The Only One - Ein Omega zum Verlieben - Katharina Fendt - E-Book

The Only One - Ein Omega zum Verlieben E-Book

Katharina Fendt

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Beschreibung

Als Kian Hall, Wolfswandler und Omega, von seinem vorherbestimmten Seelenpartner verstoßen wird, beschließen seine Eltern, mit ihm zusammen das Rudel zu verlassen. Dank alter Verbindungen werden sie Teil eines Wolfswandlerrudels in den Rocky Mountains. Dort, in der einsamen Idylle am Ufer des Lake Louis, begegnet Kian dem charismatischen Sohn des Rudeloberhaupts, dem Alpha Jayden McLean, zu dem er sich sofort hingezogen fühlt. Eine Verzauberung, die auf Gegenseitigkeit beruht. Mit einem Blick erkennt Jayden in dem Omega seinen Gefährten. Zurückhaltend versucht er Kian näherzukommen, da dieser in seiner Irritation nur freundschaftliches Interesse zeigt. Bis herauskommt: Kian leidet unter dem Verlust seines Geruchssinns. Entschlossen, Kians Herz für sich zu erobern, wachsen die zarten Bande ihrer Verbindung. Doch – was passiert, wenn Kian von seiner Vergangenheit eingeholt wird? Eine cozy Lovestory zwischen den zerklüfteten, schroffen Felsformationen und tiefen Tälern der Rocky Mountains.

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Seitenzahl: 217

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Katharina Fendt

The Only One – Ein Omega zum Verlieben

Die Wölfe von Goldenwood

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2025

http://www.deadsoft.de

Kontakt: dead soft verlag, Querenbergstr. 26, D-49497 Mettingen

[email protected]

© the author

Cover: Irene Repp

http://daylinart.webnode.com

Bildrechte

© Miguel Angel Junquera/ Wirestock – stock.adobe.com

© aiisha – stock.adobe.com

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-780-4

ISBN 978-3-96089-781-1 (ebook)

Inhalt:

Als Kian Hall, Wolfswandler und Omega, von seinem vorherbestimmten Seelenpartner verstoßen wird, beschließen seine Eltern, mit ihm zusammen das Rudel zu verlassen. Dank alter Verbindungen werden sie Teil eines Wolfswandlerrudels in den Rocky Mountains. Dort, in der einsamen Idylle am Ufer des Lake Louis, begegnet Kian dem charismatischen Sohn des Rudeloberhaupts, dem Alpha Jayden McLean, zu dem er sich sofort hingezogen fühlt.

Eine Verzauberung, die auf Gegenseitigkeit beruht. Mit einem Blick erkennt Jayden in dem Omega seinen Gefährten. Zurückhaltend versucht er Kian näherzukommen, da dieser in seiner Irritation nur freundschaftliches Interesse zeigt. Bis herauskommt: Kian leidet unter dem Verlust seines Geruchssinns.

Entschlossen, Kians Herz für sich zu erobern, wachsen die zarten Bande ihrer Verbindung. Doch – was passiert, wenn Kian von seiner Vergangenheit eingeholt wird?

Prolog

Nein! Das durfte nicht – das konnte nicht wahr sein! Kians Herz schlug vor Panik wild in seiner Brust, klopfte ihm bis zum Hals. Sein schockgeweiteter Blick unablässig auf den jungen Alpha gerichtet, dessen wütender, regelrecht angewiderter Blick ebenso auf ihm ruhte, wie die Blicke aller anderen Anwesenden. Dem einzigen Sohn ihres Rudeloberhauptes, der seit wenigen Sekunden nun offiziell achtzehn Jahre alt war und damit in der Lage, seinen ihm vom Schicksal vorherbestimmten Seelengefährten am Geruch zu erkennen.

Dabei hatte der Abend eigentlich ganz harmlos angefangen. Kian wohnte mit seinen Eltern und dem Rest ihres Rudels, bestehend aus Wolfswandlern, ein gutes Stück außerhalb von Winnipeg, der Hauptstadt der kanadischen Provinz Manitoba. Dort hatte ihr Alpha, am Rand des La Barriere Parks schon vor langer Zeit ein weltläufiges Stück Land gekauft, das er seinen Rudelmitgliedern als Baugrund zur Verfügung gestellt hatte, und nun wohnten sie dort wie in einem kleinen Dorf zusammen. Eine Art geschlossene Gesellschaft. In der Mitte das große luxuriöse Anwesen des Rudelalphas und seiner Familie.

Und genau dort befand sich Kian im Moment. Genauer gesagt, wie die meisten der anderen Geburtstagsgäste, auf der weitläufigen, hübsch dekorierten Terrasse, von wo aus es in den ebenfalls geschmückten Garten ging. Überall waren weiße, schwarze, silberne und goldene Luftballons neben Girlanden aufwendig arrangiert worden. Selbstverständlich passend zur Tischdeko in den gleichen Farben. Die verschiedensten Kuchen, neben einem üppigen Buffet und Geschenken häuften sich auf Tischen. Im Hintergrund lief leise Musik. Sektgläser und alkoholfreie Getränke standen bereit oder wurden von den Erwachsenen festgehalten, während die Jüngeren durch den Garten tobten oder sich anderweitig beschäftigten.

Es war ein schönes Fleckchen Erde, um bei langsam untergehender Sonne in die Nacht hineinzufeiern. Obwohl Kian sich sicher war, dass Leon mit seinen Kumpels seinen Achtzehnten noch einmal in einem Club nachholen würde, ohne die Anwesenheit seiner Eltern und Verwandten.

Bis eben war die Stimmung auch noch ausgelassen gewesen. Alle hatten den Countdown heruntergezählt, während Leon am Kopf der Menschentraube stand, seine Eltern hinter ihm. Die Gläser wurden erhoben. Dann war der Moment gekommen, ab welchem Leon nicht nur ein Jahr älter, sondern auch in der Lage war, seine Gefährtin zu erkennen.

Kian versuchte mit aller Macht das hartnäckige Etwas in seiner Kehle hinunterzuschlucken, das sich verdächtig nach einem Knäuel Stahlwolle anfühlte und kämpfte zur gleichen Zeit mit den Tränen, die ihm drohten über seine Wangen zu laufen.

Wieso um alles in der Welt hasste ihn die Mondgöttin nur so sehr? Die Göttin, der sie für die Existenz ihrer Art dankten. Was hatte er verbrochen?

Nicht, dass er es, dank seines fehlenden Geruchssinns, einwandfrei hätte bestätigen können. Doch die Reaktion des Geburtstagskindes ließ gar keinen anderen Schluss zu, als dass er, Kian Hall, Leon Edwards Gefährte war. Denn wenn es anders gewesen wäre, hätte Leon keinen Grund gehabt, ihn so hasserfüllt anzusehen und jeden seiner Geburtstagsgäste um sich herum in diesem Augenblick zu ignorieren.

Eine Tatsache, die ihm selber längst mit dem Erreichen seines siebzehnten Lebensjahres klar gewesen wäre. Wenn – ja, wenn er nur etwas riechen könnte. Kian hätte es zumindest ahnen können, als er seit seinem eigenen Geburtstag diese Anziehung gefühlt hatte. Doch das hatte er nicht.

Er hatte es einfach nicht in Betracht gezogen, dass er für denjenigen bestimmt war, der ihn schon immer von oben herab behandelt hatte.

Denn wenn er es gewusst, oder zumindest geahnt hätte, dann hätte er sich von seinen Eltern gar nicht erst dazu überreden lassen, heute hierherzukommen, um Leon zu gratulieren.

Nein … er hätte seine Eltern schon vor Wochen, wenn nicht gar Monaten angefleht, von hier wegzuziehen. Am besten gleich ans andere Ende der Welt.

Nur weg von den Leuten, den Wolfswandlern, an deren Seite er zwar aufwuchs, die dennoch auf ihn herabsahen, ihn teilweise mieden und Späße mit ihm trieben, vor allem diejenigen in seinem Alter. Wenngleich sein Geburtsrang sogar seltener vorkam als der des geborenen Anführers unter seinesgleichen. Den sogenannten Alphas, welche durch ihre enorme Stärke und Größe – nicht nur in ihrer Wolfsform – herausstachen.

Nach den Alphas kamen die Betas. Wolfswandler, welche den Alphas in puncto Kraft, Schnelligkeit und kämpferischem Geschick nahezu ebenbürtig waren. Sie standen ihren Rudelführern meist als rechte Hand und Vertreter zur Seite. Obwohl natürlich jeder Alpha seinen Beta selber auswählte. Deltas konnten wiederum mit der gewöhnlichen Bevölkerung verglichen werden. Wohingegen Omegas in der Hierarchie an letzter Stelle standen. Sie waren zierlich. Hassten es regelrecht, zu kämpfen – wofür ihnen auch jegliches Geschick fehlte. Sie wurden schnell krank und ihre Verletzungen verheilten deutlich langsamer. Weshalb sie den Schutz des Rudels oder den ihres Gefährten benötigten. Omegas waren meist weiblich. In sehr seltenen Fällen kam es jedoch vor, dass ein männlicher Omega zur Welt kam. Wie eben in Kians Fall. Als hätte er es sich aussuchen können, mit welchem Rang er geboren wurde. Und wären all die Nachteile dieses Ranges nicht schon genug Demütigung für einen seiner Art, kam erschwerend hinzu, dass männliche Omegas in der Lage waren, während ihrer sogenannten Hitze schwanger zu werden.

Das hier war ein absoluter Albtraum. Ausgerechnet Leon, derjenige, der ihm sein ganzes bisheriges Leben regelrecht zur Hölle gemacht hatte. Der Alpha hatte wirklich keine Möglichkeit, ausgelassen, ihm allein durch seine herablassenden Blicke und sein Gelächter zu zeigen, was er von ihm hielt. Was ihm die anderen in ihrem Alter natürlich nachgemacht hatten. Schließlich wollte niemand den angesehensten Jungen an ihrer Schule, den Sohn des Alphas, gegen sich aufbringen.

Nicht zu vergessen, dass Leon auf Frauen stand und eine Freundin hatte – Anastasia. Eine blonde Schönheit, die gerade neben dem Geburtstagskind stand und ihn in diesem Moment ebenfalls mit Blicken erdolchte.

„Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass ich dich an meiner Seite akzeptiere, oder!“ Leons kalte, monotone Stimme durchschnitt auf einmal die unangenehme Stille, den verächtlichen Blick hatte er weiterhin auf Kian gerichtet. „Einen Mann … einen Omega. Einen Schwächling, der es nicht einmal fertigbringt, einen Hasen zu jagen oder sich erhobenen Hauptes jemandem entgegenzustellen. Unser Rudel braucht eine starke Luna, nicht jemanden wie dich. Ich erkenne dich nicht als meinen Gefährten an und verstoße dich, Kian Hall!“

Obwohl Kian Leon weder riechen noch leiden konnte, hatte er nicht damit gerechnet, dass die Ablehnung als Seelengefährte sich so anfühlte. So, als würde etwas von jetzt auf gleich, allein bei Leons Worten, in ihm zerbrechen und nichts als Kälte zurücklassen. Eine Eiseskälte, die sich, bei seinem Herzen angefangen, über seinen gesamten Körper ausstreckte, während seine wölfische Seite vor Trauer und Schmerz winselte. Als würde in einem Raum eine Glasscheibe in Abertausende Teile zerspringen, bevor sich Dunkelheit ausbreitete.

Mit zitternden Händen und einer Träne, die ihm nun doch aus dem Augenwinkel entkam, wandte sich Kian ab und ging, nicht fähig, seinem Seelengefährten länger in die Augen zu sehen, der ihn soeben vor allen Anwesenden zurückgewiesen hatte und stattdessen den Arm um seine selbstzufrieden grinsende Freundin legte.

Kapitel 1

Kian atmete befreit auf, nachdem er die Wagentür ihres Autos hinter sich geschlossen hatte, und sah sich mit leuchtenden Augen um. Es fühlte sich an, als würde eine riesige Last von ihm abfallen, die ihm selbst bis eben noch das Atmen erschwert hatte. Als hätte ein kleiner Teil von ihm immer noch befürchtet, dass der abrupte Umzug doch nur ein Wunschtraum war und er jeden Augenblick aufwachen würde. Weiterhin die vertrauten Wände seines Zimmers um sich, vergraben zwischen den Kissen und Decken seines Bettes. All das nur ein paar Häuser vom Haus des Rudeloberhauptes und seiner Gefährtin entfernt, in welchem auch Leon wohnte.

Doch das war es nicht.

Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen wischte Kian sich die Träne aus dem Augenwinkel, bevor sie ihm über die Wange laufen konnte. Es war kein Traum. Er stand tatsächlich etwa vierzig Minuten von Banff, Kanada, entfernt, am Lake Louise. Einem türkisfarbenen, glasklaren und in der Sonne glitzernden Bergsee auf etwa 1731 Meter Höhe, der von einem spektakulären Gletschertal umgeben war. Weit weg von seinem ehemaligen Zuhause. Er starrte auf das von Laubbäumen umringte herrschaftliche Anwesen, hinter welchem gigantische Berge in die Höhe ragten. Hinter ihm lag der See. Rechts und links konnte er weitere Gebäude aus Stein und Holz ausmachen.

Die Sonne schien ihm ins Gesicht und Vogelgezwitscher durchbrach die angenehme Stille, neben der leichten Brise, die das Gras und die Blätter der Bäume bewegte. Es war traumhaft, allein der Anblick dieser Idylle ließ sein Herz aufgehen.

Wie hatte sein Vater gesagt – das Rudel von Goldenwood, der Name passte auf jeden Fall, welches von Alpha Ryan McLean und seiner Gefährtin geleitet wurde. Einem alten Freund seines Vaters, den dieser um Hilfe gebeten hatte, als er seinen Eltern völlig aufgelöst und unter Tränen erzählte, was auf Leons Party geschehen war – und das war nur die grobe Beschreibung gewesen. Bevor er ihnen alles noch einmal anvertraute, nachdem er Tage später dazu in der Lage gewesen war, darüber zu reden, ohne beinahe zusammenzubrechen.

Blieb nur noch zu hoffen, dass dieser Clan nicht auch eine solche Abneigung gegen Omegas hegte. Was laut seinem Dad nicht der Fall war.

Nicht, dass er vorhatte, viel Zeit in der Gegenwart ihres neuen Rudeloberhauptes zu verbringen, oder überhaupt in Gesellschaft anderer Wandler. Deren Nähe allein mittlerweile ausreichte, damit er das Gefühl hatte, keine Luft mehr zu bekommen und seine Hände kaum merklich zu zittern anfingen, seine Eltern ausgeschlossen. Die abgesonderten Pheromone, anhand deren jeder ihresgleichen erkannte, welcher Rang der ihm Gegenüberstehende hatte, ihre Blicke, die er mitunter auf sich spürte. Das teils offen zur Schau gestellte Gelächter oder jenes hinter vorgehaltener Hand ... und der damit verbundene Herzschmerz. Alleine das Verlassen ihres früheren Hauses hatte zum Schluss gereicht, um das Grauen in ihm wachsen zu lassen. Wohl der ausschlaggebende Grund, neben der offenen Zurückweisung Leons, weshalb seine Eltern innerhalb von zwei Wochen ihre Jobs gekündigt und all ihre Besitztümer von ihrem Haus etwas außerhalb Winnipegs bis an die Ausläufer der Rocky Mountains verfrachtet hatten.

Etwas, von dem er nicht wusste, wie er ihnen jemals danken sollte. Zeigte es ihm doch nur auf ein Neues, wie sehr seine Eltern ihn liebten und hinter ihm standen. Was nicht selbstverständlich war. Er hatte schon des Öfteren gehört, dass Eltern ihre eigenen Kinder verstießen oder sie nicht gut behandelten, wenn sie mit dem Rang eines Omegas zur Welt kamen.

„Willkommen zu Hause, Kian.“

Er ließ seinen Blick nach rechts zur Seite schweifen, dem Gesicht der Person entgegen, die ihm genau in diesem Moment die Stirn küsste und ihre Arme um seinen Oberkörper schlang. Seine Mutter, wie sollte es auch anders sein, da sie nur zu dritt waren, er hatte keine Geschwister, und sein Vater war längst aufgebrochen, um dem Alpha entgegenzulaufen. Schließlich war es so gut wie unmöglich, ein Dorf zu betreten, in welchem ausschließlich Wolfswandler und ihre Familien lebten, ohne bemerkt zu werden. Schon gar nicht, wenn man nicht einmal versuchte, sich einzuschleichen, und mit dem Auto die einzige vorhandene einspurige Zufahrtsstraße benutzte. Obwohl „Dorf“ es in diesem Fall nicht wirklich traf, da es keinen Dorfplatz, ein Gemeindehaus oder eine Kirche gab. Hier war es ein prachtvolles Manor, in dem die Alphafamilie lebte, samt einem gut gepflegten und gepflasterten Vorhof. Von diesem Anwesen führten kleinere Wege zu ein paar wenigen Häusern, in welchen wiederum die Rudelmitglieder lebten.

Kian lächelte glücklich und hauchte ein leises „Danke, Mom“, bevor er sich in die liebevolle Umarmung lehnte. Sie waren in etwa gleich groß, außerdem hatte er die grüne Augenfarbe seiner Mom geerbt, sowie die schokoladenbraune Haarfarbe. Während seine Haare jedoch nur leicht gewellt waren, hatte sie eine wilde Lockenmähne.

„Du wirst sehen, mein Liebling, alles wird gut. Ich durfte Ryan und Sophie, die Luna des Rudels, selbst schon vor Jahren kennenlernen. Es wird uns hier gut gehen. Hätte dein Vater innerhalb unseres alten Rudels keine so hohe Stellung bekleidet, wären wir mit großer Wahrscheinlichkeit schon früher umgezogen. Mach dir also nicht so viele Gedanken, mein Schatz.“

„Ich hoffe, du hast recht.“ Kian seufzte leise und stellte sich wieder aufrecht hin. „Sie haben mich auch nur deswegen geduldet, oder? Wegen Dad, weil er einer der Betas vom Rudelalpha war.“ Kian sog erneut die Luft langsam durch die Nase in seine Lunge, hielt sie dort einen Moment, bevor er sie geräuschvoll durch eben jene wieder entweichen ließ. Das Schweigen seiner Mom war ihm Antwort genug, obwohl er es sich schon gedacht hatte. Dadurch war es jedoch nicht weniger schmerzhaft. Sein Herz zog sich allein bei diesen Gedanken daran zusammen.

Doch bevor sie mal wieder in düstere Regionen abdriften konnten, ließ ihn eine Bewegung im Augenwinkel seinen Blick heben. Woraufhin er auf seinen Vater traf, der an der Seite eines stattlichen Mannes stand. Dieser hatte graumeliertes Haar, einen kurz getrimmten Bart, außerdem ein kantiges Gesicht. Er trug ein eng anliegendes Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln, wodurch die Tätowierungen auf seinen Armen deutlich zu erkennen waren. Der Ausstrahlung nach eindeutig ein Alpha.

Das war also Ryan McLean. Kian schluckte schwer. Er verschränkte seine Arme vor seiner Brust, verkrallte seine Finger auf beiden Seiten in seiner dünnen Jacke und versuchte das Gefühl des Unwohlseins niederzukämpfen. Erfolglos.

Ohne es zu realisieren, trat Kian einen Schritt zurück, nahezu zeitgleich zu den beiden Männern, die vor ihnen stehen blieben.

„Hallo, Ryan.“ Kians Mutter zeigte ihr fast immerwährendes freundliches Lächeln, überbrückte die letzte Distanz und schüttelte die Hand des deutlich älteren Alpha, der das Lächeln aufrichtig erwiderte.

„Hallo, Lea, es freut mich ehrlich, euch wiederzusehen – willkommen.“ Einen Moment lang haftete der Blick Ryans noch auf Kians Mom, dann schweifte er weiter zu Kian, der noch immer die Abwehrhaltung aufrechterhielt. „Und du musst Kian sein. Ich hab schon ein wenig von dir gehört. Ich hoffe sehr, dass du dich bei uns wohlfühlen wirst.“

„Hallo, Mister McLean.“ Kian kratzte all seine Willensstärke zusammen und reichte dem aufgeschlossen wirkenden Alpha seine kalte Hand. Er versuchte wirklich, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er gegen den Drang ankämpfte, weiter zurückzuweichen. Sein Herz schlug ihm längst bis zum Hals. Doch dagegen war er machtlos, genauso wie gegen sein kaum verständliches Gemurmel, von welchem er hoffte, dass es nicht ganz so von Angst ergriffen klang, wie er vermutete.

Herrgott … er war fast achtzehn – und fühlte sich dennoch wie ein verschüchterter Teenager ohne Rückgrat. Ganz der unterwürfige Omega. Da brauchte es nicht einmal die Pheromone des Alphas, die ihn in die Knie zwangen. Wie sehr er es hasste, wie sehr er die Mondgöttin in diesem Augenblick verfluchte, für das Schicksal, dass sie für ihn bestimmt hatte. Aber ändern konnte er es nicht. Niemand konnte das. Er konnte sich nur fest vornehmen, es zu akzeptieren. Zumindest hatte er bei diesem Mann nicht das Gefühl, dass er ihnen etwas vorspielte.

„Was haltet ihr davon, wenn ich euch euer zukünftiges Zuhause zeige? Es ist schon recht spät. Dann könnt ihr euch schon mal etwas einrichten, und morgen zeige ich euch das Anwesen samt dem Gelände.“ Kians Augen fokussierten sich abermals auf Ryan, der in diesem Moment seinen fragenden Blick zwischen ihnen schweifen ließ.

Lea und sein Vater Joshua nickten, doch es war Kians Mom, die antwortete. „Das klingt ausgezeichnet, Ryan, danke.“

Kapitel 2

„Na, mein Liebling, denkst du, du kannst dich hier wohlfühlen?“

Kians Blick flog über seine Schulter, in Richtung der Tür, aus welcher die samtige Stimme seiner Mutter zu hören war und lächelte, als er sah, wie sie um den Türstock lugte. „Es ist ein Traum.“ Und das meinte er genau so, wie er es sagte. Kian schluckte schwer. Er versuchte, den Kloß in seinem Hals auf diese Weise loszuwerden, der sich dort gebildet hatte, kaum, dass seine Augen sein zukünftiges privates Reich im Ganzen erfasst hatten. Seit mindestens fünf Minuten hatte er an Ort und Stelle gestanden, nur wenige Schritte hinter seiner Zimmertür, mit freudig pochendem Herzen in seiner Brust, und hatte versucht, zu begreifen, dass das von jetzt an sein Zimmer sein sollte.

Das recht kleine zwischen den Bäumen erbaute Haus aus poliertem dunklen Holz, mit riesigen Glasfenstern und Stein, wohin das Auge sah, befand sich am Rande des Anwesens. Es hatte sein Herz schon höherschlagen lassen. Was sich nicht geändert hatte, als sie es nacheinander betraten. Doch der Anblick des ausgebauten Daches verschlug ihm schlichtweg die Sprache.

Neben dem gigantischen Bett, welches den Raum dominierte und auf der linken Seite an einer der beiden natürlichen, massiven Wände aus grauem Naturstein stand, samt Nachttischen mit Lampen rechts und links, war der Raum einfach riesig. Unter dem Bett lag ein weich aussehender grau-schwarz gemusterter Teppich auf einem dunkelbraunen Fußboden mit Holzmaserung. Der sich wohl in allen seinen Räumen wiederfand, wie ihm ein Blick durch die offenstehende Tür auf der rechten Seite verriet, hinter der sich womöglich ein Ankleidezimmer befand. Zumindest konnte er keinen Kleiderschrank entdecken. Zudem zierte ein bezauberndes buntes Landschaftsgemälde die andere Wandseite neben der Tür.

Doch das absolute Highlight war ohne Zweifel die Front, welche bis unters Dach aus bodentiefen Glasscheiben und dunklen Verstrebungen bestand und den Blick hinaus in den dichten Mischwald freigab. Ob er sich bei diesem Ausblick wirklich auf sein Tun am Laptop würde konzentrieren können, wenn er an seinem Schreibtisch saß? Das würde sich noch herausstellen, denn dieser stand genau vor der massiven Glasfront.

„Das freut mich, mein Liebling.“ Leas Lächeln wurde eine Spur breiter, während sie durch die Tür trat und ihren Sohn in die Arme schloss. „Ryan hat sich bereits wieder verabschiedet, damit wir in Ruhe ankommen können. Er möchte uns zwar morgen das Gelände zeigen. Aber was hältst du davon, wenn du deine Sachen hochbringst und wir anschließend noch etwas spazieren gehen? Dein Vater hat noch einige Dinge mit unserem neuen Alpha zu besprechen, weshalb es später als sonst Abendessen gibt.“

Einen Moment lang genoss Kian weiterhin die Umarmung, dann machte er sich mit sanfter Gewalt los, sah seine Mutter mit leuchtenden Augen an und nickte sachte. „Mhm … klingt gut.“

***

„Und das alles hier gehört dem Alpha und seiner Gefährtin? Ich hätte nie gedacht, dass es so ein privates Anwesen mitten im Nirgendwo gibt. Woher kennen Dad und Mister McLean sich?“

Kian sah sich fasziniert um, woraufhin seine Mom bestätigend nickte. „Ryan kommt wie dein Dad aus Schottland, hoch oben aus den Highlands. Dort haben sie sich auch kennengelernt. Soweit mir bekannt ist, bei einem Clantreffen zwischen deinem Großvater und Lord McLean, Ryans Vater. Bei einem Urlaub vor über dreißig Jahren fand Ryan dann recht unerwartet hier in Kanada seine Gefährtin. Doch Sophie wollte dieses Land nicht verlassen und mit ihm nach Schottland gehen, weshalb der Alpha kurzerhand einiges an Land auf dieser Seite des Sees kaufte. Er ließ das Anwesen bauen und pflanzte die für diese Gegend untypischen Laubbäume. Er wollte auf dieser Höhe nicht nur von Nadelbäumen umgeben sein. Die kleineren Häuser rund um das Haupthaus kamen erst später hinzu, als sich das Rudel gebildet hat.“

Lea kicherte, als sie über den sauber gepflasterten, von unterschiedlich großen Zierbäumen gesäumten Vorplatz liefen. „Ryan stammt zwar aus einer wohlhabenden alten schottischen Clanfamilie, weshalb Geld und Ansehen wohl nie ein Thema gewesen ist. Trotzdem wollte er für seine Luna alles hinter sich lassen und hier ein sicheres Zuhause für seine Frau und Kinder schaffen, weitab womöglicher Verpflichtungen als angesehenes Rudeloberhaupt. Seinen Schilderungen nach war es von ihm nie geplant, dass auf seinem Land eine eigene kleine Siedlung entsteht. Doch laut Sophie hat er sich auch nie wirklich dagegen gesträubt, als immer wieder alte Freunde erst nur zu Besuch kamen und letztlich nicht mehr gehen wollten – und Sophie wollte, dass Ryan glücklich ist. So hat er sich schließlich dazu entschieden, einen Teil seines Geldes einfach in weitere Häuschen zu investieren. Und so ist aus den paar engen Freunden um sich herum schließlich dieses in seiner Größe doch recht ansehnliche Rudel entstanden, welches Ryan bis heute wie der Clanchief führt, als welcher er geboren wurde. Zumindest, bis sein einziger Sohn endlich seine Gefährtin oder seinen Gefährten findet.“ Kians Mom lachte erheitert. „Ein Glück für uns, dass dein Dad und der Alpha den Kontakt nie ganz abgebrochen haben. Ryan ist recht wählerisch, wen er auf seinem Grund und Boden duldet.“

„Und … wie ist das jetzt nun mit euren Jobs? Ihr habt darüber immer noch kein Wort verloren!“ Kian atmete tief durch, biss sich auf seine Unterlippe und sah zu seiner Mutter. „Ihr habt doch wegen mir …“

Sie legte nur leise lachend ihren Arm um ihren Sohn und zog ihn an ihre Schulter, ohne ihren Schritt zu verlangsamen. „Mach dir darüber keine Sorgen, Liebling. Das Haus, welches wir beziehen durften, gehört einer Familie, die aus privaten Gründen weggezogen ist. Die Frau war hier die Tagesmutter für die kleineren Kinder. Eine Anstellung, die Ryan nun mir zugewiesen hat, und das mit der Versetzung deines Vaters nach Banff hat auch geklappt. Es stand bis jetzt nur nicht fest. Weshalb wir dir nichts erzählt haben. Ryan sagte, dass wir für dich hier sicherlich auch etwas finden, das du tun kannst und dir Freude bereitet. So musst du nicht alleine irgendwo hinfahren. Außer natürlich, du möchtest das. Einige, die hier leben, sind auch bei der Alphafamilie angestellt. Mehr als die Hälfte der Rudelmitglieder sogar, wenn ich die Worte deines Vaters richtig im Kopf habe.“

„Ich bekomme einen Job, hier … von Alpha McLean?“ Kians Augen weiteten sich ungläubig. Der Alpha wollte ihn, einen Omega, anstellen? Ernsthaft?

„Ja. Was hast du denn gedacht? Dass wir zulassen, dass du dich weiterhin in deinen Räumen verschanzt?“

„Ich wollte euch wirklich nicht so viel Kummer und Probleme machen.“ Die Niedergeschlagenheit in Kians Stimme war unüberhörbar, was seine Mutter jedoch mit einem einfachen Wink abtat und ihn nur erneut in eine liebevolle Umarmung zog. „Jetzt hör aber auf. Als wären wir unter diesen Umständen dortgeblieben. Wir verlangen nur, dass du dem Ganzen hier wenigstens eine Chance gibst. Lass die Schmerzen und den Kummer nicht dein Leben zerstören, Liebling – hörst du? Wir würden dir so gerne mehr helfen.“

„Ihr tut genug. Ich verspreche es … wirklich.“ Kian krallte seine Finger auf dem Rücken seiner Mom in den leichten Stoff der Weste und vergrub zeitgleich sein Gesicht für einen Moment an ihrem Hals. Bevor er sich wieder losmachte, einen kleinen Schritt zurücktrat und sich mit einem Lächeln die Tränenspuren mit einer schnellen Bewegung von der Wange wischte.

Was seine Mutter unverkennbar zufrieden aussehen ließ. „Mehr verlangen wir gar nicht. Und sollte mir Leon noch einmal, warum auch immer, unter die Augen kommen, ziehe ich ihm höchstpersönlich das Fell über die Ohren.“

Kian kicherte angesichts der harschen Worte seiner Mutter, obwohl sie als geborener Mensch nicht einmal den Hauch einer Chance hätte, selbst gegen einen nur halb so alten Wandler. Weshalb es nie so weit kommen durfte, wenn er nicht wollte, dass sein Vater zum Mörder wurde, um etwaige Verletzungen seiner menschlichen Gefährtin zu rächen. Doch er schätzte die Geste, dass seine Mutter sich so für ihn einsetzen wollte, nur um ihm ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Das war besser als jede ernstgemeinte Morddrohung.

Er wollte für seine Eltern, ebenso wie für sich selbst, wenigstens versuchen, damit abzuschließen und sein Leben weiterzuleben. Wenn er auch nicht wusste, ob ihm das je wirklich möglich sein würde. Nun, da sich zu all seinem Kummer, auch noch der wölfische Teil in ihm zurückzuziehen schien. Ein Gefühl, das nur schwer zu erklären war. Doch er spürte den Wolf in sich kaum noch, was mit Sicherheit an der Abweisung seines Gefährten lag. Soweit Kian wusste, würde es damit enden, dass er sich bald überhaupt nicht mehr wandeln konnte und dass er seine schärferen Sinne, selbst in seinem menschlichen Körper, einbüßte. Was ihn immer wieder zu demselben Schluss kommen ließ. Zumindest ging er nicht davon aus, dass Leon es sich anders überlegen würde. Und selbst wenn, hatte er da auch noch ein Wörtchen mitzureden. Jedenfalls würde er seine Eltern nicht auch noch damit belasten. Nicht jetzt.

So in Gedanken versunken, bekam Kian erst gar nicht mit, wo sie sich befanden, bis mit einem Mal etwas recht ruckartig an seiner Jacke zog und ihn damit aus seinen Grübeleien riss.

„Was zum –“, Kian keuchte erschrocken auf und trat einen Schritt zurück. Seine Augen weiteten sich, als er sich neben einem großen dunkelbraunen Pferdekopf wiederfand, der über einem Zaun hing.

Erst jetzt registrierte Kian, dass sie neben einer Pferdekoppel standen. Er drehte seinen Kopf zu seiner Mom, die ihn nur sichtlich amüsiert beobachtete. „Pferde?“ Kians Finger fanden automatisch ihren Weg an die weichen Nüstern der braunen Schönheit, kaum, dass die Frageseinen Mund verlassen hatte.

„Überraschung.“ Die Freude in Leas Stimme war deutlich herauszuhören.

Kian kicherte, ein Gefühl von Leichtigkeit breitete sich in seiner Brust aus, während er seiner Mom ein strahlendes Lächeln schenkte. Natürlich wusste sie, wie schön er diese stolzen Tiere fand und wie gerne er schon als Kind mal geritten wäre.