Toni der Hüttenwirt 232 – Heimatroman - Friederike von Buchner - E-Book

Toni der Hüttenwirt 232 – Heimatroman E-Book

Friederike von Buchner

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Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Erfolgreiche Romantitel wie "Wenn das Herz befiehlt", "Tausche Brautkleid gegen Liebe" oder besonders auch "Irrgarten der Gefühle" sprechen für sich – denn sie sprechen eine ganz eigene, eine unverwechselbare Sprache. Der letzte Punkt auf der Themenliste des Gemeinderats war der Bücherbus. Die Kreisverwaltung hatte die Finanzierung eingestellt und ließ auch nicht mit sich reden. Bürgermeister Fritz Fellbacher wollte sich nicht damit abfinden. Es musste eine andere Lösung gefunden werden. "Bücher sind wichtig. Bücher bilden und zeigen Lösungen auf. Den Bücherbus einzustellen, ist eine Schande. Die halten uns für hirnlose Hinterwäldler, die nur vor der Glotze sitzen. Wenn sie sich aber die Zahlen angesehen hätten, wie viele Waldkogeler den Bücherbus nutzen, dann müsste ihnen aufgegangen sein, dass es hier ein reges Geistesleben gibt, ja, eine vorbildliche Lesekultur." Der gesamte Gemeinderat lachte. Einige klatschten Beifall. "Ich habe eingesehen, dass wir von der Kreisverwaltung nicht mehr erwarten können. Wahrscheinlich lesen die sowieso keine Bücher, nur Statistiken, die sie interpretieren, wie es ihnen gerade in den Kram passt. Genug davon! Wir stampfen eine eigene Bücherei aus dem Boden. Euch sage ich gleich, ich werde stinksauer, wenn sich jemand ziert." Die Gemeinderatsmitglieder nickten alle, bis auf Franz Huber, Ruppert Schwarzers Bazi. "Fellbacher, des wird eine schöne Stange Geld kosten", meldete er sich zu Wort. "Eine Bücherei gibt es nicht zum Nulltarif, das versteht sich von selbst.

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Leseprobe: Bill Regan in Not!

Brenda Duffy stand auf. Sie warf ihrem Mann einen vernichtenden Blick zu und schüttelte den Kopf. »Mein lieber Pat, ich dachte, du wolltest reden? Hat dich der Mut verlassen?« »Nein, mich hat keineswegs der Mut verlassen. Mich zerreißt es innerlich. Ich habe Bill geschworen, niemandem etwas zu erzählen. Er hat Angst. Ja, ich gestehe, mir ist es auch nicht wohl dabei. Zu viele Cottages in Culraid sind abgebrannt. Alle sagen, es kann nur Brandstiftung gewesen sein.« »Unser Haus mit dem Pub ist eines der ältesten Häuser im Dorf. Es war immer im Besitz der Duffys. Ich habe meinem Großvater und meinem Vater vor ihrem Tod geschworen, dass ich alles tun werde, es für künftige Generationen zu erhalten.« Brenda rollte die Augen. »Pat Duffy, höre mit der alten Geschichte auf! Wenn es so weitergeht mit Culraid, dann steht viel mehr auf dem Spiel. Dann wird es nichts Altes und Schönes mehr geben. Dem Himmel sei Dank, dass Cameron aus Schottland herübergekommen ist. Er ist der Einzige, der hier wieder Ordnung schaffen kann.

Toni der Hüttenwirt – 232 –

Planst du wirklich alles?

Betty lacht ihn aus

Friederike von Buchner

Der letzte Punkt auf der Themenliste des Gemeinderats war der Bücherbus. Die Kreisverwaltung hatte die Finanzierung eingestellt und ließ auch nicht mit sich reden. Bürgermeister Fritz Fellbacher wollte sich nicht damit abfinden. Es musste eine andere Lösung gefunden werden.

»Bücher sind wichtig. Bücher bilden und zeigen Lösungen auf. Den Bücherbus einzustellen, ist eine Schande. Die halten uns für hirnlose Hinterwäldler, die nur vor der Glotze sitzen. Wenn sie sich aber die Zahlen angesehen hätten, wie viele Waldkogeler den Bücherbus nutzen, dann müsste ihnen aufgegangen sein, dass es hier ein reges Geistesleben gibt, ja, eine vorbildliche Lesekultur.«

Der gesamte Gemeinderat lachte. Einige klatschten Beifall.

»Ich habe eingesehen, dass wir von der Kreisverwaltung nicht mehr erwarten können. Wahrscheinlich lesen die sowieso keine Bücher, nur Statistiken, die sie interpretieren, wie es ihnen gerade in den Kram passt. Genug davon! Wir stampfen eine eigene Bücherei aus dem Boden. Euch sage ich gleich, ich werde stinksauer, wenn sich jemand ziert.«

Die Gemeinderatsmitglieder nickten alle, bis auf Franz Huber, Ruppert Schwarzers Bazi.

»Fellbacher, des wird eine schöne Stange Geld kosten«, meldete er sich zu Wort.

»Eine Bücherei gibt es nicht zum Nulltarif, das versteht sich von selbst. Dass es bei dir nur auf Euros ankommt, wundert mich nicht. Der Schwarzer hat dir eine Gehirnwäsche verpasst. Und du hast es dir gefallen lassen. Ich sage dir noch etwas. Wenn du in deiner Kindheit und Jugend mehr gelesen hättest, dann wärst du jetzt schlauer und würdest nicht dem Ruppert Schwarzer hinterherdackeln«, sagte Fellbacher. »Wir stimmen jetzt ab. Ich bitte um Handzeichen. Wer ist dafür?«

Alle hoben die Hand, bis auf Franz Huber.

»Sehr schön! Und jetzt fürs Protokoll: Wer ist dagegen?«

Jetzt gab Franz Huber sein Handzeichen.

»Alle haben abgestimmt, eine Gegenstimme, keine Enthaltungen«, sagte Fellbacher. Er wandte sich Gina zu, die mit am Tisch saß und die Gemeinderatsitzung protokollierte. »Hast du alles aufgeschrieben?«

»Ja, ich habe alles«, antwortete Gina.

In der nächsten Stunde sprachen sie über die Räumlichkeiten. Es gab verschiedene Möglichkeiten. Bürgermeister Fritz Fellbacher favorisierte die Unterbringung im Rathaus. Zum Rathaus von Waldkogel gehörte ein großes Grundstück, das hinter dem Gebäude lag. Ein Teil wurde als Parkplatz genutzt. Der Rest war Wiese mit Obstbäumen, deren Früchte Fellbacher am Erntedankfest an die Bürger verteilte. Daneben gab es einige kleinere Gebäude, die man besser als Schuppen bezeichnen konnte.

»Darin könnten wir die Bücherei gut unterbringen. Das macht etwas Arbeit. Die Gebäude hinterm Rathaus werden im Augenblick nur als Abstellräume genutzt, für Sachen, die kein Mensch braucht, die aber zu schade für den Müll sind. Meiner Meinung nach bieten diese Gebäude viele Möglichkeiten: Erstens wäre die Bücherei ebenerdig zu erreichen. Das heißt im Amtsdeutsch, sie wäre ›barrierefrei‹. Zweitens könnte man draußen Tische, Stühle und Bänke aufstellen oder gar einen Pavillon, also, einen Lesesaal unter freiem Himmel. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich die Bücherei zu einem weiteren Besuchermagnet in Waldkogel entwickeln könnte.«

»Das wird teuer, wenn ich an die nötigen Umbauten denke«, sagte Franz Huber. Es war ein weiterer Versuch, Fellbacher den Wind aus den Segeln zu nehmen.

»Huber, jede weitere Bemerkung von dir ist unnötig. Du bist grundsätzlich gegen eine Bücherei. Also hast du kein Mitspracherecht.«

»Da irrst du, Fellbacher. Es muss über die Kosten abgestimmt werden. Ich habe ein Mitspracherecht, wenn es um die Finanzierung geht«, grinste Franz Huber frech. Es war klar, dass er versuchen würde, die Sache zu boykottieren. Schon aus Prinzip!

Fritz Fellbacher lachte ihn aus. »Da muss ich dich enttäuschen. Es wird nix kosten, jedenfalls nicht in Euros. Im Gemeinderat muss nur darüber abgestimmt werden, ob wir die Bücherei dort unterbringen. Die Ausgaben für die Materialien werden durch Spenden finanziert, und die Arbeit von freiwilligen Helfern erbracht. Die Bücher werden von Waldkogelern gespendet werden. Gina hat Verlage angemailt und um kostenlose Belegexemplare gebeten. Die Bücherei wird also gut bestückt sein. Franz, tu mir einen Gefallen, sei endlich still! Im Übrigen sind jetzt alle Punkte der Tagesordnung abgehandelt. Deshalb ist die Sitzung jetzt zu Ende. Gina, halte das im Protokoll fest!«

Bürgermeister Fritz Fellbacher sprach jedes Gemeinderatsmitglied persönlich an, mit ihm noch ein Bier und einen Obstler im Amtszimmer zu trinken. Dabei übersah er bewusst Franz Huber, der dann auch schnell das Rathaus verließ.

Die anderen folgten Fellbacher in sein Amtszimmer. Tonis Eltern, Meta und Xaver Baumberger, hatten bunte Platten und ein kleines Partybierfass gebracht.

»So, Leute, nehmt Platz und greift zu! Damit es kein Gerede gibt, Essen und Trinken sind eine Spende der Baumbergers. Ich habe mir das sogar schriftlich geben lassen, falls der Huber Franz Ärger macht.«

Sie setzten sich an den schön gedeckten Tisch mit blauweißem Tischtuch. Gina füllte die Bierseidel.

»Trinken wir auf die neue Bücherei und den Zusammenhalt aller Waldkogeler!«, sagte Fritz Fellbacher.

Sie prosteten sich zu und tranken. Dann wurde gegessen. Die belegten Brote mit Wurst und Käse schmeckten gut. Tonis Mutter hatte sich große Mühe gegeben. Mit dem Senf und der Mayonnaise hatte sie liebevoll Buchstaben geschrieben und die Gurkenscheiben als aufgeschlagene Buchseiten dekoriert.

»So, Freunde, jetzt geht es zur Sache. Dass ich im Beisein einer gewissen Person nicht habe darüber reden wollen, das muss ich nicht weiter erklären. Also, ich habe mir das so gedacht: Fast jeder hat doch noch Baumaterial von den letzten Bau- oder Umbaumaßnahmen übrig. Damit kann man mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Erstens sparen die Bauherren die kostspielige Entsorgung. Zweitens steht das Zeug bei ihnen nicht irgendwo rum und nimmt Platz weg. Drittens, das wissen wir alle, das entsorgte Baumaterial wird von den Entsorgungsfirmen wieder aufbereitet und teuer verkauft. Da wird doppelt dran verdient, nämlich für die Entsorgung und die Wiederverwertung. Es ist doch sinnvoller, das überschüssige Zeug zu sammeln und gleich wieder sinnvoll zu verwerten.«

Alle stimmten ihm zu. Gleich bekam er Material angeboten, das die Gemeinderatsmitglieder ungenutzt daheim herumliegen hatten. Der Sägewerksbesitzer Albert Weißgerber bot an, dass das ganze Zeug zu ihm transportiert werden könnte. Er würde die Materialien zwischenlagern. Dafür werde er eine ganze Halle zur Verfügung stellen. Dort könnten die verschiedenen Baumaterialen vorsortiert werden, bis sie gebraucht werden. Er war auch bereit, größere Teile mit einem Lastwagen abzuholen und zur Baustelle zu fahren. Außerdem werde er Holzbretter und Balken stiften.

Bürgermeister Fellbacher strahlte. »Damit sind wir einen großen Schritt weiter. Ich habe einen Arbeitsplan entworfen.«

Fellbacher verteilte die Blätter. Die Runde um den Tisch vertiefte sich in die Aufstellung.

»Ja, so geht es«, sagte Weißgerber. »Ich werde mit meinen Mitarbeitern sprechen, ob sie bereit sind, an den Wochenenden stundenweise mit anzupacken.«

»Das wäre eine große Hilfe«, sagte Fellbacher. »Sie werden alle mitmachen, wie ich sie kenne.« Er lachte. »Wir müssen aufpassen, dass sich die freiwilligen Helfer nicht im Wege stehen.«

Gina bot an, die Arbeiten zu koordinieren.

Bald waren sie sich einig, dass, wenn alle mit anpackten, binnen kürzester Zeit die neue Gemeindebücherei eingeweiht werden könnte. Gleich am nächsten Tag sollte es losgehen. Über die Informationswege machten sie sich keine Sorgen. Fellbacher wollte Veronika Boller ansprechen. Sie sollte alle Kunden und Kundinnen informieren. Wenn es Neuigkeiten in Waldkogel gab, dann war Veronika Boller immer vorn mit dabei. Außerdem würde die Haushälterin von Pfarrer Heiner Zandler, Helene Träutlein, die die Frauengruppe leitete, eine große Hilfe sein. Und dann gab es die verschiedenen Vereine, vor allem die freiwillige Feuerwehr von Waldkogel. Die Kameraden würden tatkräftig anpacken.

Bald waren die Platten leer gegessen und das Partyfass geleert. Fellbacher gab zum Abschluss noch eine Runde Obstler aus.

Alle waren sich einig, dass alles bestens geregelt war.

Schon am nächsten Tag hatte Gina alle Hände voll zu tun. Nach drei Tagen war die Lagerhalle auf dem Sägewerkshof fast brechend voll. Es war viel mehr zusammengekommen, als Fellbacher sich erhofft hatte und gebraucht wurde. Er überlegte schon, was mit dem Rest geschehen könnte.

Es gab alles, Türen, Mörtel und Zement, Balken und Verankerungen, Bretter, Abdichtungsmaterial, Dachpappe, Zement, Farben, Beschläge, Vorhänge, Tische und Stühle, Lampen, Schränke, Regale, Karteikästen, mehrere Computer mit Zubehör, bis hin zu Büromaterial, Fußabtretern und Teppichen.

Wer kein Baumaterial hatte, brachte Bücher ins Rathaus. Dort wurden sie von Gina eingesammelt. Sie hatte große Kartons organisiert und sortierte gleich vor: Reisebücher, Kochbücher, Bücher für Heimwerken und Hobby, Garten, naturkundliche Bücher, Bücher mit religiösen Themen. Die Romanabteilung untergliederte Gina in Krimis, Liebesromane, klassische Literatur, Science Fiction und Fantasy Romane, Kinder- und Jugendbücher, sowie Bilderbücher.

Nebenbei machte sie sich Gedanken über das Katalogsystem der Ausleihe. Es durfte nicht zu kompliziert sein für die ehrenamtlichen Helfer, denn sie waren keine ausgebildeten Bibliotheksfachkräfte.

»Bürgermeister, wenn das so weitergeht, dann können wir die Bücherei rund um die Uhr öffnen, so viele Waldkogeler wollen in der Ausleihe helfen«, berichtete Gina.

Fellbacher lachte.

»Das wäre doch was! Ich gehe jede Wette ein, dass wir die einzige Kommunale Bücherei in Europa wären, vielleicht sogar weltweit, die rund um die Uhr geöffnet hätte«, sagte er stolz.

Gina reichte ihm die Liste der Männer und Frauen, die sich stundenweise, halbe oder sogar ganze Tage an der Ausleihe beteiligen wollten.

»Das ist gut, Gina. Wir können ernsthaft überlegen, ob wir nicht nur am Samstag die Bücherei offen halten, sondern auch bis in die späten Abendstunden. Viele Waldkogeler sind Pendler und haben erst am Abend Zeit und Muße, in die Bücherei zu kommen. Das ist schon mal ein Vorteil gegenüber dem Bücherbus.«

Gina stimmte ihm zu. Bürgermeister Fritz Fellbacher strahlte.

»Gina, das Ganze ist wieder ein Beweis, dass immer etwas Besseres nachkommt. Wie heißt es? ›Wenn dir jemand die Tür vor der Nase zuschlägt, dann öffnet dir der liebe Gott ein Fenster‹. Bisher waren unsere Berufstätigen von der Ausleihe ausgeschlossen. Der Bücherbus kam nur wenige Stunden vorbei. Wer keine Zeit hatte, ging leer aus. Das wird sich jetzt ändern. Mei, ist das eine Freude!«

Gina lächelte den Bürgermeister Fellbacher an und nickte.

»Ja, so ist es, Bürgermeister. Ich habe die letzten Tage oft an die Legenden gedacht, die sich um unsere beiden Berge ranken, um den ›Engelssteig‹ und um das ›Höllentor‹. Es hing eine schwarze Wolke über Waldkogel, weil der Satan aus dem Tor auf dem Gipfel des Berges herausgeschaut hat. Aber die Engel haben eingegriffen.«

»Genauso ist es, Gina. Ich habe etliche Kerzen gestiftet, sage ich dir. Es ist wirklich ein Wunder. Für die Berufstätigen und die alten Leute freut es mich besonders. Sie können in die Bücherei kommen, wann es ihnen zeitlich passt und sie es gesundheitlich können. Denken wir an den Winter, wenn es gefroren ist oder es schneit. Da wagen sich die Alten nicht so gern aus dem Haus. Sie warten lieber, bis das Wetter besser ist.«

Da schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf. Veronika brachte im Winter Lebensmittel und Sachen für den Haushalt zu den Leuten nach Hause, die sie telefonisch bestellt haben. Sicher wäre sie auch bereit, mit der Lieferung auch Bücher mitzunehmen. Er nahm sich vor, sofort mit ihr darüber zu sprechen.

»Ich bin mal kurz weg«, sagte Fellbacher.

»Wohin? Falls etwas Dringendes reinkommt. Haben Sie ihr Handy eingesteckt?«

Fellbacher griff in die Jackentasche und legte das Handy auf Ginas Schreibtisch.

»Wo ich jetzt hingehe, dort schalte ich das Handy ohnehin aus«, sagte er.

»Sagen Sie den Engeln einen schönen Gruß von mir! Ich danke ihnen auch«, blinzelte Gina dem Bürgermeister zu.

»Wie hast du erraten, dass ich rüber in die Kirche will?«

Gina schmunzelte.

»Es steht auf Ihrer Stirn geschrieben.«

Fritz Fellbacher lächelte und verließ das Rathaus. Sein Herz war voller Freude und Dankbarkeit.

*

Es war Abend. Franz und Veronika Boller schlossen den Laden und gingen hinauf in ihre Wohnung, die in der ersten Etage über dem Ladengeschäft lag. Veronika holte den vorbereiteten Auflauf aus dem Kühlschrank und stellte ihn in die Backröhre.

»Franz, in einer guten halben Stunde können wir essen.«

Franz deckte den Tisch und setzte sich.

Sie zog einen Brief aus der Schürze und las ihn.

»Was ist mit dir, Veronika? Du siehst aus, als würdest du etwas Schlimmes lesen. Wer hat dir geschrieben?«

Franz sah, dass es ein handschriftlicher Brief war und kein vom Computer ausgedruckter Geschäftsbrief.

»Gleich, einen Augenblick noch!«, murmelte Veronika, ohne aufzusehen. Sie wendete das zweite Blatt und las die Rückseite.

Als sie zu Ende gelesen hatte, ließ sie das Schreiben sinken und schüttelte den Kopf.

»Du rätst nie im Leben, von wem der Brief stammt, Franz!«

»Na, du wirst es mir gleich sagen«, schmunzelte Franz.

Er holte sich ein Bier. Der Bügelverschluss der Bierflasche knallte. Er schenkte ein und trank einen Schluck.

»Der Brief ist von Elfriede.«

»Elfriede? Kennen wir eine Elfriede?«

»Franz, stell dich net so an! Ich rede von Elfriede Conradi.«

»Der Name sagt mir immer noch nix«, bemerkte Franz und griff nach der Zeitung.

»Franz, lass das jetzt! Des hier ist wichtig. Zeitung lesen kannst später immer noch.«

Veronika reichte Franz den Brief über den Tisch. »Am besten liest du ihn selbst.«

Er warf einen Blick auf die eng beschriebenen Seiten. Die Schrift war sehr klein, und es gab keine Absätze.

»Na, des tu ich mir net an. Sag schon, wer ist diese Elfriede? Wie kann man nur so klein schreiben! Des ist ein Beleidigung für die Augen.«

Veronika holte tief Luft. »Dann werde ich es dir erklären. Die Elfriede ist eine Großcousine von mir oder so ähnlich, ist auch egal. Jedenfalls ist sie die Tochter einer Tochter einer Schwester meiner Großmutter. Ich habe sie als Kind selten gesehen. Ich konnte sie net leiden, weil sie sich mächtig aufgespielt hat. Ihre Mutter war als Kindermädchen nach München gegangen, zu einer reichen Familie mit Kindern. Als die Frau plötzlich verstarb, heiratete sie später den Witwer und Vater der Kinder. Das Paar bekam noch ein Kind. Das war Elfriede. Als Tochter eines reichen Münchner Kaufmanns fühlte sie sich immer als etwas Besseres. Sie ging als Einzige aus der ganzen Verwandtschaft auf eine höhere Schule. Später heiratete sie den Erben der angesehenen Münchner Familie Conradi. Sie bekam einen Sohn, Victor. Ich habe den Buben nur einmal gesehen. Heute ist er ein junger Mann Mitte zwanzig.«

»Und warum schreibt sie dir jetzt und gleich vier vollgeschriebene Seiten in unlesbarer Miniaturschrift?«