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Der Abschluss der großen Australien-Saga!
Nach einem verheerenden Buschbrand steht die Familie Caine in Westaustralien vor den Trümmern ihres Lebens. Benedict und Liza setzen alles daran, die Farm wiederaufzubauen. Doch Liza fehlt ihre älteste Tochter Cathie, die nach England gereist ist, um mehr über ihre Vergangenheit zu erfahren und der Beschaulichkeit des Lebens in Australien zu entkommen. Deshalb macht sie sich mit ihrer jüngeren Tochter auf die Reise nach England, um Cathie zu finden.
Cathie ist überwältigt von der belebten, industriellen Atmosphäre in Lancashire, die im Gegensatz zu ihrem bisherigen Leben im australischen Outback steht. Während sie versucht, ihren leiblichen Vater zu finden, muss sie sich ein neues Leben aufbauen. Nach und nach entdeckt Cathie die Wahrheit über ihre Herkunft und findet dabei noch so viel mehr ...
Bewegend. Emotional. Fesselnd. Die neue Love-and-Landscape-Saga der Bestseller-Autorin Anna Jacobs vor der atemberaubenden Kulisse Australiens.
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»Anna Jacobs Bücher zeigen ein beeindruckendes Gespür für menschliche Gefühle.« Sunday Times, UK
»Eine packende Erzählstimme.« Sunday Star Times, NZ
»Jacobs ist eine Meisterin darin, lebhafte und einprägsame Charaktere zu erschaffen.« Booklist, USA
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Seitenzahl: 336
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Grußwort des Verlags
Über dieses Buch
Titel
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Epilog
Über die Autorin
Impressum
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Der Abschluss der großen Australien-Saga!
Nach einem verheerenden Buschbrand steht die Familie Caine in Westaustralien vor den Trümmern ihres Lebens. Benedict und Liza setzen alles daran, die Farm wiederaufzubauen. Doch Liza fehlt ihre älteste Tochter Cathie, die nach England gereist ist, um mehr über ihre Vergangenheit zu erfahren und der Beschaulichkeit des Lebens in Australien zu entkommen. Deshalb macht sie sich mit ihrer jüngeren Tochter auf die Reise nach England, um Cathie zu finden.
Cathie ist überwältigt von der belebten, industriellen Atmosphäre in Lancashire, die im Gegensatz zu ihrem bisherigen Leben im australischen Outback steht. Während sie versucht, ihren leiblichen Vater zu finden, muss sie sich ein neues Leben aufbauen. Nach und nach entdeckt Cathie die Wahrheit über ihre Herkunft und findet dabei noch so viel mehr ...
Bewegend. Emotional. Fesselnd. Die neue Love-and-Landscape-Saga der Bestseller-Autorin Anna Jacobs vor der atemberaubenden Kulisse Australiens.
Anna Jacobs
Töchter des Südsterns
Die Liebe unter neuen Sternen
Aus dem Englischen von Michael Krug
Juni
Eines Tages tauchte Dermott ohne Vorwarnung in Brookley auf. Er ritt mit der üblichen Unachtsamkeit auf einem Pferd, seine Frau und seine Söhne folgten hinter ihm in einem Wagen, gelenkt von einem Mann, den er für Hilfsarbeiten auf der Farm angeheuert hatte. Auch die junge irische Dienstmagd hatten sie als Unterstützung für Christina bei der Hausarbeit mitgenommen, die Gouvernante hingegen hatte lieber gekündigt, als in den Busch zu ziehen.
Am Ende des zweiten langen Reisetags mit einer Ehefrau, die abwechselnd Wutanfälle bekam und in Tränen ausbrach, fragte sich Dermott, wie er je auf die Idee gekommen war, auf dem Land zu leben. Eine Strecke, die sich in England oder sogar in Victoria mühelos an einem Tag hätte bewältigen lassen und die er mit Fiery Dan als Begleiter nicht weiter schlimm gefunden hatte, wurde mit einem Wagen und einer Frau, die sich unablässig über die Insekten, den Regen und den Mangel an Gasthöfen beschwerte, zu einer wahren Ausdauerprüfung.
Matthieu hatte geschrieben und mitgeteilt, dass die Farm ganz in der Nähe jener der Caines lag. Die Vorstellung empfand Dermott als pikant. Der Gedanke an Liza erinnerte ihn an seine Nichte, und plötzlich wurde ihm klar, wie sehr die Begegnung mit Cathie seine Einstellung gegenüber seiner Schwester verändert hatte. Er fragte sich, wie sie sich in England zurechtfinden würde. Zu seiner Überraschung hoffte er, dass es ihr gutging.
Dabei geriet ihm zu Bewusstsein, dass seine Schwester noch andere Kinder hatte. Zum ersten Mal fragte er sich, ob der Umgang mit ihnen genauso erfreulich sein würde wie der mit Cathie. Auf den Gedanken folgte eine finstere Miene. Schon wieder wurde er weich, und das ging nicht an. Was hätte sich Niall dafür über ihn lustig gemacht! Matthieu jedoch, der ein skrupelloser, erbitterter Kämpfer sein konnte, schien sich nicht daran zu stören, manchmal auch seine weiche Seite hervorzukehren. Der Mann war Dermott ein Rätsel. Ach, verdammt, das Leben selbst gab ihm Rätsel auf.
Als sie vor dem Gasthof in Brookley anhielten, trieb er sein Reittier näher zu seiner im Wagen sitzenden Frau, belustigt von dem angewiderten Ausdruck in ihrem Gesicht. »Wir sind da«, verkündete er unnötigerweise.
Christina starrte auf das Haus, in dem sie als junge Frau gelebt hatte, ehe sie einen mürrischen Blick über die Siedlung wandern ließ, die um den Gasthof herum entstanden war. »Hat sich nicht groß verändert«, meinte sie, bevor sie mit vor Wut zitternder Stimme hinzufügte: »Wieso tust du mir das an, Dermott Docherty? Wir müssen nicht an einem solchen Ort leben!«
»Ach, halt die Klappe, Eheweib! Ich kann dein Gezeter nicht mehr hören.« Er deutete mit dem Kopf auf den Gasthof. »Willst du nicht reingehen und deine Ma begrüßen?«
Sie rührte sich nicht. »Ich habe dir wieder und wieder gesagt, dass ich niemandem aus meiner Vergangenheit begegnen will.«
Er beugte sich zur Seite und packte sie an der Schulter. »Tja, aber ich will meine Schwiegermutter kennenlernen. Entweder steigst du jetzt selbst vom Wagen, oder ich zerre dich herunter.«
Kurz sahen sie sich gegenseitig in die Augen, dann schnaubte sie, raffte die Röcke und begann, von dem Gefährt zu klettern.
Dermott bewunderte ihre wohlgeformten Beine, bis sie auf dem Boden stand. Er stieg selbst ab und trat neben sie. »Dann mal los.«
Aber als sie die Röcke glatt strich, erkannte er die Anspannung in ihrem Gesicht. »Du bist nervös!«, entfuhr es ihm überrascht.
»Na ja, selbstverständlich bin ich das. Meine Mutter könnte sich weigern, mit mir zu reden.«
Er nahm ihren Arm, hängte ihn bei sich ein und tätschelte ihre Hand. »Wir machen das zusammen.« Als ihm Christina ein dankbares Lächeln schenkte, wünschte er unverhofft, sie würde öfter eines aufsetzen. So sah sie nämlich beinah hübsch aus. Unterwegs stockten seine Schritte kurz, und er schüttelte leicht den Kopf. Schon wieder ein verweichlichter Augenblick. Es ging nicht an, Christina freundlich zu behandeln, sonst nutzte sie es prompt aus und wollte das Ruder an sich reißen. Nur ... waren ihre Augen vom Weinen so gerötet, und sie wirkte todunglücklich darüber, dass sie an diesem Ort leben sollte. Es gefiel ihm nicht, sie so zu sehen. Auf ihre Weise war sie ihm eine gute Ehefrau.
Als sie den Gasthof betraten, schaute Dorothy auf, schnappte nach Luft, wurde kreidebleich und klammerte sich an der Theke fest, als stünde sie kurz vor einer Ohnmacht.
Mit einem leisen Fluch ließ Dermott seine Ehefrau los und eilte zu der älteren Dame, um sie zu stützen. »Geht es Ihnen gut, Ma’am?« Seine Schwiegermutter erwies sich als leicht, als sie wortlos gegen ihn sank, die Glieder erschlafft, als wäre schlagartig alle Kraft aus ihnen entwichen.
Als Christina zu den beiden ging, fand sie, dass sich ihre Mutter besser als erwartet gehalten hatte, nur sah sie mittlerweile wie eine Frau der Arbeiterklasse statt wie eine Dame der besseren Gesellschaft aus, was ihr überhaupt nicht gefiel. »Tut mir leid, dass ich dich so überrumpelt habe, Mutter. Komm und setz dich kurz.«
Ein entsetzter Ruf ertönte. Ein kleiner Mann kam angerannt, legte den Arm um Dorothys Schultern und verlangte wütend zu erfahren: »Was haben Sie mit ihr gemacht?«
Dorothy hob den Kopf. »Ist schon gut, Jack. Ich bin nur ... albern.« Sie starrte ihre Tochter an. »Bist das du, Kitty? Bist du es wirklich?«
»Natürlich bin ich es.« Sie beugte sich vor und hauchte einen Kuss in die Luft vor der Wange ihrer Mutter. »Obwohl man mich mittlerweile Christina nennt. Das gefällt mir besser. Keine Ahnung, warum du dir überhaupt je einen Spitznamen für mich hast einfallen lassen.« Sie deutete auf den stämmigen Mann neben ihr. »Das ist mein Ehemann Dermott Docherty. Lizas Bruder.«
Er nickte und streckte eine riesige Hand aus.
Dorothy starrte ihn mit offenem Mund an, riss sich jedoch schnell ausreichend zusammen, um die Hand kurz zu schütteln und rasch wieder loszulassen.
»Außerdem habe ich zwei Söhne, du bist also Großmutter. James und Charlie warten draußen.« Christina rang sich ein Lächeln ab. »Weißt du, ich war mir nicht sicher, ob du mir verzeihen würdest.«
»Ach Kitty, Liebling!« Dorothy breitete die Arme aus. Nach kurzem Zögern ließ sich Christina umarmen, zog sich jedoch zurück, sobald sie konnte.
Dorothy erinnerte sich noch von früher daran, dass ihre Tochter es nicht mochte, geherzt zu werden. »Könnten wir die Jungen vielleicht hereinholen? Ich würde sie so gern kennenlernen.«
Dermott schlenderte zur Tür hinüber. »Ich hole sie.«
Mit ausdrucksloser Miene schaute ihm Jack nach, bevor er sich seiner geröteten Ehefrau zudrehte, die nach wie vor Tränen in den Augen hatte. »Setzt du dich hin, Liebling. Ich mache uns allen eine schöne Tasse Tee.«
»Danke.« Dorothys Blick blieb auf die Tür geheftet. Als die beiden Jungen eintraten, klatschte sie sich die Hand auf den Mund und blinzelte heftig, um sie nicht durch neuerliche Tränen in Verlegenheit zu bringen. »Sie sehen deinem Vater so ähnlich«, flüsterte sie ihrer Tochter zu. »Beide haben sein Haar und seinen Mund.«
Christina drehte den Kopf und starrte ihre Söhne an. »Da könntest du recht haben. James, Charlie, das ist eure Großmutter. Ich habe euch ja gesagt, dass wir ihr begegnen würden, nicht wahr?«
Die beiden Jungen näherten sich, achteten jedoch darauf, außer Reichweite der ausgestreckten Arme ihrer Großmutter zu bleiben.
»Wir sind inzwischen zu groß für Küsse und so«, erklärte James.
Dorothy ließ die Arme sinken. Als sich Jack räusperte, drehte sie sich um und lächelte ihn an. »Entschuldige, Liebster. Kit... Christina, das ist mein Mann Jack Bennett. Wir, äh, betreiben den Gasthof gemeinsam. Brookley ist mittlerweile zu einer aufblühenden kleinen Gemeinde geworden.«
Christine bedachte Jack, eindeutig ein Mann der Arbeiterklasse, mit einem kühlen Nicken und machte keine Anstalten, seine ausgestreckte Hand zu ergreifen. »Was ist aus meinem Vater geworden?«
»Er ist gestorben. Tatsächlich an dem Tag, an dem du verschwunden bist.«
»Oh! Oh nein!« Christina riss beide Hände an den Mund. »Und ich wusste nichts davon.«
Dermott legte den Arm um sie und zog sie tröstend an sich. »Wenn wir es nur gewusst hätten. Wir hätten bleiben und dir helfen können, Ma – macht dir doch nichts aus, wenn ich dich so nenne, Schwiegermutter, oder? Jedenfalls waren wir damals so voneinander angetan, dass wir nicht klar gedacht haben.« Er bohrte den Ellbogen mit Nachdruck von der Seite ins Korsett seiner Frau. »Nicht wahr, Schatz?«
»Nein.« Unverhofft tauchte alles aus jener Nacht aus ihrem Gedächtnis auf – wie er sich ihr aufgezwungen und sie danach überredet hatte, mit ihm im Mondschein durchzubrennen. Und sie hatte damals so verzweifelt weggewollt, dass sie eingewilligt hatte. Sie sah sich um und fragte sich, was wohl aus ihr geworden wäre, wenn sie Dermott nicht kennengelernt hätte. Himmel, sie wäre vielleicht durchgehend an diesem Ort geblieben! Eine spontane Eingebung bewog sie, sich bei ihm einzuhaken und seinen Arm zu drücken.
Dorothy schien den Tränen nach wie vor sehr nah zu sein. »Ach, Kitty, warum bist du eigentlich weggelaufen? Warum hast du mir nicht gesagt, dass du jemanden kennengelernt hast?«
»Bitte nenn mich Christina. Immerhin hast du mir den Namen ursprünglich gegeben.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich bin deshalb durchgebrannt, weil ich befürchtet habe, Vater könnte mich davon abhalten wollen, Dermott zu heiraten, weil er kein Mann der besseren Gesellschaft war. Du weißt ja, wie starrsinnig er bei manchen Dingen sein konnte.«
»Ja.« Mit wässrigen Augen lächelte Dorothy. »Ich habe nie die Hoffnung aufgegeben, dass du irgendwann zurückkommst – und jetzt hast du es getan. Oh, ich bin so froh darüber, mein Schatz, so glücklich. Du musst mir alles erzählen und dann ...«
»Dafür haben wir reichlich Zeit, Ma«, fiel Dermott ihr ins Wort. »Wir bleiben eine Zeit lang in der Gegend, weil wir die Bailey-Farm gekauft haben. Ich dachte mir, das wäre gut für die Jungs – ein gesundes Leben auf dem Land in der Nähe ihrer Großmutter.« Er schaute durch die Küchentür, beobachtete den mickrigen Mann beim Zubereiten von Tee und fragte sich, warum sich seine Schwiegermutter niemand Besseren als diesen Knirps gesucht hatte, der ihm kaum bis zu den Schultern reichte.
Beide Schwiegereltern starrten ihn an. »Du hast die Bailey-Farm gekauft?«, entfuhr es Jack. »Was macht dann Mr Correntin dort?«
»Matthieu und ich sind Geschäftspartner. Er hat für mich ein Auge auf sie.«
»Du interessierst dich für Landwirtschaft?«, fragte Jack.
»Nein, kein bisschen! Für die Arbeit draußen habe ich einen Mann mitgebracht. Obwohl ich die meisten Dinge selbst hinbekomme, wenn es sein muss. Mir fehlt’s nicht an Kleingeld, aber die vergangenen Jahre bin ich sehr umtriebig gewesen, und mir ist danach, es ein Weilchen ruhiger anzugehen.«
»Du bist Matthieu Correntins Geschäftspartner?«, meldete sich Dorothy zu Wort, die immer noch zu verarbeiten versuchte, was Dermott in der Gegend wollte. »Warum hat er mir nichts davon gesagt?«
»Er weiß nicht, dass Christina deine Tochter ist. Bekommst du ihn oft zu sehen?«
»Gelegentlich isst er hier. Er ist allzeit sehr freundlich.«
Dermott schmunzelte. »So sind die Franzmänner, immer charmant zu den Damen. Ich fürchte, mich wirst du im Vergleich zu ihm ein bisschen unverblümter finden, Ma.«
Sie runzelte die Stirn. »Und du bist Lizas Bruder?«
»Aye. Ich weiß, dass sie nicht viel von mir hält – na ja, früher war ich auch ein etwas rauer Bursche. Aber jetzt hoffe ich, die Dinge zwischen uns wieder in Ordnung zu bringen.«
Sein Lächeln glich der Fratze eines Wolfs beim Anpirschen an einen besonderen Leckerbissen.
Dorothy kannte die vollständige Geschichte darüber, wie und warum Liza versehentlich ihren Bruder getötet hatte. Sie grübelte noch, was ihre pingelige Tochter dazu bewogen hatte, einen solchen Mann zu heiraten. Spontan beschloss sie, einen Boten nach Lizabrook zu schicken, sobald die Neuankömmlinge zu ihrer Farm aufgebrochen wären. Sie musste Benedict warnen, der eben erst zurückgekommen war, nachdem er seine Frau und seine Tochter beim Küstenboot in Fremantle abgesetzt hatte – nur für den Fall, dass Dermott vorhatte, noch mehr Ärger zu stiften. Himmel, der Mann war groß und kräftig, und so, wie sein Gesicht und seine Fäuste aussahen, hatte er wohl schon so manchen Kampf ausgetragen!
Sie wollte auf keinen Fall diejenige sein, die Dermott mitteilte, dass seine Schwester nach England aufgebrochen war. Rasch warf sie ihrem Ehemann einen kurzen warnenden Blick zu und schüttelte unauffällig den Kopf. Wie üblich nickte er zustimmend. Er vermochte, ihre Gedanken auf eine Weise zu lesen, wie Andrew es nie gekonnt oder gewollt hatte. Manch einer behauptete vielleicht, Jack wäre unter ihrer Würde, doch sie war glücklich mit ihm und hatte es nie bereut, ihn geheiratet zu haben.
Sie sah wieder ihre Tochter an, die einen verdrossenen Ausdruck im Gesicht hatte und den Eindruck erweckte, sie hätte unlängst geweint. In der Hinsicht hatte sich offenbar nichts geändert. Die arme Kitty – oder vielmehr Christina – schien einfach nicht dafür geschaffen zu sein, glücklich zu werden. Dorothy machte sich hastig daran, ihren Gästen eine Mahlzeit zu kredenzen. Sie war stolz auf den Tisch, den sie deckte, und erfreut über die Anerkennung, die ihre Enkel und ihr Schwiegersohn für das Essen zum Ausdruck brachten. Ihre Tochter jedoch rührte es kaum an, und wenn sie nicht gerade redete, saß sie nur da und sah sich bedrückt um. Dermott aß umso mehr und wog die Einsilbigkeit seiner Frau auf, indem er unbekümmert über dies und jenes sprach, überwiegend davon, wie er sein Vermögen gemacht hatte. Er schien von der aufdringlichen Sorte zu sein und erinnerte Dorothy stark an seinen Vater Con. Ihn hatte sie noch deutlich aus der Zeit im Gedächtnis, zu der Liza ursprünglich als Dienstmädchen für sie und ihren ersten Ehemann in Lancashire gearbeitet hatte. Damals war Con Docherty regelmäßig aufgekreuzt, um Lizas Lohn abzuholen.
Als die Gäste gingen, stand Dorothy winkend da, bis der Wagen außer Sicht gerollt war. Dann drehte sie sich abrupt Jack zu und sagte: »Wir sollten Benedict warnen, dass dieser Mann hier ist. Fragst du den jungen Pete von nebenan, ob er für mich eine Nachricht nach Lizabrook bringt?« Während sich Jack darum kümmerte, holte sie ihr Tintenfass hervor und kritzelte hastig eine Mitteilung, in der sie erklärte, was sich ereignet hatte.
So leutselig sich Dermott Docherty ihr gegenüber auch verhalten hatte, sie hatte sich nicht für ihn erwärmt. Wie konnte sich ihre hübsche, wählerische Kitty in einen solchen Kerl verliebt haben? Noch dazu auf den ersten Blick? Das ergab für sie keinen Sinn. Nein, ihre Tochter konnte ihn nur wegen Geld geheiratet haben – und um Brookley zu entkommen.
Aber selbst das hatte sie nicht glücklich werden lassen.
Dann dachte Dorothy an ihre beiden Enkel und lächelte. Nun, zumindest hatte sich etwas Gutes aus all dem ergeben. Sie hoffte, die Jungen würden oft zu Besuch kommen. Dorothy hatte sich schon lange nach Enkelkindern gesehnt. Vielleicht wäre es noch nicht zu spät, eine Rolle in ihrem Leben zu spielen.
Als der Junge von nebenan in Lizabrook eintraf, keuchte er von dem Lauf über den holprigen Weg und erklärte, Mrs Bennett hätte ihm aufgetragen, die Nachricht so schnell wie möglich zu überbringen und auf eine Antwort zu warten. Benedict nahm sie lustlos entgegen. Ohne Lizas fröhliche Stimme und Gegenwart erschien ihm die Umgebung bereits trist und leer. Mittlerweile würden sich sie und Josie auf dem Meer befinden und sich jeden Tag weiter von ihm entfernen. Er hatte bis zur letzten Minute gehofft, sie würde es sich anders überlegen. Aber obwohl sie beim Abschied geweint hatte, war sie an Bord des Schiffs gegangen.
Er versteifte sich, als er las, was ihre Freundin geschrieben hatte. Dermott Docherty in Brookley! Wenn der Bursche genug Geld besessen hatte, um die Farm der Baileys zu kaufen, musste er es finanziell zu etwas gebracht haben. Was Benedict umso saurer aufstieß, weil Liza und er seit dem Brand schwer zu kämpfen hatten und er ein weiteres Schmuckstück von Josiahs erster Ehefrau hatte verkaufen müssen, um diese Reise nach England zu bezahlen.
Das Buschfeuer musste von Dermott gelegt worden sein – wer sonst könnte es gewesen sein? Nun, diesmal war Benedict vorgewarnt. Mittlerweile schützten mächtige Feuerschneisen die Farm und die Möbelwerkstatt. Zudem hatte Dinny ihr Volk gebeten, das Kommen und Gehen in der Nähe zu beobachten. Als Gegenleistung für die Gefälligkeit hatte sie Lebensmittel angeboten. Und obwohl sich Brendan sehr gut mit Correntin verstand, würde Dinnys Sohn nicht zulassen, dass seiner Mutter oder anderen Menschen auf dem Gehöft etwas zustieße, davon war Benedict überzeugt.
Nach kurzer Überlegung schickte er eine Antwort an Dorothy, bevor er losging, um Dinny und Fergal zu warnen und aufzufordern, noch wachsamer zu sein. Zu dritt setzten sie sich auf die neue Veranda der O’Riordans, die das kleine Gewässer überblickte, das sie dem Sumpfland mit so viel Mühe abgerungen hatten. Vielleicht würde sich Benedict in Lizas Abwesenheit ins Zeug legen und den See vergrößern.
»Ich hätte nie gedacht, ich könnte mal froh darüber sein, dass Liza weg ist«, sagte er grimmig. »Aber im Augenblick bin ich es.«
»Ich auch«, pflichtete Dinny ihm leise bei. Sie würde nie den Tag vergessen, an dem Niall Docherty versucht hatte, sie zu vergewaltigen, und Dermott nur grinsend zugesehen hatte. Liza hatte Dinny damals gerettet und dabei versehentlich ihren eigenen Bruder getötet. Danach hatte Liza den anderen Bruder vertrieben. »Warum ist dieser Mann hierher zurückgekommen? Dieses Land bedeutet ihm nichts. Er kann doch nach all der Zeit nicht immer noch vorhaben, sich an mir zu rächen, oder?«
Fergal legte ihr den Arm um die Schultern. »Jetzt bist du nicht mehr allein, Schatz. Ich lasse nicht zu, dass er dich auch nur anrührt.« Dann sah er sie und Benedict an, die Brauen nachdenklich zusammengezogen. »Es gibt keinen Beweis dafür, dass er die Brände gelegt hat. Könnte es nicht sein, dass er wirklich für eine Versöhnung hergekommen ist, wie er es Dorothy erzählt hat?«
Benedict warf Fergal einen milden Blick zu. Sein Freund besaß ein weiches Herz und ein idealistisches Wesen – er glaubte immer an das Beste in den Menschen. Genau das hatte damals in Irland zu einem Verrat an ihm und dazu geführt, dass er wegen seiner politischen Umtriebe in Schwierigkeiten mit dem englischen Gesetz geraten war. So war er als Sträfling in Australien gelandet. Seit Fergal die Freiheit zurückerlangt hatte, verließ er das Gehöft so gut wie nie und lebte nun nur noch für seine Familie.
»Ich gehe besser und teile Ilse und Agnes unsere Befürchtungen mit«, entschied Benedict. »Auch sie müssen auf der Hut sein. Ilse hat sich schon mehrmals mit diesem Correntin getroffen, und Agnes glaubt, sie ist recht eingenommen von ihm.« Damit nickte er den beiden zu und ging.
Ilse sah ihren Arbeitgeber eindringlich an, während er mit ihr und Agnes sprach. Er klang forscher, mehr wie der alte Benedict Caine, den sie kennengelernt hatte, als sie ursprünglich zur Arbeit auf dem Gehöft eingetroffen war. Damals war er so energiegeladen und entschlossen gewesen – und fröhlicher. Seit den Bränden war er aufbrausend und barsch geworden. Oft wirkte er nicht nur niedergeschlagen, sondern auch erschöpft. Nach der Rückkehr von der Fahrt mit Liza nach Fremantle hatte er so traurig ausgesehen, dass sie Mitleid mit ihm empfunden hatte. Nun konnte sie beobachten, wie die schwache Glut in ihm zu einer Feuersbrunst aufflammte, und sie erahnte, wie er als junger Mann gewesen sein musste, der um die Welt gesegelt war, um sich in den Kolonien ein Stück Land zu eigen zu machen.
Später an jenem Abend stand Benedict allein am Wasser, fest entschlossen, sich von Dermott Docherty nicht wegnehmen zu lassen, was sie sich über Jahre mit harter Arbeit verdient hatten. Er hörte, wie sich ihm in der Dunkelheit jemand näherte. Als er sich umdrehte, sah er seine älteren Söhne auf sich zukommen. Sie stellten sich neben ihn, einer auf jede Seite, mittlerweile beide fast so groß wie er.
»Lucas, Seth«, grüßte er sie.
»Wir sind alt genug, um zu helfen, Pa«, sagte Lucas. »Wenn Mutters Bruder hergekommen ist, um Unruhe zu stiften, musst du dich ihm nicht allein stellen.«
Benedict legte beiden einen Arm um die Schultern und empfand Stolz, während er zwischen seinen strammen Söhnen stand. Eine Weile verharrten sie schweigend beisammen, und der leichte Schmerz in seiner Brust ließ nach. Mit solchen Söhnen konnte ein Mann alles vollbringen. Und Liza würde im Verlauf des Jahrs zurückkommen. Die Zeit bis dahin würde er nutzen, um die Lage auf dem Gehöft für sie zu verbessern.
Als Matthieu das Geräusch von Rädern und Pferdehufen hörte und nachsah, wer sich näherte, stieß er einen leisen Fluch aus. Dermott würde vor Wut schäumen, sobald er erfuhr, dass seine Schwester bereits nach England abgereist war. Und Matthieu hatte immer noch keine Entscheidung darüber getroffen, was er mit sich anfangen wollte.
Seit ein, zwei Tagen kämpfte er gegen den Drang an, Ilse zu besuchen, denn bei einer ehrbaren Frau konnten regelmäßige Treffen nur zu einem Ergebnis führen, und er wollte nicht heiraten. Zumindest glaubte er das. Sicher konnte er sich in letzter Zeit kaum noch einer Sache sein.
Er atmete tief durch und setzte sich in Bewegung, um die Familie Docherty zu begrüßen. »Also hast du entschieden, dir endlich deinen Besitz anzusehen, ja?«
Christina würdigte ihn nach einem ersten flüchtigen Blick keines weiteren. Stattdessen sah sie sich angewidert um und wandte sich an ihren Ehemann. »Hier ist es ja noch schlimmer als in Brookley, Dermott Docherty. Ich werde dir nie verzeihen, dass du mich hergeschleift hast!« Ohne seine Hilfe stieg sie vom Wagen, stürmte ins Haus und ignorierte Matthieu völlig.
Dermott grinste ihn an und verdrehte die Augen himmelwärts. »Weiber!«
Die beiden Jungen rutschten ebenfalls vom Wagen und begannen, die Umgebung zu erkunden und einander dabei zuzurufen. Die Dienstmagd blieb im Fahrzeug. Sie sah sich mit fast genauso bestürzter Miene wie ihre Herrin um.
»Ich habe nicht damit gerechnet, dass du so bald auftauchen würdest, mon ami.« Matthieu verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an einen Verandapfosten.
Dermott schwang sich vom Pferd. »Tja, ich hatte gerade nichts Besseres zu tun.«
Beim Abladen des Gepäcks feuerte Christina eine Reihe von Forderungen auf ihren Gemahl ab – Holz und Seil für mehr Betten, Bänke für drinnen und draußen, einen weiteren Tisch. »Irgendwo in der Gegend muss es jemanden geben, der Möbel zusammenschustern kann, denn ich weiß, dass dir jedes Geschick für das Tischlerhandwerk fehlt.«
»Benedict Caine baut schöne Möbel«, merkte Matthieu leise an.
Dermott grinste. »Da haben wir’s schon. Und deine Mutter laden wir demnächst zum Tee ein.«
»Oh nein, nicht, bis ich hier Ordnung geschaffen habe. Die Jungs werden ein, zwei Tage auf dem Boden schlafen müssen.«
»Bevor du etwas entscheidest«, wandte sich Matthieu mit ruhiger Stimme an Dermott, »musst du etwas wissen, mon ami. Deine Schwester ist vor ein paar Tagen nach England aufgebrochen.«
Dermott erstarrte. »Bist du sicher?«
»Ganz sicher.«
»Warum hat Christinas Mutter uns nichts davon gesagt?«
»Wahrscheinlich hat ihre Gedanken mehr das Wiedersehen ihrer Tochter beschäftigt.«
Ohne ein weiteres Wort wirbelte Dermott herum und stürmte ins Haus. Er kramte durch die über den Boden verstreuten Körbe mit Vorräten, holte schließlich eine Flasche Rum daraus hervor, entstöpselte sie und trank einen Schluck. Danach wandte er sich an Matthieu. »Führ mich herum, ja?«
Christina öffnete den Mund, wollte protestieren, dass sie seine Hilfe brauchte, dann jedoch schloss sie ihn wieder und musterte ihn nachdenklich. Könnte die Neuigkeit seine Meinung darüber ändern, an diesem Ort leben zu wollen?
Dermott blieb über eine Stunde fort. Mittlerweile war Christina zum Schreien zumute, und sie zog sich ins Schlafzimmer zurück, um sich weinend aufs Bett zu legen.
Als ihr Ehemann schließlich zu ihr kam, wirkte er nachdenklich. »Was soll ich nur mit dir machen, Weib?«
Die Kissen dämpften ihre Antwort.
Er berührte sie an der Schulter. Als sie seine Hand abschütteln wollte, drehte er sie kraftvoll um und blickte ihr in die verquollenen Augen. »So schlimm, ja?«
Sie nickte. »In mir steigt wieder auf, wie unglücklich ich früher hier war.«
»Ach, du dummes Frauenzimmer. Wir hatten doch nie vor, lange zu bleiben, oder?«
»Ich will gar nicht bleiben.«
Und so traf er eine weitere seiner impulsiven Entscheidungen. »Dann tun wir es nicht. Morgen reisen wir zurück nach Perth.«
Sie schluckte und starrte ihn an. »Meinst du das wirklich ernst?«
Er nickte. »Und danach geht es weiter nach England.«
Sie glotzte ihn an, als könnte sie nicht glauben, was sie gehört hatte. Dann schlang sie die Arme um ihn und brach erneut in Tränen aus. »Oh Dermott, danke, danke!«
»Wieso zum Teufel heulst du jetzt wieder?«
»Weil ich so glücklich bin.«
Er wiegte sie eine Zeit lang, tätschelte ihr die Schulter und grübelte indes über seine Entscheidung. Sie war schon eine ganze Weile unglücklich. Und obwohl er gern der Herr im Haus war, was sich mit Christina nicht immer einfach gestaltete, gefiel es ihm nicht, sie so zutiefst aufgelöst zu erleben. Er hatte sich auf der sogenannten Farm umgesehen, die für ihn eher einer vermaledeiten Hütte mitten in der Wildnis ähnelte. Das Haus hatte man schlicht gebaut. Von Gummibäumen hatten sich Setzlinge auf den Weiden ausgebreitet, die wieder gerodet werden mussten. Die Gärten bildeten ein Gewirr abgestorbener Pflanzen, abgesehen von einem neuen Fleck, den Matthieu geräumt hatte. Insgesamt stellte das Grundstück eine große Enttäuschung für ihn dar. So hatte er es sich nicht vorgestellt. Natürlich hatte er es spottbillig erworben und würde wahrscheinlich keinen Verlust einfahren, wenn er es verkaufte. In Victoria hatte er richtige Gehöfte gesehen, Landgüter, auf die man stolz sein konnte. Hier im Westen hingegen hatte man noch kaum begonnen, die Landschaft zu zähmen.
Und obendrein war seine Schwester nicht hier, um sie zu quälen. Das nahm der Anwesenheit an diesem Ort den letzten Reiz.
Er hielt Christina an den bebenden Schultern. Ja, seine Entscheidung war richtig. Es würde nicht schaden, die alte Heimat wiederzusehen, bevor er herausfände, was er mit dem Rest seines Lebens anstellen wollte. Knapp zwanzig Jahre lang hatte er sich darauf konzentriert, es zu Wohlstand zu bringen. Nun, da er das erreicht hatte, hing sein Herz nicht mehr wirklich am Handel. Er würde eine andere Beschäftigung finden müssen, und Perth war kein Ort, an dem er sesshaft werden wollte. Mit Abstand zu klein. Eine Hauptstadt? In seinen Augen eher ein besseres Dorf.
Er senkte den Blick. Die Freude in Christinas an ihn geschmiegtem Gesicht gefiel ihm. »Überleg dir besser, was du mitnehmen und was du zurücklassen willst. Ich werde nicht warten. Wir brechen im Morgengrauen auf, bis dahin muss alles bereit sein. Und wenn wir in England sind, besuchen wir deine dämliche Tante, von der du immer faselst.« Entschlossen schob er sie von sich. »Jetzt muss ich ein paar Dinge mit Matthieu besprechen. Fang du an, wieder zu packen.«
Sein Partner stand an einem baufälligen Zaun, den jeder Trottel hätte niederreißen können, indem er sich einfach darauf lehnte. Mit finsterer Miene sah sich Dermott um. Von all seinen impulsiven Entscheidungen war diese die schlechteste gewesen. »Ich möchte, dass du den Ort hier für mich verkaufst, während ich weg bin. Er ist nutzlos für mich. Wir folgen meinem Miststück von einer Schwester nach England.«
Matthieu bedachte ihn mit einem langen, gemessenen Blick. »Vielleicht bin ich selbst daran interessiert, die Farm zu kaufen. Ich gebe dir dafür zehn Prozent mehr, als du bezahlt hast, mehr nicht. Wenn ich sie nicht nehme – ich habe mich noch nicht entschieden –, verkaufe ich sie dir für zehn Prozent Provision.« Zu seiner Überraschung hatte es ihn gestört, Dermott so besitzergreifend über das Gelände laufen zu sehen.
»Einverstanden!«, erwiderte sein Partner prompt.
Weiter ließ Matthieu die Gedanken vorerst nicht vorausplanen. Einen Schritt nach dem anderen. Zuerst würde er Ilse besser kennenlernen und ihren Arbeitgeber von seinen freundlichen Absichten überzeugen.
Erst als er sich in jener Nacht schlafen legte, gestand er sich ein, was die Entscheidung, zu bleiben, in Wirklichkeit bedeutete – Ilse zu heiraten, so sie ihn haben wollte.
Er träumte davon, ihre kühle Haut zu wärmen, mit den Fingern durch ihr weiches blondes Haar zu fahren und ihr in die blauen Augen zu lächeln.
Als er im Morgengrauen erwachte, erwartete ihn das geschäftige Treiben der Abreise der Dochertys, und er war froh, dass sie gingen.
Christina erfüllte der Gedanke an die Rückkehr nach England mit solcher Freude, dass sie den restlichen Tag damit verbrachte, glücklich auszusortieren, was sich noch auf dem Wagen befand. Während sie die Kleidung und die Habseligkeiten der Jungen betrachtete, wurde sie nachdenklich. Es würde kein Vergnügen werden, sie auf einer so langen Reise zu beaufsichtigen, weil sie lebhafte Burschen waren und ständig Unsinn im Kopf hatten. Dermott ging damit normalerweise um, als wäre es ein großer Witz, nur andere Leute würden ihre Possen nicht so unterhaltsam finden.
Als die Sonne am Himmel tiefer sank, stand sie da und beobachtete, wie sich die Jungs gegenseitig schubsten und schreiend herumrannten. Aber als Matthieu in den großen Wohnbereich kam, sah sie, wie leicht er sich mit James und Charlie tat, sie dazu brachte, sich zu setzen und still Brot und kaltes Kängurufleisch zu essen.
Als Christina draußen Dermotts Stimme hörte, ging sie zu ihm. »Ich habe eine Idee, über die ich mit dir reden möchte.«
»Aber ich bin hungrig.«
»Es ist wichtig und wird nicht lange dauern. Komm mit!« Sie zog an seinem Arm und blieb erst stehen, als sie sich außer Hörweite des Hauses befanden. »Ich habe über die Jungs nachgedacht. Sie werden uns auf der Reise nach England in den Wahnsinn treiben. Warum bitten wir nicht meine Mutter, ein Jahr oder so auf sie aufzupassen? Sie wäre begeistert, und man sieht ihr an, wie knapp sie bei Kasse ist. Das verrät allein die grauenhafte Kleidung, die sie trägt!« Christina schauderte. »Außerdem ist Matthieu hier und kann für uns ein Auge auf sie haben. Er mag sie sehr und sie ihn. Das würde uns eine Menge Ärger ersparen.«
Als Dermott nichts erwiderte, wartete sie kurz, bevor sie überzeugend fortfuhr. »Wenn wir meine Tante für uns einnehmen und sicherstellen wollen, dass sie mir ihr Geld hinterlässt, sollten die Jungs besser nicht bei ihr herumtoben. Sie ist ausgesprochen pingelig mit ihrem Haus und Garten. Und du weißt ja, was für ein Chaos sie immer anrichten und welchen Lärm sie machen.«
Dermott kaute nachdenklich auf der Innenseite der Wange, während er überlegte, ohne zu bemerken, dass sie stehen geblieben waren und Christina sichtlich ungeduldig seiner Antwort harrte. »Wir müssten zu deiner Mutter und mit ihr reden, bevor wir etwas zu ihnen sagen.« Ihm kam ebenso wenig wie seiner Frau in den Sinn, die Jungen zu fragen, ob sie überhaupt bleiben wollten.
Christina umarmte ihn. »Wie wunderbar! Ach, Dermott, ich kann gar nicht fassen, dass das endlich passiert.« Sie drehte ihn im Kreis und lachte ihm entgegen.
Er grinste sie an. »Ach, du einfältiges Frauenzimmer! Das Leben in England wird nicht perfekt sein.«
»Aber besser als das hier.« Die Jungen könnten später nachkommen, wenn sie etwas älter wären. Matthieu würde schon jemanden finden, der sie nach England begleitete. Das wurde ständig gemacht.
Christina spürte, wie sich tiefe Befriedigung in ihr einnistete. Es war der falsche Zeitpunkt, um Dermott mitzuteilen, dass sie unumstößlich entschlossen war, in England zu bleiben. Ihre Tante Nora, mittlerweile eine wohlhabende Witwe ohne eigene Kinder, würde sie dabei bestimmt unterstützen. Sie schrieben einander regelmäßig, und die Frau hatte schon mehrmals angeboten, ihnen einen Besuch in England zu bezahlen.
Ohne Christinas dummen, starrköpfigen Vater hätte sie schon vor so vielen Jahren bei ihrer Tante leben können, statt nach Australien auszuwandern. Sie hätte einen gebildeten Gentleman statt Dermott Docherty heiraten können – obwohl er auch seine guten Seiten besaß und sie ihn mit der Zeit liebgewonnen hatte. Aber nein, ihr Vater hatte darauf bestanden, dass alle Pringles zusammen in die Kolonien mussten. Und wozu hatte es geführt? Ihre Mutter betrieb einen Gasthof und war mit einem mehr als gewöhnlichen Kerl verheiratet.
Brendan war besorgt. Wenn diese Neuankömmlinge auf der Bailey-Farm blieben, würde Matthieu dann noch Zeit für ihn haben? Er beschloss, ihn zu besuchen, und vergaß, Benedict mitzuteilen, dass er an diesem Tag nicht arbeiten würde. Weil er schlecht geschlafen hatte, stand er vor Sonnenaufgang auf. Er wusste, dass sich auch Matthieu oft früh aus den Federn erhob.
Bevor er die Farm erreichte, hörte er ungewohnte Geräusche, deshalb huschte er in den Wald, versteckte sich und beobachtete fasziniert das Geschehen.
Die Neuankömmlinge beluden den Wagen, als wollten sie abreisen. Dabei waren sie erst am Vortag angekommen! Die Frau schrie und kreischte. Überall standen Taschen und Kisten herum. Aber von den beiden Jungen fehlte jede Spur. Wo mochten sie sein? Nach einigen Minuten wurde klar, dass Matthieu all die Arbeit verrichtete und der große Kerl, Lizas Bruder, sie bewusst ihm allein überließ. Würde auch Matthieu aufbrechen? Besorgt suchte sich Brendan ein besseres Plätzchen, um weiterhin zu beobachten.
Als der Wagen wieder beladen war, stieg die Dienstmagd auf und setzte sich auf der Ladefläche zwischen die Kisten. Der Mann, der als Farmarbeiter mit den Dochertys gekommen war, erklomm den Kutschbock.
Durch die Rufe zueinander bestand kein Zweifel daran, dass der Mann sie nach Perth fahren sollte – aber Matthieu schien zu bleiben! Erleichtert seufzte Brendan, als sich das Gefährt in Bewegung setzte.
Als sich der Staub legte und wieder Stille im Wald einkehrte, kam er aus dem Busch hervor und steuerte auf die Farm zu. Er traf seinen Freund beim Zubereiten einer Tasse Kaffee in der Küche an.
»Komm und setz dich zu mir!« Matthieu deutete auf einen Stuhl. Dann bemerkte er Brendans Miene. »Stimmt etwas nicht?«
»Ich möchte wissen, ob du und dieser Mann vorhaben, meiner Familie und meinen Freunden zu schaden.« Brendan stand stocksteif da. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich an diesem Tag mehr wie Beedit.
»Ich will niemandem in Brookley schaden.«
»Aber dein Freund schon. Nur ... Warum ist er so schnell wieder abgereist?«
»Weil er festgestellt hat, dass seine Schwester nicht da ist und ihm die Gegend nicht gefällt. Er reist nach England, um die Tante seiner Frau zu besuchen. Du musst dir also nicht länger den Kopf über ihn zerbrechen. Allerdings bleiben seine Söhne hier bei ihrer Großmutter im Gasthof.«
Brendan seufzte vor Erleichterung und setzte sich zu seinem Freund an den Tisch.
Matthieu lächelte ihn an. »Würdest du eine Zeit lang mit mir daran arbeiten, die Farm auf Vordermann zu bringen? Ich bezahle dich dafür.«
»Eigentlich soll ich für Mr Caine arbeiten.«
»Aber wenn du bei mir arbeitest, kann ich dir nebenher Französisch beibringen. Weder hier noch in England wirst du finden, wonach du suchst. In Frankreich vielleicht schon.«
»Wonach suche ich denn?«, fragte Brendan, der es selbst nicht recht zu wissen glaubte.
»Akzeptanz. Die Chance, dich als Mann zu beweisen. Wenn du möchtest, kann ich dich zu meiner Familie schicken. Die würde dir helfen, Arbeit zu finden.«
Das konnte Brendan nicht nachvollziehen. »Warum würdest du das tun? Du bist mir nichts schuldig.«
Matthieu blickte in seinen dampfenden Becher. »Weil ich früher selbst ein rastloser junger Bursche wie du war und in Schwierigkeiten geraten wäre, wenn mir nicht ein Fremder geholfen hätte. Es klingt vielleicht albern, aber als einzige Gegenleistung dafür wollte er von mir, dass ich irgendwann jemandem auf dieselbe Weise helfe. Und das würde ich dafür auch von dir verlangen.«
Brendan dachte darüber nach und musterte die Züge seines Gefährten, bevor er nickte. Er erkannte in dem Gesicht keinerlei Falschheit. Tatsächlich wirkte sein Freund glücklicher als seit einer ganzen Weile. »Du wirst mit meiner Familie reden müssen, wenn du willst, dass ich hier arbeite. Und ich werde berichten, was ich vorhabe. Cathie ist durchgebrannt, ohne es irgendjemandem zu sagen. Damit hat sie ihrer Familie sehr wehgetan. Auch meine wird es schmerzen, wenn ich weggehe, aber zumindest will ich offen darüber sein und mich anständig verabschieden.« Denn wenn er wirklich irgendwo einen Ort fände, wo ihn die Menschen akzeptierten, würde er wahrscheinlich nicht zurückkommen. Vermutlich ahnte seine Mutter bereits, dass er irgendwann gehen würde.
Matthieu nickte. »Na schön. Jetzt nimm dir Kaffee und setz dich. Ich genieße den Frieden hier.«
Brendan lächelte verschmitzt. »Ich werde wohl lernen müssen, Kaffee zu trinken, oder?«
Die dunkle Flüssigkeit schmeckte so bitter, wie sich der Gedanke anfühlte, seine Familie zu verlassen. Dennoch trank er alles aus.
Juni – Juli
In Fremantle fand Dermott ein kleines Schiff, das verschiedene Waren und einige Passagiere nach Kapstadt beförderte. Es handelte sich um einen schmuddeligen Kahn, der jegliche Routen befuhr, die den Besitzern das beste Geld einbrachten. Die Passagierunterkünfte sahen alles andere als komfortabel aus. Allerdings würde das Schiff bereits am nächsten Nachmittag ablegen. Nachdem Dermott die Überfahrt für Christina und sich gebucht hatte, holte er das Pferd und ritt so schnell nach Perth zurück, wie er das dumme Vieh antreiben konnte. Sie hatte recht damit gehabt, die Jungen nicht mitzunehmen, und die beiden schienen glücklich damit zu sein, bei ihrer Großmutter zu bleiben.
Halb hatte er erwartet, sein Eheweib würde bei der Ankündigung, dass sie schon am nächsten Tag, noch dazu mit einem so kleinen Schiff, in See stechen würden, in Hysterie verfallen. Stattdessen stand sie nur kurz still, bevor sie anfing, ihn herumzukommandieren. Hol dies, such das! Ausnahmsweise beschwerte er sich nicht darüber. Christina zeigte sich in Hochform wie damals, als sie begonnen hatten, ihr Vermögen anzuhäufen – effizient, kompetent und klaglos ging sie zu Werke.
Eine Stunde später wurde die Dienstmagd mit einer umfangreichen Einkaufsliste in die Stadt geschickt. Wenig danach folgte ihr Dermott, um weitere Koffer und Reisetruhen für ihre Haushaltswaren zu besorgen, außerdem Heu zum Verpacken ihres besten Geschirrs, das sie zur Farm schicken würden.
Um sechs Uhr abends aßen sie einen Happen, danach ging es weiter. Der Dienstmagd wurden eine Prämie und eine Empfehlung versprochen, wenn sie bei Bedarf die Nacht durcharbeiten würde.
Um elf Uhr begann Dermott müde blinzelnd mit einem Brief an Matthieu. Darin erteilte er ihm Anweisungen dafür, das Haus in Perth zu räumen und den Rest ihrer Habe zur Farm zu transportieren. Schreiben gehörte nicht zu seinen leichteren Übungen. Es bedurfte mehrerer Schlucke Rum, um alles zu Papier zu bringen.
Christina verspürte ob des Wissens, dass sie endlich in das Land zurückkehren würde, das sie trotz all der Jahre immer als ihre Heimat betrachtet hatte, keinerlei Müdigkeit. Um Mitternacht setzte sie sich hin und verfasste einen eigenen, eleganteren Brief an Matthieu, in dem sie genau beschrieb, was eingelagert und was verkauft werden sollte.
Erst nach ein Uhr morgens gingen sie zu Bett. Und da sie bereits um vier Uhr früh wieder aus den Federn mussten, ersparten sie sich die Mühe, sich auszuziehen. Dermott grinste, als er die Decke hochzog und die Augen schloss. Er freute sich bereits auf das Entsetzen im Gesicht seiner Schwester, wenn sie ihn in England sehen würde.