Tödliche Mission - Manfred Hirschleb - E-Book

Tödliche Mission E-Book

Manfred Hirschleb

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Beschreibung

Harrys Nitzer leitet eine Berliner Spezialeinheit zur Aufklärung alter Mordfälle. Mithilfe einer neuen Software, die behördenübergreifend Zusammenhänge erkennt, stoßen sie auf eine Mordserie, die nach einem selbst ernannten Rächer aussieht, aber es ist nicht so, wie es auf den ersten Blick scheint. Der verworrene Fall bleibt für die Ermittler erst mal ein Rätsel und sie kommen nicht weiter, dabei steht zu befürchten, dass der Täter noch aktiv ist und jederzeit wieder zuschlagen kann ...

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EPUB
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Seitenzahl: 116

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Manfred Hirschleb

Tödliche Mission

Krimi

Copyright: © 2017 Manfred Hirschleb

Lektorat: Erik Kinting – www.buchlektorat.net

Satz & Umschlag: Erik Kinting

Titelbild: © weyo (www.fotolia.com)

Verlag und Druck:tredition GmbHHalenreie 40-4422359 Hamburg

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.d-nb.de abrufbar.

1

Berlin, 16. August 2012

Linda bog in den Ottopark ein und steigerte ihr Lauftempo. Die Abenddämmerung verdrängte die letzte Helligkeit des Tages. Laternen an den Kieswegen verbreiteten spärliches Licht, sodass der Rest des Parks im Dunkeln versank. Eine kühle Brise vertrieb die Schwüle des Tages und entlockte dem Blätterwerk ein leises Flüstern.

Sie hatte sich verspätet, wollte aufs Joggen aber nicht verzichten. Normalerweise vermied sie es, so spät zu laufen, da ihr die abendliche Atmosphäre des Parks stets Unbehagen bereitete. Aber sie musste in ihrem kleinen Blumenladen stundenlang stehen, Sträuße und Gestecke binden und an der Kasse stehen, da brauchte sie zum Ausgleich einfach die Bewegung.

Bei der nächsten Bank wollte sie eine kleine Pause machen. Die beim Laufen erzeugten Endorphine und das heranwachsende Leben in ihr steigerten ihr Glücksgefühl. Ein Mädchen … Der letzte Heimaturlaub ihres Mannes lag einige Wochen zurück. Zur Zeit war er in Afghanistan bei der ISAF im Einsatz, und sie hatte extra gewartet, um ganz sicher zu sein. Heute wollte sie ihm das freudige Ereignis endlich verkaufen. Ein lang gehegter Wunsch würde in Erfüllung gehen.

Linda war eine hübsche Frau um die dreißig, eins zweiundsiebzig groß, hatte blondes, zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenes Haar und eine sportlicher Figur. Sie legte großen Wert auf ihr Äußeres. Sie steigerte das Lauftempo noch und konzentrierte sich darauf, weiterhin möglichst gleichmäßig und ruhig zu atmen. Aus ihren Ohrhörern säuselte Kuschelrock, das Smartphone hatte sie am Oberarm befestigt.

Ausgepowert, atemlos und bester Laune erreichte sie die Parkbank. Unwillkürlich griff sie sich an den Bauch, als spüre sie das noch junge Leben. Schwer atmend und in Gedanken versunken vergaß sie ihre Umwelt. Sie schaute konzentriert und weiter schwer atmend auf ihren Pulsmesser, als sich ihr von hinten ein Arm um den Hals legte und ihr die Luft abschnürte. Sie wollte schreien, aber zu mehr als einem Krächzen reichte es nicht. Sie schlug um sich und versuchte, sich aus dem eisernen Griff zu befreien, aber ihr Widerstand hielt nur kurz an, ihr auf Hochtouren laufender Körper hatte in Sekundenschnelle allen Sauerstoff verbraucht und sie verlor das Bewusstsein. Mein Baby … war ihr letzter besorgter Gedanke.

***

Berlin, 23. Juli 2013

Die sommerliche Hitze lag wie eine Dunstglocke über Berlin. Cafés und Biergärten waren gut besucht. Die Menschen wollten den stickig heißen Büros und der Geschäftigkeit des Alltages entfliehen. Jetzt, in der abendlichen Frische, konnten sie mit Freunden oder Bekannten bei einem Bier oder Wein den Tag ausklingen lassen. Es herrschte eine entspannte Atmosphäre, was die Stadt so einzigartig mache – zumindest behaupteten das ihre Bewohner.

Es ging auf Mitternacht zu. Im Café am Neuen See im Tiergarten waren auf der Terrasse nur noch zwei Tische besetzt. Lediglich vier Gäste hielten noch die Stellung, der Kellner hatte die meisten Tische bereits abgeräumt. Drei junge Männer verlangten lautstark nach mehr Bier, doch die Belegschaft wollte lieber schließen. Das Gegröle und die anzüglichen Bemerkungen den Frauen gegenüber hatte die übrigen späten Gäste schnell vertrieben. Außer den Halbstarken saß noch ein Mann etwas abseits an einem Tisch und beobachtete die Szene. Sein Zornespegel stieg kontinuierlich an. Genau solche Typen waren es, die Angst und Schrecken verbreiteten und dafür sorgten, dass anständige Leute abends die Parks mieden. Beim Anblick der pöbeligen Kerle drängten sich unvermittelt hasserfüllte Gedanken in seinen Kopf, bis er vor Wut schier vibrierte. Prüfend griff er zu der Makarow, die in seinem Hosenbund steckte. Der aufgesetzte Schalldämpfer drückte etwas unangenehm in der Leiste, erinnerte gerade dadurch stets an die tödliche Präsenz der Waffe. Am liebsten wäre er hinübergegangen um die Burschen zur Räson zu bringen. Nein – mehr noch: Sie sollten verschwinden … für immer. – Aber nicht hier.

Da war sie wieder! Plötzlich erschien Linda vor seinem inneren Auge und all die Erinnerungen strömten wie ein tosender Wasserfall in sein Bewusstsein. Ihre Schönheit und Sanftmut, gepaart mit Intelligenz und der Geduld seine oft lange Abwesenheit klaglos zu ertragen … Sie war ein Bild von einer Frau, sein Traum, sein ganzes Glück. Sie wurde ihm genommen, bevor sie Kinder miteinander haben konnten. Ein Spaziergänger hatte sie gefunden – vergewaltigt und ermordet.

Als man ihm ihren Tod mitteilte – das hatte sein Spieß im Bundeswehrfeldlager in Mazar i Scharif übernommen, wo er stationiert war –, war er so getroffen, dass der Hauptfeldwebel es nicht über sich brachte, ihm auch noch zu sagen, dass Linda sein Kind in sich trug. Das hatte er dann erst später erfahren, was ihm ein weiteres Mal den Boden unter den Füßen wegzog. Damit war sein Glück gestorben – gleich zweimal!

Der Täter war nie ermittelt worden. Er war umgehend nach Deutschland zurückgekehrt, hatte die Beerdigung organisiert und dann versucht, den ermittelnden Beamten Druck zu machen, was jedoch nichts brachte. Wochenlang hatte er dann selbst versucht, herauszufinden, wer seine Frau ermordet hatte, aber ergebnislos. Die Ermittlungsbeamten schlugen bei seinem Anblick jedes Mal die Hände über dem Kopf zusammen, so sehr nervte er sie. Aber er konnte und wollte sich nicht mit ihrem Tod abfinden.

Als er seinen gesamten Urlaub verbraucht hatte, musste er zurück zu seiner Truppe. Erst später akzeptierte man seine Kündigung, da die Ärzte ihm ein Trauma attestierten.

Anfangs fiel er in ein tiefes Loch, doch später hielten ihn seine Wut- und Hassgefühle aufrecht. Er wollte den Mord an seiner Frau und seinem Kind aufklären, er wollte Rache an dem Täter, er wollte Rache an allen Mördern, und Vergewaltigern – überhaupt an allen Verbrechern, die sich nachts auf den Straßen herumtrieben und unbescholtenen Mitmenschen auflauerten. Er wollte sie alle umbringen! Der Zustand blinder Wut hörte einfach nicht mehr auf.

Die Beschimpfungen gegenüber dem Kellner erreichten gerade ihren Höhepunkt, die Situation drohte zu eskalieren. Erst als der Kollege von drinnen herausgeeilt kam und sein Handy in der Hand hielt, bezahlten die Kerle widerwillig die Zeche. Weiter pöbelnd und unter wüsten Beschimpfungen und Drohungen verließen sie das Café und trollten sich lautstark in Richtung Lichtensteinallee.

Markus legte einen Geldschein auf den Tisch, beschwerte diesen mit dem Aschenbecher und nahm eine Abkürzung durch den Wald. Er trug einen dunklen Jogginganzug und eine ebenso dunkle Baseballkappe und war, wenn überhaupt, dann nur direkt unter den eher müde wirkenden Straßenlampen zu sehen.

Er erreichte die Lichtensteinallee zuerst. Von Weitem sah er die Betrunkenen lärmend auf sich zukommen. Er griff unter die Jacke und umschloss den Griff der Makarow.

Die Kerle hatten jetzt schlechte Laune und suchten Streit. Sie blieben vor ihm stehen. Der Anführer – Turnschuhe, Jeans und Kapuzenpulli – griff in seine Jacke und holte ein Butterfly-Messer heraus, mit dem er hektisch vor Markus‘ Gesicht herumfuchtelte. Das kaum zu erkennende Tattoo an seinem Hals – ein Skorpion oder doch eher ein zertretener Käfer? – wurde von keinerlei Haaren verdeckte, alles bis auf die obligatorische Schädelinsel war abrasiert.

»He Alter, gib Geld her, auch Uhr und Ring. Los, mach«, lallte er, während einer seiner Kumpel eine Stahlrute ausfahren ließ. Der Dritte streifte sich einen Schlagring über die Finger, formte eine Faust und schlug mit ihr demonstrativ in die andere Hand.

»Na, was ist?« Grinsend wandte Schädelinsel sich an seine Begleiter: »Los, machen wir den Wichser fertig.« Er hatte Mühe, sein Gleichgewicht zu halten.

Für dich, Linda, und unser Ungeborenes, schoss es Markus durch den Kopf. Er zog die Pistole aus dem Bund. »Solchen Arschlöschern wie euch haben wir es zu verdanken, dass anständige Menschen in Angst und Schrecken leben müssen und sich abends nicht mehr auf die Straße trauen. Ihr seid einfach nur Dreck und Abschaum«, zischte er haßerfüllt.

Das hämische Grinsen vor ihm erstarb. »He, Alter, war doch nur Spaß.« Abwehrend hob Schädelinsel die Hände, wobei er das Messer betont langsam zusammenklappte und wieder einsteckte. »Wir gehen jetzt einfach und gut, okay? Nix passiert. Alles easy.«

Die beiden anderen nickten und ließen ihre Waffen in den Jackentaschen verschwinden.

Markus konnte ihre Angst förmlich riechen. Er glaubte ihnen die plötzliche Kehrtwende nicht. Sie wollten ihn nur in Sicherheit wiegen und ihm dann in den Rücken fallen. Das waren elende Kreaturen der Nacht, nur stark, wenn sie über Schwächere herfallen konnten. Er zog den Abzug durch. Das Letzte, was die drei sahen, waren Markus‘ eiskalte Augen, die aus dem Schatten unter seiner Baseballkappe herausstachen.

Sie hörten das leise Ploppen der schallgedämpften Makarow gar nicht, zu sehr waren ihre Gehirne damit beschäftigt das viele Blut zu verarbeiten, das plötzlich herumspritzte, denn die Makarow riss dank der eingekerbten Kugeln gewaltige Löcher in die Schädel der drei. Blut, Gehirnmasse, Knochensplitter und Haarbüschel verteilten sich auf dem Asphalt. Beinahe gleichzeitig sackten sie zusammen und waren schon tot, bevor sie auf dem Boden aufschlugen.

»Elendes Pack! Ich werde die Straßen von euch Gesindel säubern!«, murmelte Markus und blickte sich suchend um, ob ihn jemand beobachtet haben könnte, aber weder Spaziergänger noch Autos waren unterwegs.

Zufrieden schob er die Pistole in den Hosenbund, zog die Kappe tiefer in die Stirn und machte sich auf den Nachhauseweg.

Im Wohnzimmersessel sitzend, reinigte Markus die zerlegte Makarow. Er hatte sie samt Munition von einem Kameraden bekommen. Ein Souvenir. Er nippte an seinem Whisky und starrte gedankenverloren auf die Waffenteile. Sie symbolisierten für ihn die Sinnlosigkeit eines Krieges, den er weder gewollt noch angefangen hatte.

Er war Berufssoldat gewesen, wurde in den Hindukusch abkommandiert. Anfangs erachtete er ihre Mission als sinnvoll und hilfreich, sie wollten den Afghanen Frieden ermöglichen, ihnen beim Aufbau eines demokratischen Staates helfen: Hilfe zur Selbsthilfe sollte es sein, damit sie sich selber gegen die Taliban behaupten konnten. Aber die Kultur dieses Landes war für einen Westeuropäer nicht ohne Weiteres zu erfassen. Gerade auf den Dörfern ging es teilweise noch sehr archaisch zu, aber auch in den Städten waren die Zustände aus seiner Sicht unerträglich. In den von den Taliban kontrollierten Gebieten gab es öffentliche Hinrichtungen; das Steinigen von Frauen war noch üblich. Das überstieg sein Verständnis vom Menschsein. Diese irregeleiteten, religiösen Fundamentalisten waren in seinen Augen nichts anderes, als ein Sammelsurium von kranken Individuen, die sich nur deshalb einer frauenfeindlichen Ideologie verschrieben hatten, um ihr Minderwertigkeitsgefühl zu überdecken. Geboren in Armut und ohne Bildung erhoben sie sich zu Herren über Leben und Tod.

Aber das hatte es schon immer gegeben. Seit den Kreuzzügen und der Inquisition hatte sich nicht viel geändert. Rassenhass und die Gier nach Macht und Reichtum verursachten weiterhin Massaker und sorgten dafür, dass weite Teile der Welt im Elend versanken. Er hatte irgendwann erkannt, dass er eigentlich nur die wirtschaftlichen Interessen seines Landes vertrat, nicht die humanitären. Und das in einem Land, das seiner Meinung nach nicht zu befreien war, weil die westlichen Nationen die kulturelle Entwicklung dieser Länder nicht berücksichtigten. Von wegen Demokratisieren, dachte er. Afghanistan war für den Westen von strategischem und ökonomischem Interesse, weil es die Routen von Zentral- und Südasien verband.

Desillusioniert hatte er trotzdem seinen Dienst ernsthaft ausgeführt. Zumindest konnte die ISAF dem Morden Einhalt gebieten, was sie aber nicht vor Anschlägen schützte. Der Tod seiner Frau war kaum zu ertragen, so klammerte er sich an seine Aufgabe, diese Mission, um sich von seiner Trauer abzulenken.

Dann passierte es: Sie wurden in einen Hinterhalt gelockt und von einer kleinen Taliban-Einheit angegriffen. Gut ausgerüstet konnten sie der Lage Herr werden, aber einem der Angreifer gelang es dennoch, ihm ein Messer in die Schulter zu stoßen. Noch im Hinfallen hatte er ihn erschossen. Ein Reflex oder geschah das im Affekt? Er wusste es nicht.

Wochen später, ständig in Todesangst was als Nächstes passieren würde, erwischte es ihn und seine Kameraden erneut: Ihr ungepanzertes Fahrzeug fuhr bei einer Patrouille auf eine Mine. Zwei seiner Kameraden waren sofort tot, er selbst überlebte mit zahlreichen Splittern im Leib. Immer wieder hatte er sich seither gefragt, warum gerade er überlebt hatte. Die zerfetzten Kameraden, die Leichenteile und das viele Blut hatten sich in sein Gedächtnis eingebrannt.

Sobald er transportfähig war, wurde er nach Deutschland ausgeflogen, in ein Zivilkrankenhaus überstellt und dort wieder zusammengeflickt.

Dann kamen die Depressionen. Immer öfter setzte er sich die Pistole an die Schläfe, doch zum Abdrücken fehlte ihm der Mut. In solchen Momenten suchte er nach einem Grund zum Weiterleben. Nachts wachte er schweißgebadet und schreiend auf. Die Ärzte diagnostizierten ein Posttraumatisches Stresssyndrom, Kriegsneurose wäre richtiger gewesen. Er nahm seinen Abschied als Kriegsversehrter: Die Explosion hatte er zwar überlebt, aber sein Penis war weggefetzt worden, musste durch einen Blasenkatheter ersetzt werden. Das machte ein normales Sexualleben unmöglich, minderte aber leider nicht seine Libido.

Zu den Psychopharmaka gesellten sich im Laufe der Zeit Antidepressiva und machten aus ihm auch noch ein psychisches Wrack. Schleichend entwickelte sich eine paranoid-schizophrene Persönlichkeitsstörung.

Nach seiner Entlassung aus der Bundeswehr führte er zunächst das Blumengeschäft seiner verstorbenen Frau weiter. Der kleine Laden in der Turmstraße sicherte ihm nicht nur ein bescheidenes Auskommen, vielmehr zeugte alles dort von Lindas Wirken, ihrer Kreativität – die Räume waren von ihrem Geist erfüllt. Manchmal meinte er ihren Geruch wahrzunehmen oder sah sie in der Tür