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Die große Australien-Saga geht weiter!
Australien, 1860: Liza ist verzweifelt. Sie möchte gern ein zweites Kind, doch ihr Ehemann Josiah versagt ihr ihren Wunsch. Sie fühlt sich immer einsamer, denn er verachtet sie und ist nur für den äußeren Schein mit ihr zusammen. Gesellschaftliches Ansehen ist ihm als Richter alles. Halt findet sie nur bei ihrer Freundin Dinny und bei dem Farmer Benedict. Das erste Mal empfindet sie wirklich Liebe, und auch Benedict erwidert ihre Gefühle.
Doch leider ist eine Beziehung zu ihm unmöglich, denn ihr Mann droht, ihr die Tochter wegzunehmen und Benedict wegen Diebstahl anzuzeigen, sollte sie mit ihm ein neues Leben beginnen. Und auch Benedict offenbart ihr, dass er bereits verheiratet ist. Liza ist am Boden zerstört. Aber dann kommt alles ganz anders als erwartet ... Wird Lisa ihr Glück dennoch finden?
Bewegend. Emotional. Fesselnd. Die neue Love-and-Landscape-Saga der Bestseller-Autorin Anna Jacobs vor der atemberaubenden Kulisse Australiens.
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»Anna Jacobs Bücher zeigen ein beeindruckendes Gespür für menschliche Gefühle.« Sunday Times, UK
»Eine packende Erzählstimme.« Sunday Star Times, NZ
»Jacobs ist eine Meisterin darin, lebhafte und einprägsame Charaktere zu erschaffen.« Booklist, USA
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Seitenzahl: 368
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Grußwort des Verlags
Über dieses Buch
Titel
KAPITEL 1
KAPITEL 2
KAPITEL 3
KAPITEL 4
KAPITEL 5
KAPITEL 6
KAPITEL 7
KAPITEL 8
KAPITEL 9
KAPITEL 10
KAPITEL 11
KAPITEL 12
KAPITEL 13
KAPITEL 14
Kontaktaufnahme mit Anna Jacobs
Über die Autorin
Weitere Titel der Autorin
Impressum
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Die große Australien-Saga geht weiter!
Australien, 1860: Liza ist verzweifelt. Sie möchte gern ein zweites Kind, doch ihr Ehemann Josiah versagt ihr ihren Wunsch. Sie fühlt sich immer einsamer, denn er verachtet sie und ist nur für den äußeren Schein mit ihr zusammen. Gesellschaftliches Ansehen ist ihm als Richter alles. Halt findet sie nur bei ihrer Freundin Dinny und bei dem Farmer Benedict. Das erste Mal empfindet sie wirklich Liebe, und auch Benedict erwidert ihre Gefühle.
Doch leider ist eine Beziehung zu ihm unmöglich, denn ihr Mann droht, ihr die Tochter wegzunehmen und Benedict wegen Diebstahl anzuzeigen, sollte sie mit ihm ein neues Leben beginnen. Und auch Benedict offenbart ihr, dass er bereits verheiratet ist. Liza ist am Boden zerstört. Aber dann kommt alles ganz anders als erwartet ...
Wird Lisa ihr Glück dennoch finden?
Bewegend. Emotional. Fesselnd. Die neue Love-and-Landscape-Saga der Bestseller-Autorin Anna Jacobs vor der atemberaubenden Kulisse Australiens.
Anna Jacobs
Töchter des Südsterns
Das Glück hinter dem Sonnenuntergang
Aus dem Englischen von Michael Krug
1860
Als Cathie Ludlam zwei Jahre alt war, lebten in der kleinen Gemeinde in Brookley mehrere Familien, hart arbeitende Siedler, die ihren Grundbedarf an Mehl, Zucker, Tabak und Rum vom nahen Gasthof bezogen. Dorothy konnte den Geruch von Rum nicht ausstehen. Aber da die Leute regelmäßig herkamen, um sich ihre Flaschen oder Krüge füllen zu lassen, hielt sie stets einen großzügigen Vorrat davon auf Lager. Manche kauften auch gern frisches Obst und Gemüse von Andrew, der mittlerweile kein Land mehr rodete, sondern nur noch sein Gartengrundstück bewirtschaftete und den Großteil der täglichen Arbeit seiner Frau und seiner Tochter überließ.
Gelegentlich reisten Fremde durch Brookley, entweder auf einem Umweg nach Pinjarra oder in die Hügel auf der Suche nach Sandelholz. Oder sie suchten Josiah in seiner Eigenschaft als örtlicher Friedensrichter auf. Auch sie steuerten kleine, aber dringend benötigte Beträge zum Einkommen der Pringles bei.
Als Dorothy jedoch eines Tages von einem Besuch bei Liza zurückkehrte, musste sie feststellen, dass ihre Hauptersparnisse aus den Einnahmen des Gasthofs verschwunden waren. Sie eilte hinaus zu ihrem Mann, der auf dem Feld arbeitete. »Sind heute Fremde vorbeigekommen?«
Andrew richtete sich auf und streckte den schmerzenden Rücken durch. »Nein. Niemand.«
»Aber jemand hat mein Erspartes genommen.«
Sein Lächeln verblasste. »Meine Liebe, es war sehr falsch von dir, mir das Geld vorzuenthalten. Ich bin immer noch das Oberhaupt dieses Haushalts. Es obliegt mir, mich um unsere Finanzen zu kümmern. Wenn ich dich erneut dabei erwische, werde ich ausgesprochen wütend.«
Sie starrte ihn an. »Aber ... das war mein Geld. Ich habe es mir mit harter Arbeit verdient. Es steht mir zu.«
»Dir steht keinerlei Geld zu! Das ist das Anrecht des Ehemanns – kraft Gesetz und Tradition.«
Da brach sie in Tränen aus. Und als er ihr den Rücken zukehrte, warf sie sich auf ihn, schlug ihn mit den Händen und schrie ihn an.
Kitty kam angerannt und half, ihre Mutter zu beruhigen. Als sie jedoch erfuhr, was passiert war, wandte auch sie sich gegen ihren Vater und warf ihm in schrillen Tönen vor, er hätte sie in Arbeitssklaven verwandelt. Dann drohte sie, keinen Finger mehr im Gasthof zu rühren, wenn er sie das verdiente Geld nicht behalten ließe.
Es half alles nichts. Wann hatte Vernunft schon je etwas bei Andrew bewirkt? Er gab ihnen das Geld nicht zurück, sondern teilte ihnen mit, dass er es bei Jem Davies investiert hatte, dem örtlichen Fuhrmann. Im Brustton der Überzeugung erklärte er, sie würden eines Tages eine satte Rendite damit erzielen.
Jem Davies weigerte sich, das Geld zurückzuerstatten. Seinen Worten zufolge hatte er es für den Kauf neuer Pferde ausgegeben. Aber er erklärte sich bereit, eine schriftliche Schulderklärung zu unterzeichnen, die zu beschaffen Andrew verabsäumt hatte.
Nachdem sich Dorothy von dem Rückschlag erholt hatte, versicherte sie ihrer Tochter mit grimmiger Entschlossenheit, sie würde beim nächsten Mal ein besseres Versteck finden. »Ein bisschen Geld habe ich noch übrig«, verriet sie flüsternd. »Aber ich wage es nicht, es für die Überfahrt nach England auszugeben.«
»Du meinst, du hattest das Geld die ganze Zeit und hast mir nie etwas davon gesagt?«
»Ich brauche die Sicherheit, auch mir selbst die Reise nach England bezahlen zu können, falls deinem Vater etwas zustößt.«
»Du bist genauso schlimm wie er. Ich könnte mittlerweile in England sein und bei Tante Nora leben.« Kitty brach in Tränen aus. Für den Rest des Tags weigerte sie sich, auch nur einen Finger zu rühren.
Es dauerte lange, bis sie sich von der Zerschlagung ihrer Hoffnungen erholte, und allmählich wurde Dorothy besorgt, denn ihre Tochter glich nur noch einem Schatten ihres früheren Selbst. Ihr Gesicht wurde schmal und verhärmt, das Haar hing schlaff herab. Die Kleidung wusch sie nicht mehr so regelmäßig, wie sie es sollte. Mit dem Verschwinden des Gelds, das sich ihr Vater genommen hatte, schien sie alle Hoffnung fahren gelassen zu haben.
»Siehst du, was du uns angetan hast?«, herrschte Dorothy ihren Ehemann in der Abgeschiedenheit ihres Schlafgemachs an.
Er kehrte ihr den Rücken zu und verweigerte eine Erwiderung.
Mittlerweile besaßen die Ludlams das mit Abstand größte Haus im Bezirk. Geräumige Veranden verbanden die beiden Teile des Gebäudes miteinander. Dort konnten die Leute auf rauen Bänken Platz nehmen und warten, bis sie beim Magistrat an die Reihe kamen.
Eines Abends saß Liza draußen auf der alten Veranda und beobachtete Josiah beim Spielen mit Cathie. Da brach unverhofft die Sehnsucht aus ihr hervor, die sie sonst immer zu unterdrücken versuchte. »Ich wünschte, wir hätten auch einen Sohn, Josiah. Es ist nicht gut für Cathie, als Einzelkind aufzuwachsen. Du verwöhnst sie schon jetzt zu sehr. Letzte Nacht hast du sie sogar in deinem Zimmer schlafen lassen.«
»Sie ist dort auf dem Sofa eingedöst. Ich habe keine Notwendigkeit gesehen, sie zu wecken.«
»Es hat dir gefallen, sie bei dir zu haben. Gib es zu.« Liza bedachte ihn mit einem Seitenblick. »Du hättest auch gern ein weiteres Kind, nicht wahr?«
Ohne sich umzudrehen und sie anzusehen, gab er frostig zurück: »Ja, hätte ich gern. Aber es ist schlichtweg nicht möglich. Also schlage ich vor, du hörst auf, dich nach etwas zu vergehen, was nie sein kann.«
Liza tat mehr als das – sie schmiedete Pläne. An jenem Abend wusch sie sich so sorgfältig, dass nichts an ihr Josiahs Befindlichkeiten stören könnte. Dann schlüpfte sie in ein sauberes Nachthemd und wartete, bis er sich in sein Zimmer zurückgezogen hatte. Sie ließ ihm ein paar Minuten dafür Zeit, sich hinzulegen. Nachdem sie das Bett knarren gehört hatte, harrte sie noch etwas länger aus. Vielleicht wäre er in schläfrigem Zustand leichter zu überreden.
Schließlich schlich sie mit pochendem Herzen zu seiner Tür. Unter dem Spalt schimmerte das flackernde Licht einer Kerze hervor, und sie hörte, wie er sich herumdrehte, um eine bequeme Lage zu finden. Erst, nachdem die Kerze gelöscht worden war, holte Liza tief Luft, öffnete die Tür und trat auf Zehenspitzen ein.
Abrupt setzte er sich im Bett auf. »Wer ist da?«
»Ich bin's nur, Josiah.«
»Stimmt etwas nicht?«
Sie erreichte das Bett und zog die Decken zurück. »Ja. Es stimmt etwas ganz und gar nicht. Ich will noch ein Baby. Ich brauche eines. Oh Josiah, können wir nicht ...« Als sie sich ihm entgegenstreckte und ihn berühren wollte, schrak er zurück.
»Bleib weg von mir!«
»Du kannst dich doch bestimmt zum Versuch überwinden, ein einziges Kind zu zeugen. Danach bitte ich dich auch nie wieder darum.« Als sie seinen Arm zu ergreifen versuchte, stieß er sie zur Seite.
Seine Stimme troff vor Abscheu. »Fass mich nicht an!«
»Bitte. Oh bitte, lass es uns versuchen.«
In seinem Lachen schwang ein hysterischer Unterton mit. »Wenn ich es mit Cat nicht konnte, glaubst du, ich könnte es dann mit einem gemeinen Trampel wie dir? Lieber würde ich es mit einer Kuh im Stall treiben, als dich anzufassen!«
»Josiah!«
Er stieß sie so heftig weg, dass sie von der Bettkante fiel und aufschrie, als sie auf dem Boden landete. Aber das genügte ihm nicht. Er sprang auf, stürmte zu ihr herum, packte sie vorn am Nachthemd, zerrte sie auf die Beine und brüllte: »Schaff deinen abstoßenden Körper hier raus und wag dich nie wieder in die Nähe meines Zimmers! Hörst du? Komm ... nie ... wieder ... hierher!« Bei jedem Wort schüttelte er sie und schob sie ein bis zwei Schritte zurück. Als sie den Eingang erreichten, warf er Liza durch die offene Tür hinaus und knallte sie zu.
Dann lag sie auf der Veranda. Ihr gesamter Körper zitterte vor Schluchzen. So also dachte er in Wirklichkeit über sie? Gemeiner Trampel, hatte er gesagt. Abstoßender Leib!
Nachdem sie eine Weile weinend ausgeharrt hatte, rappelte sie sich auf die Beine und stolperte in Richtung ihres Zimmers los. Unverhofft jedoch wurde ihr alles zu viel – diese seltsame Ehe, seine ständige Verachtung für sie, ihre verwirrte Sehnsucht nach mehr. Sie konnte es nicht länger ertragen und floh zum Einzigen, dem sie vertrauen konnte. Die Haustür ließ sie offen hinter sich zurück, als sie in ihren dünnen Pantoffeln laut schluchzend losrannte.
Der Mond schien sie mit seinem kühlen silbrigen Licht zu verhöhnen. Die Bäume raschelten. Zweige zerrten an ihrem Haar. Sie nahm es kaum wahr. Nur ein Gedanke beherrschte ihren Kopf. Benedict! Sie musste zu ihm, musste zu jemandem, der sie nicht abstoßend fand. Zu jemandem, der sie so festhalten würde, wie sie es brauchte.
Beim Haus stand Dinny seufzend an der offenen Tür, bevor sie hineinging und sie schloss. In Lizas Zimmer legte sie sich aufs Bett, blickte auf das kleinere daneben und war erleichtert, dass Cathie nicht aufgewacht war. Sie wusste nicht, was zwischen Liza und ihrem Ehemann vorgefallen war, doch was es auch gewesen sein mochte, es hatte ihre Freundin zutiefst verletzt. Mr Ludlam war ein seltsamer Mann. Mit Dinny redete er, als wäre sie halb taub, auf jeden, den er kennenlernte, schaute er verächtlich herab – und gelegentlich trank er sich besinnungslos. In ihm steckte eine Dunkelheit, die ihn zu zerfressen schien. Manchmal tat er ihr leid. Meistens jedoch konnte sie ihn einfach nicht ausstehen. Und vor allem hasste sie, was er ihrer Freundin antat.
»Bleib heute Nacht bei Benedict, Liza«, murmelte sie. »Er wird dich heilen, dich zu einer Frau machen.« Ihr war aufgefallen, wie sich die beiden gegenseitig ansahen, und sie beneidete sie darum. Dinny wünschte, sie hätte jemanden, dem etwas an ihr lag. Aber welcher Mann würde schon eine Frau mit gemischtem Blut wollen, außer um sie zu benutzen und zu verletzen? Sie fühlte sich als Außenseiterin, gehörte nicht zu den Ureinwohnern in dieser Region. Und ginge sie nach Irland, in die Heimat ihres Vaters, wäre sie dort genauso fehl am Platz, eher noch mehr.
Nur Liza schien sie zu akzeptieren, zu mögen, als Gleichgestellte zu behandeln – und zu brauchen. Und auch diesem Stück Land war sie offenbar willkommen. Dinny fühlte sich darauf sicherer und heimischer als je zuvor irgendwo. Was für sie beinah genug war. Wenn sie nur jemanden hätte, den sie liebte und von dem sie geliebt wurde, würde sie sich in der Tat reich wähnen. Liza war nicht die Einzige, die einen Mann brauchte. Nur würde sie viel wahrscheinlicher als Dinny einen finden.
Benedict erwachte, weil jemand an seine Eingangstür hämmerte. Schlagartig hellwach eilte er aus dem Bett. »Wer ist da?«
»L-Liza.«
Erfüllt von der panischen Angst, es könnte etwas Schreckliches passiert sein, warf er den Holzriegel hoch und riss die Tür auf. Liza lehnte an der rauen Holzwand, hatte den Kopf in den Armen begraben und schluchzte hemmungslos. Sie trug nur ein Nachthemd, und ihre Füße waren nackt.
Instinktiv zog er sie an sich. »Was ist denn los? Bist du angegriffen worden?« Suchend sah er sich um, entdeckte jedoch weit und breit niemanden. Was um alles in der Welt war nur passiert?
Sie schluchzte noch lauter, schlang die Arme um seinen Nacken und presste sich an ihn. »Halt mich fest, Benedict. Bitte halt mich einfach fest!«
»Sch-sch, ganz ruhig!« Ohne sie loszulassen, zog er sie ins Haus, schob mit dem Absatz die Tür zu und mit dem Ellbogen den Riegel zurück. Da sie sonst nirgendwo zusammen sitzen konnten, trug er sie zum Bett. »Geht es um Cathie? Ist ihr etwas zugestoßen? Sag es mir, Liza!«
Es gelang ihr, das Schluchzen lang genug zurückzuhalten, um hervorzustoßen: »N-Nicht Cathie. Mir.« Dann weinte sie unkontrollierbar weiter.
Also hielt er sie fest und konnte nicht widerstehen, ihr einen Kuss auf die heiße, feuchte Haut der Schläfe zu drücken. Dabei murmelte sie etwas, hob ihm das Gesicht zu, und plötzlich schien es das Natürlichste auf Erden zu sein, sie endlos zu küssen.
Doch als ihn schaudernd Verlangen durchströmte, zwang er sich, aufzuhören. Er hatte kein Recht, sie zu berühren. Und er hatte sich fest vorgenommen, nichts zu tun, was sie verletzen könnte. Mittlerweile war sie ruhiger, trotzdem erzitterte ihr Körper noch vereinzelt unter dem Widerhall eines gequälten Schluchzens. Und sie passte nicht nur in seine Arme, als wäre sie dafür geschaffen, darin zu liegen, sie hatte auch nicht versucht, sich daraus zu lösen.
»Oh Liza, meine Liebste«, flüsterte er an ihrem Haar. »Was hat dich so aufgeregt? Sag es mir. Wenn ich dir irgendwie helfen kann, dann mache ich es, das weißt du.«
»Es geht um Josiah. Er ... Ich ...«, stockte sie und verstummte. Josiah hatte als widerwärtig empfunden, was sie versucht hatte. Würde Benedict genauso denken?
»Es gibt nichts, was du mir nicht sagen kannst«, ermutigte er sie leise. »Du weißt, dass ich dich liebe. Ich habe zwar nicht das Recht dazu, aber ich kann nicht anders.«
Der Mond spendete genug Licht, dass sie sich gegenseitig sehen konnten. Als sie zu ihm aufschaute, erklärte sie einfach und direkt: »Ich liebe dich auch. Oh Benedict, ich liebe dich so sehr! Ich habe mich bemüht, Josiah eine gute Frau zu sein. Aber er will gar keine Frau! Er ... er ...« Und wieder konnte sie sich der Tränen nicht erwehren, auch wenn sie diesmal leiser weinte, klägliche Laute solcher Verzweiflung, dass es ihm das Herz zerriss.
»Was hat er dir angetan, Liebes?«
»Ich ... ich bin zu ihm gegangen ... weil ich ein weiteres Kind zum Liebhaben wollte. Aber er ... er hat mich aus seinem Zimmer geworfen ... und so schreckliche Dinge zu mir gesagt.«
Benedict schwieg, küsste sie erneut, drückte sie fest an sich und streichelte ihr Haar. »Einen Mann wie ihn kann ich zwar nicht verstehen, überhaupt nicht, aber ich glaube, er kann nicht aus seiner Haut. Und ... ich denke nicht, dass er in der Lage ist, ein Kind mit dir zu zeugen – oder mit irgendeiner anderen Frau.«
»Dann wird es immer nur Cathie und mich geben.« Wieder sah sie ihn an. »Ich verlasse ihn auf der Stelle, wenn du mich willst, Benedict. Was er mir bieten kann, reicht mir nicht. Das ist nur Geld und ... und seine Verachtung kann ich nicht für den Rest meines Lebens ertragen. Manchmal sagt er so grausame Dinge zu mir. Wie soll ich das durchstehen? Wie soll ich meine Tochter in einer solchen Atmosphäre großziehen?« Sie hatte sich geschworen, dass ihr Kind glücklich werden und sich geliebt und geschätzt fühlen sollte. Aber Josiah weckte in ihr die Furcht, dass er Cathie beibringen würde, sie genauso zu verachten, wie er es tat. In manchen seiner Bemerkungen der Kleinen gegenüber schwang bereits eine für die Mutter unschmeichelhafte Schärfe mit.
Schmerz breitete sich in Benedict aus. »Ich kann dich nicht bitten, bei mir zu leben, Liza, das weißt du. Es würde deinen Ruf völlig zerstören. Niemand würde noch mit dir reden. Du würdest nur vom Regen in die Traufe geraten.«
»Das wäre mir egal, wenn ich nur jemanden hätte, der mich aufrichtig liebt. Was macht es schon, wenn die Leute mich verachten? Und wer redet denn jetzt mit mir?« Sie stimmte ein verbittertes Lachen an. »Jedenfalls nicht Josiah. Er behandelt mich wie eine Haushälterin, und daran wird sich nichts ändern. Was auch immer er für mich tut, es dient allein dazu, dass ihn die Leute nicht schneiden, weil er so tief unter seinem Stand geheiratet hat. Seine Freunde in Perth habe ich nie kennengelernt. Er lässt mich nicht mal nach der Kirche zum Plaudern mit den Leuten bleiben oder nimmt mich zu einem Besuch bei Breda mit.«
»Ach, Liza, Liebste. Du weißt doch, dass ich ...« Er zögerte kurz, bevor er fortfuhr. »... dass ich Grace versprochen bin. Sie wartet seit Jahren auf mich. Ich kann mich nicht einfach von ihr lossagen. Wenn ich gewusst ... Wenn ich dich nur früher kennengelernt hätte ... Aber das habe ich nicht getan, und jetzt kann ich sie nicht einfach in die Wüste schicken. Das hat sie nicht verdient.« Obwohl er wusste, wie feig es von ihm war, brachte er es nicht über sich, den Augenblick zu verderben, indem er Liza die volle Wahrheit über Grace und seine Vermählung erzählte.
Schlaff sackte sie an ihn. »Niemand will mich wirklich«, murmelte sie trostlos. »Niemand auf der ganzen Welt.«
Da konnte er nicht anders, als sie sanft auf die Stirn zu küssen und zu murmeln: »Ich will dich. Das weißt du genau.« Und als sie ihm das Gesicht zuwandte, küsste er ihre weichen, bebenden Lippen. »Ach, Liza! Was für ein trauriger Schlamassel ist das alles?«
Er traf nicht die bewusste Entscheidung, mit ihr zu schlafen, doch irgendetwas trieb ihn dazu an, ein Bedürfnis, mehr zu tun, als sie nur festzuhalten – und sie verlangte es danach genauso sehr wie ihn.
Als er sie zu streicheln begann, nahm sie seine Liebkosungen wie ein verzweifelt nach Wasser dürstendes Pflänzchen an und gab leise Geräusche der Lust von sich.
Mit jeder Berührung von ihm erfuhr Liza ein Gefühl der Heilung – das Gefühl, nicht abstoßend, sondern liebenswert zu sein. Ein Mann hatte sie missbraucht, ein anderer hatte sie verachtet. In Benedicts Armen jedoch wähnte sie sich wahrhaftig geliebt. Seine Zuwendungen zu erwidern, kam so natürlich über sie, dass sie es tat, zurückhaltend zwar, dennoch vermittelte selbst die zarteste Berührung unverkennbar Liebe.
Als er sich mit einem gequälten Stöhnen zurückziehen wollte, flüsterte sie: »Hör nicht auf. Oh Benedict, gib mir etwas, woran ich mich erinnern kann. Lass mich erleben, wie es ist, von einem Mann wirklich geliebt zu werden, denn das hat noch keiner.«
Er hielt sie auf Armeslänge vor sich. »Bist du sicher?«
Ihre Miene wurde strahlend. »Ganz sicher.«
Durch das Fenster einfallendes Mondlicht tünchte das Geschehen in einen sanften Schimmer, als er sie mit größter Liebe und Ehrfurcht entblätterte und sich umgekehrt von ihr entkleiden ließ. Sie war wunderschön, weich und bereitwillig – vor allem aber war sie Liza, die Frau, von der er träumte. Die Frau, die er liebte. Er murmelte so lange in ihm aufgestaute Worte der Zuneigung, als er ihr zu zeigen begann, wie es zwischen zwei Menschen sein konnte, die wahrhaftig etwas füreinander empfanden.
Auch er selbst vollzog diesen Akt der Liebe zum ersten Mal, der für ihn ebenso sehr eine Offenbarung wurde wie für sie. Leises Gemurmel und zärtliche Liebkosungen steigerten sich langsam zu einer so ekstatischen Erfüllung, dass sie beide gleichzeitig aufschrien. Danach aalten sie sich in Gefühlen der Wärme, Geborgenheit und Freude zweier Menschen, die einander so nahegekommen waren, wie man es überhaupt konnte.
Sie schliefen nicht, sprachen nicht mal viel miteinander, sondern lagen nur aneinandergeschmiegt da, Haut an warmer Haut, wollten beide den Zauber nicht zerbrechen. Benedict jedoch wusste, dass ihn fortan keine andere Frau als sie je befriedigen könnte.
Liza wiederum wusste, dass sie gerade etwas nur wenigen Frauen Vergönntes erlebt hatte – aufrichtig und innig von einem Mann geliebt zu werden. In jenem Augenblick nahm sie sich vor, ihn zu überreden, mit ihr durchzubrennen und ein neues Leben zu beginnen. Natürlich bedauerte sie jene andere Frau, die darauf wartete, ihn zu heiraten, aber er würde diese Grace nicht glücklich machen können, wenn sein Herz jemand anderem gehörte. Daran bestand für sie kein Zweifel. Immerhin saß sie selbst in einer lieblosen Ehe gefangen – die mit den Jahren nur schlimmer statt besser wurde.
Erst als die Morgendämmerung güldene Finger durch die Ritzen in den Wänden zwängte und sich durch die staubigen Fensterscheiben draußen die Umrisse von Gummibäumen abzeichneten, rührte sich Benedict. »Liebste, du musst jetzt zurück.«
»Noch nicht.« Liza zog seinen Kopf zu sich und küsste ihn mit aller Leidenschaft, die er in ihr geweckt hatte. Was dazu führte, dass sie sich abermals liebten – diesmal hastig und eindringlich im zart-rosa Licht des frühen Morgens.
Danach suchte er ihr Nachthemd, und sie lachten zusammen, als er es ihr mit linkischen Fingern über den Kopf streifte. Auch er zog sich irgendwie an, bevor sie durch das schlaftrunkene Säuseln eines erwachenden Walds schlenderten, er mit dem Arm um ihre Schultern.
Am Rand der Lichtung blieb er stehen und beobachtete. Sein Herz stöhnte gequält vor jähem Verlust, als sich Liza aus seiner Umarmung löste und leise den Weg zu Josiah Ludlams Haus antrat.
An der Tür hielt sie inne, zögerte dabei, hineinzugehen, drehte sich um und schaute sehnsüchtig zu ihm zurück. Einen Moment lang verharrten sie beide regungslos. Dann winkte sie ihm zu und verschwand außer Sicht.
Benedict zog sich in den Wald zurück, verließ ihn jedoch nicht. Ihr gegenüber hatte er nicht erwähnt, dass er sich sorgte. Aber er würde sich vergewissern, dass Josiah ihr nicht auflauerte und sie dafür bestrafen wollte, dass sie sich woanders die Liebe gesucht hatte, die ihr Ehemann ihr nicht bieten konnte. Geduldig wachend stand er eine lange Weile da, bis ihm die Sonne allmählich die Schulterblätter wärmte. Aber aus dem Haus ertönten keinerlei Geräusche.
Als Dinny irgendwann die Eingangstür öffnete und begann, die Veranda zu fegen, konnte er Liza drinnen mit ihrem Kind spielen sehen. Der Anblick erfüllte ihn mit verbittertem Bedauern darüber, dass sie nicht seine Frau sein und solche Freuden mit ihm teilen konnte. Er musste die Augen schließen, um den Schmerz in sich zu behalten.
Als er Josiah etwas später mit der üblichen verdrossenen Miene über die Veranda gehen sah, spannte er den Körper an. Würde Jos etwas sagen? Wusste er, wo seine Frau gewesen war? Aber er betrat lediglich das Wohnzimmer und setzte sich zum Frühstücken an den Tisch. Dabei ließ er keine Anzeichen von Zorn erkennen, obwohl er auch nicht mit seiner Frau zu sprechen schien, nur seine Mahlzeit von ihr entgegennahm und schweigend aß.
Mit einem erleichterten Seufzen wandte sich Benedict ab und trat den Rückweg nach Hause an. Liza war in Sicherheit.
Ohne sie empfand er seine Hütte als kleiner, staubiger und von erdrückender Einsamkeit erfüllt, obwohl sie noch in der vergangenen Nacht ein strahlender Ort der Freude gewesen war. Er fuhr mit den Fingerspitzen über das zerknitterte Bett und atmete den schwachen Duft ihres Liebesspiels ein, bevor er sich zwang, nach draußen zu gehen und mit dem Tagewerk zu beginnen. Niemand durfte erfahren, dass sich etwas Ungewöhnliches ereignet hatte, nicht mal Fergal.
Doch ungeahnt von Liza und Benedict war Josiah wach gewesen, als sie zurückgekehrt war, und hatte sie beide durch das Fenster gesehen. Es hatte unzweifelhaft Intimität vermittelt, wie sie beisammengestanden hatten. Josiah hatte verhalten bei der plötzlich aufflammenden Hoffnung gelächelt, ihre Vereinigung könnte Früchte tragen – Früchte, die er ernten könnte. Dieses eine Mal würde er bereitwillig der Gehörnte sein, weil niemand davon erfahren würde. Aber fortan würde seine Gemahlin ein untadeliges Leben führen müssen.
Liza hatte vergangene Nacht ein Verlangen in ihm geweckt. Auch er wollte einen Sohn – und das Geld, das ihm ein weiteres Kind von seinem verfluchten Vater einbringen würde. Und er vermochte nicht zu sagen, was davon überwog.
Liza suchte Benedict fortan regelmäßig auf. Nicht jede Nacht, aber mindestens jede Woche. Sie sprachen nicht über die Zukunft, schmiedeten keine Pläne, lebten nur in der Gegenwart, stahlen sich ein bisschen Glück, verloren sich im herrlichen Glanz ihrer Liebe.
In seinen Armen fand Liza mehr Erfüllung, als sie je für möglich gehalten hätte. Und nicht nur durch ihr Liebesspiel, sondern auch durch ihre Gefühle füreinander, die selbst müßiges Beisammenliegen und Plaudern zu einem Vergnügen werden ließen. Natürlich trafen sie sich weiterhin ebenso in Gesellschaft. Aber wann immer sich andere in der Nähe befanden, bemühte sich Liza, Benedict nicht allzu oft anzusehen. Und sie wusste, dass er sich ähnlich vorsichtig verhielt.
Dinny kannte Lizas Geheimnis. In den Nächten, die ihre Freundin auswärts verbrachte, passte sie auf die kleine Cathie auf. Manchmal jedoch schlief das Mädchen nach wie vor auf dem Sofa ihres Vaters, wenn es beim Spielen in seinem Zimmer einschlief – tatsächlich betrachtete Cathie es als besondere Freude.
Liza glaubte nicht, dass Josiah etwas ahnte, denn er trank wieder viel. Deshalb wartete sie jene Abende ab, an denen er eine ganze Flasche Rum leerte. Wenn ihr Mann danach in sein Schlafzimmer getorkelt war und sie das Schnarchen einsetzen hörte, wusste sie, dass sie gefahrlos gehen konnte.
Drei Monate später begann sie zu vermuten, dass sie schwanger sein könnte. Beim Gedanken, Benedicts Kind in sich zu tragen, erfüllte sie große Freude, obwohl es noch früh war. Zugleich verspürte sie eine feste Entschlossenheit. Sie würde nicht zulassen, dass dieses Kind von Josiah Ludlam großgezogen würde. Cathie verwöhnte er nicht nur zu sehr, er sagte auch ständig Herablassendes über Liza zu ihr. Neuerdings schien es ihm geradezu Freude zu bereiten, sich Möglichkeiten auszudenken, um sie zu verletzen.
Eine Woche lang überlegte sie, bevor sie Benedict von dem kommenden Kind erzählte. Gleichzeitig legte sie sich Argumente zurecht, um ihn zu überreden, mit ihr durchzubrennen. Sie könnten nach Sydney oder Melbourne gehen, ihre Namen ändern und sich dort den Lebensunterhalt verdienen. Niemand musste je erfahren, dass sie nicht verheiratet waren. Natürlich würden sie Cathie mitnehmen, denn Liza konnte den Gedanken nicht ertragen, ihre kleine Tochter zu verlieren. Und wenn die liebe Dinny wegwollte, könnte auch sie gern mitkommen.
Während sich Liza solchen Träumen hingab und Pläne schmiedete, saß sie mit einem verhaltenen Lächeln da und starrte ins Leere. Sie mussten praktisch denken und es richtig angehen. Benedict würde nach Fremantle reisen und sich über Schiffe informieren müssen. Während sie darauf warteten, in See zu stechen, könnten sie bei David und Breda unterschlüpfen. Sie war überzeugt davon, dass ihre Freunde sie nicht abweisen würden. Breda und sie standen in regelmäßiger Verbindung, wenngleich die mittlerweile zwei kleinen Kinder des Paars und Josiahs Widerwille persönliche Treffen verhinderten.
Liza hatte gehört, dass im Osten Australiens weitaus mehr Menschen lebten. Also würden Benedict und sie dort bestimmt untertauchen können.
Und sie mussten gar nicht alles verlieren. David und Breda könnten Benedicts Land für ihn verkaufen. Dann würde irgendwann ausreichend Geld vorhanden sein, um ein neues Grundstück zu erwerben. In der Zwischenzeit hatte sie dank Catherine genug, damit sie davon leben könnten. Außerdem würde Benedict mühelos Arbeit finden. Er war so klug, konnte so vieles.
Dann erwischte Josiah sie eines Morgens dabei, wie sie sich übergab. Er stand da und beobachtete sie.
Danach wischte sich Liza den Mund ab. Mit hoffentlich ruhiger Stimme erklärte sie: »Ich muss wohl etwas gegessen haben, das ich nicht vertrage.«
Er warf den Kopf zurück und ließ ein grausam höhnisches Lachen vernehmen, bevor er eindringlich ihren Bauch betrachtete. »Hast du gedacht, ich wüsste nicht, was ihr treibt, du und Caine? Ich habe es nicht nur gewusst – ich habe es zugelassen, weil ich wollte, dass du schwanger wirst. Mit etwas hattest du recht. Ein Sohn würde gut hierher passen. Aber jetzt, da du den Braten im Ofen hast, musst du nicht mehr zu deinem Geliebten schleichen.«
Bei seinen derben Worten zuckte sie zusammen. »Du kannst mich nicht davon abhalten, zu ihm zu gehen!«
»Oh doch, das kann ich, glaub mir. Da es nicht länger nötig ist, wirst du keine Zeit mehr mit ihm verbringen, dafür sorge ich. Niemand weiß, was vor sich gegangen ist, und niemand wird es je erfahren.«
Entsetzt sah sie ihn an. Er sprach in gehässigem Ton, und an seiner Stirn pulsierte vor Zorn eine Ader.
Einen Moment lang starrte Josiah sie mit schiefgelegtem Kopf an. »Ich denke, ich bringe ein Schloss an der Tür deines Schlafzimmers an. Und am Fenster auch. Du wirst schön eingesperrt, sobald es dunkel wird. Wir wollen doch nicht, dass du im Schlaf herumstreunst wie eine läufige Hündin, oder?«
Liza fiel keine Erwiderung darauf ein.
Er schaute zu Dinny, die sich in der Nähe herumtrieb. »Und falls ich herausfinde, dass du meiner Frau hilfst, zu ihm zu gehen, bezichtige ich dich des Diebstahls und sorge dafür, dass man dich ins Gefängnis wirft. Hast du das verstanden? Antworte mir! Hast du es verstanden?«
Dinny starrte ihn aufmüpfig an. Allerdings hielt er alle Macht in der Hand, insbesondere über sie. Also wartete sie, bis er vor Ungeduld zu explodieren drohte, bevor sie langsam nickte.
»Und du sprichst mit niemandem darüber – mit keiner Menschenseele. Auch nicht mit ihm.«
Abermals nickte sie.
Plötzlich fand Liza ihren Mut wieder. »Ich werde durchbrennen! Du kannst mich nicht jede Minute im Auge behalten.«
Josiah zuckte mit den Schultern. »Dann nehme ich dir Cathie weg – und das Gesetz wird auf meiner Seite sein. Schließlich kann ich meine Tochter nicht bei einer unmoralischen Mutter aufwachsen lassen, oder? Und sicherheitshalber klage ich Caine des Diebstahls an. Einen Mann wie ihn würde es umbringen, ins Gefängnis gesperrt zu werden.« Nachdenklich nickte er, während vor Entsetzen alle Farbe aus Lizas Gesicht entwich. »Bei genauerer Betrachtung brauchen wir wohl gar kein Schloss an deiner Schlafzimmertür. Du würdest alles für ihn tun, nicht wahr? Vor allem würdest du darauf achten, dass er nicht im Gefängnis landet.«
Liza sackte an die Wand. »Du bist ein grausamer Mann, Josiah Ludlam. Genau wie dein Vater. Du selbst willst mich nicht, aber du lässt auch nicht zu, dass ich Glück mit jemandem finde, der mich will.«
»Dafür will ich umso mehr Ansehen hier in den Kolonien«, erwiderte er, »und dazu bist du der Schlüssel. Du mit unseren lieben Kindern.«
Während er in dem öffentlichen Raum, der sein Schlafzimmer vom alten Haus abtrennte, einige Fälle anhörte, wandte sich Liza an Dinny. »Was soll ich nur tun?«
»Ich weiß es nicht.«
Danach saßen die beiden Frauen schweigend beisammen und boten einander den Trost ihrer Freundschaft. Gelegentlich hielten sie sich an den Händen. Beim Gedanken, den Rest ihres Lebens mit Josiah Ludlam zu verbringen, regten sich in Liza rebellische Gefühle, Wut und Grauen. Sie fühlte sich nicht einmal mehr wie seine Ehefrau. Es musste eine Möglichkeit geben, dem zu entkommen. Bestimmt würde einem so erfindungsreichen Mann wie Benedict ein Ausweg einfallen. Zusammen würden sie eine Lösung finden.
Als Josiah in der folgenden Woche wieder eine Anhörung abhielt und sie gerade im Garten werkelte, hörte sie ein Rascheln. Als sie sich umdrehte, kauerte Benedict hinter einem Gebüsch. Liza arbeitete sich zum Ende der Pflanzenreihe vor. Kaum konnte man sie vom Gebäude aus nicht mehr sehen, warf sie sich in seine Arme.
Er hielt sie fest und atmete den Duft ihres Haars ein. Sie wusch es mit Wasser, in das sie wohlriechende Gummibaumblätter einlegte. »Du hast mir so gefehlt, Liebste.«
»Ja.« Ihre Stimme klang erstickt vor Tränen. »Du mir auch.«
»Jos war bei mir. Er hat mir gesagt, dass er von uns weiß, und mich davor gewarnt, dich wiederzusehen. Außerdem hat er behauptet, du wärst mit meinem Kind in anderen Umständen.« Benedict hielt sie auf Armeslänge vor sich und sah ihr in die Augen. »Ist das wahr?«
Sie nickte.
»Warum hast du es ihm gesagt und nicht mir?«
»Das habe ich nicht – er hat es herausgefunden.«
»Ah! Das hat er anders dargestellt.«
»Oh Benedict, er sagt, wenn ich mit dir durchzubrennen versuche, wirft er dir Diebstahl vor – und wenn Dinny mir hilft, steckt er sie zusammen mit dir ins Gefängnis. Und« – Liza schluckte schwer – »er sagt, er kann mir Cathie wegnehmen.«
Stöhnend zog er sie erneut an sich. »Leider kann er das alles.« Und wieder besaß ein Ludlam die Macht, sich in Benedicts Leben einzumischen. »Verflucht soll er sein!«, murmelte er ihr ins Ohr. »Alle Ludlams sollen verflucht sein.«
»Benedict, du wirst doch nicht zulassen, dass er uns voneinander fernhält, oder? Wenn wir alles sorgfältig planen, können wir trotzdem einen Weg finden, zu entkommen.«
Benedict wusste, dass er in einem Wolkenkuckucksheim gelebt hatte. In Gedanken verwünschte er sich für seine Feigheit. »Liza ... Ich hätte es dir längst sagen sollen ... Es war falsch, zu schweigen ... Aber ich ... ich habe schon eine Ehefrau. Ich habe Grace nicht nur versprochen, sie zu heiraten, ich habe es getan, bevor ich England verlassen habe.«
»Was?« Entsetzt starrte sie ihn an.
»Verstehst du, es geht nicht nur um dich und mich, es gilt auch, an sie zu denken.«
Zorn stieg in Liza auf und brach aus ihr hervor. »Also hast du mich nur benutzt! All das Gerede von Liebe ... Du hast gar keine für mich empfunden, sondern bloß Lust!«
»Nein, auf keinen Fall! Liza, nein!«
Aber sie schob ihn von sich weg, rannte ins Haus und bemühte sich, nicht laut zu schluchzen.
Benedict wollte hinter ihr her, bremste sich jedoch und schüttelte den Kopf. Nein, es wäre besser, sie loszulassen. Und am besten wäre es, wenn sie ihn hasste. Er musste nicht nur an Grace denken – wenn er versuchte, mit Liza durchzubrennen, und es schiefginge, wäre es noch schlechter um sie bestellt als nun. Er wusste, wie viel ihr Kind ihr bedeutete. Und er wusste auch, wie skrupellos die Ludlams sein konnten.
Ein anderer Gedanke ließ ihn innehalten und vor lauter Schmerz gequält nach Luft schnappen. Das Kind in Liza – sein Kind ... Er würde es nie anerkennen können. Wie sollte er es ertragen, so nah bei seinem Sprössling zu leben, dabei zuzusehen, wie er heranwuchs, ohne je seine Liebe zeigen zu können? Er wollte Kinder – welcher normale Mann nicht? Aber nicht so!
Obwohl die vergangenen Wochen die glücklichste Zeit seines Lebens gewesen waren, hatten Liza und er in einem törichten Traum geweilt. Nun hatte die beklemmende Wirklichkeit sie eingeholt, wie sie es immer tat. Und Josiah besaß sogar an diesem Ort die Macht von Reichtum und Vorrechten. Seinesgleichen hatte sich zusammengetan, um ihn auf den Posten des Friedensrichters zu hieven. Und der gleiche Klüngel in Perth würde ihm mit der Zeit zweifellos noch zu anderen einträglichen Ämtern verhelfen. Solange er sich an die Regeln dieser Leute hielt. Solange kein Skandal an ihm haftete.
Wenn er Liza etwas hätte bieten können, wäre Benedict vielleicht trotz allem versucht gewesen, mit ihr zu fliehen. Aber der Großteil seiner Mittel steckte in seiner Farm. Bargeld hatte er kaum noch übrig. Nein, so schmerzhaft es sein mochte, es wäre besser, sie zu lassen, wo sie war – in einem angesehenen, bequemen Haus.
An jenem Abend saß er da, starrte auf eine Flasche billigen Rum, trank einen Schluck und überlegte, ob er sich für ein paar Stunden in Vergessen flüchten sollte. Schließlich schüttelte er den Kopf. Nein. Nichts würde Lizas Bild aus seinen Gedanken und seinem Herzen tilgen können. Sie war sein Sonnenschein, seine innige Liebe und würde immer bleiben.
Er würde seine Pflicht seiner armen, ahnungslosen Ehefrau gegenüber erfüllen und so hart arbeiten, dass er abends vor lauter Erschöpfung sofort einschlafen würde. Man bezahlte für seine Freuden, manchmal sehr teuer.
Oh lieber Gott, wie sollte er das nur ertragen?
Liza war stinkwütend auf Benedict und blieb es tagelang. Sie hantierte zornig und laut im Haus herum, bedachte alle Welt mit vernichtenden Blicken und sprach barsch mit Leuten, die Josiah aufsuchten. Sie weigerte sich strikt, ihrem Ehemann oder Dinny den Grund für ihren Groll zu nennen.
Josiah beobachtete sie nachdenklich. Als sie Ausflüchte erfand, um sich nicht mal in einem Raum mit Benedict aufhalten zu müssen, gab er sich nicht dem Irrglauben hin, sie täte es, um seinen Wünschen zu entsprechen. Hinter dieser lodernden Wut steckte etwas anderes. Und er hatte vor, herauszufinden, was.
Eines Tages stellte er sie zur Rede und verlangte auf seine gelangweilte, aber unerbittliche Art zu erfahren, was zwischen ihr und Benedict vorgefallen war.
Liza erstarrte. »Was meinst du? Nichts ist vorgefallen.«
Josiah widersprach mit seidiger Stimme und überzeugtem Ton. »Oh doch. Er hat deine Wut ausgelöst. Und ich will wissen, warum.«
Obwohl Liza die Worte zurückzuhalten versuchte, platzten sie wie Säure aus ihr heraus. »Weil er schon verheiratet ist, deshalb! Und er hat es mir nie gesagt. Wenn ich es gewusst hätte, wäre ich nicht zu ihm gegangen.«
»Was macht das schon? Du bist doch genauso verheiratet.«
Kurz hielt sie inne, bevor sie ihn mit einem traurigen Blick bedachte. »Ich fühle mich nicht verheiratet, Josiah. Und auch du benimmst dich nicht wie ein Ehemann. Also kann dich nicht schmerzen, was ich getan habe.«
Er atmete tief durch. Es schmerzte seinen Stolz. Sehr sogar. Allerdings hatte er nicht vor, ihr diese Schwäche zu gestehen. »Mit wem ist Caine verheiratet? Es muss jemand in England sein, oder? Hier hat er bestimmt noch keine infrage kommenden Frauen kennengelernt.«
»Was spielt es für eine Rolle, mit wem? Er ist verheiratet, und damit hat es sich!«
Als sie gehen wollte, packte er sie am Arm. »Sag mir, wer es ist, Liza!« Als er die Weigerung in ihrem Gesicht sah, fügte er eindringlich hinzu: »Eher verlässt du diesen Raum nicht.«
Einen Moment lang widersetzte sie sich noch, dann spie sie ihm entgegen: »Sie heißt Grace. Mehr weiß ich nicht. Und sie stammt aus einer Bauernfamilie, also gibt sie eine gute Ehefrau für einen Farmer ab.«
»Grace?« Josiah murmelte den Namen mehrmals, doch er sagte ihm nichts. Weder war er in die Verwaltung des Landbesitzes seines Vaters einbezogen gewesen, noch hatte er sich je darum geschert, die in der Umgebung lebenden Menschen kennenzulernen. »Ist das alles, was er über sie gesagt hat?«
»Reicht das nicht? Er hat mich ... hat mich nur benutzt.« Lizas Stimme schwoll an. »Ihr benutzt mich alle nur, und ich habe es so satt.«
»Nun ja, benutzt nicht du mich auch?« Angesichts ihrer verblüfften Miene zog er eine Augenbraue hoch. »Du hast mich benutzt, um deinem ersten Kind einen Namen zu geben. Und du wirst ihn auch für das zweite Kind verwenden.«
Als ihr seine Worte ins Bewusstsein sickerten, errötete sie, weil er recht hatte. Aber aus seinem Mund klang es so herzlos. Sie hatte es nicht berechnend getan, sondern war lediglich jung und allein gewesen und hatte verzweifelt für ihr Kind vorsorgen gewollt. Auch Catherine hatte sie benutzt. Die Frau hätte sie nicht in diese Ehe drängen dürfen.
»Kann ich davon ausgehen, dass du jetzt bereitwilliger bei mir bleiben wirst?«
Sie nickte und verschloss die Augen vor dem Triumphgesicht ihres Gemahls. Was konnte sie schon anderes tun, als zu bleiben? Demnächst würde sie zwei Kinder zu versorgen haben.
»Gut. Wir werden eine wunderbare Familie sein, nicht wahr? Aber Liza ...«
Als die einsetzende Pause zu lange andauerte, schaute sie auf. »Was?«
»Es darf nicht noch einmal vorkommen. Mit zwei Kindern bin ich rundum glücklich. Allerdings wäre ich sehr unglücklich, wenn sich herumspräche, dass meine Frau mich betrogen hat.«
»Ha! Es wird nicht noch einmal vorkommen. Nie wieder! Mit Männern bin ich fertig. Mit allen. Und wenn ich könnte, wäre ich auch mit dir fertig.« Die Hände in die Hüften gestemmt, funkelte sie ihn an.
Josiah lächelte. »Dann hätten wir das ja geklärt. Aber geh noch nicht. Wir müssen ein paar andere Dinge bereden.«
Liza ließ sich auf einen Stuhl plumpsen und rechnete mit einem weiteren Vortrag. Er schrieb ihr ständig vor, wie sie sich zu verhalten hatte. Tu dies nicht, tu das nicht! Sogar in den eigenen vier Wänden verlangte er von ihr, sich zu benehmen, als würde sie von hundert Leuten beobachtet.
Er nahm ihr gegenüber Platz und faltete die Hände. Dabei tippten die Zeigefinger aneinander, als führten sie ein Eigenleben. »Ich habe meine geschäftlichen Angelegenheiten geregelt. Um Cathies willen – oder eigentlich beider Kinder willen – halte ich es für das Beste, wenn du weißt, wie die Dinge stehen.«
Verwirrt sah sie ihn an.
»Ich bin im Begriff, mein Testament zu machen. Und ich beabsichtige, meinen gesamten Besitz meinen« – mit einem Grinsen korrigierte er sich – »unseren Kindern zu hinterlassen. Allerdings unter der Bedingung, dass du und sie noch bei mir leben, wenn es zum Tragen kommt.«
Völlige Stille trat ein. Liza starrte ihn finster an. »Und was ist mit mir?«
»Oh, bestimmt werden die Kinder ihre Mutter hinlänglich lieben, um sie anständig zu versorgen. Und glaub mir, ich habe nicht vor, allzu bald zu sterben.« Er spürte, dass er sich allmählich heimischer fühlte und sich mit dem Leben in einer australischen Kolonie abfand. Es mochte nicht dem entsprechen, was er sich ausgesucht hätte, aber es war besser als ursprünglich erwartet – oder würde es zumindest, wenn er weiter aufgestiegen wäre. Sobald er finanziell abgesichert wäre, könnte er vielleicht ein Haus in Perth erwerben und die meiste Zeit dort verbringen – natürlich würde er Liza und die Kinder auf der Farm belassen.
Sie saß da und dachte darüber nach, bevor sie den Kopf schüttelte. »Das ist nicht fair.«
»Wie meinst du das, es ist ›nicht fair‹? Was fällt dir ein, meine Entscheidung infrage zu stellen?«
»Ich bin hier diejenige, die hart arbeitet, nicht die Kinder. Wenn du nicht vorhast, mich in deinem Testament zu bedenken, dann wüsste ich nicht, warum ich überhaupt bei dir bleiben sollte.« Immerhin hatte sie nach wie vor das Geld von Catherine.
Josiah entschied sich für Nachsicht. »Weißt du, ich bin noch nicht unbedingt im Greisenalter. Es könnte ebenso gut sein, dass du vor mir stirbst.«
»Unfälle kommen vor.« Liza verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich möchte also, dass du deinen Besitz mir vermachst, Josiah. Das ist mein Preis dafür, dass ich bei dir bleibe und dir eine gute Ehefrau bin.«
Ihre Forderung empörte ihn. Alles einer gemeinen Trulle wie ihr hinterlassen? »Niemals!« Bei den Kindern hatte er zumindest die Chance, ihren Charakter zu formen, während sie heranwuchsen. Bei ihr würde immer ihre Herkunft durchschimmern.
Liza zuckte mit den Schultern. »Dann gehe ich und beginne allein ein neues Leben.«
»Das wirst du nicht.« Er erkannte Trotz in ihrem Gesichtsausdruck. »Wenn du es auch nur versuchst, behalte ich zusätzlich zu Cathie das neue Baby. Das Gesetz wird mich dabei unterstützen.«
Schiere Verzweiflung trieb sie dazu, alles auf eine Karte zu setzen. »Ach ja? Nun, wenn du jemals versuchst, mir die Kinder wegzunehmen, sorge ich für den größten Skandal, den die Kolonie je erlebt hat. Ich enthülle alles über dich. Dann werden wir ja sehen, wer die Kinder bekommt! Dir wird bestimmt nicht gefallen, wenn die Leute erfahren, dass du nicht in der Lage bist, ein richtiger Ehemann zu sein. Wirft man Männer wie dich nicht ins Gefängnis?« Das hatte Benedict ihr zu ihrem Schutz erzählt. Liza verspürte einen Anflug von Befriedigung über die plötzliche Wut im Gesicht ihres Gemahls, weil sie vermeinte, flüchtig etwas anderes dahinter erspäht zu haben. Ein Aufflackern von Angst.
Er holte scharf Luft. »Das kannst du nicht beweisen, du kleine Gossendirne!«
Liza tätschelte den noch flachen Bauch. »Ich kann beweisen, wer dieses Kind gezeugt hat.« Wut schwang knisternd in ihrer Stimme mit, als sie hinzufügte: »Und wozu beschimpfst du mich? Ich bin nicht, was du behauptest – und war es auch nie.« Kurz verstummte sie. Als sie fortfuhr, versuchte sie eindringlich, ihm ihre Sicht der Dinge begreiflich zu machen. »Ich versuche nur, für mich vorzusorgen, Josiah, verstehst du das denn nicht? Und außerdem, wenn du überzeugt davon bist, noch lange zu leben, was spielt es dann schon für eine Rolle, wem du deinen Besitz hinterlässt?«