Eine Verlobung zum Träumen - Friederike von Buchner - E-Book

Eine Verlobung zum Träumen E-Book

Friederike von Buchner

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Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Es war früher Abend in Waldkogel. Die Sprechstunde in der Tierarztpraxis Doktor Beate Brand war zu Ende. »So, das war der letzte Patient. Hast du die feuchten Augen des Mädchens gesehen, Beate?«, fragte Carl. »Oh ja! Die Angst um ihren geliebten Vierbeiner saß tief. Ich hoffe, sie glaubt uns, dass er wieder gesund wird. Für Kinder ist es besonders schlimm, wenn ein Tier sich verletzt.« Beate stand hinter dem Schreibtisch und sortierte die Karteikarten. »Ich werde jedes Mal wütend, wenn ich solche Verletzungen sehe. Warum werfen Leute ihren Müll überall hin? So ein armer Hund tritt dann in die Scherben einer Bierflasche, die im hohen Gras liegen. Wenn ich könnte, würde ich die Prügelstrafe für solche Zeitgenossen einführen«, schimpfte Beate. »Und diese Deppen haben keine Ahnung, welche seelischen Schmerzen sie den Hundebesitzern und Besitzerinnen bereiten, besonders, wenn es Kinder sind.« Carl schmunzelte. »Was bist du heute radikal, liebe Beate!« »Ja, das bin ich. Weil es mir jedes Mal fast das Herz bricht.

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Toni der Hüttenwirt – 299 –

Eine Verlobung zum Träumen

Friederike von Buchner

Es war früher Abend in Waldkogel. Die Sprechstunde in der Tierarztpraxis Doktor Beate Brand war zu Ende.

»So, das war der letzte Patient. Hast du die feuchten Augen des Mädchens gesehen, Beate?«, fragte Carl.

»Oh ja! Die Angst um ihren geliebten Vierbeiner saß tief. Ich hoffe, sie glaubt uns, dass er wieder gesund wird. Für Kinder ist es besonders schlimm, wenn ein Tier sich verletzt.« Beate stand hinter dem Schreibtisch und sortierte die Karteikarten. »Ich werde jedes Mal wütend, wenn ich solche Verletzungen sehe. Warum werfen Leute ihren Müll überall hin? So ein armer Hund tritt dann in die Scherben einer Bierflasche, die im hohen Gras liegen. Wenn ich könnte, würde ich die Prügelstrafe für solche Zeitgenossen einführen«, schimpfte Beate. »Und diese Deppen haben keine Ahnung, welche seelischen Schmerzen sie den Hundebesitzern und Besitzerinnen bereiten, besonders, wenn es Kinder sind.«

Carl schmunzelte. »Was bist du heute radikal, liebe Beate!«

»Ja, das bin ich. Weil es mir jedes Mal fast das Herz bricht. Solche bösen Schnittwunden in den Pfoten sind absolut unnötig. Das ist in meinen Augen genauso schlimm wie Körperverletzung bei Menschen. Du, ich sage dir was, wenn ich jemals beobachten sollte, dass jemand einfach eine Flasche aus dem Autofenster wirft, dann ... dann ...«, Beate brach den Satz ab.

»Dann vergisst du dich und wirst zur Rächerin aller verletzten Tiere.«

»Ja, das werde ich! Ich weiß, dass im Augenblick meine niederen Instinkte durchbrechen.«

»Beruhige dich, Beate! Das Hündchen wird durchkommen. Ich gebe dir Brief und Siegel, dass er heute Nacht nicht im Körbchen schläft, sondern bei Mia im Kinderbett«, sagte Carl.

»Ja, das denke ich auch.«

»Wie ich Mia einschätze, darf ihr kleiner Liebling keinen Schritt gehen. Wahrscheinlich wird sie ihn im Kinderwagen spazieren fahren.« Carl lächelte, weil Kindheitserinnerungen in ihm aufstiegen. Er erzählte: »Als mein Max von einem Auto angefahren wurde und sein Bein gebrochen war, habe ich ihn in einem Kinderwagen herumgefahren. Wenn er musste, trug ich ihn zu einem Baum. Das habe ich wochenlang gemacht, bis sein Bruch verheilt war.«

»Ich erinnere mich an die Geschichte. Du hast sie mir erzählt. War es nicht so, dass du dein Sparschwein geschlachtet hast, um einen gebrauchten Kinderwagen für diesen Zweck zu kaufen?«

»Daran erinnerst du dich, Beate?«, staunte Carl.

»Und ob! Du hast mir auch Fotos gezeigt.«

»Damals entschloss ich mich, Tierarzt zu werden, Beate.«

»Stimmt, das hast du mir erzählt. Und du sprachst davon, dir später wieder einen Hund zuzulegen. Daraus wurde wohl nichts?«

Carl atmete tief ein. »Nein, jedenfalls bis jetzt. Annas Großeltern züchten Neufundländer und wohnen gleich nebenan. Idealer könnte ich es nicht haben. Ich war oft bei ihnen.«

»Ohne Annas Großeltern wärst du nicht hier«, sagte Beate leise.

»Stimmt! Wie verschlungen doch die Wege des Schicksals manchmal sind. Oder sollte ich sagen: Umwege des Schicksals? Anna aus Hamburg verliebt sich in Toni aus den Alpen und heiratet ihn. Den Weg zu seinem Herzen ebnete Bello, der Neufundländerrüde. Ich wurde Nachbar von Annas Großeltern und half ihnen, die beiden Hunde, Bella und Benno, nach Waldkogel zu bringen. Na, und in Waldkogel habe ich dich wiedergesehen.«

»Dass wir uns trafen war kein Zufall, sondern eine Intrige von Toni, Anna und Annas Großeltern.«

»Na ja, sie haben es gut gemeint. Ich bin ihnen nicht böse. Du etwa?«

Beate senkte den Blick. »Okay, Carl! Ich will ehrlich sein. Ich bin ihnen nicht böse, auch wenn ich ziemlich verärgert war. Seit Petra mir erzählt hatte, dass du Witwer bist, dachte ich viel an dich. Ich meine, mehr, als vorher. Ich war feige. Ich hätte dich anrufen können. Und ich hätte dich erst recht anrufen können, als ich mir den Arm verletzt hatte und Hilfe in der Praxis brauchte. Wir hatten es ja fertiggebracht, ganz vernünftig miteinander zu sprechen, als ich Bello zu Annas Großeltern gebracht hatte. Aber mein dusseliger Unfall hat an meiner Ehre gekratzt. Ja, das kann jedem passieren, aber ich war einfach gehemmt, dich anzurufen.«

»Ich war auch gehemmt, Beate«, sagte Carl. »Ich machte mir alle möglichen Gedanken, ob wir es fertigbrächten, ohne Spannungen zusammenzuarbeiten.«

Er ging einen Schritt auf Beate zu. Dieses Mal wich sie ihm nicht aus, wie so oft zuvor. Sie schaute ihm in die Augen.

»Es hat mich Überwindung gekostet«, sagte sie, »deine Hilfe anzunehmen und noch mehr Überwindung, dich zu bitten, dass du bleibst. Aber jetzt bin ich froh, dich hier zu haben. Es ist schön, zusammen die Praxis zu führen.«

»Das war einmal unser Traum. Fast ist es so, wie wir es uns erträumt haben, Beate. Ich bin sehr froh.«

»Ich fühle mich auch sehr gut dabei. Wir haben eine Brücke geschlagen, Carl. Es war mühsam, aber wir sind auf einem guten Weg.«

Carl lächelte Beate an. »Ich weiß, dass es sehr mühsam war für dich. Für mich war es auch nicht einfach. Ich war und bin immer noch auf der Hut, damit ich nichts tue, was dich verärgern könnte. Ich hatte ziemlichen Bammel, als Henk Thaler kam, um mit dir über die Praxisvertretung zu sprechen. Die Verabredung mit Martin und Toni gab es nicht. Die hatte ich schnell arrangiert, als Henk auf dem Weg hierher war. Wir beide kennen Henk aus unserer Studienzeit. Ich wollte nicht, dass er alte Geschichten aufwärmt.«

Beate lächelte. »Das habe ich mir schon gedacht. Es sei dir verziehen. Ich denke, wir können Henk getrost die Praxisvertretung anvertrauen. Er freut sich darauf. Er hat außerdem angeboten, wenn wir mal zusammen in Urlaub fahren wollten, würde er uns gern vertreten.«

Carl schmunzelte. »Wer weiß?«, er ging noch einen Schritt auf Beate zu. Jetzt stand er direkt vor ihr. Sein Herz raste wie eine Dampfmaschine. Er fühlte jeden Schlag in seiner Halsschlagader. »Ich freue mich, dass wir zusammen zur Hochzeit von Petra und Adam fahren.«

»Ich freue mich auch, Carl. Es wird sicher sehr schön werden.«

»Das denke ich auch. Ich hoffe, du erlaubst mir, mit dir zu tanzen? Weißt du noch, wie oft wir tanzen waren?«

»Oh ja! Ich war seither nie mehr tanzen«, sagte Beate leise. Sie hatte es nur gedacht, doch die Worte waren ihr herausgerutscht.

»Wirklich? Das ist kaum zu glauben. Jetzt nimmst du mich doch auf den Arm?«

Beate strich sich verlegen eine Haarsträhne hinter das Ohr. Sie ärgerte sich, dass sie ihre Gedanken ausgesprochen hatte. »Nein, Carl, ich war nie mehr tanzen.«

Carl schaute sie sehr erstaunt an. »Warum? Du warst doch eine leidenschaftliche Tänzerin.«

Beate schwieg. Sie suchte nach einer Ausrede, um die Wahrheit nicht auszusprechen. Ihr fiel aber nichts ein. »Carl, die Wahrheit ist, dass ich mit keinem andern tanzen wollte. Es war für mich eine grauenhafte Vorstellung, ein anderer Mann könnte mich in den Armen halten«, sagte Beate leise.

Carl strahlte. »Das müssen wir sofort ändern«, sagte er, nahm Beates Hand und führte sie ins Wohnzimmer.

Sie wehrte sich nicht, obwohl sie mit klopfendem Herzen ahnte, was geschehen würde.

Mit einer Hand schob Carl eine CD ein. Das war ihre Lieblingsmusik gewesen, damals, als sie noch ein Paar waren. Es war ein Tango ›El día que me quieras‹ von Carlos Gardel, ›Der Tag, an dem du mich lieben wirst‹. Nach den ersten Klängen des romantischen Tangos zogen sie schnell die Arztkittel aus. Dann ergriff er ihre Hand und zog sie in seine Arme. Sie schwebten hinaus in den großen Flur, der einen herrlichen Tanzsaal abgab.

Beate war zu Beginn verkrampf und angespannt. Allmählich wurde sie lockerer.

Es war, als sei die Zeit zurückgedreht. All die Jahre der Trennung rückten in unendliche Ferne. Sie tanzten und tanzten.

Sie tanzten zu jedem Titel der CD, ›Volver‹, ›Por una cabeza‹, und alle andern, bis der letzte Ton verklungen war.

Dann zog Carl Beate eng an sich. Er legte seine Arme um sie. Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter und schloss die Augen. So standen sie dicht beieinander. Carl fühlte, wie Beate sich an ihm festhielt.

»Beate, wir können die verlorenen Jahre nicht rückgängig machen. Wir können aber dort weitermachen, wo wir aufgehört haben«, flüsterte er.

»Wir hatten damals nicht aufgehört, Carl. Es ist nett von dir, es so zu umschreiben. Ich hatte dich verlassen. Es tut mir leid.«

»Pst! Denke nicht mehr daran! Ich bin hier, du bist hier.«

Beate hob den Blick. Carl las in ihren Augen. Dort stand deutlich geschrieben: ›Lass mich bitte nicht los! Halte mich fest!‹

Er schaute sie liebevoll an. »Ich lass mich nie mehr von dir wegschicken. Du wirst mich nicht mehr los. Ich bin wie ein sehr anhänglicher Hund.«

Sie lächelte. »Du bist ein großer, starker Hund, der mir Sicherheit gibt und mich beschützt.«

Sie schauten sich in die Augen. In den letzten Wochen waren sie sich noch nie so nahegekommen. Ihre Herzen schlugen im gleichen Takt.

Dann näherten sich ihre Lippen. Sie schlossen die Augen. Der Kuss war voller inniglicher Zuneigung und tiefer Hingabe. Sie küssten sich mit einer Zärtlichkeit, wie es nur wahrhaft Verliebte vermögen.

»Beate, ich habe nie aufgehört, dich zu lieben, niemals. Du bist immer in meinem Herzen gewesen.«

»Und du in meinem! Ich liebe dich, Carl!«

Sie küssten sich.

»Weißt du was, wir machen uns morgen einen schönen Tag, bevor wir abends ins Hotel fahren. Wenn Henk morgen Früh kommt«, sagte Carl, »fahren wir gleich los. Er wird schon zurechtkommen. Der Polterabend von Petra und Adam beginnt erst um zwanzig Uhr.«

Beate nickte lächelnd, die Idee gefiel ihr, doch dann kam ihr ein Gedanke. »Wir haben nichts zum Poltern«, sagte sie. »Das habe ich total vergessen.«

»Das ist nicht schlimm. Petra und Adam freuen sich, dass wir kommen. Vielleicht finden wir unterwegs einen Trödler, dann kaufen wir eine Kiste altes Porzellan.«

»Großartige Idee!«, begeisterte sich Beate. »Hast du schon gepackt?«

»Ja, alles ist fertig. Ich muss nur noch meinen Rasierapparat einpacken. Und du?«

Beate seufzte. »Den Kleinkram habe sich schon zusammen. Aber ich kann mich nicht entschließen, welches Kleid ich anziehe. Typisch Frau? Aber es ist wirklich schwierig. Meine Sachen sind alt. Ich trage keine Kleider mehr, seit ... ist auch egal.«

Sie wollte sagen, ›seit wir auseinandergingen‹, brach aber den Satz ab. Doch Carl wusste auch so, was sie sagen wollte.

»Ich wollte nach Kirchwalden fahren und mir ein Kleid kaufen. Aber dann kamen diese dringenden Hofbesuche dazwischen.«

»Darf ich entscheiden, was du anziehst?«, fragte Carl.

»Warum nicht? Du musst mich auch ansehen, denn ich bin deine Tischdame. Meine Fetzen wirst du alle noch kennen.«

Carl zog Beate wieder eng an sich. »Okay, dann gehen wir jetzt ein Kleid kaufen?«

»Wo? Die Läden in Kirchwalden sind geschlossen, bis wir hinkommen.«

»Wir gehen in den Laden von Veronika Boller. Sie hat sehr schöne Festtagsdirndl.«

»Das wollte ich eigentlich vermeiden, Carl. Veronika ist eine Klatschtante.«

»Ich weiß. Mich stört es nicht. Dich sollte es auch nicht stören. Ganz Waldkogel redet ohnehin über uns.«

»Ja, so ist es«, sagte Beate. »Olga versorgt sie jeden Tag mit Neuigkeiten. Gut, dass wir im Flur stehen. Hier konnte sie nicht sehen, wie wir uns geküsst haben. Ich bin sicher, sie schaut mit einem Fernrohr in die Zimmer.«

»Du solltest Gardinen aufhängen, Beate.«

»Ich mag aber keine Vorhänge. Ich habe lieber viele Grünpflanzen.«

»Das gefällt mir auch besser. Wir stellen ein großes Fernrohr ins Fenster und richten es auf den Gruber Hof. Das wird Olga ärgern.«

Sie lachten beide.

»Im Augenblick ist sie ohnehin auf Hundertachtzig«, sagte Carl, »seit ich ihr gesagt habe, dass ich die Proben im Labor untersuchen lasse. Ich bin mir sicher, sie macht irgendeinen Unsinn mit ihrem Vieh.«

»Daran gibt es keinen Zweifel. Sie will dir etwas anhängen.«

»He, da kommt mir eine Idee. Wir sprechen mit Henk. Er kann die nächsten Maßnahmen einleiten. Er ist ein verantwortungsvoller Typ, er wird uns auch darin gut vertreten.«

»Carl, du bist ein Genie«, strahlte Beate.

»So und jetzt genug geredet! Veronika macht auch bald zu. Gehen wir?«

»Okay! Sollte sie dumme Bemerkungen machen, antwortest du, Carl.«

»Ich verspreche dir, ich werde mich schützend vor dich stellen, wie ein Ritter, der sein Burgfräulein verteidigt.«

Sie schalteten die Umleitung des Praxistelefons auf Carls Handy und verließen das Haus. Zu Fuß gingen sie zum Marktplatz.

Carl und Beate betraten den Trachten- und Andenkenladen Boller, am Marktplatz von Waldkogel.

»Grüß Gott, Veronika!«, rief Beate.

Veronika kam aus dem hinteren Teil des Geschäfts nach vorn. »Grüß Gott! Du willst noch so spät schnell etwas einkaufen. Na ja, macht nix. Wir haben ja nicht abgeschlossen, obwohl wir eigentlich schon Ladenschluss haben«, sagte Veronika fröhlich und geschäftstüchtig wie immer.

Beate, die glänzender Laune war, sagte: »Du kannst ja Nachtzuschlag draufrechnen wie die Apotheken, die Bereitschaft haben.«

»Mei, Beate, das ist eigentlich eine gute Idee. In der Großstadt gibt es Supermärkte und Kaufhäuser, die haben vierundzwanzig Stunden geöffnet oder bis Mitternacht. Das würde sich hier nicht rechnen. Aber ich sollte mal prüfen und mit Fellbacher bereden, ob wir nicht auch so etwas wie einen Bereitschaftsdienst anbieten könnten. Also gerade für die Touristen wäre das doch ein gutes Angebot, zumindest bis Mitternacht. Vorher gehen wir ohnehin nicht schlafen«, begeisterte sich Veronika sofort.

»Mei, supergeschäftstüchtig ­­– wie immer!«, sagte Carl.

»Was soll es sein?«, fragte Veronika.

Beate erklärte, sie benötige ein Kleid.

Veronika konnte ihr Erstaunen nicht unterdrücken. »Ein Kleid? Beate, ich habe dich noch nie in einem Kleid gesehen. Ist auch eher unpraktisch für dich als Tierärztin.«

»Beate, komm, wir schauen uns selbst um. Mir ist nicht nach Diskussionen darüber, dass du selten Kleider trägst«, sagte Carl spitz. Es war unverkennbar, dass er ärgerlich war.

Beate warf ihm einen dankbaren Blick zu.

»Mei, wundern darf man sich doch, oder? Außerdem ist zum Beispiel ein Dirndl nicht so praktisch, wenn es nicht hundertprozentig waschbar ist. Es müsste eigentlich kochfest sein«, versuchte sich Veronika herauszureden. »Ich kenne meine Kundinnen, und du hast bisher immer Hosen gekauft. Außerdem, wenn ich dich beraten soll, muss ich schon wissen, wann du das Kleid anziehen willst.«

Carl und Beate nahmen keine Notiz davon. Sie gingen in den hinteren Teil des Geschäfts. Dort befanden sich die Konfektions- und die Schuhabteilung.

Auf der linken Seite war die Damenabteilung, gegenüber, die Herrenabteilung. Kinderkleidung hing dabei und war nach Madln und Buben sortiert, jeweils wieder rechts oder links.

Beate und Carl sahen die Kleider durch.

Veronika, immer noch etwas verstimmt, stand etwas abseits und hielt sich ausnahmsweise zurück.

»Keines davon gefällt mir für dich. Nicht für den Anlass«, sagte Carl. »Sie sind schon schön, aber nicht für das Fest.«

»Aha, es soll eher etwas Festliches sein«, ergriff Veronika jetzt das Wort.

»Ja, eine Freundin heiratet«, erklärte Beate.

»Mei, bei einem Kleid für eine Hochzeit muss man darauf achten, dass man der Braut keine Konkurrenz macht. Schließlich soll die Braut das schönste Kleid haben«, erklärte Veronika. »Trägt die Braut ein weißes Hochzeitskleid oder ein Dirndl?«

»Ein weißes Hochzeitskleid«, sagte Beate.

Veronika war beruhigt, dass die Braut kein Dirndl trug. »Dann kannst du gut ein Festtagsdirndl tragen, Beate.« Sie zog den Schlüssel aus der Schürzentasche und schloss den Schrank mit den Glastüren auf. Darin hingen besondere Dirndl. »Hier findest du bestimmt etwas. Schau doch selbst mal durch! Ich schließe inzwischen die Ladentür ab.« Veronika entfernte sich.