Tausendundein Tag - Hera Lind - E-Book

Tausendundein Tag E-Book

Hera Lind

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Beschreibung

Eine junge Frau, ein fremdes Land, eine unheilvolle Liebe: Hera Lind schreibt Romane, die fesseln!

Nach einem hervorragenden Abitur könnte Katharina von Schenck studieren, stattdessen heiratet sie ihre große Liebe Falk. Der viel ältere Pilot nimmt sie mit auf Reisen und legt ihr den Himmel zu Füßen, bis er mutwillig alles zerstört. Umso mehr stürzt sich Katharina später in ihre Liebe zu Bernd und folgt ihm bedingungslos in den Iran, wo er als Bauingenieur arbeitet. Aber Chomeinis Glaubenswächtern ist sie ein Dorn im Auge: Als die couragierte Katharina sich für eine Dreizehnjährige einsetzt, die zwangsverheiratet werden soll, hat das für sie folgenschwere Konsequenzen ...

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Seitenzahl: 430

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HERA LIND

Tausendundein Tag

Roman nach einer wahren Geschichte

 

 

Über den Roman

Der sportlichen Katharina von Schenck steht mit siebzehn die ganze Welt offen: Sie reist ins sonnige Kalifornien, wo sie ein Jahr später ihre große Liebe aus Deutschland heiratet. Doch Falk enttäuscht sie so perfide, dass sie glaubt, nicht tiefer fallen zu können. Umso heftiger sind ihre Gefühle für Bernd, einen Bauingenieur, der im Iran ein großes Projekt leitet. Sie will Falk vergessen und folgt Bernd nach Shiraz, wo ihr Leben gegensätzlicher nicht sein könnte. Nach Khomeinis Machtübernahme haben Frauen keine Freiheiten mehr und müssen sich verschleiern. Aus Liebe arrangiert sich Katharina, schließt Freundschaften und entdeckt die geheimnisvollen Schönheiten des Landes. Bis sie eines Tages von drei bärtigen Glaubenswächtern brutal überfallen wird – eine Schande, für die ihr Gefängnis droht und die zudem nicht ohne Folgen bleibt …

Über die Autorin

Hera Lind studierte Germanistik, Musik und Theologie und war Sän­gerin, bevor sie mit ihren zahlreichen Romanen von Die Champagner-Diät über Verwechseljahre bis hin zu Verwandt in alle Ewigkeit sensationellen Erfolg hatte. Auch mit ihren Tatsachenromanen Der Mann, der wirklich liebte, Himmel und Hölle, Gefangen in Afrika und Drachenkinder eroberte sie wieder die SPIEGEL-Bestsellerliste. Hera Lind lebt mit ihrer Familie in Salzburg.

 

 

Copyright: © Regina Hügli

 

 

Vorbemerkung

Dieses Buch erhebt keinen Faktizitätsanspruch. Es basiert zwar zum Teil auf wahren Begebenheiten und behandelt typisierte Personen, die es so oder so ähnlich gegeben haben könnte. Diese Urbilder wurden jedoch durch künstle­rische Gestaltung des Stoffs und dessen Ein- und Unterordnung in den Gesamt­organismus dieses Kunstwerks gegenüber den im Text beschriebenen Abbildern so stark verselbstständigt, dass das Individuelle, Persönlich-Intime zugunsten des Allgemeinen, Zeichenhaften der Figuren objektiviert ist.

Für alle Leser erkennbar erschöpft sich der Text nicht in einer reportagehaften Schilderung von realen Personen und Ereignissen, sondern besitzt eine zweite Ebene hinter der realistischen Ebene. Es findet ein Spiel der Autorin mit der Verschränkung von Wahrheit und Fiktion statt. Sie lässt bewusst Grenzen verschwimmen.

Originalausgabe 12/2014

Copyright © 2014 by Diana Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlaggestaltung | t.mutzenbach design, München

Umschlagmotiv | © age fotostock / LOOK-foto; Shutterstock

Satz | Christine Roithner Verlagsservice, Breitenaich

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-641-14520-0

www.diana-verlag.de

 

Mai 1974

Nebenan checkte die Crew ein. Lauter gut aussehende junge Leute in schicken Uniformen schlängelten sich lächelnd an uns Passagieren vorbei. Ich fing den Blick des Piloten auf, der mich amüsiert musterte. Ja, ich gebe es zu: Ich war schrecklich aufgeregt und schrecklich glücklich. Voller Reisefieber lief ich in meinen lässigen neuen Turnschuhen und meinen angesagten Schlaghosen vor dem Schalter auf und ab, während mein Vater sich noch um ein Upgrade in die erste Klasse bemühte. Von nun an würde sich mein ganzes Leben ändern. Besser gesagt: Es würde überhaupt erst richtig anfangen!

»Unsere Tochter hat ihr Abitur mit Auszeichnung bestanden, obwohl sie eine ganze Klasse übersprungen hat!«, musste meine Mutter laut herausposaunen. »Und da schenken wir ihr einen unvergesslichen Kalifor­nien-Aufenthalt!«

Ich spürte, wie ich bis zu den Haarspitzen errötete. Verlegen nestelte ich an den Zipfeln meiner vor dem Bauch gebundenen Bluse. Das hatte dieser schicke Pilot doch mit Sicherheit gehört! Und wie ich meine Mutter kannte, wollte sie sogar, dass er das hörte! Sie brachte es noch fertig, ihn aufzufordern, dass er mich zu sich ins Cockpit einlud! Ich sah, wie der schöne Pilot die Brauen hochzog. Er sah mir direkt in die Augen, und ich wollte den Blick nicht senken, also grinste ich schief zurück. Ach, dass Mütter so peinlich sein können! Was musste dieser Halbgott in Uniform denn von mir denken? Ich schob energisch das Kinn vor und beachtete ihn einfach nicht weiter.

Mit gönnerhafter Geste schob uns die Bodenstewardess die neuen Bordkarten herüber: »Na dann viel Spaß in Kalifornien, junge Dame! Wo geht es denn hin?«

»Santa Barbara«, platzte meine Mutter vor Mitteilungsdrang. »Da wohnt nämlich Thaddäus, unser Sohn! Er ist Banker, mit einer entzückenden Amerikanerin verheiratet und hat zwei hinreißende Kinder!«

»Mama!« Nun reichte es aber! Als wenn das hier eine Sau interessierte! Der Name Thaddäus war schon peinlich genug. Im Vergleich dazu konnte ich dankbar sein, dass ich Katharina hieß!

Um die Mundwinkel des schönen Piloten zuckte es, als er in seinem blütenweißen Hemd unterm tadellos sitzenden Jackett mit den vier goldenen Streifen auf der Schulter an mir vorbeiging, um seiner Berufung nachzugehen: nämlich uns, die Familie von Schenck, ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu fliegen!

Und genau die wollte ich ausnutzen. Ich war siebzehn, und die Welt stand mir offen! Oh, ich freute mich so ­unbändig! Mindestens ein Jahr wollte ich bleiben. Nicht, dass ich was gegen meine Eltern hatte. Beileibe nicht. Aber ein Jahr Auszeit von ihnen – speziell von meiner Mutter – würde mir guttun. Ich meine, welche Siebzehnjährige braucht nicht ein Jahr Auszeit von ihrer Mutter? Ich würde richtig toll Englisch lernen. Und mich um Joey und Charly kümmern, meine süßen kleinen Neffen.

Meine Eltern würden mich fürs Erste begleiten und natürlich auch ein paar Tage bei Ted, Pam und den Kleinen bleiben, bevor sie zu Tante Agnes und Onkel Bruno nach Argentinien weiterreisten. Tante Agnes war Papas ältere Schwester und hatte dort direkt nach dem Krieg mit Onkel Bruno lukrative Geschäfte gemacht. Die beiden besaßen riesige Plantagen und hatten Mama und Papa so lange in den Ohren gelegen, bis diese beschlossen hatten, ebenfalls dorthin auszuwandern. Sie hatten nur noch mein Abitur abgewartet, und das war jetzt bestanden.

Mit Auszeichnung.

Ich atmete tief ein und aus. Das war einer der Höhepunkte meines Lebens! Ich durfte frei bestimmen, ob und wann ich nachkommen würde. Aber im Moment lockte mich Argentinien nicht besonders. Was sollte ich mit ­Mama und Papa bei Onkel Bruno und Tante Agnes auf der Kaffeeplantage herumhocken! Kalifornien war das Ziel meiner Träume! Die Rolling Stones, Creedence Clear­water Revival – ich würde abtanzen bis zum Gehtnichtmehr! Und tagsüber wellenreiten, Cabrio fahren, windsurfen und Tennis spielen! Zum Glück hatte Papa immer viel Wert darauf gelegt, dass ich Sport trieb, und das Ergebnis war eine blendende Figur. Sollte der Pilot doch ruhig grinsen! Ich fuhr mir durch die langen blonden Haare und warf sie über die Schulter. Ich würde Hamburger essen, bis ich platzte und diese wundervollen, in Sirup schwimmenden Pancakes, die Pam zubereiten konnte wie keine andere. Konnte ich mir doch alles leisten. Und bauchfrei würde ich natürlich auch gehen wie alle kalifornischen Strandschönheiten. Und einen gepunkteten Bikini würde ich mir kaufen. Oder vielleicht sogar einen von diesen gehäkelten, die hauptsächlich aus Luftmaschen bestanden und gerade schwer in Mode ­waren.

»Los, Schätzchen, jetzt sind wir dran!«

Meine Mutter scheuchte mich herrisch durch die Sicherheitskontrolle, bewaffnet mit diversen Hutschachteln und anderem Handgepäck.

»Die erste Klasse darf jetzt einsteigen!«

»Ja, Mama, wir haben’s alle gehört …«

Verschämt senkte ich den Blick. Musste denn die ganze Welt mitkriegen, dass wir jetzt auswanderten und dass heute ein besonderer Tag für uns war? Fehlte nur noch, dass sie sagte: »Man gönnt sich ja sonst nichts.«

Papa grinste nur. Wie ein Gentleman schlenderte er nur mit seinem Stockschirm über das Rollfeld. Unsere zahlreichen riesigen Koffer lagen schon verschnürt im Bauch der Maschine. Auf den Stufen der Flugzeugtreppe drehte sich Papa noch einmal um: »Auf Wiedersehen, Deutschland! Es war eine schöne Zeit.«

»Aber jetzt fängt ein ganz neuer Lebensabschnitt an!« Mama zupfte an ihrem weißen Hosenanzug und klapperte nervös mit den Augendeckeln, sodass ihr grüner Lidschatten voll zur Geltung kam. »Ach, Karl, ich brauche jetzt sofort einen Gin Tonic!«

Auch ich hielt auf der obersten Stufe der Flugzeugtreppe inne. Instinktiv sog ich noch einmal tief die Luft ein und ließ meinen Blick über den Frankfurter Flughafen schweifen. Alles grau in grau, trist und düster. Danke für das schlechte Wetter!, dachte ich. Das macht mir den Abschied von meiner Kindheit und meiner Heimat leicht. Eigentlich wollte ich ein Dankesgebet murmeln, aber mir fiel nichts ein. Da war ich neun Jahre lang auf einer Klosterschule gewesen, doch ein passendes Gebet hatte ich nicht im Repertoire. Ich schloss die Augen. Na gut: Lieber Gott, mach, dass wir heil ankommen. Und dass Mutter mich nicht weiter blamiert. Amen. Und mach, dass ich bald einen ganz tollen Mann treffe! Noch mal Amen.

Als ich die Augen wieder öffnete, blickte ich in das grinsende Gesicht des Piloten. Oje. Was musste der von mir denken? Aufgekratztes kleines Huhn, das mit seiner noch viel aufgekratzteren, flatternden, schnatternden Hühnermutter und dem stolzen Hahnenvater zum ersten Mal im Leben fliegt. Und dann gleich so weit weg! Schon wieder schoss mir die Röte ins Gesicht. Trotzdem betrat ich betont lässig das Flugzeug, um es mir in der ersten Klasse bequem zu machen, als würde ich das ständig tun. Der tolle Pilot sollte bloß nicht denken, er hätte es mit einem kleinen dummen Schulmädchen zu tun!

Dabei war ich tatsächlich aufgeregt wie noch nie im Leben! Morgen würde ich meinen ersten Sonnenuntergang über dem Pazifik sehen! Ich zwickte mich in den Arm, um mich davon zu überzeugen, dass das nicht alles nur ein Traum war. Mama blätterte bereits in einem Mode­magazin und schlürfte ihren Drink.

»Guck mal hier, Liebes, die Farah Diba!«

Auf dem Hochglanzmagazin prangte die persische Kaiserin mit ihrem berühmten Lidstrich, die man in diesem Frühling in jedem Klatschblatt sah. Sie trug ein weißes tief ausgeschnittenes Kleid mit feinsten Stickereien am Dekolleté und an den weiten Flatterärmeln und blickte majestätisch in die Ferne. Mutter seufzte. »So eine wunderschöne Frau!«

Wir vertieften uns beide in die Illustrierte, die über ­einen Frankreichbesuch des persischen Kaiserpaars berichtete. Auch der Schah sah toll aus in seiner kaiserlichen Uniform. Auf seinen Schultern prangten glitzernde Bordüren, und er trug eine goldene Schärpe.

»So ein faszinierendes Paar«, sagte Mutter beeindruckt.

»Na ja, die einen sagen so, die anderen sagen so«, murmelte Vater, der seine Zeitung aufschlug. »Sie sind nicht überall so beliebt wie bei den deutschen Klatschblattleserinnen.«

»Ach, Karl! Lies du deinen Politikkram!«

»Eben«, sagte Vater. »Eben drum.« Das sagte er oft, wenn er das Gefühl hatte, gegen Mutter nicht anzukommen. Obwohl er zehnmal klüger und gebildeter war.

Dafür war Mutter schön. Also bestimmt mal gewesen.

»Farah Diba bricht ja unter ihrem Diadem fast zusammen«, witzelte ich, um elterlichen Ehekrach schon im Keim zu ersticken.

»Das ist ja bereits seine dritte Frau«, seufzte Mutter. »Die erste hat er schon in den Fünfzigerjahren verstoßen, weil sie nur eine Tochter geboren hat. Und die zweite konnte ihm überhaupt keine Kinder gebären.«

Ich verdrehte die Augen.

»Ach, Edith«, ließ mein Vater sich hinter seiner Frank­furter Allgemeinen vernehmen. »Solange du uns die Weltpolitik erklärst, ist alles gut.«

Mutter ignorierte wie immer seine leise Ironie und tippte mit ihrem lackierten Finger auf die Illustrierte: »Ein MÄNNLICHER Thronfolger ist in solchen Kreisen erwünscht.«

»Aha«, machte Vater und zog genüsslich an seiner dicken Zigarre. Dabei zwinkerte er mir verschwörerisch zu.

»Cyrus Reza Pahlavi! Süß, der Kleine! Hach, diese dunklen Augen … Diese kulleräugigen Kinder, die könnte ich alle knuddeln.«

»Ja, ja, Edith. Bald knuddelst du ja deine Enkelkinder.«

»Ob die mich überhaupt verstehen?« Mutter zupfte an ihrem Ohrring. »Oder reden die nur Englisch?«

»Wir starten!«

Ich riss mich von der kaiserlichen persischen Hochglanzfamilie los und schaute aus dem Fenster. Der schöne Pilot schien sich endlich auf seine Arbeit zu konzentrieren: Wir hoben tatsächlich ab. Ganz sanft verließen wir deutschen Boden und schossen in die graue Wolkensuppe hinein. Die letzten Frankfurter Hochhäuser und Fabrikschlote verschwanden im Nebel. Von mir aus konnten sie mir für immer gestohlen bleiben. Pah, Hochhäuser! In Kalifornien würde ich in der Sonne blitzende Wolkenkratzer sehen! Und zwar vor blauem Himmel! Mit diesen tollen verspiegelten Fenstern! Thaddäus hatte uns Bilder geschickt, und ich konnte es kaum erwarten, diese paradiesische neue Welt zu betreten.

Vater lugte hinter seinem Wirtschaftsteil hervor: »Na, Katharina, Süße … Freust du dich?«

»Und wie, Papa!« Ich zwickte ihn neckisch in den Arm. »Ich bin euch so dankbar, dass ihr mir dieses eine Jahr Amerika schenkt!«

»Aber klar doch, Kleine. Du hast es dir verdient. Immerhin hast du mit siebzehn als Jüngste das beste Abitur gemacht!« Täuschte ich mich, oder traten meinem Vater Tränen in die Augen?

»Ja, die Intelligenz hast du von deinem Vater«, mischte sich Mutter ein, die nun bei einem Handarbeitsmagazin zum Ausschneiden und Mitschneidern gelandet war. »Aber das Aussehen hast du von mir!«

»Das hört sich doch nach einer gelungenen Mischung an!«, sagte da plötzlich eine sonore Stimme schräg hinter mir. Eine Stimme wie aus einem Kino-Trailer. So eine ultratiefe Subwoofer Stimme.

Ich fuhr herum. Neben meinem Sitz stand der Pilot. Meine Güte, der sah ja noch besser aus als gedacht! Eine Art Clark Gable mit Grübchen im braun gebrannten, markanten Gesicht. Mir schoss schon wieder alles Blut ins Gesicht. Ja hatte der denn gar nichts zu tun, lenken, Funksprüche durchsagen oder so?

»Darf ich die junge Dame mal für ein paar Minuten ins Cockpit entführen?«

Mein Herz setzte aus. Das hatte ich doch vorhin nur gedacht, und nicht laut gesagt, oder? Sehr charmant verbeugte er sich vor meinen Eltern. Wollte der mich auf den Arm nehmen? Ich war doch nicht elf oder so! Ich ließ doch keinen Papierflieger durchs Klassenzimmer sausen oder machte sonst irgendwie den Eindruck, beschäftigt werden zu wollen!

Mutter errötete auch und ließ ihre grünen Augendeckel klappern, Vater nickte gnädig. »Aber lassen Sie sich von diesem neugierigen Grünschnabel nicht von der Arbeit abhalten!«

Verdattert stolperte ich hinter diesem perfekten Mann her. Wie alt mochte er sein? Mitte dreißig bestimmt. Also etwa doppelt so alt wie ich. Zu meiner Erleichterung saß da noch ein anderer uniformierter Mensch, der eifrig an Hebeln herumfummelte und an Knöpfen drehte. Natürlich war der nicht halb so schön. Ein kleiner Bulliger mit Stiernacken und Halbglatze.

»Hallo Arno, ich hab uns netten Besuch mitgebracht.« Mein schöner Pilot wies mir seinen Sitz zu, und ich bekam weiche Knie.

»Tu was du nicht lassen kannst, Falk«, sagte Arno und murmelte ein paar englische Brocken ins Mikrofon.

Nun saß ich doch tatsächlich auf dem Pilotensitz! »Falk«, wie er anscheinend hieß, beugte sich über mich, sodass ich seinen männlich-herben Duft riechen konnte, und erklärte mir die verschiedenen Schaltknöpfe. Er führte meine Hände zu den verschiedenen Hebeln, und mein Herz klopfte zum Zerspringen.

»Mein Gott, ich fliege doch nicht wirklich diese ­Boeing?« Mein Kopf schnellte herum, und meine Lippen streiften beinahe seinen weißgestärkten Hemdkragen.

»Doch, Püppi. Tust du.« O Gott, ich musste die Augen zukneifen, so nah war sein Gesicht vor meinem. »Und jetzt fliegt Püppi noch einen Looping…«

»Falk, lass den Quatsch«, brummte Arno.

Ich weiß nicht, wie lange ich da vorn im Cockpit bei den beiden Halbgöttern saß. Ich weiß nur noch, dass ich im siebten Himmel schwebte. Im wahrsten Sinne des Wortes. Und dass ich das glücklichste Mädchen auf der ganzen Welt war.

 

 

1975

Die Zeit in Kalifornien war wie ein schöner Traum. Wie einer jener rosaroten Träume, aus denen man nie mehr erwachen möchte. Alles passte. Ich fühlte mich leicht und frei, so jung und knackig wie frischer grüner Salat. Mama und Papa waren irgendwann nach Argentinien weitergereist, nicht ohne mir anheimzustellen, ihnen jederzeit folgen zu können, falls es mir hier zu langweilig würde.

Aber das wurde es mitnichten! Kalifornien war einfach nur cool! Alles war Flower Power, bunt, lässig, freundlich. Alles schien erlaubt – etwas Besseres war für eine inzwischen Achtzehnjährige, deren Eltern meilenweit weg sind, gar nicht vorstellbar! Ich lag am weißen Sandstrand, ließ mich in den Wellen treiben, joggte kilometerlang den Strand entlang. Ich erkundete die sonnendurchflutete Stadt mit den tollen Shops und Einkaufszentren, saß stundenlang vor den Hamburgerläden oder Juice Bars in der Sonne und beobachtete die verrückten Leute, die hier in Stiefeln zu Minikleid und kurzer Hose auf und ab flanierten. Zusammen mit ihren zum teil abenteuerlich getrimmten oder sogar bekleideten Hunden. Es war ein buntes schrilles Bild, im Hintergrund der blaue Ozean mit den weiß schäumenden Wellen und den vielen Surfern, die wie glänzende Seehunde durch die Gischt glitten, und auf abenteuerlichste Weise den Riesenbrechern standhielten. Im Vordergrund der ockergelbe breite Sandstrand mit den rotweiß gestreiften Sonnenschirmen, gesäumt von großzügig angelegten sattgrünen Rasenflächen und Palmen, die sich im Wind wiegten. Dazu die üppigen Blumenbeete, die hier die Straßenränder schmückten. Die prächtigen Anwesen der Anwohner waren hinter riesigen Oleander- oder Hibiskushecken verborgen. Überall wässerten Gärtner mit Strohhüten die prächtigen Büsche und Stauden, die in den herrlichsten Farben blühten. Kein Maler hätte es farbenfroher und kitschiger malen können. Keine Postkarte war so schön wie das Original, und den betörenden Duft nach Honig und Vanille, ja das Zwitschern der vielen Vögel und das Lachen und Keckern der Möwen konnte man sowieso nicht auf einem Foto einfangen. Aus allen Autos und Cafés kam fetzige Musik, und gegen Abend duftete es aus Restaurantküchen und geöffneten Terrassenfenstern dezent nach Knoblauch und frisch gegrilltem Fisch. Außerdem lag ständig leichter Marihuana-Geruch in der Luft. So stellte ich mir das Paradies vor. Es konnte dort nicht besser sein! Die Menschen waren braun gebrannt, Männlein wie Weiblein schmückten sich mit abenteuerlichen Mähnen, auf die sie breitkrempige Lederhüte setzten, lächelten mit unglaublich ebenmäßigen weißen Zähnen, kauten Wrigleys Chewing Gum und stellten ihre wunderschön durchtrainierten Körper zur Schau – wenn sie nicht gerade extrem fett waren, was an ihrem über­mäßigen Verzehr von diesem neuartigen, fetttriefenden »Fastfood« lag, das man, eingewickelt in braunes Papier, mit den Fingern essen konnte. Die Burger-Läden schossen wie Pilze aus dem Boden. Die beliebteste Kette, die im benachbarten San Bernardino ihre erste Filiale eröffnet hatte, zierten die »Golden Arches« als Logo, und dort trieb sich die Jugend der hippen Kleinstadt am liebsten herum.

Ich staunte über die Vielfalt der Menschen, die jedoch alle freundlich waren. Auf der breiten Strandpromenade zogen sexy Rollschuhläuferinnen und knackige Skater ­ihre Bahnen. Bald kurvte ich selbst mit diesen neumodischen Rollschuhen herum, natürlich mit den voll angesagten knallbunten Kofferradios, die wir bei solch sportlichen Unternehmungen stets unterm Arm hatten. Selbstverständlich genoss ich es, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Strandboys zu stehen. Ich hatte mir einen knallgelben Bi­kini zugelegt und trug dazu rote Hotpants, was hier absolut nichts Anstößiges war. Es war ein Ausdruck von Lebensfreude und Coolness, keinesfalls hatte ich die Absicht, Männer damit aufzureißen.

Thaddäus passte auf mich auf, das hatte er Mama und Papa versprochen.

Schon nach kurzer Zeit war ich nicht nur knackig braun gebrannt, sondern sprach das amerikanische Englisch wie meine Muttersprache. Für meine neuen Freunde war ich sweet little Kathy from Germany. Man fragte mich manchmal nach Hitler, worauf ich nichts antworten konnte, aber dann ließ das Interesse auch nach. Ich konnte Tennis und Squash spielen, dass es nur so krachte, und Thaddäus nahm mich zum ersten Mal mit auf den Golfplatz, wo ich mich auch nicht blöd anstellte. Ich hatte ein gutes Ballgefühl, und in meinem Gymnasium war viel Wert auf täglichen Sport gelegt worden. Glücklicherweise konnte ich auch reiten, was ich morgens gern mit Pam am Strand tat. Wir ritten der aufgehenden Sonne entgegen und galoppierten dann durch die spritzende Gischt zurück zur Biltmore-Steilküste, die um diese Zeit in märchenhaftes Licht getaucht war.

Thaddäus, von den Amerikanern knapp »Ted« genannt, weil sie mit dem »Th« in seinem Namen nur ein Lispeln zustande brachten, fuhr ein schickes Cabrio, einen türkisfarbenen Cadillac, der auf der Straße lag wie eine Bade­wanne. Wenn wir abends bei lauter Musik damit herumfuhren und mit wehenden Haaren über den Boulevard sausten, glaubte ich mehr denn je zu träumen.

Ich durfte in Thaddäus’ und Pams wunderschönem Strandhaus wohnen und auf ihre süßen Kinder aufpassen: Joey- und Charlybär. Zwei bezaubernde Buben im Alter von vier und zwei, die den ganzen Tag im Pyjama herumwackelten und sich alles erlauben durften. Sie hatten kleine Elektroautos, mit denen sie durchs ganze Haus sausten. Wenn Pam bei ihrem Beautyprogramm oder im angesagten Aerobic-Studio war, ging ich mit den beiden Kleinen Eis essen in einem dieser chilligen Strandcafés. Nirgendwo war es gefährlich. Alle Menschen waren freundlich, schienen unendlich viel Zeit zu haben, lächelten stets – wenn auch mit falschen Zähnen – und fanden alles wonderful und gorgeous, handsome und lovely. Es war eine völlig neue Welt für mich, die ich ja in einer Klosterschule mit strengen Regeln verbracht hatte, und ich fühlte mich so frei und leicht wie ein Vogel.

Natürlich zog ich auch ab und zu mal an einem Joint, der im Freundeskreis bei Strandpartys herumgereicht wurde, oder trank einen Schluck aus der Whiskeyflasche, die man lustigerweise in braunen Papiertüten verstecken musste.

Ich schwebte, schwebte, schwebte und tauschte erste zarte Küsse mit süßen Loverboys beim Bluestanzen oder im Autokino.

Zu meinen Eltern? Nach Argentinien? Auf die langweilige Kaffeeplantage von Onkel Bruno? Nein. Niemals! Nur über meine Leiche.

Das Leben hätte endlos so weitergehen können.

Aber das tat es nicht.

 

 

Februar 1976

Ich fiel buchstäblich aus allen Wolken, als Ted eines sonnigen Tages mit zerzausten Haaren über den Strand gelaufen kam und mir schon von Weitem seltsame Zeichen machte. Ich hockte gerade mit den beiden Kleinen am Strand, klopfte Förmchen aus und zog ihnen ihre Sonnenmützchen zurecht. Bis zu dieser Sekunde war das Leben einfach nur perfekt gewesen! Teds plötzliches Auftauchen gab mir ein ungutes Gefühl, das ich jedoch zu ignorieren versuchte. Ich nippte an meinem Milchshake, lehnte mich zurück und spürte die Sonne in meinem Gesicht. Ich wollte diesen Moment einfach nur für immer festhalten. Als Ted schließlich keuchend und leichenblass vor mir stand, wurde mein Unbehagen stärker. Seine Krawatte hatte er sich vom Hals gerissen, das Hemd hing ihm schief aus der Hose. Da wusste ich, dass etwas passiert sein musste. Er sah mir nur stumm in die Augen, und ich spürte, dass von nun an nichts mehr so sein ­würde wie zuvor.

Sofort huschte mein Blick zu den Kindern. Nein, da saßen sie. Einträchtig und völlig vertieft in ihr Gematsche. Also KONNTE es ja gar nichts Schlimmes sein. Sie waren weder ertrunken noch vom weißen Hai gefressen noch von einem Laster überfahren worden. Ich sank erleichtert in mich zusammen. Etwas anderes lag hier in der Luft. Aber was?

Als Nächstes eilte mein Blick zu der prächtigen Villa hinter den Oleanderbüschen. Keine Rauchschwaden. Okay, es brannte also nicht. Trotzdem brach mir der kalte Schweiß aus, als ich die Flecken in Teds Gesicht sah. Keuchend ließ er sich neben mich in den Sand fallen. Und das, ohne auf seine feine Tuchhose zu achten, die doch maßgeschneidert war und auf die nie ein Ketchupfleck kommen durfte. Ted verkehrte nur mit Multimillionären und finanzierte deren Luxusvillen und Yachten und so. Ich riss die Augen auf.

»Ted! Was ist passiert?«

»Argentinien … Die Eltern … Der Bus … Patagonien. Sie sind – abgestürzt!« Ted wedelte mit einem Telegramm, das er mir an die Brust drückte, bevor er in Tränen ausbrach.

Ich verstand gar nichts mehr. Mir wurde ganz flau, und ich hielt mir die Hand vor den Mund, um mein schockiertes Lachen zu ersticken. Ein Scherz. Zugegeben, ein bescheuerter Scherz. Die Eltern. Abgestürzt. Hahaha. War heute der erste April?

Die Eltern hockten doch gerade mit Onkel Bruno und Tante Agnes auf dieser stinklangweiligen Kaffeeplantage und lösten Kreuzworträtsel!

Ängstlich sah ich Ted an und blinzelte heftig, als wäre mir Sand in die Augen gekommen.

»Ted? Weinst du jetzt wirklich?«, presste ich ängstlich hervor. Den Kindern gegenüber machte ich eine beruhigende Geste: »Daddy is just kidding!«

Ted sah immer verzweifelter aus.

Aber er machte keinen Spaß. Er heulte wie ein Schlosshund.

»Onkel Bruno hat telegrafiert …« Ted riss ein Taschentuch aus seiner Hosentasche, wischte sich über die Stirn und schnäuzte heftig hinein.

Ich las: BUSUNGLUECK IN PATAGONIEN – STOPP – STEILE SERPENTINEN, ZWEITAUSEND METER TIEF ABGESTUERZT – STOPP – ALLE PASSAGIERE TOT – STOPP – EURE ELTERN WURDEN NICHT GEFUNDEN – STOPP – TIEFES BEILEID – AGNES REGELT ALLE ANGELEGENHEITEN – STOPP – KOMMEN ZWECKLOS, KEINE BEERDIGUNG MOEGLICH.

Ich blinzelte ihn ungläubig an. Das war doch jetzt ein böser Traum? Ich weigerte mich, diese Informationen an mich heranzulassen. Alles drehte sich.

»Die Eltern sind … tot?!« Mit leerem Blick starrte ich auf meine sandigen Zehen. Vor meinen Augen tanzten grüne Kreise, und ich wollte schlucken, konnte es aber nicht. Ich wollte den Arm heben, um Ted zu berühren, war aber wie gelähmt. Mein Arm gehörte nicht mehr zu mir, so wie dieses Leben plötzlich nicht mehr zu mir gehörte. Plötzlich stand die ganze Welt still. Die Kinder bewegten sich nicht mehr, das Meer wirkte grau, die Möwen lachten nicht mehr, sondern stießen ein grässliches Krächzen aus. Waren sie doch eben noch wie weiße Pfeile durch die blaue Luft gesaust, hockten sie jetzt bedrohlich auf dem Brückengeländer. Die Autos auf dem Boulevard rollten in Zeitlupe, die Menschen wirkten wie ferngesteuert. Es war, als hätte jemand die Stopptaste gedrückt, und mein Traum hatte sich in einen Albtraum verwandelt. Meine Eltern waren tot. Sie waren vom Erdboden verschwunden. Es würde kein Wiedersehen mehr geben, ­weder in Argentinien noch in Deutschland noch hier! Ich war allein! Ich hatte niemanden mehr außer Ted!

Ich weiß nicht, wie lange ich regungslos am Strand saß und apathisch ins Nichts starrte. Thaddäus brachte die Kinder zurück ins Haus, Pam kam und legte mir fürsorglich eine Decke um die Schultern. Irgendwann brachten sie mich mit vereinten Kräften ins Haus, flößten mir ein Beruhigungsmittel ein und schickten mich in einen schweren traumlosen Schlaf, aus dem ich gar nicht mehr erwachen wollte.

Als Pam mich sanft in die Realität zurückholte und mir frischen Orangensaft einflößte, als mich kleine weiche Kinderhände streichelten, sah ich mich suchend nach meinem Bruder um.

»Wo ist Ted?«, brachte ich mühsam hervor.

»Er ist nach Argentinien geflogen, Kathi, Liebes. Er ­regelt mit Tante Agnes die Erbschaftsangelegenheiten.«

»Aber was wird jetzt aus mir?« Ich strich fahrig über die Bettdecke. »Wo gehöre ich hin? Ich meine, wo ist mein Platz im Leben? Ich hab doch niemanden mehr auf der Welt!«

»Du hast UNS«, sagte Pam und drückte mich liebevoll an sich. »Du hast Ted, mich und die Kinder. Wir lieben und wir brauchen dich. Bleib doch für immer bei uns in Kalifornien!«

»Meinst du das ernst?«

»Ja, ja, ja, bleib doch bei uns in Fornien!« Die beiden Racker hüpften ausgelassen auf meinem Bett herum. Trotz aller Trauer schlich sich ein Lächeln um meine Mundwinkel.

»Gut«, sagte ich matt. »Das ist wirklich nicht das Schlechteste für ein frischgebackenes Waisenkind.«

»Du bist doch sowieso schon eine halbe Amerikanerin«, sagte Pam und strich mir tröstend über den Oberarm. »Und irgendwann findest du hier einen ganz tollen Mann.«

Mir schossen die Tränen in die Augen. Ich ließ mich auf das Kopfkissen zurückfallen. Nur nicht nachdenken. Verschieben wir es doch auf morgen.

»Lasst mich einfach noch ein bisschen schlafen, ja?«

 

 

März 1976

Auf der Farm von Onkel Bruno und Tante Agnes standen jetzt zwei Grabsteine, ohne dass Särge unter ihnen lagen. Sie bildeten eine Art Gedenkstätte für meine Eltern, und es stand mir frei, wann immer ich das Bedürfnis verspürte, dorthin zu reisen. Aber ich hatte nicht das geringste Bedürfnis danach. Ich war froh, wenn ich nicht an die schreckliche Tragödie erinnert wurde. Zum Glück lenkten mich die Kinder ab. Und in Kalifornien ging das sorglose Leben einfach weiter.

»Ich hab keine Übung im Trauern«, sagte ich hilflos. »Das stand bei uns in der Schule nicht im Stundenplan.«

Pam verstand mich. »Du musst jetzt da sein, wo junges Leben ist, anstatt bei deinen alten Verwandten am Grabstein zu sitzen. Davon werden deine Eltern auch nicht wieder lebendig.«

Wir saßen in der Küche und rührten in unseren Kaffeebechern. Bis wir die Reifen von Teds Luxuslimousine auf dem Kies in der Auffahrt knirschen hörten und ihm entgegeneilten.

Mein großer Bruder wirkte blasser und dünner, als ich ihn in Erinnerung hatte.

»Schaut mal, wen ich mitgebracht habe!« Ted lächelte mich verhalten an und öffnete die Beifahrertür seines Wagens.

Na, wen wohl. Hoffentlich nicht Onkel Bruno und Tante Agnes.

Mit den Händen in den Hosentaschen stand ich abwartend da. Und traute meinen Augen nicht! Das war doch … Das war doch nicht … Nein, das KONNTE doch gar nicht sein.

Doch da stand er leibhaftig vor mir. Gefühlte zwei Meter groß und strotzend vor Selbstbewusstsein. In Jeans und weißem Hemd, schlank und braun gebrannt und mit einem sehr attraktiven Dreitagebart.

Der Pilot.

Mit einem warmen Lächeln gab er mir die Hand. Sein Händedruck war fest, und ich hatte das Gefühl, zum ersten Mal wieder Halt zu haben.

»Mein herzliches Beileid, Kathi.«

Wie hypnotisiert starrte ich ihn an.

»Darf ich vorstellen? Falk Römer. Er war der Pilot auf dem Rückflug«, erklärte Ted, der sich nach feuchten Küssen und heftigen Umarmungen von seinen Söhnen löste und den Arm um Pam legte. Die schmiegte ihren Kopf an seine Schulter und musterte unseren Gast wohlwollend. Mir war so die Röte ins Gesicht geschossen, dass Pam sich ein Lächeln nicht verkneifen konnte.

»Ja, ich sah die Passagierliste und stieß auf den Namen von Schenck.« Der Pilot sah mich durchdringend an, und um seine Mundwinkel zuckte es. »Und da habe ich mich gefragt, ob das Verwandtschaft von meiner kleinen Co-Pilotin sein könnte.«

»Ja, und so kamen wir ins Gespräch«, erklärte Ted. »Ich habe ihm vom tragischen Unfalltod unserer Eltern erzählt und …«

»… und da habe ich keine Sekunde gezögert und bin mitgekommen, um dir, kleine Kathi, persönlich mein ­Beileid auszusprechen.« Sein Blick wurde weich, und seine Stimme nahm einen ganz zärtlichen Klang an. Er nahm erneut meine Hand, die trotz der Hitze ganz klamm war, und hielt sie einfach nur fest. Seine Hand war warm und kräftig, und ich wünschte, er würde mich für immer festhalten.

Er überreichte Pam und mir je einen riesigen Blumenstrauß, den er aus dem Kofferraum zauberte. Pams Rosen waren gelb, meine weiß.

Mir wurden die Knie weich. Er kam mir vor wie eine göttliche Erscheinung! Wie ein Engel, den meine Eltern mir geschickt hatten, damit er auf mich aufpasst. Ich ließ den Blick über die blühende Hecke und den Ozean im Hintergrund schweifen und versuchte mit der Überraschung fertigzuwerden. Der Pilot. Falk. Natürlich hatte ich ständig an ihn gedacht. Ja natürlich hatte ich mich auf der Stelle in ihn verknallt gehabt. Wie Backfische sich halt in schicke Piloten verknallen.

Hoffnungslos.

Aber dass er auf einmal leibhaftig vor mir stand, sich Zeit genommen hatte für mich! Ich atmete schwer, war aber wild entschlossen, Haltung zu bewahren. Unser erstes Treffen am Frankfurter Flughafen war schon peinlich genug gewesen! Inzwischen fühlte ich mich um Jahre gealtert. Erwachsen eben.

»Warum lassen wir unseren Gast nicht erst mal eintreten und sich ein wenig frisch machen?« Pam fing sich als Erste wieder und bugsierte den Piloten samt ihrem Nachwuchs ins Haus, während Ted das Gepäck aus dem Kofferraum holte und im Garten schon mal den Grill anwarf.

Joey und Charly waren sofort begeistert von Falk. Sie breiteten die Arme aus und düsten wie Flugzeuge laut brummend durchs Haus. Ich ertappte mich dabei, wie ich befreit auflachte. Ich stellte die Rosen mit heiliger Andacht in zwei große Bodenvasen und schleppte meine gleich in mein Strandhaus. Ich wollte die weißen Rosen ganz für mich alleine haben.

 

Mai 1976

Ja, und so hielt Falk in mein Leben Einzug. Er war ge­wissermaßen vom Himmel gefallen – und das auf sehr fruchtbaren Boden.

Zuerst wollte er nur ein langes Wochenende bleiben. Dann wurden ein paar Wochen daraus. Er hatte noch Urlaub und blieb einfach. Es passte alles so gut. Er lenkte mich ab. Bescherte mir herrliches Herzklopfen und linderte meine Trauer. Die Kinder liebten ihn, er konnte witzig von seinen vielen Reisen erzählen. Er sprach vier Sprachen und war schon in der ganzen Welt herumgekommen. Ein Luftpirat, wie er sich vor den Kindern gern nannte.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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