The Love we feel - Olivia Dade - E-Book

The Love we feel E-Book

Olivia Dade

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Beschreibung

Zwei Schauspieler, eine kleine irische Insel und jede Menge Gefühlschaos … Als die schwedische Schauspielerin Maria für ein Casting nach Los Angeles kommt, trifft sie in ihrem Hotel auf einen verführerischen Mann, mit dem sie spontan die Nacht verbringt. Es ist eine perfekte Nacht, und trotzdem schleicht sich Maria am nächsten Morgen davon. Sie will ihr Herz schützen, denn eine Fernbeziehung – von fast 9.000 Kilometern – hätte eh keine Chance. Doch beim Casting für eine Rolle als Wikingerin in der Erfolgsserie Gods of the Gates erlebt sie eine böse Überraschung. Ihr One-Night-Stand Peter spricht als ihr Co-Star vor, und er schäumt vor Wut, dass sie ohne ein Wort verschwunden ist. Aber das ist kein Problem. Denn wie wahrscheinlich ist es, dass sie beide den Part bekommen und die nächsten sechs Jahre zusammen auf einer winzigen irischen Insel drehen müssen?   Eine hinreißende Romantic Comedy mit zwei selbstbewussten Plussize-Protagonisten. Band 3 der Fandom-Trilogie. Unabhängig lesbar.

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Seitenzahl: 565

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Olivia Dade

The Love we feel

Roman

 

 

Aus dem Englischen von Nina Bellem

 

Über dieses Buch

Zwei Schauspieler, eine kleine irische Insel und jede Menge Gefühlschaos …

Als die schwedische Schauspielerin Maria für ein Casting nach Los Angeles kommt, trifft sie in ihrem Hotel auf einen verführerischen Mann, mit dem sie spontan die Nacht verbringt. Es ist eine perfekte Nacht, und trotzdem schleicht sich Maria am nächsten Morgen davon. Sie will ihr Herz schützen, denn eine Fernbeziehung – von fast 9000 Kilometern – hätte eh keine Chance. Doch beim Casting für eine Rolle als Wikingerin in der Erfolgsserie Gods of the Gates erlebt sie eine böse Überraschung. Ihr One-Night-Stand Peter spricht als ihr Co-Star vor, und er schäumt vor Wut, dass sie ohne ein Wort verschwunden ist. Aber das ist kein Problem. Denn wie wahrscheinlich ist es, dass sie beide den Part bekommen und die nächsten sechs Jahre zusammen auf einer winzigen irischen Insel drehen müssen?

 

Eine hinreißende Romantic Comedy mit zwei selbstbewussten Plus-Size-Protagonisten.

Vita

Olivia Dade war schon immer ein Bücherwurm. Als Kind las sie jedes Buch, das sie nur finden konnte. Liebesromane waren und blieben dabei ihr liebstes Genre. Als Erwachsene hat sie einen Abschluss in Geschichtswissenschaften gemacht und arbeitete in unterschiedlichen Berufen wie Highschoollehrerin und Bibliothekarin, bevor sie sich als Autorin selbstständig machte. Aktuell lebt sie zusammen mit ihrem schwedischen Ehemann und der gemeinsamen Tochter in der Nähe von Stockholm. Mehr Informationen finden sich auf ihrer Homepage (oliviadade.com), auf Twitter (@OliviaWrites) tauscht sie sich gern mit ihren Leser:innen aus.

 

Nina Bellem ist im Ruhrgebiet geboren und aufgewachsen. Nach ihrem Studium zog es sie nach Korea und Hawaii, bevor es nach Berlin ging. In der großen Stadt machte sie es sich mit Mann und Reiseführern gemütlich und wechselte vom Agenturleben in die Freiberuflichkeit. Nachdem Berlin aber zu eng wurde, ging es mitsamt Mann und Reiseführern zurück ins schöne Ruhrgebiet, wo sie auch heute noch lebt.

Impressum

Die Originalausgabe erschien 2022 unter dem Titel «Ship Wrecked» bei Avon/HarperCollins Publishers, New York.

 

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Februar 2023

Copyright © 2023 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg

«Ship Wrecked» Copyright 2022 by Olivia Dade

Published by arrangement with Avon, an imprint of HarperCollins Publishers, LLC

Redaktion Gesa Weiß

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

Covergestaltung ZERO Werbeagentur, München

Coverabbildung Shutterstock

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-644-01366-7

www.rowohlt.de

 

Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

Für alle, die nach einer echten Familie suchen. Wenn ihr durch Geburt keine bekommen habt, findet ihr hoffentlich irgendwo da draußen eine und wisst ganz tief in eurem Innern, dass es jemanden gibt, der euch versteht und euch liebt. Immer. Selbst wenn ihr euch verloren fühlt. Selbst wenn ihr glaubt, ihr seid es nicht wert, geliebt zu werden. Was auch immer geschieht.

1

Nach ihrem Orgasmus schlug Maria ihre verhangenen braunen Augen wieder auf, und Peter hielt ihren Blick für ein weiteres Dutzend Stöße fest. Dann stützte er sich auf seine Unterarme, schob seine Finger in ihr Haar, stieß ein letztes Mal tief in sie und stöhnte in ihren Mund.

Er hielt sie fest im Arm und rollte sich mit ihr auf die Seite, während sie beide wieder zu Atem kamen.

Trotz des konstanten Brummens der Klimaanlage im Hotelzimmer war ihre Stirn feucht, ihr zerzaustes blondes Haar war am Ansatz dunkel vom Schweiß. Was nur fair war, denn durch den wilden Sex war auch seine Haut feucht geworden, und seine Brust hob und senkte sich schwer. Nach einer Minute brachte er die Kraft auf, das Kondom zu entsorgen, doch das war auch alles, was er schaffte, bevor er zu ihr zurückkroch und seine Beine erneut mit ihren verschränkte.

Bis er wieder klar denken konnte, dauerte es noch eine Weile, wahrscheinlich, weil sie ihm den Verstand geraubt hatte. Das hatte sie allerdings schon in dem Moment getan, als er an diesem Abend in Begleitung einiger seiner Schauspielerkollegen eine Hollywood-Sauna betreten hatte und sie ausgestreckt auf einer Zedernholzbank liegen sah. Ihre üppigen Brüste und Hüften wurden kaum von ihrem roten Bikini bedeckt.

Karmesinrot. Eine starke Farbe für eine starke Frau.

Sobald seine Begleiter gegangen waren, hatte sie ihren Finger gekrümmt, und er war zu ihr gegangen. Ohne Fragen zu stellen. Ohne zu zögern. Er war auch sofort bereit gewesen, ein neues Hotelzimmer zu nehmen, anstatt auf ihres zu gehen. Wenn eine Frau wie sie ihn wollte, würde er sein Glück nicht herausfordern. Und solange sie in seinen Armen bleiben mochte, würde er sie festhalten.

Ihr Puls pochte unter der salzigen Haut in ihrer Halsbeuge, die sich unter seinen Fingern weich wie Samt anfühlte und nach Kräutern roch. Nach Rosmarin. Und nach Sex. Sex mit ihm. Er konnte einfach nicht genug bekommen.

Doch leider schob sie ihn mit einem sanften Stoß zur Seite, kaum dass sie wieder zu Atem gekommen war, und er ließ sie widerwillig los. Sie hob die Arme, wackelte mit den Zehen und streckte ihre langen Glieder auf den zerknitterten weißen Laken aus, vollkommen nackt und vollkommen ohne Scham aufgrund dieser Nacktheit.

Sie war dick, so wie er, hatte einen runden Bauch und ein weiches Kinn. Sie war auch stark, so wie er, ihre endlosen Beine waren muskulös, und ihr Bizeps war deutlich zu sehen gewesen, als sie ihm auf dem Weg nach draußen die schwere Saunatür aufgehalten hatte. Er wusste bereits, dass sie einen im übertragenen Sinne umhauen konnte, und er vermutete, dass sie es auch wortwörtlich vermochte.

Mit all ihrer Weichheit und Stärke, all ihrem Selbstvertrauen war Maria Keine-Ahnung-wie-ihr-Nachname-lautet die sexyeste Frau, die er je getroffen hatte. Ohne Ausnahme.

Und nachdem sie nun gevögelt hatten – und zwar so richtig –, war es höchste Zeit, dass er mehr über sie erfuhr als nur ihren Vornamen. Auch wenn er wahrscheinlich der schlechteste Gesprächspartner in ganz L.A. war.

Als sie also aus dem weiß gefliesten Bad zurückgeschlendert kam, sich auf den Rand der Matratze kniete und ihren Blick unverhohlen über seinen ausgestreckten Körper schweifen ließ, setzte er sich auf, lehnte sich gegen das Kopfteil des Bettes und sammelte endlich genug funktionierende Gehirnzellen zusammen, um ein paar verständliche Worte herauszubringen.

«Du bist … Europäerin, oder?» Das Lächeln auf seinem Gesicht fühlte sich seltsam an. Ungewohnt. Aber er gab sich Mühe, und sie würde seine Unbeholfenheit hoffentlich nicht bemerken. «Ich hab es nicht so mit Akzenten, trotz der engagierten Versuche verschiedener Dialekttrainer, mir in der Hinsicht etwas beizubringen.»

Ihr in zerzausten Wellen liegendes Haar leuchtete im goldenen Licht der Nachttischlampe wie ein Heiligenschein, und er musste noch einmal tief durchatmen.

«Schwedin.» Die Antwort fiel knapp aus. Ganz ohne unnötiges … Irgendwas.

Er hätte gern geglaubt, dass sie so kurz angebunden war, weil das einfach in ihrer Natur lag oder weil es in Schweden so üblich war oder weil sie sich im Englischen unsicher fühlte. Aber er wusste es besser.

Es lag an ihm. Es lag immer an ihm.

«Okay», sagte er und stockte dann, weil seine Synapsen sich weigerten loszulegen. «Äh …»

Verdammt. Nach fünfzehn Jahren in Hollywood sollte er das besser können. Er war kein naiver Einundzwanzigjähriger mehr, der frisch vom College kam, und er hatte schon lange begriffen, wie die Branche funktionierte. Um die Rollen zu bekommen, die er wollte, die Rollen, die er verdiente, brauchte es nicht allein Talent.

Glück spielte eine Rolle. Ebenso wie gutes Timing. Aber Verbindungen zu einflussreichen Persönlichkeiten, die Fähigkeit, sich einzuschmeicheln – dadurch würde er mit ziemlicher Sicherheit bessere, prestigeträchtigere Jobs ergattern. Deshalb war es ziemlich ungünstig, dass er nicht in der Lage war, freundlich Small Talk zu halten.

Die üblichen Rollen – der liebeskranke oder ungeschickte beste Freund, die witzige Nebenfigur, das namenlose Mordopfer, der Charakter, dessen ganzer Handlungsbogen sich nur um sein Gewicht drehte – ödeten ihn schon seit zehn Jahren an, er brauchte mehr. Er brauchte eine Rolle, die ihn herausforderte und ihn schauspielerisch voranbrachte. Er brauchte Anerkennung in seinem Beruf. Ein festes Einkommen. Die Art von Erfolg, die selbst sein Vater nicht leugnen konnte.

Morgen würde er sich diese Rolle, diese Anerkennung, dieses Einkommen und diesen Erfolg vielleicht erarbeiten.

Heute Nacht wollte er sich mehr Zeit mit Maria erarbeiten, also musste er die richtigen Worte finden, und zwar bald. Denn sie hatte schon einen Blick zur Tür geworfen, und er würde es sich nicht verzeihen, wenn er sie einfach so schnell wieder gehen ließ, ohne eine Möglichkeit, mit ihr in Kontakt zu bleiben.

Er räusperte sich und versuchte es erneut. «Warst du deshalb in der Sauna? Weil du Skandinavierin bist?»

Die Schweden mochten doch Saunas? Oder waren es die Finnen? Scheiße, er wusste es nicht mehr.

«Ja, genau.» Ihr breiter Mund verzog sich zu einem Lächeln, und in seiner Brust schwoll sofort eine Woge des Triumphs an. «Ich war neugierig, wie eine angeblich schwedische Sauna in Hollywood wohl aussieht.»

«Es ist schon etwas seltsam, mitten im sonnigen, von Palmen bewachsenen L.A. eine Sauna aufzustellen.» Er atmete langsam und erleichtert aus und seine Schultern lockerten sich. Endlich, endlich kam das Gespräch in Schwung. «Hat sie dich beeindruckt? Oder enttäuscht?»

Sie dachte einen Moment lang über die Frage nach. «Beides, würde ich sagen. Die Sauna selbst war schön, obwohl wir in Schweden nicht viel Zedernholz verwenden. Eher Espe, Erle oder Fichte. Und natürlich sind wir normalerweise nackt, zumindest in privaten Saunen.»

So nackt, wie sie jetzt war, die Brüste rund und schwer und wunderschön, und die üppigen Schenkel leicht gespreizt. Wenn auch leider nicht weit genug, als dass er das sehen konnte, was dazwischen lag.

«Wirklich?» Jetzt lächelte auch er. Über ihren Anblick. Über die plötzliche Leichtigkeit, mit der sie sich unterhielten. «Dann finde ich es schade, dass dieser schwedische Brauch hier nicht originalgetreu übernommen wurde.»

Um ehrlich zu sein, hatte ihr Bikini ohnehin nicht viel verdeckt. Nicht, wie steif ihre Brustwarzen wurden, nachdem er mit ihnen gespielt hatte. Nicht den Spalt ihrer Pussy, als sie vor ihm stand und er diese verlockende Linie zart mit einer Fingerspitze nachzog; eine kurze, neckische Berührung wie ein Versprechen. Ein Versprechen, das er einlöste, sobald sie die Tür des Hotelzimmers hinter sich geschlossen und er seine Hand zwischen ihre Beine geschoben hatte.

Als sie das erste Mal gekommen war, mit seinen Fingern tief in ihr, seinem Daumen auf ihrer Klitoris, ihre Haare um seine linke Faust gewickelt, hatte sie so laut gestöhnt, dass er befürchtet hatte, einen Anruf von der Rezeption zu bekommen.

Heilige Scheiße. Wie konnte er mit seinen sechsunddreißig Jahren so schnell wieder hart werden?

«Sie hätten mir wenigstens erlauben können, oben ohne zu gehen.» Da er sich darauf konzentrierte, den Blickkontakt aufrechtzuerhalten, und deshalb nicht antwortete, sprach sie weiter: «Jeder hat Brustwarzen, Peter. Ich verstehe nicht, warum nur manche Leute sie zeigen dürfen, ohne dafür gleich verhaftet zu werden.»

Das war eine Falle. Sie kniete verdammt noch mal nackt auf dem Bett und sprach über Brustwarzen. Kein Geschworenengericht der Welt würde ihn verurteilen, weil sein Blick zu wandern begann.

Er räusperte sich. «Äh –»

«Nein, das ist eine Lüge. Ich verstehe schon, warum das so ist.»

Er blinzelte sie an.

«Patriarchat», erklärte sie.

Na ja, dem konnte er nicht wirklich widersprechen. «Ah.»

Das erklärte ein paar Dinge. Unter anderem, warum sie, im Gegensatz zu jeder anderen Frau, mit der er geschlafen hatte, nicht rasiert oder gewachst war. Nicht dass ihn das stören würde. Das blonde Haar zwischen ihren Schenkeln, unter den Armen, an den Beinen – es hatte ihn keinesfalls abgetörnt. Es war nur ein weiteres Zeichen für ihr Selbstbewusstsein, das ihn so anmachte, und ihre Begegnung hatte sich dadurch möglicherweise so … ursprünglich angefühlt. Ehrlich. Intim, auf eine Weise, die er nicht erwartet hatte.

Wenn man die modernen Annehmlichkeiten des Hotelzimmers außer Acht ließ, hätte sie eine Frau aus fast jeder Zeit sein können. Eine Frau, die eine Antilope auf eine Höhlenwand malte. Eine, die an der Seite von Jeanne d’Arc in die Schlacht marschierte. Oder eine Schildmaid an Bord eines Wikingerschiffs, die bewaffnet und erbarmungslos der Gefahr ins Auge blickte.

Diese Gedanken waren viel zu dramatisch für eine einfache Affäre. Dämlich überromantisch, vor allem für einen schweigsamen, wortkargen Mann wie ihn. Aber in diesem Moment der sexuellen Verbindung – ineinander verschlungen, Hitze an Hitze, er in ihr – hatte es sich für ihn angefühlt, als wären sie Liebende außerhalb der Zeit.

Dieses Gefühl hatte ihn erschüttert. Es hatte ihn schwanken lassen und verunsichert, wie er es nach dem Sex noch nie erlebt hatte. Er musste wissen, ob es noch einmal passieren würde. Er musste wissen, ob diese tektonische Verschiebung ein Zufall gewesen war oder … nicht.

Aber Maria redete immer noch, und er musste auch zuhören. Denn es wäre irgendwann sicherlich von Vorteil, wenn er ihren verdammten Nachnamen kennen würde.

«Außerdem habe ich gehört, dass die Amerikaner viel prüder in Bezug auf Nacktheit und Sex sind als die Schweden», sagte sie lächelnd. «Nach allem, was ich bisher hier gesehen habe, scheint das zu stimmen.»

Die kulturellen Unterschiede zwischen Schweden und den Vereinigten Staaten interessierten ihn. Das taten sie wirklich. Aber im Moment wollte er das Gespräch lieber auf grundlegendere Informationen lenken.

«Also, ich habe mich gefragt …» Sein Bart hatte die zarte Haut zwischen ihren Brüsten rosig werden lassen, und er konnte seinen Blick kaum von dieser verräterischen, auf sinnliche Weise befriedigenden Röte abwenden. «Lebst du in L.A., oder bist du nur zu Besuch in der Stadt, um Spaß zu haben, oder …?»

Sie presste ihre vom Küssen geschwollenen Lippen für einen Moment zusammen. «Ich bin wegen eines Jobangebots hier.»

Was bedeutete, dass sie vielleicht immer noch in Schweden lebte. Aber wo? Und auf was für einen Job bewarb sie sich? Glaubte sie, sie würde die Stelle bekommen?

Scheiße, er war wirklich nicht gut in so was. Bei jedem anderen, wirklich jedem anderen, würde sie mehr erzählen, ihre Antworten weiter ausführen, ihnen den Kontext geben, den er …

Plötzlich lag er wieder auf dem Rücken, ihre Handfläche presste sich fest auf seine Brust, und ihr Haar kitzelte sein Gesicht, während sie ihm einen harten Kuss auf den Mund drückte. Bevor er zu Atem kommen konnte, glitt sie an seinem Körper hinab, dann noch weiter, ließ ihren offenen Mund über seinen Hals, seine Brust, seinen Bauch wandern.

Oh, fuck. Fuck.

Ihre starken Hände spreizten seine Beine, und sie kletterte zwischen sie.

Dann brachte sie ihn mit ihrem talentierten Mund erneut um den Verstand, bevor sie sie beide zu einem weiteren Orgasmus ritt.

Danach hatte er keine Worte mehr. Gar keine. Sie hatte sie ihm alle genommen, so wie sie auch ihn genommen hatte.

Und bei Gott, er würde sich nicht beschweren. Nicht einmal ein bisschen.

· • ·

Er wurde vom Klingeln seines Handyweckers wach, streckte sich mit einem leisen Stöhnen und genoss das Streicheln der kühlen Hotellaken auf seiner Haut und den anhaltenden Schmerz in seinen Muskeln, die in dieser langen, heißen Nacht stark beansprucht worden waren.

Scheiße, so entspannt hatte er sich seit Jahren nicht mehr gefühlt. Vielleicht sogar noch nie.

Maria hatte ihn völlig ausgelaugt. Und nachdem er sie das vierte Mal hatte kommen lassen, schien auch sie verdammt erschöpft zu sein, ihre langen Schenkel hatten gezittert, und die Lider über ihren wunderschönen braunen Augen waren schwer gewesen. Aber sie hatten beide geschlafen, und er hatte noch ein oder zwei Stunden Zeit, bis er sich für sein Vorsprechen fertig machen musste, also wäre er mehr als nur erfreut, wenn sie ihn noch einmal auslaugen würde.

Er grinste bereits erwartungsvoll, drehte sich auf den Rücken und blickte auf die andere Seite des Bettes, wo er …

nichts fand. Dort lag niemand.

Abrupt setzte er sich auf, und die behagliche Entspanntheit seines Körpers war im Bruchteil einer Sekunde verschwunden.

Die Tür zum Badezimmer stand offen, und der Raum war dunkel und leer.

Ihre Handtasche lag nicht mehr auf dem Nachttisch.

Auch ihre Kleidung, die auf dem dicken Teppich verstreut gewesen war, war verschwunden.

Wären da nicht die beiden benutzten Kondome im Mülleimer neben dem Bett und der Geruch von Sex in den Laken, hätte er sich gefragt, ob er die letzten zwölf Stunden nur geträumt hatte.

Er warf die Bettdecke zur Seite, stand auf, schlich durch das Zimmer und suchte in der obersten Schreibtischschublade nach dem Block mit dem Hotellogo, der in jedem Hotel bereitlag.

Er war leer.

Nach einer weiteren Minute des Suchens wusste er es. Es gab keine Nummer, die auf einen Zettel gekritzelt war. Nicht einmal einen kurzen Abschiedsgruß auf der Rückseite einer Quittung.

Sie war ohne ein Wort gegangen, und verdammt, er wusste noch sehr genau, wie sich das anfühlte. Es mochte vier Jahre her sein, dass Anne ihn auf dieselbe Weise verlassen hatte, aber manche Erinnerungen verblassten mit der Zeit nicht.

Die Ironie war bitter wie Zitronenschale. An den meisten Tagen konnte er sich kaum noch an die Stimme seiner Mutter erinnern, aber den Moment, in dem er begriffen hatte, dass seine Verlobte für immer fort war, konnte er ohne Mühe jederzeit bis ins kleinste Detail abrufen, einschließlich des offenen Turnschuhs an seinem rechten Fuß und der Staubflocken, die im Sonnenlicht tanzten, als seine Welt um ihn herum zusammenbrach.

Er hätte wissen müssen, dass auch Maria gehen würde. Verdammt noch mal, er hätte es wissen müssen.

In der Sauna waren sie zu sehr damit beschäftigt gewesen, herumzumachen, um persönliche Informationen auszutauschen, und das war zum Teil auch seine Schuld gewesen. Aber als er ihr dann in der Hotellobby seinen Führerschein gegeben hatte, damit sie sicherheitshalber einem Freund eine Nachricht mit seinem vollen Namen schicken konnte, hatte sie sich nicht die Mühe gemacht, ihm auch ihren Nachnamen zu nennen. Und als er versucht hatte, nach dem ersten Sex mit ihr zu reden, hatte sie ihre Antworten frustrierend kurz und vage gehalten.

Er hatte das auf seine mangelnde Sozialkompetenz geschoben. Im Nachhinein betrachtet, hatte sie wohl eher absichtlich alle Informationen zurückgehalten, mit denen er sie hätte finden können.

Und nach ihrem zweiten Sex hatte er nicht mehr klar genug denken können, um noch ein Gespräch zu führen. Womit sie – wieder rückblickend betrachtet – eindeutig gerechnet hatte.

Er hatte sie heute Morgen wieder vögeln wollen. Er hatte mehr über sie erfahren wollen, denn auch wenn sie sich erst so kurz kannten, wusste er schon, dass sie nicht nur spektakulär selbstbewusst und verdammt sexy war, sondern auch scharfsinnig und witzig. Er hatte gehofft, bei einem gemeinsamen Frühstück vom Zimmerservice herauszufinden, wie lange sie vorhatte, in L.A. zu bleiben, und ob sie vielleicht in die Gegend ziehen wollte.

Er hatte sie sofort gemocht. Auf eine alberne Art fühlte er sich mit ihr verbunden, obwohl er so gut wie nichts über sie wusste.

Also, ja, vielleicht war es dumm, sich nach einer glühend heißen Nacht voller unverbindlichem Sex mit einer unwiderstehlichen Fremden ausgenutzt zu fühlen, aber er tat es trotzdem. Ausgenutzt, ausrangiert und wütend.

Aber das war egal. Sie hatten eine schöne Zeit miteinander gehabt, und sie war weg. Er würde sie nie wiedersehen. Jetzt musste er sich verdammt noch mal beruhigen und all die aufgewühlten Gefühle für seinen Auftritt später am Vormittag kanalisieren.

In seiner gesamten Schauspielkarriere hatte er noch nie ein so wichtiges Vorsprechen gehabt, für ein so hochkarätiges Projekt. Die Rolle des Cyprian in Gods of the Gates – eine Serie, die bereits ein weltweiter Hit war, obwohl die erste Staffel noch nicht einmal komplett ausgestrahlt war – könnte ihn von einem Nebendarsteller zu etwas anderem machen. Zu mehr.

Einem Hauptdarsteller.

Aber das Allerbeste war, dass die Rolle viel zu bieten hatte. In Cyprians Geschichte ging es um Überleben und Trauer, Wut, Angst und Lust sowie seine zögerlich aufkeimende romantische Beziehung mit Cassia, einer Schildmaid und der einzigen anderen Wikingerin, die den durch Neptun verursachten Schiffbruch überlebt hatte.

Warum die Autoren der Serie beschlossen hatten, die Geschichte vom alten Rom ins mittelalterliche Europa zu verlegen und gleichzeitig alle römischen Götter und Göttinnen beizubehalten, konnte er nicht sagen, und es war ihm auch egal. Er pfiff auf die verworrene Mythologie. Als Cyprian konnte er – endlich einmal – der Love Interest und ein gottverdammter Held sein.

Aber das würde nur etwas werden, wenn sein Auftritt die Casterin, die Showrunner sowie die anderen Entscheider und Kreativen, die ihn heute beurteilen würden, überzeugte und wenn die Chemie zwischen ihm und der Schauspielerin, die sie für die Rolle der Cassia im Auge hatten, stimmte.

Er war einer von vielleicht zwei oder drei Männern, die noch für die Rolle des Cyprian im Gespräch waren. Bei diesem letzten Vorsprechen musste er sich beweisen und seine Konkurrenten in den Schatten stellen.

Und das würde er. Denn letztendlich waren Maria und ihre Entscheidung, ihn ohne ein Wort zu verlassen, nicht wichtig. Nicht so sehr wie seine Karriere.

Sollte er sie jemals wiedersehen – und das würde er nicht –, würde er ihr danken, dass sie ihn daran erinnert hatte.

· • ·

Offensichtlich hatte die Casterin einen bestimmten Körpertyp für Cyprian im Sinn. Peter und die anderen beiden Männer waren alle weiß, groß und stämmig, alle mit einem gewissen Extra an Gewicht, und sie saßen alle in demselben kühlen, unpersönlichen Wartebereich vor dem Konferenzraum voller Entscheidungsträger.

Es war auch schon eine Frau zum Vorsprechen eingetroffen, und sie war fast genauso groß wie die Männer. Wie die potenziellen Cyprians war sie weiß und von üppiger Statur, und ihr langes, hellbraunes Haar, ihre strahlende Haut und ihr schiefes, charmantes Lächeln ließen sie unbestreitbar hübsch aussehen. Sicherlich würde er in Kürze mit ihr spielen, ebenso wie mit den anderen Frauen, die für die Rolle der Cassia infrage kamen, um festzustellen, ob die Chemie zwischen ihnen stimmte.

Während sie darauf warteten, in den Konferenzraum gerufen zu werden, checkten alle vier ihre Handys und versuchten, nicht nervös zu zappeln. Und als sein Handy kurz vor anzeigte und noch keine weiteren Kandidatinnen eingetroffen waren, dachte Peter, dass die Showrunner sich bereits für die hübsche Brünette als Cassia entschieden hatten.

Dann, pünktlich zur vollen Stunde und keine Sekunde früher, schwang die Tür zum Warteraum wieder auf, und –

Scheiße. Scheiße.

Da war sie, mit ihren Brüsten, ihrem Hintern, dem Bauch und den langen Beinen. Sie schritt selbstbewusst auf den nächsten freien Platz zu, trug eine teuer aussehende gemusterte Bluse, enge Jeans und glänzende Stiefel mit flachen Absätzen. Ihr schulterlanges Haar fiel in Wellen herab und schimmerte im Licht der Neonröhren.

Maria Wer-zum-Teufel-auch-immer.

Die Frau, die ohne ein einziges Wort aus seinem Hotelbett geflohen war.

Sie setzte sich anmutig hin, stellte ihre Handtasche auf ihrem Schoß ab, blickte sich mit leuchtenden Augen neugierig um und lächelte.

Zumindest bis sie ihn sah.

Dann erstarb das leichte Lächeln, und ihre Stirn legte sich kurz in Falten. Schließlich nickte sie ihm zu, als wären sie schlicht Bekannte, die sich seit ein paar Wochen nicht gesehen hatten.

«Peter», murmelte sie und versuchte mit mäßigem Erfolg, den eben noch fröhlichen Schwung ihrer Lippen wiederherzustellen. «Schön, dich wiederzusehen.»

Gestern Abend hatte er ihren leichten Akzent charmant gefunden. Sogar sexy.

Jetzt wirkte er rau. Genau wie alles andere an ihr.

Und wenn er sich nicht irrte, würde er bald mit ihr spielen müssen. Glücklicherweise taten Cyprian und Cassia in ihren ersten gemeinsamen Szenen nichts anderes, als sich zu streiten.

Das passte ihm gut in den Kram.

Als Antwort auf ihre Begrüßung sah er sie einfach nur ausdruckslos an. Sie begegnete seinem Blick, ohne mit der Wimper zu zucken, und hielt ihn fest, bis sich die Tür zum Konferenzraum öffnete und die Casterin den Kopf herausstreckte.

«Peter und Maria, bitte kommen Sie zu uns herein», sagte sie.

Scheiß drauf.

Offensichtlich würde er keine Zeit haben, sich mit der Situation zu arrangieren. Also stand er auf, nickte der Casterin respektvoll zu und ging durch die Tür, ohne Maria auch nur eines Blickes zu würdigen.

In dem großen Konferenzraum warteten zahlreiche Leute, von denen er einige erkannte und andere nicht. Die Showrunner entdeckte er sofort, ebenso wie einen Regisseur, mit dem er schon einmal zusammengearbeitet hatte. Dann wurden er und Maria in den vorderen Teil des Raums geführt und bekamen einen Auszug aus dem Drehbuch, und er vergaß sofort alles jenseits der Rolle. Es gab nur noch die Dialoge, die Mimik, die Gestik. Die Emotionen, die er zeigen und hervorrufen sollte.

Wenn er könnte, würde er auch Maria vergessen, aber bei dieser Aufgabe war sie seine Partnerin.

Wenn auch keine besonders fähige, wie er bald feststellte.

Sie brachte ihren Text gut rüber. Das musste er ihr lassen. Aber ihre Mimik und die Gesten waren zu übertrieben für Film und Fernsehen, vor allem für eine Serie wie Gods of the Gates, wo die Kameras ganz nah heranfahren würden, sodass das Publikum jede feine Veränderung in ihrem ausdrucksstarken Gesicht, jedes Zucken ihrer Finger und jede winzige Neigung ihres Kopfes mitbekam.

Nach ein oder zwei Minuten unterbrach Ron Acheson, einer der Showrunner, sie mitten in einem wichtigen Dialog, um ihr Feedback zu geben, und er nahm kein Blatt vor den Mund.

«Das ist Ihr erstes Vorsprechen für eine Fernsehsendung. Stimmt das, Ms Ivarsson?», fragte Ron, lehnte sich in seinem gepolsterten Stuhl zurück und verschränkte die Finger.

Maria antwortete, ohne zu zögern. «Ja.»

«Dann will ich Ihnen einen Rat geben. Das hier ist keine verstaubte Bühne in einem kleinen Stockholmer Theater, und Sie spielen nicht für die Blödmänner in der letzten Reihe.» Er blickte in Richtung seines Kollegen R.J. Nullman und rollte mit den Augen. «Schalten Sie mal ein Dutzend Gänge zurück, okay?»

Wenn es um Film und Fernsehen ging, um Hollywood und die dortigen Strippenzieher, war sie eine Amateurin. Und Gott sei Dank würde sie ganz sicher nicht für die Cassia ausgewählt werden, und er würde seine beste – und möglicherweise letzte – Chance auf beruflichen Erfolg nicht an eine Frau verschwenden, die keine Ahnung hatte, was sie da tat. Denn die Schauspieler, die Cyprian und Cassia spielten, wären allein, ohne irgendwelche anderen Darsteller und auf einem abgelegenen Set, und das möglicherweise jahrelang. Ihm würde sich nicht täglich allein bei ihrem Anblick der Magen umdrehen.

Maria widersprach Ron nicht, aber sie wirkte auch nicht verlegen oder eingeschüchtert aufgrund seiner Kritik. Erhobenen Hauptes wartete sie gelassen auf weitere Ratschläge.

«Fantastische Arbeit, Peter. Mach so weiter wie bisher.» Auch als R.J. eigentlich Peter ein Kompliment machte, sah er Maria an. Er drehte das Messer ein wenig in der Wunde, vielleicht um zu sehen, wie empfindlich sie war. Wie sie reagierte. «Fangen wir noch einmal von vorne an.»

Peter musste zugeben, dass er beeindruckt war. Sie zuckte bei R.J.s Seitenhieb nicht einmal zusammen, und beim zweiten Durchlauf merkte er innerhalb weniger Augenblicke, dass sie sich Rons Anweisungen zu Herzen genommen und ihr Spiel angepasst hatte. Sie hatte es sogar so gut angepasst, dass Peter sofort mit ihr in der Szene war.

«Ich habe dir doch gesagt, du sollst Erik retten», schrie sie, wütend und verzweifelt, da sie ihren Wikinger-Liebhaber an das aufgewühlte Meer verloren hatte. «Ich habe es dir gesagt. Ich habe dir gesagt, dass ich schwimmen kann, aber er nicht.»

Seine Miene blieb steinern, nur ein Hauch von Trauer und Erleichterung war in seinem Ausdruck auszumachen. «Du warst erschöpft, und du warst näher bei mir als er. Ich musste eine Wahl treffen. Das habe ich. Jetzt müssen wir beide damit leben.»

Weil er ihr nur einen Moment zu lange in die tränenverschleierten Augen sah, würde das Publikum es erkennen, auch wenn Cassia nichts merkte: Cyprian begehrte sie heimlich. Und wenn die Gefahr bestand, dass sie ertrank, konnte er sie nicht einfach zurücklassen. Nicht einmal, wenn dadurch sein engster Freund, der Mann, den sie liebte, dem Untergang geweiht war. Nicht einmal, wenn er sich selbst hassen würde für das, was er getan hatte.

Sie stieß ihm gegen die Brust, so fest, dass er einen Schritt zurück machen musste. «Mögen alle Götter dich verdammen, Cyprian. Und selbst wenn sie dir verzeihen, schwöre ich dir: Ich werde es niemals tun.»

Er ließ sie mit einem verächtlichen Lächeln stehen. «So sei es.»

Ihre Antwort, ein Knurren, geboren aus Wut und Herzschmerz, war perfekt. Gerade laut genug, gerade deutlich genug. Maria spielte nicht mehr für die billigen Plätze.

Trotzdem war dieser Durchgang wahrscheinlich nicht mehr als ein glücklicher Zufall. Vermutlich war sie eine mäßig talentierte Theaterschauspielerin, die weder für Film noch fürs Fernsehen bestimmt war und die einfach kurz Glück hatte und im entscheidenden Moment die beste Leistung ihres Lebens ablieferte.

Sie war eine Kämpferin, die außerhalb ihrer Gewichtsklasse boxte, und das würde sich bald zeigen. Jeden Moment.

Aber als sie und Peter ihre Szene beendet hatten und gemeinsam einen weiteren Drehbuchauszug lasen, war Rons Grinsen komplett verschwunden, und R.J. hatte sich der Casterin zugewandt, mit der er im Flüsterton anscheinend ein äußerst intensives Gespräch führte. Ein paar der Entscheidungsträger schauten nachdenklich drein, und einige lächelten sogar.

Es hätte keine Überraschung sein sollen, nicht nach dieser lustvollen, aber unglücklichen gemeinsamen Nacht, aber irgendwie erstaunte es Peter doch: Zwischen Maria und ihm stimmte unbestreitbar die Chemie. Und was noch schlimmer war: Nach ihrem katastrophalen Start beim Vorsprechen hatte sie sich berappelt. Mehr als das. Zumindest für diesen einen Morgen, vor diesem einen Publikum, hatte sie geglänzt.

Bevor die Showrunner sie schließlich wieder in den Warteraum entließen, lobte R.J. die beiden für ihre Leistungen und forderte sie auf, sich den Rest des Tages frei zu halten und ihre Agenten oder Manager auf Abruf zu haben.

Die Verantwortlichen in diesem Raum mussten natürlich erst noch zwei andere Cyprians und eine andere Cassia auf Herz und Nieren prüfen, und vielleicht würden die anderen Schauspieler ihr Vorsprechen rocken. Vielleicht würden sie in ihren Darbietungen eine so überragende Chemie und so grandiose schauspielerische Fähigkeiten zeigen, dass Maria und/oder Peter raus waren.

Allerdings waren die Macher der Serie nicht gerade subtil.

«Ich glaube, es wäre gut, wenn eure Teams in den Startlöchern stehen», sagte Ron mit einem Zwinkern zu Maria, das selbst Peter als schmierig empfand. «Nur für alle Fälle.»

Das war der Moment, in dem es Peter bewusst wurde.

Selbst wenn er heute die Rolle seines Lebens bekäme, hätte er trotzdem ein ernstes Problem. Und er hatte keine Ahnung, wie er es lösen sollte.

Und das Problem hieß Maria.

2

Am späten Nachmittag unterzeichneten sowohl Maria als auch Peter ihre Verträge, nachdem sich beide mit ihren Agenten beraten hatten und Maria außerdem mit ihrem Bruder Filip, einem Anwalt.

Ehrlich gesagt, war das alles ein bisschen surreal. Vor ein paar Monaten hatte sie aus Jux und Tollerei ihre Bewerbungsunterlagen eingeschickt. Sie wollte weg, weit weg von den besorgten Blicken ihrer Familie und ihrem eigenen verletzten Herzen, und sie sehnte sich nach einer neuen beruflichen Herausforderung, darum hatte sie es auf einen Versuch ankommen lassen, sich aber nicht viel davon erhofft. Denn es stimmte: Trotz ihres Talents war sie keine erfahrene Film- oder Fernsehschauspielerin, und niemand in den Vereinigten Staaten kannte sie.

Aber jetzt hatte sie irgendwie eine Hauptrolle in Gods of the Gates ergattert, der derzeit erfolgreichsten TV-Serie. Nicht nur in Amerika, sondern auf der ganzen Welt, auch in Schweden. Sie hätte nicht stolzer und aufgeregter sein können, und sie konnte es kaum erwarten, es ihrer Familie zu erzählen.

Nur eine einzige Wolke verdunkelte ihren herrlich sonnigen Himmel.

Peter. Der große, dunkle, heiße, mürrische Peter Reedton.

Ihr engster Kollege würde der Mann sein, mit dem sie letzte Nacht Sex gehabt hatte und den sie dann ohne ein Wort hatte sitzen lassen.

Das war nicht gerade die beste Ausgangssituation.

Den ganzen Nachmittag über hatte sie versucht, seine Aufmerksamkeit zu erlangen und allein mit ihm zu sprechen, um die Sache zu klären. Sie wollte ihm erklären, warum sie so gehandelt hatte, zumindest so gut sie es konnte, ob ihm das nun reichen würde oder nicht. Sie wollte die peinliche Situation in einem Vier-Augen-Gespräch klären. Möglicherweise wollte sie ihm auch sagen, wie unerwartet schwer es ihr gefallen war, zu gehen, wie oft sie an diesem Morgen an ihn gedacht hatte und wie sehr sie ihn nicht nur gewollt, sondern auch … gemocht hatte.

So sehr, dass es ihr Angst gemacht hatte. Dass es sie dazu gebracht hatte, wegzulaufen.

Von dem Moment an, als Peter die Sauna betreten hatte, hatte sie Sex mit ihm haben wollen. Aber sie hatte keine Zukunft für sie beide gesehen, und seit einiger Zeit erlaubte sie sich mit kurzzeitigen Liebhabern keine Intimität mehr, die über reinen Sex hinausging. Bei ihr gab es nur ganz zwanglos oder mit vollem Einsatz. Nichts dazwischen.

Das hatte keinen Sinn, und sie wollte weder ihre Zeit, noch ihre Energie, noch ihre Gefühle verschwenden. Sie hatte diese Lektion früh gelernt und sich gut eingeprägt, und erst vor wenigen Monaten hatte sie einen Auffrischungskurs zu diesem Thema absolviert. Bei ihrem One-Night-Stand war es kein Bonus gewesen, dass sie Peter mochte, sondern eine Gefahr.

Deshalb hatte sie darauf bestanden, dass sie sich ein Hotelzimmer nahmen – und nicht angeboten, auf ihres zu gehen. Wenn sie fertig waren, müsste sie ihn so nicht überreden, zu gehen. Sie konnte einfach abhauen, und genau das hatte sie getan.

Jetzt ging er ihr aus dem Weg. Was gar nicht so einfach war, wenn man bedachte, dass sie an diesem Tag so eine zentrale Rolle spielte.

Aber was sollte es. Sie konnte warten.

Stunden später bot sich ihr endlich die Gelegenheit. Nach mehreren Gratulationsrunden und Besprechungen über die nächsten Schritte durften die beiden das Studio verlassen. Peter zögerte nicht und schenkte ihr nicht für einen einzigen unnötigen Moment seine Aufmerksamkeit, bevor er sich auf den Weg zum Parkplatz machte.

Er war kein besonders gesprächiger Mensch. Das war ihr fast sofort klar gewesen, als sie ihn in der dampfvernebelten Sauna gesehen hatte.

Es hatte sie nicht weiter gestört.

Die anderen Männer, mit denen er unterwegs gewesen war, waren nichts Besonderes. Sie waren groß, braun gebrannt und tadellos gepflegt. Schlank. Durchtrainiert. Ihre Körper waren hart, von Kopf bis Fuß, und das war schön für sie, aber es war nicht das, was sie sehen und in ihrem Bett haben wollte.

Der große Kerl in der karierten Badehose am Rand der Bank allerdings …

Er war groß – sehr groß – und ebenfalls braun gebrannt, aber nicht so blank poliert wie die anderen. Er war etwa Mitte dreißig, knapp zehn Jahre älter als sie, und um seine Augenwinkel breiteten sich interessante kleine Fältchen aus. Sein gewelltes, fast schwarzes Haar trug er zurückgekämmt, und es fiel ihm bis auf die breiten Schultern. Sein Bart war dicht und gut gepflegt, aber ein bisschen zu lang für das Cover von GQ, es sei denn, es gab eine jährliche «Große heiße Holzfäller»-Spezialausgabe, die sie nur noch nicht an den Kiosken gesehen hatte.

Und das Beste von allem: Er war eindeutig stark, aber nicht dünn. Nicht übertrieben durchtrainiert. Über seinen Muskeln gab es etwas zum Anfassen, über seiner Stärke lag etwas Weiches. Er hatte einen Bauch, der ihr verriet, dass er Essen genauso gern mochte wie sie. Wenn er sie umarmte, würde er sie mit seinem breiten Körper einhüllen. Als Frau, die selbst groß und füllig war, erlebte sie das nicht oft, aber sie liebte es, wenn es passierte.

Wenn sie wie eine Walküre gebaut war, eine Opernsängerin mit Hörnerhelm und gehämmertem Brustpanzer, die ihre letzte Arie anstimmte, dann war er der dunkle Wikinger mit den kräftigen Schenkeln, der auf die Bühne schritt, um sie zu rauben, und sie würde seinen Überfall mit Freuden begrüßen.

«Gibt es bei dir irgendwas Neues, Peter?», hatte der Typ mit den sandblonden Haaren ihren Wikinger gefragt. «Hast du wegen diesem Gangsterfilm schon was gehört?»

Als Antwort auf die Frage seines Kumpels hatte der Wikinger nur ein einziges Mal entschieden mit dem Kopf geschüttelt. «Nope.»

Und das war alles. Mehr nicht.

Wie sie festgestellt hatte, war solch eine knappe Antwort ganz typisch für ihn. Er hatte eine Viertelstunde lang still dagesessen, den Rücken an die Seitenwand gelehnt, die Knie gebeugt, die Füße flach auf der Bank. In dieser Zeit meldete er sich ein- oder zweimal mit seiner brummigen, wunderbar tiefen Stimme zu Wort, aber ansonsten hörte er seinen Gesprächspartnern nur zu, mit einem so entspannten Ausdruck auf dem Gesicht, dass es schon fast leer wirkte.

Außer, wenn er sie ansah. Seine Augen waren so dunkel wie sein Haar, und sie blickten häufig in ihre Richtung. Schließlich fing sie seinen Blick auf und hielt ihn fest. Sie lächelte ihn an, mit einem langsamen Schwung ihrer Lippen, und von da an war sein Gesichtsausdruck nicht mehr so schwer zu deuten. Er sah nicht weg, bis der Typ zu seiner Rechten seinen Namen rief und anfing, über eine Rolle in irgendeinem Sitcom-Pilotfilm zu schwadronieren.

Daraufhin hatte er den langen Blickkontakt unterbrochen und sich wieder seiner Gruppe zugewandt, wobei er die kräftigen Brauen irritiert zusammenzog.

Aber er hatte kein weiteres Wort gesagt, bis die anderen Männer endlich gegangen waren.

Also ja, so, wie sie Peter Reedton gestern Abend und heute erlebt hatte, war er kein großer Freund von Small Talk, und seine Grundstimmung in Gruppensituationen konnte man nicht gerade als vergnügt bezeichnen. Selbst in einem Moment beruflichen Triumphs war sein scharfer Blick nicht weicher geworden, und er hatte auf Lob und Glückwünsche nur mit einem flüchtigen Lächeln reagiert.

Soweit sie es beurteilen konnte, war er fast jedem gegenüber zurückhaltend.

Mit ihr jedoch sprach er jetzt – anders als gestern Abend – absolut gar nicht. Und wenn die Umstände ihn nicht dazu zwangen, sie zu beachten, tat er es auch nicht.

Sie hatte verstanden. Er war sauer auf sie, und vielleicht hatte er allen Grund dazu, obwohl sie keine Versprechungen gemacht und ihr Bestes getan hatte, um in ihm keine falschen Hoffnungen zu wecken.

Offenbar hatte er es nicht verstanden, und er war wütend. Das war nachvollziehbar.

Aber bald würden sie beide fast jeden Arbeitstag in unmittelbarer, unvermeidlicher Nähe verbringen, und unnötige Feindseligkeit war ein Luxus, den sie sich nicht länger leisten konnten. Nicht, wenn sie ihre Rollen überragend spielen wollten, denn diese Art von Eins-zu-Eins-Schauspielerei erforderte ein gewisses Maß an Vertrauen und Teamwork.

Er brauchte sie nicht zu mögen. Aber er musste mit ihr zusammenarbeiten.

Also folgte sie ihm zu seinem Auto, fest entschlossen, reinen Tisch zu machen. Mit seinen absurd großen Schritten kam er schnell voran, aber zum Glück waren ihre Beine fast genauso lang wie seine, und sie war hoch motiviert, ihm hinterherzueilen.

Sie war auch hoch motiviert, auf seinen schönen Hintern in der dunklen Jeans zu starren und auf die breiten Schultern, die die Nähte des hellblauen Button-down-Hemdes strapazierten, das er über der Hose trug. Allerdings würde er sich über diese Art von Aufmerksamkeit und Bewunderung von ihr wohl kaum mehr freuen. Das rief Schmerzen in der Nähe ihres Herzens wach, aber sie durfte sich von ihnen nicht beirren lassen.

«Peter!», rief sie.

Er blickte nicht einmal in ihre Richtung.

Sein SUV stand etwa in der Mitte des weitläufigen Parkplatzes. Als sie ihn endlich eingeholt hatte, pochte ihr Herz vor Anstrengung laut und schlug ihr bis zum Hals. Das schnelle Klappern ihrer Schritte auf dem Bürgersteig musste ihm gesagt haben, dass sie näher kam, aber wenn dem so war, tat er lieber so, als hätte er sie nicht gehört.

«Peter.» Während er in seinen Taschen nach den Schlüsseln suchte, legte sie eine Hand auf seinen Unterarm und versuchte, ihm in die Augen zu schauen. «Wir müssen reden.»

Seine Unterarme unter den bis zu den Ellbogen hochgekrempelten Ärmeln waren kräftig, und die Sonne L.A.s auf seiner Haut versengte ihr fast die Fingerspitzen. Aber nicht sehr lange.

Innerhalb eines Herzschlags hatte er ihre Berührung abgeschüttelt und war einen Schritt zurückgewichen, aber wenigstens drehte er sich nun zu ihr um. Wenigstens schaute er ihr in die Augen, wenn auch widerwillig.

Er hob seine dunklen Brauen. «Müssen wir das?»

Solch steinerner Unmut bei so geringem Anlass. Sie würde Männer niemals verstehen, zumindest die Männer nicht, die nicht zu ihrer Familie gehörten.

Wenn man genauer darüber nachdachte, hatte er eigentlich keinen guten Grund, sauer auf sie zu sein. Sie hatte ihm Sex angeboten, er hatte angenommen, und sie waren beide mehrfach gekommen. Was genau hatte er nach einer Nacht mit einer Fremden erwartet? Einen Termin, um Hochzeitsanzeigen zu entwerfen?

Sie hatte ihm nicht einmal ihren Nachnamen genannt, und wenn er diesen ziemlich offensichtlichen Hinweis nicht kapiert hatte, dann wusste sie auch nicht weiter.

«Ich denke, das müssen wir.» Mit in die Hüften gestemmten Händen musterte sie ihn einen Moment lang. «Ist letzte Nacht ein Problem? Denn wenn ja …»

«Nope.» Sein angespanntes Lächeln erreichte seine Augen nicht. «Das ist absolut kein Problem.»

Ihrer Meinung nach sollte ein Schauspieler mit seinem Talent und seiner Erfahrung – denn ja, sie hatte an diesem Morgen in ihrem Hotelzimmer auf dem Handy seine IMDb-Seite gecheckt – ein besserer Lügner sein.

«Ich verstehe.» Sie neigte den Kopf zur Seite, sodass ihre Skepsis für ihn offensichtlich sein dürfte. «Warum siehst du dann so unglücklich aus, nachdem du die größte Rolle deiner Karriere ergattert hast?»

Mit lobenswerter Unbekümmertheit lehnte er seinen fantastischen Hintern gegen die Seite seines Hybrid-SUVs, verschränkte die Arme vor der breiten Brust und sah ihr direkt in die Augen. «Bist du sicher, dass du das wissen willst?»

Die Frage war eine Warnung, dass etwas Hässliches folgen würde, aber sei’s drum. Es war besser, die Wunde jetzt aufzustechen, sodass sie Zeit hatte, zu heilen, bevor sie ihren ersten Drehtag als Schiffbrüchige antraten.

«Leg los», sagte sie mit einem breiten, amüsierten Lächeln.

Er ließ sich nicht zweimal bitten.

«Du hast recht. Das ist die größte Rolle meiner Karriere.» Er lehnte immer noch an seinem Wagen und schlug nachlässig einen Fuß über den anderen, ein Bild vollkommener Ruhe. «Deshalb ärgert es mich, dass ich an der Seite einer totalen Amateurin spielen muss. Die meine Leistung herunterziehen und mich daran hindern könnte, die Anerkennung zu bekommen, die ich verdiene.»

Wow. Wow.

Wieder einmal hatte sie ihre Unfähigkeit bewiesen, sich Männer auszusuchen, die keine Arschlöcher waren. Als ihre Freundinnen sie fragten, warum sie sich Monate nach der Trennung nicht mal wieder verabredete und warum sie nicht versuchte, schnellstmöglich wieder bei ihren Eltern auszuziehen, hatte sie ihnen gesagt, dass Männer kamen und gingen, aber die Familie blieb für immer.

Sie runzelte in gespielter Verwirrung die Stirn. «Mir war nicht klar, dass man, wenn man jahrelang in einer der mondänsten Städte Europas auf der Bühne stand und die renommiertesten Theaterpreise seines Landes erhalten hat, immer noch als Amateurin gilt.»

«Ah.» Er nickte nachdenklich. «Nur so aus Neugier: Wie viele Einwohner hat Schweden?»

Oh, sie wusste, worauf er hinauswollte. «Etwas über zehn Millionen.»

Seine Brust bebte vor Lachen. «Das ist noch weniger, als ich dachte. Scheiße, das entspricht ungefähr der Einwohnerzahl von Los Angeles County. Trotzdem, herzlichen Glückwunsch zu deinen prestigeträchtigen Auszeichnungen. Ich bin sicher, deine Familie ist sehr stolz auf dich.»

Ihre Hände ballten sich an ihren Hüften zu Fäusten, aber sie unterdrückte die böse Erwiderung, die ihr auf der Zungenspitze kribbelte. Wenigstens habe ich überhaupt Schauspielpreise gewonnen, im Gegensatz zu meinem neuen Kollegen. Seine Rollen waren nie wichtig genug, um diese Art von Aufmerksamkeit zu erlangen.

Anstatt ihm so etwas entgegenzuschleudern, sagte sie ihm die einfache Wahrheit. «Sie sind stolz.»

Aus irgendeinem Grund war das der Moment, in dem sein falsches kleines Lächeln erlosch.

«Ich bin sicher, Stockholm ist großartig, Süße, aber es ist nicht der Broadway.» Das Kosewort war so voller Säure, dass es den Lack von seinem Wagen hätte ätzen müssen, und seine Herablassung war so stark, dass sie sie beide ersticken könnte. «Und Theatererfahrung ist für Film- und Fernsehschauspieler nicht immer von Vorteil. Wie du bei unserem ersten Durchgang heute, glaube ich, gemerkt hast.»

«Stimmt.» Ihr eigenes Lächeln war so süß, dass es ihm Zahnschmerzen bereiten müsste. «Aber eine Sache, die man am Theater lernt, ist, sein Spiel schnell anzupassen, wenn es nötig ist, damit die Produktion glänzen kann. Ich glaube, das hast du bei unserem zweiten Durchgang heute gemerkt.»

Er widersprach ihr in diesem Punkt nicht, wahrscheinlich weil er es nicht konnte, ohne offen zu lügen.

Nach einem langen, langsamen Atemzug aus den Tiefen ihres Zwerchfells, und dann noch einem, milderte sie ihren Tonfall und bot ihm den besten Olivenzweig an, den sie finden konnte. «Ich habe vielleicht nicht viel Erfahrung mit Kino- oder Fernsehproduktionen, aber ich bin eine talentierte, hart arbeitende Schauspielerin, und ich freue mich auf diese Rolle. Ich will weder deine noch meine eigene Karriere versauen, und das werde ich auch nicht.»

Er betrachtete sie schweigend aus verengten Augen, sein Blick war wachsam.

Dann seufzte er und ließ die Arme sinken. «Ich schätze, das ist schon mal was.»

Vielleicht war das nicht der stärkste Olivenzweig, den sie im Gegenzug bekommen konnte, aber sie würde ihn nehmen. Vor allem, weil sie eine Frage an ihn hatte.

«Ich habe mich gefragt …» Sie hielt inne, wartete ab. Zwang ihn, zu reagieren.

Es dauerte eine Minute, aber schließlich seufzte er und brummte: «Was?»

Ah, der einsilbige Klang des Triumphs.

«Ist es nicht …» Sie rümpfte die Nase. «Ist es nicht ein wenig seltsam, dass die Macher der Serie fette Schauspieler für Figuren ausgewählt haben, die in der Vorlage gar nicht als fett beschrieben werden? Soweit ich weiß, haben weder Ron noch R.J. jemals ein Interesse an körperlicher Vielfalt geäußert, und sie wirken nicht gerade wie Vorkämpfer für die Akzeptanz von Dicken in Hollywood. Aber vielleicht weißt du ja etwas, was ich nicht weiß?»

Nachdem sie die anderen Schauspieler gesehen hatte, die sich für die Rollen von Cassia und Cyprian beworben hatten, hatte sich ein gewisser Verdacht über die Absichten der Showrunner in ihre Gedanken geschlichen. Aber als Hollywood-Insider verstand Peter die Dynamik, die dahintersteckte, wahrscheinlich besser als sie. Und sie hoffte, dass es seinem Ego schmeicheln würde, wenn sie ihn darum bat, sie an seiner Erfahrung und Weisheit teilhaben zu lassen, und dass er dann aufhören würde, sich wie ein Arschloch aufzuführen.

Aber er hob nur die Schulter. «Es ist mir egal, warum sie es getan haben. Ich bin nur dankbar, dass sie es getan haben.»

Na, das war bemerkenswert wenig hilfreich.

«Und du solltest auch dankbar sein», fügte er hinzu. «Viel dankbarer, als du es zu sein scheinst.»

Wieder so herablassend.

Vielleicht brauchte er einfach Zeit, um seinen verletzten Stolz zu überwinden. Sie würde es noch einmal probieren, und wenn er auf diesen erneuten Versöhnungsversuch nicht einging, würde sie es erst einmal dabei belassen.

«Peter.» Sie sprach mit ruhiger und leiser Stimme und trat einen Schritt näher an ihn heran. «Ich weiß, dass du nicht glücklich mit mir als Partnerin bist. Aber so, wie ich es verstehe, werden wir fast immer die einzigen zwei Schauspieler sein, die auf dieser Insel drehen. Und in den Büchern von E. Wade sitzen Cyprian und Cassia durchgehend dort fest, wir könnten also jahrelang zusammen drehen. Jahre. Ich muss mich auf dich verlassen können, und du dich auf mich. Sonst …»

Noch bevor sie ihren Gedanken zu Ende führen konnte, brüllte er vor Lachen. Er beugte sich nach vorne und schlug sich vor Vergnügen auf die Knie, bevor er zu ihr aufblickte und noch lauter lachte.

«Ich muss …» Kopfschüttelnd wischte er sich mit dem Kragen seines Hemdes die Augen und beruhigte sich wieder. «Herrgott noch mal, ich werde mich sicher nicht auf dich verlassen.»

Wenn ihm jemals jemand einen echten Olivenzweig überreichen würde, würde er ihn wahrscheinlich zerbrechen und als Anzündholz benutzen, um dann die entstandenen Flammen zu löschen, indem er draufpinkelte.

Er gab ein letztes, unhöfliches Schnauben von sich. «Hast du jemals on location gedreht?»

«Nein.» Eine Lüge wäre vielleicht einfacher gewesen, aber sie schämte sich nicht, und sie würde sich auch nicht einschüchtern lassen.

«Was ist mit einem Kamerateam? Hast du schon mal mit einem gearbeitet?»

Sie presste die Lippen aufeinander. «Manchmal wurden meine Auftritte fürs Fernsehen gefilmt.»

«Wie oft?», bohrte er nach, die Augenbrauen spöttisch hochgezogen.

«Nicht so oft.»

Dreimal vielleicht? Und man hatte sie nicht gebeten, ihre Darbietung für die Kameras zu verändern – wobei sie nicht vorhatte, diesen Leckerbissen an belastender Information preiszugeben.

«Hmmm.» Er strich sich über den Bart, als wäre er tief in Gedanken versunken, und diese Geste machte sie wütend. «Hast du schon mal vor einem Green Screen gespielt?»

Skit, er war unausstehlich. «Nein.»

«Ich verstehe.» Mit einem Mal ließ er seine Hand fallen und beendete damit diese «Neugieriger Professor»-Nummer. «Wie soll ich mich dann auf dich verlassen können, verdammt noch mal? Du weißt so gut wie nichts über das, was wir machen werden.»

In Anbetracht des Drehortes und der Umstände sah sie wirklich nicht, wie er da eine Wahl haben wollte. Er würde nur selten mit anderen Darstellern zusammenarbeiten, und wenn man Szenen mit nur einem anderen Schauspieler spielte, stützte man sich zwangsläufig auf den Partner.

Aber natürlich würde er versuchen, es auf seine Weise zu machen. Seine unnachgiebige Sturheit wäre fast beeindruckend gewesen, wenn sie nicht so kurzsichtig und selbstzerstörerisch wäre.

Und dumm. Sehr, sehr dumm.

«Ich werde meinen Job so gut wie möglich machen und mich darum bemühen, dass deine Leistung meine nicht beeinträchtigt.» Er stieß sich von der Autotür ab, trat näher und neigte den Kopf, wie um sicherzugehen, dass sie nichts außer seinem Gesicht sehen und nichts außer seinem Spott hören konnte. «Wir sind hier nicht auf derselben Seite. Wir sind kein Team, wir werden nicht zusammenhalten, und du befindest dich auch nicht mehr in einem sozialistischen Land. Willkommen im ungezügelten Kapitalismus, Pippi.»

Was für ein Arsch, dachte sie, und anders als gestern Abend war das diesmal kein Lob an seinen tatsächlichen, physischen Arsch.

Er richtete sich auf und holte seine Schlüssel aus der Tasche. «Nebenbei bemerkt: Selbst wenn ich mich auf dich verlassen könnte, wäre es sinnlos, es zu versuchen.»

Sie lächelte ihn an, bereit für die nächste Spitze. «Und warum?»

«Weil ich davon ausgehe, dass die ihren Fehler bemerken, lange bevor wir auf der Insel ankommen, und du dann durch unsere andere mögliche Cassia ersetzt wirst.» Er warf lässig seine Schlüssel in die Luft und fing sie in seiner breiten Handfläche auf, ohne auch nur hinzusehen. «Ich glaube, Amber war ihr Name. Ich freue mich darauf, mit ihr zu arbeiten. Sie ist sehr talentiert, wie ich heute festgestellt habe. Sehr erfahren. Und sehr hübsch. Ich denke, die Kamera wird sie lieben.»

Ihr Lächeln flackerte nicht, obwohl ein plötzlicher Anflug von Wut ihren ganzen Körper steif werden ließ. «Ich schätze, das sehen wir dann.»

«Ich muss das nicht sehen.» Er schleuderte ihr die Worte über seine Schulter entgegen, während er sein Auto aufschloss und einstieg. «Ich weiß es schon.»

Er schloss die Tür, bevor sie etwas erwidern konnte. Und als sein Motor aufheulte, ging sie davon und dachte, dass sie ihm gerne das letzte Wort überlassen hatte.

Tatsächlich konnte er alle letzten Worte haben, die er wollte.

Denn sie würde gerne dabei zusehen, wie er daran erstickte.

3

Nach einem tiefen Atemzug voll salziger Meeresluft verließ Peter vorsichtig die Fähre und betrat den windgepeitschten Kalksteinbrocken nahe der irischen Westküste, auf dem er, Maria und ein sehr kleines Team möglicherweise jahrelang drehen würden. So lange, wie ihre Figuren Cyprian und Cassia am Leben blieben und auf dieser Insel gestrandet waren.

Nachdem er sich seinen riesigen Seesack über die Schulter geworfen hatte, ging er zum Ende des Piers und wartete, bis auch alle anderen von Bord gegangen waren. Der Regieassistent, die Herstellungsleiterin, der Tonassistent, die Kamerafrau, die Hair- und Make-up-Artistin, der Grip und eine Handvoll anderer Crew-Mitglieder: Einer nach dem anderen verließ das auf den Wellen tanzende Boot und nahm sich einen Moment Zeit, um sich umzusehen und zu orientieren.

Maria war eine der Letzten, die von Bord gingen, wahrscheinlich wegen ihrer wirklich absurden Anzahl an riesigen Koffern. Um fair zu sein – auch wenn Fairness ihm im Allgemeinen nicht so wichtig war –, musste man sagen, dass sie alle Koffer mit erstaunlichem Elan und ohne zu murren selbst auf den Pier schleppte, was wiederum für sie sprach.

Darrell, ihr Produktionsassistent, muskulös und schlank, in einer tief sitzenden Jeans und langärmeligem T-Shirt, schenkte ihr ein breites, strahlendes Lächeln und beugte sich zu ihr herüber. Viel zu nah, wie Peter fand.

«Brauchst du Hilfe mit deinem Gepäck, Maria?», fragte der PA.

Hatte der Junge überhaupt genug Erfahrung, um bei einem so wichtigen Dreh zu arbeiten? Er sah aus, als wäre er höchstens fünfundzwanzig. Kaum alt genug, um sich ein Auto zu mie…

Moment mal. War Maria nicht auch fünfundzwanzig?

Peter runzelte die Stirn. Dann entspannte er sein Gesicht sofort wieder, um zu verhindern, dass sich auf seiner Stirn und in seinen Augenwinkeln noch mehr Falten bildeten.

Verdammt, sechsunddreißig war nicht alt.

«Ich würde nicht sagen, dass ich Hilfe brauche.» Ihr breites Grinsen ließ ihre Wangen praller werden und erhellte den bewölkten Nachmittag. «Aber ich nehme sie gerne an, vor allem, wenn sie so freundlich angeboten wird. Danke, Darrell.»

Nachdem sie zwei ihrer Koffer zu ihm hinübergerollt hatte, berührte sie ihn kurz an der Schulter, anscheinend um ihm zu danken. Sekunden später schob er die Koffer neben seinen eigenen her und passte seinen Schritt dem ihren an, während sie locker über das plauderten … worüber auch immer Leute plauderten.

Über die Kolonie von etwa zwanzig Robben, die sie am Strand entdecken könnten, zum Beispiel. Und über eine griesgrämige Delfindame, die hier lebte und aus irgendeinem bizarren Grund Dolphy McBlowholeface genannt wurde. Nicht dass Peter so genau hingehört hätte.

«Sie schlägt wohl übereifrige Touristen mit ihren Flossen», bemerkte Darrell mit einem weiteren unerträglich strahlenden Lächeln. «Oder spritzt ihnen Wasser aus ihrem Blasloch ins Gesicht.»

Marias schnaubendes Lachen war sogar über das ständige Rauschen des Windes hinweg zu hören. «Ich kenne Schauspieler, die genauso sind.»

Peter weigerte sich, nachzusehen, ob sie in seine Richtung blickte, nachdem sie das gesagt hatte. Er weigerte sich.

«Egal, ich wette, die Menschen, die hier auf der Insel leben, genießen die Show», sagte sie, während sie ihre restlichen Taschen mühelos vom Pier auf die flachen, zerklüfteten, pflasterartigen Kalksteinplatten rollte, die einen Großteil der Insel bedeckten.

Clints, so nannte man diese von Gras eingefassten Platten.

Der blöde Darrell war nicht der Einzige, der seine verdammten Hausaufgaben gemacht hatte.

«Jep.» Der PA nickte. «Zumal die Besucher gewarnt werden. Sie sollen sie in Ruhe lassen. Wenn sie von einem verärgerten Delfin verprügelt werden, bekommen sie nur ihre gerechte Strafe, weil sie die heimische Tierwelt stören.»

«Sie verprügelt also aufdringliche, handgreifliche Verehrer und vertreibt sie ohne Gnade und ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.» Sie tippte nachdenklich an ihr Kinn, und ihre Mundwinkel zuckten. «Ich glaube, Dolphy McBlowholeface sollte mein neuer Lifecoach werden. Oder vielleicht auch meine zukünftige wasserverrückte Ehefrau.»

Als Maria und Darrell gemeinsam glucksten, wandte Peter sich ab, damit niemand seinen finsteren Blick bemerkte, und eilte zu einem der Pferdefuhrwerke, von denen mehrere am Hafen warteten – die Einheimischen nannten sie «Jaunties». Autos waren auf den wenigen Straßen der hügeligen und erstaunlich grünen Insel nicht erlaubt. Die Produktion hatte eine Sondergenehmigung für die Nutzung von Transportfahrzeugen für die Ausrüstung erhalten, aber ansonsten mussten sie alle zu Fuß gehen, mit dem Fahrrad fahren oder ein Jaunty nehmen, wenn sie irgendwohin wollten.

Im Gegensatz zu seinem Vater, einem agilen Triathleten, hatte Peter keinen sonderlich guten Gleichgewichtssinn, und er konnte sich nicht vorstellen, angeschirrte Pferde dazu zu bringen, ihn überallhin zu karren, also würde er vermutlich die meiste Zeit zu Fuß unterwegs sein. Was ihm ehrlich gesagt nichts ausmachte. Er ging gern zu Fuß, und die Wanderungen über die spärlich bewohnte Insel könnten ihn von möglicher Langeweile und … anderen Problemen ablenken.

Viel zu dicht hinter ihm ertönte Marias Stimme: «Ich fordere dich und die gesamte Crew zu einer Algen-essen-Challenge heraus, Darrell, denn wenn ich während der Dreharbeiten zu dieser Staffel an einer Jodvergiftung sterbe, will ich euch Bastarde alle mitnehmen.»

Rasch erhöhte er sein Tempo.

Schon bald würde es schwieriger werden, ihr aus dem Weg zu gehen, und er könnte sich nicht mehr nur umdrehen und im Laufschritt davoneilen. Es würde sogar noch schwieriger werden als bei den ersten Probeaufnahmen im kanadischen Studio oder in dem riesigen belgischen Hightech-Wassertank.

In fast jeder noch ausstehenden Szene der zweiten Staffel, in der Maria und Peter zu sehen waren, waren nur Maria und Peter zu sehen. Immer zusammen. Nur sie beide.

Sie würde ganz sicher nicht durch Amber ersetzt werden, seine idiotischen Sticheleien hatten sich eindeutig nicht bewahrheitet.

Ja, er hatte einfach kein Glück, und zwar verdientermaßen.

Als er noch ein Kind war, hatte seine Mutter ihn einen Meister-Nachtrager genannt, und seitdem hatte sich nicht viel geändert. Abgesehen natürlich von ihrer Anwesenheit in seinem Leben, denn sie war gestorben, als er in der Middleschool war, und er vermisste sie jeden verdammten Tag. Aber trotz dieses bedeutenden Unterschieds war er auch über zwanzig Jahre nach ihrem Tod immer noch derselbe stämmige, mürrische Sohn, der absolut dazu in der Lage war, für immer sauer auf jemanden zu sein.

Auch wenn er bei näherem Hinsehen vielleicht gar keinen wirklichen Grund hatte, sauer zu sein.

Maria mochte als TV-Schauspielerin zwar eine Amateurin sein, aber sie legte sich ins Zeug, und sie war gut.

Zusammen mit zwei Dutzend anderen Schauspielern hatten sie zunächst endlose Tage im Studio verbracht, umgeben von Green Screens. Ihre nachgebaute Knorr, ein Transportschiff aus der Zeit der Wikinger, war auf einem Tragrahmen montiert worden. Und während das hydraulische System sie hin und her und auf und ab warf, als wären sie in einen fürchterlichen Sturm geraten, und ihnen Wasser ins Gesicht spritzte, klammerten sie sich alle verzweifelt fest und versuchten, sich an ihren Text zu erinnern.

Einige der Statisten hatten sich irgendwann übergeben. Andere hatten leise darüber gemeckert, dass sie über Stunden nass waren und frieren mussten. Peter hatte entschlossen den Mund gehalten und sich während der Drehpausen neben einem Heizstrahler unter eine Decke gekauert.

Für Maria war das bockende Boot wohl eher so was wie eine gottverdammte Achterbahn gewesen, denn ihre Augen hatten vor Vergnügen geleuchtet, wann immer sie nicht ängstlich oder wild entschlossen aussehen sollte. Zwischen den Aufnahmen hatte sie mit der Crew und den Statisten gelacht, und wenn die Kamera lief, hatte sie sich ihren reizenden Arsch aufgerissen.

Dann waren sie alle nach Belgien geflogen und hatten in einem riesigen Wassertank gedreht, in dem Hightech-Geräte brutale Wellen erzeugten, die die Schauspieler durchschüttelten. Alle außer Peter und Maria taten so, als würden sie elendig ertrinken, und Cyprian und Cassia hatten ihren ersten Streit vor der Kamera. Sicher, sie hatten Sicherheitsausrüstungen, Stuntleute und verschiedene Fachkräfte, die für ihr Wohlergehen sorgten, aber dieser verdammte Tank war über neun Meter tief, und diese Wellen waren extrem beängstigend.

Er wusste ganz sicher, dass sie so etwas auf einer schwedischen Bühne noch nie erlebt hatte. Verdammt, in seinen fünfzehn Jahren in Hollywood hatte selbst er nichts auch nur annähernd Vergleichbares durchgemacht. Wenn man von anspruchsvollen Bedingungen sprach, war das eine gewaltige Untertreibung.

Irgendwie war es ihr jedoch gelungen, die abgrundtiefe Verzweiflung über den Tod ihres Geliebten und die unbändige Wut auf Cyprian, den Mann, den sie für Eriks Ertrinken verantwortlich machte, dennoch überzeugend darzustellen. Und das, obwohl sie jedes Mal, wenn sie von einer Welle überrascht wurde, Wasser aushustete. Und sie sah auch noch verdammt heiß aus, während sie sich in seinem schützenden Griff abmühte und darum kämpfte, sich Stück für Stück ihrer nassen Kleidung zu entledigen, bevor das zusätzliche Gewicht sie auf den Meeresgrund zog.

Zwischen den Aufnahmen war sie freundlich und höflich zu ihm, obwohl er kaum ein Wort mit ihr sprach und sie abseits der Kamera auch nicht ansah. Zumindest nicht, wenn sie bemerken könnte, dass er in ihre Richtung blickte.

Es war wohl unnötig zu erwähnen, dass er sich keine Sorgen mehr darüber machte, dass sie seine größte und beste Chance auf Ruhm und berufliche Anerkennung ruinieren könnte.

Er mochte sie vielleicht nicht, aber er konnte definitiv mit ihr arbeiten. Im Moment ging er ihr hauptsächlich aus Gewohnheit aus dem Weg und teilweise aus Scham, weil er sich auf dem Parkplatz in L.A. wie ein Arschloch benommen hatte. Und, ja, zum Teil auch aus einer anhaltenden Feindseligkeit heraus, denn zugegeben: Es hatte seine dummen Gefühlchen verletzt, dass sie nicht mehr als eine Nacht mit ihm wollte, vor allem, da er sich so nach ihr verzehrt hatte und so viel wie nur möglich von ihr haben wollte.

Seufzend warf er seinen Seesack in den nächsten Pferdewagen, nachdem die Herstellungsleiterin Nava Stephens ihn dazu aufgefordert hatte, und versuchte, beim Klang von Marias schallendem Lachen hinter ihm nicht mit den Zähnen zu knirschen.

Im Moment dachte die Crew wahrscheinlich, seine Zurückhaltung in Marias Gegenwart sei auf Method Acting oder so einen Scheiß zurückzuführen. Irgendwann würden sie jedoch erkennen, dass sein Verhalten ihr gegenüber keineswegs als professionell zu bezeichnen war. Was Ironie war, da er Maria wegen ihrer angeblichen Unfähigkeit verhöhnt hatte, seinen eigenen hohen Ansprüchen an Professionalität zu genügen.