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Eine Familie macht Urlaub, dann verschwinden ihre Söhne... Die Polizei gibt ihr Bestes, kann aber ohne weitere Hilfe die Kinder nicht finden. Nur durch die Zusammenarbeit mit anderen Dienststellen kann der Fall ... wie auch immer gelöst werden. Mehr verrate ich nicht.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Tod im Moor
Kapitel 1
Endlich Urlaub…endlich Ferien.
Seit Tagen freuten sich die Kids und ihre Eltern auf den bevorstehenden Urlaub. Wie jedes Jahr drehten sich alle Gespräche nur um ein Thema:
Was nehmen wir mit?
Es sind die Herbstferien 2015 und laut Wetterbericht sollten sie mit 25 Grad und Sonnenschein noch rechnen können.
„Mama, soll ich nun die Fußballschuhe einpacken oder doch nur die Inlineskater?“ Mike der Jüngste der beiden Kinder, stand im Zimmer und hielt fragend beides in die Höhe. „Vergiß‘ nicht auch gleich noch die Skier!“ frotzelte sein Bruder Kevin. „Arschloch“ mehr brachte der Kleinere nicht heraus, er war sauer, stinksauer, er fühlte sich auf den Arm genommen von seinem großen Bruder. „Jungs, Ruhe bitte. Das Auto ist groß genug, packt alles ein, ok?“ Karla Hoffmann hoffte, daß die Jungs sie nicht wörtlich nehmen, warf beiden einen strafenden Blick zu und ging in die Küche. Die Koffer waren bereits alle fertig und standen im Flur, sie wollte aber noch ein paar Lebensmittel für die Fahrt zusammenstellen und Cola für die Kinder und Kaffee für sich und ihren Mann Hans.
„Was ist denn nun – seid ihr bald fertig, wir wollen los!“ Hans hatte bereits die ersten Sachen ins Auto getragen und holte nun die Koffer. „Wenn ihr euch nicht endlich entscheiden könnt, dann fahren Mama und ich alleine und ihr bleibt bei der Oma.“ Die Drohung saß! Oma war eine zänkische alte Frau, die immer Recht haben wollte und keine Widerrede duldete. Abends fernsehen oder gar noch am PC oder Handy daddeln – unmöglich. Bei ihr wollten die Kinder auf gar keinen Fall bleiben!
15 Minuten später saßen alle im Auto und Mike hatte tatsächlich ALLES eingepackt. Hans blickte in den Rückspiegel und stellte amüsiert fest, daß die Kinder am Laptop bzw. am Handy herumspielten und nicht nervten. Das Auto war tatsächlich bis unter das Dach vollgestopft und er hätte wetten können, daß Mike und Kevin wirklich alle Spielsachen erfolgreich eingepackt hatten. Er sah wieder auf die Straße und lenkte den Wagen auf die Stadtautobahn, in 2 oder 3 Stunden sollten sie in der Nähe des Stettiner Haffs, am Anklamer Stadtbruch sein. Er schaute zu seiner Frau hinüber, Karla hatte den Kopf an die Kopfstütze gelehnt und die Augen geschlossen. Sie entspannte sich ein wenig und hoffte die Fahrt zu verschlafen, die Jungs waren ruhig und spielten und ihr Mann war ein sicherer und ruhiger Fahrer. Alles war gut. Sie freute sich schon auf ihren kleinen Bungalow und ihre kleine Auszeit vom Alltag, zumal das Wetter auch mitspielen würde, sie könnten schwimmen gehen – egal ob im Haff oder doch drüben in der Ostsee. Vielleicht ein wenig Bernstein sammeln oder einfach nur wandern. Die Natur ist hier oben im Norden einfach nur schön.
Vielleicht wollten die Kids auch lieber alleine was unternehmen, ob sie nun auf Entdeckertour gehen oder sich auf dem nahegelegenen Fußballplatz austoben – dann könnten sie und ihr Mann mal wieder ein wenig Zweisamkeit genießen. Sie kamen in letzter Zeit ein wenig zu kurz. Sein Beruf als Banker nahm ihn voll und ganz in Anspruch, hier war Stress pur angesagt und für die Familie blieb kaum noch Zeit übrig.
„Hast du auch die Espressomaschine eingepackt?“ „Ja, natürlich!“ nuschelte Karla, ohne die Augen zu öffnen „ und auch die Waschmaschine, den Toaster und das Bügeleisen!“ Alle lachten, die Stimmung war großartig.
Hans Hoffmann hatte keine Pause eingelegt und erreichte um 14 Uhr den kleinen Bungalow in Bugewitz, am Rande des Anklamer Stadtbruchs. Ein kleiner Hafen lag keine 200m von ihnen entfernt und außer einem Fischbrötchen-Imbiss gab es hier nichts weiter.
Hans parkte den Mercedes vor dem Bungalow und die Jungs schnappten sich ihren Fußball und waren nach nur 5 Minuten bereits verschwunden. Das Auspacken überließen sie liebend gern den Eltern.
Da sie nicht den ersten Urlaub hier verbrachten, waren alle mit den häuslichen Gegebenheiten vertraut und sie kannten sich auch alle im Ort und der Umgebung aus. Karla und Hans Hoffmann schleppten also allein die Koffer und die Spielsachen der Kinder in die einzelnen Zimmer und gönnten sich erst einmal einen heißen Espresso. „Sobald die Kinder zurück sind, gehen wir essen.“ beschloß Karla, ihr Mann nickte zustimmend und schlürfte laut seinen „kleinen Schwarzen“.
Es wurde langsam dunkel aber von den Kindern war noch immer nichts zu sehen.
Kapitel 2
Bugewitz hatte sich in den letzten Jahren geringfügig verändert aber aufgrund der guten Lage, der nahezu unberührten Natur und dem hohen Erholungswert, wuchs der beschauliche Ort von Jahr zu Jahr.
So hatte der Bürgermeister Simon Stolz und die Gemeinde entschieden, einen Teil des Moores trocken zu legen, auszuheben und hier neue Ferien- und kleinere Einfamilienhäuser errichten zu lassen.
Am Morgen des 03.Septembers 2015 rollte die Firma Hoch Tief und Trocken mit vier Baggern und zehn Arbeitern an, um 3ha von Gestrüpp und Torf zu befreien. Mit dem Abtransport und Weiterverkauf des Torfes hatte man die Firma Teich und Garten beauftragt. Bürgermeister Stolz war sich sicher, mit der Neubebauung in einem Jahr beginnen zu können.
Es wurde auch an Schulen, Kindergärten und selbstverständlich an Einkaufmöglichkeiten gedacht. Die Baupläne lagen bereits in seinem Schreibtisch und die Ausschreibung sollte in den kommenden Tagen im Amtsblatt veröffentlicht werden. Er hatte an alles gedacht, er war sich sicher, nichts vergessen zu haben. Er sollte vielleicht noch seinen Mitarbeiterstab um einige Mitarbeiter erweitern. Er könnte das alles nicht mehr alleine bewältigen. Seine Sekretärin betrat leise das Büro und stellte unaufgefordert eine Kanne mit frisch aufgebrühtem Kaffee vor ihm hin und zog sich diskret wieder zurück. Sie kannte diesen verträumten Blick ihres Chefs und wollte nicht stören. Seine kleine heile Welt war ihm sooo wichtig.
Während der Bürgermeister genüßlich seinen Kaffee schlürfte, setzte der Baggerfahrer der Firma Hoch Tief und Trocken seinen ersten Aushub auf dem LKW ab. Bis zum Mittag war der erste Lastwagen gefüllt und konnte abgefahren werden. Gegen 18 Uhr wurde der erste Arbeitstag beendet, die Arbeiten eingestellt und die Firma rückte ab.
Das Moor hatte nun ein tiefes Loch und bot Kevin und Mike Hoffmann ganz neue Spielmöglichkeiten. „Wetten, hier ist garantiert irgendwo ein Schatz vergraben!“ mutmaßte Mike und ließ sein Rad fallen, sprang in die Grube und begann zu graben. Die Firma Hoch Tief und Trocken hatte nicht alle Schippen und Schaufeln ordnungsgemäß weggeschlossen. Kevin ließ sich seufzend auf eine Kiste fallen „Viel Spaß, du Idiot, ohne mich.“ Es wurde langsam dunkel und eigentlich hätten sie jetzt nach Hause fahren sollen aber gerade in dem Moment kam in dem Erdloch ein blauer Plastiksack zum Vorschein. Kevin wurde neugierig und trat näher an das Loch heran. Dann hörte er Schritte. „Mike, komm da raus, da kommt jemand!“ Kevin flüsterte so leise er konnte, aber gerade so laut, daß sein kleiner Bruder ihn noch hören konnte. „Wir müssen hier weg! Schnell, laß uns verschwinden“! Er hatte Angst, denn es kamen schnell Schritte auf sie zu, er konnte es ganz deutlich hören. Noch war Zeit die Grube zu verlassen und auf den Fahrrädern abzuhauen. Aber es war schon zu spät. Über ihnen stand ein Baum von einem Kerl. Drohend und angsteinflößend, er warf mit seinem massigen Körper einen Schatten über die Grube.
Karla Hoffmann hatte sich ein wenig geschminkt und umgezogen „Wo bleiben denn die Kinder? Es ist schon 20 Uhr und draußen ist es dunkel!“ Sie machte sich Sorgen, außerdem wollten sie noch zum Italiener essen gehen. „Keine Ahnung, aber du kennst sie doch, sie haben sicherlich mal wieder die Zeit vergessen, komm wir gehen sie suchen.“ Hans ging ins Schlafzimmer und zog sich rasch seine langen Jeans an. „Fertig, können wir?“ Sie nahmen noch zwei Taschenlampen mit, da die Straßenbeleuchtung nicht in allen Straßen ausgebaut war.
Sie gingen zum Spielplatz – leer und auch ins Internetkaffee – aber hier waren die Kinder auch nicht. Sie durchstreiften die umliegenden Straßen, alles ohne Erfolg. Längst war der Hunger vergessen, sie wurden von ihrer immer größer werdenden Angst getrieben. „Laß‘ uns ihre Freunde anrufen, vielleicht sind sie bei einem von ihnen.“ So kehrten die Eltern zurück zum Ferienbungalow, obwohl es mittlerweile schon 22 Uhr geworden war, zögerten sie nicht die Nachbarn anzurufen.
„Hallo, hier spricht Hans Hoffmann, der Vater von Mike und Kevin. Ja, wir sind mal wieder hier. Sag mal, sind unsere Kinder bei euch?“ Nein, bei uns sind sie nicht. War die niederschmetternde Antwort. Nachdem er alle fünf Freunde angerufen hatte und immer dieselbe Antwort bekam, stieg in den Eltern die nackte Panik hoch.
Vom Kirchturm schlug es bereits Mitternacht, als Hans und Karla Hoffmann das Polizeirevier betraten.
Der Diensthabende schob sich die Brille auf die Nase, gähnte ausgiebig und sah die späten Besucher übermüdet an. „Was kann ich für Sie tun?“ „Unsere Söhne sind vom Spielen nicht nach Hause gekommen. Wir haben sie überall gesucht und auch bei ihren Freunden sind sie nicht.“ Karla sprach immer schneller, ihre Worte überschlugen sich förmlich, die Tränen liefen ihr über das Gesicht und schließlich brach sie zusammen. Hans konnte sie gerade noch auffangen und brüllte den völlig verdutzten Beamten an: “Herrgott noch mal, bringen Sie doch endlich einen Stuhl !“ Er schob Karla auf den Holzstuhl und war erleichtert, daß ihm seine Frau nicht aus den Händen gerutscht war.
„So, nun trinken Sie erst mal einen Schluck Wasser.“ Der Beamte reichte Karla ein Wasserglas und nickte ihr aufmunternd entgegen. „Und nun mal ganz der Reihe nach… Seit wann vermissen Sie ihre Söhne genau? Wie alt sind die beiden und wo haben Sie sie zuletzt gesehen?“ Hans Hoffmann beantwortete alle Fragen ruhig und gefasst, so leicht brachte ihn nichts aus der Fassung. Er war unendlich müde, gleichzeitig hellwach, wie auf Drogen. Seine Sorge um die Kinder war zwar übermächtig aber er verstand auch, daß der Polizist sich ein Bild von allem machen wollte und mußte. Vielleicht waren sie ja auch nur ausgerissen aus einem grauenhaften Elternhaus. Wer weiß? Das liest man ja ständig in den Zeitungen. Vielleicht waren sie ja auch schlechte Eltern, die ihre Kids schlagen oder mißbrauchen? Hans wußte, der Beamte tat nur seine Pflicht. Aber Gott verdammt noch mal, warum ging das alles so langsam? Warum beeilte er sich nicht mehr und erledigte den Schriftkram später?
Ruhig, ganz ruhig, ermahnte sich Hans und atmete tief durch. Selbstverständlich hatten sie keinen Personalausweis dabei, auch keinen Führerschein womit sie sich hätten ausweisen können. So mußten sie alle Personalien diktieren, was dem Wachhabenden nicht leicht viel. Und es war gewiß, daß die Hoffmanns am nächsten Morgen wiederkommen und die Ausweise vorlegen mußten. Sie hatten zumindest erreicht, daß eine Fahndung eingeleitet wurde und sie jetzt aber erst mal wieder nach Hause gehen sollten. Es war ja auch nicht auszuschließen, daß die Kinder in der Zwischenzeit doch wieder aufgetaucht wären.
Völlig übermüdet und hungrig traten Karla und Hans den Heimweg an.
Kevin und Mike waren jedoch nicht im Bungalow anzutreffen, die Zimmer waren leer, die Betten unberührt.
Karla und Hans legten sich – so wie sie waren – einfach aufs Bett und waren in den nächsten fünf Minuten eingeschlafen.
Kapitel 3
Am nächsten Morgen rückte die Firma Hoch Tief und Trocken wieder mit ihren Leuten an, um das Moor weiter trocken zu legen. Nach einer kurzen Lagebesprechung der Bauarbeiter kletterte der Baggerführer wieder auf seinen Führerstand, startete den Dieselmotor und wollte gerade den ersten Gang einlegen als er durch das Seitenfenster über die Baustelle blickte. „Was ist das denn?“ Er machte den Motor wieder aus und stieg hinab. In der Baugrube oder besser gesagt dem Loch, das sie gestern ausgehoben hatten, sah er etwas Blaues. Es wedelte im Wind hin und her. „Das war doch gestern noch nicht da.“ Am Rand des Loches kniete er nieder und zog an der Tüte, sie war aber noch sehr tief in der Erde, so daß er die Tüte weder herausziehen noch öffnen konnte. Der Arbeiter holte sich einen Spaten und begann langsam und vorsichtig um die Tüte herum zu graben. Er zottelte und zerrte aber die Tüte war zu schwer, um sie bewegen zu können. Er zückte sein Schweizer Messer, mit dem er normalerweise seinen Apfel zerschnitt und ließ die Klinge durch die Plastikhaut der Tüte gleiten. Dann zog er mit beiden Händen die Schnittstelle vorsichtig auseinander und schaute hinein. „Scheiße, was ist DAS denn?“ schrie er auf und stieß sich entsetzt von der Tüte weg. Der Vorarbeiter war durch das Geschrei aufmerksam geworden und eilte nun zu dem Baggerfahrer hinüber. „Was ist denn los, Paul? Wieso brüllst du denn hier so herum?“ „Da, da in der Tüte…“ er streckte die Hand aus und zeigte auf die blaue Tüte. Er brachte keinen weiteren Ton heraus, sondern drehte sich um und übergab sich.
Zehn Minuten später fuhr die Polizei vor, sperrte weiträumig den Fundort ab und forderte die Spurensicherung an.
In der blauen Tüte befand sich eine männliche Kinderleiche.
Kapitel 4
Bugewitz ist ein Ferienort, wenn keine Urlauber den Ort bevölkern, ein eher ruhiger, fast verschlafener Ort. Die einzigen Verbrechen bestanden aus kleineren Diebstählen, Streitigkeiten unter den Nachbarn oder auch schon mal Zechprellereien. Aber MORD ? Noch dazu an einem Kind? Nein, so etwas hatte es bisher hier noch nicht gegeben. Damit waren die diensthabenden Polizisten schlicht überfordert, dies gehörte einfach nicht zu ihren alltäglichen Aufgaben. Hier mußte unbedingt die Mordkommission aus Usedom den Fall übernehmen.
Zwei Stunden später erschienen Kriminalhauptkommissar Ulf Mertens und seine Kollegin Kriminalhauptkommissarin Ella Moos aus Usedom. Noch immer lag die blaue Tüte mit dem Kind in der Erde, man hatte lediglich alles weiträumig mit Flatterband abgesperrt, um den Tatort zu sichern aber ansonsten nichts verändert.
„Wer hat das Kind gefunden?“ fragte Mertens. „Das war ich.“ kam es aus der Reihe hinter dem Absperrband. Der Bauarbeiter war immer noch kreideweiß, er hatte sich von dem Schock noch nicht erholt. Mertens ging hinüber zu ihm. „Wie ist Ihr Name? Wie genau war das? Wann haben Sie den Fund gemacht und was haben Sie dann unternommen?“ Der Baggerfahrer berichtete ausführlich, nur die Kleinigkeit, daß er sich übergeben hatte, ließ er aus. Das war ihm zu peinlich. Die Spurensicherung, die gleichzeitig aus Usedom mit angekommen war, hatte allerdings auch ohne besonderen Hinweis die Lache entdeckt. „Ulf, frag mal, wer hier hingekotzt hat.“ rief einer der Männer und der Baggerfahrer wurde knallrot.
„Schon gut, weiter.“ Kriminalhauptkommissar Mertens kannte solche Reaktionen, sie waren einfach menschlich.
Inzwischen hatte man den Leichnam geborgen, in einen Leichensack gesteckt und brachte ihn nun erstmal ins nahegelegene Krankenhaus, in die Pathologie. Einen anderen Ort, der einen gekühlten Leichenraum hatte, gab es eben nicht.
Mertens und Moos fuhren aufs Revier. „Gab es in der letzten Zeit Vermißtenanzeigen?“
„Nur gestern Nacht, von der Familie Hoffmann, aus Berlin. Das sind Urlauber, die fast jedes Jahr hier Urlaub machen.“ „Wann genau waren die hier? Ich meine gestern Abend?“
Der Polizist schlug das Wachbuch auf und fand den Eintrag. „Es war um null Uhr.“
Mertens und Moos ließen sich den Namen und die Adresse der Familie geben und machten sich auf den Weg zu den Hoffmanns.
Kapitel 5
Neben dem Bungalow der Hermanns wohnte schon seit Jahren die alte Frau Schiller. Genau genommen, hatte sie das Haus in dem sie wohnte, hier mit ihrem Mann zusammen aufgebaut. Mühsam erhob sie sich, stützte sich auf den morschen Baum und wischte sich mit dem Schürzenzipfel den Schweiß von der Stirn. Sie wohnte schon ihr halbes Leben lang hier in diesem Haus und hier würde sie bestimmt auch sterben. Egal wie schwer die Gartenarbeit ihr auch fiel – von hier fortziehen kam für sie auf gar keinen Fall in Frage. Ihr Mann hatte sich schon vor Jahren von ihr scheiden lassen und war fortgezogen. Aber es gab noch einen anderen Grund, weshalb sie hier nicht fortging. Sie hatte noch nie über dieses Kapitel aus ihrem Leben mit den Nachbarn gesprochen und würde es auch in Zukunft nicht tun.
Als die Kriminalpolizei vor dem Haus der Nachbarn hielt, unterbrach die alte Frau ihre Gartenarbeit und schaute neugierig zu den Nachbarn hinüber.
Mertens uns Moos stiegen aus ihrem Dienstwagen und waren aber nicht als Polizisten zu erkennen, denn sie trugen keine Uniformen und der Wagen war ein Zivilfahrzeug. Sie grüßten kurz über den Gartenzaun hin zu Frau Schiller und klingelten bei den Hoffmanns.
„Moin, Mertens, Kriminalpolizei, das ist meine Kollegin Frau Moos.“ Kriminalhauptkommissar Mertens hielt Hans Hoffmann seinen Dienstausweis entgegen. „Können wir Sie bitte mal sprechen, es geht um Ihre Vermißtenanzeige von heute Nacht.