The Heat is on – Something‘s Cooking Between Us - Felicia Kingsley - E-Book
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The Heat is on – Something‘s Cooking Between Us E-Book

Felicia Kingsley

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Beschreibung

Noch nie war es so heiß in der Küche.

Dwight Faraday ist Top-Agent beim FBI. Weil er außerdem was vom Kochen versteht, bekommt er einen Spezialauftrag: Er soll das italienische Restaurant der Familie Villa infiltrieren, die im Verdacht steht, Verbindungen zur New Yorker Unterwelt zu pflegen. Eigentlich ein Leichtes für ihn – nur hat er nicht mit Julia gerechnet, der Tochter des Chefs, die sich so gar nichts gefallen lässt. Um ihr Vertrauen zu gewinnen, muss er ihr Herz erobern. Doch Julia scheint gegen das Knistern zwischen ihnen immun. Ganz im Gegenteil zu Dwight selbst …

»Felicia Kingsley unterhält, fesselt, mischt die verschiedensten Genres. Ein Phänomen – Kingsley ist nicht zu stoppen!« Antonio D‘Oricco.

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Seitenzahl: 687

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Cover for EPUB

Über das Buch

Dwight Faraday ist Top-Agent beim FBI. Weil er außerdem was vom Kochen versteht, bekommt er einen Spezialauftrag: Er soll das italienische Restaurant der Familie Villa infiltrieren, die im Verdacht steht, Verbindungen zur New Yorker Unterwelt zu pflegen. Eigentlich ein Leichtes für ihn – nur hat er nicht mit Julia gerechnet, der Tochter des Chefs, die sich so gar nichts gefallen lässt. Um ihr Vertrauen zu gewinnen, muss er ihr Herz erobern. Doch Julia scheint gegen das Knistern zwischen ihnen immun. Ganz im Gegenteil zu Dwight selbst …

Über Felicia Kingsley

Felicia Kingsley arbeitet als Architektin in der Nähe von Modena. Bereits mit zwölf Jahren begann sie zu schreiben und hat seitdem so viele Bestseller veröffentlicht, dass sie heute als Romance-Queen Italiens gilt. Sie ist vielfach preisgekrönt, unter anderem als meistgelesene Autorin Italiens 2023. @felicia_kingsley | www.feliciakingsley.com

Nina Restemeier begann zunächst, Literaturwissenschaft zu studieren, stellte aber schnell fest, dass sie lieber mit Literatur statt über Literatur arbeitet. Seit sie in Düsseldorf den Diplomstudiengang Literaturübersetzen für die Sprachen Englisch und Italienisch abschloss, ist sie als freie Übersetzerin und Lektorin tätig.

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Felicia Kingsley

The Heat is on – Something‘s Cooking Between Us

Roman

Aus dem Italienischen von Nina Restemeier

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Informationen zum Buch

Newsletter

Zitat

Kapitel 1

Julia

Kapitel 2

Dwight

Kapitel 3

Julia

Kapitel 4

Dwight – Romeo

Kapitel 5

Julia

Kapitel 6

Dwight – Romeo

Kapitel 7

Julia

Kapitel 8

Dwight – Romeo

Kapitel 9

Julia

Kapitel 10

Dwight – Romeo

Kapitel 11

Julia

Kapitel 12

Dwight – Romeo

Kapitel 13

Julia

Kapitel 14

Dwight – Romeo

Kapitel 15

Julia

Kapitel 16

Dwight – Romeo

Kapitel 17

Julia

Kapitel 18

Dwight – Romeo

Kapitel 19

Julia

Kapitel 20

Dwight – Romeo

Kapitel 21

Julia

Kapitel 22

Dwight – Romeo

Kapitel 23

Julia

Kapitel 24

Dwight – Romeo

Kapitel 25

Julia

Kapitel 26

Dwight – Romeo

Kapitel 27

Julia

Kapitel 28

Dwight – Romeo

Kapitel 29

Julia

Kapitel 30

Dwight – Romeo

Kapitel 31

Julia

Kapitel 32

Dwight – Romeo

Kapitel 33

Julia

Kapitel 34

Dwight – Romeo

Kapitel 35

Julia

Kapitel 36

Dwight – Romeo

Kapitel 37

Julia

Kapitel 38

Dwight – Romeo

Kapitel 39

Julia

Kapitel 40

Dwight – Romeo

Kapitel 41

Julia

Kapitel 42

Dwight – Romeo

Kapitel 43

Julia

Kapitel 44

Dwight – Romeo

Kapitel 45

Julia

Kapitel 46

Dwight – Romeo

Kapitel 47

Julia

Kapitel 48

Dwight – Romeo

Kapitel 49

Julia

Kapitel 50

Dwight – Romeo

Kapitel 51

Julia

Kapitel 52

Dwight – Romeo

Kapitel 53

Julia

Kapitel 54

Dwight – Romeo

Kapitel 55

Julia

Kapitel 56

Dwight – Romeo

Kapitel 57

Julia

Kapitel 58

Dwight – Romeo

Kapitel 59

Julia

Kapitel 60

Dwight – Romeo

Kapitel 61

Julia

Kapitel 62

Dwight – Romeo

Kapitel 63

Julia

Kapitel 64

Dwight – Romeo

Kapitel 65

Julia

Kapitel 66

Dwight – Romeo

Kapitel 67

Julia

Kapitel 68

Dwight – Romeo

Kapitel 69

Julia

Kapitel 70

Dwight – Romeo

Kapitel 71

Julia

Kapitel 72

Dwight – Romeo

Kapitel 73

Julia

Kapitel 74

Dwight – Romeo

Kapitel 75

Julia

Kapitel 76

Dwight – Romeo

Kapitel 77

Julia

Kapitel 78

Dwight – Romeo

Kapitel 79

Julia

Kapitel 80

Dwight – Romeo

Kapitel 81

Julia

Kapitel 82

Dwight – Romeo

Kapitel 83

Julia

Kapitel 84

Dwight – Romeo

Kapitel 85

Julia

Kapitel 86

Dwight – Romeo

Kapitel 87

Julia

Kapitel 88

Dwight – Romeo

Kapitel 89

Julia

Kapitel 90

Dwight

Kapitel 91

Julia

Kapitel 92

Dwight

Kapitel 93

Julia

JULI

Kapitel 94

Dwight

OKTOBER

Kapitel 95

Julia

MÄRZ

Kapitel 96

Dwight

Kapitel 97

Julia

Kapitel 98

Dwight

Kapitel 99

Julia

Kapitel 100

Dwight

MAI

Kapitel 101

Julia

Kapitel 102

Dwight

JUNI

Kapitel 103

Julia

Epilog

Julia

Romeo

Anmerkung und Danksagung

Playlist

Triggerwarnung

Impressum

Ich liebe es, die Erwartungen in Sachen Männer hochzuschrauben, aber ich fürchte, diesmal habe ich es übertrieben. Es tut mir leid.

F.

Wir haben hervorragend gegessen, Jahrgangswein getrunken und hatten Sex. Wenn es einen guten Augenblick zum Sterben gibt, dann ist es dieser.

Blake Avery

Gott hat das Essen erschaffen, der Teufel die Köche.

James Joyce

Der wahre Satz der Liebe, der einzige, ist: »Hast du schon gegessen?«

Elsa Morante

Kapitel 1

Julia

Zwei Dinge mag ich: gutes Essen und guten Sex.

Da das Leben jedoch beschlossen hat, mir die Freuden des Ersteren zu versagen, würde ich zumindest gerne Letzteres voll und ganz genießen. Allerdings …

Alle Bedingungen waren erfüllt, damit das spontane Date mit Luca – so heißt der Typ, den ich auf dem Flug von Rom nach New York kennengelernt habe –, herrlich befriedigend werden würde: unmittelbare Anziehungskraft, sobald wir die Sicherheitsgurte angelegt hatten, augenblickliches Knistern beim ersten humorvollen Wortwechsel, absolute Harmonie während des Fluges … Kurz gesagt: Kaum waren wir in JFK gelandet, konnten wir dem Ruf seines Hotelzimmers nicht widerstehen, wo wir nach einer langen, hitzigen Taxifahrt endlich ankamen.

Und dann: puff!

Wir waren noch keine zwei Sekunden im Zimmer, da bekam Luca einen Anruf von seiner Mutter und hielt es für den richtigen Zeitpunkt, ihn anzunehmen. Das Gespräch dauerte eine halbe Stunde, in der er ihr mindestens zehnmal versicherte, dass es ihm gut gehe, dass er gegessen habe, dass das Zimmer sauber sei und sich das Hotel in einem ungefährlichen Stadtviertel befinde, dass er sie später wieder anrufen würde, dass er nicht nachts mit der Subway fahren und dass er Souvenirs für seine Großmutter und Tanten kaufen würde …

Mich interessierte nur eines, nämlich, dass er endlich das verdammte Handy weglegte und dort weitermachte, wo wir aufgehört hatten.

Mittlerweile war die Stimmung merklich abgekühlt, und nachdem ich versuchte, sie wieder anzuheizen, hielt Luca nicht, was er versprochen hatte. »Heute wirst du vor Lust schreien«, hatte er mir im Taxi prophezeit.

Na klar. Er bekam von mir das »All-inclusive«-Paket, wenn man das so nennen kann, investierte bei mir allerdings nicht mehr als das Nötigste. Und als ich dezent darauf hinwies, dass ich noch nicht auf meine Kosten gekommen war, sah er mich an, als könne er nichts dagegen tun, und speiste mich mit »Schade, tut mir leid« ab, bevor er sich, ohne meine Enttäuschung zu bemerken, unter die Dusche verzog.

Ja, Luca, mir tut es auch leid.

Wie dämlich von mir, dieser instinktiven Anziehung nachzugeben. Beim nächsten Mal mache ich es besser.

Ich schnappe mir meinen Koffer und verlasse das Hotelzimmer. Als ich die Lobby durchquere, spüre ich den anzüglichen Blick des Concierge auf mir.

Ich weiß, was er denkt: Er verurteilt mich. Mich, nicht etwa Luca. Er ist ein Mann, und für Männer sind zwanglose Begegnungen etwas ganz Normales. Es würde mich nicht wundern, wenn er nachher mit ihm abklatscht.

Ich dagegen ernte ein anzügliches Zwinkern.

Frauen denken genauso oft an Sex wie Männer, sie haben die gleichen Bedürfnisse, die genauso befriedigt werden wollen. Aber wehe, sie reden darüber. Gute Mädchen haben keinen Spaß an Sex.

Mein Walk of Shame sagt eindeutig, dass ich kein gutes Mädchen bin, dabei habe ich alles, was es dafür braucht.

Ich bin ein richtig gutes Mädchen, möchte ich dem augenzwinkernden Concierge entgegenschleudern – vielleicht nicht das beste der Welt, aber wer ist schon perfekt?

Konkret:

1. Ich bin eine gute Tochter und eine gute Schwester, ich kümmere mich um Papà und meine beiden älteren Brüder, seit Mamma gestorben ist (da war ich dreizehn).

2. Ich bin fleißig, denn ich bin in einem Familienbetrieb aufgewachsen: Nach den Hausaufgaben habe ich Teig geknetet, gebacken oder Geschirr gespült, je nachdem, welche Aufgaben im Restaurant gerade anstanden.

3. Ich war auch eine gute Partnerin – zumindest bevor ich festen Beziehungen abgeschworen habe. Ich war fürsorglich und aufmerksam dem Mann gegenüber, in den ich verliebt war. Erst später wurde mir klar, dass ich diese Fürsorge und Aufmerksamkeit der falschen Person geschenkt hatte.

Die Hoffnung auf die große Liebe habe ich mittlerweile vielleicht aufgegeben, großartigen Liebhabern dagegen steht meine Tür immer offen. Aber das ist noch lange kein Grund mich zu slutshamen, und deshalb, lieber Concierge, kannst du dir dein anzügliches Grinsen in den …

Wo bist du? Papà will wissen, wo du steckst, also habe ich ihm gesagt, du bist noch am Flughafen, weil dein Koffer verloren gegangen ist. Komm nach Hause, bevor er sich persönlich auf den Weg zum Terminal macht.

Eine Nachricht von Liza, meiner Quasi-Schwester, reißt mich aus meinen Gedanken.

Sie ist die Tochter von Papàs Geschäftspartner, Tony Lo Bianco. Unsere Väter waren zuerst die Trauzeugen des jeweils anderen und wurden später die Paten für die Kinder. Obwohl wir nicht mal entfernt blutsverwandt sind, lässt sich nicht sagen, wo meine Familie endet und ihre beginnt. Die Villas und die Lo Biancos sind unzertrennlich.

Liza war mit mir in Italien – drei Wochen haben wir in Palermo, Neapel und Rom verbracht –, aber wir sind getrennt zurückgeflogen, deshalb weiß sie nicht, welche Wendung mein Flug genommen hat, obwohl sie es vermutlich ahnt.

Ich sitze im Taxi, schreibe ich zurück, und ihre Antwort – Lügnerin! – verrät mir, dass sie Bescheid weiß, ohne dass ich etwas sagen muss.

Ich trete aus dem Hotel, gehe den Broadway hinunter und halte tatsächlich Ausschau nach einem Taxi, obwohl die Straße ziemlich verstopft ist und der Verkehr nur im Schritttempo vorankommt.

Immerhin regnet es nicht mehr. Als wir gelandet sind, hat es in Strömen gegossen, und ich habe keinen Schirm dabei.

Ich entdecke ein freies gelbes Taxi mit erleuchtetem Schild, aber kaum habe ich mich in Bewegung gesetzt, brettert ein Motorrad durch den schmalen Spalt zwischen einem stehenden Transporter und dem Bordstein und verwandelt die Pfütze am Straßenrand in einen Tsunami aus dreckigem Regenwasser.

Ich bin von Kopf bis Fuß von bräunlicher Brühe durchnässt.

»Du Penner!«, schreie ich aus voller Kehle.

Die Ampel wird rot, das Motorrad muss anhalten, also beschließe ich, dem Kerl die Meinung zu geigen.

»Hey, du!«, rufe ich, als ich mich dem Typen nähere. Er trägt einen Helm mit der Aufschrift Dirrrty Daddy, und zwischen seinen Lippen ragt der Stiel eines Lollis hervor … einfach lächerlich. »Hey, du! Du Arschloch mit Führerschein! Geht’s noch, du Verkehrsrowdy?«

Kapitel 2

Dwight

Gestern wusste ich nicht, wer ich heute bin; heute weiß ich nicht, wer ich morgen sein werde.

Diese Aussage, die auf eine multiple Persönlichkeitsstörung hindeuten könnte, beschreibt meinen Job ziemlich genau. Andere Menschen würden dafür bezahlen, jeden Tag in eine andere Identität schlüpfen zu dürfen; ich hingegen werde dafür bezahlt.

Eines weiß ich jedoch mit Sicherheit: Mein Handy klingelt, und die Person, die anruft, soll eigentlich frühestens in einer Woche von sich hören lassen.

»Wo steckst du, Faraday?«, brüllt Chief Bristol am anderen Ende der Leitung, als ich abnehme.

»Dort, wo ich laut Protokoll sein sollte: im Bett«, murmle ich, immer noch vom Schlaf benebelt. »In meinem Bett, falls Sie es genau wissen wollen.«

»Werd nicht spitzfindig. Raus aus den Federn. In einer halben Stunde will ich dich in meinem Büro sehen. Geschniegelt und gestriegelt.«

»Wieso halten Sie es für nötig, das zu spezifizieren?«

»Bei dir weiß man nie, aber mit dieser unnötigen Frage hast du schon eine Minute verschenkt.«

»Chief, nichts für ungut, aber nein danke.«

»Special Agent Faraday, Dienstnummer 0124, das war keine Einladung zu Tee und Keksen.«

Ich drehe mich im Bett um, auf einmal bin ich hellwach. »Ach, nicht? Und ich dachte schon …«

»Du sollst nicht denken, Faraday, du sollst meine Anweisungen befolgen. Wir haben einen Fall auf dem Tisch, und der schreit förmlich nach dir. Ich will, dass du noch heute einsatzbereit bist«, befiehlt er mit der ganzen Autorität, die ihm seine Position verleiht.

»Wie wär’s mit morgen?«

»Es ist zwei Uhr nachmittags, Faraday, spätestens in einer Stunde stehst du vor meiner Tür. Kommst du auch nur eine Minute zu spät, versetze ich dich …«

»… zur Verkehrspolizei, ich weiß.« Die Leier kenne ich auswendig.

»Nein, ins Forstamt«, stößt er hervor. »Nach Ohio.«

Bristol legt auf, und ich starre mit einer Mischung aus Resignation und Unbehagen das Telefon an.

Gerade erst habe ich meinen letzten Fall abgeschlossen: die Zerschlagung einer kriminellen Bande, hinter der das FBI seit Jahren her war, ein Drogenkartell unter der Führung der Familie Aguilera. Es war eine schwierige Mission, an deren Erfolg ich zwischenzeitlich selbst nicht mehr geglaubt hatte. Fast wäre ich sogar dabei draufgegangen, also habe ich gehofft, ich würde nun endlich einmal Zeit haben, um mich zu entspannen.

In Wirklichkeit schadet mir die Ruhe mehr als sie nützt. Ich stehe ständig unter solchem Druck, dass ich, wenn ich tatsächlich einmal frei habe, körperlich zusammenbreche: Migräne, Heiserkeit, Schlafstörungen. Stress ist mittlerweile der einzige Zustand, den mein Körper akzeptiert.

Der Schmerz, der mir die letzten zwei Tage auf die Augen gedrückt hat, verschwindet in dem Moment, in dem ich meinen Helm aufsetze und mich aufs Motorrad schwinge, um zum Bureau zu fahren, aber das braucht Bristol nicht zu wissen.

Nur wenige Dinge bereiten mir so viel Spaß, wie nach einem Regenguss mit Auggie, meiner MV Agusta, die ich bei einer Auktion von beschlagnahmten Gütern gekauft habe, durch die Straßen New Yorks zu düsen und jede Pfütze mitzunehmen, die auf dem Weg liegt.

Ich fahre den Broadway, der Manhattan von Norden nach Süden durchzieht, hinunter in Richtung Federal Plaza, wo sich das FBI-Headquarter befindet. Im Zickzack schlängele ich mich durch die Autos, bis ich zwischen in zweiter Reihe parkenden Lieferwagen, haltenden Bussen und einer Baustelle, die die halbe Fahrbahn einnimmt, stecken bleibe.

Das Handy vibriert unablässig in meiner Tasche, Bristol gewährt mir nicht einmal das akademische Viertel.

Zwischen dem stehenden Lieferwagen und dem Bürgersteig zu überholen ist riskant und verboten, aber ich habe mehrere Fahrsicherheitstrainings hinter mir, die ich mit Bravour bestanden habe, ich weiß, was ich tue.

Nachdem ich mich vergewissert habe, dass ich keine Fußgänger gefährde, gebe ich Gas: Ich brettere in den halben Meter breiten Spalt, die Maschine zieht zwei Flügel aus Pfützenwasser hinter sich her, das sich am Rinnstein gesammelt hat.

Kaum habe ich den Stau hinter mir gelassen, ordne ich mich wieder auf der Fahrbahn ein, muss aber an der nächsten roten Ampel anhalten. Einen Strafzettel kann ich mir erlauben, zwei nicht.

Ich bin gerade damit beschäftigt, meinen Rückspiegel freizuwischen, da spüre ich einen Schlag auf der rechten Schulter.

»Hey, du! Du Arschloch mit Führerschein! Geht’s noch, du Verkehrsrowdy?«, schreit mich eine wütende, pitschnasse Frau mit einem langen schwarzen Zopf über der Schulter an, die einen tropfenden Koffer hinter sich herzieht.

Ich kann nichts hören, bedeute ich ihr mit einer Geste auf meinen Helm. Ich höre sie sehr wohl, aber das muss sie nicht wissen.

»Findest du es normal, mit Vollgas durch Pfützen zu kacheln?«, schreit sie lauter. »Du Vollpfosten! Da hätten auch Kinder sein können. Oder Gehbehinderte.«

Ich nehme den Lolli aus dem Mund. »Waren da aber nicht«, erwidere ich.

»Was für ein Arschloch«, stößt sie hervor. Sie greift nach dem Zündschlüssel und schaltet den Motor aus. »Dann hörst du mich also doch!«

»Okay, du hast mich erwischt«, antworte ich ohne großes schlechtes Gewissen und klappe das Visier hoch.

»Guck mal, wie ich jetzt aussehe«, knurrt sie und deutet an sich hinab. Die Bluse klebt an ihr wie eine zweite Haut und bringt ein beachtliches Dekolleté zur Geltung.

»Na ja, schlecht würde ich nicht sagen«, bemerke ich.

»Deinetwegen bin ich ganz nass!«

»Und das, ohne dass ich dich auch nur berührt habe. Das betrachte ich als Kompliment«, erwidere ich schamlos. Sie hat mir eine derartige Steilvorlage geliefert, dass es eine Schande gewesen wäre, den Scherz liegen zu lassen.

»Und das ist die einzige Weise, auf die du jemals eine Frau nass machen wirst, du Flachzange.«

»Du wurdest mit dem Weihwasser von Manhattan getauft, das bringt Glück«, erwidere ich. Die Ampel springt auf Grün, und ich starte Auggie erneut. »Willkommen in New York, angenehmen Aufenthalt«, wünsche ich ihr und gebe wieder Gas.

Touristen! Die haben keine Ahnung, dass zwei Spritzer Wasser das geringste Übel sind, das einem auf den Straßen dieser Stadt zustoßen kann.

In der Zentrale angekommen, muss ich durch die Sicherheitskontrolle, bevor ich in den neunundzwanzigsten Stock hinauffahren kann.

»Verzeihung, Sie da, in der Lederjacke, wo wollen Sie hin?«, hält mich der Wachmann am Eingang auf.

»Dir auch einen guten Morgen, Alvin«, sage ich und halte ihm meinen Dienstausweis hin.

Er prüft ihn argwöhnisch. »Organisiertes Verbrechen, Dwight Faraday …«, liest er laut vor. »Dwight?«, stößt er dann schockiert aus.

»Gestern Abend habe ich Muffins gebacken«, antworte ich und halte ihm eine Tüte hin. »Deine Lieblingssorte: Karamell und weiße Schokolade.«

»Verrat es niemandem, aber deine Muffins sind noch besser als die von meiner Mutter«, verkündet er und stopft sich einen in den Mund. »Aber … aber … aber wo sind deine blondierten Braids, der Magnum-Schnäuzer, die Jeffrey-Dahmer-Brille und die Hawaiihemden hin?«

»Der Fall Aguilera ist abgeschlossen«, verkünde ich mit einem Anflug von Stolz. Um dem Clan das Handwerk zu legen, musste ich ihn infiltrieren und auch meine Optik entsprechend anpassen. Den Schnurrbart werde ich nicht vermissen, aber die Hemden waren nicht schlecht.

»Tut mir leid, ich habe dich gar nicht erkannt.« Alvin gibt mir den Ausweis zurück.

»Da wirst du sicher nicht der Einzige sein.« Ich stelle mich auf einen langen Tag ein.

»Wie kommt es, dass du nicht frei hast, wenn der Fall abgeschlossen ist?«

»Bristol vermisst mich schon«, erwidere ich und steige in einen der Aufzüge.

Eine Sekunde bevor sich die Türen schließen, springt eine junge Frau herein. »Moment, ich fahre auch nach oben«, keucht sie atemlos, nur um bei meinem Anblick in einer Mischung aus Überraschung und Verlegenheit zu erstarren. »Ähm, hallo … ich muss … in den …«

»Neunundzwanzigsten«, beende ich den Satz für sie.

Sie blinzelt und streicht sich nervös eine Locke hinters Ohr. »Ja. Du … äh … Sie auch?«

»Sally, ich bin’s, Dwight.«

Sie reißt die Augen auf. »D‑Dwight?!«

Im Gegensatz zu Alvin hat Sally mich noch nie in Zivil gesehen. Als sie in der Abhörabteilung angefangen hat, war ich bereits beim Aguilera-Clan undercover.

»Ich habe dich gar nicht …«

»Erkannt«, komme ich ihr zuvor. »Keine Sorge, das passiert mir ständig.«

»Ich hätte nicht gedacht, dass du so …«

»Normal bist?«, lege ich ihr in den Mund.

»So hätte ich es nicht ausgedrückt, aber du … du siehst gut aus.«

»Gewöhn dich besser nicht daran. Bristol hat einen neuen Fall für mich, morgen bin ich wahrscheinlich schon wieder nicht wiederzuerkennen.«

Auf unserer Etage angekommen, stelle ich mich, meinen Chupa- Chups-Erdbeer-Sahne-Lolli noch im Mund, meinem Schicksal und hebe die Faust, um an die Tür des Bosses zu klopfen.

»Komm rein!«, bellt er, bevor ich auch nur das Holz berührt habe. Ich starre in die Ecke rechts über der Tür, wo das Licht der kleinen Kamera blinkt.

»Sie konnten es wohl nicht erwarten, mich zu sehen«, sage ich beim Eintreten. Neben ihm sitzt der Rekrut, der dieser Tage sein Schatten ist. »Hey, B. A.«, begrüße ich ihn. Wir waren alle mal B. A., auch bekannt als blutige Anfänger, und jetzt ist er es.

»Du bist spät dran«, ermahnt mich Bristol.

Ich hole eine weitere Tüte aus meinem Rucksack und wedele damit herum. »Muffin?«

»Du weißt doch, dass ich auf Diät bin.«

»Die sind aus Vollkornmehl«, erwidere ich und grinse dabei von einem Ohr zum anderen.

Er schnaubt durch die Nase und streckt die Hand aus. »Gib her, Faraday, verdammt.«

Der Boss schnappt sich das Törtchen und beißt mit einem genüsslichen Grunzen hinein. »Das hier«, murmelt er und deutet auf den Muffin, »das ist der Grund, warum du perfekt für den neuen Fall bist.«

Er schiebt mir eine Akte hinüber.

»Operation Mamma Mia«, lese ich auf dem Deckblatt. Ich lasse mich in den Sessel ihm gegenüber sinken und kratze mich an der Stirn. »Die bei den Aguileras hieß Operation Chiquitita, was stimmt denn mit Steven nicht?«

»Er ist ABBA-Fan«, nuschelt Bristol und lässt den Rest des Muffins mit einem Happs verschwinden. »Pass auf, wir haben einen Tipp von einem Informanten bekommen, einem Insassen im New York State Prison. Er hat gehört, dass der Betreiber eines Nachtclubs in Tribeca die ›Einladung‹ erhalten hat, sich von Leuten aus dem Dunstkreis der Maniscalcos beschützen zu lassen.«

»Einladung« ist eine vornehme Umschreibung dafür, dass der Kerl bedroht wurde: Entweder du zahlst Schutzgeld und kannst in Ruhe deinen Laden führen – wirst also vor allen anderen, die sich in deine Geschäfte einmischen wollen, »geschützt« – oder du kannst dich auf großen Ärger einstellen.

»Ma‑ni …«, murmelt B. A., während er versucht mitzuschreiben, »schal …«

»Scalco«, berichtige ich ihn. »Ma‑ni-scal‑co.«

»Mit C oder mit K?«, fragt er.

»Herrje«, seufzt Bristol, verdreht die Augen und verflucht vermutlich denjenigen, der ihm B. A. zugewiesen hat.

»Mit ›C‹ wie ›capisce‹. Eine der Familien der Kommission«, erkläre ich. »Zum Mitschreiben: Zwischen 1930 und 1931 tobte in New York der sogenannte Krieg von Castellammare, eine blutige Fehde zwischen italienischen Familien der Cosa Nostra um die Vorherrschaft in der Stadt. Der Boss, dessen Familie als Sieger hervorging, gründete die ›Kommission‹, eine Art kriminellen Aufsichtsrat, der bis Ende der Achtzigerjahre von den Familien Bonanno, Colombo, Gambino, Genovese und Lucchese kontrolliert wurde, auch bekannt als ›die fünf Familien‹. Die Elite der organisierten Kriminalität.«

B. A. kritzelt eilig, um mitzukommen. »Und was passierte nach Ende der Achtziger?«

»Da wurden es sechs, mit den Maniscalcos«, fährt Bristol fort. »Terry ›Der Vampir‹ Maniscalco ist der jüngste Spross einer Dynastie von ›Müllmännern‹ – Soldaten, die die Drecksarbeit für die Fünf Familien erledigt haben.«

»Wieso wird er Vampir genannt?«, fragt er.

»Wegen seines spitzen linken Ohrs, das von einer Kugel gestreift wurde, der er wie durch ein Wunder ausweichen konnte«, erklärt Bristol. »Er hat so viel Einfluss und Macht gewonnen, dass er einen Platz in der Kommission verlangte. Die sechs Familien haben das Stadtgebiet unter sich aufgeteilt, und jede hat ihren Einflussbereich. Bringen sie euch in Quantico denn heutzutage gar nichts mehr bei?«

B. A. läuft bis über beide Ohren rot an. »Ähm, und womit genau befassen sich diese Maniscalcos?«

»Schutzgelderpressung, Drogenhandel, Schmuggel, Glücksspiel, Prostitution, Kreditabzocke, Hehlerei, Wettbetrug, Beamtenbestechung, Geldwäsche«, rattere ich herunter. »Nenn mir was Illegales, sie haben es garantiert im Programm.«

Er muss die letzten Jahre unter einem Stein gelebt haben, wenn er nicht weiß, wer die Maniscalcos sind. Und vor allem, dass das Justizministerium sie nach den Aguileras als Nächstes hinter Schloss und Riegel bringen will. Das möchten wir alle, aber ehrlich gesagt hatte ich gehofft, diesmal würde ich nichts damit zu tun haben.

»In ihrer undurchdringlichen Mauer hat sich ein Spalt aufgetan, und durch den wirst du sie infiltrieren«, verkündet Bristol.

Das sind keine guten Nachrichten: Sich in die lateinamerikanische Unterwelt einzuschleichen ist eine Sache, in das Netz der Cosa Nostra jedoch eine ganz andere.

Im ersten Fall muss man so tun, als wäre man reich: Protz mit Schmuck und dicken Autos, und sie liegen dir zu Füßen. Im zweiten Fall muss man quasi so tun, als wäre man adlig. Die italoamerikanische Mafia gilt als die Aristokratie des organisierten Verbrechens, mit Übergangsriten, Traditionen und hierarchischen Titeln. Vielleicht wird sie deshalb in der Populärkultur so oft – zu oft – romantisiert: Ihre Undurchdringlichkeit hat etwas Faszinierendes.

Joaquin »Jack Falcone« Garcia hat drei Jahre gebraucht, um das Vertrauen der Gambinos zu gewinnen.

»Kann das nicht Skinny Rudy machen … oder der Schweigsame Hank?«, werfe ich ein. Wir haben alle Spitznamen: Rudy ist ein Zwei-Meter-Schrank von hundertzehn Kilo; Hank dagegen hat in der ganzen Zeit, in der ich ihn kenne, höchstens fünf Worte gesagt.

»Rudy ist für einen Einsatz gegen die Russenmafia an das Revier in Chicago ›ausgeliehen‹, und wir haben nicht die nötige Zeit, um Hank auszubilden. Es wären mehrere Wochen Mob School nötig, wenn er überzeugend rüberkommen soll.«

»Bob School«, notiert sich B. A. auf seinem Schreibblock. »Wer ist Bob?«

»Mob, nicht Bob, Herr im Himmel«, stöhnt Bristol.

»Die Mob School ist ein Intensivkurs, in dem Undercoveragenten lernen, wie ein Mafioso zu reden, zu gehen, zu essen, sich zu kleiden und sogar zu denken«, erkläre ich ihm.

»Du, Dwight, hast den dagegen gar nicht nötig und wärst sofort einsatzbereit. Du bist Halbitaliener, sprichst die Sprache, hast in Bay Ridge gelebt, einer der größten italienischen Enklaven in Brooklyn – niemand ist für diesen Fall besser geeignet als du.«

»Warum kann ich nicht ausnahmsweise mal was Leichtes bekommen?«, beschwere ich mich.

»Weil du unser bester Special Agent bist«, macht er mir eines seiner ausgesprochen seltenen Komplimente. In fast zehn Jahren unter seiner Führung – ich war dreiundzwanzig, als ich rekrutiert wurde – habe ich lediglich zwei »Gut gemacht« und ein »Nicht schlecht« zu hören bekommen. Sein letzter Satz übertrifft alle meine Erwartungen.

»Wollen Sie sich etwa bei mir einschmeicheln, Chief?«

»Ich zähle bloß die Fakten auf: Du hast einen IQ von 146, zig erfolgreiche Infiltrationen hinter dir und bist nur ein einziges Mal Gefahr gelaufen aufzufliegen, du sprichst sechs Sprachen, bist Scharfschütze und siehst nicht nach einem FBI-Agenten aus, sodass Zielpersonen keinen Verdacht schöpfen.« Die letztgenannte Eigenschaft ist keineswegs selbstverständlich. Die meisten Agenten schreien schon aus einem halben Kilometer Entfernung FBI. »Und du kannst kochen, eine zwingende Voraussetzung für diese Mission.«

»Sucht Terry Maniscalco einen Privatkoch?«, werfe ich sarkastisch ein, in der Hoffnung, dass meine ganze Lustlosigkeit durchscheint.

»So viel Glück haben wir leider nicht. Maniscalco hat fünf Capos, denen jeweils mindestens zehn Soldaten unterstehen, die in Lower Manhattan, dem Gebiet, das die Kommission ihm zugewiesen hat, die Drecksarbeit machen. Laut dem Informanten steht eine der zugehörigen Familien kurz davor, ausgerechnet in Tribeca ein Restaurant zu eröffnen.«

Bristol deutet auf die Akte. »Schau mal auf Seite sechs.«

»Villa’s. Ein Restaurant von Gualtiero Villa«, lese ich.

»Wir vermuten, dass es ein weiterer Kanal für Geldwäsche ist. Die Familien Maniscalco und Villa sind seit drei Generationen miteinander verbunden, und vor fünf Jahren musste sich Maniscalco einer Nierentransplantation unterziehen. Ratet mal, wer der großzügige Spender war?«, fragt Bristol.

»Gualtiero Villa.«

»Korrekt. Dem Boss eine Niere zu spenden, stärkt die Verbindung. Aber zurück zum Restaurant: Wenn ein solches Unternehmen in Tribeca nicht auffallen soll, muss es wirklich laufen. Er muss die ganze Stadt in seinen Laden holen«, fährt Bristol fort.

»Und ich soll dort hingehen«, folgere ich.

»Das Restaurant wird von Angelo, Gualtieros jüngstem Sohn, geführt, und unser Informant hat bestätigt, dass sie noch Personal suchen.«

»Hank könnte sich als Kellner bewerben«, schlage ich vor.

»Informationen werden nicht im Gastraum gesammelt, wir müssen beobachten, was in der Küche, im Lager und im Büro vor sich geht, also brauchen wir jemanden, der sich am Herd auskennt, und dir als Halbitaliener sind die Gerichte auf der Speisekarte nicht fremd.«

»Viertel«, berichtige ich ihn. »Ich bin zu einem Viertel Italiener, durch meine Großmutter mütterlicherseits.«

»Ist doch dasselbe.«

»Ist es nicht«, erwidere ich. »Außerdem kam meine Nonna aus Verona. Villa ist Sizilianer.«

Ich studiere meine neue Identität und seufze genervt. »Romeo? Echt jetzt?«

»Das ist romantisch.«

»Das ist albern«, widerspreche ich und schlage die Mappe genervt wieder zu.

»Wir haben bereits deine neuen Papiere vorbereitet«, sagt er, ohne auf meinen Protest einzugehen. »Du bist der Einzige, der den Job übernehmen kann: Misch dich unter das Küchenpersonal, gewinne das Vertrauen der Familie Villa, beschaffe uns die nötigen Informationen, um ihre Verbindungen zu Maniscalco nachzuvollziehen, und betrachte dich als Anwärter für den Posten eines Supervisory Special Agent. Kannst du vielleicht mal diesen lächerlichen Lolli aus dem Mund nehmen? Wie alt bist du, fünf?«

»Jeder baut Spannungen auf seine eigene Weise ab: Manche rauchen, andere kauen Kaugummi, meine ist das hier.« Bis vor drei Jahren habe ich selbst zwei Schachteln am Tag geraucht.

»Maniscalco hinter Gittern, eine Beförderung für dich. Was sagst du dazu, Faraday?«

»Wenn ich zustimme …«

»Wir haben bereits deine neue Wohnung in Brooklyn eingerichtet, hol dir die Schlüssel ab, bevor du gehst«, befiehlt er mir ohne weitere Umschweife.

»Sie hören mir gar nicht zu, oder?«

»Das Vorstellungsgespräch ist in zwei Tagen, schlüpf in die Rolle und bereite dich vor: Du musst wie ein Musterknabe aussehen. Die Haare gekämmt, frisch rasiert, das Hemd gebügelt und, mein Gott, kannst du nicht einmal eine normale Jeans anziehen?«

»Was stimmt denn mit dieser nicht?«, frage ich.

»Ich erwarte ja nicht, dass du Anzug und Krawatte trägst, aber wenigstens eine Hose, durch die man nicht deine Unterhose sieht … mit Kleeblättern?!«

»Äh, ja, Chef, das ist die für St. Patrick’s Day. Ich bin spät dran mit der Wäsche.«

»Ziemlich spät, würde ich sagen.«

»Ich hatte nur noch diese hier oder die, auf der vorne Gefällt dir, was du siehst? und hinten Du solltest mich ganz ohne sehen steht.«

Bristol schüttelt seufzend den Kopf. »Das ist ein Anblick, den ich mir gerne erspare.«

»Kann ich nicht so bleiben?«, frage ich und drehe mich um die eigene Achse. »Ich sehe gerade erst wieder so aus wie ich selbst: Zöpfe weg, Schnurrbart weg, schrille Klamotten weg.«

»Und das Ding muss auch weg«, ordnet Bristol an.

»Welches Ding?«

»Du weißt, was ich meine.«

»Nein, weiß ich nicht«, beharre ich.

»Stell dich nicht dumm, ich spreche von dem Teil.«

»Was für ein Teil?«

»Das Zungenpiercing, Faraday«, stößt er hervor.

»Nicht mal meine Mutter hat mich gezwungen, es rauszunehmen.«

»Ich bin nicht deine Mutter.«

»Zum Glück.«

»Raus hier!«, donnert er und springt auf. So enden unsere Gespräche fast immer.

Also gut, mir bleiben zwei Tage, um mich in Romeo Corelli zu verwandeln und in das Herz der italoamerikanischen Mafia von New York einzudringen. Aber das Piercing werde ich nicht rausnehmen.

Kapitel 3

Julia

Bei mir zu Hause herrscht Chaos.

Eigentlich ist Chaos der Normalzustand bei den Villas, aber es gibt unterschiedliche Ausprägungen.

Es gibt das amerikanische Chaos, wenn wir laut miteinander sprechen, um Informationen auszutauschen. Dann das italienische Chaos, ebenfalls laut, wenn wir uns streiten. Und schließlich gibt es noch das italoamerikanische Chaos, eine Mischung aus beiden Sprachen, wenn es darum geht, wer am lautesten sein kann. Leider ist gerade Letzteres der Fall.

Papà ist da, meine Brüder Pietro, genannt Pete, und Angelo, Liza und ihre Mutter Cetty.

Der Grund für die erhitzten Gemüter? Die Speisekarte des Villa’s.

»Arancino, mit O!«, donnert Cetty und wedelt hektisch mit dem Blatt.

»Du hast doch keine Ahnung – du machst sie sogar spitz. Hat man jemals spitze Orangen gesehen?«

»Wenn du sie mit A schreibst, mache ich sie nicht«, verkündet sie und verschränkt die Arme vor der Brust.

»Und wenn du sie mit O schreibst, serviere ich sie nicht«, erwidert Papà.

»Wir könnten sie genderneutral Arancin* nennen«, schlägt Liza vor. »Dann sind alle zufrieden.«

»Mein Restaurant, meine Regeln: Sie heißen Arancina«, bestimmt Papà.

»Meine Fritteuse, meine Regeln«, antwortet Cetty auf sein Machtwort. »Sie heißen Arancino.«

Die Arancina-Arancino-Fehde ist ein Klassiker unter den Familienstreitereien: Papàs Verwandte stammen aus Palermo und verwenden den Begriff Arancina, wohingegen Cettys Vorfahren aus der Gegend um Catania stammen, wo man Arancino sagt. Natürlich sind beide der Meinung, dass sie recht haben.

Papà und Cetty waren genau ein Mal als Kinder in Sizilien, dennoch fühlen sie sich nicht weniger sizilianisch.

Meine Mutter hingegen hatte sardische Wurzeln und war viel häufiger bei ihren Großeltern zu Besuch, deshalb standen in unserer Familie die kulinarischen Kulturen ständig in Konkurrenz.

»Und wenn wir überhaupt keine Arancine auf die Speisekarte setzen?«, werfe ich ein.

Es ist nicht leicht, die Villas und die Lo Biancos geschlossen zum Verstummen zu bringen, aber mit diesem Satz ist es mir offenbar gelungen.

»Was?!«, rufen alle fassungslos.

»Giulietta, bist du noch bei Trost?«, fragt Papà und sieht mich an wie eine Fremde.

»Ich meine es ernst, und nenn mich nicht Giulietta«, schnaube ich. »Wir eröffnen ein Restaurant in Tribeca, einem der hippsten Viertel von Manhattan. Wir können Maxime Keller doch keine gefüllten und frittierten Reisbällchen vorsetzen.«

»Fängst du schon wieder von dieser Maxime Keller an?«, grummelt Papà, und Pete und Angelo stimmen mit ein.

Maxime Keller ist die renommierte, aber auch gefürchtete und überaus strenge Kritikerin von Manhattan Bites, dem bedeutendsten Gastroblog der Stadt. Eine positive Bewertung von ihr ist ein Türöffner für den Guide Michelin. Umgekehrt kann ein Verriss einem Restaurant den Garaus machen, und viele überleben danach nicht einmal ein Jahr.

Niemand kennt ihr Gesicht, man munkelt, sie habe einen ganzen Kleiderschrank nur für ihre Verkleidungen. Das bekannteste Gerücht ist, dass sie ausschließlich platinblonde Perücken trägt. Ich kenne ihre Kolumne auswendig und weiß, was sie mag und was sie verabscheut.

»Also nichts Frittiertes?« Cetty bricht fast in Tränen aus. Sie und Lizas Vater haben, bis er vor zwei Jahren starb, eine der beliebtesten Friggitorie im Viertel betrieben, deshalb sind Öl und Panade für sie Grundnahrungsmittel.

»Doch«, beschwichtige ich sie. »Aber es darf nicht das Grundgerüst der Speisekarte sein.« Ich nehme einen der Zettel, die auf dem Tisch herumliegen, und überfliege die verschiedenen Gerichte. »Hier steht nichts, was es nicht in jedem anderen Restaurant in Little Italy auch gibt, wir bieten nichts Neues.«

»Und was sollen wir anbieten?«, fragt Cetty. »Frühlingsrollen?«

»Das meine ich nicht, und außerdem sind die auch frittiert«, wende ich ein. »Überlegen wir uns doch erst einmal, was wir nicht auf die Karte setzen wollen.«

»Willst du etwa Gerichte streichen?«, fragt Pete mit gerümpfter Nase.

Ich nicke entschieden. »Angefangen mit diesem ›Chicken Parmesan‹. In Italien droht dir eine Haftstrafe, wenn du Hähnchen mit Parmesankäse kombinierst.«

Mein Satz löst einen Aufschrei aus.

»Nur weil du in Italien warst, brauchst du uns keine Vorträge zu halten«, bemerkt Angelo säuerlich.

»Dann servieren wir eben Luft«, wirft mein Vater genervt ein. »Was du sagst, bringt uns auch nicht weiter.«

»Ihr begreift es nicht. Wir haben wirklich ein Problem.« Ich lege die Karte zurück auf den Tisch. »Wir müssen alles überarbeiten: Gerichte, Menüs, Portionen! Es ist alles zu viel. In Tribeca können wir nicht einfach dreihundert Gramm Makkaroni pro Person auf einen Teller klatschen.« Ich werfe einen Blick zu Angelo, der gerade seine Gabel in eine Portion käsetriefender Penne sticht, von der eine dreiköpfige Familie satt werden könnte.

»Ich höre hier immer ›wir‹«, nuschelt er mit vollem Mund. »Was hat das mit dir zu tun?«

»Ich dachte, ich habe ein Mitspracherecht bei dem, was wir kochen, oder nicht?«

»Du kochst aber nicht«, schneidet er mir das Wort ab.

»Wie bitte?« Jetzt bin ich diejenige, die fassungslos ist. Dass Angelo sich im Restaurant einmischt, ist an sich schon lächerlich, so wenig, wie es ihn interessiert. Aber dass er jetzt auch noch anfängt, mich herumzukommandieren, ist der Gipfel der Absurdität.

Angelo ist ein Jahr älter als ich, und wir hatten schon immer unsere Reibereien und eine etwas holprige Beziehung, aber als jüngerer Sohn wurde er auch komplett verhätschelt, wie ein Welpe.

»Und wer hat das entschieden? Du?«

»Nein, Papà.«

Ich sehe meinen Vater an. »Das ist ein Scherz, oder?«

Papà hustet nervös und blickt Cetty um Unterstützung heischend an. »Na ja, ich dachte, es wäre das Beste für dich …«, weicht er aus.

»Bin ich in der Küche, ja oder nein?«, frage ich mit fester Stimme.

»Du bist mit Liza im Gastraum«, bringt es Cetty auf den Punkt. Ein Punkt, der mir ganz und gar nicht gefällt.

»Und was soll ich da machen?«

»Reservierungen entgegennehmen, Gäste zu den Tischen begleiten …«, zählt Papà auf, als wäre es der absolute Traumjob.

»Ich will in der Küche stehen«, sage ich, jetzt lauter. »Soll Angelo doch die Gäste betreuen.«

Meine Reaktion scheucht die anderen auf.

»Schon so spät«, bemerkt Cetty und tippt auf ihre Uhr. »Wir sollten gehen, was, Liza?«

Übersetzt heißt das: Das sollen sie unter sich ausmachen.

»Ich bringe dich nach Hause«, bietet Pete Liza an. Er wirbt schon seit Jahren um sie – erfolglos, aber er gibt nicht auf. Er reicht ihr die Jacke und hält ihr die Tür auf, als ob sie es von ihm erwarten würde.

»Ich wohne gleich am Ende der Straße, Pete«, erwidert sie.

»Ich bin dein Leibwächter.«

»Bewache meinen Leib, so viel du willst, aber aus der Ferne.«

»Ich gehe auch«, verkündet Angelo, entschlossen, sich um die Diskussion herumzudrücken.

»Du bleibst hier«, erwidere ich finster.

»Du willst die Küche des Villa’s? Dann kümmere dich selbst darum.« Er nimmt den Autoschlüssel, lässt ihn um den Zeigefinger kreisen und geht zur Tür.

Ich bleibe mit Papà allein zurück, der seufzt, als hätte er das Gespräch schon satt, bevor es überhaupt angefangen hat.

»Stimmt das, was Angelo und Cetty gesagt haben?«, frage ich und stemme die Hände in die Hüften.

»Nicht in diesem Ton, Giulietta.«

»Ich heiße Julia.«

»Ich nenne dich bei dem Namen, den ich dir gegeben habe, nicht bei dem, den du dir ausgedacht hast«, antwortet er mit seiner ganzen Autorität.

Als ich vor vier Jahren offiziell die Namensänderung von Giulietta in Julia vornehmen ließ, war die Hölle los. Mehr noch als damals, als Papà von meinem ersten Tattoo erfuhr. Beim zweiten ging es schon etwas besser, er brüllte, aber alle Teller blieben heil, beim dritten begnügte er sich mit ein paar Tagen Grummeln und einsilbigen Antworten.

Aber das mit dem Namen … Giulietta hieß seine Mutter. Papà empfand es als Verrat, und er besteht darauf, mich weiterhin so zu nennen, obwohl in meinem Pass etwas anderes steht.

Es tut mir nur leid, dass er nie verstanden hat, wieso ich das Bedürfnis hatte, ihn zu ändern.

»Wieso willst du mich im Gastraum einsetzen?« Nicht dass am Job der Empfangsdame irgendetwas auszusetzen wäre, aber ich habe so viel mehr zu bieten, als die Gäste höflich anzulächeln. »Und vor allem: Wann wolltest du es mir sagen? Ich zerbreche mir seit Wochen den Kopf über eine originelle Speisekarte, ich bin sogar nach Italien gereist, um zu sehen, in welche Richtung sich die echte italienische Küche entwickelt. Ich probiere neue Zutaten und Rezepte aus, und jetzt stellt sich heraus, dass Angelo die Küche bekommt?«, brülle ich. Ich kann auch laut werden, wenn ich will.

»Es geht nicht anders, Giulietta.«

»Pete hat die Bäckerei, ich hätte das Restaurant bekommen sollen!«, wiederhole ich entschlossen. »Mit Angelo am Empfang.«

»Angelo ist kein Empfangstyp.«

»Er ist aber auch kein Küchentyp!« Ich reiße das Schränkchen mit den Erinnerungsstücken auf, all die Andenken an Hochzeiten, Taufen, Kommunionen, Goldene und Silberne Hochzeiten und alle möglichen anderen Anlässe, und ziehe eines der Fotoalben aus dem Stapel. »Schau mal«, sage ich und blättere es hektisch durch. »Ich und mein erstes pochiertes Ei.« Ich zeige auf das leicht verblasste Foto. Meine Mutter war eine Fotofanatikerin, hielt sich aber für nicht gut genug, um sich eine richtige Kamera zu kaufen, also benutzte sie diese Einwegkameras und brachte jede Woche einen Film zum Entwickeln. Auf den Fotos hielt sie das ganze Leben unserer Familie fest, auch meine Fortschritte in der Küche: Die erste Arancina, die ich gerollt habe, den ersten Pizzateig, den ich geknetet habe, und das erste erfolgreich pochierte Ei. Da war ich neun Jahre alt. »Angelo kann nicht mal ein Ei pochieren!«

»Dann bringst du es ihm eben bei.« Papà bleibt unnachgiebig.

»Klar, es ergibt total Sinn, dass die Empfangsdame dem Koch das Kochen beibringt!«, erwidere ich.

Angelo kann kochen, alle in der Familie können kochen, aber er ist der Einzige, dem es keinen Spaß macht, der nicht mit dem Herzen dabei ist und lieber das isst, was jemand anderes zubereitet hat. Kochen und Essen machen sind zwei grundverschiedene Dinge. Angelo macht Essen, ich koche. Für ihn ist es Arbeit, für mich ist es Leidenschaft.

»Lass uns tauschen! Du weißt ganz genau, dass ich besser geeignet wäre: Ich würde die Küchencrew führen, ich würde ein anspruchsvolles Menü kreieren, ich würde die richtigen Zutaten auswählen. Es liegt daran, dass ich eine Frau bin, stimmt’s? Das Familienunternehmen ist Männersache. Du würdest nie eine Frau mit der Leitung eines Männerteams betrauen.«

»Nein, Giulietta, es liegt nicht daran, dass du eine Frau bist«, antwortet Papà. Er nimmt einen Staubwedel in die Hand und fängt an, den Schrein mit dem Foto von Mamma, der auf dem Kaminsims im Wohnzimmer steht, abzustauben. Jeden Abend wirft er das abgebrannte Räucherstäbchen weg und zündet ein neues für sie an. »Du bist so kompetent wie Pietro und Angelo zusammen.«

»Warum darf ich dann nicht Küchenchefin sein?«, frage ich voller Verzweiflung und lasse die Arme hängen.

»Weil der Küchenchef alles probieren muss, was er zubereitet, und das kannst du nicht!«, stößt Papà hervor und dreht sich mit erhobenem Staubwedel zu mir um. »Du kannst es nicht«, wiederholt er mit einer solchen Härte, dass es mir vorkommt, als hätte er mir einen Schlag versetzt.

»Das stimmt nicht«, widerspreche ich.

»Du kannst es nicht, und das weißt du selbst«, erwidert er. »Und ich habe keine Lust auf eine Diskussion, die wir schon hundertmal geführt haben.«

Er wendet sich ab, hin zu dem Foto von Mamma und streicht über das Glas. »Sie war genauso dickköpfig wie du.«

»Aber Papà, probieren ist nicht essen«, versuche ich, ihn zu überzeugen.

»Und es wäre anstrengend. Ein Küchenchef muss im Morgengrauen aufstehen …«

»Ach, und darin ist Angelo ja ein Meister. Wann ist er denn das letzte Mal vor elf Uhr aufgestanden?«

»Er wird sich daran gewöhnen«, behauptet er.

»Wer’s glaubt, wird selig«, kommentiere ich mit so viel Sarkasmus, dass meine ganze Verärgerung zum Ausdruck kommt.

»Das reicht, Giulietta, ich habe es so entschieden, und ich lasse mir von einem siebenundzwanzigjährigen Mädchen nicht auf der Nase herumtanzen.«

»Ich bin fast achtundzwanzig«, korrigiere ich ihn, »und ich bin kein Mädchen mehr.«

»Ach, wirklich? Warum reagierst du dann so trotzig?«

»Weil du die falsche Entscheidung getroffen hast, und das weißt du auch. Such dir eine andere Empfangsdame, denn ich werde das nicht machen.«

»Ich habe genug von deinem Gezeter, ab auf dein Zimmer.«

»Nein, du schickst mich nicht weg«, erwidere ich, fest entschlossen, das letzte Wort zu behalten. »Ich gehe, denn ich habe genug von deiner Bevormundung.«

Kapitel 4

Dwight – Romeo

Die letzten achtundvierzig Stunden habe ich damit verbracht, sämtliche mir bekannten Rezepte zu kochen, von den einfachsten Zubereitungen bis hin zu den ausgefeiltesten Gerichten, und dabei Goodfellas, Casino und alle drei Teile von Der Pate auf Italienisch geschaut.

Romeo Corelli wird Gualtiero Villa im Sturm erobern. Nach dem bisherigen Verlauf des Vorstellungsgesprächs zu schließen, liegen wir auf einer Wellenlänge.

»Kochausbildung mit Bestnoten abgeschlossen, Konditormeister, Chocolatier und geprüfter Sommelier«, liest er mit offensichtlicher Bewunderung vor. Der Lebenslauf ist natürlich gefälscht, genau wie die Zeugnisse, die ich ihm überreicht habe.

»Ohne Wein ist eine Mahlzeit nicht komplett«, sage ich.

»Ganz deiner Meinung.« Gualtiero nickt. Er sieht wirklich aus wie ein Oldschool-Mafioso, bis ins kleinste Detail: perfekt gegelte Haare, nicht der Hauch eines Bartschattens, obwohl es schon spät am Nachmittag ist, zweireihiger Nadelstreifenanzug mit besticktem Einstecktuch in der Brusttasche, goldene Armbanduhr, Siegelring mit den Initialen G. V. am kleinen Finger. Er erwidert meinen Blick und mustert mich mit zusammengekniffenen Augen. »Trinkst du? Wann? Wie viel?« Sein Ton hat etwas Verhörmäßiges.

»Nur zu besonderen Anlässen. Die Weine, die mir schmecken, kann ich mir nur selten leisten.«

»Mh‑hmm.« Die Antwort überzeugt ihn offenbar. »Welche Weine bevorzugst du?«

»Wenn mir jemand ein Glas anbietet, sage ich zu einem Barolo oder einem Massetto nicht Nein«, antworte ich prompt. »Aber wenn ich wählen dürfte, dann würde ich mich mit geschlossenen Augen für einen charaktervollen roten Etna entscheiden. Und zum Abschluss einen Ben Ryé.«

»Wir werden sehen, ob du dich gut anstellst.« Gualtiero wendet sich wieder meinem Lebenslauf zu. »Dann hast du auf Kreuzfahrtschiffen in verschiedenen Positionen gearbeitet und bist bis zum Souschef aufgestiegen.«

»Das stimmt«, sage ich und lasse meinen Blick schweifen, um herauszufinden, wo man hier Wanzen anbringen könnte. Wir befinden uns im Büro des Restaurants, einem der entscheidenden Bereiche, die wir im Auge – und im Ohr – behalten müssen.

»Wo bist du herumgekommen?«

»Mit Compass Cruise war ich im Golf von Mexiko und in der Karibik unterwegs, mit Corsali Crociere im gesamten Mittelmeerraum. Bei Cunard war ich nur eine Saison, in den norwegischen Fjorden, danach bin ich zu Compass zurückgekehrt und war in Japan und Südostasien.«

»Du bist um die Welt gereist«, bemerkt er und kratzt sich nachdenklich am Kinn. »Auf den Schiffen hast du sicher gelernt, unter Zeitdruck und auf engstem Raum effizient und ordentlich zu arbeiten, aber ich frage mich, ob du wirklich vertrauenswürdig bist.«

»Was lässt Sie zweifeln, Mr. Villa?«, frage ich ihn, während ich mich weiterhin ungezwungen und entspannt gebe.

»Pass auf, Romeo. Ich bezahle meine Angestellten gut, sehr gut, damit sie sich nicht umsehen und von Mitbewerbern in Versuchung führen lassen. Ich muss den Leuten, die in meinem Laden ein- und ausgehen, vertrauen können, und sie müssen loyal sein. Wer garantiert mir, dass du nicht in einem Monat hinwirfst und nach Dubai abhaust? Ich mag keine Abtrünnigen, weder in meiner Küche noch sonst wo.«

Ein Ehrenmann umgibt sich nur mit anderen Ehrenmännern, und es gibt nur eine Möglichkeit, um herauszufinden, ob dein Gegenüber sein Wort halten wird: Hat er Familie oder nicht? Sie arbeiten bevorzugt mit denen zusammen, die Frauen und Kinder haben, weil sie Verantwortung tragen und auch die schmutzigsten Befehle ohne Widerworte ausführen, um ihre Liebsten vor Vergeltung zu schützen. Ein alleinstehender Mann ist nicht verlässlich, weil er nichts zu verlieren hat. Das sagt er so nicht, aber ich weiß es, und die Stille, die sich im Raum ausbreitet, ist dicht und schwer.

»Ich möchte heiraten«, sage ich selbstbewusst. »Ich habe das Reisen satt. Neue Orte zu entdecken ist aufregend, aber ich habe mich in den letzten Jahren auch sehr einsam gefühlt.«

Gualtiero zieht beeindruckt die Augenbrauen hoch. »Hast du eine Freundin?«

»Jenny«, bestätige ich nickend. »Ich werde ihr einen Antrag machen, sobald ich genug Geld gespart habe, dass wir in eine größere Wohnung ziehen können.«

Er mustert mich immer noch skeptisch. »Lebt ihr schon zusammen?«

»Nein.« Eine der entscheidenden Eigenschaften der Rolle des Romeo war rot unterstrichen: Zusammenleben vor der Ehe verboten. Ich mache keine religiösen Bekenntnisse, sondern lasse das goldene Kreuz, das zwischen den obersten beiden offenen Hemdknöpfen hervorlugt, für mich sprechen. »Im Moment wohne ich in einem Einzimmerapartment, aber wir brauchen eine größere Wohnung mit mindestens drei Zimmern, wenn wir eines Tages Kinder bekommen.« Okay, jetzt habe ich alle meine Karten ausgespielt.

»Du bist dreiunddreißig. In deinem Alter hatte ich schon zwei Söhne.«

»Wir haben keine Verwandten in der Nähe, die uns unterstützen könnten.« Ich ziehe das Mitleid‑As aus dem Ärmel. »Ohne Hilfe ist alles viel schwieriger.«

Gualtiero fummelt an der Kappe eines Füllfederhalters herum, der auf der ledernen Schreibtischunterlage liegt. »Bist du sauber?«, fragt er mich unverblümt.

»Sauber?«, wiederhole ich.

»Dein Vorstrafenregister.«

Auch hier befinden wir uns auf dünnem Eis. Ganz ohne Vorstrafen wäre ich ein viel zu guter Kerl, aber wenn ich behaupte, ich hätte gesessen, hat die Unterwelt viel zu viele Männer in den Gefängnissen, die meine Lüge mit Leichtigkeit auffliegen lassen könnten.

»Bisher konnte ich es vermeiden, erwischt zu werden.«

»Die da.« Gualtiero nickt in Richtung des Helms, den ich auf dem Schoß festhalte, meint aber das Motorrad. »Ist es deine, oder war sie ›ein Geschenk‹?« Er will wissen, ob sie gestohlen ist.

»Ein Freund von einem Freund brauchte dringend Geld, also konnte ich ein Schnäppchen machen.« Einer der großen Vorteile bei verdeckten Ermittlungen ist es, auf den Fundus an beschlagnahmten Gütern zugreifen zu können. Das FBI verfügt über einen Fuhrpark, auf den selbst ein Emir neidisch wäre – sämtliche Fahrzeuge wurden bei Einsätzen sichergestellt. Ein Cadillac hätte nicht zu meinem Charakter gepasst, ein schönes, nagelneues Motorrad schon. Mein eigenes zu fahren kommt nicht infrage.

Ich erwarte eine Reaktion auf meine Geschichte, aber das Geräusch der aufgehenden Tür unterbricht uns.

Gualtieros Miene verändert sich, auf einmal strahlt er förmlich. »Giulietta!«, ruft er mit vor Stolz nur so strotzender Stimme. Dann sieht er mich wieder an. »Jetzt lernst du meine jüngste Tochter kennen. Giulietta, das ist Romeo.«

Ich drehe mich um. Vor mir steht eine junge Frau mit langen dunklen Haaren, gebräunter Haut und einem Pony, der ihr über die dunkelgrünen Augen fällt, aus denen sie mich anblitzt. Genau wie vor drei Tagen, als ich sie vom Motorrad aus nass gespritzt habe.

»Romeo, soso«, wiederholt sie eisig. »Du kannst gehen, Papà, ich übernehme jetzt.«

Scheiße!

Kapitel 5

Julia

Papà und ich haben einen Kompromiss geschlossen. Er gefällt mir zwar nicht, aber wie Anwälte sagen: Ein guter Kompromiss ist, wenn beide Parteien unzufrieden sind.

Ich bin unzufrieden, weil ich nicht in der Küche stehen darf. Papà ist unzufrieden, weil ich eine größere Rolle im Restaurant übernehmen werde: mehr Anstrengung, mehr Verantwortung, und daher ein größeres Risiko, mich zu verausgaben.

Ich werde die Aufsicht über den Gastraum, das Personal und die Küche haben und Liza die Betreuung der Gäste überlassen.

Im Gegensatz zu mir hat Liza sich immer mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, in das Familienunternehmen – die Friggitoria – hineingezogen zu werden, denn sie hasst den Geruch von Frittiertem. Nachdem sie erst die Ausbildung zur Friseurin, dann die zur Visagistin und schließlich auch die zur Nageldesignerin abgebrochen hat, wandte sie sich schließlich dem Verkauf von gefälschten Designertaschen zu, und nun ist sie hier. Das Geschäft mit den Fakes hat sie allerdings nicht aufgegeben.

Leider kommt mein Amtsantritt zu spät, denn Papà hat bereits sämtliche Jobs in der Küche und im Gastraum vergeben, sodass ich nichts mehr zu sagen habe.

Wie befürchtet, sind alle Angestellten Söhne von »Freunden, denen er nichts abschlagen konnte«, und haben keinerlei Erfahrung in der Gastronomie. Vinnie und Sonny Vercetti sind die schlimmsten, und ausgerechnet sie werden den Service machen: Der eine hat Kreditkarten und Dokumente gefälscht und der andere hat sie weiterverkauft. Mickey Mannino, Denny D’Amico und Rob Pisano, in der Reihenfolge ihrer Kompetenz, werden in der Küche stehen.

Denny hat Autos gestohlen, Mickey hat Schmiere gestanden und Rob hat für einen Buchmacher Wetteinsätze angenommen, aber er hat auch schon mal in einem Supermarkt gearbeitet und kann immerhin Auberginen von Zucchini unterscheiden. Glaube ich zumindest.

Ich durfte nur eine Bitte äußern: Einen fähigen Souschef einzustellen, der Angelo zur Seite steht. Also lernen Papà und ich heute ein paar Bewerber kennen.

Ich will jemanden, der Ahnung hat, Papà dagegen einen Jasager.

Angelo hat die Angelegenheit mit den Worten »Macht ihr das, ich vertraue euch« abgetan, was in seiner Sprache so viel heißt wie: »Das ist mir scheißegal.«

Papà musste ohne mich anfangen, weil ich einen Termin hatte, von dem er nichts weiß, da ich sonst die Leitung verlieren würde. Ich habe ihm gesagt, ich müsse noch ein Missverständnis mit dem Geschirrlieferanten klären, der uns einen meiner Meinung nach überteuerten Preis genannt hat. Und wenn es darum geht, Preise zu drücken, ist Papà immer einverstanden.

Er ist durchaus in der Lage, das Personal selbst auszuwählen, denn bis vor vier Jahren hat er das Regina, unser Restaurant in Brooklyn, geführt, aber er weiß, dass ich im Villa’s ein Mitspracherecht haben möchte.

Wir brauchen nicht bloß einen Souschef, sondern einen Meeresfrüchte-Magier mit einem Meistertitel im Al‑dente-Kochen und schwarzem Gürtel in Patisserie. Mittelmäßigkeit steht nicht auf der Speisekarte.

Das Taxi setzt mich direkt vor dem Lokal ab, dessen Fenster noch abgeklebt und dessen Schild noch in Folie gehüllt ist. Die Vorgaben, die ich dem Innenausstatter gemacht habe, waren: frisch, modern, hell, ohne irgendwelchen Trends nachzueifern, die es veraltet wirken lassen könnten, sobald sie aus der Mode sind.

Angelo hat uns auch in dieser Frage freie Hand gelassen. »Macht ihr nur, für mich sehen Möbel alle gleich aus.«

Ich musste mit Papà diskutieren, weil ich nicht wollte, dass das Villa’s nach einer Trattoria mit karierten Tischdecken und Weidenkörbchen mit Grissini aussieht.

»Was hast du gegen Trattorias mit karierten Tischdecken?«, brummte er.

»Nichts, außer dass wir hier in Tribeca sind«, erklärte ich ihm.

Wir sind zwar weit entfernt von der uneinnehmbaren Upper East Side, der Hochburg von Manhattans Ultrareichen, oder ihrem Pendant auf der West Side, das die geistige Elite der Stadt beherbergt, aber hier unterhalb der Canal Street ist das junge, hippe New York, das Kunstgalerien und das mondäne Leben liebt und viele Celebrities der jüngeren Generation anzieht. Mit einer Trattoria riskieren wir, altbacken zu sein.

Zwei Tage lang habe ich mich mit Tindaro gestritten, unser Bauleiter und zugleich ein entfernter Cousin von Papà. (Wir haben für sämtliche handwerklichen Tätigkeiten irgendeinen Verwandten. Schreiner? Gibt es. Elektriker? Dito. Klempner? Selbstverständlich.) Er war der Meinung, ein Restaurant muss gelb gestrichen sein. Ich entschied mich stattdessen für ein schlichtes, mattes Warmweiß.

Während seine Farbrolle auf und ab glitt, murmelte er unablässig: »Das sieht ja aus wie in einem Krankenhaus.« Aber ihm fehlt einfach die Vision fürs Ganze, im Gegensatz zu mir.

Ich zupfe ein paar vertrocknete Blätter aus den beiden Pflanzkübeln mit Kräuterbüschen, die ich neben dem Eingang aufgestellt habe, und dabei fällt mein Blick auf ein Motorrad am Straßenrand.

Es ist eine Triumph Bonneville T100 naked in Blau und Orange, und mir läuft förmlich das Wasser im Mund zusammen. So ein Motorrad würde ich mir kaufen, wenn ich es mir leisten könnte.

Als Jugendliche haben Pete und Angelo Motorräder für illegale Rennen frisiert, und ich habe ihnen dabei geholfen. Hauptsächlich war es ein Vorwand, um ihren Freund Luis Pantieri anschmachten zu können, in den ich sehr, aber leider unerwidert verknallt war. Als Luis dann nach New Jersey zog, verflog die Schwärmerei, aber die Leidenschaft für Motorräder blieb.

Ich knicke einen Zweig Rosmarin ab und schnuppere daran. Dann betrete ich das Restaurant, wo ich Liza hinter der Bar stehen sehe. Sie trocknet Gläser ab, die längst trocken sind, und blickt neugierig zur Bürotür hinüber.

»Juls«, begrüßt sie mich, als ich hereinkomme. »Bitte, bitte, den nehmen wir«, fleht sie und sieht mich mit großen Augen an.

»Was nehmen wir?«, frage ich verwirrt.

»Nicht was. Wen!« Sie nimmt mir zuvorkommend die Jacke ab und hakt sich bei mir unter. »Er ist bei deinem Vater drinnen: ein Bewerber für den Posten des Souschefs und mein zukünftiger Ehemann – das weiß er nur noch nicht.«

Ich werfe ihr einen skeptischen Blick zu. »Habe ich irgendwas verpasst?«

Wir gehen zur Tür mit der Aufschrift Privat, die zum Büro und zur Umkleide führt. »Weißt du noch, wie ich früher immer gesagt habe, der Mann meiner Träume muss ein süßes, aber sexy Lächeln, ein Ohrfeigengesicht, Lippen zum Anbeißen und einen umwerfenden Körper haben – und geschworen habe, ich würde für immer Single bleiben, weil es diese perfekte Kombination unmöglich geben kann? Es gibt sie – und zwar da drinnen bei Gualtiero.«

»Und was ist mit Jimmy Caputo?« Das ist der Typ, mit dem sie momentan zusammen ist.

»Das ist vorbei«, tut sie die Frage ab. »Mit ihm hat es einfach nicht gepasst. Und jetzt geh bitte da rein und sorg dafür, dass dein Vater ihn einstellt. Ich bringe dir einen Espresso.«

»Ich will keinen Espresso.«

»Du willst einen«, erklärt sie entschieden. »Wie sehe ich aus?«

Ich betrachte sie rasch. »Hübsch.«

Liza öffnet den obersten Knopf ihres Kleides. »Und jetzt?«

»Hübsch und offenherzig?« Ich hoffe, das ist die richtige Antwort.

»Zum Glück habe ich heute Morgen den Push‑up angezogen. Wieso habe ich nicht deine Möpse?«

»Von mir aus kannst du sie gern haben.«

Seit meiner Jugend sind meine Brüste eine Belastung für mich. Mit dreizehn Körbchengröße D zu haben, grenzt an seelische Folter. Meine Klassenkameradinnen haben mich beneidet, ich dagegen wollte im Boden versinken, sobald mir ein Junge über den Weg lief.

»Ich bitte dich, vergraul ihn nicht. Setz einfach ein freundliches Lächeln auf.«

»Ich vergraule niemanden«, protestiere ich.

»Juls, wenn es um Essen geht, kannst du beängstigend sein.«

Ich ziehe die Mundwinkel hoch. »Gut so?«, frage ich durch zusammengebissene Zähne.

»Jetzt siehst du aus wie Dracula vor der Blutspendervereinigung. Weniger. Weniger. Okay, so ist es perfekt.«

Ich öffne die Tür zum Büro, wo mich mein Vater mit weit ausgebreiteten Armen begrüßt. »Giulietta!« Dann blickt er zu dem Mann ihm gegenüber, der mir den Rücken zugewandt hat. Angesichts seiner breiten Schultern kann ich Lizas Begeisterung nachvollziehen. »Darf ich dir meine jüngste Tochter vorstellen? Giulietta, das ist Romeo.«

Der Typ dreht sich zu mir um. Und ich erkenne ihn.

Nicht an den kurzen braunen Haaren oder den haselnussbraunen Augen, die von langen, dunklen Wimpern gerahmt werden, und auch nicht an dem selbstbewussten Lächeln eines Mannes, der offensichtlich überzeugt davon ist, genau dort zu sein, wo er hingehört. Was ihn verrät, ist der Helm mit dem Schriftzug Dirrrty Daddy, den er auf dem Schoß hält. Genau so einer, wie der Pfützenfahrer neulich. Und der Lollistiel, der zwischen seinen Lippen hervorlugt.

Es kann keine Verwechslung sein, denn seine entgeisterte Miene verrät mir, dass er mich auch wiedererkannt hat.

»Romeo, soso.« Mein Ton ist eisig. Es tut mir leid, Liza, du wirst wohl Single bleiben. »Du kannst gehen, Papà, ich übernehme jetzt.«

»Eigentlich waren wir sowieso fast fertig«, antwortet Papà.

»Du bist fertig.« Ich ziehe mir einen Stuhl heran, setze mich neben ihn und verschränke die Hände auf der Schreibtischplatte. »Ich habe noch nicht mal angefangen.«

»Dann plaudert mal schön«, lenkt er ein und steht auf. »Ich schaue mal nach den Weinen und überprüfe, ob alle geliefert wurden.«

Dann sind wir allein, und es wird still im Raum. Die Anspannung wie vor einem Duell liegt in der Luft.

»Romeo«, sage ich.

»Hör mal«, beginnt er im selben Moment.

»Jetzt rede ich.«

»Nein, ich«, erwidert er.

»Du meinst also, du hast das Recht, zuerst zu sprechen? Ein bisschen anmaßend, oder?«

»Ich wollte mich entschuldigen, aber wenn du nicht willst …«

»Eine Entschuldigung ist das Mindeste, das ist keine Frage des Wollens, vorausgesetzt, du hast Manieren, und den Eindruck habe ich nicht. Du hättest dich schon vorgestern an der Ampel entschuldigen sollen, anstatt mich zu verhöhnen. Jeder andere hätte an deiner Stelle angeboten, die Reinigungskosten zu übernehmen …«

»Und dann? Soll ich einen Teppich aus Rosen vor dir ausbreiten?«

»Ich hätte nichts dagegen.«

»Okay, tut mir leid, du hast recht. Ich habe dich mit dem Pfützenwasser nass gespritzt, und das war nicht meine Absicht.«

»Es sah eher so aus, als wäre es dein Hobby!«, rufe ich.

»Hör mal, Giulietta.«

»Ich heiße Julia«, betone ich. »Mit J.«

»Hat dein Vater dich nicht eben als Giulietta vorgestellt?«

»Das ist ein Spitzname.«

Sein linker Mundwinkel zuckt. »Den du nicht leiden kannst.«

»Das geht dich gar nichts an.«

»Kannst du mir erklären, was das hier sein soll?«

»Ein Bewerbungsgespräch.«

»Und was war das dann eben mit deinem Vater?«, fragt er herausfordernd.

»Mein Vater ist der Inhaber des Restaurants, ich bin die Geschäftsführerin.«

Meine Worte scheinen ihn nicht zu überzeugen. »Aber Angelo ist der Chefkoch. Müsste nicht, wenn schon, er das Vorstellungsgespräch führen?«

»Die Küche untersteht meiner Aufsicht.«

Romeo schnaubt durch die Nase und gibt sich geschlagen. »Na schön, was willst du wissen?«

»Was gehört in eine Béchamelsoße?«

»Ist das ein Scherz?«

»Es ist mein voller Ernst.«

»Mehl und Butter zu gleichen Teilen, Milch, Salz und Muskatnuss«, antwortet er vollkommen selbstverständlich.

»Wann gibst du das Mehl hinzu?«, befrage ich ihn weiter.

»Nachdem das Wasser aus der Butter verdampft ist, andernfalls wird das Gluten aktiviert und sie wird klumpig.«

Ich lasse mir meine Enttäuschung nicht anmerken. »Und die Milch? Warm oder kalt?«

»Klopf, klopf«, unterbricht uns Liza und kommt ins Büro.