur“ Wasser, Wasserdampf und Radon (als Träger der schädlichen radioaktiven Gammastrahlung).
Zuerst müssen wir klar definieren, welches Bauteil wir abdichten wollen und welche Verfahren dafür in Frage kommen.
Wer möchte, kann sich dieses Blatt kopieren und dann unterstreichen bzw. ankreuzen, was auf das Bauwerk zutrifft. Im weiteren Verlauf findet man dann entsprechende Informationen oder Verarbeitungshinweise und am Ende Auswahlübersichten in DIN A3.
Außenabdichtungen
Vertikale Flächen:
z. B. Wände, Sockel, Aufkantungen
Horizontal nicht überdeckt Flächen:
z.B. unterkellerte Terrassen, Balkone, Flachdächer
Horizontal überdeckte Flächen:
z. B. Bodenplatten, Wandaufstandsflächen
Innenabdichtungen
wir lassen die Flüssigkeiten in das Bauwerk eindringen und
stoppen sie erst an den Innenseiten von Wänden oder
Bodenplatten. Innenabdichtungen kommen meist zur Ausführung,
wenn ein Bauteil von außen nicht erreichbar ist
(z. B. wenn ein anderes Bauwerk zu nahe an der abzudichtenden Wand steht)
oder der wirtschaftliche Aufwand zu hoch ist
(z. B. befindet sich die abzudichtende Wand unter einer Außentreppe) *
wir dichten gegen von innen kommendes Wasser ab. (z. B. Waschräume, Küchen, Bäder, Toiletten und Heizräume)
Horizontalabdichtung
Abdichtung der Aufstandsflächen der Wände gegen Dampfdiffusion
Abdichtung der Aufstandsflächen der Wände gegen Wasser ab
Nachträgliche Horizontalabdichtungen
Radonsperre
Bohrlochinjektage feuchter Wände mit Druck *2
Bohrlochinjektage feuchter Wände ohne Druck *3
Hier gibt es verschiedene Wirkprinzipien und Methoden -> siehe ab Seite
→
Mauerwerkssägen
* sog. Negativabdichtung
*2 auch Niederdruckverfahren genannt
*3früher abwertend als Hausmann-Methode bezeichnet
Bodenplatte, Wände, Kabel- und Rohrdurchführungen müssen speziell gesichert werden.
Vorbeugend soll der Gasdruck unter der Bodenplatte verringert werden.
Fugenabdichtung
Arbeitsfugen:
Arbeitsfugen sind technologisch bedingte Trennflächen zwischen Bauwerken oder Bauteilen und nur während des Abbindens oder der Bauphase rissgefährdet, z. B. Aufstandsfugen von Fertigteilen auf Bodenplatten, Fugen zwischen Fertigteilen oder Materialwechsel
Bewegungsfugen:
Eine Bewegungsfuge, Dehnfuge oder Dilatationsfuge ist eine Fuge zur Unterbrechung von Bauteilen, um Spannungsrissen vorzubeugen. (Wikipedia) Eine Bewegung ist durch äußere oder innere Beanspruchung jederzeit möglich. Sie entstehen immer dann, wenn zwei Bauwerke nebeneinander gestellt werden: z. B. zwischen Garage und Haus, bei einem nachträglichen Anbau, bei einer Reihenbebauung zwischen den Häusern, am Übergang Balkon/Haus, an Treppenanlagen im Außenbereich etc. –
Fugenabdichtung
Systemfugen: Fenster, Türen, Tore, Transportöffnungen, Klimatechnik u.v.m. unterliegen ebenfalls besonderen Belastungen wie Erschütterungen durch Befahrungen und bewegte Teile oder durch unterschiedliche Materialausdehnungen bei Sonneneinstrahlung, austretende Abluft.
Rißsanierung
trockene starre Risse kraftschlüssig schließen
wasserführende starre Risse kraftschlüssig schließen
trockene Risse elastisch schließen
wasserführende Risse kraftschlüssig schließen
Für Wand- und Bodenflächen
spachtel- und spritzbare Bitumendickbeschichtungen und Hybridabdichtungen
Bitumenbahnen zum Aufschweißen mit Propangas, zum Eingießen in Heißbitumen oder als selbstklebende Bahn
Kunststoffbahnen selbstklebend oder mit Kleber /Quellschweißmittel und Wärme zu verbinden
elastische und starre mineralische Dichtschlämmen
Sperrmörtel
Polyurethanabdichtungen
Epoxidharze
PMMA
Acrylate
Für nachträgliche Mauerwerkssperren:
Silan, Siloxan
Alkali-Kiesel-Silikate als Micro oder Nanoemulsion
Seifen
Acrylatgel
Polyurethan
für das Mauerwerkssägeverfahren: Blech, Edelstahl, Kunststoffplatten
Mittels der Belastungsklassen unterteilt man die Wirksamkeit des Angriffs von Wasser auf ein Bauwerk in verschiedene Klassen. Dabei wird berücksichtigt, wie oft und wie stark die Abdichtung belastet wird. Die Belastung wird in jedem Bodengutachten angegeben und begründet. Die Raumnutzungen zu berücksichtigen obliegt dem Planer oder Architekten anhand der DIN 18533.
Für Radongas, Wasserdampf oder Eis gibt es keine äquivalente Einteilung.
Ein Bodengutachten bewertet in erster Linie die geologischen Verhältnisse in der Vergangenheit und bediente sich in der Vergangenheit der Abdichtungsempfehlung der DIN-Norm 18195 „Bauwerksabdichtungen“. Maßgeblich ist für den Bodengutachter der Bemessungswasserstand.
Dieser wird in der Norm wie folgt definiert:
„Der Bemessungswasserstand ist der höchste nach Möglichkeit aus langjähriger Beobachtung ermittelte Grundwasser-/Hochwasserstand und bei von innen drückendem Wasser der planmäßige Wasserstand.“
Heute wird äquivalent die DIN 18533 zugrunde gelegt. Ob diese Norm aber überhaupt anzuwenden ist und welche DIN Norm oder Vorschrift tatsächlich gilt, welche baulichen Eigenschaften das abzudichtende Bauwerk besitzt, wie es genutzt wird und welche Abdichtung erforderlich ist, etc. müssen die am Bau beteiligten Fachleute entscheiden. Die Grundlagen bilden das Bodengutachten, die gewählte Bauart, die spätere Nutzung, die Statik sowie die Leistungsbeschreibung des Planers.
Wichtig! Die DIN 18533 gilt ebenso wie die alte DIN 18195 nicht für alle Bauwerke. WU-Bauteile, Tunnelbauwerke und Bauwerke des Denkmalschutzes, auf die die Norm nicht anwendbar ist, sind gesondert geregelt.
1.2.1 Der Anwendungsbereich der Normen DIN 18195 und DIN 18533 im direkten Vergleich
Die DIN 18533:
- Der Anwendungsbereich der DIN 18533 ist in jedem Teil der Teile 1, 2 und 3 gesondert aufgeführt und nicht, wie in der DIN 18195- 1 für alle Teile der Norm zusammengefasst.
Der Teil 1 beinhaltet alles, was Planer beachten müssen.
Im Teil 2 sind die festen Abdichtungsstoffe, wie Bitumenbahnen, Kaltselbstklebebahnen, Verstärkungsstreifen etc. geregelt.
Der Teil 3 hat die flüssigen Abdichtstoffe zum Inhalt.
Geltungsbereich:
gegen Bodenfeuchte und nichtdrückendes Wasser
gegen von außen drückendes Wasser
gegen nichtdrückendes Wasser auf erdüberschütteten Decken
gegen Spritzwasser am Wandsockel
gegen Kapillarwasser in und unter erdberührten Wänden
Sie unterscheidet nach:
Wassereinwirkung WE1.2-E – Bodenfeuchte:
Wassereinwirkung WE2.1-E – mäßige Wassereinwirkung von drückendem Wasser ohne Drainung <=3m (Art und Entstehung der Wassereinwirkung spielen hier keine Rolle.)
Wassereinwirkung WE2.2-E – Situation 1: Boden wenig wasserdurchlässig, ohne Drainung >3m
Wassereinwirkung WE2.2-E – Situation 2: Druck- und Hochwassereinwirkung, Eintauchtiefe beliebig, Boden durchlässig
Nachfolgend interessiert uns maßgeblich der Teil 1. Der Teil 2 (Abdichtstoffe und-materialien) wird nur am Rande behandelt.
Teil 3 regelt Flüssigabdichtungen für Dächer, Balkone und Terrassen zur Anwendung nach ETAG 2005 (siehe Regelwerkübersicht im Anhang), herausgegeben als Sachstandsbericht der Deutschen Bauchemie e.V. Dort sind der Einsatz von reaktiv abbindenden Kunststoffen wie:
„Methacrylatharze (MA) auch als (PMMA-Polymethylmethacrylate bekannt), ungesättigte flexible Polyesterharze (UP) und Polyurethanharze (PUR) sowie physikalisch abbindende Kunststoffdispersionen wie Reinaycrylate und Acrylat-Copolymerisate“ geregelt.
Die ETAG 2005 gilt nicht für befahrbare Flächen, wie Parkdecks und Tiefgaragen, welche in der Parkhausverordnung gesondert geregelt sind.
Abb. 3) Seite 2 aus der neuen Abdichtungsnorm 18533-1
*Quelle: DIN 18533-1:2017-09-12
Abb. 4) Seite 3 aus der neuen Abdichtungsnorm 18533-1 - *Quelle: DIN 18533-1:2017-09-12
Im Wesentlichen gibt es zwischen der alten DIN 18195 und der DIN 18533 keinen prägnanten Unterschied im Anwendungsbereich und der Anwendbarkeit der Norm. Man beschreibt jedoch genauer die Anforderungen, denen eine Abdichtung genügen soll.
Abb. 5) Auszug aus der DIN 18195 Seite 2, Ausgabe August 2000 - Quelle: DIN 18195
Der Absatz 1.2 wurde häufig missverstanden und ist inhaltlich in beiden Normen enthalten. Hier hat sich nichts geändert.
Prinzipiell können alle in der DIN 18533 beschriebenen Verfahren sowohl im Neubau als auch im Altbau eingesetzt werden. Manchmal sind auch weiterführende Leistungen für deren Umsetzung notwendig. Insbesondere bei der Sanierung denkmalgeschützter oder historischer Bauwerke kann es sein, dass Sonderwege begangen werden müssen.
Wichtig!
Bei wasserdichten Bauwerken gilt die Norm unter Umständen auch. Wasserdicht (WD) darf außerdem nicht mit wasserundurchlässig (WU) verwechselt werden. Bei WU-Bauwerken sind z.B. feuchte Stellen an den Innenwänden zulässig, aber kein fließendes Wasser. Wasserdicht heißt aber wiederum nicht, dass das Bauwerk zu 100% dampfdiffusionsdicht ist. Eine im Untergeschoss untergebrachte Bibliothek oder empfindliche Geräte sollten dennoch mit einer Außenabdichtung geschützt werden. Derartige Anforderungen berücksichtigt nunmehr die Raumnutzungsklasse.
Ich empfehle unabhängig davon, ob die DIN 18533 nun gilt oder nicht (also Altbau oder Neubau), alle Abdichtungen auf erdberührten Bauteilen - sowie in Sockelbereichen – immer gegen den Lastfall WE2.1-E (ehemals DIN 18195-6 "zeitweilig aufstauendes Wasser") auszulegen. Die klimatischen Veränderungen führten dazu, dass in den letzten Jahren lange leichte Landregen*1 so gut wie nicht mehr vorkamen. Stattdessen kommen auf Trockenperioden häufig Schlagregen*2 und immer öfter sehr ergiebige Niederschläge, welche von vielen Böden nicht mehr so schnell aufgenommen werden. Das belastet die oberflächennahen Regionen unserer Abdichtungen - also Sockel (erd- und nichterdberührt), Treppen, Türen etc.- zusätzlich. Die starken Niederschläge lassen aber auch die Grundwasserspiegel häufiger und höher ansteigen und auf diesem Niveau verharren. Wenn oben schon längst wieder die Sonne scheint, kämpft unten die Abdichtung noch um ihr Überleben. Dabei handelt es sich um Zeiträume, welche in Wochen und in Ausnahmefällen sogar in Monaten gemessen werden. Bei letzterem ist immer gegen „drückendes Wasser“ abzudichten, da dies gleichzusetzen ist, mit einem Gebäude, welches ständig im Wasser steht.
Örtlich werden Wasserstände erreicht, welche vor ein paar Jahren als nicht erreichbar ausgeschlossen wurden. Bodengutachten beschreiben aber nur den Zustand in der Vergangenheit. Sie berücksichtigen keine Entwicklungen und Trends oder städtebauliche Massnahmen. Daher werden durch Planer die Entwicklungen in Spritzwasserbereichen zu wenig berücksichtigt.
Für Hochwasserbereiche gilt, dass die Mindestanforderung an die Abdichtung immer dem Lastfall WE2.1-E genügen muss. Dabei werden die verwendeten Stoffe und Materialien, die konstruktiven Lösungen, Statik, Bodengutachten und auch die Wirtschaftlichkeit zu einem Gesamtkonzept durch den Planer zusammengeführt. So kann zum Beispiel der erdberührte Bereich eines Bauwerkes ohne Abdichtung ausgeführt und offen durchspült werden. Oder es wird eine mineralisch hinterlegte Abdichtung (z.B. Dichtschlämme und Schweißbahn) gegen Bodenfeuchte ausgeführt, die bei zeitweilig aufstauendem Wasser auch rückwärtiger Durchfeuchtung standhält. Dabei steht das Gebäude beidseitig unter Wasser.
Eine weitere Überlegung kann wirtschaftlicher Natur sein. Ein geflutetes Gebäude (Erdgeschoss, Keller oder Tiefgarage) bedarf nach jeder Flutung einer Sanierung. Hier kann der zeitliche Abstand eines hohen Grundwasserstandes sehr groß sein (Flusshochwasser) oder jährlich wiederkehrend wie in der Schneeschmelze im Gebirge.
Wichtig!
Bei der Abdichtungsempfehlung durch den Bodengutachter werden nur Mindestanforderungen genannt, also nur die Abdichtung beschrieben, welche zum Zeitpunkt der Bewertung unbedingt sein muss. Planer wiederum stützen sich bei ihren Leistungsbeschreibungen häufig nur auf das Bodengutachten. Es bedarf immer eines Gesamtkonzeptes!
Dabei hofft nahezu jeder Bauherr, nach der getätigten Investition, sich zu Lebzeiten nicht mehr mit dem Problem Wasser auseinandersetzen zu müssen. Planer und Bauausführende halten sich aber an die Gesetzes- oder Vertragslage. Diese beträgt 2 Jahre nach VOB oder 5 Jahre gemäß BGB. Bauherren sollten an dieser Stelle ihre Vorstellungen klar äußern und vertraglich vereinbaren.
*
1
Nimbostratus Wolken:
Front- oder Dauerregen, Niederschlag durch feinen Sprühregen, Eisprismen und Nebel über 0,5 Millimeter Niederschlag pro Stunde über einen Zeitraum von mindestens sechs Stunden
*
2
Kumulonimbus Wolken
Gewitterwolken mit massiven Schauer und Hagel mit mehr als 5 Litern auf den Quadratmeter in 5 Minuten, mehr als 10 Liter auf den Quadratmeter in 10 Minuten oder mehr als 17 Liter pro Quadratmeter und Stunde
1.2.1 Die alte Lastfalleinteilung nach DIN 18 195
Die alte DIN ist für das fachliche Verständnis besser geeignet, als die neue. Kennt man die alten Einteilungen, so findet man diese lediglich erweitert in der neuen Norm wieder.
Die alte DIN 18195 „Bauwerksabdichtungen“ bestand aus 10 Teilen sowie einem Beiblatt:
Teil 1: Grundsätze, Definitionen, Zuordnung der Abdichtungsarten
Teil 2: Stoffe
Teil 3: Anforderungen an den Untergrund und Verarbeitung der Stoffe
Teil 4: Abdichtungen gegen Bodenfeuchte (Kapillarwasser, Haftwasser) und nichtstauendes Sickerwasser an Bodenplatten und Wänden, Bemessung und Ausführung
Teil 5: Abdichtungen gegen nichtdrückendes Wasser auf Deckenflächen und in Nassräumen, Bemessung und Ausführung
Teil 6: Abdichtungen gegen von außen drückendes Wasser und aufstauendes Sickerwasser, Bemessung und Ausführung
Teil 7: Abdichtungen gegen von innen drückendes Wasser, Bemessung und Ausführung
Teil 8: Abdichtungen über Bewegungsfugen
Teil 9: Durchdringungen, Übergänge, Abschlüsse
Teil 10: Schutzmaßnahmen
Gemäß der nachfolgenden Tabelle der DIN 18195 werden die Abdichtungen unterschiedlich stark beansprucht. Je nachdem was zutraf, wählte man:
Abb.6) Auszug aus Tabelle 1: Zuordnung der Abdichtungsarten nach dieser Norm zu Wasserbeanspruchung und Bodenart - *Quelle: DIN 18195-1
1.2.2 Die neue (Lastfall-) Beanspruchungseinteilung nach DIN 18533
Die Beanspruchung der Abdichtung wird jetzt nicht mehr allein von der Beanspruchung durch Wasser und die Bodenklasse abhängig gemacht. Jetzt kommen noch Raumnutzung und Rissklassen hinzu. Das ist sehr wichtig, denn bisher blieb die richtige Abstimmung der Vorgaben durch das Bodengutachten, mit den Angaben der zukünftigen Nutzung durch den Bauherrn, dem zufälligen Sachverstand und Wissen des Planers oder Architekten, oder dem kostenminimierten Denken des Bauunternehmers überlassen.
Abb. 7) E DIN 18533-3, Seite 10: Es wird nach mehr Beanspruchungsarten unterschieden als bisher.- * Quelle: E DIN 18533-3: 2015-12
1.2.3 weitere Kriterien zur Auswahl der Abdichtung und des Lastfalles
Die Auswahl der Abdichtung bestimmt sich aber nicht nur nach:
der Art und der Stärke der Beanspruchung, der die Abdichtung ausgesetzt ist (dem Lastfall)
sondern auch nach:
der gewünschten Lebensdauer
Was ist damit gemeint? Bitumendickbeschichtungen werden bei Angriff durch fließendes Wasser in 10 Jahren um ca. 1mm abgetragen. Bitumenbahnen werden brüchig. Biologische Angriffe sind auch möglich. Daher ist die Abdichtung vor direktem Wasserangriff *1 zu schützen oder/und die die Schichtdicke/Verschleißschicht: z.B. Abdichtung nach Lastfall W2.1 (6) (statt des erforderlichen Lastfalles 1.2 (4) zu erhöhen.
Ein 100%-iges Einschließen der Abdichtung wäre natürlich am besten (siehe auch Abschnitt die „5 Grundregeln der Bauwerksabdichtung“, Regel 1).
der Art des Untergrundes
Rückwärtige Durchfeuchtung verringert den Haftverbund und kann Abdichtungen auf Bitumenbasis ablösen. Hier wechselt man entweder generell zu mineralischen Produkten oder verhindert mit diesen Produkten durch eine Zwischenschicht den direkten Kontakt des Bitumens zum feuchten Untergrund. Manche Anbieter schreiben eine - auch als Kontaktschicht bezeichnete - Zwischenschicht zwingend vor.
der für die Abdichtung zur Verfügung stehenden Zeit