Tanz Körper Politik - Johannes Odenthal - E-Book

Tanz Körper Politik E-Book

Johannes Odenthal

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Beschreibung

Seit den neunziger Jahren haben die Themen Körper, Bewegung und Performance nicht nur die künstlerische Produktion im Tanz, im Theater, aber auch in der Bildenden Kunst und den Medien nachhaltig verändert. Sie haben auch die kulturwissenschaftlichen und historischen Diskurse geprägt. In ausgewählten Interviews und Essays reflektiert der Kunsthistoriker und Journalist Johannes Odenthal diese Entwicklung der letzten zwanzig Jahre. Die einzelnen Texte stehen in einem kulturpolitischen Zusammenhang, der sich in zwei Schlüsselthemen der letzten Jahrzehnte manifestiert. Erstens in einer Neubewertung des Körpers als Medium der Wissensproduktion und damit auch der Kunst. Und zweitens in dem radikalen Neudenken kultureller Identitäten durch Migration und Interkulturalität. Neben Interviews mit Heiner Müller, William Forsythe, Gerhard Bohner, Ismael Ivo, Koffi Kôkô oder Kazuo Ohno stehen Essays zum zeitgenössischen Tanz und zu aktuellen kulturpolitischen Themen.

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Tanz Körper Politik

Die Essay-Sammlung ist Angelika Peters gewidmet.

Abbildungsverzeichnis

Seite 16: © Institut Jaques-Dalcroze, Genf, Seite 28: © Dominik Mentzos, Seite 31: © Gert Weigelt, Seite 33 und 39: © Klaus Rabien, Seite 46 und 47: © Agentur Troubleyn, Seite 65: © Jirka Jansch, Seite 77 und 79: © Roxana Herbst, Seite 123: © Gert Weigelt, Seite 129: © Rolf Arnold, Seite 145: © Sigg Collection, Seite 153 – 155: © Liu Sola, Seite 157: © Ensemble Modern, Liu Sola, Foto: Michael Löwa, Seite 158: © Liu Sola, Fotos: Lu Yue, Seite 163: © Şükran Moral

Wir haben uns bemüht, alle Rechteinhaber

zu ermitteln, weitere berechtigte Ansprüche

bitten wir an den Verlag zu richten.

Johannes Odenthal

Tanz Körper Politik

Texte zur zeitgenössischen Tanzgeschichte

Recherchen 27

© 2005; 2. erweiterte Auflage, 2012 by Theater der Zeit

Texte und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich im Urheberrechts-Gesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeisung und Verarbeitung in elektronischen Medien.

www.theaterderzeit.de

Redaktion: Julia Niehaus, Lutz Stirl

Gestaltung: Sibyll Wahrig

Umschlagabbildung: Louise Lecavalier, Compagnie La La La Human Steps, © Photo André Cornellier

Printed in Germany

ISBN 978-3-943881-42-4

Johannes Odenthal

Tanz Körper Politik

Texte zur zeitgenössischen Tanzgeschichte

Vorwort

Vorwort zur zweiten, erweiterten Auflage

TANZ

Getanzter Raum

Konflikte des modernen Tanztheaters

Paradigmenwechsel im Tanz

Ein Gespräch mit William Forsythe

Die Entmythisierung der Welt

Versuch über William Forsythe

Pose und Bewegung zu Raum

Zu Gerhard Bohners solistischem Werk

Gespaltener Raum

Innere Konflikte des Individuums als Orte des neuen Dramas

Der zeitgenössische Tanz findet eine historische Dimension

Repertoire und Rekonstruktionen sind wichtige Voraussetzungen für die Etablierung des zeitgenössischen Tanzes

KÖRPER

Der Körper ist eine Bibliothek

Gespräch mit Koffi Kôkô

Tanz – Subjekt – Ritual

Drei Thesen zum Solo

Der Mensch ist nicht das Zentrum des Universums

Zum 90. Geburtstag von Kazuo Ohno. Ein Gespräch

Für eine Theorie des Androgynen

Die Figur der Überschreitung im Tanz

Den Körper schreiben

Wegsein und Dasein in den Zeichnungen von Jan Fabre

Eigentlich entsteht Theater nur auf einem Schnittpunkt von Angst und Geometrie

Alain Neddan und Johannes Odenthal im Gespräch mit Heiner Müller

POLITIK

Von der Schwierigkeit, nationale Denkmäler in Berlin zu errichten

Ein Beitrag zur aktuellen kulturellen Situation in Deutschland

Tanz als wortloses Esperanto

Wie Migration und kulturelle Vielfalt den zeitgenössischen Tanz prägen

Globalisierung

Warum der Tanz immer politischer wird? Weil er als Botschafter einer antifundamentalistischen Kultur dient.

Ist der Körper immer noch ein Tabu?

Gespräch mit Ismael Ivo anlässlich der neuen Produktion Othello

Das Koloniale Erbe Europas

Über die Notwendigkeit, das Verhältnis zu den außereuropäischen Kulturen auch in der Praxis zu verändern. Aspekte der Programmarbeit im Haus der Kulturen der Welt

Erinnern und Vergessen

Fragmente zu einer Körper-Geschichte des Tanzes

Ich male eine chinesische Erfahrung mit den Abbildungen von Velazquez‘ Werken

Gespräch mit Chen Danqing

Ich habe mir das Denken selbst beigebracht

Gespräch mit Liu Sola

Ich führe das Publikum nicht zum Orgasmus

Gespräch mit Şükran Moral

ANHANG

Der Autor

Textnachweis

VORWORT

Die in diesem Band zusammengestellten Texte, geschrieben zwischen 1990 und 2005, orientieren sich an aktuellen künstlerischen und kulturellen Entwicklungen, wurden in Gesprächen mit Künstlern oder in Reflektion auf das jeweilige Zeitgeschehen entwickelt. Sie stehen in einem größeren kulturpolitischen Zusammenhang, der sich in zwei Schlüsselthemen der letzten Jahrzehnte manifestiert. Erstens in einer Neubewertung des Körpers als Medium der Wissensproduktion und damit auch der Kunst. Und zweitens in dem radikalen Neudenken kultureller Identitäten durch Migration und Interkulturalität.

Dabei war von Beginn an mein Kernanliegen, theoretische Aspekte in konkrete Wirklichkeitsbezüge zu übersetzen. Die Herausgabe der Zeitschriften tanz aktuell, später ballett international/tanz aktuell, war eine Form dieser Umsetzung. Die Zeitschriften, und mit ihnen die Artikel, verstanden sich als kulturpolitische Medien der Kommunikation und Vernetzung, aber auch der Projektentwicklung. So entstanden im Umfeld der Zeitschriften Festivals, Laboratorien, Symposien und Vorträge, die im Grenzbereich von künstlerischer Praxis und wissenschaftlichem Diskurs neue Wissensformen recherchierten.

Insofern ist die Programmarbeit im Haus der Kulturen der Welt in Berlin nur ein konsequenter Schritt in diese Richtung gewesen. Dabei verknüpfte sich für mich die Arbeit an einer zeitgenössischen Tanzbewegung mit der Frage nach Interkulturalität und Migration – zwei Schlüsselthemen der aktuellen Gesellschaftsentwicklung und Kulturwissenschaften. Ebenso wie der Tanz ist die Interkulturalität nicht allein theoretisch zu fassen. Und wie eine komplexe Vorstellung von Wissen nicht mehr ohne den Körper und das Performative auskommt, ist Interkulturalität nur im Kontext praktischer Erfahrung zu verhandeln. Interessanterweise existieren zudem zahlreiche Verknüpfungen zwischen beiden Themenkomplexen. So greifen die zeitgenössischen Tänzer und Choreografen intensiv auf interkulturelle Erfahrungen zurück. Die internationale Tanzszene ist zu einer wegweisenden Kunstsprache jenseits nationaler Konzepte geworden. Internationale Netzwerke treten an die Stelle nationaler Referenzen. Und auf der anderen Seite wird die Dekonstruktion nationaler Identitäten, die Neubestimmung und Aktualisierung von Traditionen, von vielen Künstlern und Theoretikern an den Körperbildern und Körpergeschichten festgemacht. Der performative Körper bildet den individuellen Erfahrungs horizont der ungeheuren Veränderungen in der postkolonialen und globalen Kulturentwicklung überall auf der Erde. Tanz, Theater und Bewegung, aber auch Fotografie und Video werden zu den zentralen Medien der Neubestimmung. Die hier ausgewählten Essays und Interviews folgen diesen Grundthemen.

Die 17 Texte sind in drei Kapitel mit unterschiedlichen Schwerpunkten gegliedert. In einem ersten Teil geht es um die Lesbarkeit des zeitgenössischen Tanzes, um die Beschreibbarkeit eines zeitgenössischen Phänomens. Über die Themen Raum und Bewegung, Abstraktion und Körper, Erinnerung und Trauma habe ich versucht, die aktuellen Ereignisse und Entwicklungen in Zusammenhängen zu sehen, zu analysieren und theoretisch zu verorten. Die Beiträge zum Anthropologischen Raum, zu Forsythe und Bohner, zu Lauwers und Fabre und zu den Rekonstruktionsversuchen beschreiben Ansätze, wie der zeitgenössische Tanz in ästhetischen Zusammenhängen gelesen werden kann.

Im zweiten Teil steht der Körper im Zentrum. Koffi Kôkô spricht von dem »Dritten Körper«, von einem Körper der Transgression. Am Beispiel der Solos von Gerhard Bohner oder Kazuo Ohno wird deutlich, wie sehr die Frage der Identität, des modernen Subjekts, an den Körper gebunden ist. Das Tanzsolo ist insofern ein Schlüsselmotiv der Moderne. Einen vergleichbaren Ansatz hat Jan Fabre mit seinem visuellen Werk unternommen. Die blauen Bic-Zeichnungen sind Versuche, den Körper zu schreiben.

Im dritten Teil rücke ich die politische Dimension der aktuellen Künste, insbesondere des Tanzes und des Theaters, in den Vordergrund. Hier wird die Kategorie des kulturellen Gedächtnisses wichtig, der Umgang mit der eigenen Geschichte und die Transformationsleistungen der zeitgenössischen Künstler. Ausgehend von der Schwierigkeit, nationale öffentliche Denkmäler in Berlin zu errichten, wird eine Mentalitätengeschichte sichtbar, die im »Verhüllten Reichstag« kulminiert. Die Besucher werden zu den Performern. Möglicherweise wird hier eine neue Form der Inszenierung von Identität sichtbar. Schließlich wird im interkulturellen Dialog, ob nun durch Festivals und Austauschprojekte oder durch Migration, die neue politische Relevanz von Kunst und Kultur am deutlichsten. Welche Konzepte von Austausch und Kommunikation sind möglich jenseits nationaler Konzepte wie Integration und Exotisierung?

Johannes Odenthal

Berlin, im November 2005

VORWORT ZUR ZWEITEN, ERWEITERTEN AUFLAGE

Erweitert wurde der Band um Interviews mit dem Dramatiker Heiner Müller von 1991, der türkischen Performancekünstlerin Şükran Moral (2009), der chinesischen Sängerin und Komponistin Liu Sola und dem Maler Chen Danqing (beide 2010). Es sind Interviews, die den politischen Aspekt künstlerischer Produktion weiter herausarbeiten, entstanden im Dialog mit herausragenden Persönlichkeiten, die ihre Kunst jeweils zu einer Sprache der Aufklärung, der Emanzipation aus verborgenen Machtstrukturen geformt haben. Sie folgen dem Prinzip der ersten Ausgabe, gemeinsam mit den Künstlern und ihren Werken ein Denken aus der Kunst, aus dem Tanz, der Performance, der Aktion heraus zu entwickeln.

Auch mit der neuen Auflage geht es in keinem Fall um einen Überblick zu einer bestimmten Szene oder Entwicklung. So subjektiv und zufällig die Begegnungen mit Gerhard Bohner, William Forsythe, Koffi Kôkô, Ismael Ivo, Kazuo Ohno, Jan Fabre, Heiner Müller, Liu Sola, Chen Danqing oder Şükran Moral auch erscheinen, so konsequent und unausweichlich stehen sie für einen existentiellen Zugang zur Kunst. Kunst ist hier Strategie des Überlebens, ist Hebel zur Erkenntnis, ist Aufstand, Widerstand und Transzendenz.

Eine unsichtbare Klammer für diese Beiträge ist allerdings die Herausforderung der Moderne. Die Frage nach dem modernen Subjekt betrifft die Geschichte der Tanzmoderne, aber auch die des Dramas, der Performancekunst. Und sie betrifft einen Aufklärungsprozess nach dem Zeitalter von Kolonialismus und europäischem Universalismus, einen Prozess, der das Politische wieder in die Künste zurückgebracht hat.

Johannes Odenthal

Berlin, 2012

TANZ

GETANZTER RAUM

Konflikte des modernen Tanztheaters

Wenn die Dinge in unserem Leib Wurzeln schlagen, dann entwickeln die Gegenstände eine schwindelerregende Nähe, in der sich Mensch und Welt verschlingen. Die Nähe zur Welt, wie sie dem mythischen Bewusstsein verbunden ist, löst die Objektivierung des Standpunktes auf, findet aber, so Maurice Merleau-Ponty, das philosophische Bewusstsein wieder.

Es ist kein anderer Weg zu wissen, was der mythische oder der schizophrene Raum besagen wollen, als in uns, in unserer aktuellen Wahrnehmung, gerade jenes Verhältnis des Subjekts zu seiner Welt wiederzuerwecken, das von der reflexiven Analyse zum Verschwinden gebracht wird […]. Es gilt, als allen bedeutungsgebenden Akten des thetischen und theoretischen Denkens vorgängig die Ausdruckserlebnisse […] zu erkennen.1

Eine Leiberfahrung, wie sie Merleau-Ponty für das mythische und das schizophrene Bewusstsein beschreibt, kann das eigene Subjekt nicht losgelöst von der Beziehung zum Objekt, zum Raum betrachten. Die Erfahrung der eigenen Bewegung und Ausdehnung und der beständige Wandel der Beziehung zur Welt sind Ausgangspunkte einer anthropologischen Raumbetrachtung, die sich dem Anderen nicht perspektivisch entzieht. Das Herausnehmen des Leibes aus einer Betrachtung von Wirklichkeit, das Robert Romanyshyn am Beispiel des Perspektivraumes beschrieben hat – der Maler zieht sich mit seinem Leib hinter das geometrische Raster, durch das er die äußere Welt ordnet, zurück –, ist im anthropologischen Raum aufgehoben in der teilhabenden Nähe des lebendigen Körpers.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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